Das Frauenbild der Kirche und der Theologie

Einführung

Das Frauenbild des Neuen Testaments und die Stellung der Frau
in den frühchristlichen Gemeinden

 

Frauen im Mittelalter
Das Frauenbild des Mittelalters wurde wesentlich von den Aussagen der Kirche über den Wert der Frau, ihrer gesellschaftlichen Rolle und Funktion bestimmt. Die Haltung der Kirche gründete sich auf die Exegese entsprechender Stellen der Bibel und die Aussagen der Kirchenväter. Eine genauere Analyse der urchristlichen Quellen lässt sehr bald zahlreiche Widersprüche in den Aussagen sichtbar werden. Dem Neuen Testament lassen sich sowohl positive Wertungen gegenüber Frauen entnehmen als auch diskriminierende.
Deutlich erkennbar sind zwei Schichten der Überlieferung. Eine frauenfreundlichere Haltung in den Evangelien wird in den Briefen durch zunehmend antifeministische Wertungen abgelöst. Es ist bemerkenswert, dass von Jesus selbst keine diskriminierenden Äußerungen überliefert sind, obwohl er in einer Umwelt aufwuchs, lebte und predigte, die streng patriarchalisch geprägt war. Sein persönlicher Umgang mit Frauen war von der Überzeugung geprägt, dass Mann und Frau aufgrund ihrer gemeinsamen göttlichen Herkunft gleichwertig seien. Im Gegensatz zur späteren Entwicklung in der Kirche ging er vom ersten Schöpfungsbericht aus (Gen 1,26-28), der Frau und Mann im Schöpfungsprozess gleichstellte. Bereits der gleichrangige und szenisch zusammengelegte Bericht von der Prophezeiung Simeons und Hannas, die das Jesuskind prophetisch als Messias bezeichnen, macht deutlich, dass Jesu Mission Männern und Frauen in gleicher Weise gilt (Lk 2,25-38).
Das Jesu von den Evangelisten zugeschriebene Verhalten zeigt eine gleichwertige Behandlung von Frauen und Männern.
Dies beinhaltete in vielen Fällen einen eklatanten Verstoß gegen die herrschenden patriarchalischen Normen seiner Umwelt.
Eingehend unterhielt er sich mit Frauen und betrachtete sie zur Verwunderung seiner Jünger als gleichberechtigte Diskussionspartnerinnen (Joh 4,5-4,42). In zwei Szenen des Lukas-Evangeliums stellte er die tradierte Frauenrolle der Hausfrau und Mutter in Frage (Lk 10,38-42, Lk 11,27f). Die Überlieferung in den Evangelien lässt ihn auch die Diskriminierung von Frauen aufgrund ihrer biologischen Konstitution (Mk 5,25-34) oder ihres Lebenswandels durchbrechen. So sah er weder auf die Samariterin wegen ihres sexuellen Verhaltens herab, vielmehr beauftragte er sie als erste Frau mit der Verkündigung (Joh 4,16-42), noch ließ er die im mosaischen Gesetz vorgesehene Steinigung einer Ehebrecherin zu (Joh 8, 1-11). Frauen und Männer wurden von ihm in gleicher Weise geheilt (Mk 5,21-43; Lk 8,2).
Seine Ansichten illustrierte er in zahlreichen Gleichnissen durch Männer- wie durch Frauengestalten, ohne dass sich eine geschlechtsspezifische Wertung erkennen ließe (Mk 12,41- 44; Mt 13,31- 34). Im Gegensatz zu den patriarchalischen Normen ging er von den gleichen moralischen Anforderungen an Mann und Frau aus. Entsprechend hielt er beide für die Aufrechterhaltung einer Ehe in gleicher Weise verantwortlich. Dem Mann gestattete er keine einseitige Verstoßung der Frau mehr (Mt 5,27 - 32; Mk 10,1-12). Deutlich wird an dieser Stelle bereits die androzentrische Umformung der Tradition im später entstandenen Matthäus-Evangelium, das bei Ehebruch der Frau deren Verstoßung zuließ, ohne dieser selbst ein konkurrierendes Recht zuzugestehen (Mt 19,1-12). Frauen, die die gesellschaftlichen Gepflogenheiten missachteten und sich traditionelle Männerrollen anmaßten, erfuhren in den Evangelien durch Jesus keine Missachtung. So verteidigte er eine Frau, die ihn unmittelbar vor dem Verrat des Judas salbte (Mk 14,3 - 9; Lk 7,3 6 - 50), womit sie nicht nur das Hausrecht brach, denn die Salbung war eine Höflichkeitsgeste des Gastgebers und zudem Aufgabe des Hausherrn und nicht diejenige einer Frau. Der Gesamtzusammenhang dieser Stelle macht deutlich, dass es sich um mehr als die bloße Salbung des Gastes handelte. Das Ausschütten des Äles über dem Kopf als Bestandteil der Salbung der israelischen Könige symbolisierte die Salbung Jesu als Messias. Zudem salbte sie ihn im Bewusstsein seines nahen Todes. Diese Frau wäre dem Bericht zufolge der erste Mensch, der noch vor den Jüngern die Bedeutung der Passion erkannte. Diese herausragende Rolle einer Frau im Rahmen der neutestamentlichen Überlieferung ist nicht einzigartig. Eine Ausländerin, eine Kanaaniterin oder eine Syrophynizierin war es, die Jesus die Begrenztheit der traditionellen Messiassicht als Erlöser der Juden klarmachte (Mt 15,21-28). Viel zuwenig beachtet wurde, dass die Jüngergruppe um Jesus nicht nur aus den zwölf bekannten Jüngern bestand, sondern auch aus Frauen (Lk 8,1-3; Mt 27,55 f, Mk 15,40 f, Lk 23,5 5). Sah Lukas die Bedeutung dieser Frauen in der materiellen Unterstützung, so weist die ältere Überlieferung im Markus-Evangelium eher auf ein Dienen im Dienste der Verkündigung hin. Als die Jesusbewegung mit dessen Gefangennahme und Kreuzigung in eine schwere Krise geriet, waren es die Frauen der Jüngergruppe, die die Bewegung weiterführten, während die Männer sich zurückzogen. Die Jüngerinnen waren bei der Kreuzigung anwesend, wohnten der Grablegung bei, entdeckten das leere Grab und erhielten den Auftrag, die Auferstehung zu verkünden. Die Bedeutung dieser Frauen für die Weiterführung der Beweg-ung wird durch ihre namentliche Erwähnung in den Evangelien unterstrichen (Mt 27,55-61, Mt 28,1-10, Mk 15,40f + 47, Mk 16,1-13,- Lk 23,55 f, Lk 24,1-12; Joh 19,24-27, Joh 20,1-18).
Nach alledem wird man wohl davon ausgehen können, dass nach der Hinrichtung Jesu Frauen, an erster Stelle Maria Magdalena, den entscheidenden Beitrag zur Weiterführung der Bewegung leisteten und dementsprechend führende Stellungen in den frühchristlichen Gemeinden bekleidet haben dürften, was durch mehrere Stellen im Neuen Testament belegt wird. Eine Analyse der Grußliste des Paulus (Röm 16,1-16) lässt unter den namentlich aufgeführten 9 Frauen und 17 Männern keine geschlechtsspezifische Aufgabenteilung in der Gemeindearbeit erkennen und damit auch keine entprechende Hierarchisierung.
Eine Frau, die Junia, wird von Paulus gar als Apostel gewürdigt. Eine herausgehobene Stellung erkannte er auch der Phoebe zu, die er diakonos und prostatis betitelte. Den Begriff diakonos benutzte Paulus in 1 Kor 3,5, um den Apollos als einen, ihm ebenbürtigen, Missionar zu ehren. Den zweiten Titel verwandte er andernorts als Bezeichnung der Beschützer und Leiter von Gemeinden. Man geht deshalb wohl nicht fehl in der Annahme, in Phoebe eine christliche Missionarin und Gemeindevorsteherin zu sehen.
Für Gemeinden in Korinth und Laodicea lassen sich gleichfalls Frauen als Leiterinnen nachweisen (1 Kor 1, 10 f,- Kol 4,15). Eine Mitwirkung von Frauen in der Mission lässt sich weiterhin der Aussage des Paulus entnehmen, dass zwei Frauen mit ihm gekämpft hätten (Phil 4,2f). Priscilla, von der Lukas als Lehrerin berichtet (Apg 18,24-26) wird von Paulus als Gehilfin bezeichnet (Röm 16,3). Größere Berühmtheit erlangte Thekla, eine in Kleinasien missionierende Schülerin des Paulus (23). Mehrfach finden Frauen als Prophetinnen Erwähnung (Lk2,36-38; Apg21,8f, Offenbarung 2,20 - 22). Treffen der frühchristlichen Gemeinden fanden des öfteren in den Häusern von Frauen und nicht in Tempeln statt (Röm 16,4f, Apg 12,12; Apg 16,13 -15). Schwerlich wird man diese Frauen, wie dies in den jüdischen Tempeln üblich war, von der Teilnahme am allgemeinen Gottesdienst ausgeschlossen haben. Diese Stellen des Neuen Testaments machen unmissverständlich klar, dass Frauen im Frühchristentum vielfach leitende Stellungen einnahmen, sei es als Prophetin, Apostel, Missionarin, Lehrerin oder Gemeindeleiterin. Mehr noch als auf die Gemeinden der Großkirche traf dies auf sektiererische Gruppen zu, in denen Frauen häufig alle kirchlichen Ämter offen standen (24-27).
