Zimbabwe wird unabhängig

«Ich wußte, du lebst»
Kurzgeschichte von Anne Chifombo

Wir trafen die alte weiße Frau, als der Lastwagen hielt. Genossen hatten «Nehanda» auf die Seite des Wagens geschrieben, obwohl er der Armee gehörte. Aber Nehanda ist auch Teil der Armee, fanden wir, ein besserer Teil vielleicht als die eliemallgen Soldaten, die für das Regime gekämpft hatten und die nun init uns zusammen sind.
Das heißt, wir sind in derselben Nationalen Armee, sie und wir. Als ich ausstieg, dachte ich nur an den Besuche den ich vorhatte. An die weiße Frau dachte ich überhaupt nicht. Wir hatten Freiheitslieder gesungen, den ganzen Weg von GroßZimbabwe, wo wir auf einer Farm stationiert waren. Und nun waren wir hier, in der Nähe des Dorfes, die Kameraden wollten noch weiter und ich sagte, ich könne von hier aus laufen. Da stand sie, die alte weiße Frau. Sie stand vor ihrem Wagen, einem alten Farmwagen, der so gepanzert war, wie die Farmer ihre Wagen im Krieg gegen unsere Landminen gepanzert hatten. Wir hatten die Minen unter Kuhmist gelegt oder unter die Grasstreifen inmitten kleiner Straßen. Lagen die Räder tief und berührte der untere Wagenteil die Mine, flog der Wagen in die Luft.
Später vermieden die Farmer es, über Kuhmist zu fahren, aber beim Gras konnten sie nie sicher sein, da es schließlich auf allen Strecken wächst. Ich stieg aus, und die alte weiße Frau sah mich an, ich senkte meine Augen nicht. Warum? Sie war eine alte weiße Frau, meine Mutter, mein Vater, meine Großeltern hätten die Augen gesenkt, hätten «Madam» gesagt.
Sie sah mich an und ich dachte, sie haßt mich. ist ihr Sohn gestorben im Krieg? Alte weiße Frau, wollte ich sagen, meine Brüder und Schwestern sind gestorben, nicht nur dem Sohn. Wir sollten uns die Hand geben, es ist die Politik der Regierung, im Frieden miteinander zu leben. Sie sagte nichts und ich auch nicht. Wir sahen uns an.
Sie stieg wieder in ihren Wagen. Ich zog meine Schuhe aus, es war heiß, ich kannte den Weg, es war weit, ich lief besser ohne Schuhe über das Feld, über den Weg, der von dieser Farm weg zum Dorf führte. Die alte weiße Frau drehte das Lerikrad, arbeitete mit dem Schlüssel, es passierte nichts. Dann hörte ich, wie sie die Tür zuschlug. Sicher war sie wieder ausgestiegen. Ich drehte mich nicht um. Ging weiter, die Schuhe in der Hand, meine Sachen auf dem Rücken, die Sachen, die ich mit ins Dorf bringen wollte.
Der Weg stieg an, das Dorf lag an einem Berg, es war heiß. Ein Junge kam mir entgegen, auf einem großen Fahrrad, er schrie als er mich sah, ließ das Rad los und sprang herunter, denn er war zu klein, um zu bremsen. Er ließ es liegen und rannte los. Ich lachte. Jetzt werden sie wissen, daß ich komme. Kinder sind wie Hunde, sie melden Besuch an.
Es war alles still. Es war die Zeit nach dem Regen, und bald mußte die Ernte beginnen. jetzt, da Frieden war, hörte ich die Grillen. Im Krieg hatte es dafür keine Zeit gegeben.
Kinder schrien und liefen in die Hütten, ich wußte, jetzt versuchen sie, mich durch die Tür anzusehen. Ein Hund lag unter einem Massabaum und schlief. Ich sah das alles und sah es doch nicht, ich merkte wie mein Herz klopfte.
