Die hier zusammengestellten Dokumente liefern Stoff für Fragen, die sich die heutige Frauenbewegung im Rückblick auf ihre Geschichte stellen muß, will sie bereits gemachte Erfahrungen nicht brachliegen lassen, sondern sich als Lernmaterial reflektierter Emanzipationsschritte aneignen. Wir verstehen die in dieser Sammlung abgedruckten Artikel als Beispiele für die Genese des Weiblichkeitsdiskurses; sie demonstrieren die Geschichte der Debatten von Frauen über das Selbstverständnis ihrer Rolle in Familie, Beruf und Gesellschaft. Sie sind aber auch Exempel des Streites über Ideen und mögliche Strategien zur Veränderung ihrer Geschlechtsrolle. Zugleich ermöglicht die historische Chronologie der Frauenzeitschriften einen Einblick in die Entwicklung des Mediums als Forum eines öffentlichen Erfahrungsaustausches von Frauen. Uns interessiert dabei nicht die »Frauenpresse«, wie sie von der Publizistikwissenschaft definiert wird als »ausdrücklich für die Lektüre der Frauen bestimmte Periodika«[1], bei der an Frauen in erster Linie in ihrer Funktion als Leserinnen und Konsumentinnen gedacht ist. Ebensowenig geht es um die Untersuchung weiblicher Mitarbeiterschaft in der Geschichte publizistischer Medienentwicklung und Arbeitsteilung, d.h. die Rolle der Frau in der Publizistik im allgemeinen. Wir verfolgen im engeren Sinne die Genese des Frauenjournalismus, an dem diese selbst als Autorinnen, Betroffene und Leserinnen beteiligt sind, hin zu Organen, die autonom von Frauen produziert werden und sich mit der Thematisierung ihrer Erfahrungen und Interessen an weibliche Leserinnen wenden. In diesem Sinne ist auch der Untertitel des Buches - VOM GELEHRTEN FRAUENZIMMER-JOURNAL ZUM FEMINISTISCHEN JOURNALISMUS — zu verstehen, womit allerdings nicht Anfangs- und Endpunkt einer chronologischen Entwicklung markiert sein sollen. Ausgangspunkt, aus dem heraus Frauenzeitschriften entstanden sind, waren nämlich die von Männern für Frauen herausgegebenen »Frauenzimmer-Journale« des 18. Jh. Die von dort ausgehende Gattungsgeschichte wird von uns aber in jedem Schritt daraufhin befragt, ob und inwieweit sie sich aus den vorgeprägten, männlich dominierten Strukturen und Weiblichkeitsentwürfen befreien und zu autonomen Blättern einer unabhängigen Frauenöffentlichkeit gelangen konnte. Der Weg zum feministischen Journalismus gibt insofern die Perspektive der Untersuchung an, nicht aber einen heute erst erreichten Endpunkt. Im Gegenteil, die bereits zu Beginn dieses Jh. dagewesene Menge und Vielfalt von Frauenzeitschriften sind bis heute nicht wieder erreicht.
Die Rede vom »feministischen Journalismus« wäre hier ohne Umschweife zu führen, hätten sich nicht durch die aktuelle Debatte derartige Mißverständnisse in Rezeption und Verwendung des Feminismusbegriffes eingeschlichen, daß er eher als Reizwort Verunsicherung, Vorurteile und Abwehr erzeugt, als daß er Klarheit über einen komplexen und in der Ausführung nicht unkomplizierten Zusammenhang herstellte. Die Assoziierung von »männerfeindlich«, »verbissen«, »militant« u.a. bei dem Wort feministisch ist Resultat der oberflächlichen, sensationslüsternen und vermarkteten Behandlung der Frauenfrage in den (Männer) Medien. Sie zeugt aber auch von realen Ängsten, daß Frauen den ihnen angedienten Platz in der gesellschaftlichen Geschlechtsrollenteilung verlassen könnten. Wir wollen nun diesem Dilemma nicht durch einen Wechsel im Sprachgebrauch ausweichen, sondern die historische Dialektik des Begriffes an unserem Thema explizieren.
