Zusammenfassung in Thesen

Die bisherigen Reformversuche der Hauptschule sind unzulänglich. Es sind zwar organisatorische Bedingungen für eine Reform des Bildungsinhaltes geschaffen worden mit der Zusammenfassung in Klassenstufen, vor allem durch Förderstufen, um leistungsschwachen und leistungsstarken Kindern zu helfen. Die Lehrplanerneuerung wurde noch nicht in die Entwicklung von Curricula überführt. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gibt es bislang nur für wenige Fächer, u. a. für Mathematik und Geschichte.
Die Arbeitslehre ist bisher eine unzulängliche und inkonsequente Variante des polytechnischen Unterrichts, die die »Hinführung zur Arbeitswelt«, so wie sie konzipiert ist, nicht leisten kann. Das Ziel der Volksschule ist immer noch die volkstümliche Bildung, wenn auch von einer Verwissenschaftlichung der Fächer geredet wird, wie aus den allgemeinen Richtlinien zu den Lehrplänen nachgewiesen wurde. Dieses Beharren steht im Widerspruch zur gesellschaftlichen Notwendigkeit, den Anschluß an die Wissenschaften zu finden in Anbetracht der wissenschaftlichtechnischen Entwicklung, was auch vom Wissenschaftsministerium festgestellt wurde.
Das Beharren auf der volkstümlichen Bildung ist auf den Einfluß sozial-konservativer Gruppen zurückzuführen, der verhindert, daß Facharbeiter, technische Angestellte, kaufmännische Angestellte, Verwaltungsangestellte und Beamte die schulischen Voraussetzungen in die Berufsausbildung mitbringen, deren sie dringend bedürfen.
Das vertikal gegliederte Schulsystem entspricht nicht mehr den Erfordernissen der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation. Diese ist auf die Aktivierung der Intelligenz und der Fähigkeit von Menschen aller gesellschaftlichen Gruppen angewiesen. Das gilt für alle großen Industrienationen, also auch für die Bundesrepublik.
Das integrierte Gesamtschulsystem ist der einzige Schultyp, der diesen Erfordernissen entspricht.
Die Mädchen sind in den Volks- (Haupt-) Schulen benachteiligt durch eine falsche Auffassung von Mädchenbildung. Sie werden in den praktischen Fächern und durch die Verteilung der praktischen Fächer gehindert, sich zu ihren Fähigkeiten, namentlich in Mathematik und den Naturwissenschaften, zu bekennen. Die Lehrinhalte fördern nicht ihre Intellektualität; durch den Stundenausgleich sind sie obendrein den Jungen gegenüber benachteiligt. Ihre Berufswünsche werden eingeschränkt teils durch Entmutigung, teils durch falsche Lenkung.
Die Realschule wird in ihren alten Intentionen gestärkt durch eine straffere und konsequentere Ausrichtung auf vier große Berufsfelder:

  • das Kaufmännische,
  • das Naturwissenschaftlich-Technische,
  • das Sozialpflegerische,
  • das Musische,

um ihre Absolventen in die mittleren und gehobenen Tätigkeiten besser hineinsteuern zu können.
Diese Intention ist nicht zu vereinen mit der Begabungshöhe und -struktur der Schüler der Realschule, wie aus Untersuchungen hervorgeht. In ihr befinden sich 40% unbedingt abiturfähige Kinder.
Die Realschule wird aus einer falsch verstandenen Gesellschaftspolitik und aus Gruppen- und Verbandsinteressen heraus als selbständiger Schultyp erhalten.
Ihre Integration in eine Gesamtschule würde eine bessere Auslese der Schüler der Sekundarstufe I erlauben und mehr Abiturfähige der Sekundarstufe II zuführen können. Die Mädchen an den Realschulen sind einer ähnlichen Diskriminierung ausgesetzt wie die Volksschülerinnen. Der Unterricht in den praktischen Fächern muß in seiner Anlage einen negativen Einfluß auf ihre Intelligenz ausüben, wenn auch eine Fehlleitung durch die Berufsfeldbezogenheit des Unterrichts weitgehend ausgeschlossen ist, soweit nicht durch die gesamtgesellschaftliche Arbeitsteilung eine Desorientierung bewirkt wird. Durch die Untersuchung an Realschulen ist erwiesen, daß Mädchen weder spezifische Begabungsarten haben noch eine niedrigere Begabungshöhe als die Jungen. Die Einteilung der Begabung in drei Arten ist wissenschaftlich nicht haltbar; trotzdem wird diese Auffassung von den Ministerien, von den Schulverwaltungen und von den Lehrern weiter verbreitet, um als Beweis für die Richtigkeit eines vertikal gegliederten Schulsystems zu dienen.
Die Auffassung von der Konstanz einer Begabungsart beim Menschen ist irrig. Die intellektuelle Entwicklung des Kindes durchläuft mehrere Stadien: von der Anschauung zu einer ersten, dann zu komplexeren Abstraktionsstufen; von einer praktischen Umweltorientierung zu einer praktisch-theoretischen, zu einer wissenschaftlich-theoretischen Umweltorientierung, bei Mädchen und bei Jungen gleicherweise.
Die Volksschüler werden durch das Bildungsziel der Volksschule auf der ersten primitiven Stufe fixiert; die Realschüler auf einer zweiten Entwicklungsstufe. Nur die Gymnasiasten werden zu einer theoretisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstufe geführt. Der Wissenstransfer von einem Gebiet oder Fach zu anderen ist nicht erwiesen; alle derartigen Behauptungen entbehren einer Begründung.
Der Berufsschulunterricht für ungelernte Arbeiterinnen verfehlt sein Ziel, sie in industrielle Arbeitsprozesse einzuführen, insbesondere in die automatisierten. Die »technische Grundbildung« wurde konzipiert ohne Kenntnisse von ihren repititiven Arbeiten.