Obwohl alles so aussah wie damals, war es nicht mehr so. Ich war kein Kind mehr, war jetzt eine Frau, die kämpfen konnte, die dem Tod begegnet war, die aber auch als medizinische Assistentin gelernt hatte, Kindern aus dem Mutterleib ins Leben zu helfen. Gab es keine Erwachsenen im Dorf Nur Kinder? Ich lief weiter und sah, daß das Regime hier seine Spuren hinterlassen hatte, die Hüttenwände waren von Kugeln zerfetzt, die Dächer verbrannt.
Hatte es der Mann der alten weißen Frau getan?
Ein Mann humpelte mir entgegen, erkannte mich nicht, er, der Bruder meines Großvaters.
Ich ließ die Schuhe fallen und nahm die Sachen vom Rücken. Dann klatschte ich leise in die Hände, beugte das Knie, wie ich es gelernt hatte. Da grüßte er mich, und eine Stimme rief aus der Hütte: «Mangwanani, Guten Morgen.»
Später saß ich auf einer Ziegenmatte vor meiner Mutter. Sie weinte, aber sie war glücklich.
«Ich wußte, du lebst», sagte ich. «Ich hatte Nachricht bekommen.» Singende Frauen tanzten um die Hütte, um mich zu begrüßen. Ich war die erste aus diesem Dorf, die aus dem Krieg zurückkam, als Siegerin und Soldatin.
«Du mußt gesund werden», sagte meine Mutter. «Du mußt viel essen.» ja, es hat Tage gegeben, da gab es nur Essen für Kinder und Kranke. Später gab es auch Tage, an denen wir vor den Hubschraubern durch den Busch flüchteten und nicht essen konnten.
«Wir müssen die Ahnen befragen, eine Ziege opfern.» Die Männer sprachen miteinander, als sei ich nicht dabei. - Man muß sie fragen, wie man das Blut abwäscht, wie man die Geister beruhigt.»
Die Frauen tanzten, meine Mutter wandte den Blick nicht von mir, der Hund schlief noch immer.
Mir wurde kalt, trotz der heißen Sonne, die auf das Strohdach schien; im Sommer, wenn es stark regnete, verkroch man sich in die Ecken, um nicht naß zu werden, denn es war schwer, jedes Loch im Dach zu flicken.
Jetzt lebte ich in einer Baracke aus Steinen, lachte mit Männern, die meine Kameraden waren, deren Kommandantin ich war. Doch hier war ich nichts, nur eine Frau, die zurückgekommen war, deren Ahnengeister besänftigt werden mußten, die vom Blut gereinigt werden sollte. Die Ruhe im Dorf war schön. Der Arm meiner Mutter war weich. Die Rückkehr war anders, ganz anders als ich sie mir vorgestellt hatte - zuerst die alte weiße Frau und nun die Ahnen.
Trotzdem. Ich war zu Hause. Es gibt nur ein Zuhause, dort, wo die Mutter ist, dort, wohin man immer 7urückkehren kann. Besteht deshalb der Glaube, daß auch die Geister der Ahnen ins Dorf zurückkehren? Dort, wo der Mensch wieder zum Kind wird, das ist das Zuhause.

«Frauen müssen noch mehr verändern»

Gespräch mit Sally Mugabe

«Es ist so aufregend - ich kann's gar nicht ausdrücken - nach zwanzig Jahren Kampf!» Mit diesen Worten war Sally Mugabe mir um den Hals gefallen, als ich in den Garten ihres Hauses trat, um sie an dem Morgen im März 1980 zu beglückwünschen, an dem die Wahlergebnisse bekannt wurden. Hinter ihr lagen zwanzig Jahre Leid, Enttäuschungen, Entbehrungen. Nun war Zimbabwe frei und ihr Mann der zukünftige Premierminister des Landes.
Aber Sally Mugabe weiß und hat immer gewußt, daß der Kampf für die Frauen - wie für Zimbabwe überhaupt - nicht automatisch mit der Unabhängigkeit beendet ist. Die Frauen, vor allem die Landfrauen müssen ihr Joch erst noch abschütteln. Die Gesellschaft verändert sich nur langsam.
