Durch ihre Hände gehen Millionen

Zur Konstruktion der Konsumentin

  • »Ich glaube, gerade unsere Frauen wissen, daß es nicht gutgehen kann, wenn man immer schon am 15. das Haushaltsgeld ausgeben hat, das eigentlich bis zum 30. reichen müßte. Gerade sie wissen, daß für die fortgesetzte Schuldenmacherei des Staates eines Tages ihre Kinder den Kopf hinhalten müssen. In jeder Gemeinschaft gilt jedoch die Maxime: Mute keinem zu, was du nicht selbst zugemutet haben möchtest. Ich glaube, daß die Frauen heute — genauso wie ihre phantastischen Mütter — bereit sind, den Pfennig umzudrehen, wenn ihre Männer arbeitslos sind und Hilfe brauchen.« (Kohl, zit. n. Bild der Frau, 2.11.1982)

Kohl spricht die Hausfrauen als Sachverständige für den Umgang mit Geld an, Kenntnisse aus dem Familienhaushalt sollen übertragen werden auf den Staatshaushalt. Der sparsame Umgang mit Geld spielt den Vermittler zwischen dem privaten und dem öffentlichen Bereich. In beiden Bereichen sei Sparsamkeit tugendhaft, da auf die Herstellung von Gemeinschaftlichkeit gerichtet. Kohl stattet die Hausfrauen und Politiker mit den gleichen Interessen aus. Die Frauen sind aufgefordert, die Sparmaßnahmen der Bundesregierung als Notwendigkeiten einzusehen und ihnen zuzustimmen. Dabei insistiert Kohl auf die Sparsamkeit der Frauen, als eine ihnen eigene Haltung und notwendige Praxis, wenn sie als Ehefrauen und Mütter fürs Wohlergehen der Familie sorgen. Zugleich sollen die Frauen in der Privatheit der Familie mithelfen, ökonomische Krisen auszugleichen. Sie sollen die Attraktivität der Familie in Krisenzeiten neu unter Beweis stellen, als Ort, der gesellschaftliche Kämpfe »polstert«. Mit der Trennung von gesellschaftlich und privat kann also in der Politik gearbeitet werden.
Diese Trennung ist ein Spezifikum der kapitalistischen Verhältnisse und das Private, wie W.F. Haug es formuliert, eine selber spezifisch gesellschaftliche Form der Negation des Gesellschaftlichen«, vermittels dessen sich das gesellschaftliche »hinterrücks« durchsetzt (vgl. Haug 1977, 81). In meinem Beitrag möchte ich daher die privaten Praxisbereiche der Frauen nicht isoliert betrachten, sondern fragen, wie das Gesellschaftliche sich über das Private vermittelt. Es geht also darum, die Wirkungsweisen dieser Trennung zu studieren, um zu begreifen, wie sie in Dienst genommen werden können für die Reproduktion der Verhältnisse und in welchem Verhältnis sie zugleich zur Über-/Unterordnung der Geschlechter stehen. Kohl nutzt die Abtrennung des Privaten und die Zuständigkeiten der Frauen darin zur Rechtfertigung staatlicher Sparpolitik und festigt die Trennung zugleich über die Tugend des Sparens. Im Zitat richtet er sich nur an die Frauen. Dort wo die CDU allgemein spricht, hat »Sparen« eine andere Bedeutung, steht im Zusammenhang mit dem »notwendigen Umbau der deutschen Wirtschaft« in einem »Programm der Erneuerung« (Kohl, Regierungserklärung v. 4. Mai 1983).

  • »Sparen war immer eine Tugend der Deutschen. Die Mehrheit der Deutschen sind Arbeitnehmer. Für die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen der Wirtschaft werden wir sehr bald die notwendigen Gesetzesentwürfe vorlegen. Die Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer stärkt die Eigenkapitalbildung der Unternehmen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind Partner im Unternehmen.« (Kohl, ebd.)

Näheres über die Verbindung von »Sparen« und »Kapitalbildung der Arbeitnehmer« wird in der Regierungserklärung nicht ausgeführt. Das »Neue« dieser wirtschaftspolitischen Überlegungen weist zurück in die Entstehungsphase der Bundesrepublik und die Diskussion um die »gerechte Verteilung des Eigentums« als Garantie für eine humane Neuorganisation des Kapitalismus. Ohne daß das Stichwort genannt wird, ist die »Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand« hier der Anknüpfungspunkt der aktuellen CDU-Politik.
Aufgerufen zu dieser Art des Sparens sind alle, die in der gesellschaftlichen Produktion tätig sind. Für Hausfrauen gilt die »Beteiligung am Produktivvermögen« also nicht. Im folgenden möchte ich untersuchen, wie das Sparen in den 50er und beginnenden 60er Jahren als Bestandteil der Wirtschaftspolitik für Männer und Frauen ausgerufen wurde. Ich betrachte dies als einen Aspekt der Weise, wie im Vergesellschaftungsprozeß von Männern und Frauen Zustimmung zu den »neuen Verhältnissen« organisiert wurde. Dabei vermute ich, daß die Politik des Sparens an vorhandene Geschlechterverhältnisse und in unterschiedlichen Bereichen gelebte Praxen anknüpfte, indem sie diese zugleich neu begründete.

