Das Verhör

Am 21. Februar werden die Beisitzer - über vierzig - zur ersten öffentlichen Sitzung in die königliche Kapelle des Schlosses von Rouen berufen. Nun erscheint Johanna.

  • (...) Weil besagte Jeanne gebeten hatte, die Messe hören zu dürfen, erklärte der Bischof, daß er den Rat einiger Gelehrter und Würdenträger eingeholt habe und zu der Auffassung gelangt sei, es müsse angesichts der Verbrechen, deretwegen sie angeklagt und verschrien sei, und auch weil sie Männerkleider getragen habe, ihr Ersuchen abgelehnt werden.

Von Anfang an dieses Druckmittel: Johanna wird die Messe nicht hören dürfen, solange sie sich nicht unterwirft.

  • Kurz darauf wurde besagte Jeanne dem Bischof und den Beisitzern vorgeführt. Der Bischof sagte ihr und hielt ihr vor, daß sie im Bereich seiner Diözese gefangengenommen worden war. Und da sie manche ihrer Vergehen, die gegen den rechten Glauben waren, nicht nur im Königreich Frankreich, sondern in allen Reichen verbreitet habe und sie der Häresie angeklagt sei sei sie ihm übergeben und ausgeliefert worden, damit ihr in Sachen des Glaubens der Prozeß gemacht werde. Nach diesen Worten erklärte der Promotor, daß sie auf sein Ersuchen vorgeladen worden sei, damit sie in Sachen des Glaubens antworte, wie es aus den Schreiben und Akten hervorgehe, die er dem Gericht sodann vorlegte, mit der eindringlichen Bitte, man möge sie schwören lassen, die Wahrheit zu sagen, und sie in den Punkten verhören, die er vorlegen werde. Diesem Ersuchen wurde von seiten des Bischofs und der Beisitzer stattgegeben. Daraufhin ließ der Bischof besagte Jeanne kommen und ermahnte sie liebevoll. Er bat sie, die Fragen die man ihr stellen werde, wahrheitsgetreu zu beantworten, sowohl um der Abkürzung ihres Prozesses willen, als auch zur Entlastung ihres Gewissens, ohne Ausflüchte und Verdrehungen zu suchen; und forderte sie auf, bei den heiligen Evangelien zu schwören, daß sie auf alle Fragen wahrheitsgetreu antworten werde. Besagte Jeanne antwortete: »Ich weiß nicht, was Ihr mich fragen wollt. Vielleicht könntet Ihr mich etwas fragen, was ich Euch nicht sagen werde«

Erste Falle, die Johanna gestellt wird, und sie fällt sofort hinein. Sie wird aufgefordert, zu schwören. Eine Routinesache und eine Art, diejenigen Häretiker herauszufinden, die sich dem Eid verweigern. Johanna gehört nicht zu ihnen: sie wird schwören. Aber zuerst sieht sie sich vor. Sie beabsichtigt, ihren geheimen Garten aus dem Spiel zu lassen. Schon in der ersten Sitzung zeigt sie sich so, wie jene, die sie den Regeln gemäß verurteilen wollen, sie haben möchten: ungehorsam, widerspenstig gegenüber der bischöflichen Autorität. Noch beunruhigender: ist das, was sie so hartnäckig verbirgt, nicht gerade der verdammenswerte Teil?

  • Worauf der Bischof zu ihr sagte: »Ihr sollt schwören, die Wahrheit zu sagen auf Fragen, die den katholischen Glauben angehen, und alles andere, wovon Ihr Kenntnis habt.« Worauf besagte Jeanne antwortete, Aß sie übu ihre Eltern und über alles, was sie getan hat, seit sie nach Frankreich gezogen ist, gern schwören wolle. Aber über die Offenbarungen, die sie von Gott erhalten hat, habe sie nie gesprochen, noch sie irgend jemandem enthüllt außer Karl, ihrem König. Und sollte man ihr den Kopf abschlagen, so würde sie darüber nichts verraten, denn sie wisse von ihren Visionen, daß sie sie geheimhalten müsse. Doch werde sie bis in acht Tagen wissen, ob sie es sagen muß. Nach diesen Worten ermahnte sie der Bischof und forderte sie auf zu schwören, daß sie in allem, was den Glauben berühre, die Wahrheit sage. Besagte Jeanne kniete nieder, legte beide Hände auf das Buch, nämlich ein Meßbuch, und schwor, die Wahrheit zu sagen auf alles, was man sie in Glaubensdingen fragen werde. Daß sie aber über die erwähnten Offenbarungen niemandem etwas sagen würde. Am selben Tag, nach einigen Fragen an besagte Jeanne, nämlich nach dem Namen ihres Vaters und ihrer Mutter, nach ihrem Geburtsort und ihrem Alter, als Jeanne sich über die Fußeisen beklagte, die man ihr angelegt hatte, wurde ihr vom Bischof gesagt, daß sie mehrmals versucht habe, aus den Gefängnissen zu entkommen, und man deshalb angeordnet habe, sie in Ketten zu legen, um sie in sicherem Gewahrsam zu halten. Worauf besagte Jeanne antwortete, es sei wahr, daß sie früher versucht habe, aus dem Gefängnis zu entkommen, wozu jeder Gefangene das Recht hat. Außerdem sagte sie, wenn sie entkommen könnte, so könnte man sie nur dann wiederergreifen, wenn sie irgend jemandes Glauben verfälscht oder verletzt hätte; denn das habe sie nie getan. Wegen dieser Antwort befahl der Bischof Jean Rys, Jean Bernard und Guillaume Talbot, besagte Jeanne sicher zu verwahren und niemanden ohne seine Erlaubnis mit ihr sprechen zu lassen; und er ließ besagte Wachen die Hände auf das erwähnte Meßbuch legen, und sie schworen feierlich, alles zu tun, was ihnen aufgetragen worden war. Am selben Tag antwortete besagte Jeanne, nach ihrem Namen und Zunamen gefragt, daß man sie dort, wo sie geboren wurde, Jeannette nannte, und in Frankreich Jeanne; von einem Zunamen weiß sie nichts. Gefragt nach ihrem Geburtsort, antwortete sie, daß sie in einem Dorf namens Domrémy geboren wurde, das zu Greux gehört, wo die Hauptkirche ist.

Domrémy, im Tal der Meuse, liegt auf der alten karolingischen Grenze zwischen dem Königreich Frankreich und Lothringen, wo die Umtriebe der Herzöge von Orléans sich mit denen der Herzöge von Burgund treffen. Von der Via Romana durchquert, über die Händler, Kriegsleute, Pilger und Prediger, Bilder- und Reliquienträger ziehen, ist das Gebiet abermals geteilt: auf der einen Seite liegt der Barrois, Lehen der französischen Krone; auf der anderen - wo sich Johannas Haus befindet - die Burgvogtei von Vaucouleurs, die, wie Greux, zum Königreich gehört. Im gegenüberliegenden Maxey bekennt man sich zu Burgund, und die Kinder der beiden Dörfer pflegen einander zu verprügeln. Als Ort weniger kindlicher Auseinandersetzungen wird das Land während Johannas ganzer Jugendzeit von den englischen und burgundischen Straßenräubern und den lothringischen Banden durchstreift. Vaucouleurs hält zum König von Bourges, es ist der einzige Punkt, der nördlich der Loire noch starken Widerstand leistet, zusammen mit Tournai, dem Mont Saint-Michel (die Engländer, die ihn umzingelten, haben die Belagerung im Sommer 1425 zu dem Zeitpunkt aufgehoben, als Johanna im Garten ihres Vaters zum erstenmal den heiligen Michael gesehen hat) und Orléans. Der Vater, Ackersmann, hat Vermögen und in der dörflichen Gemeinde einigen Einfluß: er hat sie 1427 vor dem Burggrafen Robert de Baudricourt vertreten.

  • Gefragt nach ihrem Vater und ihrer Mutter, antwortete sie, daß ihr Vater Jacques Tarc und ihre Mutter Ysabeau heißt. Gefragt, wo sie getauft wurde, antwortete sie: in der Kirche von Domrémy.
  • Gefragt, wer ihre Paten und Patinnen waren, antwortete sie: eine Frau namens Agnes und eine andere namens Jeanne; und ein gewisser Jean Bavent war ihr Pate. Auch sagte sie, daß sie, wie sie von ihrer Mutter hörte, noch andere Paten und Patinnen hatte als die genannten.
  • Gefragt, welcher Priester sie getauft hat, antwortete sie, daß es ein Herr Jean Nynet war, wie sie glaubt.
  • Gefragt, ob besagter Nynet noch lebt, antwortete sie, sie denke, ja.
  • Gefragt wie alt sie sei, antwortete sie, sie sei etwa neunzehn Jahre alt. Außerdem sagte sie, daß ihre Mutter ihr das Vaterunser, das Ave Maria und des Credo beibrachte; und daß sie sonst außer ihrer Mutter niemand im Glauben unterwiesen hat.
  • Aufgefordert, das Vaterunser aufzusagen und das Ave Maria, antwortete sie, daß sie es gern aufsagen will, wenn der anwesende Herr Bischof sie in der Beichte hört. Und obwohl sie mehrmals aufgefordert wurde, das Vaterunser und das Ave Maria aufzusagen, antwortete sie, daß sie es nicht tun werde, wenn der Bischof ihr nicht die Beichte abnimmt. Daraufhin sagte der Bischof- »Ich will Euch gern ein oder zwei ehrenwerte Männer von Eurer Partei zur Verfügung stellen, denen ihr das Vaterunser und das Ave Maria aufsagen sollt.« Worauf sie antwortete: »Ich werde es nur tun, wenn sie meine Beichte hören.«

Im Jahr vierzehnhundertdreißig, (Nach der alten Datierungsweise ist bis Ostern die Jahreszahl die des vorherigen Jahres.) XXII. Februar, im Saal des Schlosses von Rouen, erklärte der Bischof (...), daß er Herrn Le Maistre, als Inquisitor des Glaubens, ersucht habe, am Prozeß besagter Jeanne teilzunehmen, und ihm angeboten habe, ihn von allem in Kenntnis zu setzen, was in diesem Prozeß bisher geschehen sei. Le Maistre gab zur Antwort, daß er nur für die Stadt und Diözese Rouen bevollmächtigt sei; und da dieser Prozeß vom Bischof nicht wie üblich in der Diözese Rouen, sondern auf einem zur Verfügung gestellten Territorium geführt werde, habe er gezögert, sich daran zu beteiligen Damit aber der Prozeß nicht ungültig sei, und um sein Gewissen zu entlasten, wolle er, bis er weitergehende Vollmacht vom Generalinquisitor habe, dem Prozeß beiwohnen. Danach wurde besagte Jeanne als erstes ermahnt und aufgefordert, den Eid zu wiederholen, den sie am Vortag geleistet hatte, und zu schwören, die Wahrheit zu sagen auf alle Fragen nach den Verbrechen und Hexereien, deretwegen sie angeklagt und verschrien sei. Worauf besagte Jeanne antwortete, daß sie schon geschworen habe und daß das genügen sollte. Abermals wurde sie ermahnt zu schwören, auf alle Fragen bedingungslos die Wahrheit zu sagen; und sie wurde daran erinnert, daß auch ein Fürst den Eid nicht verweigern dürfe, in Glaubenssachen die Wahrheit zu sagen. Worauf sie antwortete: »Ich habe es gestern getan. Ihr mutet mir zuviel zu.« Schließlich leistete sie den Eid in derselben Form wie am Vortag. Nachdem der Eid geleistet war, beauftragte der Bischof den Magister Jean Beaupère, (Lizentiat der Theologie, von 1412 bis 1413 Rektor der Universität von Paris.) sie zu verhören. Woraufhin besagter Beaupère sie wie folgt verhörte. Als erstes fragte er sie, ob sie die Wahrheit sagen will. Worauf sie antwortete: »Es kann sein, daß Ihr mich Dinge fragt, aufdie ich Euch wahrheitsgetreu antworten werde, auf andere nicht.« Außerdem sagte sie: »Wenn Ihr recht unterrichtet wäret über mich, müßtet Ihr wünschen, daß ich nicht in Eurer Hand wäre. Ich habe nichts getan, was mir nicht durch Offenbarungen aufgetragen wurde.« Gefragt, wie alt sie war, als sie das Haus ihres Vaters verließ, sagte sie, daß sie es nicht weiß.
Gefragt, ob sie irgendeine Fertigkeit erlernt hat, sagte sie: ja, ihre Mutter habe sie nähen gelehrt; und sie glaube nicht, daß es in Rouen eine Frau gibt, die ihr darin noch etwas beibringen könnte. Außerdem sagte sie, daß sie das Haus ihres Vaters aus Angst vor den Burgundern verlassen hat; daß sie nach Neufchâteau zu einer Frau namens la Rousse ging, wo sie etwa vierzehn Tage geblieben ist. Im väterlichen Haus arbeitete sie im Haushalt und ging nicht mit den Schafen oder anderen Tieren aufs Feld.

Diesmal eine andere Falle: die Sitten. Die Ermittler haben in Domrémy ein Gerede aufgeschnappt: die Familie Darc hatte 1428 auf der Flucht vor den Straßenräubern in Neufchâteau in Lothringen Schutz gesucht; sie hatten in der Herberge der Rousse, einer halben Kupplerin, gewohnt. Ist Johanna dort nicht verdorben worden? Noch ein anderes Gerücht läuft um, über eine gerichtliche Klage wegen eines nicht gehaltenen Eheversprechens; später wird das Gericht es verwenden.

  • Gefragt, ob sie jedes Jahr die Beichte ablegte, sagte sie: ja, bei ihrem Pfarrer. Und wenn er verhindert war, bei einem anderen Priester, seinem Stellvertreter. Und sie sagte, daß sie zwei- oder dreimal bei Bettelmönchen gebeichtet hat. Am Osterfest empfing sie jedes Jahr den Leib Unseres Herrn.
  • Gefragt, ob sie den Leib Unseres Herrn auch an anderen Festen außer Ostern empfing, antwortete sie: »Übergeht das.«

Die Praktiken der Pucelle entsprechen also der Definition des guten Christen, so wie ein Prozeß von 1406 sie liefert, sowie den Empfehlungen der damaligen Beichthandbücher: das Vaterunser und das Credo wissen, in die Kirche gehen, den Sonntag heiligen, zur Fastenzeit fasten, einmal im Jahr beichten, an Ostern kommunizieren. Johanna kann nicht lesen. Ihr ganzer Glaube - sie hat es gesagt - stammt von ihrer Mutter und gründet auf drei kurzen Gebeten. Aber sie hat den Bettelbrüdern zugehört, die auch in den Dörfern predigten. Die Zeitgenossen spürten, daß sie unter dem Einfluß der Franziskaner gestanden hatte. Man nannte sie Begine, das heißt Anhängerin der neuen Frömmigkeit, die in unmittelbarer Verbindung mit Gott zu leben suchte. Morosini, ein venetianischer Geschäftsmann, hat am 9.Juli 1429 in sein Tagebuch ein Echo notiert, das ihm sein Briefpartner aus Bruges hinterbracht hatte: e iera begina. Wahrscheinlich verdankt Johanna den Bettelbrüdern, was sie über das Leben der Heiligen weiß, zu deren populärsten gewiß der Heilige Michael gehört, seit einigen Jahrzehnten Gegenstand erneuter Verehrung, die heilige Katharina von Alexandria, die reine Jungfrau, die sich von Tänzen, Spielen und Liebesliedern abwandte und die man den Mädchen als Vorbild hinstellt, sowie die heilige Margareta, von der sich eine Statue aus dem 15. Jahrhundert in der Kirche von Domrémy befindet, die in Männerkleidern und rundgeschnittenen Haaren das Haus ihres Ehemanns verließ. Johanna verdankt den Bettelmönchen auch ihre Verehrung der Heiligen Jungfrau und des Namens Jesu. Schließlich verdankt sie ihnen jenen Hang zur häufigen Beichte und Kommunion, der die Kirche denn doch beunruhigt. Die Kirche verlangt nämlich nur die österliche Kommunion, empfangen im strengen Rahmen der Pfarrgemeinde, Hauptkriterium für Rechtgläubigkeit. Sie mißtraut engeren, persönlicheren Berührungen mit dem Heiligen, dessen einzige Vermittler die schwärmerischen, umherschweifenden und verdächtigen Franziskaner zu sein behaupten. Sobald man sie auf diesen Punkt anspricht, verschließt sich Johanna. Aber sie spricht sofort, rückhaltlos und stolz von ihrer Stimme.

  • Und sie sagte, daß sie im Alter von dreizehn Jahren eine Offenbarung von Unserm Herrn hatte, durch eine Stimme, die sie lehrte, sich gut zu führen. Das erste Mal hatte sie große Angst gehabt. Besagte Stimme kam zur Mittagsstunde, im Sommer, als sie im Garten ihres Vaters war, an einem Fastentag, und sie sagte, daß die Stimme von der rechten Seite kam, von der Kirche her. Und daß die Stimme fast nie ohne Helligkeit war, die immer von derselben Seite kommt wie die Stimme. Außerdem sagte sie, daß sie wußte, als sie die Stimme zum dritten Mal hört, daß es de Stimme eines Engels war. Und daß diese Stimme sie immer wohl beschützt hat.

Um die Mittagsstunde, auf nüchternen Magen, zur Zeit ihrer Pubertät (die, wie man erfahren wird, wahrscheinlich unvollständig war). Dennoch ist die Stimme gut: sie kommt von rechts, von der Kirche her und im Lichterglanz. Das lateinische Protokoll fügt hinzu:

  • Gefragt, wie sie die Helligkeit sehen konnte, wenn sie, wie sie sage, von der Seite kam, antwortete sie nicht, sondern überging dies. Sie sagte, auch wenn sie in einem Wald wäre (dem dunklen, wilden ungeordneten Teil), würde sie die Stimme wohl auf sich zukornmen hören ...
  • Gefragt, welche Ratschläge diese Stimme ihr für ihr Seelenheil gab, antwortete sie, daß sie sie lehrte, sich gut zu f-ühren und oft in die Kirche zu gehen. Danach sagte sie ihr, daß sie nach Frankreich gehen müßte. Zwei- oder dreimal sagte sie ihr, daß sie nach Frankreich aufbrechen müßte. Und zwar so, daß ihr Vater nichts von ihrem Fortgehen erführe. Und daß sie sich beeilen sollte, fortzugehen, und daß sie die Belagerung von Orléans aufheben würde, und sie sollte zu Robert de Baudricourt gehen, dem Stadthauptmann von Vaucouleurs; er würde ihr Leute geben, die mit ihr kämen. Worauf sie antwortete, sie sei ein armes Mädchen, das nichts vom Reiten und von Kriegführen verstünde. Nach diesen Worten ging sie ins Haus eines Onkels, wo sie acht Tage blieb. Danach brachte ihr Onkel sie zu besagtem Robert de Baudricourt, den sie sogleich erkannte, obwohl sie ihn nie gesehen hatte. Und sie sagte, daß sie ihn durch die Stimme erkannte, die ihr gesagt haue, daß er es wan Und daß besagter Baudricourt sie zweimal abgewiesen hat Das dritte Mal ließ er sie vor und gab ihr Leute mit, um sie nach Frankreich zu bringen, so wie die Stimme ihr gesagt hatte. Und sie sagte, daß sie, als sie Vaucouleurs verließ, Männerkleider anlegte und ein Schwert nahm, das ihr Robert de Baudricourt gegeben hatte, ohne andere Waffen. Und daß sie von einem Ritter und vier anderen Männern begleitet wurde; daß sie an diesem Tag in die Stadt Saint-Urbain kamen, wo sie in der Abtei übernachtete. Sie sagte auch, daß der Weg über Auxerre ftihrte, wo sie in der großen Kirche die Messe hörte; und daß sie oft ihre Stimmen hatte.
  • Gefragt, wer ihr geraten hat, Männerkleider anzulegen ...
  • Auf diese Frage habe ich in einem Buch gefunden, daß ihre Stimmen ihr befohlen hatten, Männerkleider zu tragen, und in dem anderen habe ich gefunden, daß sie, obwohl mehrmals dazu befragt, keine Antwort gab, außer: »Ich will niemand damit belasten.« Und ich habe in besagten Büchern gefunden, daß sie die Antwort auf diese Frage mehrmals abwandelte.

In Chinon ist Johanna in Männerkleidern angekommen, »schwarzes Wams, nach außen geschnürte Beinkleider, kurzer Rock aus grobem schwarzen Fell, rundgeschnittene schwarze Haare und eine schwarze Kappe auf dem Kopf«. Im Prozeß sagt sie, sie sei damals nicht über diese Tracht befragt worden. Doch Papst Pius II. berichtet in seinen Memoiren die Antwort, die er den Ratgebern des Dauphins gegeben hat: sie ist Jungfrau; einer Jungfrau geziemt das eine wie das andere Gewand; sie ist von Gott beauftragt, Männerkleider zu tragen und männliche Waffen zuführen. In seinem Traktat hielt Gerson esfür angebracht, nachzuweisen, daß daran nichts Schlechtes sei. Doch für die Richter von Rouen ist es eine schwere Sünde. Im 5. Buch Mose (22, 5) steht: »Ein Weib soll nicht Mannsgewand tragen, und ein Mann soll nicht Weiberkleider antun; denn wer solches tut, ist dem Herrn, deinem Gott, ein Greuel«, und bei Paulus (I. Korinther, II), daß die Frau ihr Haar lang tragen soll, denn »das Haar ist ihr zum Schleier gegeben«. Johanna hatfolglich Gott beleidigt, als sie in diesem Gewand den Leib Christi empfing. Und wenn sie zugibt, dieses Kleid auf Geheiß ihrer Stimme angelegt zu haben, so ist das der offenkundige Beweis dafür, daß diese Stimme böse ist. In die Enge getrieben, kommt Johanna im Lauf des Verhörs nach und nach so weit, in der Männerkleidung geradezu das Symbol ihrer Mission zu sehen, die noch nicht beendet ist. Es ablegen hieße Verrat.