Die «First Lady» residiert heute keineswegs in einem der feinen Bürohochhäuser von Harare. Vielmehr arbeitet sie täglich ab 9 Uhr in einem kleinen Zimmer des Hauptquartiers der ZANU in der Manica Road, in jenem Gebäude, das 1981 Ziel eines Bombenanschlags war. Mehrere Menschen wurden damals getötet. Sally Mugabe hatte das Büro vor der Explosion verlassen.
Der Sabotageakt wird dem südafrikanischen Geheimdienst zugeschrieben; es ist Teil der Strategie des Apartheidregimes, die Nachbarländer zu destabilisieren. Bauarbeiter sind heute noch immer damit beschäftigt, die Schäden zu reparieren. Es ist schwer, sich einen Weg in Sally Mugabes Büro zu bahnen. Überall drängen sich Menschen, die darauf warten, ihre Anliegen vorbringen zu können; Taschen werden scharf durchsucht, Pässe kontrolliert.
Sie ist eine zart gebaute Frau, die sich nach schwerer Krankheit nur wenig schont. Sie arbeitet hart für die Sache der Frauen und als zuverlässige Beraterin ihres Mannes. In ihrem Büro empfängt sie eine Frauendelegation nach der anderen, spricht mit den Frauen, hört ihnen zu, z.B. den Landfrauen, die nie zuvor ihr Heimatdorf verlassen hatten, jetzt aber von einer achtzehnmonatigen Ausbildung in Kuba zurückkehrten. Sie besucht Frauenkurse, spricht auf Demonstrationen, vertritt die Frauen von Zimbabwe im Ausland.
1977 wurde sie die Stellvertreterin von Teurai Ropa Nhongo in der Frauenabteilung der ZANU. Als Teurai Ropa Nhongo nach der Unabhängigkeit Ministerin wurde, übernahm Sally Mugabe die Leitung der Abteilung.
Sally Mugabe wurde in Ghana geboren. Dort lernte sie ihren Mann kennen, der wie sie Lehrer war. Sie ging mit ihm Anfang der sechziger Jahre nach Südrhodesien und wurde in der Befrelungsbewegung aktiv. Als sie das Land verlassen mußte, ging sie eine Zeitlang ins Exil nach Europa, kehrte später nach Mozambique zurück, wo sie ihren Mann wiedertraf, der lange im Gefängnis gesessen hatte. Nach der Verhaftung Mugabes war ihr einziges Kind gestorben, ein anderes wurde tot geboren.
In einem Interview, das im Februar 1983 vom Londoner Daily Express veröffentlicht wurde, sagte Sally Mugabe, ihr erster Gedanke beim Tod des einzigen Kindes sei Rache gewesen. Sie hat Jan Smith gehaßt, weil sie die traurige Nachricht ihrem Mann im Gefängnis habe mitteilen rnüssen. Dann fügte sie hinzu: «Aber mein Mann bewies mir, daß Menschen solange unfrei sind, solange sie auf Rache sinnen.» Es sei die traurigste Erfahrung in ihrem Leben gewesen, doch sie habe gelernt, daß Rache das Kind nicht zurückbringen könne. «Ich habe viel verloren. Jetzt verlange ich vorn Leben Frieden. Ich will, daß Schwarze und Weiße friedlich miteinander leben können.»
Die Leiterin der ZANU-Frauenabtellung macht sich wenig aus Presserummel. Wichtiger ist ihr, den Frauen ein Vorbild zu sein. Sie sagt, die Tatsache, daß sie Westafrikanerin ist, sei sehr wichtig.
Alle Afrikanerinnen hatten traditionell eine starke Position. Sie waren es, die für Nahrung, den Haushalt und die Kinder sorgten. Die Familie mußte sich auf die Frau verlassen. Das verschaffte ihr eine wichtige Rolle und Stellung im Stamm und im Dorf. Auf der anderen Seite gab es Grenzen: In Angelegenheiten, die etwa Geburt, Ehe oder Sterben betrafen, konnte sie keine Entscheidungen fällen, hier sagten die Männer was gemacht wurde.