Die gerechte Verteilung des Eigentums
Die CDU schrieb 1949 die Notwendigkeit der »gerechten Verteilung« in ihr Programm: »Eine gerechte Verteilung der wirtschaftlichen Erträge und eine soziale Gesetzgebung müssen aus den vermögenslosen Schichten unseres Volkes in großem Umfang besitzende Eigentümer machen« (Düsseldorfer Leitsätze, 1949).
Mit dieser Forderung war sie nicht allein. Laut Aussage eines Vertreters der IG Metall wurde die Kritik an der bestehenden »Vermögensungerechtigkeit« breit getragen:

  • »Sowohl die Sozialdemokratie und Gewerkschaften als auch kirchliche Kreise und sogar die Unternehmer — wenn auch mit etwas weniger Pathos als die anderen — stimmen darin überein, daß die Vermögensbildung, so wie sie verlaufen ist, sozial nicht gerecht sei« (Thönnessen 1965; vgl. auch Leber 1964 und Brenner 1964).

Geknüpft war die Diskussion an die Frage, wie der Kapitalismus durch Umverteilung des Eigentums in ein »gerechtes« System zu verwandeln sei. Das Recht des einzelnen auf persönliches Eigentum galt als Voraussetzung für die Entwicklung persönlicher Autonomie und Freiheit in der kapitalistischen Gesellschaft (vgl. auch das Grundgesetz, wo die Gewährleistung von Eigentum festgelegt ist. Weiter heißt es dort: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.« (Art. 14) Wie der Zusammenhang von individuellem Eigentum, persönlicher Freiheit und kapitalistischer Wirtschaft hergestellt wird, begründen Vertreter der katholischen Soziallehre mit. Dabei nehmen sie Bezug auf die päpstliche Sozialenzyklica »Quadragesimo anno« von 1931. Elemente aus der katholischen Soziallehre sind in allen Konzeptionen zu Vermögensbildung und Eigentumspolitik eingewoben.
»Zum menschenwürdigen Dasein und dem von hier aus erstellten Maß des Güterbesitzes gehört eine vernünftige Vorsorge für die Zukunft. Dies unterscheidet den Menschen vom Tier, daß er planvoll und systematisch wirtschaftet. Das primitive Leben 'von der Hand in den Mund' ertötet Interesse und Energie, nicht nur für höhere Ziele, sondern auch für die Fortbildung, beruflichen Aufstieg, Sicherung der Zukunft usw. Ohne einen einigermaßen sicheren Besitz als Rückhalt für Tage der Not, der Arbeitslosigkeit, der Krankheit und des Alters fehlt dem Leben des Menschen die der sittlichen Person in ihrer Entfaltung unentbehrliche Sicherheit des Daseins und damit auch jene echte Lebensfreude, ohne die ein sittliches, somit eigentliches Leben unmöglich ist.« (Fleckenstein 1954, 11)
Hier ist der Gedanke der Absicherung verknüpft mit dem Recht auf individuelles Eigentum. Ausgangspunkt ist der einzelne Mensch als Privatperson. Er soll die Verantwortung für sich selbst übernehmen können, eine Art »Planwirtschaft im Kleinen« führen, aber nicht kollektive, gesellschaftliche Regelungen für die Befriedigung seiner Bedürfnisse suchen. Die Begründung erfolgt in einer Naturalisierung persönlichen Eigentums als immerwährende Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben«. Als Anspruch wird formuliert, daß
»naturrechtlich die Gewinne nicht allein den Eigentümern, sondern der Allgemeinheit zukommen müßten. Von hier aus gesehen, wäre die Gewinnbeteiligung nicht etwa eine Gnade, die in einem Falle gewährt und im anderen Falle unterlassen werden könnte, sondern ein Recht, auf das ein naturrechtlicher Anspruch besteht.« (Kroll 1954, 47)
Eine Gesellschaft, die dieses Naturrecht nicht berücksichtige, müsse dementsprechend mit der Gefahr rechnen, daß revolutionäre Umstürze möglich werden. An anderer Stelle formuliert er den Vergleich, daß genauso, wie unerfüllte Liebe in Haß umschlagen könne, damit zu rechnen sei, daß unerfülltes Streben nach Sachgütern zu Eigentumshaß führe, insbesondere gegen privaten Besitz an Produktionsmitteln, und damit zur Revolution (vgl. ebd., 21). In dieser Position bestimmt die »menschliche Natur« der einzelnen die Bewegungsgesetze der Gesellschaft. Wenn ihrem natürlichen Streben nach Besitz keine Entfaltungsmöglichkeit eingeräumt werde, setze sie sich gewissermaßen hinterrücks durch und fordere ihr Recht, und sei es über einen Umsturz. Deshalb wird angestrebt, daß sich der »eigentumslose Nur-Lohnarbeiter durch Fleiß und Sparsamkeit zu einer gewissen bescheidenen Wohlhabenheit« hocharbeitet als Schritt zur »Entproletarisierung der Proletarier« (Papst Pius, zit. n. Fleckenstein 1954, 12). Es wird angenommen, die Gesellschaft funktioniere nach den gleichen Naturgesetzen wie der Mensch selbst. Das Naturrecht der einzelnen fordere soziale Gerechtigkeit, die man erreiche durch die Möglichkeit des individuellen Besitzes für alle. Als Garant dieser Gerechtigkeit wird der Staat genannt. Er wird gebraucht, um den Maßstab der »gerechten Verteilung des Eigentums« festzulegen und um die Einhaltung der Gerechtigkeit zu gewährleisten. Fleckenstein spricht vom »Oberhoheitsrechts des Staates über die Eigentumsverteilung und den Eigentumsgebrauch um der Verwirklichung der Gemeinwohlgerechtigkeit« willen (1954, 8). Das heißt, der Staat soll als oberster »Richter« auftreten und die Verteilung des Eigentums »gerecht« regeln. Kapitalisten und Arbeiter werden als Eigentümer bzw. potentielle Eigentümer angesehen. Das Recht auf Eigentum wird als klassenübergreifendes Naturrecht formuliert. Die Gesellschaft brauche den Staat als neutrale Instanz mit dem Auftrag, Gerechtigkeit walten zu lassen — für alle.
Auf der politischen Ebene wurde die Eigentumsdiskussion als Spardiskussion geführt. Diverse Programme wurden entwickelt, von denen wahrscheinlich das 312-DM-Gesetz (ein Regierungsprogramm) und der sogenannte Leberplan (von gewerkschaftlicher Seite) die bekanntesten sind. Gemeinsam war den Programmen das Versprechen, durch Sparen zu einem Vermögen zu kommen, Eigentum zu erlangen, indem ein Teil des Lohns zu Investitionszwecken der Industrie zur Verfügung gestellt und mit einem festgelegten Zinssatz an die Sparer zurückgezahlt wurde.