  • Sie sagte außerdem, daß besagter Robert de Baudricourt ihre Begleiter hat schwören lassen, sie wohl und sicher zu führen. Und als besagter Baudricourt von ihr Abschied nahm, sagte er zu ihr: »Geh. Und es möge geschehen, was geschehen soll.« Ferner sagte sie, daß sie recht wohl weiß, daß Gott den Herzog von Orléans liebhat; und daß sie über ihn mehr Offenbarungen gehabt hat als über irgendeinen Menschen in Frankreich, ausgenommen ihren König. Ferner, daß sie ihr Gewand unbedingt hat vertauschen müssen.Gefragt, ob sie einen Brief an die Engländer geschickt hat und was er enthielt, sagte sie, daß sie an die Engländer, die vor Orléans waren, einen Brief geschickt hat; in dem sie ihnen schrieb, daß sie abziehen rnüßten. Und daß man in diesem Brief, wie sie hört, zwei oder drei Worte verändert hat, nämlich: statt »Übergebt der jungfrau« muß es heißen: »Übergebt dem König«; und die Worte »Mann für Mann« und »Kriegsherr« standen nicht in besagtem Brief. [6]

Am 22. März 1429 in Poitiers diktierte Johanna geistlichen Sekretären der königlichen Kanzlei den berühmten Brief, der einen Monat später abgeschickt wurde.[7]

Jesus MARIA
König von England und Ihr, Herzog von Bedford, der Ihr Euch Regent des Königreichs Frankreich nennt, Ihr, William Pole, Graf von Suffolk, Ihr, Johann von Talbot, und Ihr, Thomas, Lord von Scales, der Ihr Euch Stellvertreter besagten Herzogs von Bedford nennt, gebt dem König des Himmels sein Recht: übergebt der Jungfrau, die von Gott, dem König des Himmels, gesandt wurde, die Schlüssel aller guten Städte, die Ihr in Frankreich genommen und geschändet habt. Sie ist durch Gott hierher gekommen, um das königliche Blut zurückzufordem. Sie ist gern bereit, Frieden zu schließen, wenn Ihr ihrer Forderung nachkommt, indem Ihr Frankreich verlaßt. Und die Schäden wiedergutmacht, die Ihr hier angerichtet habt. Und zurückgebt, was Ihr Euch angeeignet habt. Und Ihr alle, Bogenschützen, Kriegsgesellen, Edelleute und wer Ihr sonst noch vor der Stadt Orléans liegt, geht im Namen Gottes zurück in Euer Land. Und wenn Ihr das nicht tut, so wartet auf neue Kunde von der Jungfrau, die Euch in Kürze heimsuchen wird zu Eurem großen Schaden. König von England, wenn Ihr das nicht tut, so wißt, ich bin Kriegsherr, und wo immer ich Eure Leute in Frankreich finde, werde ich gegen sie kämpfen und sie verjagen, ob sie wollen oder nicht. Und wenn sie nicht gehorchen, so werde ich sie alle töten lassen. Ich bin von Gott, dem König des Himmels, hierher gesandt, um sie (Mann für Mann) aus Frankreich zu schlagen. Und wenn sie gehorchen wollen, werde ich sie in Gnaden aufnehmen. Ihr dürft nicht meinen, hier länger zu bleiben, denn nicht Ihr werdet das Königreich Frankreich von Gott, dem König des Himmels, dem Sohn der Jungfrau Maria, erhalten. Sondern Karl, der wahre Erbe, wird es erhalten; denn Gott, der König des Himmels, will es so. Und es ist ihm (dem König) durch die Jungfrau offenbart worden, daß er sehr bald mit schönem Gefolge in Paris einziehen wird. Wenn Ihr die Botschaft Gottes und der Jungfrau nicht glauben wollt, so werden wir auf Euch dreinschlagen, wo immer wir Euch finden. Und wir werden ein so großes Kriegsgeschrei erheben, wie man es seit tausend Jahren in Frankreich nicht gehört hat; und Ihr könnt gewiß glauben, daß der König des Himmels der Jungfrau soviel Macht verleihen wird, daß weder Ihr noch Eure Soldaten ihr und ihren Waffengefährten Schaden tun könnt. Und dann wird man sehen, wer das bessere Recht hat. Euch, Herzog von Bedford, der Ihr Orléans belagert, bittet und ermahnt die jung&au, Euch nicht -, selbst zu zerstören. Wenn ihr Euch fügt, so könnt ihr kommen und sehen, da13 die Franzosen die schönste Tat vollbringen werden, die je für die Christenheit vollbracht ward. Und gebt Antwort, ob Ihr in der Stadt Orléans Frieden schließen wollt, wo wir in Kürze zu sein hoffen, und wenn Ihr das nicht tut, werdet Ihr bald zu Eurem großen Schaden daran denken.
Geschrieben am Dienstag der Heiligen Woche.

Dieser Brief, der in den 22. Artikel der Anklageschrift aufgenommen wurde, ist für die Richter skandalös. Nicht aufgrund der Behauptung, daß die Herrscher der Erde ihre Macht von Gott, dem einzig wahren König, haben: in diesem Punkt stimmen das Volk und die Intellektuellen überein, seit dem Schisma mehr denn je von dem erhabenen Königtum Christi überzeugt. Er ist skandalös aufgrund des Mißbrauchs der Namen Jesus und Maria am Anfang, und weil sich diese Frau Kriegsherr nennt, sich das Recht anmaßt, die angeblich usurpierten Güter selbst in Empfang zu nehmen, von Gott selbst geschickt zu sein behauptet für Taten, die auf Blutvergießen hinauslaufen, was der Heiligkeit fremd und ein Greuel ist.

  • Ferner sagte sie, daß sie ohne Behinderung zu ihrem König kam. Ferner, daß sie ihren König in Chinon fand, wo sie gegen Mittag ankam und in einer Herberge einkehrte. Und nach der Mahlzeit ging sie zum König ins Schloß. Ferner, daß sie in das Gemach des Königs trat, den sie unter allen anderen durch den Beistand ihrer Stimme erkannte. Ferner, daß sie dem König gesagt hat, sie wolle ausziehen und Krieg gegen die Engländer führen. Gefragt, ob ein Licht da war, als die Stimme ihr den König zeigte, antwortet sie: »Übergeht das.«
  • Gefragt, ob sie Engel über dem König gesehen hat, antwortet sie: »Verzeiht mir. Übergeht das.« Ferner sagt sie, daß der König, bevor er sie ans Werk ließ, mehrere Erscheinungen und herrliche Offenbarungen hatte.
  • Gefragt: welche Offenbarungen, antwortete sie: »Ich werde es Euch noch nicht sagen, aber geht zum König, und er wird es Euch sagen.« Ferner, daß die Stimme ihr versprach, der König würde sie bald nach ihrer Ankunft vorlassen. Ferner, daß die von ihrer Partei wohl erkannmg daß die Stimme von Gott kam; und daß sie die Stimme sahen und erkannten; und daß sie das gut weiß. Ferner sagte sie, daß der König und viele andere mit ihm die Stimmen hörten und sahen, die zu ihr kamen; unter anderen Karl, der Herzog von Bourbon. Ferner, daß sie die Stimme nie um etwas anderes gebeten hat als um die Rettung ihrer Seele. Ferner, daß die Stimme ihr gesagt hatte, sie solle in Saint-Denis in Frankreich bleiben, (Beim Angriff auf Paris am 8. September.) und an diesem Ort wollte sie bleiben. Aber die Herren wollten sie nicht dort lassen, weil sie verwundet war; sonst wäre sie nicht weggegangen. Und sie sagte, daß sie in den Gräben von Paris verwundet wurde; von dieser Wunde war sie nach fünf Tagen geheilt. Ferner, daß sie einen großen Angriff auf Paris unternehmen ließ.
  • Gefragt, ob damals nicht ein Festtag war, antwortete sie nach mehrmaligen Fragen, daß sie wohl glaubt, daß es ein Festtag war.
  • Gefragt, ob es recht gehandelt war, an einem Festtag einen Angriffzu unternehmen, antwortete sie: »Übergeht das.« Nach diesen Fragen und Antworten vertagte der Bischofvon Beauvais die Verhandlung auf den nächsten Samstag.

Am nächsten Samstag, XXIV. Februar, wurden jene, die am Tag zuvor anwesend waren, vom Doyen der Christenheit zu Rouen vorgeladen. Der Bischof von Beauvais forderte besagte Johanna auf, sie möge einfach und bedingungslos schwören, die Wahrheit zu sagen. Dazu wurde sie dreimal ermahnt und aufgefordert. Worauf sie antwortete: »Erlaubt mir zu reden.« Dann sagte sie: »Bei meiner Seligkeit, Ihr könntet mich nach Dingen fragen, die ich Euch nicht sagen werde.« Ferner: »Es kann sein, daß ich auf vieles, was Ihr mich fragen könntet, Euch nicht die Wahrheit sage; besonders, was die Offenbarungen berührt; weil Ihr mich vielleicht zwingen könntet, etwas zu sagen, was ich versprochen habe, nicht zu sagen. So wäre ich eidbrüchig; und das dürft Ihr nicht wollen.« Ferner sagte sie zu Mgr. de Beauvais: »Bedenket recht, daß Ihr Euch meinen Richter nennt, denn Ihr bürdet Euch eine schwere Last auf, und Ihr mutet mir zuviel zu.« Ferner sagte sie, daß es wohl genug sei, wenn man zweimal geschworen hat. Abermals gefragt, ob sie einfach und bedingungslos schwören will, antwortet sie: »Ihr könnt doch davon absehen. Mit zwei Malen habe ich genug geschworen. Die ganze Geistlichkeit von Rouen und Paris kann mich nicht dazu zwingen.« Und sie sagte, daß acht Tage nicht genügen würden, alles zu sagen. Ferner, daß sie über ihr Eintreffen in Frankreich gern die Wahrheit sagen will, aber nicht über alles andere. Und als ihr ferner gesagt wurde, sie solle sich von den Beisitzern beraten lassen, ob sie schwören müsse oder nicht, antwortete sie, daß sie über ihr Eintreffen gern die Wahrheit sagen wird, sonst nicht. Und man brauche ihr damit nicht mehr zu kommen. Und als ihr vorgehalten wurde, daß sie sich verdächtig mache, wenn sie nicht schwören wolle, antwortete sie das nämliche. Und als der Bischof sie abermals aufforderte, ohne Umschweif und bedingungslos zu schwören, antwortete sie: »Ich werde gern sagen, was ich weiß, aber nicht alles.« Ferner sagte sie, daß sie von Gott komme und hier nichts zu schaffen habe; daß man sie zu Gott entlassen möge, von dem sie gekommen sei.

  • Damit geht Johanna ihrem Untergang entgegen. Sie will nichts gegen den christlichen Glauben tun, den Unser Herr begründet hat. Doch in allen ihren Taten, allen ihren Worten beruft sie sich nur auf Gott. Wozu also die Institution der Kirche? Die Autorität des Gerichts, das heißt der Kirche, zurückweisen genau das ist Häresie.

Abermals aufgefordert und ermahnt, zu schwören, unter Strafe, dessen schuldig erklärt zu werden, was man ihr zur Last legt, antwortete sie: »Ich habe genug geschworen. Übergeht das.« Abermals eindringlich ermahnt, die Wahrheit zu sagen in dem, was ihren Prozeß angehe, andernfalls sie sich großer Gefahr aussetze, antwortete sie: »Ich bin bereit, zu schwören und zu sagen, was ich weiß und den Prozeß angeht. Aber ich werde nicht alles sagen, was ich weiß.« Nach diesen Worten leistete sie den Eid.
Danach wurde sie von Magister Jean Beaupère vernommen. Als erstes frage er sie, wann sie zuletzt gegessen und getrunken hat; sie antwortete: »Gestern nachmittag.«
Gefragt, wann sie zuletzt ihre Stimme hörte, antwortete sie, daß sie sie gestern und heute gehört hat.
Gefragt, zu welcher Stunde sie sie gestern gehört hat, sagte sie, daß sie sie dreimal gehört hat; einmal am Morgen, einmal zur Vesperstunde und einmal zur Zeit des Aveläutens; manchmal hört sie sie noch öfter, ad de sagt.
Gefragt, was sie gestern früh getan hat, als sie diese Stimme hörte, antwortet sie, daß sie schlief und die Stimme sie aufweckte.
Gefragt, ob besagte Stimme sie durch ihre Stimme weckte oder dadurch, daß sie ihren Arm berührte, antwortet sie, daß die Stimme sie weckte, ohne sie zu berühren.
Gefragt, ob besagte Stimme noch in ihrer Kammer war, antwortet sie: nein, soviel sie weiß; aber daß sie im Schloß war.
Gefragt, ob sie der Stimme gedankt und sich niedergekniet hat, antwortet sie, daß sie ihr auf ihrem Bett sitzend gedankt hat. Und daß sie die Hände faltete und sie um Hilfe bat und um Rat fragte über das, was sie tun solle. Worauf besagte Stimme ihr sagte, sie solle beherzt antworten.
Gefragt, was die Stimme zu ihr gesagt hat, als sie erwachte, antwortet sie, daß sie zu ihr gesagt hat, sie solle Unsern Herrn um Rat fragen.
Gefragt, ob sie ihr schon etwas gesagt hat, bevor sie sie darum bat, antwortet sie, daß die Stimme ihr etwas gesagt hat, was sie nicht verstand. Aber nachdem sie wach war, hörte sie die Stimme sagen, sie solle beherzt antworten. Und abermals sagte sie zum Bischof: »Ihr sagt, daß Ihr mein Richter seid; seht Euch vor, was Ihr tut; denn in Wahrheit bin ich von Gott geschickt, und Ihr begebt Euch in große Gefahr.«
Gefragt, ob diese Stimme ihren Ratschlag nicht einmal geändert hat, antwortet sie, daß sie nie gefunden hat, daß sie sich widersprach.
Gefragt, ob die Stimme ein Engel ist, der unmittelbar von Gott oder einem Heiligen oder einer Heiligen kommt, antwortet sie, daß sie von Gott kommt. »Aber ich glaube, ich werde Euch nicht alles sagen, was ich weiß; ich habe mehr Angst etwas zu sagen, was ihnen mißfällt, als ich Angst habe, Euch zu antworten.« Und sie sagte: »Was diese Frage angeht, so bitte ich Euch, mir Aufschub zu geben.«
Gefragt, ob sie glaubt, daß es Gott mißfalle, wenn man die Wahrheit sagt, antwortet sie, zu Mgr. de Beauvais gewandt, daß die Stimme ihr gesagt hat, sie solle gewisse Dinge dem König sagen, aber nicht ihm. Ferner sagte sie, daß die Stimme ihr diese Nacht viele Dinge zum Wohl des Königs gesagt hat; sie wünschte, daß der König sie in diesem Augenblick wüßte, und daß sie gern bis Ostern keinen Wein trinken würde; dann wäre ihm viel wohler beim Essen.
Gefragt, ob sie ihre Stimme dazu bringen könnte, daß sie ihr gehorchte und ihrem König eine Botschaft brächte, antwortet sie, daß sie nicht weiß, ob die Stimme ihr gehorcheri würde, wenn es nicht der Wille Gottes wäre und Unser Herr einwilligte. Und wenn es Gott gefällt, könnte er es dem König ja offenbaren lassen; darüber würde sie sehr froh sein.
Gefragt, warum sie (die Stimme?) jetzt riicht mehr mit ihrem König spricht, wie sie es tat, als sie beim ihm war, antwortet sie, daß sie nicht weiß, ob es Gottes Wille ist. Ferner sagt sie, daß sie ohne Gottes Gnade nichts tun kann.
Gefragt, ob ihr Ratgeber ihr nicht offenbart hat, sie würde entkommen, antwortet sie: »Muß ich es Euch sagen?«
Gefragt, ob ihr die Stimme in dieser Nacht Rat und Weisung erteilt hat, was sie antworten solle, antwortet sie: wenn sie ihr etwas offenbart oder gesagt hat, so hat sie es nicht gut verstanden.
Gefragt, ob in den letzten beiden Tagen, wenn sie diese Stimmen gehört hat, ein Licht dabei war, antwc)rtet sie, daß die Helligkeit zusammen mit der Stimme kommt.
Gefragt, ob sie mit den Stimmen sonst noch etwas sieht, antwortet sie: »Ich sage Euch nicht alles; denn ich habe keine Erlaubnis dazu; und mein Eid berührt diese Sache nicht; aber ich sage Euch, daß die Stimme schön, gut und edel ist; und ich bin nicht verpflichtet zu antworten.«
Da sie darum bat, die Punkte, über die man sie befragen wollte, schriftlich zu sehen, wurde sie gefragt, ob die Stimme sehen kann, das heißt, ob sie Augen hat. Worauf sie antwortet: »Das erfahrt ihr noch nicht.« Ferner sagt sie, daß es unter den Kindern ein Sprichwort gibt, daß man manchmal einen hängt, weil er die Wahrheit sagt.
Gefragt, ob sie genau weiß, daß sie im Stand der Gnade ist, antwortet sie: »Wenn ich es nicht bin, möge Gott mich dahin bringen, und wenn ich es bin, möge Gott mich darin erhalten.«

Das ist das Echo eines der Gebete während der Predigt, das damals in vielen Diözesen Frankreichs jeden Sonntag vom Priester gesprochen wurde: »Wir beten für alle, die im Stand der Gnade sind, daß Gott sie bis zu ihrem Ende darin erhalte, und für alle, die im Stand der Todsünde sind, daß Gott sie bald daraus vertreibe.«

Ferner sagt sie, daß sie der traurigste Mensch auf der Welt wäre, wenn sie wüßte, daß sie nicht in der Gnade Gottes stünde. Aber wenn sie in der Sünde wäre, käme die Stimme wohl nicht zu ihr. Und sie möchte, daßjeder sie so gut versteht wie sie. Ferner, daß sie wohl dreizehn Jahre alt war, als die Stimme zum erstenmal kam.
Gefragt, ob sie in ihrer Jugend mit den anderen Mädchen auf den Feldern herumgesprungen ist, sagt sie, daß sie es sicher manchmal getan hat. Aber sie weiß nicht, in welchem Alter.
Gefragt, ob die von Domrémy zu den Burgundern oder zu den Armagnacs hielten, antwortet sie, daß sie nur einen einzigen Burgunder kannte und daß sie gewollt hätte, daß ihm der Kopf abgeschlagen werde, vorausgesetzt, es hätte Gott so gefallen.
Gefragt, ob die von Maxey Burgunder waren oder Armagnacs, antwortet sie, daß es Burgunder waren.
Gefragt, ob die Stimme in ihrer Jugend gesagt hat, sie solle die Burgunder hassen, antwortet sie, daß sie, seit sie gehört hat, daß die Stimmen für den König von Frankreich waren, die Burgunder nicht mehr gemocht hat. Ferner sagte sie, daß die Burgunder Krieg haben werden, wenn sie nicht tun, was sie sollen; das weiß sie von ihrer Stimme.
Gefragt, ob sie in ihrem frühen Alter von der Stimme gehört hat, daß die Engländer nach Frankreich kämen, antwortet sie, daß sie schon in Frankreich waren, als die Stimmen anfingen, zu ihr zu kommen.
Gefragt, ob sie nie bei den Kindern war, die sich für die Partei der Engländer oder der Franzosen schlugen, antwortet sie: nein, soweit sie sich erinnert. Aber sie hat gesehen, daß einige von ihrem Dorf, die gegen die von Maxey gekämpft hatten, manchmal schwer verletzt und blutend von dort zurückkamen.
Gefragt, ob sie in ihrem frühen Alter den Wunsch hatte, die Burgunder zu verfolgen, antwortet sie, sie hätte gern gewollt, daß der König sein Reich bekomme.
Gefragt, ob sie gern ein Mann gewesen wäre, als sie wußte, daß sie kommen sollte, sagte 11 daß de schon darauf geantwortet hat.
Gefragt, ob sie das Vieh aufs Feld führte, sagt sie, daß sie darauf schon geantwortet hat, und seit sie erwachsen war und verständig geworden ist, hat sie es nicht mehr gehütet; wohl aber hat sie es auf die Weide treiben helfen, zu einer Burg, die Insel genannt, aus Furcht vor den Soldaten; ob sie es aber hütete, als sie klein war, weiß sie nicht mehr.

  • Hat sie das Vieh gehütet? Ist sie in den Feldern herumgesprungen? Die Frage, die schon anläßlich des Aufbruchs nach Neufchateau gestellt wurde, kehrt wieder. Die Richter wollen wissen, ob sichJohanna, als sie das geordnete Gebiet der Gemarkung verließ, auf die Seite der Wälder gewagt hat, auf die Seite des Dunklen, Magischen, Teuflischen - die Seite des Aberglaubens, der Hexerei - und der Häresie, was alles ein und dasselbe ist. Und nun entdeckt man nicht ohne Überraschung, daß Johanna weniger leichtgläubig ist als die Doktoren. Diese glauben an Feen, Zauber, Hexerei. Sie, die Einfältige, glaubt nicht daran. Sie hält die Riten ein wiejedermann, glaubt aber nicht daran. Die Welt des Übernatürlichen scheint ihr nicht doppelt zu sein. Von ihr kennt sie nur eine Gegend, voller Licht und wohltätig, jene, aus der ihre Stimme kommt und über die uneingeschränkt Unser Herr herrscht.

Gefragt nach dem Baum, antwortet sie, daß in der Nähe von Domrémy ein Baum steht, der Baum der Frauen heißt, andere nennen ihn Baum der Feen; daneben ist eine Quelle; sie 'hat sagen hören, daß die Fieberkranken daraus trinken; sie hat selber gesehen, daß manche dorthin gingen und Wasser holten, um gesund zu werden. Aber ob sie davon gesund wurden oder nicht, weiß sie nicht. Ferner hat sie gehört, daß die Kranken, sobald sie aufstehen können, zu dem Baum gehen und um ihn herumspringen; und sie sagt, daß es ein großer Baum ist, fou (Buche (fagus)) genannt, von dem das schöne Maiengrün kommt; und man sagte, er gehöre dem Herrn Pierre de Bolemont. Ferner sagt sie, daß sie manchmal im Sommer mit den anderen Mädchen hinging und dort Kränze für das Bild Unserer Lieben Frau in Domrémy machte. Und daß sie von alten Leuten - nicht aus ihrer Verwandtschaft - hat sagen hören, daß die Frauen dort umgehen, und von einer gewissen Jeanne, der Frau des Bürgermeisters von Domrémy, ihrer Patin, hat sie gehört, daß diese sie dort gesehen hat. Ob das wahr ist oder nicht, kann sie nicht sagen. Ferner sagt sie, daß sie die Feen nie gesehen hat, soviel sie weiß, weder bei dem Baum noch anderswo. Ferner, daß sie die Mädchen Kränze an besagten Baum hat hängen sehen; sie selber hat es mit ihnen getan. Manchmal nahm sie die Kränze mit, und manchmal ließ sie sie dort. Aber seit sie wußte, daß sie nach Frankreich mußte, ist sie weniger herumgesprungen, so wenig wie möglich. Und sie weiß nicht, ob sie, seit sie verständig geworden ist, bei besagtem Baum getanzt hat. Aber es ist wohl möglich, daß sie dort manchmal mit den anderen Kindern getanzt hat, aber sie hat mehr gesungen als getanzt. Ferner sagte sie, daß es dort auch einen Wald gibt, den man den Bois Chesnu (Einfach Eichenwald. Aber es traf sich, daß auch in den Prophezeiungen von Merlin, den alle Welt kannte, die Doktoren ebenso wie Johanna, davon die Rede war.) nennt, den man von der Tür ihres Vaters aus sieht, kaum eine halbe Meile weit entfernt; aber sie weiß nicht und hat nie gehört, daß Feen dort umgehen. Ferner, daß ihr Bruder ihr erzählt hat, man sage in ihrer Heimat, sie hätte ihre Offenbarungen bei dem Baum und den Feen geholt. Aber sie hat es nicht getan. Sie sagte ihm das Gegenteil. Und als sie zum König kam, fragten sie einige, ob es in ihrer Heimat nicht einen Wald gäbe, den man den Bois Chesnu nenne. Denn es gab Weissagungen, nach denen aus dem Bois Chesnu einejungfrau kommen sollte, die Wunder tun würde, aber sie hat dem keinen Glauben geschenkt.
Gefragt, ob sie Frauenkleider haben möchte, antwortet sie: »Wenn Ihr es erlaubt, gebt mir welche, ich werde sie anziehen und mich davonmachen, sonst nicht. Diese hier sind mir recht, weil es Gott gefällt, daß ich sie trage.«
Nach diesem Verhör wurde die Verhandlung auf den nächsten Dienstag, um acht Uhr morgens, vertagt. Und die Beisitzer wurden aufgefordert, sich am genannten Tag zur genannten Stunde einzufinden.