Daß auch die Frauenzeitschrift vom Männerjournalismus ausgeht und sich in Beziehung zu diesem entwickelt, liegt in der historischen Tatsache des Patriarchats begründet, das die Frauen in jedem Fall zum »anderen Geschlecht« macht. Immer schon liegen männlich produzierte Strukturen vor, immer stößt die Frau auf Entwürfe von Weiblichkeit und Räume, die ihr per definition und in geschlechtsspezifischen Herrschaftsverhältnissen zugeordnet sind. Die von Frauen erdachten und erprobten Emanzipationsansätze — Verweigerung; Gleichberechtigung; Behauptung der Überlegenheit der anderen, weiblichen Kultur - bewegen sich notwendigerweise im Verhältnis zum Vorgefundenen, auch dort, wo sie es nicht bewußt und nicht explizit tun. Weibliche Theorie und Praxis, welche sich diese Beziehung bewußt machen und unter Berücksichtigung ihrer abhängigen Lage diese zu verändern bemüht sind, sind als feministische zu bezeichnen, unabhängig davon, welche Ziele und Wege inhaltlich vertreten werden.
Gerade wenn Frauen mit ihrer Sprache, ihren Erfahrungen und Ideen aus ihrem engen häuslichen Rahmen herauswollen und sich eine eigene Öffentlichkeit organisieren, drängen sie in einen Bereich, der ihnen per Zuschreibung als unweiblich verwehrt ist, in welchem männliche Normen und Verhaltensweisen herrschen. Die Frau ist in ihrer gesellschaftlichen Geschlechtsrolle privatisiert und damit isoliert. Will sie diese Enge überwinden, braucht sie eine Öffentlichkeit außerhalb des Hauses. Aber dieses Terrain ist bereits besetzt - vom Mann. Deshalb wird sie ungefragt vor die Entscheidung gestellt, ob sie draußen angebotene männliche Regieführung ihres Aufbruchs in Anspruch nehmen oder sich in Konkurrenz oder sogar Opposition zu männlichem »Leben« bewegen will. Aus diesem Grunde wurde weibliche Redefreiheit z.T. durch Anpassung an männliche Öffentlichkeit erkauft. Eine Gleichberechtigung des »anderen Geschlechts« innerhalb der Gebiete, die vom »ersten«, sprich eigentlichen Geschlecht kontrolliert werden, kann es nur um den Preis der Unterwerfung bzw. der Preisgabe von Frauenbewußtsein geben. Autonomie ist über einen einzelnen Willensakt nicht herstellbar, sondern das Ergebnis mühevoller und langwieriger Befreiungsschritte aus den Fesseln sozialer Abhängigkeit und patriarchalischer Frauenbilder. Eine autonome Frauenöffentlichkeit, die sich im Bewußtsein dieser Abhängigkeit organisiert, muß notwendigerweise feministisch sein, und ihre Zeitschriften können als solche bezeichnet werden, auch wenn ihre Redakteurinnen ihr Selbstverständnis (noch) nicht so definieren.
Lange hat es gedauert, bis der erste Schritt zur echten Frauenzeitschrift erreicht ist, bis nämlich Frauen selbst als Herausgeberinnen auftreten. Zuvor, bei den von Männern herausgegebenen Frauenzimmer-Journalen, war gar nicht daran gedacht, daß die Frau sich aus ihrem Zimmer herausbegibt.[2] Das Blatt wurde ihr ins Haus geschickt, zumeist per Adresse ihres Ehegatten, und auch von ihm bezahlt. Und doch war ihre erwünschte Mitarbeiterschaft durch Einsendung von poetischen und gelehrigen Beiträgen während dieser Phase Vorstufe und Vorbereitung für eigenständige Unternehmungen, weil sie dadurch ihre Rolle als Objekt von Belehrung und Erörterung durchbrach und Schreibsubjekt wurde. An dem Diskurs, den man über ein vermeintlich förderliches bzw. schädliches Maß an Bildung und Gelehrsamkeit für Weibspersonen führte, nahmen vereinzelt Frauen teil. Sie nutzten die Frauenjournale für erste publizistische Veröffentlichungen vielfach noch anonym oder unter männlichem Pseudonym. Auch das erste eigenständige Projekt einer Frau wurde nur unter dem Schutz einer männlichen Maske gewagt. (Ernestine Hofmann, 1779, »Für Hamburgs Töchter«) Darauf folgende Journale, die offen von Frauen autorisiert herausgegeben wurden (z.B. von Sophie von La Roche, Marianne Ehrmann), vollziehen erst den Schritt, daß Frauen das Medium uneingeschränkt für sich selbst in Anspruch nehmen. Die Inhalte bleiben dagegen recht defensiv voller Zugeständnisse an das Vorrecht und die Vorherrschaft ihres Gatten speziell und des Mannes im allgemeinen. Ihre Emanzipationspostulate sind auf die Verbesserung weiblicher Bildung und Ausbildung beschränkt - nicht zuletzt zu Nutz und Frommen des männlichen Geschlechts, wie zu betonen nicht vergessen wird. Soziale, politische oder gar sexuelle Gleichberechtigung werden gar nicht erst thematisiert. In der nicht-publizistischen, im Schonraum des Fiktiven verbleibenden Literatur ist die kulturelle Gleichberechtigung weiter vorgeschritten als im Journalismus. Es ist nicht zufällig, daß Sophie Mereau 1800 in ihrer romantischen Zeitschrift gleiches Liebesrecht für Frauen poetisch imaginiert und literarische Kritik an männlicher Rationalität führt. (Vgl. Kap. 2)