Der Eigentümer und die Hausfrau
Das Recht auf persönliches Eigentum soll für alle Menschen gelten. Man kann diesen Satz in seiner Allgemeinheit ohne Schwierigkeiten geschlechts-unspezifisch verstehen. Verwickelter wird es, wenn ich mir in Erinnerung rufe, daß es die Lohn- und Einkommensempfänger sind, die als potentielle Eigentümer angerufen werden — die Frauen also nur dann, wenn sie selbst berufstätig sind. Sind sie Hausfrauen, gilt das Recht auf Eigentum für sie vermittelt über ihren Ehemann. Von »Familieneigentum« ist die Rede. Entscheidend sei darin das »familiengerechte Heim« als »konkrete Eigentumsbildung für die eigentumslosen Massen« (Kroll 1954, 68).
Das Eigenheim wird als Ausgleich gegenüber der »sinnentleerten modernen Fabrikarbeit« angesehen (ebd., 68). In diesem Zusammenhang wird den Frauen ihre spezifische Aufgabe zugesprochen.

  • »Unterstellen wir einmal, daß uns noch einiges an der Erhaltung der Familie gelegen ist. Dann ist vor allem erforderlich, daß die Frau ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter und zwar gleichzeitig erfüllen kann. Das klingt so einfach, hat aber einschneidende Konsequenzen. Voraussetzung ist vor allem, daß das Familieneinkommen groß genug sein muß, um den ökonomischen Zwang zur Frauenarbeit in den Betrieben endlich zu überwinden.« (ebd., 68)

Diese Konstruktion sieht vor, daß die Frauen nicht berufstätig sein sollen. Als individuelle Eigentümerinnen und vermögensbildende Sparerinnen kommen sie nicht vor. Ihr Verhältnis zu persönlichem Besitz wird hergestellt über die Familiengemeinschaft. Durch Heirat haben sie gewissermaßen ein Anrecht auf das Eigentum des Mannes als Familieneigentum.
Die Männer werden über ihr »Recht auf Eigentum« in die Politik gerufen, sie sollen ihr Recht beim Staat einklagen und sich den staatlichen Regelungen in Form von Sparprogrammen unterstellen. So sind die Männer als Arbeiter in den ökonomischen Bereich geknüpft, als Eigentümer in den staatlichen und als Familienvater und Ehemänner auch in den privaten. Die Frauen kommen hauptsächlich im Privaten vor. Eigentum bedeutet für sie die verantwortungsvolle und sparsame Teilhabe an dem, was der Mann in die Familie mitbringt. Ihr Verhältnis zu Ökonomie und Staat ist vermittelt über den Mann. Der »Eigentümer« braucht die Frau dazu, das Familieneigentum zu bewahren und es zu nutzen, um durch fürsorglichen und zugleich kontrollierenden Einsatz des Besitzes den Ausgleich für die täglichen Anstrengungen zu schaffen und die Verantwortung des Mannes gegenüber Eigentum und Familie zu stärken.
Gegenüber der Festschreibung der Frauen auf den privaten Lebensbereich, wie die Katholische Soziallehre es fordert, vertrat die SPD die »politische, wirtschaftliche und soziale Gleichberechtigung« der Frau:

  • »Sie erstrebt auch für die Frau das Recht auf einen Arbeitsplatz und den Zugang zu allen Berufen, die ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechen ... Frauen müssen dieselben beruflichen Aufstiegschancen haben wie Männer. Mehr als bisher müssen sie zur Mitarbeit im öffentlichen Leben, auch in leitenden Stellen, ausgebildet und verwendet werden ... Löhne und Gehälter sind nur durch die Art der Arbeit und nicht durch Geschlecht oder Alter des Arbeitnehmers zu bestimmen. Die sogenannten typischen Frauenberufe müssen neu und gerecht bewertet werden.« (Aktionsprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1952 und 1954)

Diese vorwärtsweisenden Vorschläge der SPD, mit denen die Frauen unterstützt werden sollen, nicht nur im Privaten ihre Leben zu planen, verändern allerdings noch nicht die geschlechtsspezifischen Verantwortlichkeiten in der Familie.

  • »Keine Mutter vorschulpflichtiger oder schulpflichtiger Kinder darf jedoch aus wirtschaftlicher Not gezwungen sein, einem Erwerb nachzugehen.« (Ebd.)

Auch hier wird davon ausgegangen, daß es einen »eigentlichen« Verdiener, den Mann, gibt. Indirekt wird gefordert, daß er soviel verdienen muß, daß die Frau zu Hause bleiben kann. Die Widersprüchlichkeit hegt darin, daß es auf der einen Seite ein realer Fortschritt für die Familien ist, wenn sie finanziell abgesichert sind. Zugleich wird aber die geschlechtsspezifische Trennung der Verantwortlichkeiten erhalten und gefestigt. Die Männer sind angesprochen über ihren Lohn, ihr Einkommen, über den Bereich der Ökonomie. Die Frauen kommen, sofern sie nicht berufstätig sind, im Konzept der SPD als für die Politik relevante Individuen nicht vor. Auch die Gewerkschaften konzentrieren sich auf den Produktionsbereich. Gerechte Verteilung, Mitbestimmung und die von einem Teil der Gewerkschaften vertretene Forderung nach »Überführung der Schlüsselindustrien und marktbeherrschenden Unternehmen in Gemeineigentum« waren die zentralen Punkte des gewerkschaftlichen Kampfes (vgl. Brenner 1964, insbes. 5). Für die Hausfrauen konnte dies nur bedeuten, daß sie sich, wollten sie die gesellschaftlichen Kämpfe unterstützen, auf die Seite der Männer stellten, indem sie liebend einen Ausgleich schufen für die Kämpfe in den anderen gesellschaftlichen Bereichen und die Sorge um die Kinder trugen. Ein Effekt dieser Konzeptionen, die die Frauen nicht direkt ansprechen, ist, daß Hausfrauen möglicherweise durch andere hindurch (Ehemänner und Kinder) Einfluß auf gesellschaftliche Entwicklungen nehmen. Ihre privaten Handlungsweisen übersetzen sich in politische Effekte. Das begründet die Notwendigkeit, die in der Arbeiterbewegung vorhandene Leerstelle hinsichtlich der ökonomischen und politischen Relevanz von Hausfrauen zu füllen. In den 50er Jahren besetzte die CDU sie und gewann auf diese Weise die Frauen.

Die Macht der Hausfrauen
Wo die Frauen direkt angerufen werden, sind sie Hausfrauen, Ehefrauen, Mütter, erfüllen gesellschaftliche Aufgaben in privater Form. Der Zusammenhang zwischen ihren Handlungen und der Regelung der Ökonomie wird über ihre Bedeutung als Konsumentinnen hergestellt.

  • »Die Hauswirtschaft ist unlöslich mit der gesamten Volkswirtschaft verknüpft. Etwa 20 Millionen Haushalte sind gegenwärtig in Deutschland vorhanden. 75% aller Einkäufe werden von Frauen getätigt. Dadurch gehen 60-80% des Volkseinkommens durch ihre Hände. Die Hausfrauen sind damit anerkannt wichtige Glieder unserer Volkswirtschaft.« (Altmann-Gädke 196413, 12)