Am nächsten Dienstag, XXVII. Februar, nach Sonntag Reminiscere, im Jahr vierzehnhundertdreißig, wurden für die fünfte Sitzung zunächst alle Beisitzer namentlich genannt (...). Dann begann auf Ersuchen von Mgr. de Beauvais der Herr Magister Jean Beaupère besagte Johanna zu verhören, und er fragte sie, wie es ihr seit Samstag gegangen sei. Sie antwortete: »Sie sehenja, daß es mir gegangen ist, so gut es eben ging.«
Gefragt, ob sie in dieser Fastenzeit alle Tage fastet, antwortet sie: »Gehört das zu Eurem Prozeß?« Worauf besagter Beaupère sagte: »Ja; wahrhaftig, es dient dem Prozeß.« Sie antwortet: »Ja, wahrhaftig, ich habe immer gefastet.«
Gefragt, ob sie seit Samstag ihre Stimme gehört hat, antwortet sie: »ja, wahrhaftig, viele Male.«
Gefragt, ob sie sie am Samstag in diesern Saal gehört hat, antwortet sie: »Das gehört nicht zu Eurem Prozeß.« Und danach sagte sie: »ja.«
Gefragt, was sie ihr am Samstag gesagt hat, antwortet sie: »Ich habe sie nicht gut verstanden; ich habe nichts verstanden, was ich Euch berichten kann, bis ich wieder in meiner Kammer war.«
Gefragt, was sie sagte, als sie wieder in ihrer Kammer war, antwortet sie: »Daß ich Euch beherzt antworten soll.« Und daß sie um Rat gebeten hat über das, was man sie fragte. Ferner sagt sie: was Unser Herr ihr zu offenbaren erlaubt, wird sie gern sagen, was aber die Offenbarungen angeht, die den König von Frankreich angehen, so wird sie es nicht ohne Erlaubnis ihrer Stimme sagen.
Gefragt, ob die Stimme ihr verboten hat, alles zu sagen, antwortet sie, daß sie das nicht gut verstanden hat. Gefragt, was die Stimme ihr sagte, antwortet sie, daß sie um Rat fragte über gewisse Dinge, die man sie gefragt habe.
Gefragt, ob ihr die Stimme darüber Rat erteilt hat, antwortet sie, daß sie über bestimmte Punkte Rat bekommen hat. Ferner, daß sie gewisse Dinge, nach denen man de &agen könne, ohne Erlaubnis nicht beantworten darf, denn wenn sie ohne Erlaubnis antworten würde, hätte sie die Stimmen nicht als Gewähr. »Wenn ich die Erlaubnis von Unserm Herrn habe, werde ich mich nicht scheuen, zu antworten, denn dann hätte ich sichere Gewähr.«

  • Zu Beginn des Prozesses spricht Johanna immer nur von ihrer Stimme, einem Wort. Doch im Lauf der Verhandlungen, wenn die Fragen nach der Erscheinung, dem Gesicht, den Kleidern, den Merkmalen deutlicher werden, verwandelt sich die Stimme in Personen. Nehmen diese nach und nach für Johanna nicht wirklich Gestalt an?

Gefragt, ob es die Stimme von Engeln oder von Heiligen oder die Stimme Gottes ohne Vermittler war, antwortet sie, daß es die Stimme der heiligen Katharina und der heiligen Margareta ist. »Und ihre Gestalten sind gekrönt mit schönen, sehr reichen und kostbaren Kronen. Unser Herr hat mir erlaubt, es zu sagen. Wenn Ihr mir nicht glaubt, so schickt nach Poitiers, wo ich früher verhört worden bin.«
Gefragt, woher sie weiß, daß es diese beiden Heiligen sind, und ob sie sie gut voneinander unterscheiden kann, antwortet sie, daß sie gut weiß, daß sie es sind; und daß sie sie wohl unterscheiden kann.
Gefragt, wie sie sie auseinanderkennt, antwortet sie, daß sie sie an der Art erkennt, wie sie sie grüßen. Ferner sagt sie, daß es sieben Jahre her sind, seit sie ihr zum erstenmal gesagt haben, sich gut zu führen. Femel daß de sie auch erkennt, weil sie ihr ihren Namen sagen.
Gefragt, ob sie Kleider aus dem gleichen Stoff tragen, antwortet sie: »Darüber sage ich Euch jetzt nichts weiter.« Und daß sie nicht die Erlaubnis hat, es zu verraten. »Und wenn Ihr mir nicht glaubt, geht nach Poitiers.« Ferner sagte sie, daß es Offenbarungen gibt, die an den König von Frankreich gerichtet sind, »und nicht an jene, die mich ausfragen«.
Gefragt, ob sie gleich alt sind, antwortet sie: »Ich habe nicht die Erlaubnis, es Euch zu sagen.«
Gefragt, ob sie gleichzeitig sprechen oder eine nach der anderen, antwortet sie: »Ich habe nicht die Erlaubnis, es Euch zu sagen, aber ich bekomme jeden Tag von beiden Rat.«
Gefragt, wer zuerst kam, antwortet sie, daß sie sie nicht sogleich erkannt hat. Sie hat es früher wohl gewußt, aber sie hat es vergessen. Aber wenn sie darf, wird sie es gern sagen; und es ist im Register von Poitiers. Ferner sagt sie, daß sie auch den Rat des heiligen Michael erhalten hat.
Gefragt, wer als erster kam, antwortet sie, daß es der heilige Michael war.
Gefragt, ob das lange her ist, antwortet sie: »Ich spreche nicht von der Stimme des heiligen Michael, sondern von großem Trost.«
Gefragt, welches die erste Stimme war, die zu ihr kam, als sie dreizehn Jahre alt war, antwortet sie, daß es der heilige Michael war, den sie vor ihren Augen sah; und daß er nicht allein war, sondern von Engeln des Himmels begleitet. Außerdem, daß sie nur auf Gottes Befehl nach Frankreich gekommen ist.
Gefragt, ob sie den heiligen Michael und die Engel leiblich und in Gestalt gesehen hat, antwortet sie: »Ich habe sie mit meinen leiblichen Augen gesehen, so wie ich Euch sehe.« Und als sie sie verließen, weinte sie, und es wäre ihr lieb gewesen, sie hätten sie mitgenommen.
Gefragt, wie der heilige Michael ausgesehen hat: »Darauf habe ich Euch noch nicht geantwortet, und ich habe noch keine Erlaubnis, es zu sagen«
Gefragt, was der heilige Michael jenes erste Mal zu ihr gesagt hat, antwortet sie: »Ihr werdet jetzt keine Antwort bekommen.«

Hier ist eine Lücke im Manuskript von Orléans. Daher die Fortsetzung des Verhörs vom 27. Februar und der Beginn desjenigen vom 1. März nach dem lateinischen Protokoll.

  • Gefragt, ob die Stimmen ihr sagten, sie solle nichts über ihre Offenbarungen sagen ohne ihre Erlaubnis: »Ich gebe Euch noch keine Antwort; über das, wofür ich Erlaubnis habe, werde ich Euch gern antworten. Ob aber die Stimmen es verboten haben, das habe ich nicht gut verstanden.«
  • Gefragt, mit welchem Zeichen sie beweisen will, daß sie diese Offenbarungen von Gott hat und daß es die heilige Katharina und die heilige Margareta sind, die mit ihr sprechen, antwortete sie: »Ich habe Euch genug gesagt, daß es die heilige Katharina und die heilige Margareta sind; Ihr könnt es mir glauben, wenn ihr vollt.« (...) Außerdem sagte sie, daß sie lieber von Pferden gevierteilt würde, als ohne Erlaubnis von Gott nach Frankreich gekommen zu sein.
  • Gefragt, ob er ihr befohlen hat, Männerkleider zu tragen, antwortete sie, daß das Gewand das wenigste ist. (...)
  • Gefragt, ob, sie meint, daß der Befehl, Männerkleider anzulegen, erlaubt sei, antwortete sie: »Alles, was ich getan habe, geschah auf Befehl Unseres Herrn, und wenn er mir befohlen hätte mich anders zu kleiden, so täte ich es, denn es wäre auf Befehl Gottes.«
  • Gefragt, ob sie es nicht auf Befehl von Robert de Baudricourt getan hat, antwortete sie: »Nein.« (...)
  • Gefragt, ob, als sie die Stimme sah, die zu ihr kam, ein Licht dabei war, antwortete sie, daß dort überall viel Licht war, und daß es sich auch so gezieme. Sie sagte sogar zu dem, der sie befragte, das Licht sei nicht für ihn allein da.
  • Gefragt, ob über dem Haupt ihres Königs ein Engel war, als sie ihn zum erstenmal sah, antwortete sie: »Bei der seligstenjungfrau, wenn er dort war, so weiß ich es nicht, und ich habe ihn nicht gesehen.«
  • Gefragt, ob dort ein Licht war, antwortete sie: »Es waren dort mehr als dreihundert Ritter und fünfzig Fackeln, ungezählt das geistige Licht. Und ich habe selten Offenbarungen, ohne daß Licht da ist.«
  • Gefragt, wie es kam, daß der König ihren Worten Glauben schenkte, antwortete sie, daß er verläßliche Zeichen erhalten hat, und wegen der Geistlichen.
  • Gefragt, welche Offenbarungen ihr König erhalten hat, antwortet sie: »Ihr werdet sie in diesem Jahr nicht von mir erfahren.« Ferner sagte sie, daß sie drei Wochen lang von den Geistlichen in Chinon und in Poitiers befragt worden ist; und ihr König bekarn ein Zeichen über ihr Tun, bevor er ihr glauben wollte. Auch die Geistlichen ihrer Partei waren dieser Meinung, daß an ihrem Tun nur Gutes war. Und Ferner sage sie, daß sie ein Schwert trug, das sie in Vaucouleurs bekommen hatte. Sie sagte auch, daß sie, als sie in Tours oder in Chinon war, ein Schwert suchen ließ, das in der Kirche von SainteCatherine de Fierbois hinter dem Altar lag; und man hat es sofort gehnden, ganz verrostet.
  • Gefragt, woher sie wußte, daß dieses Schwert dort war, antwortete sie, daß dieses Schwert ganz verrostet in der Erde lag. Es waren fünf Kreuze darauf; und sie hat durch ihre Stimmen gewußt, daß das Schwert dort war. (...) Sie sagte auch, daß sie besagtes Schwert von der Zeit an immer getragen hat, bis sie Saint-Denis verließ nach dem Sturm auf Paris.
  • Gefragt, welchen Segen sie über das Schwert gesprochen hat oder hat sprechen lassen, antwortete sie, daß sie nie einen Segen gesprochen hat oder hat sprechen lassen; sie hätte gar nicht gewußt, wie man das macht. Ferner sagte sie, daß ihr das Schwert sehr lieb war, weil es in der Kirche der heiligen Katharina, die sie so gern hatte, gefunden worden war.
  • (...) Gefragt, ob sie das Schwert manchmal auf einen Altar gelegt hat, sagte sie: nein, soviel sie weiß, und daß sie es nicht darauf gelegt hat, damit es mehr Glück bringe.
  • (...) Gefragt, ob sie ihr Schwert bei sich hatte, als sie gefangen wurde, antwortete sie: nein, sie trug ein Schwert, das man einem Burgunder abgenommen hatte.
  • Gefragt, wo dieses Schwert geblieben ist und in welcher Stadt, antwortete sie, daß sie in Saint Denis ein Schwert und Waffen geopfert hat, aber es war nicht dieses Schwert. Und daß sie dieses Schwert noch in Lagny hatte, und von Lagny bis Compiègne trug sie das Schwert des Burgunders, weil es ein gutes Kriegsschwert war und trefflich zum Schlagen und Hauen. Aber wo sie es gelassen hat, das gehört nicht zum Prozeß, deshalb wird sie vorerst keine Antwort darauf geben. Außerdem sagte sie, daß ihre Brüder ihre Sachen haben, ihre Pferde und, wie sie glaubt, auch das Schwert und andere Dinge, die mehr als zwölftausend Taler wert sind.
  • Gefragt, ob sie, als sie nach Orléans ging, eine Fahne oder ein Banner hatte und von welcher Farbe sie war, antwortete sie, daß sie eine Fahne hatte, deren Grund mit Lilien übersät war; die Welt war darauf abgebildet und zwei Engel auf beiden Seiten; sie war von weißer Farbe, aus weißem Linnen oder Barchent; darauf waren die Namen Jesus MARIA geschrieben, wie ihr scheint; und es hatte seidene Fransen.
  • Gefragt, ob die Namen Jesus MARIA oben oder unten oder auf der Seite geschrieben waren, antwortete sie: auf der Seite, wie ihr scheint.
  • Gefragt, was ihr lieber war, ihre Fahne oder ihr Schwert, antwortete sie, daß ihr vierzigmal lieber als das Schwert die Fahne war.
  • Gefragt, wer ihr dieses Bild auf die Fahne malen ließ, antwortete sie: »Ich habe Euch genug gesagt, daß ich nichts tat, außer auf Befehl Gottes. Sie sagte auch, daß sie die Fahne selber trug, wenn sie die Feinde angriff, um zu verhindern, daß siejemanden töte; und daß sie nie einen Menschen getötet hat.
  • Gefragt, wie viele Männer ihr König ihr gab, als er sie ans Werk gehen ließ, antwortete sie, daß er ihr zehn- oder zwölftausend Mann gab, und daß sie zunächst nach Orléans zur Bastei Saint-Loup ging, dann zur Bastei du Pont.
  • (...) Gefragt, ob sie, als der Angriff beginnen sollte, ihren Leuten nicht gesagt hat, sie selbst werde die Pfeile, Bolzen und Steine aus Wurfmaschinen oder Kanonen usw. auffangen, antwortete sie: nein, es hat ja mehr als hundert Verletzte gegeben; aber sie hat ihren Leuten gesagt, sie sollten sich nicht fürchten, und sie würden die Belagerung aufheben. Sie sagte auch, daß sie beim Sturm auf die Bastei du Pont von einem Pfeil oder einem Bolzen am Hals verwundet wurde; aber sie erhielt großen Trost von der heiligen Katharina und war in weniger als vierzehn Tagen geheilt; aber sie hörte nicht auf, zu Pferde zu sitzen und ihre Angelegenheiten zu besorgen.
  • Gefragt, ob sie im voraus gewußt hat, daß sie verwundet würde, antwortete sie, daß sie es sehr wohl wußte und es ihrem König gesagt haug aber daß de dessenungeachtet ihr Werk weiterführen würde. Das war ihr durch die Stimmen der beiden Heiligen offenbart worden. (...)

Donnerstag, 1. März

  • Abermals ersucht und aufgefordert, den Eid zu leisten, antwortete sie: »Was ich Wahres antworten kann, will ich gern sagen, wenn es den Prozeß berührt.« Und so legte sie die Hand auf die Evangelien und schwor. Dann sagte sie: »Über das, was ich weiß und was den Prozeß berührt, will ich gern die Wahrheit sagen, und ich werde es Euch genauso sagen, wie wenn ich vor dem Papst in Rom stünde.«
  • Gefragt, was sie von unserm Herrn Papst sagt, und von welchem sie glaubt, er sei der rechtmäßige Papst, antwortete sie mit der Frage, ob es denn zwei gebe.
  • Gefragt, ob sie nicht einen Brief vom Grafen Armagnac erhalten hat, in dem er wissen wollte, welchem der drei Päpste er gehorchen solle, antwortete sie, daß der Graf ihr einen Brief geschrieben und sie darauf unter anderem geantwortet hat, sie werde ihm Antwort geben, wenn sie in Paris oder anderswo in Ruhe wäre. Und sie war im Begriff, fortzureiten, als sie ihm antwortete.[8]

Der Brief von Jean d'Armagnac und Johannas Antwort werden zu den Akten genommen:

Hochverehrte Herrin, ich empfehle mich Euch in aller Bescheidenheit und richte an Euch um Gottes willen eine dringende Bitte wegen der gegenwärtigen Spaltung in der heiligen allgemeinen Kirche in Sachen der Päpste (denn es gibt deren drei, die einander das Papsttum streitig machen: der eine ist in Rom, er nennt sich Martin V, und ihm gehorchen alle christlichen Könige; der andere ist in Pefiiscola, im Königtum Valencia, und nennt sich Papst Clemens VIII.; vom dritten, der sich Papst Benedikt XIV. nennen läßt, weiß niemand, wo er sich aufhält, außer dem Kardinal von Saint-Etienne und einigen wenigen seines Gefolges; der erste, Papst Martin genannt, wurde unter Zustimmung aller christlichen Nationen in Konstanz gewählt; jener, der sich Clemens nennt, wurde in Peniscola gewählt, nach dem Tode Papst Benedikts XIII., von dreien seiner Kardinäle. Der dritte, der sich Benedikt XIV nennt, wurde in Peniscola im Geheimen vom Kardinal von Saint-Etienne selber erkoren), wollet nun Unsern Herrn Jesus Christus dringend bitten, er möge in seiner unendlichen Barmherzigkeit uns durch Euch zu wissen geben, welcher von den drei Genannten der wahre Papst ist und welchem man von jetzt an nach seinem Wohlgefallen gehorchen solle, Martin oder Clemens oder Benedikt; und welchem wir glauben sollen, geheim oder mit Verstellung oder offen. Denn wir sind ganz bereit, nach dem Wunsch und Willen Unseres Herrn Jesus Christus zu handeln.
Ganz der Eure Graf von Armagnac.

Besagte Jeanne antwortete dem Grafen von Armagnac durch ein eigenhändig unterzeichnetes Schreiben folgenden Wortlauts:

JESUS + MARIA Graf von Armagnac, mein gar teurer und guter Freund, Jeanne, die Pucelle, läßt Euch wissen, daß Euer Bote mich erreicht und mir gesagt hat, daß Ihr ihn geschickt habt, um von mir zu erfahren, welchem der drei von Euch genannten Päpste Ihr Glauben schenken sollt. Darüber kann ich Euch im Augenblick nicht die Wahrheit sagen, sondern erst wenn ich in Paris oder anderswo in Ruhe bin. Denn im Augenblick bin ich zu sehr mit der Kriegführung beschäftigt. Sobald Ihr aber wißt, daß ich in Paris bin, schickt mir einen Boten, und ich werde Euch in aller Wahrheit wissen lassen, welchem Ihr glauben müßt, so wie ich es durch den Rat meines lautersten und allerhöchsten Herrn, des Königs der ganzen Welt, erfahren habe, und was Ihr zu tun habt, nach meinem besten Können. Seid Gott befohlen. Gott behüte Euch. Geschrieben zu Compiègne am siebenundzwanzigsten August.

Ist Johannas Brief apokryph? Pierre Tissei meint es. Th. Enklaar hält ihn für echt. Im November 1417 war Martin V. auf dem Konzil zu Konstanz gewählt worden, was dem Großen Schisma ein Ende setzte. Doch die beiden gegnerischen Päpste blieben beharrlich, ebenso ihre Kardinäle, die ihnen Nachfolger gaben. Der Graf von Armagnac sowie der König von Kastilien, dessen Mann er geworden war, unterstützen in Spanien weiterhin diese schlecht gewählten Päpste. Von Martin V., der zweifellos versuchte, sich Karl VII. anzunähern, für schismatisch und ketzerisch erklärt, versucht der Graf mit seinem Brief an Johanna, den Weg nach Rom und zum französischen Hof wiederzufinden. Johanna hätte ohne Zögern antworten müssen: im Prozeß behauptet sie, dem Papst in Rom zu glauben, und bleibt immer bei dieser Haltung. Doch hat sie am 27. April 1429, vom Erfolg berauscht, nicht Gefallen daran gefunden, die Wahrsagerin zu spielen und sich als die Deuterin der Gedanken Gottes zu zeigen? Man spürt, daß sie angesichts des Briefes zögert, verwirrt ist. Dennoch wird, nach der Anklageschrift von Jean Destivet, von diesem Brief nicht mehr die Rede sein.

Als die Briefe des Grafen und Jeannes öffentlich verlesen waren, wurde Jeanne gefragt, ob die Abschrift mit ihrer Antwort übereinstimmt. Sie antwortete, daß sie glaubt, zum Teil so geantwortet zu haben, aber Acht ganz genau.
Gefragt, ob sie erklärt hat, sie wisse durch den Ratschluß des Königs der Könige, was der Graf von dieser Aiigelegenheit zu halten hat, antwortete sie, daß sie davon nichts weiß.

  • Gefragt, ob sie im Zweifel war, wem der Graf zu gehorchen habe, antwortet sie, daß sie nicht wußte, welchen Bescheid sie ihm geben sollte auf die Frage, wem er zu gehorchen habe, weil nämlich der Graf wissen wollte, welchem er nach dem Willen Gottes gehorchen solle. Aber sie selber, Jeanne, nimmt an und glaubt, daß wir unserem Herrn Papst, der in Rom ist, zu gehorchen haben. (...)
  • (...) Gefragt, ob sie gesagt hat, sie würde in der Frage der drei Päpste Rat einholen, antwortete sie, daß sie über die drei Oberhirten nie etwas geschrieben hat noch hat schreiben lassen. Das beschwor sie bei ihrem EG U..)
  • Gefragt, ob sie die Gewohnheit hatte, über ihre Briefe die Namen Jesus MARIA mit einem Kreuz zu setzen, antwortete sie, daß sie es bei einigen tat und manchmal nicht; manchn-ial setzte sie ein Kreuz hin zum Zeichen, daß derjenige aus ihrer Partei, dem sie schrieb, nicht tun sollte, was sie ihm geschrieben hatte.