Eine zentrale Stellung hatte in einigen dieser Gruppen Maria Magdalena inne, die nicht nur zu den Jünger/-innen gezählt wurde, sondern selbst in der Überlieferung des 4. Jahrhunderts noch über die eigentliche apostolische Autorität verfügte (28+29). Der in diesem Zusammenhang überlieferte Streit zwischen Petrus und Maria Magdalena (28-30) macht deutlich, dass Maria Magdalena als Zeugin der Auferstehung ursprünglich über eine außerordentliche Autorität verfügt haben muß, die die des Petrus übertraf. Doch bereits in den Evangelien wird das Bemühen der Evangelisten deutlich, die Frauen als Zeuginnen zu disqualifizieren. Nach Markus zeigten sie Angst, so dass sie die Osterbotschaft verschwiegen (Mk 16,8), während sie nach Lukas (Lk 24,9 f) dies nicht taten. Haben bei Matthäus, Markus und Johannes übereinstimmend zuerst die Frauen eine Jesusvision (Mt 28,9 f, Mk 16,9, Joh 20,14-17), so erscheint er nach Lukas zuerst den Emmausjüngern (Lk 24,13 - 32). Paulus sah schließlich keine Veranlassung mehr, die Zeugenschaft der Frauen überhaupt noch zu erwähnen (1 Kor 15,3 - 8).
In der Didaskalia, einer frühen syrischen Kirchenordnung des 3. Jahrhunderts, wurde den Frauen jegliche Lehrbefugnis abgesprochen, da sie von Jesus dazu nicht beauftragt gewesen seien (31). Dieser Ausschluß der Frauen vom Apostel- und Lehramt erfolgte nicht widerspruchslos, denn nur die Tatsache, dass die Frauen allzu selbstverständlich missionierten, predigten und tauften, macht zahlreiche Aussagen des Neuen Testaments (1 Kor 11,5; 1 Kor. 14,34- 36; 1 Tim 2,12) oder der frühen Kirchenordnungen (31+34) erst verständlich. In den Schriften der Kirchenväter erscheinen religiöse Gruppen, die Frauen dennoch eine gleichberechtigte Rolle innerhalb der kirchlichen Hierarchie zugestanden, als Ketzer, die entsprechenden Frauen wurden als Huren und Dirnen, von denen nahezu jegliches Unglück der Welt stamme, verleumdet (24-27; 35).
Doch auch in der Großkirche ließen sich Frauen noch nicht gänzlich aus der kirchlichen Hierarchie verbannen. Es bildeten sich frauenspezifische kirchliche Ämter heraus, deren Ausgestaltung und Stellung innerhalb des Klerus in den verschiedenen Gemeinden und Gruppen variierten. Bereits relativ früh fanden die Witwen als eigener Stand Erwähnung (ITim5,3-16; Tit2,2-5). Den frühkirchlichen Ordnungen nach zu urteilen, bestanden ihre Aufgaben in der Unterrichtung der Frauen, der Betreuung der Kranken und dem Gebet für die Gemeinde (31- 32). Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts gewann der Stand der Diakonissen an Bedeutung und trat schließlich an die Stelle des Witwenstandes, da die Jungfrauen sich aufgrund ihrer grundsätzlichen sexuellen Enthaltsamkeit entsprechend den kirchlichen Lehren allmählich eines höheren Ansehens als die Witwen erfreuten. Sie waren den Diakonen in vielem gleichgestellt und bekleideten vergleichbar den Witwen in einigen der frühen Kirchenordnungen einen mittleren Rang in der kirchlichen Hierarchie. Gleich anderen kirchlichen Amtsträgern wurden auch die Diakonissen geweiht (33 + 34). Seit dem 6. Jahrhundert trat das Diakonissenamt infolge der Aufgabe der Erwachsenentaufe sowie der zunehmenden Bedeutung der Nonnenklöster in den Hintergrund und verschwand schließlich ganz.
Die gesellschaftliche Ungleichheit von Frauen und Männern wurde damit von der frühchristlichen Kirche übernommen, zusätzlich aber auch noch theologisch untermauert. Die Unterordnung der Frau unter den Mann wurde zum integralen Bestandteil der göttlichen Ordnung. Kirche und Theologie trugen hierdurch entscheidend zur Aufrechterhaltung und Rechtfertigung der Diskriminierung und Unterdrückung der Frau in den später von ihnen bestimmten Gesellschaften bei. Besonderes Gewicht erlangte in diesem Zusammenhang die Argumentation des Apostel Paulus, auf die sich spätere Theologen immer wieder bezogen, wobei es für die weitere Entwicklung belanglos ist, ob es sich hierbei um genuin paulinische Äußerungen oder um spätere Interpolationen handelt. Die Frau sollte seiner Meinung nach dem Mann untertan sein, da nur der Mann nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sei.
Die Frau hingegen sei eine sekundäre Schöpfung aus dem Mann (1 kor 11,3-16; ITim2,8-15; Ko1  3,18f). Im Gegensatz zu Jesu berief man sich hierzu nicht auf den ersten Schöpfungsbericht (Gen1 26-28), sondern auf den zweiten (Gen 2,5 - 9 + 18 - 25). Als weiteres Argument entnahm man der Genesis, um die Minderwertigkeit der Frau theologisch abzusichern, dass es schließlich Eva, eine Frau, gewesen sei, die sich von der Schlange habe verführen lassen und damit die Hauptschuld am Sündenfall trage (Gen 3,1-24). Ihr Heil könne die Frau allein durch das Gebären von Kindern erlangen (1 Tim 2,13 -15).
Diese schöpfungsbedingte Minderwertigkeit der Frau wird durch den Einschub in Vers 11 f des 1. Korintherbriefes im 11. Kapitel, der mehr auf eine eschatologische Gleichheit abhebt, kaum gemildert, zumal hier die realen gesellschaftlichen Verhältnisse nicht in Frage gestellt wurden. Aus diesem Argumentationsmuster ergaben sich nahezu von selbst die weiteren Schritte. Im Gegensatz zur bisherigen Tradition wurden die Frauen von der Mitsprache in der Gemeinde und von kirchlichen Ämtern, insbesondere vom Lehramt ausgeschlossen (1 Kor 14,34-36, 1 Tim 2,8-15). Zahlreiche andere Stellen in den Briefen führen die hier eingeschlagene Richtung weiter, indem sie die Unterordnung der Frau auf nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche ausdehnten. Frauen, die selbstbewusst gegenüber ihren Männern auftraten, galten als Gotteslästerinnen (Tit 2,2 - 5). Überhaupt wurden selbständig handelnde Frauen scharf verurteilt (1 Tim 5,3 -16). Sie erfüllten ihren christlichen Auftrag am ehesten durch ihre Unterordnung unter die patriarchalische Gesellschaftsordnung und nicht durch aktives Handeln (1 Pt 3,1- 7). Die strikte Unterwerfung der Frau unter den Mann wird kaum dadurch gemildert, dass der Mann seine Frau lieben sollte wie Christus die Gemeinde, wenn es gleichzeitig heißt, dass die Frau ihren Mann fürchten solle (Eph 5,22-33).
Diese antifeministischen Äußerungen, die aufgrund ihrer theologischen Begründung die weitere Entwicklung der Kirche entscheidend prägten, erfuhren durch die sich parallel herausbildende, sexualfeindliche und asketische Züge tragende Moraleinstellung der frühen Kirche eine weitere Verschärfung. Zwar wurde die Sexualität als solche noch nicht einseitig diskriminiert und für sündhaft erklärt, aber Paulus erschien die freiwillige Enthaltsamkeit, auch bei Verheirateten, als der bessere Weg zu Gott (1 Kor 6,12-20; 1 Kor 7,1-40). In seiner Eheauffassung ging er von der Unauflöslichkeit der Ehe aus, die Mann und Frau in gleicher Weise aneinander band. Sie wurde allein durch den Tod des anderen Partners aufgelöst oder konnte bei Verheiratung mit einem heidnischen Partner geschieden werden (1 Kor 7,1-40; Röm 7,2-3).