Als Konsumentinnen, die über die Verwendung hoher Geldsummen entscheiden, sind die Frauen aufgewertet. Die Zuständigkeit für die private Versorgungsarbeit wird den Frauen als gesellschaftliche Macht vorgeführt. Die CDU vertrat neben der »gerechten Verteilung des Eigentums« als weiteres Kriterium für die Gewährleistung der »Würde des Menschen« die »freie Konsumwahl« als Voraussetzung für die »Erhöhung der Produktion und des Lebensstandards« (vgl. Hamburger Programm der CDU und Erhard, 1950 auf dem 1. Parteitag der CDU). Werde die freie Konsumwahl beschnitten, so richte sich dies gegen die Ordnung der sozialen Marktwirtschaft, die »Wirtschaftswachstum« und »Wohlstand für alle« garantiere. Die soziale Marktwirtschaft braucht also die »freien Konsumenten«.
In einer ideologiekritischen Untersuchung stellt S.E. Liedman die Betonung des Konsumenten in den Rahmen neoliberaler Wirtschaftstheorie. Dort wird vom einzelnen als »homo oeconomicus« ausgegangen, der (nach Liedman) als Wesen konstruiert wird, »das, sofern es nicht unter dem Einfluß von Zwang und Vorurteilen steht, völlig kompetent ist, zu beurteilen, was für es in jeder Lebenssituation am besten ist« (1982, 496). Liedman fragt, wo »die Menschen sich in entwickelten kapitalistischen Gesellschaften als homo oeconomicus erfahren« können, und kommt zu dem Schluß, daß die Konsumsphäre der Bereich ist, in dem »die Menschen wissen, was sie wollen« (ebd., 501). Er verweist darauf, daß dementsprechend der Supermarkt in den neoliberalen Schriften eine wichtige Rolle spielt. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, das Verhältnis der Geschlechter und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung für das Funktionieren neoliberaler Politik im Auge zu behalten. Es ist immer noch überwiegend die Frau, die als Konsumentin in den Supermarkt geht. Und so lebt die »Freiheit« auch davon, daß die an sie glaubenden Produzenten sie tatsächlich nicht praktisch überprüfen.

  • »Gegenüber der Planwirtschaft, wo der Staat und die Bürokratie angeben, was produziert werden soll, huldigt die Marktwirtschaft ganz anderen Prinzipien. Ihre Lenkung erfolgt vom Verbraucher her, und Übereinstimmung findet dadurch statt, daß jetzt die Unternehmer auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen sind, mit ihrer Arbeit, ihrer Ware, mit den Erzeugnissen und Dienstleistungen Gnade vor den Augen der Verbraucher zu finden. ... Das gibt ihnen als Hausfrau diese unerhörte Macht in die Hand, weil von ihrem Verhalten, von der Art, wie sie ihre Kaufkraft verausgaben, mit jeder solchen Entscheidung üben sie eine Lenkungsfunktion in der Wirtschaft aus.« (Erhard 1954, 9f.)

Den Frauen wird mitgeteilt: Sie können als Hausfrauen die Entwicklung der Wirtschaft mitbestimmen, wenn sie das Konsumieren verstehen. Die Marktwirtschaft garantiere, daß die Konsumenten/die Hausfrauen etwas gelten. Selbst Staatsmann, tritt Erhard hier antistaatlich auf; das Spezifische der Marktwirtschaft sei, daß nicht der Staat bestimme, was zu produzieren sei, sondern die Konsumentin direkt in die Wirtschaft eingreife, sie nach den Erfordernissen des privaten Versorgungsbereichs lenke und damit große ökonomische Bedeutung habe. Einkaufen wird zur Politik.

  • »Es ist nicht die Aufgabe des Wirtschaftsministers, in die einzelnen Haushaltsbudgets hineinzuregieren, ... soviel Vertrauen können wir zum deutschen Volk und zum deutschen Staatsbürger und zur deutschen Hausfrau haben, daß sie selbst wissen, was sie sich leisten können und wo die Grenze liegt, wo die Gefahr für die Familie besteht.« (Erhard 1954, 13)

Hier wird von »oben« Vertrauen ausgesprochen. Die Frauen sollen nicht bevormundet werden, sondern sich zu Partnerinnen des Staates entwickeln, indem sie die Verantwortung für das Wohlergehen der Familie übernehmen und nach diesem Maßstab ihren Konsum regeln, selbstverantwortlich.
Die Konstruktion der »bewußten Konsumentin« Differenzierte Ratschläge und Handlungsanweisungen, wie das für die »Konsumentin« notwendige selbstverantwortliche Handeln zu entwickeln sei, wurden den Frauen in Verbraucherpostillen, Frauenzeitschriften, Haushaltsratgebern und -büchern unterbreitet. Ausgegangen wird davon, daß die Hausfrau
»häufig mit ihrer Machtstellung noch nichts Rechtes anzufangen« weiß. »Sie war seit jeher gewohnt, als wirtschaftliche Nebensache behandelt zu werden. Nun muß sie erst lernen, wie sie zu teure oder minderwertige Waren vom Markt verdrängen und damit Lebenshaltung und Wirtschaftlichkeit ihres Landes beeinflussen kann.« (Die Frau, die erste Macht im Staat. In: Die kluge Hausfrau, 2/1956) Die Frauen werden aufgefordert, sich Kenntnisse zu verschaffen über Möglichkeiten des optimalen Konsums. Dazu brauche die Hausfrau »Marktübersicht und Warenkenntnisse«. Bis jetzt sei sie »bei der Fülle ständig neuer Rohstoffe und Fertigwaren kaum in der Lage, das Verhältnis von Qualität und Preis immer richtig zu beurteilen« (ebd.). Auch müsse sie prüfen, ob ihre Abneigung gegenüber modernen Produkten berechtigt sei oder nur aus Vorurteilen bestünde. Die Ratschläge werden in Form von Lerngeschichten gegeben. Häufig beschreiben sie den Alltag von Frauen, in denen vorbildlich oder aber altmodisch und unvorteilhaft für die Frauen und ihre Familien mit Geld umgegangen wird. Lernprozesse werden vorgeführt, die darin bestehen, daß die Frauen alte Selbstverständlichkeiten, wie z.B. die Überbetonung des Essens oder das Bestehen auf von den Müttern übernommenen Haushaltsmethoden, als historisch veraltet in Frage stellen und zu neuen Einsichten gelangen. Die Geschichten sind witzig zu lesen, arbeiten mit den Erfahrungen der Leserinnen und konstruieren eine Konsumentin, die mit Wünschen, Hoffnungen, Tugenden ausgestattet ist. Modern, klug und aufgeklärt beurteilt sie neue Produkte, indem sie ihre im privaten Haushalt gesammelten Erfahrungen durch Erkenntnisse aus der Wissenschaft und Gegenerfahrungen neu anordnet.
In einer Geschichte werden die Leserinnen mit einer Frau konfrontiert, die den Vorteil von Konservendosen noch nicht verstanden hat und darauf besteht, Gemüse sei gesünder, frischer, sauberer, wenn die Hausfrau es selbst putzt und zubereitet. In einer Betriebsbesichtigung lernt sie: Es werden nicht — wie sie dachte — die Reste des »Frischmarktes« in der Konservenindustrie verarbeitet, sondern alles ist vollkommen frisch und ausgezeichnete Ware. Auch ihre Bedenken in bezug auf mangelnde Sauberkeit werden widerlegt. Sie sieht es mit eigenen Augen: blitzsaubere Fabrikräume und einer Verarbeitung, die an Hygiene der Hausfrauenarbeit in der heimischen Küche nicht nachsteht.
 