(Dann liest man Johanna ihren Brief an den König, den Herzog von Bedford und andere vor.)

  • Gefragt, ob sie diese Briefe wiederkennt, antwortete sie: ja, mit Ausnahme von drei Wörtern. Nämlich statt: »übergebt der Jungfrau« muß es heißen: »übergebt dem König«; und »Kriegsherr« und »Mann für Mann« stand nicht in dem Brief, den sie abgeschickt hat. Außerdem sagte sie, daß keiner der Herren diesen Brief diktiert hat, sondern daß sie ihn selber diktierte; wohl aber wurde er einigen von ihrer Partei gezeigt. Ferner sagte sie daß, noch ehe sieben Jahre um sind, die Engländer ein größeres Pfand verlieren werden als vor Orléans und daß sie alles in Frankreich verlieren werden. Und daß die Engländer größere Verluste erleiden werden als jemals in Frankreich, und zwar durch einen großen Sieg, den Gott den Franzosen verleihen wird.
  • Gefragt, woher sie das weiß, antwortete sie: »Ich weiß es recht gut durch eine Offenbarung, die mir zuteil geworden ist; und daß es geschehen wird, noch ehe sieben Jahre um sind, und ich wäre sehr zornig, wenn es sich noch so lange hinzieht.« (...)
  • (...) Gefragt, in welchem Jahr es geschehen wird, antwortete sie: »Das werdet Ihrjetzt noch nicht erfahren; doch möchte ich gern, daß es noch vor dem johannistag wäre.«
  • Gefragt, ob sie einmal gesagt hat, es werde vor dem Martinstag im Winter geschehen, antwortete sie, daß sie gesagt hat, man werde vor dem Martinstag im Winter noch manches erleben; und es kann schon sein, daß die Engländer niedergeworfen werden. ( ... 1 Das weiß sie durch die heilige Katharina und die heilige Margareta.
  • Gefragt, ob der heilige Gabriel beim heiligen Michael war, als er zu ihr kam, antwortete sie, daß sie sich nicht erinnert.
  • (...) Gefragt, ob sie sie immer im gleichen Gewand sieht, antwortete sie, daß sie sie immer in derselben Gestalt sieht und sehr reich gekrönt. Über andere Gewänder weiß sie nichts. Ferner sagt sie, daß sie über ihren Rock nichts weiß.
  • Gefragt, woher sie weiß, daß das, was ihr erscheint, Mann oder Frau ist, antwortet sie, daß sie es wohl weiß und sie an ihren Stimmen erkennt, und daß sie es ihr offenbart haben; sie weiß überhaupt nichts außer durch Offenbarung und Weisung Gottes.
  • Gefragt, welche Gestalt sie denn sieht, antwortete sie, daß sie das Gesicht sieht.
  • Gefragt, ob diese Heiligen, die ihr erscheinen, Haare haben, antwortete sie: »Selbstverständlich.«
  • Gefragt, ob etwas zwischen Krone und Haar war, antwortete sie: »Nein.«
  • Gefragt, ob die Haare lang herunterhingen, antwortete sie: »Ich weiß es nicht.« Und daß sie nicht weiß, ob noch etwas wie Arme oder andere Glieder zu sehen war. Ferner sagte sie, daß sie vortrefflich und sehr schön sprachen und sie sie sehr gut verstand.
  • Gefragt, wie sie sprechen konnten, da sie doch keine Glieder hatten, antwortete sie: »Ich verlasse mich auf Gott.« Ferner sagte sie, daß diese Stimme schön, sanft und demütig ist und französisch spricht.
  • Gefragt, ob die heilige Margareta nicht englisch spricht, antwortete sie: »Wie sollte sie englisch sprechen, da sie nicht auf der Seite der Engländer steht?«
  • Gefragt, ob sie außer den Kronen auch Ringe trugen an den Ohren oder anderswo, antwortete sie: »Davon weiß ich nichts.«
  • Gefragt, ob sie selber Ringe trug, antwortete sie, zum Bischof gewandt: »Ihr habt einen von mir; gebt ihn mir zurück.« Ferner sagte sie, daß die Burgunder einen anderen Ring haben, und sie bat uns, ihr den genannten Ring zu zeigen, wenn wir ihn hätten.

Seit dem 27. Februar bemühen sich die Richter, die Hexerei aufzuspüren. Sie glauben - oder tun, als glaubten sie -, daß Johannas Schwert, ihre Fahne (vor der die Engländer flohen) verzaubert sind. Johanna denkt keinen einzigen Augenblick daran.

  • Gefragt, wer ihr den Ring gab, den die Burgunder haben, antwortete sie: ihr Vater oder ihre Mutter, und sie meint, daß die Namen JESUS MARIA darauf geschrieben waren; sie weiß nicht, wer sie schreiben ließ; es war kein Stein daran; dieser Ring ist ihr in Domrémy gegeben worden. Ferner sagte sie, daß ihr Bruder ihr den anderen Ring gab, den wir hätten, und sie verlangte, daß wir ihn der Kirche geben. Ferner, daß sie nie irgend jemanden mit einem dieser Ringe geheilt hat.
  • (...) Auf die Frage, ob die Heiligen an der Quelle neben dem Baum mit ihr gesprochen haben, antwortete sie: ja, und daß sie sie gehört hat; aber was sie ihr damals sagten, weiß sie nicht.
  • (...) Gefragt, welche Versprechungen sie ihr machten, antwortete sie: »Das gehört gar nicht zu Eurem Prozeß.« Und unter anderem sagten sie ihr, daß ihr König wieder in sein Reich eingesetzt würde, ob seine Widersacher es wollen oder nicht. Und daß sie ihr, Jeanne, versprachen, sie ins Paradies zu f-ühren, wie sie es von ihnen erbeten hatte.
  • Gefragt, ob sie ein anderes Versprechen erhalten hat, antwortete sie, daß sie noch ein anderes Versprechen erhalten hat, aber das wird sie nicht sagen, da es nicht den Prozeß berührt. Und sie sagte, daß sie, noch ehe drei Monate um sind, das andere Versprechen sagen wird.
  • Gefragt, ob die Stimmen ihr gesagt haben, sie werde aus ihrem Gef'ängnis befreit, noch ehe drei Monate um sind, antwortete sie: »Das gehört nicht zu Eurem Prozeß; aber ich weiß nicht, wann ich befreit werde.« Und sie sagte, daß jene, die sie von dieser Welt fortnehmen wollen, vielleicht noch vor ihr gehen müssen.
  • Gefragt, ob ihr Ratgeber ihr nicht gesagt hat, sie werde aus ihrem jetzigen Gefängnis befreit ( ... 1, sagte sie: »Ich habe Euch immer gesagt, daß Ihr nicht alles erfahren würdet, und eines Tages werde ich schon frei sein. Ich will die Erlaubnis haben, ob ich es Euch sagen darf; darum verlange ich Aufschub.«
  • Gefragt, ob die Stimmen ihr verboten haben, die Wahrheit zu sagen, antwortete sie: »Möchtet Ihr, daß ich Euch sage, was den König von Frankreich angeht? Es gibt viele Dinge, die den Prozeß nicht berühren.« Sie sagte auch, daß sie tot wäre, wenn nicht die Offenbarung sie täglich trösten würde.
  • Gefragt, was sie mit ihrer Alraune gemacht hat, antwortete sie, daß sie nie eine Alraune hatte; aber sie hat sagen hören, daß es nahe bei ihrem Dorf eine gibt; aber sie hat nie eine gesehen. Und daß sie auch hat sagen hören, daß es gefährlich und schlecht ist, sie aufzubewahren; aber sie weiß nicht, wozu sie dient.
  • Gefragt, an welcher Stelle die Alraune ist, von der sie hat sagen hören, sie sei unter der Erde in der Nähe des Baums, von dem oben die Rede war, aber sie weiß die genaue Stelle nicht. Sie hat auch sagen hören, daß über dieser Alraune ein Haselstrauch ist.
  • Gefragt, ob sie hat sagen hören, wozu die Alraune dient, antwortete sie, daß sie hat sagen hören, sie ziehe das Geld an, aber daran glaubt sie nicht. Ihre Stimmen haben ihr nie etwas darüber gesagt.
  • Gefragt, wie der heilige Michael aussah, als er ihr erschien, antwortete sie, daß sie keine Krone bei ihm sah; und von seinen Gewändern weiß sie nichts.[9]

(Hier setzt das Manuskript von Orléans wieder ein)[10]

  • Gefragt, ob er nackt war, antwortet sie: »Meint Ihr, Unser Herr hat nichts, ihn zu kleiden?«

Eine entscheidende Frage. Nacktheit: Wollust, Liebesspiele, Besessenheit - ist es in Wahrheit nicht der Dämon, der kam, um Johanna mitzunehmen, so wie er am Sabbat die Hexen mitnimmt?

  • Gefragt, ob der heilige Michael eine Waage hatte, antwortet sie: »Ich weiß es nicht.«

Der Erzengel, den Johanna sieht, ist nicht mehr der Seelenwäger, wie er auf den romanischen Portalen dargestellt wird, sondern der schöne Ritter, der militärische Heilige, der Beschützer derer von Valois.

  • Ferner sagt sie, daß sie große Freude empfindet, wenn sie ihn sieht; und es will ihr scheinen, daß sie dann nicht im Stand der Todsünde ist. Ferner, daß die heilige Katharina und die heilige Margareta sie gern zum Beichten anhalten, von Zeit zu Zeit. Ferner, daß sie nicht weiß, ob sie im Stand der Todsünde ist.
  • Gefragt, ob sie glaubt, wenn sie beichtet, manchmal im Stand der Todsünde zu sein, antwortet sie, daß sie nicht weiß, ob sie darin gewesen ist; aber sie glaubt nicht, so etwas begangen zu haben. »Gott gebe, daß ich nie darein gefallen bin; und daß ich nie etwas vollbringe oder vollbracht habe, was meine Seele mit einer Todsünde belasten würde.«

Unversehens kommt nun die Befragung über das »Zeichen«. Die Nebenfrage vom 22. Februar nach jenem Engel, der um das Haupt des Dauphins Karl herumflattert, kündigte es an. Johanna weigert sich zu antworten, wie jedesmal, wenn es um ihren König geht. Eine solche Wahrheit gehört ihr nicht: von ihren Offenbarungen betreffen einige allein den König von Frankreich und nicht jene, die über sie richten. » Geht zum König, er wird es Euch sagen. « Die Richter werden nicht zum König gehen, und der König wird nie etwas sagen. Geschickt leitet das Verhör - auf allen gesammelten Gerüchten aufgebaut - bald zu einem konkreten Gegenstand über, der Krone. Ohne darauf zu achten, wird Johanna in das Spiel eintreten.

  • Gefragt, welches Zeichen sie ihrem König gab, um ihm zu zeigen, daß sie von Gott kam, antwortet sie: »Ich habe Euch immer geantwortet, daß Ihr es meinem Mund nicht entreißen werdet. Geht ihn fragen.«
  • Gefragt, ob sie geschworen hat, nicht zu verraten, was den Prozeß berührt, antwortet sie: »Ich habe Euch schon gesagt, daß ich Euch von dem, was den König berührt, nichts sagen werde; aber was den Prozeß und den Glauben berührt, werde ich sagen.«
  • Gefragt, ob sie das Zeichen weiß, antwortet sie: »Das werdet Ihr von mir nicht erfahren.« Als ihr gesagt wurde, daß es zum Prozeß gehört, antwortet sie: »Ich würde es gern sagen, aber was ich versprochen habe, geheimzuhalten, werde ich nicht sagen. Ich habe es an solcher Stelle versprochen, daß ich es Euch nicht sagen kann, ohne eidbrüchig zu werden.«
  • Gefragt, wem sie es versprochen hat, antwortet sie: der heiligen Katharina und der heiligen Margareta, und es wurde dem König gezeigt. Ferner sagt sie, daß sie es ihnen versprochen hat, ohne daß sie es verlangt hätten. Sie tat es von sich aus, weil zuviel Leute es von ihr hätten wissen wollen, wenn sie es nicht versprochen hätte.
  • Gefragt, ob außer dem König sonst noch jemand dabei war, als sie ihm das Zeichen vorwies, antwortet sie: »Ich glaube, es war sonst niemand da, obschon viele Leute in der Nähe waren.«
  • Gefragt, ob sie eine Krone auf dem Haupt des Königs gesehen hat, als sie das Zeichen vorwies, antwortet sie: »Das kann ich Euch nicht sagen, ohne eidbrüchig zu werden.«
  • Gefragt, ob er in Reims eine Krone hatte, antwortet sie, daß sie glaubt, daß erjene, die er in Reims vorfand, freudig annahm. Aber eine andere, sehr reiche Krone wurde ihm später gebracht. Und er tat es, weil er auf Bitten der Bewohner der Stadt nicht lange bleiben wollte, um ihnen die Lasten für die Soldaten zu ersparen; hätte er gewartet, so wäre er mit einer tausendmal reicheren gekrönt worden.
  • Gefragt, ob sie diese reichere Krone gesehen hat, antwortet sie: »Das kann ich Euch nicht sagen, ohne eidbrüchig zu werden; und wenn ich sie nicht gesehen habe, so habe ich doch sagen hören, daß sie kostbar ist (...)

Am nächsten Samstag, III. März, erschien zur sechsten Sitzung besagte Jeanne. Sie wurde von den Beisitzern ersucht und gebeten, einfach und bedingungslos zu schwören, auf alle Fragen die Wahrheit zu sagen. Sie antwortet: »Ich bin bereit zu schwören, wie ich bisher geschworen habe.« Dann leistete sie den Eid auf die Evangelien. Abermals auf Weisung von Mgr. de Beauvais verhörte Magister Jean Beaupère besagte Jeanne, indem er ihr vorhielt, sie habe gesagt, daß der heilige Michael Flügel hatte, aber von einem Leib oder von Gliedern der heiligen Katharina oder der heiligen Margareta habe sie nichts gesagt. Sie antwortet-. »Ich habe Euch gesagt, was ich weiß, und ich werde Euch nichts weiter antworten.« Ferner sagt sie, daß sie sie so deutlich gesehen hat, daß sie wohl weiß, daß es Heilige im Paradies sind.

 

  • Gefragt, was sie außer dem Gesicht gesehen hat, antwortet sie: »Ich habe Euch gesagt, was ich weiß. Lieber wollte ich, Ihr ließet mir den Hals abschneiden.« Ferner sagte sie, daß sie alles, was den Prozeß berührt, gern sagen wird.
  • Gefragt, ob der heilige Michael und der heilige Gabriel wirkliche Köpfe haben, antwortet sie: »ja, ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. Und daß sie es waren, glaube ich so fest, wie ich glaube, daß es Gott gibt.«
  • Gefragt, ob sie glaubt, Gott habe sie in der Gestalt gebildet, in der sie sie gesehen hat, antwortet sie: »Ich habe sie mit meinen Augen gesehen. Ich werde Euch nichts weiter sagen.«
  • Gefragt, ob sie glaubt, Gott habe sie von Anbeginn in dieser Gestalt erschaffen, antwortet sie: »Ihr werdet jetzt nichts weiter erfahren, als was ich schon geantwortet habe.«
  • Gefragt, ob sie durch Offenbarungen erfahren hat, daß sie entkommen würde, antwortet sie: »Das berührt nicht Euren Prozeß. Wollt Ihr denn, daß ich gegen mich spreche?«
  • Gefragt, ob ihre Stimmen ihr nichts darüber gesagt haben, antwortet sie: »Das hat nichts mit Eurem Prozeß zu tun. Ich verlasse mich auf Unsern Herrn.« Und: »Bei meiner Seligkeit, ich weiß weder den Tag noch die Stunde. Gottes Wille geschehe.«
  • Gefragt, ob ihre Stimmen ihr im allgemeinen etwas darüber gesagt haben, antwortete sie: »ja, wahrhaftig, sie haben mir gesagt, daß ich befreit würde. Aber ich weiß weder den Tag noch die Stunde. Und ich solle beherzt sein und ein gutes Gesicht machen.«
  • Gefragt, ob der König sie gefragt hat, als sie zum erstenmal zu ihm kam, ob sie, auf Offenbarungen hin ihre Kleider gewechselt hätte, antwortet sie: »Darauf habe ich Euch schon geantwortet; aber ich erinnere mich nicht, ob er danach gefragt hat.« Sie sagt, daß es in Poitiers aufgeschrieben ist.
  • Gefragt, ob die Geistlichen, die sie in der anderen Obedienz prüften einen Monat lang die einen, die anderen drei Wochen lang -, nicht nach dem Wechsel ihrer Kleider gefragt haben, antwortet sie: »Ich erinnere mich nicht.« Wohl aber sagt sie: sie fragten, wo sie die Männehltder angelegt hätte; und de sagte ihnen, es sei in Vaucouleurs gewesen.
  • Gefragt, ob sie sie nicht gefragt haben, ob sie diese Kleider auf ihre Stimmen hin angelegt habe, antwortet sie: »Ich erinnere mich nicht.«
  • Gefragt, ob die Königin sie nach diesen Kleidern gefragt hat, als sie sie zum erstenmal besuchte, antwortet sie: »Ich erinnere mich nicht.«
  • Gefragt, ob der König oder die Königin oder andere ihrer Partei sie nie aufgefordert haben, die Männerkleider abzulegen und Frauenkleider anzuziehen, antwortet sie: »Das gehört nicht zu Eurem Prozeß.«
  • Gefragt, ob sie in Beaurevoir (wo sie inhaftiert war) dazu aufgefordert worden ist, antwortet sie: »ja, wahrhaftig. Und ich habe geantwortet, ich würde sie nicht ablegen ohne die Erlaubnis Unseres Herrn.« Ferner sagt sie, daß das Fräulein von Luxemburg den Herr von Luxemburg (ihren Neffen) gebeten hat, sie nicht den Engländern auszuliefern. Ferner, daß das Fräulein von Luxemburg und die Frau von Beaurevoir ihr Frauenkleider angeboten hatten oder Stoff, um welche zu machen; und sie forderten sie auf, de zu tragen. Sie gab zur Antwort, daß sie dazu nicht die Erlaubnis Unseres Herrn habe und daß es noch nicht an der Zdt sei.
  • Gefragt, ob Herr Jean de Pressy (Ratgeber des Herzogs von Burgund) und andere ihr Frauenkleider anboten, antwortet sie: »Er und mehrere andere haben mir mehrmals welche angeboten.«
  • Gefragt, ob sie glaubt, es wäre für sie ein Vergehen oder eine Todsünde gewesen, wenn sie Frauenkleider getragen hätte, antwortet sie, daß sie besser daran tut, ihrem höchsten Herrn, nämlich Gott, zu gehorchen, als den Menschen. Ferner: wenn sie es hätte tun müssen, so hätte sie es eher auf die Bitte dieser beiden Damen getan als auf die anderer Damen in Frankreich, ausgenommen die Königin.
  • Gefragt, ob, als Gott ihr offenbarte, sie sollte ihre Kleider wechseln, das durch die Stimme des heiligen Michael, der heiligen Katharina oder der heiligen Margareta geschah, antwortet sie: »Darüber werdet Ihr jetzt nichts weiter erfahren.«
  • Gefragt, ob, als der König sie ans Werk gehen hieß und sie ihre Fahne machen ließ, sich das Kriegsvolk und andere Bewaffnete ihre Paniere in der Art der ihren machen ließen, antwortet sie: »Selbstverständlich haben die Herren ihre Wappen behalten.« Ferner sagt sie, daß einige Kriegsgefährten sich welche nach ihrem Gefallen anfertigen ließen, andere nicht.
  • Gefragt, aus welchem Stoff sie sie machen ließen, aus Leinen oder aus Tuch, antwortet sie: »Aus weißem Satin; und auf einigen waren Lilien.« Und de syl daß de nur zwei oder drei Unzen in ihrem Kupp gehabt hat; aber die Kriegsgefährten ließen sich manchmal welche ähnlich der ihren anfertigen, nur um ihre Leute von den anderen unterscheiden zu können.
  • Gefragt, ob sie häufig erneuert wurden, antwortet sie: »Ich weiß es nicht. Wenn die Lanzen zerbrochen waren, machte man neue.«
  • Gefragt, ob sie nicht gesagt hat, die Paniere, die den ihren ähnelten, brächten Glück, antwortet sie, daß sie ihnen manchmal sagte: »Brecht beherzt in die Reihen der Engländer ein.« Und sie ging selber voran.
  • Gefragt, ob sie ihnen sagte, sie sollten sie beherzt vorantragen und sie würden Glück haben, antwortet sie, daß sie freilich sagte, was eingetroffen war und noch eintreffen wird.
  • Gefragt, ob sie auf die Paniere Weihwasser sprengte oder sprengen ließ, wenn man sie von neuem zur Hand nahm, antwortet sie: »Ich weiß es nicht; und wenn es geschah, so nicht auf meinen Befehl.«
  • Gefragt, ob sie gesehen hat, daß solches darauf gesprengt wurde, antwortet sie: »Das gehört nicht zu Eurem Prozeß.« Und wenn sie es gesehen hat, so hat sie jetzt keine Weisung, darauf zu antworten.
  • Gefragt, ob die Kriegsgefährten auf ihre Paniere nicht JESUS MARIA setzen ließen, antwortet sie: »Bei meiner Seligkeit, ich weiß es nicht.«
  • Gefragt, ob sie nicht Linnen in feierlicher Prozession um ein Schloß oder eine Kirche getragen hal um Pahme dmam zu machen, antwortet sie: nein, und sie hat auch nichts dergleichen tun sehen.
  • Gefragt, was sie hinter ihrem Helm trug, als sie vor jargeau stand, und ob dort nicht etwas Rundes war, antwortet sie: »Bei meiner Seligkeit, es war nichts dort.«
  • Gefragt, ob sie Bruder Richard gekannt hat, antwortet sie: »Ich hatte ihn nie gesehen, bevor ich vor Troyes kam.«

Bruder Richard, Bettelmönch, predigte ganze Tage lang in Paris und wiegelte die Menge auf. Beim Klang seiner Stimme verbrannten die Männer Würfelspiele und Tricktrack-Tische, die Frauen ihren Putz und ihre Alraunen. Johanna sah ihn in Troyes, auf ihrem Weg nach Reims. Aber sie mißtraute ihm wegen der Schwärmerei, die er auslöste.

