Briefe 1893 bis 1899

Wo ist unser buntes Theben

FRANZ LINDWURM-LINDNER

20. VI. 93 [297]

Mein lieber Schwager Franz.
Anna ist wahrscheinlich schon in Sonnborn, und da habe ich die beste Gelegenheit, Ihnen ungesehn und ungehört zu schreiben.

Ich nehme vorher Ihr Ehrenwort, daß unsere Anna niemals (/) (und kein Mensch sonst) (/) von diesem Brief erfährt.
Wie ich höre, reisen Sie morgen nach Frankfurt, und ich freue mich sehr darüber, - denn Anna ist so sehr aufgeregt, daß sie keine Ruhe mehr bei Tag und Nacht hat. Lieber Franz, (wie soll ich Sie anders nennen -) nicht wahr, Sie haben Anna sehr gern? - Ich kann es mir ja auch nicht anders denken, - und Sie werden mir nicht böse sein; daß ich Sie frage. Die Leute nennen mich ein' Luftikus - vielleicht bin ich's auch - ein bischen ausgelassen, - aber dann auch nur für mich. Anna aber - ihr Glück ist mir wichtiger, wie das meine, - erstens weil ich sie sehr liebe, zweitens aber, weil sie stets noch mehr, als schwesterlich zu mir gewesen. Ich bitte Sie verlassen Sie Anna nicht, wenn auch der Onkel sofort nicht seine Einwilligung giebt. Aber ich glaube es und hoffe es, und wenn Onkel damit einverstanden, so ist Alles gut. Ich schrieb vorgestern nochmals an Onkel, und heute wird er wieder mit einem Brief erfreut. Onkel liebt die Kunst, - und es ist doch kein Zweifel, daß Sie ihm gefallen.
So gerne hätte ich Sie 'mal mündlich gesprochen, und Ihnen gesagt - wie unendlich Anna Sie liebt, und daß Sie Allein ihr Glück sind.
Anna sagte vorgestern - ich will's lieber nicht schreiben, es könnte Sie beeinflussen. Nicht wahr, Sie sind mir nicht böse, - daß ich unaufgefordert an Sie geschrieben, lieber Franz, aber ich konnte nicht anders. Also, gut Glück - ich werde für Sie beide beten! Ich grüße Sie herzlich - und wünsche eine frohe Wiederkunft! -
In schwesterlicher Liebe,
Ihre Else Schüler.
Noch einmal - es bleibt Alles unter uns. Sie kennen doch Anna's Stolz - und wehe mir, wenn Sie wüßte, das ich Ihnen geschrieben! -

ANNA LINDWURM-LINDNER

19. 4.1899[298]

Liebste Anna. Warum keine Karte? Bist Du krank? Ich vergaß - Du bekommst doch alle meine Briefe oder nicht. Ungefähr jetzt 4 Karten.
Dr. Jakobowsky sagt Mai erschiene alles - er sagte gestern - meine Sachen wären großartig. Also ein Fremder. Erste Zeitschrift - V. Liliencron und nur dergleichen Gedichte erscheinen, er schickt sonst alles retour. Asch sagt, erste Zeitschrift - fühlt sich ganz geehrt. Bin Montag zu Frau Dr. Asch eingeladen zu Tische, heute Theater, morgen Concert. Franz soll an (...) schreiben. Kuß Else.
Eben einen Brief bekommen - Danke.

ANNA LINDWURM-LINDNER

20. 5. 1899 [299]

Liebste Anna. Komme gerade von einer Redaktion »die Woche« großes Beiblatt vom Lokalanzeiger. Habe Novellen hingebracht - na, will hoffen - eine hat Asch abgeschrieben. B. war ganz entzückt. Das heisst ein Vergnügen bei der Hitze, aber man muß doch sehen. Von Minnas Karte weiß ich nichts ich finde sogar eine Frechheit, sie hat sich in meine Angelegenheit nicht zu kümmern. Aber ich soll brillant aussehen, auf Ehre, es gäbe ein garcon sagen die Leute dann. Wir waren gestern, Fidus, Frl. Vogel, Herr Fedor, Asch Berth. alle zusammen morgen hat mich das Eckel, zum Grunewald eingeladen. Gut sein ist sehr gut, aber zusammen wohnen ist Blödsinn, (folgt viel Gestrichenes) Ich danke sehr - für das Vergnügen, der Müll Stinkerei. Viele Küsse Tante Else
Franz, Rosa, Kette angekommen?
(...) bei der Hitze (...)

ANNA LINDWURM-LINDNER

10. VII. 99 [300]

Liebste Anna.

Meine Gedichte einige sind in der Gesellschaft »Die Gesellschaft (II. Augustheft) erschienen. Ich habe mir selbst für mich noch keines besorgt. Herausgeber Dr. lakobowski. 75. Pfg. kostet es. Es soll hier das feinste journal sein mit. B. ist ganz außer sich vor Freude. Ist Herr Meisterbernd krank? Erkundige Dich bitte.
Viele Küsse Tante Else.
Schreibe nur nicht deswegen an Jakobowski.

ANNA LINDWURM-LINDNER

26. 9. 1899 [301]

Liebste Anna. Heute war ich wieder aus habe Wohnungen gesehen - morgen kommt B. mit. Nach Schleich schicke ich morgen durch Elvira einen Brief. Anfrage. Päule ist so nett und klein, er sieht aus, wie Papa. Vielleicht wird er mal wie Paul. Der Serviettenring ist sehr schön, tausend Dank. Päule hat graue Augen und dunkelblonde Haare bis jetzt und weint nie.
In der Woche erscheinen bald Gedichte, und im (Münchhausen)s Novelle, im Thürmer ebenfalls. (3 Stück) Nicht vorher sagen, nur nicht. Viele Küsse Tante Else.
B. hat extra gesagt, Dich zu grüßen.

FRANZ LINDWURM-LINDNER

(1899 (?)) [302]

Lieber Franz. Deine Zeitung im tiefsten Umzug bekommen, mich riesig gefreut. Großartig! James R. läßt Dir gratulieren, er war ganz erstaunt. Ich sende sie Moritz.
Mein Päulchen lacht fortwährend, unberufen - ein goldenes Püppchen. Anna und Edd Erikaklein sind wohl, wie sie schreiben. Bitte beantworte mir die Fragen meines Briefes, den ich ebenfalls ans Theater sandte. Adresse werde ich nie behalten.
Viel Pech ferner, mein Sohn und Atelierkamerad.
Viele herzliche Küsse. Dein Schwägerin Else.

Texttyp

Briefe