  • »Das war recht frisch und appetitlich anzusehen.« Und selbst die Sorge um die Nährstoffe — will sie doch das Beste für ihre Familie — löst sich in Wohlgefallen auf: Bei der Konservierung geht weniger verloren als zu Hause beim Kochen im Topf. Die Frau ist jetzt wissenschaftlich aufgeklärt und kann mitreden: »Konserven sind also nicht nur gleichwertig, sondern dem haushaltsmäßig gekochten Obst und Gemüse überlegen?« Der Fachmann bestätigt: »In jeder Hinsicht! Das ist wissenschaftlich einwandfrei festgestellt.« (Alma begegnet dem Fortschritt. In: Die kluge Hausfrau, 5/1954, 11)

In diesem Beispiel wird die Position, daß Selbstgekochtes und Hausgemachtes immer noch das Beste sei, als Vorurteil vorgestellt. Was vorher eine von jeder Frau einzeln und in privater Form ausgeführte Aufgabe war, wird jetzt im Produktionsbereich erfüllt. Die Frauen brauchen nur noch zu kaufen. Damit werden ihre Aufgaben aus der Familie herausverlagert und in die Konsumsphäre verschoben — neue Kenntnisse und Fähigkeiten müssen erworben werden. Das heißt auch, daß die Frauen sich ändern müssen. Zum Beispiel braucht die Konsumentin Selbstbewußtsein und Sicherheit im Auftreten, muß sich Wissen über neue Produkte aneignen. Dies ist nicht vereinbar mit einer scheuen, schüchternen Hausfrau, die sich nicht getraut, schwierige Entscheidungen bezüglich der Auswahl zwischen diversen Produkten zu treffen, nach Preisen zu fragen, ein Produkt zurückzuweisen, wenn es ihr nicht gefällt, Informationen zu ermitteln usw. Diese »Konsumentin« ist anrufbar für den Aufbau neuer Industriezweige, hier für die Konservenindustrie. Wie dies organisiert wird, will ich noch an einem anderen Beispiel zeigen: Frauen geben zu viel für die Ernährung aus. Es sei zwar verständlich, daß sie nach den Entbehrungen des Krieges erstmal für gutes Essen sorgen wollen, jedoch sei daraus inzwischen »geradezu eine Unsitte« geworden. Wichtig sei, daß das Essen gesund ist und schmeckt. »Und wer sich nur einmal die Mühe macht, am Essen ein wenig zu sparen, wird bald erkennen, wieviel Geld vorher ungesund und unnötig durch den Magen wanderte.« Das am Essen Gesparte könne dann für anderes ausgegeben werden (vgl. Viele kommen nie zu etwas... In: Stimme der Frau, 14/1956, 10). Zum Beispiel mehren sich die Anzeigen für Autos und Urlaubsreisen, für den schmaleren Geldbeutel gibt es Campingausrüstungen zu kaufen, so daß mit dem ersparten Geld neue Bereiche für die Genüsse der Familie entdeckt werden sollen und können. Verbesserungen werden geboten: die Autonomie durch den Besitz eines Autos oder die Überschreitung der kleinen Alltagswelt durch eine Urlaubsreise. Der Effekt soll sein, daß die Frauen die soziale Marktwirtschaft als das ihren Wünschen und Bedürfnissen Rechnung tragende System erkennen — und als Konsumentinnen kalkulierbar sind. Die »bewußte« Konsumentin zeichnet sich nicht dadurch aus, daß sie möglichst viel kauft und alles haben will; sie hat die Fähigkeit abzuwägen und verfügt über Kriterien, nach denen sie aus einem vielfältigen Angebot das Richtige für die Bedürfnisse und den Geldbeutel ihrer Familie auswählt. Die diversen Genüsse, die sie organisieren kann durch unterschiedliche Käufe, müssen abgewogen werden, brauchen eine Planung.
Die so angerufene Konsumentin muß zugleich Sparerin sein. Sie muß einteilen, knappsen, um anderes kaufen zu können. Zugleich soll auch beim Kaufakt selbst nach Preisvorteilen gesucht werden — preisgünstig einkaufen ist ebenfalls an Sparsamkeit geknüpft sowie die Auswahl z.B. langlebiger Qualität. Sparen ist in das bewußte Konsumieren eingewoben, vorbereitend wie auch in der Durchführung des Kaufes selbst. Kaufen und Sparen sind in der »Konsumentin« aneinandergebunden. — Die Gewichtung des Verhältnisses muß von den Frauen immer wieder neu entschieden werden. Die Kriterien dafür soll sie aus den Bedürfnissen der Familienmitglieder gewinnen, nicht nur, indem sie an die kurzfristigen denkt, wie z.B. Essen und Trinken, sondern indem sie auch für die Perspektive plant, die Ausbildung der Kinder, vielleicht ein Eigenheim, eine neue Wohnungseinrichtung, ein Auto oder dergleichen. Darüber könne sie zugleich bestimmen, was produziert wird.