  • Gefragt, wie Bruder Richard sie empfangen hat, antwortet sie, daß sie von Troyes ihn ihr entgegenschickten, wie sie annimmt, weil sie daran zweifelten, daß sie von Gott kam. Und als er auf sie zukam, schlug er das Kreuzzeichen und sprengte Weihwasser. Und sie sagte zu ihm: »Komm nur beherzt näher. Ich werde nicht davonfliegen.«
  • Gefragt, ob sie nicht Bilder oder Malereien, die sie darstellen, gesehen hat oder machen ließ, antwortet sie, daß sie in Reims ein Bild in der Hand eines Schotten gesehen hat; sie war darauf in voller Rüstung abgebildet, wie sie ihrem König mit gebeugtem Knie einen Brief überreichte. Ein anderes Bild oder Gemälde von sich hat sie weder gesehen noch machen lassen.
  • Gefragt nach einem Bild im Haus ihrer Wirtin mit der Inschrift »Gerechtigkeit, Friede, Einigkeit«, antwortet sie, daß sie davon nichts weiß.
  • Gefragt, ob sie nicht weiß, daß die von ihrer Partei Gottesdienste, Messen und Gebete zu ihrer Ehre abhielten, antwortet sie, daß sie es nicht weiß. Wenn sie Gottesdienste abhielten, so geschah es nicht auf ihren Befehl; und wenn sie für sie gebetet haben, so haben sie damit nichts Böses getan, wie sie meint.
  • Gefragt, ob die von ihrer Partei fest glauben, daß sie von Gott gesandt sei, antwortet sie: »Ich weiß nicht, ob sie es glauben, ich verlasse mich auf ihr Herz. Aber auch wenn sie es nicht glauben, so bin ich doch von Gott gesandt.«
  • Gefragt, ob sie meint, sie hätten einen guten Glauben, wenn sie glauben, sie sei von Gott gesandt, antwortet sie: »Wenn sie glauben, daß ich von Gott gesandt bin, so gehen sie damit nicht fehl.«
  • Gefragt, ob sie denn das Herz derer von ihrer Partei nicht kannte, wenn sie ihr die Füße und die Hände und die Kleider küßten, antwortet sie: »Viele Leute sahen mich gern.« Und wenn sie ihre Kleider küßten, so konnte sie nichts daftir. Sie sagt, daß die armen Leute gern zu ihr kamen, weil sie ihnen nichts zuleide tat, sondern sie nach Kräften unterstützte.
  • Gefragt, welche Ehrerbietung ihr die von Troyes bei ihrem Einzug erwiesen, antwortet sie: »Sie haben mir keine erwiesen.« Außerdem sagt sie, daß Bruder Richard wohl mit ihnen in Troyes einzog. Aber sie erinnert sich nicht, ihn dabei gesehen zu haben.
  • Gefragt, ob er bei ihrem Einzug nicht eine Predigt gehalten hat, antwortet sie, daß sie sich dort nicht lange aufgehalten und nie dort übernachtet hat. Von einer Predigt weiß sie nichts.
  • Gefragt, ob sie einige Tage in Reims geblieben ist, antwortet sie: »Ich glaube, wir waren vier oder fünf Tage dort.«
  • Gefragt, ob sie dort Kinder aus der Taufe gehoben hat, antwortet sie, daß sie in Troyes eines aus der Taufe gehoben hat. Aber in Reims oder in Chäteau-Iliierry erinnert sie sich nicht. Auch in Saint-Denis hat sie zwei Kinder aus der Taufe gehoben. Den Knaben gab sie zu Ehren ihres Königs gern den Namen Karl, den Mädchen den Namen Johanna; und manchmal den Namen, den die Mütter wollten.
  • Gefragt, ob die Frauen mit ihren Ringen an den Ring gerührt haben, den sie trug, antwortet sie: viele Frauen haben ihre Hände und ihre Ringe berührt, aber sie weiß nicht in welcher Absicht und Gesinnung.
  • Gefragt, wer aus ihrer Mannschaft vor Château-Thierry Schmetterlinge von ihrer Fahne abgenommen hat, antwortet sie, daß das in ihrer Partei weder getan noch gesagt worden ist; das haben die von der andern Partei erfunden. (...)
  • Gefragt, ob sie, wenn sie durch das Land zog, das Sakrament der Buße und des Altars empfing, wenn sie in die guten Städte kam, antwortet sie: ja, manchmal.
  • Gefragt, ob sie besagte Sakramente in Männerkleidern empfing, antwortet sie: ja, aber sie erinnert sich nicht, sie in Waffen empfangen zu haben.
  • Gefragt, warum sie den Zelter des Bischofs von Senlis genommen hat, antwortet sie, daß er um zweihundert (Gold-)Salute gekauft wurde. Ob er sie bekommen hat oder nicht, weiß sie nicht; aber er erhielt eine Anweisung darüber, und er ist bezahlt worden. Außerdem schrieb sie ihm, er könne ihn zurückhaben, wenn er wollte; und daß sie ihn gar nicht wollte, denn er taugte nicht für Strapazen.
  • Gefragt, wie alt das Kind war, das sie in Lagny aufsuchte (auferweckte heißt es im Protokoll von Courcelles), antwortet sie: das Kind war drei Tage alt. Es wurde nach Lagny gebracht vor das Bild Unserer Lieben Frau. Und es wurde ihr gesagt, daß die Mädchen der Stadt dort seien; de möge doch hingehen und zu Gott und Unserer Lieben Frau beten, daß sie dem Kind Leben schenkten. Und sie ging hin und bare mit den anderen zu Gott. Schließlich zeigte sich Leben in ihm, und es gähnte dreimal; dann wurde es getauft; und bald darauf starb es und wurde in geweihter Erde begraben. Es hieß, es sei drei Tage lang kein Leben in dem Kind gewesen, und es war schwarz wie ihr Rock. Aber als es gähnte, begann ihm die Farbe wiederzukehren. Und sie kniete mit den Mädchen vor dem Bild Unserer Lieben Frau und verrichtete ihr Gebet.
  • Gefragt, ob man in der Stadt nicht gesagt hat, sie hätte das mit ihrem Gebet bewirkt, antwortet sie: »Ich habe mich nicht danach erkundigt.«
  • Gefragt, ob sie Catherine de La Rochelle kannte oder gesehen hat, antwortet sie: ja, in Jargeau und in Montfaucon im Herzogtum Berry.

Diese Frau, die Schutzbefohlene von Bruder Richard, hatte ebenfalls Visionen. In seiner Anklageschrift, in Artikel LVI, wird der Promotor von Catherine de La Rochelle sprechen, die verhaftet worden war und vordem bischöflichen Richter von Paris die Beichte ablegte und verkündete, Johanna werde, wenn man sie nicht sicher verwahre, »mit Hilfe des Teufels« aus dem Gefängnis entweichen. Catherine wurde freigelassen. Sie hatte gesagt, was nötig war.

  • Gefragt, ob diese ihr nicht eine weißgekleidete Frau zeigte, die ihr manchmal erschien, wie sie behauptete, antwortet sie: nein.
  • Gefragt, was sie ihr gesagt hat, antwortet sie, daß diese Catherine ihr gesagt hat, eine weiße Frau käme zu ihr, in ein goldenes Gewand gehüllt, die ihr sagte, sie solle durch die guten Städte gehen, und der König sollte ihr Herolde und Trompeten geben und ausrufen lassen, wer immer Gold, Silber oder einen verborgenen Schatz hätte, sollte ihn gleich herbringen; wer es nicht täte und versteckte Schätze hätte, den würde sie wohl erkennen und die besagten Schätze zu finden wissen; damit sollten die Krieg~leute jener Jeanne bezahlt werden. Diese sagte ihr, sie solle heimgehen zu ihrem Mann, ihr Hauswesen versehen und ihre Kinder versorgen. Und um die Wahrheit zu erfahren, wandte sie sich an die heilige Katharina und die heilige Margareta, die ihr sagten, die Sache mit jener Catherine sei nichts als Torheit und Lüge. Sie schrieb ihrem König, daß sie ihm sagen würde, was er zu tun hätte. Und als sie kam, sagte sie ihm, daß die Sache rnitjener Catherine nichts als Torheit und Lüge sei. Gleichwohl wollte Bruder Richard, daß man sie zu Werk gehen ließe. Was sie nicht zulassen wollte, und deswegen waren Bruder Richard und besagte Catherine nicht zufrieden mit ihr.
  • Gefragt, ob sie mit Catherine de La Rochelle über den Plan gesprochen hat, nach La Charité zu gehen, antwortet sie, daß jene Catherine ihr riet, nicht hinzugehen, es sei zu kalt, und sie solle nicht gehen. Ferner sagte sie zu besagter Catherine, die zum Herzog von Burgund gehen wollte, um Frieden zu schließen, es wolle ihr scheinen, daß man dort keinen Frieden finden werde außer mit der Lanzenspitze. Ferner fragte sie Catherine, ob jene Frau jede Nacht käme, und deswegen würde sie gern mit ihr in einem Bett schlafen. Und sie schlief dort und blieb wach bis Mitternacht; sie sah nichts und schlief dann ein. Als es Morgen wurde, fragte sie, ob die Frau gekommen sei. Und Catherine antwortete ihr, daß sie gekommen sei, während sie schlief, und sie habe sie nicht aufwecken können. Da fragte sie, ob die Frau auch in der folgenden Nacht käme. Besagte Catherine bejahte es. Deswegen wollte Jeanne tagsüber schlafen, um nachts wachen zu können. Und sie schlief die folgende Nacht bei jener Catherine und wachte die ganze Nacht. Aber sie sah nichts, obgleich sie öfter fragte: »Wird sie bald kommen?«, und besagte Catherine antwortete ihr jedesmal: »ja, gleich.«
  • Gefragt, was sie vor den Gräben von La Charité gemacht hat, antwortet sie, daß sie dort einen Angriff unternehmen ließ. Und daß sie dort weder Weihwasser gesprengt hat noch hat spregen lassen.
  • Gefragt, warum sie nicht hineingegangen ist, wenn sie doch dazu Befehl von Gott hatte, antwortet sie: »Wer hat Euch gesagt, daß ich Befehl von Gott hatte, dort hineinzugehen?«
  • Gefragt, ob ihre Stimme es ihr nicht geraten hat, antwortet sie, daß sie nach Frankreich wollte. Aber die Soldaten sagten ihr, es sei besser, zuerst vor La Charité zu ziehen.
  • Gefragt, ob sie lange im Turm von Beaurevoir war, (Dort war Johanna Gefangene Johanns von Luxemburg, von August bis November 1430) antwortet sie, daß sie dort etwa vier Monate war. Und daß sie, als sie erfuhr, daß die Engländer kämen, sehr erregt war, aber ihre Stimmen verboten ihr mehrmals, hinunterzuspringen. Und aus Angst vor den Engländern sprang sie schließlich und empfahl sich Gott und Unserer Lieben Frau. Dennoch wurde sie verletzt. Und nachdem sie gesprungen war, sagte ihr die Stimme der heiligen Katharina, sie solle ein gutes Gesicht machen, sie würde genesen, und die von Compiègne (Compiègne war seit Mai 1430 vom Herzog von Burgund belagert. Am 14. Oktober 1430 wird die Stadt vom Herrn de Boussac befreit) würden Hilfe erhalten. Ferner sagt sie, daß sie mit ihrern Ratgeber immer für die von Compiègne betete.
  • Gefragt, was geschah, als sie gesprungen war, und was sie sagte, antwortet sie, daß einige sagten, sie sei tot. Als die Burgunder dann sahen, daß sie am Leben war, fragten sie, warum sie gesprungen sei.
  • Gefragt, ob sie nicht gesagt hat, sie möchte lieber sterben, als in den Händen der Engländer sein, antwortet sie, daß sie ihre Seele lieber Gott zurückgäbe, als in den Händen der Engländer zu sein.
  • Gefragt, ob sie nicht in Zorn geriet und den Namen Gottes lästerte, antwortet sie, daß sie nie ehe Heilige oder einen Heiligen gelästert hat und daß sie nicht zu fluchen pflegt.
  • Gefragt, wie es denn in Soissons war, als der Kommandant, der die Stadt übergeben hat, (An die Engländer im Juli 1430), für 4000 Goldsalute ob sie damals nicht Gott verleugnet und gesagt hat, sie würde ihn vierteilen lassen, wenn sie ihn hätte, antwortet sie, daß sie nie einen Heiligen oder eine Heilige verleugnet hat. Und wer das gesagt oder hinterbracht hat, muß sie falsch verstanden haben.

Am nächsten Samstag, nach Sonntag Oculi, X. März, wurde besagte Jeanne aufgefordert, die Wahrheit zu sagen. (Thomas de Courcelles präzisiert, daß das Verhör von nun an in Johannas Gefängniszelle stattfindet. Neben dem Bischof sind jetzt nur noch zugegen: Jean de la Fontaine, Prüfer der Zeugen, zwei Doktoren aus Paris, ein Advokat, Domherr von Rouen, und Jean de Massieu, der Gerichtsdiener.) Sie antwortete: »Ich verspreche Euch, die Wahrheit zu sagen in dem, was Euren Prozeß berührt. Ich bitte Euch, mich nicht zum Schwören zu nötigen. Denn je mehr Ihr mich zum Schwören nötigt, desto später werde ich Euch die Wahrheit sagen.« Danach von Magister Jean de la Fontaine auf Weisung von Mgr. de Beauvais in dieser Sache befragt: »Bei dem Eid, den ihr geleistet habt, von welchem Ort seid Ihr gekommen, als Ihr das letzte Mal nach Compiègne zogt?«, antwortet sie: »Von Crépy en Valois.« (Sie wußte, daß der Herzog von Burgund nach Compiègne kam, um die Stadt zu belagern.)

  • Gefragt, ob sie, als sie in Compiègne angekommen war, mehrere Tage dort war, ehe sie einen Ausfall unternahm, antwortet sie, daß sie morgens heimlich ankam und in die Stadt gelangte, ohne daß ihre Feinde es merkten, wie sie glaubt. Und am gleichen Tag, gegen Abend, machte sie den Ausfall, bei dem sie gefangen wurde.
  • Gefragt, ob man bei dem Ausfall die Glocken läutete, antwortet sie: wenn man sie geläutet hat, so geschah es nicht auf ihren Befehl und ohne ihr Wissen, sie dachte nicht daran. Und sie erinnert sich nicht, gesagt zu haben, daß man sie läuten soll.
  • Gefragt, ob sie diesen Ausfall auf Befehl ihrer Stimmen unternommen hat, antwortet sie, daß ihr in der Osterwoche letztenjahres, als sie vor den Gräben von Melun war, von ihren Stimmen, nämlich von der heiligen Katharina und der heiligen Margareta, gesagt worden war, daß sie noch vor dem johannistag gefangen würde und daß es so geschehen müsse. Und daß sie darüber nicht in Verwunderung geraten solle. Daß sie alles willig hinnehmen solle und daß Gott ihr helfen würde.
  • Gefragt, ob ihr seit Melun von ihren Stirnmen nicht mehr gesagt wurde, sie würde gefangen, antwortet sie: doch, mehrmals, eigentlich jeden Tag. Und sie batjene Stimmen, bald sterben zu dürfen, wenn sie gefangen wäre, ohne lange Qualen der Gefangenschaft. Und sie sagten ihr, sie solle es willig hinnehmen, es müsse so geschehen, aber sie sagten ihr nicht die Stunde, und wenn sie sie gewußt hätte, so wäre sie nicht hingegangen. Sie hatte sie mehrmals gebeten, ihr die Stunde zu nennen. Aber sie wollten es ihr nicht sagen. Und sie bat: »Übergeht das.«
  • Gefragt, ob, wenn ihre Stimmen ihr befohlen hätten, einen Ausfall zu machen und ihr gleichzeitig bedeutet hätten, daß sie gefangen würde, sie dann hingegangen wäre, antwortet sie, wenn sie die Stunde gewußt hätte und daß sie gefangen würde, so wäre sie nicht gern gegangen. Doch wäre sie zuletzt ihrem Befehl nachgekommen, was immer ihr hätte zustoßen müssen.
  • Gefragt, ob sie, als sie den Ausfall machte, eine Stimme hatte, die sie den Ausfall machen hieß, antwortet sie, daß sie an jenem Tag nichts von ihrer Gefangennahme erfuhr und keinen weiteren Befehl erhielt, auszubrechen, doch war ihr immer gesagt worden, daß sie eine Gefangene werden müsse.

Seltsamerweise wird Johanna der Vorwurf gemacht, der Stimme nicht zu gehorchen. Aber die Doktoren sind von unerschütterlicher Logik. Denn auch wenn die Stimme böse ist, ist das eine Sünde des Hochmuts und Ungehorsams, da Johanna ja glaubt, daß diese Stimme von Gott kommt.

  • Gefragt, ob sie über die Brücke gezogen ist, um den Ausfall zu machen, antwortet sie, daß sie über die Brücke und den Wall gezogen ist, in Begleitung von Leuten aus ihrer Partei gegen die Leute des Herrn von Luxemburg. Sie schlug sie zweimal bis zu den Quartieren der Burgunder zurück. Das dritte Mal bis zum halben Weg. Und da schnitten die Engländer, die dort standen, ihr und ihren Leuten den Weg zum Wall ab. Deshalb zogen sie und ihre Leute sich zurück. Und als sie über die der Picardie zugewandten Felder zurückwich, wurde sie nahe bei dem Wall gefangengenommen. Und zwischen der Stelle, wo sie gefangen wurde, und Compiègne war nur der Fluß, der Wall und sein Graben.
  • Gefragt, was es bedeutete, für jene Fahne Gott zu nehmen, der die Welt hielt, und die beiden Engel, antwortet sie, daß die heilige Katharina und die heilige Margareta ihr gesagt haben, sie solle sie in dieser Form nehmen und beherzt tragen, und sie solle den König des Himmels darauf malen lassen. Über die Bedeutung weiß sie weiter nichts.
  • Gefragt, ob sie kein Wappen hatte, antwortet sie, daß sie keines hatte. Aber ihr König gab ihren Brüdern ein Wappen. Nämlich einen blauen Schild mit zwei goldenen Lilien und einem Schwert darauf Sie hat dieses Wappen einem Maler beschrieben, weil man sie gefragt hatte, welches Wappen sie trage. Ferner, daß der König es ihren Brüdern gegeben hat, ihnen zu Gefallen, ohne ihr Zutun und ohne ihre Offenbarung.

Johannas Familie teilte ihr Vermögen auf. Ihr Vater kam zur Krönung nach Reims. Ihre Brüder begleiteten sie auf den Feldzug, wurden zur gleichen Zeit wie sie im Dezember 1429 in den Adelsstand erhoben von Karl VII., dessen Briefe kein Wappen erwähnen. Am 8.Juni 1431 wird der König von Frankreich und England die Anmaßung dieser Frau anprangern, die es wagte, Frankreichs Wappen zu tragen. 1436 erkannten Pierre und Jean d'A7c (hofften sie, das Abenteuer zu wiederholen?) Claude des Armoises als ihre Schwester an, die sich als Johanna ausgab. 1443 erhielt Pierre vom Herzog von Orléans ein wertloses kleines Stück Land an der Loire. Derselbe Herzog ließ 1450 dem Stummen der in Orléans wohnt und früher ein Schlingel war, XXVII s. Vld auszahlen; und dem Bruder der seligen Jungfrau XXVII x. IVd., um ihnen zu helfen, ihr Auskommen zu haben.[11] Isabeau, Johannas Mutter, ließ sich in Orléans nieder; bis zu ihrem Tod im Jahre 1458 überwies ihr die Stadt eine Rente von monatlich 48 Sous.