Quellen und Materialien

(23) Selbsttaufe und Missionstätigkeit der Thekla, um 170
33. Thekla aber wurde den Händen der Tryphäna entrissen und entkleidet und empfing einen Schurz und wurde in die Rennbahn gestoßen. Und Löwen und Bären wurden auf sie losgelassen, und eine wilde Löwin lief auf sie zu und legte sich ihr zu Füßen. Der Haufen der Frauen aber erhob ein großes Geschrei. Und es ging eine Bärin auf sie los; die Löwin aber lief ihr entgegen und zerriss die Bärin. Und wiederum ging ein Löwe auf sie los, der auf Menschen abgerichtet war und Alexander gehörte. Und die Löwin verbiss sich mit dem Löwen und kam mit ihm um. Lauter aber klagten die Frauen, weil auch die Löwin, die ihr beistand, tot war.
34. Da ließen sie viele Tiere herein, während sie dastand und die Hände ausgebreitet hatte und betete. Als sie aber ihr Gebet beendet hatte, wandte sie sich um und sah eine große Grube voll Wasser und sprach: »Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, mich zu waschen.« Und sie stürzte sich selbst hinein mit den Worten: »Im Namen Jesu Christi taufe ich mich am letzten Tage!« Als das die Frauen und das ganze Volk sahen, weinten sie und riefen: »Stürze dich nicht selbst ins Wasser!« Sogar der Statthalter vergoss Tränen, weil soviel Schönheit von den Robben gefressen werden sollte. Sie also stürzte sich ins Wasser im Namen Jesu Christi; die Robben aber sahen den Glanz eines Blitzes und schwammen tot an der Oberfläche. Und um sie herum war eine Wolke von Feuer, so dass weder die Tiere sie anrühren konnten noch sie in ihrer Nacktheit gesehen werden konnte. (...)
40. Thekla aber sehnte sich nach Paulus und suchte ihn, indem sie überall herumschickte. Und es wurde ihr mitgeteilt, er sei in Myra. Da nahm sie Diener und Dienerinnen, gürtete sich und nähte ihr Gewand zu einem Oberkleid nach Männerart, und sie kam in Myra an und fand Paulus, wie er das Wort Gottes verkündete, und trat zu ihm. Er aber erschrak, als er sie sah, und die Menge bei ihr, da er daran dachte, ob ihr nicht eine andere Versuchung nahe sei. Sie aber bemerkte es und sprach zu ihm: »Ich habe das Bad genommen, Paulus; denn der mit dir zusammen gewirkt hat für das Evangelium, hat auch mit mir zusammen gewirkt, (mich) zu waschen.«
41. Und Paulus ergriff sie bei der Hand und führte sie in das Haus des Hermias und hörte von ihr alles (, was sich ereignet hatte), so dass Paulus sich sehr wunderte und die Hörer gestärkt wurden und für Tryphäna beteten. Und Thekla stand auf und sprach zu Paulus: »Ich gehe nach lkonium.« Paulus aber antwortete: »Gehe hin und lehre das Wort Gottes!« Tryphäna nun sandte ihr viele Gewänder und Gold, so dass sie (davon) Paulus zurücklassen konnte für den Dienst an den Armen.
42. Sie selbst aber zog nach lkonium. und trat in das Hand des Onesiphorus und warf sich auf den Boden, wo Paulus gesessen und die Worte Gottes gelehrt hatte, und sie weinte und sprach: »Mein Gott und Gott dieses Hauses, wo mir das Licht aufleuchtete, Christus Jesus, Gottes Sohn, mein Helfer im Gefängnis, Helfer vor Statthaltern, Helfer im Feuer, Helfer unter den Tieren, du selbst bist Gott und dir sei Ehre in Ewigkeit, Amen.«
43. Und sie fand Thamyris gestorben, ihre Mutter aber noch am Leben; und sie rief ihre Mutter und sprach zu ihr: »Theoklia, meine Mutter, kannst du glauben, dass ein Herr im Himmel lebt? Denn ob du nach Geld und Gut verlangst, der Herr wird es dir durch mich geben, oder nach deinem Kinde, siehe, ich stehe an deiner Seite.« Und als sie solches Zeugnis abgelegt hatte, ging sie fort nach Seleukia, und nachdem sie viele durch das Wort Gottes erleuchtet hatte, entschlief sie eines sanften Todes.
Paulus- und Thekla-Akten c. 3 3 f. + c. 40 - 43, zitiert nach: Hennecke/Schneemelcher: Neutestamentliche Apokryphen (86), Bd. 2, S. 249-251.
(24) Tertullian über lehrende Frauen, etwa 204
Und selbst die häretischen Weiber, wie frech und anmaßend sind sie! Sie unterstehen sich, zu lehren, zu disputieren, Exorzismen vorzunehmen, Heilungen zu versprechen, vielleicht auch noch zu taufen. (...)
Tertullian: Die Prozesseinreden gegen die Häretiker c. 41 (151), S. 351.
(25) Tertullian über taufende Frauen, ca. 190/200
17. Um diesen kleinen Gegenstand abzuschließen, ist nur noch über die Regeln bei Erteilung und Empfang der Taufe eine Erinnerung hinzuzufügen. Sie zu erteilen hat das Recht der oberste Priester, welches der Bischof ist, danach die Priester und Diakonen, jedoch nicht ohne Vollmacht vom Bischof wegen der der Kirche schuldigen Ehrerbietung, bei deren Beobachtung der Friede bewahrt bleibt. In anderen Fällen haben auch die Laien das Recht dazu (...).
Es möge dir genug sein, dich dessen in Notfällen zu bedienen, wenn irgendwo die Beschaffenheit des Ortes, der Zeit oder der Person dazu Anlass gibt. Dann nämlich ist die Entschlossenheit des zu Hilfe Eilenden willkommen, wenn die Lage eines gefährdeten Menschen drohend ist. Man würde am Untergange eines Menschen schuld sein, wenn man es versäumte, das zu gewähren, was man frei gewähren darf. Der tolle Übermut von Weibern aber, der sich vermessen hat, lehren zu wollen, wird sich hoffentlich nicht auch das Recht zu taufen aneignen, außer wenn etwa eine neue Bestie ähnlich der früheren auftreten sollte, so dass, wie jene die Taufe vernichtete, nun einmal irgend eine sie aus sich erteilen würde. Wenn sie die Schriften, welche verkehrterweise für Schriften Pauli gelten, und das Beispiel der Thekla zugunsten der Statthaftigkeit des Lehrens und Taufens durch Weiber vorschützen, so mögen sie wissen, dass jener Priester in Asien, welcher die genannte Schrift gefertigt hat und so den Ruhm des Paulus gleichsam durch seinen eigenen vervollständigte, seiner Stelle entsetzt worden ist, nachdem er überführt war und gestanden hatte, es aus Liebe zu Paulus getan zu haben. Wie wahrscheinlich wäre es wohl, dass der welcher dem Weibe beharrlich die Erlaubnis zu lehren verweigert hat, ihm die Macht, zu lehren und zu taufen, sollte eingeräumt haben? »Sie sollen schweigen«, drückte er sich aus, »und zu Hause ihre Ehemänner befragen.«
Tertullian: Über die Taufe c. 17 (154), S. 294f.
(26) Epiphanius über Frauen in kirchlichen Ämtern, 374/77
Die Quintillianer, auch Pepuzianer genannt, und die Artotyriter und Priscillianer, werden zu den Phrygern gezählt und stammen von diesen ab, unterscheiden sich aber doch in einigen Dingen. Diese Phryger nämlich und die Priscillianer behaupten, dass Quintilla oder Priscilla wir wissen nämlich nicht sicher welche, - jedenfalls eine von beiden in Pepuza irgendwann im Schlaf geraubt worden sei. Dann sei Christus zu ihr gekommen und habe dort zugleich in einem Gewand ihrer Art geschlafen, wie die dumme Dirne sich brüstete: Mit dem Aussehen einer Frau und im glänzenden Kleid kam Christus zu mir, gab mir Weisheit und zeigte auf, dass dieser Ort heilig sei, auf ihn falle das heilige Jerusalem. Deswegen pflegen bis in die heutige Zeit einige Frauen und Männer durch denselben Kult geweiht zu werden, damit sie dort liegend Christus betrachten. Deswegen werden bei diesen und den Phrygern weibliche Propheten genannt. (...)
Ferner ziehen beide das Testament hinzu und glauben an die Auferstehung der Toten. Sie rühmen Quintilla zusammen mit Priscilla als ihre Begründer und auch die Phryger gesellen sich hinzu. Sie benutzen viele sehr lügenhafte Autoritäten. Eva teilen sie ein einzigartiges Ansehen zu, weil sie als erste von der Frucht der Weisheit gegessen hat. Sie verkünden laut, dass die Prophetin die Schwester Moses sei. Jene stimmen dem Beispiel zu, dass Frauen in die Geistlichkeit gewählt werden müssen. (...)
Bei diesen sind die Frauen Bischöfe und Priester, bei den übrigen wählen sie einen derartigen Rang hinzu, damit kein Unterschied zwischen den Gechlechtern gewährt wird, »denn in Jesu ist weder Mann noch Frau«. (...)
In der Tat, sobald man einmal von der wahren Religion abgeirrt ist, wird notwendigerweise alles, was die Menschen tun, lächerlich und verworren, so dass von daher verschiedene Arten der Raserei sowie der Eindruck von Dämonischem in den Körpern entstehen, denn die Seelen derjenigen, die am wenigsten den Anker der Wahrheit festhalten, sich jeder Gelegenheit dem Wehen der Winde überlassen, werden kopfüber in den Wahnsinn getrieben. dass sie nämlich Dirnen in den Rang von Bischöfen und Priestern erhöben, das, sagen sie, täten sie wegen Eva; freilich hören sie dabei nicht, was vom Herrn gesagt ist: Zum Mann (gewendet) sei deine Lebensweise und er selbst wird über dich herrschen. Diese ignorieren folgende Vorschrift des Apostels: »Ich erlaube einer Frau nicht zu reden und auch nicht, dass sie Macht über den Mann habe. Nicht ist nämlich der Mann von der Frau, sondern die Frau aus dem Manne; und: Adam ist nicht getäuscht worden, sondern Eva wurde zuvor getäuscht und übertrat das Gesetz.«
übertragen nach: Epiphani.us v. Salamis: Gegen die Häretiker; 2. Buch, 1. Teil c. 29,1-3 (73), PG Bd. 41, S. 879-882.