Die Anforderungen an die Geschlechter

  • »Eine tüchtige Hausfrau muß zusammenhalten können, was der fleißige Mann nach Hause bringt, sonst wirft er sein Geld in einen Eimer ohne Boden.« (Milliarden gehen durch die Hand der Frau. In: Die kluge Hausfrau, 15/1954)

In diesem Ratschlag für Hausfrauen sind an die Geschlechter unterschiedliche Anforderungen gestellt. Der Mann soll an einem anderen Ort seinen Geldbeutel füllen und ihn voll mit nach Hause bringen. Im Privaten fängt der Verantwortungsbereich der Frauen an. Sie sollen dafür sorgen, daß ihnen das Geld nicht zwischen den Fingern zerrinnt. Zusammenhalten bedeutet ja nicht, daß sie das Geld festhalten sollen, sondern sie sollen etwas daraus machen, es vernünftig ausgeben, so daß die Familie was davon hat. So sind die Hausfrauen als Konsumentinnen die Ergänzung zum Mann als Verdiener. Er trägt die Verantwortung dafür, daß die Haushaltskasse gefüllt wird, in ihrem Verantwortungsbereich liegt es, daß sie nicht zu früh leer wird. Ist der Ehemann ein tüchtiger Sparer, legt er einen Teil seines Lohnes vermögensbildend an und wird also weniger Lohn mit nach Hause bringen. An die Frau wird die Anforderung gestellt, die Lücke auszugleichen und dafür zu sorgen, daß die Familie nicht unter Einschränkungen zu leiden hat.
Die Frage, was Tüchtigkeit im Umgang mit Geld bedeutet, brachte mich auf die Frage, mit welchen moralischen Elementen in den Anrufungen an Männer und Frauen gearbeitet wird. Anhand der Geschichte der Moralphilosophie, Redeweisen, Sprichwörtern und Erinnerungsgeschichten zur moralischen Vergesellschaftung von Frauen entwickelte Frigga Haug die These »Die Moral ist zweigeschlechtlich wie der Mensch.« (1983) Damit ist gemeint, daß eine Moral und ihre Werte für Männer und Frauen Unterschiedliches bedeuten, daß sie geschlechtsspezifisch gehört, verstanden und praktiziert werden.
»In dieser Weise ist die Moral selber ein extremer Scheider der Geschlechter« (ebd., 659). »Während die männliche Bedeutung von Moral weitgehend um Geschäft und Eigentum kreist, um den Geldbeutel zentriert ist, vergesellschaften sich Frauen über ihren Körper. Ihre Körperlichkeit stiftet zugleich ihre Identität wie ihre Unterordnung unter die Männer und ihre Vereinzelung.« (Ebd., 671)
Für die Männer ist die These schnell einsichtig, geht es doch um ihr Einkommen, ihren Lohn, ihr Recht auf Eigentum. Aber für die Frauen? Als Konsumentinnen sollen sie sich ja gerade im geschäftlichen Bereich handlungsfähig machen. Die Entscheidungen der bewußten Konsumentin ranken sich alltäglich auch um den Geldbeutel. Geschäftstüchtigkeit ist also eine Anforderung, die an beide Geschlechter gestellt wird, die allerdings für Männer und Frauen nicht das gleiche bedeutet. Für die Frauen ist die Befriedigung der Bedürfnisse aller Familienmitglieder der Maßstab für den Erfolg ihrer Geschäfte. Der Maßstab der Männer wird in der Schaffung von Eigentum gesehen. Deshalb wird es wichtig für ihn sein, in eine höhere Gehaltsklasse aufzusteigen und einen Teil des Verdienten hochverzinst, also vermögenbildend, anzulegen. Ein tüchtiger Verdiener muß also darauf achten, daß er nicht seinen Arbeitsplatz verliert oder auf der gleichen Einkommensstufe stehenbleibt. Es gibt für ihn mehrere Wege: Er kann durch Einordnung in die Betriebshierarchie versuchen, sich »hoch-zudienen« oder/und in kollektiven Lohn- und Mitbestimmungskämpfen mitzustreiten. Da die Frauen im abgetrennten Privaten abhängig sind von dem, was der Mann mit nach Hause bringt, müssen sie Interesse daran entwickeln, den Ehemann in seiner Karriere zu unterstützen. Durch die Vermögensbildungsprogramme wird das aktuell zur Verfügung stehende Haushaltsgeld nicht vermehrt, so daß sie als Hausfrau daran interessiert sein muß, daß er mehr verdient. Zudem soll sie als bewußte Konsumentin dafür sorgen, daß das vorhandene Geld für möglichst viele Anschaffungen, kurz- und langfristige, ausreicht. Dieser Gedanke wird auf die Spitze getrieben in der Position »Eine tüchtige Hausfrau verdient mit« (vgl. den gleichnamigen Artikel in: Die kluge Hausfrau, 36/1955). Damit ist nicht gemeint, daß sie stundenweise oder überhaupt außerhalb des Hauses etwas dazuverdient, sondern gemeint ist das »Mitverdienen ohne Lohntüte«.