  • Gefragt, ob sie ein Pferd hatte, als sie gefangen wurde, und ob es ein Streitroß oder ein Zelter war, antwortet sie, daß es ein halbschweres Pos war.
  • Gefragt, wer ihr dieses Pferd gegeben hat, antwortet sie, daß ihr König o der seine Leute ihr Geld vom König gaben. Und daß sie fünf Streitrosse hatte, ungerechnet die Traber, von denen sie mehr als sieben haue.
  • Gefragt, ob sie außer den Pferden nie andere Schätze von ihrem König bekommen hat, antwortet sie, daß sie von ihrem König nichts verlangte außer guten Waffen, guten Pferden und Geld, um ihre Wirtsleute zu bezahlen.
  • Gefragt, ob sie keinen Schatz hatte, antwortet sie, daß die zehn- oder zwölftausend (Taler), die sie hatte, kein großer Schatz sind, um Krieg zu ftihren. Und daß es recht wenig ist. (So hoch war ihr Lösegeld.) Und sie denkt, daß ihre Brüder diese Summe bekommen haben. Und was sie an Geld hat, gehört dem König.
  • Gefragt, was für ein Zeichen ihr König erhielt, antwortet sie, daß es schön, ehrenwert und gut ist, und das Kostbarste, was es gibt.
  • Gefragt, warum sie das genannte Zeichen nicht ebensogut verraten und zeigen will, wie sie das Zeichen der Catherine de La Rochelle sehen wollte, antwortet sie, daß, wäre das Zeichen der Catherine ebenso aufgezeigt worden vor kirchlichen Würdenträgern - nämlich vor Erzbischöfen oder Bischöfen, wie dem Erzbischof von Reims und anderen Bischöfen, deren Namen sie nicht weiß, und sogar Karl von Bourbon war dabei, der Herr de la Trimouille, der Herzog von Alen(;on und mehrere andere Ritter, die es ebenso sahen und hörten, wie sie jene sieht, die heute mit ihr reden -, daß sie dann das Zeichen der Catherine nicht zu sehen verlangt hätte. Übrigens wußte sie von der heiligen Katharina und der heiligen Margareta vorher, daß an der Geschichte besagter Catherine nichts dran war.
  • Gefragt, ob besagtes Zeichen immer noch besteht, antwortet sie: »Selbstverständlich besteht es noch, und es wird tausend Jahre und mehr bestehen.« Und daß jenes Zeichen im Schatz des Königs ist.
  • Gefragt, ob es Gold, Silber, ein Edelstein oder eine Krone ist, antwortet sie: »Darüber sage ich Euch nichts weiter. Kein Mensch könnte etwas so Kostbares beschreiben wie dieses Zeichen. Das Zeichen, das Ihr braucht, ist, daß Gott mich aus Euren Händen befreit. Das ist das sicherste, das er Euch schicken kann.« Ferner sagt sie, daß ihr, als sie fortziehen mußte, um vor ihren König zu treten, von ihren Stimmen gesagt wurde: »Geh beherzt. Denn wenn du vor dem König sein wirst, wird er ein gutes Zeichen haben, dich zu empfangen und dir zu glauben.«
  • Gefragt, welche Ehrerbietung sie dem Zeichen erwies, als es zu ihrem König kam, und ob es von Gott kam, antwortet sie, daß sie Unserm Herrn dankte, daß er sie von den Quälereien der Geistlichen befreite, die gegen sie auftraten. Und sie kniete mehrmals nieder. Ferner sagt sie, daß ein Engel von Gott und von keinem anderen ihrem König das Zeichen überreichte. Sie hat Unserm Herrn viele Male dafür gedankt. Ferner, daß die Geistlichen nicht auffiörten, sie auszufragen, als sie das Zeichen erkannt hatten.
  • Gefragt, ob die Geistlichen das Zeichen sahen, antwortet sie, daß sie, als der König und jene, die mit ihm waren, das Zeichen gesehen hatten und auch den Engel, der es überreichte, ihren König gefragt hat, ob er zufrieden sei. Und er antwortete: ja. Dann ging sie fort zu einer KapeHl de ganz nahe war, und hörte sagen, daß nach ihrem Weggang mehr als dreihundert Personen das Zeichen gesehen hätten. Und daß Gott aus Liebe zu ihr denen von ihrer Partei es hat erlauben wollen, das Zeichen zu sehen, damit sie auffiörten, sie danach auszufragen.
  • Gefragt, ob sie und ihr König dem Engel keine Ehrerbietung erwiesen haben, als er das Zeichen brachte, antwortet sie: ja, was sie betrifft, so kniete sie nieder und entblößte ihr Haupt. Am Montag nach Laetare Jerusalem, XII. März, wurde besagte Jeanne (...) (nachdem sie den Eid geleistet hatte) auf Weisung von Mgr. de Beauvais durch Magister Jean de la Fontaine befragt. Als erstes, ob der Engel, der das Zeichen brachte, zu ihr gesprochen hat. Sie antwortet: ja, und daß er ihrem König sagte, er solle sie ans Werk gehen lassen, und dem Land würde es bald besser gehen.
  • Gefragt, ob der Engel, der besagtes Zeichen brachte, der gleiche Engel war, der ihr das erste Mal erschien, oder ein anderer, antwortet sie: »Es Ihmm« der Obae.« Und er hat sie nie im Stich gelassen.
  • Gefragt, ob der Engel sie denn nicht im Stich gelassen hat, als sie gefangen wurde, antwortet sie, daß sie glaubt, es ist das Beste, daß man sie gefangen hat, da es Unserm Herrn so gef'ällt.
  • Gefragt, ob der Engel sie nicht in den Gnadengütern im Stich gelassen hat, antwortet sie: »Wie sollte er, da er mich jeden Tag tröstet?« Und sie meint mit diesem Trost, daß er von der heiligen Katharina und der heiligen Margareta kommt.
  • Gefragt, ob sie sie ruft oder ob sie ungerufen kommen, antwortet sie-. »Sie kommen oft, ohne daß ich sie rufe.« Andere Male, wenn sie nicht bald kamen, bat sie Unsern Herrn, daß er sie schicken möge.
  • Gefragt, ob sie sie manchmal gerufen hat, ohne daß sie kamen, antwortet sie, daß sie immer da waren, wenn sie sie brauchte.
  • Gefragt, ob ihr Saint Denis nie erschienen ist, antwortet sie: nein, soviel sie weiß.
  • Gefragt, ob sie, als sie Unserm Herrn versprach, jungfräulich zu bleiben, mit ihm selber gesprochen hat, antwortet sie: »Es sollte wohl genügen, es denen zu versprechen, die von ihm geschickt waren, nämlich der heiligen Katharina und der heiligen Margareta.«
  • Gefragt, was sie bewog, einen Mann in Toul vorzuladen wegen eines Eheversprechens, antwortet sie: »Ich habe ihn nicht vorladen lassen. Er war es, der mich vorladen ließ.« Und dort hat sie vor dem Richter geschworen, die Wahrheit zu sagen, und daß sie ihm kein Versprechen gegeben hat. Ferner sagt sie: als sie zum erstenmal ihre Stimme hörte, gelobte sie, die Jungfräulichkeit solange zu bewahren, wie es Gott gefalle. Sie war damals etwa dreizehn Jahre alt. Ferner, daß ihre Stimmen ihr versicherten, sie werde ihren Prozeß gewinnen.
  • Gefragt, ob sie ihrem Pfarrer oder einem anderen Kirchenmann nie etwas von ihren Visionen gesagt hat, antwortet sie: nein; nur Robert de Baudricourt und ihrem König. Außerdem sagt sie, daß ihre Stimmen sie nicht genötigt haben, es zu verheimlichen. Aber sie ftirchtete sehr, es zu offenbaren, aus Angst, die Burgunder könnten sie an ihrer Reise hindern, besonders fürchtete sie, daß ihr Vater sich ihrer Reise widersetzen würde.

In diesen konkreten Punkten ist Johanna schuldig. Gegenüber der Kirche: sie hätte im Beichtstuhl dem Pfarrer ihrer Gemeinde etwas über die Stimme sagen müssen, zu dessen Aufgabe es unter anderem gehörte, Zauberei und Aberglauben ausfindig zu machen. Gegenüber Gott: sie hätte Vater und Mutter ehren müssen.

  • Gefragt, ob sie glaubte, recht zu tun, ohne Abschied von Vater und Mutter wegzugehen, da man doch Vater und Mutter ehren soll, antwortet sie, daß sie ihnen sonst in allem gehorcht hat, diesen Aufbruch ausgenommen, aber seitdem hat sie ihnen geschrieben, und sie haben ihr verziehen.
  • Gefragt, ob sie nicht glaubte zu sündigen, als sie Vater und Mutter verließ, antwortet sie: »Da Gott es befahl, mußte ich es tun.« Und sie sagte außerdem: da Gott es befahl, wäre sie fortgegangen, und hätte sie hundert Väter und hundert Mütter gehabt, und wäre sie eine Königstochter gewesen.
  • Gefragt, ob sie ihre Stimmen fragte, was sie ihren Eltern über ihren Weggang sagen soll, antwortet sie, daß die Stimmen schon wollten, daß sie es ihnen sage, wäre da nicht die Strafe gewesen, die sie ihr zugef-ügt hätten, wenn sie es gesagt hätte. Um keinen Preis hätte sie es ihnen gesagt. Ferner, daß die Stimmen es ihr überließen, es den Eltern zu sagen oder nicht.
  • Gefragt, ob sie dem heiligen Michael und den Engeln Ehrerbietung erwies, wenn sie sie sah, antwortet sie: ja, wenn sie gegangen waren küßte sie den Boden, auf dem sie gestanden hatten.
  • Gefragt, ob sie lange bei ihr waren, antwortet sie: sie kommen oft zu den Christen, man sieht sie nur nicht. Sie selber hat sie oft unter den Christen gesehen.
  • Gefragt, ob sie vom heiligen Michael oder von ihren Stimmen Briefe bekommen hat, antwortet sie: »Ich habe keine Erlaubnis, es Euch zu sagen. In späasens acht Tagen werde ich Euch gern antworten, was ich wissen werde.«
  • Gefragt, ob ihre Stimmen sie nicht Magd Gottes, Tochter der Kirche, hochherziges Mädchen genannt haben, antwortet sie, daß sie sie vor der Befreiung von Orléans und seither täglich, wenn sie mit ihr sprechen, mehrmals »Johanna, Jungfrau, Magd Gottes« genannt haben.
  • Gefragt, warum sie nicht gern das Vaterunser sagt, wenn sie sich doch Magd Gottes nennt, antwortet sie, daß sie es gern sagt. Als sie sich neulich geweigert hat, es zu sagen, geschah es in der Absicht, daß Mgr. de Beauvais ihre Beichte anhört. Am gleichen Montag, XII. März, nachmittags, gefragt nach den Träumen ihres Vaters, antwortet sie, daß, als sie noch bei ihren Eltern war, ihre Mutter ihr mehmals gesagt hat, ihr Vater habe geträumt, seine Tochter Jeanne würde mit den Soldaten fortgehen; und ihre Eltern trugen große Sorge, gut aufsie achtzugeben, und hielten sie in strenger Zucht, u~d sie gehorchte ihnen in allem, außer in jenem Heiratsprozeß in Toul. Ferner, daß sie zu ihrer Mutter hat sagen hören, ihr Vater habe zu ihren Brüdern gesagt: »Wenn ich glauben müßte, daß das, was ich geträumt habe, geschieht, so wollte ich, daß ihr sie ertränktet, und wenn ihr es nicht tätet, so ertränkte ich sie selbst.« Es hat wenig gefehlt, und sie hätten den Verstand verloren, als sie nach Vaucouleurs aufbrach.
  • Gefragt, ob diese Gedanken oder Träume ihrem Vater kamen, nachdem sie ihre Visionen hatte, antwortet sie: »ja, mehr als zwei Jahre, nachdem ich die ersten Stimmen hatte.«
  • Gefragt, ob sie auf Verlangen Roberts oder der Stimme Männerkleider angelegt hal antwortet sie, daß sie es von sich aus tat und nicht auf Verlangen irgendeines Menschen auf der Welt.
  • Gefragt, ob die Stimme ihr befahl, Männerkleider anzulegen, antwortet sie: »Alles, was ich Gutes getan habe, das habe ich auf Befehl der Stimmen getan«, und was das Kleid angeht, so wird sie ein andermal antworten; im Augenblick hat sie keine Weisung dazu. Aber morgen wird sie darauf antworten.
  • Gefragt, ob sie etwas Schlechtes zu tun rneinte, als sie Männerkleider anlegte, antwortet sie: nein, und noch jetzt, wenn sie auf der anderen Seite und in diesem Männerkleid wäre, will ihr scheinen, daß es eine große Wohltat für Frankreich wäre, so zu handeln, wie sie es vor ihrer Gefangennahme tat.
  • Gefragt wie sie den Herzog von Orléans befreit hätte, antwortet sie, daß sie genügend Engländer gefangen hätte, um ihn herauszubekommen, und wenn sie hier nicht genug gefangen hätte, so wäre sie übers Meer gezogen, um ihn mit Gewalt aus England zu holen.
  • Gefragt, ob die heilige Margareta und die heilige Katharina ihr gesagt hatten, sie würde genügend Leute fangen, um den Herzog von Orléans, der in England war, zu bekommen, andernfalls sie übers Meer ziehen sollte, um ihn mit Gewalt aus England zu holen und ihn binnen drei Jahren herzubringen, antwortet sie: ja. Und daß sie es ihrem König gesagt hat, und er solle sie Gefangene machen lassen. Außerdem sagt sie, wenn sie selber drei Jahre ohne Hinderung überdauert hätte, so hätte sie ihn befreit. Ferner, daß es eine Frist von weniger als drei Jahren und mehr als einem Jahr war, aber sie erinnert sich jetzt nicht mehr genau.
  • Gefragt nach dem Zeichen, das dem König übergeben wurde, antworet bl daß de daaber den Rat der heiligen Katharina einholen wird. Am Dienstag, XIII. März des Jahres vierzehnhundertdreißig, als erstes nach dem Zelhen ge&agt, das ihrem König überreicht wurde, antwortet sie: »Wollt ihr, daß ich eidbrüchig werde?« Vom Vikar des Inquisitors (Nach Erhalt der Briefe des Inquisitors willigt Jean le Maistre ein, zusammen mit dem Bischof den Prozeß zu führen.)
  • Gefragt, ob sie der heiligen Katharina geschworen und versprochen hat, dieses Zeichen nicht zu verraten, antwortet sie: »Ich habe geschworen und versprochen, das Zeichen nicht zu verraten, und zwar von mir aus, weil man mich allzusehr drängte, es zu verraten.« Und da hat sie von sich aus gesagt: »Ich verspreche, keinem Menschen etwas davon zu sagen.«

Und plötzlich ist es wie ein Dammbruch, eine Flut. Von den Richtern in die Enge getrieben oder von der heiligen Katharina ermächtigt, die sie am A bend zuvor gehört hat, setzt Johanna nach und nach ein faszinierendes Geheimnis in Szene. Wiedererinnerung? Erdichtung? Symbol? Beschwörung eines Trugbilds, das mit dem Versprechen der Krönung gekeimt war, durch die Begeisterung der jubelnden Menge Leben gewann und sich in der Einsamkeit des Gefängnisses allmählich aufgerichtet hatte? Wunsch, endlich Schluß zu machen? Oder ironische Absicht, die Doktoren hinters Licht zu führen?Johanna scheint einen Traum wiederzuerleben.

Ferner sagt sie, daß das Zeichen darin bestand, daß der Engel ihren König bestärkte, indem er ihm die Krone brachte und ihm sagte, mit Gottes Hilfe und durch ihr Bemühen werde er ganz Frankreich vollständig haben; und er solle sie ans Werk gehen lassen, das heißt, ihr Leute geben, sonst werde er nicht so bald gekrönt und gesalbt.

  • Gefragt, ob besagte Jeanne seit gestern mit der heiligen Katharina gesprochen hat, antwortet sie, daß sie sie seither gehört hat. Und sie hat ihr mehrmals gesagt, sie solle den Richtern beherzt antworten auf die Fragen, die ihren Prozeß berühren.
  • Gefragt, wie der Engel die Krone brachte und ob er sie auf das Haupt ihres Königs setzte, antwortet sie: sie wurde einem Erzbischof übergeben, das heißt dem von Reims, wie ihr scheint. Und besagter Erzbischof nahm sie entgegen und übergab sie dem König.
  • Gefragt nach dem Ort, wo sie überreicht wurde, antwortet sie: »Es geschah im Gemach des Königs, im Schloß von Chinon.«
  • Gefragt nach dem Tag und der Stunde, antwortet sie: »Den Tag weiß ich nicht; es war zur Mittagsstunde.« An mehr erinnert sie sich nicht; und was den Monat angeht, so war es im April oder Mai, wie ihr scheint; im nächsten April oder in diesem Monat sind es zweijahre her, und es war nach Ostern.
  • Gefragt, ob am ersten Tag, an dem sie das Zeichen sah, auch ihr König es sah, antwortet sie: ja; und daß er selbst es bekommen hat.
  • Gefragt, woraus besagte Krone gemacht war, antwortet sie: »Selbstverständlich war sie aus feinem Gold, und sie war so reich, daß ich den Reichtum gar nicht beschreiben kann.« Und die Krone bedeutete, daß er das Königreich Frankreich haben würde.
  • Gefragt, ob Edelsteine daran waren, antwortet sie: »Ich habe Euch gesagt, was ich weiß.«
  • Gefragt, ob sie sie angefaßt oder geküßt hat, antwortet sie: nein.
  • Gefragt, ob der Engel, der sie brachte, von oben kam oder auf dem Boden ging, antwortet sie: »Er kam von oben.« Sie meint damit, daß er auf Befehl Unseres Herrn kam, und er trat durch die Tür des Gemachs ein.
  • Gefragt, ob der Engel von der Zimmertür an auf dem Boden ging, antwortet sie: als er vor den König trai, erwies er dem König Ehrerbietung, indem er sich vor ihm verneigte und die Worte wegen des Zeichens sprach, die sie schon gesagt hat; und er erinnerte ihn an die große Geduld, die er geübt hat während der Prüfungen, die über ihn hereingebrochen waren; und von der Tür an wandelte er auf dem Boden, auf den König zugehend.
  • Gefragt, wie groß der Abstand zwischen der Tür und dem König war, antwortet sie: »Es war bestimmt die Länge einer Lanze; und er ging auf dem gleichen Weg zurück, auf dem er gekommen war.« Ferner sagt sie, daß sie den Engel begleitete, als er kam, und mit ihm über die Stufen zum Gemach des Königs ging, und der Engel trat als erster ein. Und sie sagte zum König: »Sire, hier ist Euer Zeichen, nehmt es entgegen.«
  • Gefragt, wo er ihr erschien, antwortet sie: »Ich war fast immer im Gebet, daß Gott dem König das Zeichen sende. Ich war in meiner Herberge bei einer guten Frau, nahe dem Schloß von Chinon, als er kam. Dann gingen wir zusammen zum König; und er war von anderen Engeln begleitet, die nicht jeder sah.« Außerdem sagt sie: wäre es nicht aus Liebe zu ihr geschehen und um sie den Quälereien der Leute zu entreißen, die sie bedrängten, so hätten wohl mehrere Leute, die den Engel sahen, ihn nicht gesehen.
  • Gefragt, ob alle, die beim König waren, den Engel sahen, antwortet sie, daß sie glaubt, daß der Erzbischof von Reims, die Herren von Alencon und de la Trimouille und Karl von Bourbon ihn sahen. Und was die Krone angeht, so haben mehrere Kirchenmänner und andere sie gesehen, die den Engel nicht sahen.
  • Gefragt, welche Gestalt und Größe der Engel hatte, antwortet sie, daß sie keine Erlaubnis hat, es zu sagen, und daß sie morgen darauf antworten wird.
  • Gefragt, ob jene, die den Engel begleiteten, alle die gleiche Gestalt hätten, antwortet sie, daß einige gewiß einander glichen und die anderen nicht, je nachdem, wie sie sie sah; manche hatten Flügel und manche hatten Kronen, andere nicht; und in ihrer Begleitung waren die heilige Katharina und die heilige Margareta; sie gingen mit dem genannten Engel und den anderen Engeln bis ins Gemach des Königs.
  • Gefragt, wie dieser Engel von ihr schied, antwortet sie, daß er in jener kleinen Kapelle von ihr schied; sie war über seinen Weggang sehr aufgewühlt und weinte; sie wäre gern mit ihm gegangen, das heißt ihre Seele.
  • Gefragt, ob sie bei seinem Weggang freudig war oder in Schrecken und in großer Angst, antwortet sie: »Er ließ mich nicht in Angst und Schrecken zurück«, aber sie war aufgewühlt über seinen Weggang.
  • Gefragt, ob Gott ihr um ihretwillen seinen Engel sandte, antwortet sie, daß er um einer großen Sache, willen kam, nämlich in der Hoffnung, daß der König dem Zeichen glaube und daß man aufhöre, sie zu quälen, und um den guten Leuten von Orléans Hilfe zu bringen, und auch um des Königs willen und des guten Herzogs von Orléans.
  • Gefragt, warum gerade ihr es geschah und nicht einer anderen, antwortet sie: »Es hat Gott gefallen, es durch eine einfache Jungfrau geschehen zu lassen, um die Widersacher des Königs zurückzuschlagen.«
  • Gefragt, ob ihr gesagt worden ist, woher der Engel die Krone hatte, antwortet sie, daß sie durch Gott gebracht worden ist, und daß kein Goldschmied der Welt sie so schön und so reich hätte machen können. Und woher er sie hatte, das überläßt sie Gott, und sonst weiß sie nicht, woher sie genommen wurde.
  • Gefragt, ob diese Krone duftete und einen guten Geruch hatte und ob sie funkelte, antwortet sie, daß sie sich daran nicht erinnert. Sie wird darüber nachdenken. Danach sagt sie: »Sie riecht gut und wird riechen, aber man muß sie wohl verwahren, wie es sich gebührt.«
  • Gefragt, ob der Engel einen Brief brachte, antwortet sie: nein.
  • Gefragt, auf welches Zeichen hin der König, die Leute, die bei ihm waren, und sie selber glaubten, daß es ein Engel war, antwortet sie, daß der König es durch die Auskunft der Kirchenmänner glaubte, die da waren, und durch das Zeichen der Krone.
  • Gefragt, woher die Kirchenmänner wußten, daß es ein Engel war, antwortet sie: »Durch ihre Gelehrsamkeit, und weil sie Geistliche waren.«
  • Gefragt, ob die Stimmen ihr offenbart haben, sie solle vor Paris ziehen, antwortet sie: nein, es geschah auf Verlangen der Edelleute, die ein Scharmützel oder eine Waffentat unternehmen wollten; sie selbst hatte die Absicht, weiter vorzurücken und über die Gräben zu gehen.
  • Gefragt, ob sie die Offenbarung hatte, vor La Charit~ zu ziehen, antwortet sie: nein; sondern auf Verlangen der Soldaten, wie sie schon gesagt hat.
  • Gefragt, ob sie für Pont-l'Evèque (Johanna und ihre Gefährten, die von Compiègne kamen, um Choisy zu Hilfe zu kommen, das von den Burgundern belagert wurde, stießen am 15. Mai 1430 auf die Engländer, die Pont l'Evèque hielten, und mußten umkehren) eine Offenbarung hatte, antwortet sie, daß, nachdem sie in Melun die Offenbarung hatte, daß sie gefangen würde, sie sich in Kriegsdingen meist nach dem Willen der Hauptleute gerichtet hat, aber ihnen nicht sagte, daß ihr offenbart worden war, daß sie gefangen würde.
  • Gefragt, ob es recht getan war, an einem Feiertag, dem Geburtsfest Unserer Lieben Frau, Paris anzugreifen, antwortete sie: »Man soll die Feiertage Unserer Lieben Frau halten.« In ihrem Gewissen hält sie es für recht, die Feiertage von Anfang bis Ende zu halten.
  • Gefragt, ob sie vor Paris nicht gesagt hat: »Übergebt die Stadt um Jesu willen«, antwortete sie: »Nein. Ich habe gesagt: Übergebt sie dem König von Frankreich.« Am Mittwoch XIV. März, (In Abwesenheit des Bischofs ist der Vizeinquisitor mit einer kleinen Gruppe von Beisitzern allein in Johannas Gefängnis) zuerst gefragt, warum sie in Beaurevoir vom Turm gesprungen ist, antwortet sie, daß sie hatte sagen hören, daß die von Compiègne alle bis zum Alter von sieben Jahren mit Feuer und Schwert ausgerottet werden sollten und daß sie lieber sterben wollte, als nach einem solchen Gemetzel weiterzuleben; das war der eine Grund. Der andere, daß sie wußte, daß sie an die Engländer verkauft war und lieber sterben wollte, als in den Händen der Engländer zu sein.
  • Gefragt, ob sie diesen Sprung auf den Rat ihrer Stimme getan hat, antwortet sie: die heilige Katharina sagte ihr fast jeden Tag, sie solle nicht springen, und Gott würde ihr und denen von Compiègne helfen. Und besagte Jeanne sagte zu der heiligen Katharina. wenn Gott denen von Compiègne helfen würde, wolle sie dort sein. Die heilige Katharina sagte zu ihr: »Es hilft nichts, Ihr müßt alles willig aufnehmen, und Ihr werdet nicht befreit, solange Ihr den König der Engländer nicht gesehen habt.« Und besagte Jeanne antwortete: »Wahrhaftig, den will ich nicht sehen; lieber will ich sterben, als den Engländern ausgeliefert werden.«
  • Gefragt, ob sie der heiligen Katharina und der heiligen Margareta gesagt hat: »Wird Gott die guten Leute von Compiègne so elendiglich umkommen lassen usw.«, antwortet sie, daß sie nicht gesagt hat: »So elendiglich«, sondern so: »Wie kann Gott die guten Leute von Compiègne umkommen lassen, die doch ihrem Herrn so treu ergeben waren und noch sind.« Ferner sagt sie, daß sie nach ihrem Sturz zwei oder drei Tage nicht essen wollte, und auch weil sie durch den Sturz so zerschlagen war, daß sie gar nicht trinken und essen konnte. Aber sie wurde getröstet durch die heilige Katharina, die ihr sagte, sie solle beichten und Gott dafür um Vergebung bitten, daß sie gesprungen war; und die von Compiègne würden ganz bestimmt noch vor dem Martinstag im Winter Hilfe bekommen. Und da erholte sie sich und fing an zu essen und ward bald gesund.
  • Gefragt, ob sie sich töten wollte, als sie hinuntersprang, antwortete sie-. nein. Sondern als sie sprang, befahl sie sich Gott und glaubte, durch den Sprung zu entkommen, damit sie nicht an die Engländer ausgeliefert werde.
  • Gefragt, ob sie, als sie die Sprache wiederfand, Gott und seine Heiligen verleugnet und gelästert hat, wie es in der Ermittlung zu lesen steht, antwortete sie, daß sie sich daran nicht erinnert. Niemals hat sie Gott oder seine Heiligen verleugnet oder gelästert, weder dort noch anderswo. Und sie hat es nicht gebeichtet, denn sie erinnert sich nicht, so etwas gesagt oder getan zu haben.
  • Gefragt, ob ihre Stimmen von ihr verlangen, die Antwort aufzuschieben, antwortet sie, daß die heilige Katharina ihr manchmal nicht antwortet, und manchmal kann sie sie nicht verstehen wegen des Lärms der Leute und ihrer Wachen. Und wenn sie die heilige Katharina um etwas fragt, so fragen sie und die heilige Margareta bei Unserm Herrn nach, und auf seinen Befehl geben sie ihr dann Antwort.
  • Gefragt, ob Licht da ist, wenn sie kommen, und ob sie kein Licht gesehen hat, als sie im Schloß die Stimme hörte und nicht wußte, ob sie im Zimmer war, antwortete sie, daß es keinen Tag gibt, an dem sie nicht in dieses Schloß kommen; und sie kommen nie ohne Licht, und damals hörte sie die Stimme, erinnert sich aber nicht, ob sie ein Licht sah, auch nicht, ob sie die heilige Katharina sah. Ferner, daß sie drei Dinge von ihren Stimmen erbeten hat: erstens ihre Befreiung; sodann, daß Gott den Franzosen helfe und die Städte in ihrem Gehorsam erhalte; und schließlich das Heil ihrer Seele. Ferner verlangte sie, wenn sie denn nach Paris gebracht werden muß, eine Abschrift der Fragen und ihrer Antworten zu bekommen, damit sie sie denen in Paris übergibt und ihnen sagen kann: »So bin ich in Rouen befragt worden, und das sind meine Antworten.« Und damit sie nicht mehr mit soviel Fragen geplagt wird.
  • Gefragt, was sie damit meine, als sie gesagt hat, Mgr. de Beauvais begebe sich in Gefahr, wenn er ihr den Prozeß mache, in welcher Gefahr Mgr. de Beauvais und die anderen denn schwebten, antwortet sie, weil es so war und immer noch ist, was sie Mgr. de Beauvais gesagt hat: »Ihr nennt Euch meinen Richter. Ich weiß nicht, ob Ihr es seid. Aber hütet Euch, daß Ihr nicht übel richtet. Ihr würdet Euch in große Gefahr begeben. Ich mache Euch darauf aufmerksam, damit, wenn Unser Herr Euch dafür straft, ich meine Pflicht getan und es Euch gesagt habe«
  • Gefragt, was das für eine Gefahr ist, antwortete sie, daß die Heilie Katharina ihr gesagt hat, sie würde Hilfe bekommen, und sie weiß nicht, ob das heißt, daß sie aus dem Gefängnis befreit wird, oder ob bei ihrer Hinrichtung irgendein Aufruhr entsteht, wodurch sie befreit werden könnte. Und sie denkt, daß es das eine oder das andere sein wird. Meistens sagen ihr ihre Stimmen, daß sie durch einen großen Sieg befreit würde. Und danach sagen ihr ihre Stimmen: »Nimm alles willig auf dich. Hab keine Angst vor deinem Martyrium. Du wirst am Ende ins Reich des Paradieses kommen.« Und das sagten ihr ihre Stimmen einfach und bedingungslos, das heißt ohne sich zu irren. Und sie nennt es Martyrium wegen der Qual und Widrigkeit, die sie im Gefängnis erleidet, und sie weiß nicht, ob sie ein noch größeres erleiden wird, aber sie verläßt sich auf Unsern Herrn.
  • Gefragt, ob sie, seit ihre Stimmen ihr gesagt haben, sie werde am Ende ins Reich des Paradieses eingehen, sicher glaubt, daß sie gerettet und nicht zur Hölle verdammt wird, antwortet sie, daß sie fest glaubt, was ihre Stimmen ihr gesagt haben, nämlich daf3 sie gerettet wird, so fest, als ob de schon dort wäre. Und als man ihr sagte, daß diese Antwort von großem Gewicht ist, antwortet sie, daß sie es für einen großen Schatz hält.
  • Gefragt, ob sie nach dieser Offenbarung glaubt, daß sie keine Todsünde begehen kann, antwortet sie: »Ich weiß es nicht, aber ich verlasse mich ganz auf Unsern Herrn.«