(27) Epiphanius über Frauen in kirchlichen Ämtern, 374/77
Nach jener oben genannten ketzerischen Sekte wurde bald die Sage über eine andere zu uns gebracht, über welche wir kurz vorher eine Bemerkung in jenem Brief gemacht hatten, den wir über die Jungfrau Maria nach Arabien geschrieben haben. Diese Sekte nämlich kam aus Thrakien und dem oberen Skythien nach Arabien bis zu uns. Diese wird freilich bei klugen Menschen für lächerlich und des Spottes würdig befunden. Aber wir werden versuchen die Irrtümer jener aufzudecken und, was sie selbst (die Sekte) bekennt, zu offenbaren.
(...)
Bei ihnen wird jener gefeierte Ausspruch der heidnischen Philosophen gebilligt: Das Äußerste ist die Gleichheit. Nun geschieht durch beide Sekten ein und derselbe Schaden, weil die einen die Würde der heiligen Jungfrau vermindern, die anderen sie über jedes Maß und Vernunft anheben. Denn was die frühere Lehre angeht, welche Urheber und Schutzherren außer Dirnen hat sie? Dieses Geschlecht pflegt betrügerisch, zum Irrtum geneigt, von gänzlich winzigem und engstirnigem Geist zu sein. Durch sie scheint der Teufel jenes entfernt zu haben und in diesem Teil das getan zu haben, was er auch durch Quintilla, Maximilla und Priscilla bei diesen lächerlichen Irrtümern, die sich verbreiten, gewährt hatte. Nämlich einige Frauen schmücken einen Wagen und einen quadratischen Stuhl mit einem von oben ausgebreiteten Tuch zur heiligen Zeit, und legen einige Tage lang Brot hin und bieten es im Namen der Maria an. Dann speisen alle zugleich davon. Auf also, Diener Gottes! Lasst uns männlichen Geist annehmen, damit wir den Wahnsinn dieser Dirnen verwirren. Nichts ist nämlich an diesem ganzen Glauben, außer weiblichen Geredes und der Torheit der getäuschten Eva oder besser der Schlange, der Bestie, die die Urheberin des Bösen war.
(...)
Denn weil wir von alten Zeiten her bis zum heutigen Tag alles mit der Seele finden, wer sieht nicht, dass jene Lehre und Idee dämonisch ist und versucht, von der richtigen Vernunft abzuweichen? Niemals nämlich, seit diese Welt geschaffen ist, hat eine Frau das Priesteramt verwaltet, nicht einmal Eva selbst: Diese hat, auch wenn sie ein sehr schweres Delikt begangen hat, niemals gewagt, ein solches Verbrechen durchzuführen und auch nicht irgendeine ihrer Töchter.
übertragen nach.- Epiphanius v. Salamis: Gegen die Häretiker; 3. Buch, 2. Teil c. 74,1-2 (73), PG Bd. 42, S. 739-742.

(28) Maria Magdalena als apostolische Autorität, 2. Hälfte 4. Jh.
Als der Selige das gesagt hatte, grüßte er sie alle und sagte: »Friede sei euch. Meinen Frieden erwerbt euch. Seid auf der Hut, dass niemand euch irre führe mit den Worten: seht hier! oder seht da! Denn der Sohn des Menschen ist in eurem Innern. Folget ihm nach! Die ihn suchen werden ihn finden. Geht also und predigt das Evangelium vom Reiche. Ich habe kein Gebot erlassen außer dem, was ich euch festgesetzt habe. Auch habe ich kein Gesetz gegeben wie der Gesetzgeber, damit ihr dadurch nicht erfasst werdet.« Als er das gesagt hatte, ging er weg. Sie aber waren betrübt, weinten heftig und sprachen: »Wie sollen wir zu den Helden gehen und das Evangelium vom Reiche des Sohnes des Menschen predigen? Wenn nicht einmal dieser verschont wurde, wie sollen wir da verschont werden? Da stand Maria auf, begrüßte sie alle und sprach zu ihren Brüdern: »Weinet nicht, seid nicht traurig und auch nicht unentschlossen, denn seine Gnade wird mit euch allen sein und wird euch beschützen. Laßt uns vielmehr seine Größe preisen, denn er hat uns bereitet und zu Menschen gemacht.« Als Maria das sagte, wandte sie ihren Sinn zum Guten, und sie begannen, über die Worte des Erlösers zu diskutieren. Petrus sprach zu Maria: »Schwester, wir wissen, dass der Erlöser dich liebte mehr als die übrigen Frauen. Sage uns die Worte des Erlösers, deren du dich erinnerst, die du kennst, nicht aber wir, und die wir auch nicht gehört haben.« Maria antwortete und sprach: »Was euch verborgen ist, will ich euch mitteilen.«
Evangelium der Maria; zitiert nach Till/Schenke: Die gnostischen Schriften des Koptischen Papyrus Berolinensis (161), S. 65-69.

(29) Maria Magdalena als führende Jüngerin, 2. Hälfte 4. Jh.
c. 34. Es geschah nun, als Maria diese Worte zu Jesus inmitten der Jünger zu sagen beendet hatte, sprach sie zu ihm: »Mein Herr, dies ist die Auflösung des Mysteriums der Reue der Pistis Sophia.«
Es geschah nun, als Jesus Maria diese Worte hatte sagen hören, sprach er zu ihr: »Vortrefflich Maria, Du Selige, die Fülle oder die allselige Fülle, diese, weiche bei allen Geschlechtern selig gepriesen werden wird.«
c. 36. Es geschah nun, als Jesus diese Worte seinen Jüngern zu sagen beendet hatte, sprach er: »Begreift ihr, in welcher Weise ich mit euch rede?« Es stürzte Petrus vor und sprach zu Jesus: »Mein Herr, wir werden diese Frau nicht ertragen können, da sie uns die Gelegenheit nimmt und sie niemand von uns hat reden lassen, sondern vielmals redet.« (...)
c. 72. (...) »Diese Worte hat wiederum die Pistis Sophia gesagt. Jetzt nun, wessen Verstand verständig geworden ist, indem er die Worte, die die Pistis Sophia gesagt hat, begriffen hat, der möge vortreten und ihre Auflösung vortragen.«
Es geschah nun, als das erste Mysterium diese Worte den Jüngern zu sagen beendet hatte, trat Maria vor und sprach: »Mein Herr, mein Verstand ist allezeit verständig, um jedesmal vorzutreten und die Auflösung der Worte, die sie gesagt hat, vorzutragen, aber ich fürchte mich vor Petrus, weil er mir droht und unser Geschlecht hasst.« (...)
c. 146. Es sprach Petrus: »Mein Herr, mögen die Frauen zu fragen aufhören, damit auch wir fragen.«
Es sprach Jesus zu Maria und den Frauen: »Lasset euren männlichen Brüdern die Gelegenheit, dass auch sie fragen.«
Schmidt (Hrsg.): Pistis Sophia c. 34, c. 36b, c. 72, c. 146 (138).