In Westafrika haben es die Frauen geschafft, das zu verändern. Keine Frau kann alleine gegen die Tradition kämpfen, also muß es eine gemeinsame Sache aller Frauen werden. Sie sprachen darüber, wenn sie sich beim Wäschewaschen am Fluß trafen, beim Wasserholen und auf dem Markt. Und sie sprachen auch in den Dorfversammlungen, zwangen die Männer, ihre sichere, überlegene Position aufzugeben.
Ich glaube, wir in Westafrika hatten es leichter, weil unsere Kolonialisierung nicht dieselbe war wie die im südlichen Afrika. Die Europäer, die zu uns kamen, siedelten nicht in unserem Land. Klima und Vegetation im südlichen Afrika waren dazu besser geeignet. Die Weißen machten die Afrikaner dort zu ihren Sklaven. Und das hatte für die schwarzen Frauen schlimme Folgen.
Der Afroamerikaner George Padmore machte uns unsere Unterdrückung bewußt. Aber wir begriffen auch, daß wir als Frauen unterdrückt waren. Wir haßten die Weißen nicht. Wir nahmen die Möglichkeiten wahr, die uns geboten wurden: Wir gingen regelmäßig zu Versammlungen, besuchten Kurse und Seminare. Wir veränderten uns, entwickelten ein Bewußtsein als Afrikaner. Und wir waren stolz darauf, daß Frauen eine wichtige Rolle dabei spielten, mit Kwame Nkrumah die Unabhängigkeit von Ghana zu erreichen.[1] Die Zeit nach der Unabhängigkeit war eine wichtige Phase für die Frauen. Jede wollte etwas lernen. Wir beschäftigten uns mit Erziehung, mit Wirtschaft und mit Politik; Frauenorganisationen entstanden. Als ich ins südliche Afrika kam, war ich erschüttert, wie stark die Frauen von der Kolonialisierung betroffen waren. Heute freue ich mich, wie weit sie schon gekommen sind. Es war außerordentlich wichtig, daß die Frauen militärisch ausgebildet wurden, daß sie im Krieg neben den Männern gekämpft haben. Sie rnüssen weiterhin am allgemeinen Entwicklungsprozeß des Landes beteiligt bleiben. Sie haben soviel im Kampf gelernt, da dürfen sie nicht nachlassen, sonderrl rnüssen ihre Rolle weiter verändern.
Da Männer nicht viel von Frauen wissen, wie umgekehrt Frauen wenig über Männer wissen, müssen wir die Männer auf unsere Probleme aufmerksam machen. In den Lagern sah ich zum ersten Mal, wie Männer und Frauen zusammensaßen und derartige Dinge diskutierten. Vor dem Krieg wäre es zum Beispiel nicht möglich gewesen, sich gemeinsam über Schwangerschaft zu unterhalten. Die Veränderungen müssen weiter verfolgt werden, in diesem Lernprozeß sehe ich meine Aufgabe.»

Nach dem Jubel: Alte und neue Probleme stehen an

In der Nacht zum 18. April 1980 wurde m großen Stadion von Harare die Geburtsstunde des unabhängigen Zimbabwe stürmisch gefeiert. Doch kaum war der erste Jubel verklungen, mußte sich der junge Staat seiner zahlreichen ungelösten Probleme besinnen - zu denen nicht zuletzt die schwierige Situation der schwarzen Frauen gehört.
Die bereits im März von der Bevölkerung gewählte und von der ZANU als Mehrheitspartei gebildete Regierung trat unter ihrem Premierminister Mugabe das Erbe der weißen Herrschaft und des Bürgerkriegs an.
Der Krieg hatte beträchtliche Schäden hinterlassen. An die zwei Millionen Stück Vieh waren umgekommen, die Wasserlöcher und Brunnen in den Communal Lands, den ehemaligen Stammesgebieten, waren verschmutzt, Schulen und Krankenhäuser zerstört. Die noch überall auf den Landstraßen versteckten Tretminen mußten schnellstens gefunden und entschärft werden.