Am selben Mittwoch, nachmittags.

  • (...) Gefragt, ob es nötig ist zu beichten, da sie der Offenbarung ihrer Stimmen glaubt, daß sie gerettet wird, antwortet sie, daß sie sich keiner Todsünde bewußt ist, aber sie meint, wenn sie im Stand der Todsünde wäre, dann würden die heilige Katharina und die heilige Margareta sie sogleich verlassen. Und sie glaubt, auf die Frage antwortend: »Man kann sein Gewissen nie genug reinwaschen.«
  • Gefragt, ob sie, seit sie in diesem Gefängnis ist, Gott nie verleugnet oder gelästert hat, antwortet sie: nein, und wenn sie gelegentlich sagte »Bei Gott« oder »Beim heiligen Johann« c>der »Bei Unserer Lieben Frau«, dann haben jene, die es hinterbrachten, es falsch aufgefaßt.
  • Gefragt, ob es keine Todsünde ist, einen Mann als Geisel zu nehmen und ihn dann in der Gefangenschaft umzubringen, antwortet sie, daß sie so etwas nicht getan hat. Und als man sie nach einem gewissen Franquet d'Arras fragte, den man in Lagny umgebracht hat, antwortete sie, daß sie einverstanden war, daß man ihn umbrächte, wenn er es verdient hätte, weil er gestanden hat, Mörder, Räuber und Verräter zu sein. Und sie sagt, daß sein Prozeß vierzehn Tage dauerte; der Richter war der Amtmann von Senlis und das Gericht von Lagny. Ünd daß sie Franquet gegen einen Mann von Paris haben wollte, den Herrn Zum Bären. (Franquet d'Arras war Räuberhauptmann, und Johanna hätte ihn gern gegen den Besitzer des Wirtshauses Zum Bären ausgetauscht, der im April 1430 an einem Komplott der Armangnaces teilgenommen hatte). Und als sie erfuhr, daß der Herr gestorben war, und der Amtmann ihr sagte, daß sie der Gerechtigkeit großen Schaden zufügen würde, wenn sie diesen Franquet freiließe, sagte sie dem Amtmann: »Da mein Mann, den ich haben wollte, tot ist, so tut mit diesem, was die Gerechtigkeit von Euch verlangt.«
  • Gefragt, ob sie jenem, der besagten Franquet gefangen hatte, Geld gegeben hat oder ihm hat geben lassen, antwortet sie, daß sie nicht Münzer oder Schatzmeister von Frankreich ist und kein Geld zu vergeben hat. Und als man ihr vorhielt, daß sie Paris an einem Feiertag angegriffen hat, daß sie das Pferd von Mgr. de Senlis weggenommen hat, daß sie sich in Beaurevoir vom Turm hat fallen lassen, daß sie Männerkleider trägt, daß sie mit dem Tod von Franquet darras einverstanden war, ob sie nicht meint, damit eine Todsünde begangen zu haben, antwortet sie (...): Zum ersten, dem Angriff auf Paris: »Ich glaube nicht, im Stand der Todsünde zu sein. Und wenn ich eine begangen habe, so ist es an Gott und bei der Beichte am Priester, darüber zu befinden.« Zum zweiten, dem Pferd von Mgr. de Senlis, antwortet sie, daß sie fest glaubt, keine Todsünde gegenüber Unserrn Herrn begangen zu haben, denn das Pferd wurde auf zwei Goldsalute geschätzt, auf die er eine Anweisung bekommen hat, im übrigen wurde es dem Herrn de la Trimouille zurückgeschickt, damit er es Mgr. de Senlis wiedergebe; sie konnte das Pferd zum Reiten nicht gebrauchen. Und sie sagte auch, daß sie es dem Bischof nicht weggenornmen hat, und daß sie es andererseits nicht behalten wollte, weil sie hörte, der Bischof sei sehr ungehalten, daß man sein Pferd genommen habe, und auch weil das Pferd ftirs Kriegsvolk nicht taugte. Ob dem Bischof die Anweisung ausgezahlt wurde, weiß sie nicht; auch nicht, ob er sein Pferd zurückbekommen hat. Sie glaubt nicht. Zum dritten, dem Sprung vom Turm in Beaurevoir, antwortet sie: »Ich tat ihn nicht aus Verzweiflung, sondern in der Hoffnung, meinen Leib zu retten und vielen guten Leuten, die in Not waren, zu helfen.« Nach dem Sprung hat sie gebeichtet und Unsern Herrn um Verzeihung gebeten. Und Unser Herr hat ihr vergeben. Sie glaubt, daß es nicht recht war, diesen Sprung zu tun, sonderri daß es schlecht getan war. Ferner weiß sie durch die Offenbarung der heiligen Katharina, daß ihr nach der Beichte verziehen worden ist. Und daß sie auf den Rat der heiligen Katharina gebeichtet hat.
  • Gefragt, ob sie eine große Buße bekommen hat, antwortet sie, daß sie ein gutes Stück abgebüßt hat, denn sie hat sich beim Fallen böse wehgetan.
  • Gefragt, ob sie glaubt, daß das Böse des Springens eine Todsünde war, antwortet sie: »Ich weiß es nicht, aber ich verlasse mich auf Unsern Herrn.« Zum vierten, den Männerkleidern, antwortet sie: »Da ich sie auf Befehl des Herrn und in seinem Dienst trage, glaube ich nicht, etwas Schlechtes zu tun, und wenn es ihm gef'ällt, es zu befehlen, so werde ich diese Kleider sogleich ablegen.«

Am Donnerstagvormittag, XV März, nach eindringlichen Ermahnungen, daß sie sich der Entscheidung der Kirche unterwerfen muß, wenn sie etwas gegen unseren Glauben getan hat, antwortet sie, daß die Geistlichen ihre Antwort prüfen sollen und man ihr dann sagen möge, ob sich etwas darin findet, was gegen den christlichen Glauben ist; sie wird durch ihre Ratgeber wohl wissen, wie es sich damit verhält, und es dann sagen. Und wenn sich darin etwas Schlechtes gegen den christlichen Glauben findet, den Unser Herr befohlen hat, dann möchte sie es nicht aufrechterhalten und wäre bestürzt, dawider zu handeln.
Ferner wurde ihr erklärt, daß es eine triumphierende Kirche und eine streitbare Kirche gibt, und wie es sich mit beiden verhält. Ferner aufgefordert, sich in dem, was sie getan hat, sei es nun gut oder böse, der Entscheidung der Kirche zu unterwerfen, antwortet sie: »Im Augenblick werde ich Euch nichts weiter darauf sagen.«

Am Donnerstag, XV März des Jahres vierzehnhundertdreißig, wurde besagte Jeanne bei den Eiden, die sie geschworen hat, als erstes gefragt, wie sie glaubte, aus dem Schloß von Beaulicu (ihrem ersten Gefängnis) zwischen zwei Holzstücken entkommen zu können, antwortet sie, daß sie nirgendwo gefangen war, ohne daß sie gern entkommen wäre. Als sie in jenem Schloß war, hätte sie ihre Wächter im Turm eingesperrt, wenn nicht der Türhüter sie entdeckt hätte. Und ihr scheint, daß es Gott nicht gefallen hat, daß sie diesmal entkäme, und daß sie erst noch den König der Engländer sehen muß, wie ihre Stimmen es ihr gesagt hatten und wie es oben geschrieben steht.
Gefragt, ob sie von Gott oder ihren Stimmen die Erlaubnis hat, aus dem Gefängnis auszubrechen, wann immer es ihr gefällt, antwortet sie: »Ich habe ihn oft darum gebeten, aber ich habe sie noch nicht bekommen.«
Gefragt, ob sie jetzt ausbrechen würde, wenn sie einen Ausgang sähe, antwortet sie: wenn sie die Tür offen sähe, würde sie fortgehen. Und das wäre für sie die Erlaubnis Unseres Herrn. Und sie glaubt fest, wenn sie die Ufer sähe und weder ihre Wachen noch die anderen Engländer etwas dagegen tun könnten, so würde sie darin die Erlaubnis sehen, und daß Unser Herr ihr Hilfe schicken würde. Aber ohne Erlaubnis würde sie nicht fortgehen, höchstens es versuchen, um zu erfahren, ob es Unserm Herrn recht wäre. Nach dem Sprichwort: »Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.« Das sagt sie, damit, wenn sie fortgehen würde, man nicht sagt, sie sei ohne Erlaubnis gegangen.

Im Gefängnis von Beaulieu und dem von Beaurevoir hat Johanna mehrere Fluchtversuche unternommen, trotz der Stimmen. Von nun an ist sie ihnen treu. Sie nimmt das Martyrium auf sich, das heißt für sie, die Qualen der Gefangenschaft. Aber sie hofft noch immer auf Befreiung. Sie wird schwach werden, sobald sie sich verlassen glaubt.

  • Gefragt, da sie die Messe zu hören verlangt, ob es ihr nicht ehrbarer erscheint, wenn sie in Frauenkleidern wäre, und deshalb gefragt, was sie lieber will, Frauenkleider anlegen und die Messe hören, oder in Männerkleidern bleiben und nicht die Messe hören, antwortet sie: »Versichert mir, daß ich die Messe hören darf, wenn ich in Frauenkleidern bin, und ich werde Euch darauf antworten.« Worauf ihr vom Verhörenden gesagt wurde: »Ich versichere Euch, daß Ihr die Messe haben mrdel aber Ihr müßt in Frauenkleidern sein«, und sie antwortet: »Und was sagt Ihr, wenn ich unserm König geschworen und versprochen habe, diese Kleider nicht abzulegen? Aber ich antworte Euch: Laßt mir ein langes Kleid machen, bis auf den Boden, ohne Schhppi und gebt es mir, damit ich zur Messe gehen kann; wenn ich dann zurück bin, werde ich wieder die Kleider anziehen, die ich habe.«
  • Gefragt, ob sie ein für allemal Frauenkleider anlegen will, um die Messe hören zu dürfen, antwortet sie: »Ich werde darüber Rat holen und Euch dann antworten.« Und sie bittet noch einmal, um der Ehre Gottes und Unserer Lieben Frau willen, in dieser guten Stadt die Messe hören zu dürfen. Und ihr wurde gesagt, sie müsse einfach und bedingungslos Frauenkleider anlegen. Und sie antwortet: »Gebt mir ein Kleid, wie es die Bürgermädchen haben, nämlich mit einem langen, weiten Überrock, und ich werde es anziehen, und sogar die Frauenhaube, um zur Messe zu gehen.« Aber sie bittet inständig, daß man ihr die Kleider läßt, die sie trägt, und sie die Messe hören läßt, ohne sie wechseln zu müssen.
  • Gefragt, ob sie in dem, was sie gesagt und getan hat, sich der Entscheidung der Kirche unterwerfen will, antwortet sie: »Alle meine Werke und Taten sind in Gottes Hand, und auf ihn verlasse ich mich. Seid versichert, daß ich nichts tun oder sagen möchte gegen den christlichen Glauben; und wenn ich etwas getan oder gesagt habe, was mich belastet und wovon die Geistlichen sagen könnten, es sei gegen den christlichen Glauben, den Unser Herr festgelegt hat, so möchte ich nicht darauf bestehen, sondern es von mir weisen.«
  • Gefragt, ob sie sich darin der Anordnung der Kirche unterwerfen will, antwortet sie: »Ich werde Euch darauf nichts weiter antworten, aber schickt mir am Samstag den Geistlichen, wenn Ihr nicht selbst kommen wollt, und ich werde ihm mit Gottes Hilfe darauf antworten, und man wird es schriftlich niederlegen.«
  • Gefragt, ob sie, wenn ihre Stimmen komrnen, ihnen bedingungslos Ehrerbietung erweist, wie einem Heiligen oder einer Heiligen, antwortet sie: ja. Und wenn sie es einmal nicht getan hat, bat sie nachher daf'ür um Vergebung. Und sie kann ihnen gar nicht so große Ehrerbietung erweisen, wie es ihnen zukommt, denn sie glaubt fest, daß es die heilige Katharina und die heilige Margareta sind. Und das gleiche tut sie bei dem heiligen Michael.
  • Gefragt, da man den Heiligen des Paradieses gern Kerzen als Opfergabe darbringt, ob sie den Heiligen, die zu ihr kommen, nie brennende Kerzen oder anderes dargebracht hat, in der Kirche oder anderswo, oder Messen hat lesen lassen, antwortet sie: nein, außer beim Opfern in der Messe, in die Hand des Priesters, und zu Ehren der heiligen Katharina, und sie glaubt, daß sie eine von denen ist, die ihr erschienen sind. Sie hat nicht so viele Kerzen angezündet für die heilige Katharina und die heilige Margareta, die im Paradies sind, wie sie es gern getan hätte, weil sie fest glaubt, daß sie es sind, die zu ihr kommen.
  • Gefragt, ob, wenn sie ihre Kerzen vor das Bild der heiligen Katharina stellt, sie es dann zu Ehren jener Frau tut, die ihr erschienen ist, antwortet sie: »Ich tue es zu Ehren Gottes, Unserer Lieben Frau und der heiligen Katharina, die im Himmel ist. Ich mache keinen Unterschied zwischen der heiligen Katharina, die im Himmel ist, und jener, die sich mir zeigt.«
  • Gefragt, ob sie immer tut und ausführt, was ihre Stimmen ihr befehlen, antwortet sie, daß sie, so gut sie kann, den Befehl Unseres Herrn ausführt, der durch ihre Stimmen an sie ergeht, so gut sie es versteht; und sie befehlen ihr nichts, ohne daß es Unserm Herrn wohlgefällt.
  • Gefragt, ob sie auch in der Sache des Kriegs nichts ohne die Erlaubnis ihrer Stimmen getan hat, antwortet sie. »Darauf habt Ihr die Antwort schon. Lest in Eurem Buch nach, und Ihr werdet es finden.« Aber sie sagt, daß auf Verlangen der Kriegsleute ein Waffengang vor Paris unternommen wurde. Auch zog sie vor La Charit~, auf Verlangen ihres Königs. Es geschah weder gegen noch auf den Befehl ihrer Stimmen.
  • Gefragt, ob sie nie etwas gegen ihren Befehl und Willen unternommen hat, antwortet sie, daß sie ihn immer nach bestem Wissen und Können ausgef'ührt hat. Und was den Sprung vom Turm in Beaurevoir angeht, so hat sie ihn gegen ihren Befehl getan, sie konnte sich nicht halten. Und als sie ihre Bedrängnis sahen und daf3 sie sich nicht zu halten wußte, beschützten sie ihr Leben und bewahrten sie davor, daß sie zu Tode kam. Außerdem sagt sie, daß sie ihr immer geholfen haben in allem, was sie bei ihren großen Unternehmungen tat, und das ist ein Zeichen, daß es gute Geister sind.
  • Gefragt, ob sie andere Zeichen hat, daß es gute Geister sind, antwortete sie: »Der heilige Michael versicherte es mir, noch bevor die Stimmen zu mir kamen.«
  • Gefragt, woher sie wußte, daß es der heilige Michael war, antwortet sie: »Durch die Redeweise und die Sprache der Engel.« Und sie glaubt fest, daß es Engel waren.
  • Gefragt, woher sie wußte, daß es die Sprache der Engel war, antwortet sie, daß sie es recht bald glaubte, und den Willen hatte, es zu glauben. Und daß der heilige Michael, als er zu ihr kam, sagte, daß die heilige Katharina und die heilige Margareta zu ihr kommen würden und daß sie ihrem Rat folgen sollte; und daß sie beauftragt seien, sie zu führen und zu beraten in dem, was sie zu tun haben würde, und daß sie ihnen glauben sollte und daß es auf den Befehl Unseres Herrn geschehe.
  • Gefragt, wie sie, wenn der Böse Gestalt oder Aussehen eines Engels annehmen würde, erkennen könnte, ob es ein guter oder ein böser Engel ist, antwortet sie, daß sie wohl erkennen könnte, ob es der heilige Michael wäre oder ein Nachahmer. Ferner, daß sie das erste Mal sehr zweifelte, ob es der heilige Michael war. Und das erste Mal hatte sie große Angst, und sie sah ihn viele Male, bevor sie wußte, daß es der heilige Michael war.
  • Gefragt, warum sie dieses Mal eher glaubte, daß es der heilige Michael war, als das erste Mal, antwortet sie, daß sie das erste Mal noch ein Kind war und Angst hatte. Seither hat er sie so vieles gelehrt und so vieles gezeigt, daß sie fest glaubt, daß er es war.
  • Gefragt, was er sie lehrte, antwortet sie, daß er ihr vor allem sagte, sie solle ein braves Kind sein, und Gott würde ihr helfen. Unter anderem auch, sie solle dem König von Frankreich zu Hilfe kommen. Und das meiste von dem, was der Engel sie lehrte, ist in jenem Buch; und der Engel erzählte ihr von dem Elend, das irn Königreich Frankreich war.
  • Gefragt wie groß der Engel war und welche Gestalt er hatte, sagte sie, daß sie Samstag darauf antworten wird, auch auf das andere, worauf sie noch antworten muß, das heißt, wenn es Gott gefällt.
  • Gefragt, ob sie nicht meint, daß es eine große Sünde war, die heilige Katharina und die heilige Margareta, die ihr erschienen, zu erzürnen und gegen ihren Befehl zu handeln, sagt sie: ja, aber sie kann es wiedergutmachen; daß sie sie wohl am meisten erzürnt hat, als sie in Beaurevoir den Sprung tat; sie hat sie dafür um Verzeihung angefleht, auch für die anderen Beleidigungen, die sie ihnen zugefügt haben mag.
  • Gefragt, ob die heilige Katharina und die heilige Margareta körperliche Rache für die Beleidung nehmen würden, antwortet sie, daß sie es nicht weiß und sie nicht danach gefragt hat.
  • Gefragt, da sie einmal gesagt hat, daß man gehängt wird, wenn man die Wahrheit sagt, ob sie sich denn eines Verbrechens oder Vergehens bewußt ist, das sie das Leben kosten könnte oder müßte, wenn sie es bekennen würde, antwortete sie: nein.