(30) Frauenfeindlichkeit des Petrus, 2. Jh.
Simon Petrus sagte ihnen: »Maria soll aus unserer Mitte fortgehen, denn die Frauen sind nicht würdig des Lebens.« Jesus sagte: »Siehe, ich werde sie anziehen, um aus ihr einen Mann zu machen, damit sie wird, sie auch, ein lebender Geist (nvr,üga), ähnlich euch Männern. Denn jede Frau, wenn sie sich männlich macht, wird in das Himmelreich eintreten.«
Thomas-Evangelium Logion 114, zitiert nach: Hennecke/Schneemelcher: Neutestamentliche Apokryphen (86), Bd. 1, S. 216.

(31) Das Witwenamt in der syrischen Didaskalia, Anfang 3. Jh.
Als Witwen aber sollt ihr aufstellen die, welche nicht unter fünfzig Jahren sind, damit sie gewissermaßen infolge ihrer Jahre dem Gedanken, zwei Männer zu heiraten, fernbleiben. Wenn ihr aber eine Junge in die Reihe der Witwen stellt und sie ihre Witwenschaft ihrer Jugend wegen nicht erträgt und heiratet, so bringt sie Schande auf die Ehre der Witwenschaft, und sie muss Gott Rechenschaft geben, zunächst darüber, dass sie zweimal geheiratet hat, und dann auch darüber, dass sie eine Witwe zu sein versprochen hat zur Ehre Gottes, und als Witwe (einen Mann) genommen hat und nicht im Witwenstande geblieben ist. Wenn aber eine Junge da ist, die mit ihrem Manne eine kleine Zeit gelebt hat, und ihr Mann stirbt, oder es tritt aus irgend einem anderen Grunde wiederum eine Trennung ein, und sie bleibt für sich allein, indem sie an der Ehre der Witwenschaft teilnimmt, die wird Glückseligkeit von Gott empfangen, indem sie jener Witwe von Sarepta bei Sidon gleicht, bei der der heilige Sendbote, der Prophet Gottes, sich ausruhte; oder sie wird wiederum sein wie Hanna, welche die Ankunft Christi pries. Sie hat Zeugnis empfangen, und um ihrer Vortrefflichkeit willen wird sie geehrt werden, Ehre auf Erden bei den Menschen und Herrlichkeit bei Gott im Himmel ererben. Die jungen Witwen aber sollen nicht in die Witwenschaft eingereiht werden, sondern es soll für sie gesorgt und ihnen geholfen werden, dass sie nicht unter dem Vorwande, sie litten Mangel, sich zum zweiten Mal verheiraten wollen, und somit etwas beginnen, was (ihnen) Schaden bringt. Das nämlich müsst ihr wissen, dass die, welche einmal verheiratet war, nach dem Gesetz auch zum zweiten Mal heiraten darf, die aber darüber hinausgeht, ist eine Hure. (...)
Eine jede Witwe, die es gibt, muss sanftmütig, ruhig und still sein, auch soll sie ohne Bosheit und ohne Zorn sein, nicht schwatzhaft und nicht keifend, sie sei nicht zungenfertig und liebe nicht den Streit; und wenn sie sieht oder hört, dass sich irgend etwas Verabscheuungswürdiges zuträgt, so sei sie wie eine, die nichts gesehen und gehört hat. Denn eine Witwe soll sich nicht um irgend etwas anderes kümmern, als dass sie für die Geber und für die ganze Kirche bete. Und wenn sie von jemand nach etwas gefragt wird, so soll sie nicht sogleich antworten, außer wenn es sich allein um die Gerechtigkeit und um den Glauben an Gott handelt, und sie soll die, welche sich unterrichten wollen, zu den Vorstehern schicken; und denen, die sie fragen, sollen sie nur Antwort geben. (...)
Wenn nämlich die Heidenvölker, die bekehrt werden, das Wort Gottes hören, ohne dass es ihren ordnungsgemäß, wie es sich gebührt, verkündet wird zum Bau des ewigen Lebens, zumal weil ihnen von einer Frau vorgetragen wird, wie unser Herr mit dem Leibe bekleidet war, und über das Leiden Christi, so lachen und spotten sie, anstatt das Wort der Lehre zu preisen, und jene macht sich des großen Gerichts der Sünde schuldig. Es ist also nicht nötig oder gar dringend erforderlich, dass Frauen Lehrerinnen sind, besonders inbetreff des Namens Christi und der Erlösung durch sein Leiden. Denn nicht um zu belehren seid ihr Frauen und besonders ihr Witwen angestellt, sondern um zu beten und Gott den Herrn zu bitten. Denn er, Gott der Herr, Jesus Christus unser Lehrer, hat uns, die Zwölf, ausgesandt, das (auserwählte) Volk und die Heidenvölker zu lehren. Es waren aber mit uns Jüngerinnen: Maria von Magdala und Maria, die Tochter des Jakobus, und die andere Maria: er hat sie jedoch nicht ausgesandt, mit uns das Volk zu lehren. Denn, wenn es nötig gewesen wäre, dass die Frauen lehrten, so hätte unser Lehrer ihnen befohlen, mit uns zu unterweisen. Vielmehr soll eine Witwe wissen, dass sie der Altar Gottes ist, und sie soll beständig in ihrem Hause sitzen, soll nicht umherschweifen und sich (nicht) in den Häusern der Gläubigen herumtreiben, um etwas zu erhaschen; denn der Altar Gottes schweift niemals umher und bewegt sich von seinem Platze, sondern ist fest gegründet an Einer Stelle. (...)
Dass es sich für die Witwen nicht geziemt, irgend etwas zu tun ohne Befehl der Bischöfe. Es ist also Pflicht der Witwen, rein zu sein und den Bischöfen und Diakonen zu gehorchen, schamhaft und scheu zu sein und die Bischöfe wie Gott zu fürchten, sich nicht nach dem eignen Willen zu benehmen und nicht den Wunsch zu hegen, irgend etwas zu tun außer dem, was ihnen vom Bischof befohlen ist: entweder dass sie ohne (sich) Rat (zu holen) mit jemand reden zum Zweck der Bekehrung oder dass sie zu jemand gehn, um zu essen und zu trinken, oder dass sie mit jemand fasten, oder von irgend jemand etwas annehmen, oder jemand die Hand auflegen und (für ihn) beten ohne Befehl des Bischofs oder des Diakon. Wenn sie aber irgend etwas tut, was ihr nicht befohlen ist, so soll sie gescholten werden, darum, dass sie sich zuchtlos benommen hat. (...)
Dass es einer Frau nicht erlaubt ist, zu taufen. Was nun die Frau betrifft, so raten wir (ihr) nicht, zu taufen, oder sich von einer Frau taufen zu lassen, denn das ist eine Übertretung des Gebotes und sehr gefährlich für die, welche tauft, und den, welcher getauft wird. Denn, wenn es erlaubt wäre, von einer Frau getauft zu werden, so wäre unser Herr und Meister von seiner Mutter Maria getauft worden; nun aber ist er von Johannes getauft worden, wie auch die andern aus dem Volke. Bringet also keine Gefahr über euch, ihr Brüder und Schwestern, indem ihr euch wie außerhalb des Gesetzes des Evangeliums stehend betragt.
Über den Neid der lügenhaften Witwen unter einander. Von dem Neide aber oder der Eifersucht oder von der Verleumdung und der üblen Nachrede oder von dem Streite, den bösen Gedanken und der Klatschsucht oder der Widerspenstigkeit haben wir euch schon vorher gesagt, dass dergleichen bei einem Christen nicht vorkommen darf, bei den Witwen aber ist es am besten, dass nicht eins von ihnen auch nur genannt werde.
Achelis/Flemming (Hrsg.): Die syrische Didaskalia (31), S. 74-81.