Die nächsten Frauenzeitschriften erscheinen erst fast fünfzig Jahre später. In der Zwischenzeit haben sich Frauen als Redakteurinnen an nicht-frauenspezifischen Journalen beteiligt, oder auch erfolgreiche Blätter selbst herausgegeben, ohne - z.T. mit Bedacht - sich speziell an ein weibliches Publikum zu richten. Die Publikationen, die während der 48er Revolution entstehen, sind politische Organe, ermöglicht und motiviert durch revolutionäre Begeisterung und Ermutigung, durch Aufhebung der Pressevorzensur und ein enorm gesteigertes Interesse an allen Medien und Informationen.[3] Ihre Herausgeberinnen waren alle vor der Revolution schriftstellerisch bzw. journalistisch tätig und nutzten den Augenblick, um ein eigenes Projekt zu wagen. Durch das Scheitern der Revolution, im Zuge der Restauration und der für Frauen äußerst restriktiven Presse- und Vereinsgesetzgebung waren diese journalistischen Versuche nur von kurzer Dauer (Vgl. Kap. 3).
Bis hierhin reichen die individuellen Bemühungen weiblicher Herausgeber, sich mit Frauenzeitschriften auf dem publizistischen Markt zu behaupten, sich mit engagierten Produkten den Konkurrenz- und Tauschmechanismen auszusetzen. Im weiteren historischen Verlauf ist deren Erscheinen überwiegend an organisierte Formen der Frauenbewegung gebunden. Der Zusammenhang zwischen Frauenbewegung und -publizistik ist offenkundig, auch wenn viele Journale nicht direkt an einen Verein, eine Institution oder Partei gebunden sind. Wenn einzelne Frauen als Herausgeberinnen zeichnen, dann stehen sie meistens für eine bestimmte Richtung, Gruppierung (soziale, berufliche oder politische) oder Emanzipationsidee. Die Rede von der Frauenfrage sowie die organisierte Frauenbewegung setzen sich in der zweiten Hälfte des 19. Jh. durch. Bis zur Jahrhundertwende ist eine ideologische Vielfalt erreicht, die sich auch in den Frauenzeitschriften widerspiegelt. Zunächst (seit 1865 und 1870) gibt es zwei Publikationen, die mit einiger Kontinuität bestehen und an die, als Bildungsvereine sich verstehenden, nationalen Frauenvereine gebunden sind. Ihre Inhalte sind entsprechend: die Halbherzigkeit, mit der die weibliche Berufstätigkeit propagiert wird, zeigt sich an der Priorität, mit welcher der »Naturberuf« der Frau als Hausfrau und Mutter favorisiert wird. Die in diesen Vereinsorganen veröffentlichten Weiblichkeitspostulate gehen kaum über die männlich produzierten Muster hinaus. (Vgl. Kap. 4)
Erst in den neunziger Jahren entstehen zahlreiche neue Zeitschriften, die auch andere Probleme und Konzepte thematisieren. Durch die sozialistische und radikale bürgerliche Frauenbewegung gewinnt die Frauenpublizistik ein vielfältigeres Gesicht. Jetzt geht es auch um politische und gewerkschaftliche Organisierung, um Stimmrecht und juristische Gleichberechtigung, um Prostitution und bürgerliche Doppelmoral. Die Erörterung weiblicher Erfahrung und Abhängigkeit wird damit auf alle Bereiche des weiblichen Lebenszusammenhangs ausgedehnt. Neben finanzieller und Erwerbsunabhängigkeit wollen Frauen nun auch politische, kulturelle und persönliche Gleichberechtigung. Die Differenzierung der Emanzipations- und Weiblichkeitsvorstellungen kristallisiert sich aus einem erheblichen quantitativen Zuwachs der Frauenöffentlichkeit heraus. Seit den 90er Jahren des 19. Jhs. sind Frauenzeitschriften keine Einzelphänomene mehr, sondern sie gehören ins Spektrum der publizistischen Gattungen, auch wenn sie — wie viele politische oder Parteizeitschriften auch - außerhalb oder am Rande des professionellen und nach Marktgesetzen funktionierenden Journalismus existieren. Frauenzeitschriften als Forum der Veröffentlichung weiblicher Erfahrung und Theoriebildung sind gebunden an Praxis und Erfahrungsverarbeitung von Frauen, an Kollektivität und Handlung.