Am Samstag, XVII. März, wurde besagte Jeanne aufgefordert zu schwören, die Wahrheit zu sagen. Gefragt, in welcher Art und Gestalt, Größe und Kleidung der heilige Michael kam, antwortete sie: »Er hatte die Gestalt eines wahren Ehrenmannes.« Über seine Kleidung und das übrige wird sie nichts weiter sagen. Was die Engel angeht, so hat sie sie mit eigenen Augen gesehen, und man wird nichts weiter von ihr erfahren. Ferner sagt da Aß sie an die "e und Taten des heiligen Michael, der ihr erschienen ist, so fest glaubt, wie sie glaubt, daß Unser Herr Jesus Christus Tod und Leiden für uns erduldet hat. Und was sie bewog, es zu glauben, war der gute Rat, der Trost und die gute Belehrung, die er ihr anvertraut und gegeben hat.
Gefragt, ob sie sich in all ihren Worten und Taten, seien sie gut oder schlecht, der Entscheidung unserer heiligen Mutter, der Kirche, unterwerfen will, antwortet sie, daß sie die Kirche liebt und sie mit aller Kraft für unseren christlichen Glauben stützen möchte; sie kann man gewiß nicht davon abbringen oder daran hindern, in die Kirche zu gehen oder die Messe zu hören. Was ihre guten Werke angeht und ihr Auftreten, so muß sie sich auf den König des Himmels verlassen, der sie zu Karl geschickt hat, dem Sohn Karls, des Königs von Frankreich, der selber König von Frankreich sein wird. »Und Ihr werdet sehen, daß die Franzosen bald ein großes Werk gewinnen werden, das Gott ihnen schicken wird, so sehr, daß fast das ganze Königreich Frankreich davon erschüttert sein wird.« Und das sagt sie, damit, wenn es eingetreten ist, man sich erinnert, daß sie es gesagt hat. Aufgefordert, den Zeitpunkt zu nennen, sagt sie: »Ich verlasse mich auf Unsern Herrn.«
Gefragt, ob sie sich der Entscheidung der Kirche unterwirft, antwortet sie: »Ich unterwerfe mich Unserm Herrn, der mich geschickt hat, Unserer Lieben Frau und allen gebenedeiten Heiligen des Paradieses.« Und sie meint, daß Unser Herr und die Kirche ein und dasselbe ist, und man soll keine Schwierigkeit machen, wo es doch ein und dasselbe ist. Nun wurde ihr gesagt, daß es die triumphierende Kirche gibt, in der Gott, die Heiligen und die geretteten Seelen sind. Und die streitbare Kirche ist unser heiliger Vater, der Papst,' Stellvertreter Gottes auf Erden, die Kardinäle, die Prälaten der Kirche und der Klerus und alle guten Christen und Katholiken; diese Kirche, rechtmäßig versammelt, kann nicht irren und wird vom Heiligen Geist geleitet. Daher gefragt, ob sie sich der streitbaren Kirche unterwerfen will, antwortet sie, daß sie zum König von Frankreich gekommen ist durch Gott, die Jungfrau Maria und alle gebenedeiten Heiligen des Paradieses und die siegende Kirche da oben, und auf ihren Befehl. Dieser Kirche unterwirft sie alle ihre guten Taten, alles, was sie getan hat oder tun wird. Und gefragt, ob sie sich der streitbaren Kirche unterwerfen will, sagt sie, daß sie jetzt nichts weiter antworten wird.

Seit dem 22. Februar verkündet Johanna unablässig: in allem, was man ihr vorwirft, verläßt sie sich allein auf Gott. Am ij. März wird ihr zum erstenmal befohlen, sich der Entscheidung der Kirche zu unterwerfen. Was ist die Kirche? Die Kirche ihres Dorfs, in die sie gerne ging, wie man wohl weiß? Die Priester, die man dort singen hört? Die Richter, die sie seitfünfundzwanzig Tagen quälen, die wollen, daß sie eidbrüchig wird, nicht auf Gott hört? FürJohanna ist die Kirche Jesus, was ihr ganz einfach zu sein scheint. Da erklären ihr nun die Theologen - seit dem Schisma von den Problemen verfolgt, die die Strukturen der bischöflichen Institution aufwerfen - in aller Geduld, daß es in Wahrheit zwei Kirchen gibt, die des Himmels und die der Erde, welche vom Heiligen Geist geleitet wird (von dem Johanna nie spricht), und daß sie dieser gehorchen muß. Bruder Isembard de la Pierre sollte sogar sein Leben aufs Spiel setzen - wie er später versicherte - jedenfalls wurde er von Cauchon barsch angefahren, >in Teufels Namen<, weil er ihr auch etwas über das Allgemeine Konzil gesagt und gezeigt hat, daß sie sich an den Papst wenden könne. Sie versteht gut. Sie hat nichts gegen die Priester. Sie ist >praktizierende< Katholikin. Keiner leidet in dieser Fastenzeit mehr als sie, daß sie nicht >die Messen hören<, nicht beichten, nicht kommunizieren kann. Aber den Priestern vertraut sie sich nicht an. Sie hat ihrem Pfarrer nichts gesagt, wohl aus Angst, er werde sie bei ihrem Vater denunzieren. Für sie sind die Priester nichts anderes als die Verwalter des Heiligen. Besonnen achtet sie andererseits darauf, daß der Inquisitionsprozeß, der ihr gemacht wird, wirklich nur den Glauben berührt - und nicht die Werke, über die, wenn der Glaube gerettet ist, allein Gott richtet. Sie hat es immer wieder gesagt: sie will nur über ihren Glauben sprechen und schwören. Zweifellos mißtraut sie den Fragen, die sich um die Todsünde drehen. Sie hat gespürt, dqß es gefährlich ist zu behaupten, sie sei sicher, gerettet Zu werden. Sie verläßt sich auf Unsern Herrn. Aber sie ist bereit, vor der streitbaren Kirche alle Fragen zu beantworten, die den Glauben berühren. Denn ihres Glaubens ist sie sicher, bedingungslos. Steht sie nicht in unmittelbarer Verbindung mit der »siegenden« Kirche (sie sagt nicht der »triumphierenden«, das Wort gehört nicht Zu ihrem Wortschatz; sie hat es sich nicht gemerkt), mit Unserm Herrn, derjungfrau, den Heiligen, von denen einige sich besuchen, mit ihr reden, ihr versprochen haben, sie zu befreien, sie ins Paradies zu führen. Was sollte siefürchten? Sie gibt nicht nach. Hartnäckig verweigert sie der streitbaren Kirche, der Hüterin des Glaubens, jedes Recht auf Einsicht in ihre >Werke(, sie untersagt sich alles, was )unmöglich zu tun ist(, das heißt dem Befehl der Kirche zu gehorchen, wenn er Gottes Befehlen zuwiderläuft: diese sind ihr unmittelbar offenbart worden. >Offenbarung< ist tatsächlich das Schlüsselwort. Johanna lebt in enger und unmittelbarer Vereinigung mit Gott, was ihre totale Freiheit gegenüber den Forderungen des Klerus begründet. Diese Freiheit können ihre Richter nicht dulden. Was ist die streitbare Kirche, wenn nicht in erster Linie sie selber, diese Gelehrten? Die Macht des Klerus reformierend, träumen sie noch davon, die Unterordnung des Papstes unter das Konzil durchzusetzen, das die Theologen und Kanoniker von Paris inspirieren würden. Wenn sie lange studiert haben, so deshalb, um das gläubige Volk besser leiten, für es das Wahre vom Falschen, das Gute vom Bösen unterscheiden zu können. Diese Art der Belehrung und Entscheidung ist allein die Aufgabe dieser Doktoren (nicht der einfachen Pfarrer wie dem von Domrémy, derJohanna wenig beibrachte, nicht einmal ihre Gebete). Sie allein rechtfertigt die Vollmachten, die sie innehaben, und die Privilegien, die sie genießen. Sie können auf diese Aufgabe nicht verzichten. Sie können nicht zulassen, von Stimmen ersetzt zu werden, und sei es von der des heiligen Michael, von dem Johanna ihre >Belehrung< erhalten haben will. Sie halten die von Jan Hus aufgegriffenen Thesen von Wyclik für ketzerisch, die die sichtbare Kirche, die mehr Böses als Gutes tut, der unsichtbaren, wahren Kirche entgegenstellen; ebenso halten sie die Pucelle für eine Ketzerin, die naiverweise demselben Irrtum verfallen ist. Die Beisitzer des Gerichts von Rouen waren keine Schurken. Die meisten haben nicht aus Eigennutz gehandelt, sondern in aufrichtiger Angst vor dem Anwachsen des Widerspruchs, dem Einbruch der Unruhe, so vielen selbstsicheren umherschweifenden Erleuchteten, vor der Schwärmerei der Prediger, dem >frommen Glauben< und jener Erfahrung der Gewissensfreiheit, die damals auch die Menge der Christen erlebten. Nikolaus von Kues sollte später sagen: »Der Unschuldige, welcher der Kirche gehorcht, SELBST WENN SIE IM UNRECHT IST, erhält das Heil, auch ohne das Sakrament.« Wenn die Richter von Rouen Johanna die Kommunion verweigern, haben sie also ein ruhiges Gewissen. Sie glaubenfest an Satan. Satan ist die Verneinung, die Hoffart, die Auflehnung. Gott ist die Ordnung, und sie sind die Hüter dieser Ordnung. Daher ihr zuweilen manischer Eifer, allen Spuren von Umsturz nachzujagen, indem sie ihn für Teufelswerk erklären. Der streitbaren Kirche hartnäckig den König des Himmels und seine Engel entgegenzusetzen, bedeutet demnach für Johanna, deutlicher denn je ihre Richter abzulehnen. Für diese heißt das, die Todsünde einzugestehen, deretwegen sie verurteilt werden wird, ihre einzige wirkliche Sünde, jene, die keine Macht ertragen kann: Ungehorsam. Das Verhör schließt mit einigen raschen, zusammenfassenden Fragen.

  • Gefragt, was sie zu den Frauenkleidern sagt, die man ihr anbietet, damit sie zur Messe gehen kann, antwortet sie, daß sie die Frauenkleider nicht annehmen wird, bis es Unserm Herrn gefällt. Und wenn man sie zur Hinrichtung ftihren müßte und sie dort die Kleider ausziehen müßte, so bittet sie die Herren der Kirche um die Gunst, ein Frauenhemd und eine Kopfbedeckung für ihr Haupt tragen zu dürfen; sie will lieber sterben, als zu widerrufen, was Unser Herr sie tun hieß; sie glaubt fest, daß Unser Herr sie nicht so tief fallen läßt, daß sie nicht bald Hilfe von Gott erhält, und zwar durch ein Wunder.
  • Gefragt, warum sie für die Todesstunde ein Frauenhemd verlangt, wenn sie doch auf Befehl Gottes Männerkleider trägt, antwortet sie: es genügt ihr, wenn es lang ist.
  • Gefragt, ob ihre Patin, welche die Feen gesehen hat, als vernünftige Frau gilt, antwortet sie, daß sie als rechtschaffene und kluge Frau gilt, nicht als Wahrsagerin oder Hexe.
  • Gefragt, da sie gesagt hat, sie würde Frauenkleider anlegen, aber man solle sie gehen lassen, ob das Gott gefiele, antwortet sie, daß, wenn man sie in Frauenkleidern entlassen würde, sie alsbald wieder Männerkleider anlegen und tun würde, was ihr von Unserm Herrn befohlen ist. Sie hat schon früher so geantwortet und würde um keinen Preis den Eid leisten, keine Waffen und keine Männerkleider mehr zu tragen, weil sie Unserm Herrn zu Gefallen sein will.
  • Gefragt nach dem Alter und den Kleidern der heiligen Katharina und der heiligen Margareta antwortet sie: »Darauf habt ihr die Antworten schon, die Ihr aus mir herausbringen könnt; etwas anderes werdet Ihr nicht herausbringen; ich habe Euch so genau geantwortet, wie ich kann.«
  • Gefragt, ob sie bis heute nicht in dem Glauben war, daß die Feen böse Geister seien, antwortet sie, daß sie davon nichts wußte.
  • Gefragt, ob sie nicht weiß, ob die heilige Katharina und die heilige Margareta die Engländer hassen, antwortet sie: »Sie lieben, was Unser Herr liebt, und hassen, was Gott haßt.«
  • Gefragt, ob Gott die Engländer haßt, antwortet sie, daß sie über die Uebe oder den Haß, den Gott gegenüber den Engländern hat, nichts weiß; wohl aber weiß sie, daß sie aus Frankreich vertrieben werden; außer denen, die dort sterben werden; und daß Gott den Franzosen den Sieg über die Engländer schicken wird.
  • Gefragt, ob Gott für die Engländer war, als sie in Frankreich Erfolg hatten, antwortet sie, daß sie nicht weiß, ob Gott die Engländer haßte, aber sie glaubt, daß er es zulassen wollte, daß sie geschlagen würden für ihre Sünden, wenn sie Sünder waren.
  • Gefragt, auf welche Gefahr und auf welche Hilfe von seiten Unseres Herrn sie sich verläßt, daß sie Männerkleider trägt, antwortet sie, daß sie ftir die Kleider und die anderen Dinge, die sie getan hat, keinen anderen Lohn wollte als die Rettung ihrer Seele.
  • Gefragt, welche Waffen sie in Saint-Denis dargebracht hat, antwortet sie: einen vollständigen weißen Harnisch für einen Krieger und ein Schwert, das sie vor Paris erbeutet hat.
  • Gefragt, wozu sie diese Waffen dargebracht hat, antwortet sie, daß es geschah, um ein frommes Werk zu tun, wie die Soldaten zu tun pflegen, wenn sie verwundet sind. Und weil sie vor Paris verwundet war, opferte sie Saint Denis, weil sein Name der Kampfruf Frankreichs ist.
  • Gefragt, ob sie es getan hat, damit man sie verehre, antwortet sie: nein.
  • Gefragt, wozu die fünf Kreuze auf dem Schwert dienten, das sie in Sainte-Catherine de Fierbois gefunden hat, antwortet sie, daß sie es nicht weiß.
  • Gefragt, was sie bewog, (auf ihre Fahne) Engel mit Armen, Füßen, Beinen und Kleidern malen zu lassen, antwortet sie: »Darauf habt Ihr schon die Antwort.«
  • Gefragt, ob sie sie so hat malen lassen, wie sie zu ihr kamen, antwortet sie, daß sie sie so hat malen lassen, wie sie in den Kirchen gemalt sind.
  • Gefragt, ob sie sie einmal so gesehen hat, wie sie gemalt sind, antwortet sie: »Ich werde Euch darauf nichts weiter sagen.«
  • Gefragt, warum sie darauf nicht die Heiligkeit hat malen lassen, die mit den Engeln und den Stimmen zu ihr kam, antwortet sie, daß es ihr nicht befohlen war.

Am Samstag, XVII. März vierzehnhundertdreißig, nachmittags, gefragt, ob jene beiden Engel, die auf ihrer Fahne abgebildet waren, den heiligen Michael und den heiligen Gabriel darstellten, antwortet sie, daß sie dort nur zu Ehren Unseres Herrn waren, der auf die Fahne gemalt war. Und sie sagt, daß sie diese Darstellung der Engel nur zu Ehren Unseres Herrn hat machen lassen, der darauf abgebildet war, wie er die Welt trägt.

  • Gefragt, ob die beiden Engel, die auf der Fahne abgebildet waren, die beiden Engel waren, welche die Welt beschützen, und warum nicht mehr darauf waren, wenn es ihr doch von Unserm Herrn befohlen war, diese Fahne zu nehmen, antwortet sie, daß die ganze Fahne von Unserm Herrn befohlen war, durch die Stimmen der heiligen Katharina und der heiligen Margareta, die zu ihr sagten: »Nimm die Fahne im Namen des Königs des Himmels.« Und sie hat diese Gestalt Unseres Herrn und der beiden Engel darauf abbilden lassen; und in Farbe, und sie tat es auf ihren Befehl.
  • Gefragt, wer dem andern mehr half, sie der Fahne oder die Fahne ihr, antwortet sie, daß der Sieg der Fahne oder der ihre ganz bei Unserm Herrn lag.
  • Gefragt, ob die Hoffnung, den Sieg zu erringen, aufdie Fahne oder auf sie selber gegründet war, antwortet sie: »Er war auf Unsern Herrn gegründet und nichts sonst.«
  • Gefragt, ob, wenn ein anderer sie getragen hätte, sie ihm genausoviel Glück gebracht hätte wie ihr, antwortet sie: »Das weiß ich nicht. Ich verlasse mich auf Unsern Herrn.«
  • Gefragt, ob, wenn einer der Leute von ihrer Partei ihr seine Fahne zum Tragen gegeben hätte, sie sie getragen und ebenso große Hoffnung in sie gesetzt hätte., wie in jene, die ihr von Gott verordnet war, und gar in die ihres Königs, antwortet sie: »Ich trug lieber jene, die mir von Unserm Herrn verordnet war. Aber in allem verließ ich mich auf Unsern Herrn.«
  • Gefragt, wozu das Zeichen diente, das sie über ihre Briefe setzte: Jesus MARIA, antwortet sie, daß die Geistlichen, die ihre Briefe schrieben, es darauf setzten, und einige sagten, es gezieme sich, die beiden Worte JESUS MARIA hinzuzusetzen.
  • Gefragt, ob ihr nicht offenbart worden ist, daß sie, wenn sie ihre Jungfräulichkeit verlöre, auch ihr Glück verlieren würde und ihre Stimmen nicht mehr zu ihr kämen, antwortet sie: »Das ist mir nicht offenbart worden.«
  • Gefragt, ob sie meint und fest glaubt, daß ihr König recht getan hat, als er Mgr. von Burgund tötete oder töten ließ, antwortet sie, daß es ein großer Schaden für das Königreich Frankreich war; aber was immer zwischen den beiden gewesen sein mag, Gott hat sie, Jeanne, dem König von Frankreich zu Hilfe geschickt.
  • Gefragt, da sie zu Mgr. de Beauvais gesagt hat, sie würde ihm und seinen Bevollmächtigten genauso antworten wie unserm heiligen Vater, dem Papst, es aber mehrere Fragen gibt, auf die sie nicht antworten will, ob sie ihm vollständiger antworten würde als Mgr. de Beauvais, antwortet sie, daß sie auf alles so wahrheitsgetreu geantwortet hat, wie sie konnte, und wenn ihr noch etwas ins Gedächtnis käme, was sie noch nicht gesagt hat, so würde sie es gern sagen.
  • Gefragt, ob sie meint, daß sie gehalten ist, dem Papst, Stellvertreter Gottes, die volle Wahrheit zu sagen in allen Fragen, die den Glauben und ihr Gewissen berühren, antwortet sie, daß man sie in die Kirche zu ihm führen soll, dann wird sie ihm alles beantworten, was sie beantworten muß.
  • Gefragt, woraus jener Ring bestand, auf dem Jesus MARIA stand, antwortet sie: sie weiß es nicht genau; wenn er aus Gold ist, dann nicht aus feinem. Sie weiß aber nicht, ob er aus Gold ist oder aus Messing. Und sie glaubt, daß drei Kreuze darauf waren und kein anderes Zeichen, soviel sie weiß, außer Jesus MARIA.
  • Gefragt, warum sie diesen Ring so gern anschaute, wenn sie in den Krieg zog, antwortet sie: aus Gefallen daran und zu Ehren ihres Vaters und ihrer Mutter; und sie hat mit dem Ring an der Hand und am Finger die heilige Katharina berührt, die ihr erschien.
  • Gefragt, an welcher Stelle sie die heilige Katharina berührt hat, antwortet sie: »Darüber erfahrt Ihr nichts weiter.«
  • Gefragt, ob, sie die heilige Katharina oder die heilige Margareta geküßt und umarmt hat, antwortet sie: sie hat sie beide umarmt.
  • Gefragt, ob sie gut rochen, antwortet sie, daß sie selbstverständlich gut rochen.
  • Gefragt, ob sie, als sie sie umarmte, keine Wärme oder anderes gespürt hat, antwortet sie, daß sie sie nicht umarmen konnte, ohne sie zu riechen und zu berühren.
  • Gefragt, an welcher Stelle sie sie umarmte, oben oder unten, antwortet sie, daß es schicklicher war, sie unten zu urnarmen, als oben.
  • Gefragt, ob sie ihnen keine Kränze dargebracht hat, antwortet sie, daß sie ihnen zu Ehren mehrmals ihrem Bild oder ihrer Darstellung in den Kirchen welche dargebracht hat. jenen hingegen, die ihr erschienen, hat sie keine dargebracht, soweit sie sich erinnert.
  • Gefragt, ob sie, wenn sie Kränze auf den Baum legte, es zu Ehren jener tat, die ihr erschienen, antwortet sie: nein.
  • Gefragt, ob sie, wenn ihre Heiligen zu ihr kamen, sie ihnen Ehrerbietung erwies, indem sie etwa niederkniete oder sich verneigte, antwortet sie: ja. Sie erwies ihnen soviel Ehrerbietung, wie sie nur konnte. Denn sie weiß, daß es die gleichen sind wie die im Reich des Paradieses.
  • Gefragt, ob sie nichts von denen weiß, die mit den Feen herumziehen, antwortet sie, daß sie es nie getan hat und auch nichts davon weiß; wohl aber hat sie davon reden hören; und daß man donnerstags hinging; aber sie glaubt nicht daran. Sie glaubt, daß es Hexerei ist.
  • Gefragt, ob man ihre Fahne nicht urn das Haupt ihres Königs geschwungen hat, antwortet sie: nein, soviel sie weiß.
  • Gefragt, warum sie bei der Salbung in der Kirche von Reims höher gehalten wurde als die der anderen Hauptleute, antwortet sie: »Sie war in der Not dabei, es war recht, daß sie auch in der Ehre dabei war.«