(32) Das Witwenamt im Testamentum Domini Jesu Christi, 2. Hälfte 5. Jh.
Am Sonnabend soll der Bischof 3 Brote als Symbol der Dreieinigkeit anbieten, am Sonntag 4 Brote für das Bild des Evangeliums. Solange der Bischof die Opfergabe darbietet, soll das Tuch ausgebreitet sein als Zeichen zur Ablenkung des schwachen Volkes. Er soll innerhalb des Tuches das Brot anbieten zusammen mit den Priestern, Diakonen, den kanonischen Witwen, den Unterdiakonen, den Diakonissen, Vorlesern und denen, die himmlische Gaben besitzen. Als erster soll der Bischof sich in die Mitte stellen und gleich nach diesem sollen die Priester rechts und links stehen und nach den Priestern, die sich an der linken Seite befinden, folgen zuerst die Witwen, nach den Priestern, die auf der rechten Seite stehen, sollen die Diakone stehen; nach diesen die Vorleser und nach den Vorlesern die Unterdiakone; nach den Unterdiakonen die Diakonissen. (...)
In der Kirche sollen 12 Priester, 7 Diakone, 4 Unterdiakone (zum Lesen 4 Vorleser) und 3 Witwen benannt werden, die den Vorsitz der Sitzung haben. (...)
Wir wollen für den Bischof bitten, dass der Herr ihn lange im christlichen Glauben bewahrt, damit er, das Wort der Wahrheit richtig hervorbringt und der Kirche in Reinheit und ohne Fehl vorstehe. Wir wollen für die Priester beten, dass der Herr nicht von ihnen den priesterlichen Geist wegnehme, und dass er ihnen Fürsorge und Frömmigkeit bis ans Ende gibt.
Wir wollen für die Diakone beten, dass der Herr ihnen gibt, den richtigen Lebenslauf einzuschlagen, in Sittenreinheit zu leben und dass er an ihre Arbeit und Barmherzigkeit erinnert.
Wir wollen für die Priesterinnen beten, dass der Herr ihre Gebete erhört und in der spätgeborenen Gunst ihren Geist überwacht und ihre Arbeit unterstützt.
Wir wollen für die Unterdiakone, Vorleser und Diakonissen beten, dass der Herr ihnen zuteilt, Lohn in Bescheidenheit anzunehmen.
Wir wollen für die weltlichen Gläubigen beten, dass der Herr ihnen gibt, den Glauben vollständig zu bewahren.
Wir wollen für die Glaubensschüler beten, dass der Herr ihnen gibt, dass sie der Taufe, der Sündenvergebung würdig sind, er sie heiligspricht durch das Zeichen der Sittenreinheit. (...)
Zu den Witwen wird jene gezählt, die ausgewählt wird, welche in lang andauernder Zeit ohne Mann geblieben ist und vielfach von den Menschen verführt wurde zu heiraten; dennoch selbst nicht an einem Mann festhängen wollte wegen des Glaubens. Anders aber darf man sie noch nicht auswählen, sondern sie muss zur rechten Zeit geprüft werden, ob sie fromm war, ob sie die, die sie als Söhne hat, in Sittenreinheit erzogen, ob sie ihnen wenig weltliche Weisheit gelehrt hat, ob sie sie in Liebe zum heiligen Gesetz und zur Kirche erzogen hat, ob sie im Gebet beharrlich gewesen ist, sich als demütig erwiesen hat, ob sie denen, die an Leichtfertigkeit leiden, geholfen hat, sich selbst den Heiligen offenbart hat, die Heiligen nicht vernachlässigt hat, nach Kräften gedient hat und ob sie geeignet ist, das Joch zu tragen und auszuhalten. Ferner sei die hinzuzuwählen, die ohne Unterbrechung betet und in allem vollkommen ist: Indem sie nach Geist verlangt und die Augen des Herzens für alle offen hat. Sie soll jederzeit gütig sein, die Einfachheit lieben, nichts in der Welt besitzen, sondern fortwährend das Kreuz dulden und herumtragen, welches jedes Schlechte vernichtet, bei Tag und bei Nacht soll sie beim Altar verweilen, froh und verborgen sich Arbeit auferlegen. Wenn sie 1 oder 2 oder 3 einmütige Verbündete hat, werde ich unter ihnen sein. Sie soll vollkommen gegen Gott sein, nämlich die, die vom Geist besucht wird; das, was ihr aufgetragen wird, soll sie mit Ehrfurcht und Sorgfalt beenden. Sie soll die ungehorsamen Frauen ermahnen, die unwissenden erziehen, die Sünderinnen bekehren und sie lehren, schamhaft zu sein und die Diakonissen genau erforschen. Sie soll diejenigen, die eintreten, dazu bringen zu wissen, wie und welcher Art sie selbst sein müssen, und die, die draußen bleiben, soll sie ermahnen. Denen, die zuhören, soll sie geduldig Rat darüber geben, was gut ist. Den nicht gehorchenden soll sie nach dreimaligem Ermahnen keinen Rat mehr geben. Sie soll die hegen, die in Jungfräulichkeit und Reinheit sein wollen. Sie soll bescheiden und friedlich diejenigen zurechtweisen, die sich als von der anderen Seite erweisen. Mit allen soll sie Frieden stiften. Die, die Überflüssiges und Leeres reden, soll sie beharrlich tadeln, wenn sie aber nicht hören, soll sie sich einer im Alter fortgeschrittenen Frau anschließen oder es dem Bischof zu Ohren bringen. In der Kirche soll sie schweigen, im Gebet soll sie beharrlich sein, sie soll die Kranken besuchen, wobei sie jeden Sonntag einen oder zwei Diakone mit nimmt und ihnen hilft. Wenn sie etwas besitzt, soll sie es an die Armen und Gläubigen verteilen.
Wenn sie aber nichts besitzt, muss sie von der Kirche unterstützt werden. Sie soll nichts Weltliches tun, gleich wie in der Prüfung. Sie soll die Worte des Geistes erfüllen, in Gebeten und Fasten soll sie standhaft sein, nichts Tiefgehendes soll sie erforschen und sie soll annehmen, was der Herr ihr schickt. Sie soll nicht mit Kindern beschäftigt werden, sondern sie der Kirche übergeben, damit sie, im Hause Gottes lebend, geeignet zum Priesteramt werden. Ihre Gebete zu Gott werden angenommen sein und es werden Opfer für den Altar Gottes gegeben. Die nämlich richtig dienen, werden von den Erzengeln gerühmt werden. Die aber ungehorsam, geschwätzig, neugierig, rasend, trunksüchtig und maßlos sind und sehr alle Freuden lieben, die werden durch die Trugbilder ihrer Seelen, welche vor dem Vater des Lichtes stehen, zu Grunde gehen, hingeführt das Dunkle zu bewohnen.
übertragen nach.- Testamentum Domini Jesu Christi. Hrsg. v. Ignatius Epraem 111 Rahmani; 1, 23; 1, 34; 1, 35; 1, 40 (155).