(Vgl. Kap. 5)
Bei aller perspektivischen Differenz und thematischen Vielfalt lassen sich zwei Lager der Emanzipationsstrategien unterscheiden, deren Ambivalenz sich in den historisch-politischen Konfliktsituationen des 20. Jh. jeweils erwies. Bezüglich des Verhältnisses zwischen Mann und Frau haben sich egalitäre Vorstellungen von solchen unterschieden, die auf dem Geschlechterunterschied beharren. Beide Prinzipien, werden sie nicht mit politischer Substanz gefüllt, sind durch staatliche Frauen- und Familienpolitik instrumentalisierbar. Egalitäre Forderungen ignorieren soziale und Belastungsdivergenzen und die Erkenntnis, daß von den Voraussetzungen her Ungleiche bei formaler Gleichheit durchaus nicht gleich werden. Wenn darauf verzichtet wird, eigene inhaltliche Ziele zu definieren, impliziert die gleichberechtigte Teilhabe der Frauen an allen gesellschaftlichen Bereichen und Funktionen zudem eben auch Teilhabe an deren destruktiven und negativen Momenten. Als historisch gefährlicher hat sich allerdings die Ambivalenz der »acht weiblichen Emancipation« erwiesen. Frauenspezifische Zielsetzungen, die auf der biologischen Differenz bzw. auf einer von Männern unterschiedenen Disposition des Weibes aufbauen, sind allzuhäufig für ausbeutbare Frauenbilder mißbraucht worden: organisierte Mütterlichkeit zur Produktion von Kämpfern, Soldaten und arischen Nachfolgern, für weibliche Wohltätigkeit im Krieg und in Krisensituationen. Ausbeutung weiblicher Zuwendung und Arbeitskraft für militaristische und kapitalistische Zwecke hat die Frauenbewegung nicht verhindert.
Die dualistische Theorieentwicklung und eine beiden Positionen implizite Ambivalenz liegen im Status der Geschlechtsrollen begründet. Für das Subjekt, d.h. aus der Perspektive der Frau, dominant, wird die Mann-Frau-Beziehung im Geflecht aller gesellschaftlichen Beziehungen sozial relativiert. Vergleiche, welche Klassenverhältnisse und Geschlechtsrollen in ihrer Bedeutung gegeneinandersetzen, ignorieren diesen Perspektivwechsel. Bis heute sind Theorie und Praxis aus diesem Dilemma nicht herausgekommen. Immer wieder stehen sich z.B. die Vertreterinnen der These vom »Nebenwiderspruch« und diejenigen, die von der Geschlechterdifferenz als bestimmender ausgehen, unversöhnlich gegenüber.