Gegenseitiges Mißtrauen trennte die verschiedenen Gruppen der Bevölkerung. Gegen die bewaffneten Flügel der Befrelungsbewegung ZANLA und zipRA hatten nicht nur die Truppen des Ian Smith gekämpft, die sich aus weißen und schwarzen Soldaten rekrutiert hatten. Bis an die Zähne bewaffnete Gegner waren auch die vor allem auf dem Land lebenden Weißen gewesen sowie jene Männer, die von den Führern der schwarzen Minderheitsparteien während der sogenannten Übergangszeit des Bischofs Muzorewa mit Waffen ausgerüstet worden waren. Wehrlos zwischen den Kämpfenden hatten die «Menschen in der Mitte», hatte die Zivilbevölkerung gestanden.
Sie war von allen bedrängt und bedroht worden: von den Smith- und den Bischofssoldaten, von der Polizei wie von den Guerillas, die von ihr nicht nur Nahrung und Schutz, sondern auch Informationen über die Feinde verlangt hatten. Jetzt mußten die Soldaten der drei Armeen zum großen Teil entlassen und wie die zwei Millionen heimkehrenden Flüchtlinge integriert werden.
Soweit schwarze Frauen überhaupt lohnabhängig beschäftigt wurden, bildeten sie den Schluß der Lohnskala. In der Textilindustrie beispielsweise erhielt ein Arbeiter 10 $ pro Woche, Arbeiterinnen für die gleiche Arbeit 6.50 $. Dies galt nicht nur für die Privatindustrie, auch Beamtinnen bekamen bei gleicher Stellung und gleicher Arbeit weniger Geld als ihre männlichen Kollegen.
Es galt noch das koloniale Recht, das die schwarze Frau zur Sklavin machte, zum lebenslang unmündigen, besitz- und rechtlosen Geschöpf. Man war zuversichtlich, in dieser Beziehung nicht nur das Gesetz, sondern auch das Bewußtsein ändern zu können. Hatte doch der Krieg schließlich allen bewiesen, was Frauen leisteten. Insofern erschienen die Zukunftsaussichten der Frau in der ersten Phase nach der Unabhängigkeit in genauso rosigem Licht wie manches andere auch. Robert Mugabe hatte den verschiedenen politischen Kräften und Kontrahenten die Hand zur Versöhnung gereicht, indem er ihnen wichtige Posten in der Regierung und im Kabinett anbot. So waren neben Joshua Nkomo und anderen Persönlichkeiten der Oppositionspartei ZAPU auch weiße Politiker, die der alten Smith-Partei angehörten, in der Regierung vertreten. Dennoch: viele Weiße verließen das Land, was die Wirtschaft des Landes empfindlich belastete. Diejenigen, die blieben, hatten kein Interesse, ihre Einstellung zu überdenken, sie zogen sich in ihre «Festungen» zurück, in die schönen, abgeschirmten Vorortvillen mit eigenem Tennisplatz und Swimmingpool. Nur eine kleine Gruppe paßte sich an: die führenden Vertreter der Wirtschaft. In ihren und in den Händen des ausländischen Kapitals liegt weiterhin die wirtschaftliche Macht. Wer glaubte, die Strukturen würden sich über Nacht ändern, sah sich enttäuscht. Wie in den mehr als 100 Ländern, die in den letzten 30 Jahren unabhängig geworden sind, konnten auch in Zimbabwe die hohen Erwartungen nicht (so schnell) erfüllt werden.
Die Regierung bemühte sich beispielsweise, die weit auseinanderklaffende Lohnschere zwischen weißen und schwarzen, zwischen gelernten und ungelernten Arbeitern zu schließen. Als Mindestlohn wurden für Industriearbeiter monatlich 105 Z$ und für Hausangestellte und Landarbeiter 50 Z$ festgesetzt, was allerdings noch immer weit unter dem Durchschnittseinkommen eines weißen Angestellten oder Beamten liegt. Und Frauen verdienen immer noch weniger als Männer, weil sie die schlechtere Ausbildung haben und die schlechteren Jobs bekommen. Der junge Staat schlingerte bald in eine Wirtschaftskrise mit Inflationsraten um 25 Prozent und notwendigen Verschuldungen im Ausland.