(33) Das Diakonissenamt in der syrischen Didaskalia, Anfang 3. Jh.
Darum, o Bischof, stelle dir Arbeiter bei der Almosenpflege an und Helfer, die mit dir zum Leben helfen; die, welche dir von dem ganzen Volke wohl gefallen, wähle aus und stelle (sie) als Diakonen an, sowohl einen Mann zur Beschickung der vielen Dinge, die nötig sind, als eine Frau zum Dienst der Weiber. Es gibt nämlich Häuser, wohin du einen Diakon zu den Frauen nicht schicken kannst um der Helden willen, eine Diakonisse aber wirst du schicken (können), zumal da auch (noch) in vielen andern Dingen die Stellung einer dienenden Frau nötig ist. Zunächst, wenn die Frauen in das Wasser hinabsteigen, ist es nötig, dass die, welche zum Wasser hinabsteigen, von einer Diakonisse mit dem Äle der Salbung gesalbt werden, und wo keine Frau zugegen ist und besonders (keine) Diakonisse, da muß der Täufer den (weiblichen) Täufling salben, wo aber eine Frau da ist und besonders eine Diakonisse, ist es nicht Sitte, dass die Frauen von Männern gesehen werden, sondern salbe nur das Haupt unter Handauflegung, wie früher Priester und Könige in Israel gesalbt worden sind. Auch du salbe auf jene Weise unter Handauflegung das Haupt derer, die die Taufe empfangen, seien es Männer oder Frauen. Und darnach, wenn du taufst, oder den Diakonen und den Presbytern zu taufen befiehlst, soll eine dienende Frau, wie wir oben gesagt haben, die Frauen salben, ein Mann aber soll über ihnen die Namen der Anrufung der Gottheit im Wasser sprechen. Und wenn der (weibliche) Täufling aus dem Wasser heraus gestiegen ist, soll ihn die Diakonisse in Empfang nehmen, belehren und erziehen, wie das Siegel der Taufe unzerstörbar ist, in Keuschheit und Heiligkeit. Darum sagen wir, dass besonders der Dienst einer dienenden Frau nötig und erforderlich ist, denn auch unser Herr und Heiland ist von dienenden Frauen bedient worden, nämlich von der Maria von Magdala, und von Maria der Tochter des Jakobus, und von der Mutter des Jose und der Mutter der Söhne Zebedäi mit noch anderen Frauen. Auch du bedarfst des Dienstes der Diakonisse zu vielen Dingen, denn in die Häuser der Heiden, wo gläubige (Frauen) sind, muss die Diakonisse gehen, die Kranken besuchen und sie bedienen mit dem, was sie brauchen; und die, welche anfangen von ihrer Krankheit zu genesen, soll sie waschen.
Von den Diakonen. Die Diakonen sollen in ihrer Führung dem Bischof gleichen, indessen sollen sie viel geschickter zur Arbeit sein als er, und nicht unrechten Gewinn lieben, sondern eifrig sein im Dienst und (an Zahl) entsprechend der Größe der Volksmenge der Kirche, - so sollen die Diakonen sein, dass sie einem jeden Bescheid geben und Erleichterung verschaffen können, dass sie den Greisinnen, die keine Kraft haben, und den Brüdern und Schwestern, die mit Krankheit behaftet sind, einem jeden von ihnen guten Dienst leisten, wie es ihm zukommt. Die Frau aber soll besonders eifrig sein im Dienste der Frauen.
Achelis/Flemming (Hrsg.): Die syrische Didaskalia (31), S. 84-86.

(34) Das Diakonissenamt nach den Apostolischen Konstitutionen, um 380 Fürbitten: Noch opfern wir Dir für alle Heiligen, die Dir von Anfang an gefallen haben, die Patriarchen, Propheten, Gerechten, Apostel, Märtyrer, Bekenner, Bischöfe, Priester, Diakone, Subdiakone, Vorleser, Sänger, Jungfrauen, Witwen, Laien und alle, deren Namen Du selbst kennst. (.. .)
Weihe der Diakonissin: Über die Diakonissin aber verordne ich, Bartholomäus: 0 Bischof, Du wirst ihr unter Beistand des Presbyteriums, der Diakonen und Diakonissinnen die Hände auflegen und sprechen:
Ewiger Gott, Vater unseres Herrn Jesus Christus, Schöpfer des Mannes und des Weibes. Du hast Maria, Debbora, Anna und Holda mit Geist erfüllt, Du hast es nicht für unwürdig erachtet, dass Dein eingeborener Sohn aus einem Weibe geboren werde, und im Zelte des Zeugnisses und in dem Tempel hast Du Wächterinnen der heiligen Tore aufgestellt. Siehe auch jetzt selbst auf diese Deine Dienerin, die zu Deinem Dienste gewählt worden ist, und gib ihr den Heiligen Geist und reinige sie von aller Befleckung des Fleisches und Geistes, dass sie das ihr anvertraute Werk würdig verrichte zu Deiner Ehre und zum Lobe Deines Christus, mit welchem Dir und dem heiligen Geiste Ehre und Anbetung sei in Ewigkeit. Amen.
Kanones über die Rechte und Pflichten der höheren und der übrigen Kleriker. (...)
Die Diakonissin segnet nicht und tut überhaupt nichts von demjenigen, was die Priester und Diakonen tun, sondern hat die Kirchtüren zu bewachen oder des Anstandes wegen den Priestern bei der Taufe der Frauen zu dienen.
Der Diakon scheidet einen Subdiakon, Vorleser, Sänger oder eine Diakonissin aus, wenn es in Abwesenheit eines Priesters notwendig ist. Dem Subdiakon ist es nicht gestattet, einen Kleriker oder Laien auszuscheiden, auch nicht einen Vorleser oder einen Sänger oder eine Diakonissin, denn sie sind Diener der Diakonen.
Apostolische Konstitutionen VIII, 12; VIII, 19f.; VIII, 28 (37), S. 51, S. 62.

(35) Verleumdung der Frauen als Häretikerinnen durch Hieronymus, Ende 4. Jh. Simon Magus gründete eine Sekte mit Hilfe der Hure Helena. Nikolaus von Antiochien, den Verführer zu aller Unreinheit, begleiteten Scharen von Frauen. Marcion sandte eine Frau nach Rom voraus, die die Geister vorbereiten sollte, damit sie in seine Netze gingen. Apelles hatte seine Philomena, eine Gefährtin der falschen Lehren. Montanus, dieses Mundstück eines unreinen Geistes ließ durch zwei reiche und vornehme Frauen, Prisca und Maximilla, viele Gemeinden zunächst bestechen, um sie dann in die Sektiererei zu führen. (...)
Arius, der die Welt in die Irre führen wollte, begann dies mit der Schwester des Kaisers. Donatus, der in Afrika viele Unglückliche mit seiner befleckenden Wiedertaufe verdarb, wurde dabei durch die Hilfsquellen der Lucilla unterstützt. In Spanien führte die blinde Frau Agape einen Mann wie Elipidius in das Grab. Sie hatte einen Nachfolger in Priscillian, der, bevor er Bischof wurde, ein begeisterter Anhänger Zarathustras und ein Magier war. Eine Frau namens Galla unterstützte ihn in seinen Bestrebungen und hinterließ eine Stiefschwester, um eine zweite Häresie geringerer Form fortzusetzen.
übertragen nach: Hieronymus: Gegen Jovinianus 1, 48 (90), S. 1152f.