Im Ersten Weltkrieg stellten die meisten Frauen ihre Interessen hinter die der »Nation« zurück (vgl. Kap. 6), in der Weimarer Republik zunächst hinter die Notwendigkeiten des Wiederaufbaus und dann der Krisenbewältigung oder aber des politischen Kampfs (vgl. Kap. 7), im Nationalsozialismus erhielt die Frau eine zentrale Funktion im rassisch-völkischen Konzept. Ihre Degradierung zur Gebärmaschine wird durch ideologische Hochstilisierung der Mutterschaft belohnt (vgl. Kap. 8). Diese Entwicklungen werden in den Frauenzeitschriften teils vorbereitet, begleitet, aber nur von Minderheiten bekämpft. In solchen Entscheidungssituationen wie dem »Ersten Weltkrieg«, dem »Dritten Reich« und »Zweiten Weltkrieg« kristallisierten sich aus den vielfältigen Strömungen und Publikationen die jeweiligen Kernpositionen heraus. Im Krieg 1914 - 1918 kommen die sozialistische, pazifistische (vor allem aus der radikalen Frauenbewegung entstanden) und nationalistische Haltung (der bürgerlichen Frauenvereine) zu Wort. (Vgl. Kap. 6)
Während der Weimarer Republik ist die Frauenbewegung sehr stark abhängig von den Parteien, die Frauenzeitschriften sind überwiegend parteigebundene Organe. Die Fraktionsbildung des parlamentarischen Systems verschleißt auch viele weibliche Energien im Abgrenzungsalltag. Die Frauen werden zum Teil aus dem Arbeitsbereich wieder herausgedrängt; die daraus folgende nötige Aufwertung des Haushaltes und der familiären Sphäre wird durch eine ästhetische und wissenschaftliche Durchdringung des Privathaushaltes begleitet, die in der neuen Form der illustrierten und auch unterhaltenden Frauenzeitschrift Raum hat. Die Veränderung gegenüber den Vorkriegsblättern liegt darin, daß nicht mehr nur Haus und Familie als essentielle Weiblichkeitsorte thematisiert werden, sondern daß sie als Rubriken in den Zeitschriften Gestalt gewinnen und Raum einnehmen.
Diese Entwicklung ist auch als Zugeständnis an Unterhaltungsbedürfnisse der Leserinnen im Zuge der Parteienkonkurrenz um Anhängerinnen und als Kompromiß mit den professionellen, für Frauen auf den Markt gebrachten, Mode- und Unterhaltungsjournalen zu betrachten. (Vgl. Kap. 7)
Das traurigste und zugleich lehrreichste Kapitel in dieser Dokumentation ist die Gleichschaltung und Indienstnahme von einem Teil der bürgerlichen Frauenbewegung im Nationalsozialismus. Als einziges Blatt, das obwohl nicht direkt unter national-sozialistischer Kontrolle, doch gleichgeschaltet, bestand Die Frau von Gertrud Bäumer, der Vorsitzenden des »Bundes Deutscher Frauenvereine«, fort. Alle anderen Journale wurden eingestellt. (Vgl. Kap. 8)
Nach 1945 hat es sehr lange gedauert, bis überhaupt wieder von einer Frauenbewegung die Rede sein konnte. Frauenzeitschriften als eigenständige Publikationen, die im Sinne eines feministischen Journalismus zu verstehen sind, wurden erst im Zusammenhang der neuen Frauenbewegung der 70er Jahre gegründet. (Vgl. Kap. 9)
Die Lektüre historischer Frauenzeitschriften könnte dazu verhelfen, die Frauengeschichte nicht nur affirmativ und museal zu rezipieren, wie es heute vielfach geschieht. Wir können kein Interesse daran haben, uns eine Ahnengalerie bewundernswerter Frauenpersönlichkeiten aufzubauen. Vielmehr ist auch aus Fehlern zu lernen.
Das Studium der authentischen Texte aus der Frauenbewegung kann manches Bild zurechtrücken bzw. konkretisieren. Besonders restaurative und sozial bornierte Verhaltensweisen und Strategien einzelner »Größen« der Frauenbewegung - z.B. Helene Lange und Gertrud Bäumer - sind noch längst nicht ausreichend untersucht worden. Auch zeigt sich u.E., daß Auseinandersetzungen und Debatten um unterschiedliche Utopien und Perspektiven, um verschiedene Wege zum Ziele durchaus notwendig und nützlich sind, daß sie die gewünschte Einheit nicht verhindern, sondern ihr vorausgehen müssen.
Wir verstehen dieses Buch, in welchem wir nur exemplarisch einige Titel und Beiträge aus einer großen Fülle unerforschten Materials vorstellen können, als Anregung, dieser Gattung, in der wichtige Erfahrungen der Frauengeschichte aufbewahrt sind, mehr Aufmerksamkeit zu widmen.