Verschärft wird die Situation seit Anfang 1983 durch die Folgen der verheerenden Trockenheit, die vor allem in den Communal Lands südlich von Masvingo herrscht und in manchen Gegenden schon den zweiten Sommer anhält. Die Ernteverlusie werden auf 70 Prozent geschätzt. Schon jetzt hungern viele Menschen, das Trinkwasser wird immer knapper, das Vieh stirbt. Die Hilfsaktionen der Regierung scheitern zum Teil an den schlechten Verkehrswegen. Den nächsten Regen wird es
höchstwahrscheinlich nicht vor Oktober geben, der nächste Mais kann nicht vor April 1984 reif sein, und das nur, wenn der Regen normal ausfällt.
Verschärft hat sich 1982 auch der nie ganz beigelegte Konflikt zwischen Regierung und ZAPU, bzw. deren ehemaligem militärischem Flügel. Joshua Nkomo wurde aus der Regierung ausgeschlossen, nachdem große Waffenlager auf Farmen gefunden worden waren, die entweder Nkomo persönlich oder der ZAPU gehörten.
Die inneren Konflikte Zimbabwes spitzten sich schließlich zu einem richtigen Kleinkrieg in Matabeleland zu. Die Regierung ließ dort nach sogenannten Dissidenten suchen, gegen die die 5. Brigade, eine von Nordkoreanern ausgebildete Sondereinheit, scharf vorging. Wie während des Krieges, sind auch diesmal wieder die «Menschen in der Mitte», die Dorfbewohner, unschuldige Opfer der Auseinandersetzungen.
Die sogenannten Dissidenten sind nicht als einheitliche, geschlossene Opposition zu verstehen. Sowohl auf der Rechten wie auf der Linken gibt es militante Gegner der Regierung. Mancher ehemalige Freiheitskämpfer ist enttäuscht über den Mangel an sinnvollen Arbeitsmöglichkeiten und über die unveränderten Besitz- und Produktionsverhältnisse. Andere verfolgen stammesbezogene, sektiererische Ziele; keinesfalls jedoch lassen sich die Auseinandersetzungen in Matabeleland auf den Nenner «Stammesfehde» zwischen Ndebele und Schona bringen. Bei der Schwächung der inneren Sicherheit spielt Südafrika eine große Rolle. Das Apartheldsregime hatte die Smith-Politik unterstützt und sich nach 1965 wirtschaftlich immer stärker mit Südrhodesien verflochten. Südafrikas alte Strategie ist es, durch Destabilisierung seiner Nachbarländer und zwar mit Hilfe von Sabotage, militärischer Bedrohung, wirtschaftlicher Erpressung, Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte u.ä., seine Apartheidspolitik zu sichern und auszubauen. Es ist das Dilemma der zimbabwischen Regierung, daß das Land noch immer einen großen Teil seines Außenhandels mit bzw. über Südafrika treiben muß.
Kein Frieden also im südlichen Afrika, auch nicht in Zinibabwe. Angesichts des Drucks von außen, der inneren Kämpfe, der neuen Landflucht, verursacht durch Trockenheit, Dissidenten und Regierungssoldaten, werden die Probleme der Frauen klein geschrieben, zu klein vielleicht. Die Zimbabwerinnen sind von sich aus geduldig, gehen nur vorsichtig daran, den ihnen gebührenden Platz in Familie und Gesellschaft einzunehmen. Darin unterscheiden sich Land- und Stadtfrauen, ehemalige Kämpferinnen, neue Oberschichtsfrauen oder ihre ärmeren, ungebildeteren Schwestern kaum. Der «dritte Befreiungskampf», wie ihn die Guerilla Caroline nennt, wird erst noch gekämpft, unterstützt von der Regierung