  • »Durch ihre Sparsamkeit und umsichtige Wirtschaftsführung arbeitet die Frau daher praktisch mit an der Mehrung des Einkommens und hilft, die finanzielle Unabhängigkeit, den Wohlstand und die Krisenfestigkeit der Familie zu sichern.« (Ebd.)

Mitverdienen könnten die Frauen natürlich nicht ohne entsprechenden Einsatz. Es koste sie Nachdenken, gründliche Kenntnis der jeweiligen Marktlage, genaue Einteilung und Kalkulation, die Kenntnis darüber, wo jeweils günstige Geschäfte liegen, Wissen über Sonderangebote usw. Nicht genannt ist die Zeit, die die Hausfrauen brauchen, um sich derart um kleine Einsparungen zu bemühen. Das, was die Frauen an Zeit gewinnen können, z.B. wenn sie ihre Küchen funktional für die Arbeitsabläufe einrichten, Konserven und technische Geräte benutzen, soll nun für die Tätigkeiten, die zum bewußten Konsumieren gebraucht werden, benutzt werden, in Isolation und für die Familie. Die Fähigkeiten, die die Frauen sich als »Konsumentinnen« aneignen müssen, sind gebunden an ihren privaten Verantwortungsbereich. Bewußter Konsum, wie er den Frauen nahegelegt wird, ist noch kein Anfangsschritt für ihren Eintritt in andere gesellschaftliche Bereiche. Obwohl sie aufgefordert sind, aus der Privatheit der Familie herauszutreten, ihnen als »Marktfaktor« große Bedeutung zugesprochen wird, bleiben sie in ihrer Perspektive als Hausfrau isoliert. Die Hausfrauen werden dort als gesellschaftliche Macht formuliert, wo sie, ausgehend von den privaten Familienbedürfnissen und vereinzelt, in den Läden das zur Verfügung stehende Geld ausgeben und als Bindeglied zwischen Produktion und Privatsphäre die beiden Bereiche durch klugen Konsum verbinden. Durch das Ausbalancieren von Sparen und Kaufen sollen sie die Bedürfnisorientierung im Privaten und zugleich die Profitorientierung der kapitalistischen Wirtschaft stützen.
Mein Fazit ist, daß das Stichwort »Sparen« in den 50er und beginnenden 60er Jahren als Bestandteil der Wirtschaftspolitik formuliert wurde, für die Geschlechter Unterschiedliches bedeute und eben darum funktionierte. Versteht man Sparen als männliche Tätigkeit, findet man den Lohnempfänger, Einkommensbezieher, den potentiellen Eigentümer, der für eine gerechte Organisation des Kapitalismus steht. Versteht man es als weibliche Tätigkeit, kommt man unweigerlich zur Konsumentin, die zugleich immer Hausfrau ist. Sparen wird den Geschlechtern jeweils aufgetragen, um zu Eigentum bzw. zu höherem Konsum zu gelangen. Damit sind beide Geschlechter in die Wirtschaftspolitik eingebunden. Der Mann über seine Lohnarbeit und die Frau über ihre familiären Tätigkeiten, die sich in Abhängigkeit vom Lohn des Mannes gestalten.
Ich vermute, daß die CDU in ihren Versuchen, die Männer zur Zustimmung zu ihrer Politik zu bewegen, konkurrieren mußte mit den Anrufungen von Gewerkschaften und SPD. Die Hausfrauen dagegen wurden nur von der CDU angesprochen. Ich sehe darin eine Teilerklärung für die Frage, warum die CDU bis heute von besonders vielen Frauen gestützt wird.

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