Braun, Lily

Braun Lily

Urenkelin Jéròme Bonapartes, Enkelin der Goethe-Freundin Jenny v. Gustedt und Tochter des adligen Generals v. Kretschman. Ihre sorgenfreie Kindheit war geprägt von glänzender Geselligkeit und dem erzieherischen Einfluß ihrer Großmutter Jenny von Gustedt, einer im »Weimarer Geist« auf gewachsenen illegitimen Tochter König Jeromes, des Bruders Napoleons. In den neunziger Jahren wechselte Lily Braun ins Lager der »Umstürzler«, der Sozialdemokraten, und war damit für die Gesellschaft, in der sie bisher gelebt hatte, »erledigt«. In der Partei gehörte sie, nicht zuletzt wegen ihrer Herkunft, zu den umstrittenen Persönlichkeiten. Mit ihrem zweiten Mann, Heinrich Braun, dem Mitbegründer der sozialdemokratischen »Neuen Zeit«, geriet sie später zwischen die Mühlsteine des innerparteilichen Meinungsstreits um »Radikale« und »Revisionisten«; die Parteimehrheit stellte sich 1906 wegen ihres »revisionistischen Standpunkts« gegen sie. Den ersten Einblick in sozialistische Theorien erhielt Lily Braun durch den Nationalökonomen und »Kathedersozialisten« Georg von Gizycki, den sie 1893 heiratete. Ihr Haus in Berlin wurde zum Treffpunkt führender Sozialdemokraten, auch Bertha von Suttner und amerikanische Frauenrechtlerinnen gehörten zu den Gästen. Nachdem sie sich zunächst den »fortschrittlichen« Kreisen der bürgerlichen Frauenbewegung (Verein »Frauenwohl«) angeschlossen hatte, wechselte sie nach ihrem Eintritt in die SPD (1895) zu den sozialistischen Frauen; das Verhältnis - vor allem zu Clara Zetkin - war von Anfang an gespannt, man blieb ihr gegenüber mißtrauisch. 1896 faßte Lily Braun auf einem sozialistischen Kongreß in London den Plan, eine Studie über die Arbeitsverhältnisse und Lebensbedingungen der Frauen zu schreiben; 1901 erschien ihre wichtige Untersuchung »Die Frauenfrage«. Lily Braun beschäftigte sich vor allem mit den Problemen erwerbstätiger Frauen Sie engagierte sich zum Beispiel in der Dienstbotenfrage und forderte die Aufhebung der Gesindeordnung und eine geregelte Arbeitszeit für Dienstboten. Nach den Auseinandersetzungen mit der Partei konnte Lily Braun in den sozialistischen Zeitschriften und in dem Organ der Arbeiterinnen, »Die Gleichheit«, nicht mehr publizieren

Ortsbezug
Deutschland
Geboren
Halberstadt
Geburtsjahr
1865
Gestorben
Berlin
1916
Frauenarbeit und Beruf
Frauenarbeit und Beruf
Fischer Taschenbuchverlag GmbH