Das Frauenbild der Kirchenväter

Frauen im Mittelalter

Einführung

Die Kirchenväter knüpften in ihrem Frauenbild nicht an die positiven Wertungen der Evangelien an, sondern führten die antifeministischen Tendenzen der Briefe fort. Sie verhalfen diesen Ansichten innerhalb der christlichen Kirche zum endgültigen Durchbruch, indem sie die patriarchalischen Normen ihrer Umwelt mit ihrem Verständnis von Christentum vermengten und daraus ein theologisches Lehrgebäude schufen, das die Unterordnung und Minderwertigkeit der Frau rechtfertigte. Sexualfeindlichkeit aufgrund des Dualismus von Geist und Seele einerseits und Körper andererseits und ein ausgesprochener Frauenhass bestimmten im allgemeinen ihre Schriften.
Die Frau sollte sich, sofern sie nicht den verheißungsvolleren Weg der Jungfräulichkeit einschlug, ihrem Mann unterordnen und ihm folgen. Sie sollte ihm dienen, den Haushalt führen und Kinder gebären (40, 42, 43, 44, 46). Der Mann sollte hingegen die Frau anleiten, lehren und führen, da er ihr physisch, psychisch und intellektuell überlegen sei (40, 65). Auch diejenigen unter den Kirchenvätern, die für Frau und Mann die gleiche menschliche Natur annahmen, betonten die bessere Begabung des Mannes und unterwarfen die Frau dem männlichen Geschlecht (38, 53). Innerhalb der Ehe komme es dem Mann zu, zu lieben, der Frau zu fürchten (43). Eine allgemeine Gleichberechtigung der Frau erschien den Kirchenvätern geradezu als Unglück. Die Frauen sollten von allen öffentlichen Bereichen (41, 44) sowie von der kirchlichen Hierarchie ausgeschlossen bleiben.
Verhängnisvoll wirkte sich die Sexualfeindlichkeit der Kirchenväter auf die Bewertung der Frau aus. Sie werteten die Geschlechtlichkeit des Menschen rein funktional, d. h. sie sahen die alleinige Funktion des Geschlechtsverkehrs in der Kinderzeugung (55). Nur aus diesem Grunde sollte er erlaubt sein, sofern Lust und sexuelle Befriedigung, die man als sündhaft verwarf, möglichst ausgespart blieben (55). Die Ausübung des Geschlechtsverkehrs blieb streng an die Ehe gebunden, die als Pflanzstätte des Menschengeschlechts aufgefasst wurde und ihre Berechtigung erhielt (56). Insgesamt erschien ihnen die Ehe als wenig erstrebenswert und gegenüber der freiwilligen Enthaltsamkeit als minderwertig und als Last (56, 62).
Bestimmend für die weitere Entwicklung wurde insbesondere die Ehegüterlehre des Augustinus, die das Sündhafte des Geschlechtsverkehrs durch die drei Ehegüter proles (Nachkommenschaft), fides (Treue) und sakramentum (Heiligkeit des Sakraments) zu kompensieren suchte. Gleich anderen sah er den eigentlichen Zweck der Ehe primär in der Erzeugung von Kindern und sekundär in der Vermeidung der Unzucht. Weitgehende Übereinstimmung mit anderen bestand in der Forderung nach ehelicher Treue, die Frau und Mann in gleicher Weise band und beide zum ehelichen Verkehr verpflichtete (60). Nur bisweilen forderten die Kirchenväter für die Frau eine größere Treuepflicht als für den Mann (59). Eine Auflösung der Ehe kam für keinen der beiden Ehepartner in Betracht (60).
Manche Kirchenväter empfanden sogar die Wiederheirat nach dem Tode eines Ehepartners als Ehebruch, Hurerei und Sünde und untersagten deshalb eine zweite Ehe (581. Während der Ehe sollte der Mann als Haupt und Vorbild in der Familie herrschen, die Frau dienen (40, 42 - 44, 46). Des öfteren betonten die Kirchenväter allerdings, dass darin kein einseitiges, egoistisches Herrschaftsrecht des Mannes begründet liege, sondern er seine Frau liebevoll behandeln sollte (43).
Man mag einwenden, dass sich die sexualfeindliche Haltung der Kirchenväter in gleicher Weise gegen Männer und Frauen richte. Dies war jedoch nicht der Fall, da der in der Genesis geschilderte Sündenfall, der zum Verderben der Menschheit geführt habe, weitgehend als sexueller Sündenfall interpretiert wurde, für den Eva, die Frau, verantwortlich sei. Im Paradies habe es die gegenwärtige Form des Geschlechtsverkehrs noch nicht gegeben, wie es sie auch nach der Auferstehung nicht mehr geben werde. Die Menschen seien im Paradies quasi engelgleich gewesen.
Da es keinen Tod gab, gab es auch keine Ehe, keinen Fortpflanzungstrieb. Dies sei erst nach dem Sündenfall mit dem Verlust der Unsterblichkeit notwendig geworden. Mit der tierhaften Form der Zeugung nach dem Sündenfall seien auch die Begierde, die Lust und die Leidenschaften in den Menschen gelangt (56). Augustinus nahm in seiner Vorstellung von der Paradiesehe an, dass es zwar auch im Paradies eine Ehe und eine Fortpflanzung gegeben habe, beim Geschlechtsverkehr sei jedoch jede Entwicklung sexueller Lust ausgeschlossen gewesen. Die Geschlechtsorgane hätten völlig dem Verstand gehorcht. Die Begierde und die Lust seien erst eine Folge des Sündenfalls gewesen. Entsprechend könnten Lust und sexuelle Befriedigung keine positiven Werte darstellen. Sie seinen grundsätzlich sündhaft (55, 57).
Aus derartigen Interpretationen der menschlichen Sexualität und des in der Genesis geschilderten Sündenfalls entwickelten die Kirchenväter ihre Auffassung der Askese, die notwendig sei, um sich der ursprünglichen Natur des Menschen wieder zu nähern. Nur so könne das Heil erlangt werden, indem man der Enthaltsamkeit und Jungfräulichkeit nachfolge. Die Keuschheit wurde zur christlichen Zentraltugend (61). Eine besondere Gefahr, dieses Ziel zu erlangen, ging von der Frau aus, die ständig versuche, die Männer zu betören und in ihnen Begierden zu erwecken (37, 45, 48). Die Frau erschien ihnen geradezu als ein Synonym für Begierde, Lust, Geschlechtlichkeit und Zügellosigkeit (37, 39, 48, 52). Sie war Körper, der Mann hingegen Geist und Verstand (39, 40, 49). Da sie eine ständige Versuchung für den Mann sei, stehe sie dem Sinn, dem Ziel des Lebens, der Erlangung des Heils im Wege. Sie müsse deshalb wie die Lust überwunden werden. Im Grunde war sie ein Hindernis und keine Hilfe. Nur bei der Fortpflanzung war sie von Wert (47).
Diese Minderwertigkeit der Frau werde bereits in der Schöpfung deutlich, denn der Mann sei zuerst erschaffen worden. Die Frau hingegen stamme vom Mann ab (53). Ihre volle Verachtung erfuhr die Frau durch ihre Identifizierung mit der Sünde, denn ihre Leichtsinnigkeit, ihre Schwäche und ihr Wankelmut habe das Verderben über die Menschheit gebracht. Sie allein trage die Schuld am Sündenfall und sie sei Trägerin der Erbsünde (50, 54). Origenes hielt sie allerdings nicht einmal dessen für fähig (51). Zur Strafe müsse die Frau unter Schmerzen Kinder gebären und sei dem Mann unterworfen (50). Während der Mann die guten, die geistigen Werte repräsentierte, galt die Frau als das schlechthin Böse. Selbst die Laster des Mannes seien besser als die Tugenden der Frau (39, 491. Die Frau war für die Kirchenväter insgesamt ein unverständiges wankelmütiges, sündiges Geschlecht (39, 45, 49, 52). Hieran änderte sich auch dann nichts, wenn sie gleichzeitig an anderen Stellen die Rolle der Frauen bei der Verkündigung der Osterbotschaft sowie die Rolle Marias würdigten, durch die die Schuld der Eva getilgt worden sei (54).
Allein durch ein bußfertiges, asketisches Leben könne die Frau dazu beitragen, dass am Tage des Jüngsten Gerichts die Erbschuld der Eva gesühnt sei, auch sie Anteil am ewigen Leben erhalte und damit der Unterschied zwischen Mann und Frau wieder aufgehoben werde. Noch mehr als der Mann müsse sie deshalb den Versuchungen des Fleisches widerstehen und ein enthaltsames Leben führen. Das Idealbild der christlichen Frau war das Bild einer in Zurückgezogenheit lebenden, sexuell enthaltsamen Frau, die ihr ‚àö√ëußeres wenig achtete, karg lebte, freigiebig und hilfsbereit gegenüber den Armen und Kranken war sowie die heiligen Schriften studierte. Dieses asketische Frauenbild blieb bis in das 12. Jahrhundert maßgebend und ging wesentlich auf die Richtlinien und Frauenschilderungen des Ambrosius und des Hieronymus zurück (62-65). Frauen, die diesem Ideal nachstrebten, fanden die Anerkennung der Kirchenväter. Sie gäben auch den Männern ein Vorbild ab (66) und wären bereits z. T. auf Erden einem Mann gleichwertig, da sie den männlichen Werten entsprächen bzw. selbst zum vollkommenen Mann. würden (64, 65). Die Wertschätzung der Ehefrau und Mutter stand dahinter völlig zurück (62).

Quellen und Materialien

(37) Clemens von Alexandria über die von der Frau ausgehenden Gefahren, Ende 2. Jh.
Der Erzieher gibt uns aber die ausdrückliche Mahnung: »Gehe nicht deinen Begierden nach, und von deinen Lüsten halte ich dich zurück!« 3. »Denn Wein und Weiber werden Verständige zum Abfall verleiten, und wer sich an Dirnen hängt, wird noch verwegener werden, Fäulnis und Würmer werden ihn zu ihrem Erbteil bekommen, und er wird zu einem gewaltigen (abschreckenden) Beispiel vertilgt werden.« Und wiederum sagt er (denn er wird nicht müde zu retten): »Wer aber der Lust Trotz bietet, der krönt sein Leben.«
Clemens von Alexandrien: Der Erzieher, 2. Buch, 101, 2-101,3 (61), S. 107f.

(38) Clemens von Alexandria über männliche und weibliche Natur, Ende 2. Jh. 60,
1. Insofern also das Weib das nämliche ist wie der Mann, nämlich soweit es auf die Seele ankommt, insofern wird es auch zu der gleichen Tugend gelangen. Insofern das Weib aber etwas vom Mann Verschiedenes ist, nämlich hinsichtlich der Eigentümlichkeit des Körpers, wird es zur Schwangerschaft und zur Verwaltung des Hauswesens bestimmt sein.
2. »Denn ich will«, sagt der Apostel, »dass Ihr wisset, dass das Haupt eines jeden Mannes Christus ist, das Haupt des Weibes aber der Mann; denn der Mann stammt nicht vom Weibe, sondern das Weib vom Mann. Indes ist weder ein Weib etwas ohne den Mann noch ein Mann etwas ohne das Weib in dem Herrn.«
3. Denn wie wir behaupten, dass der Mann sittsam und über seine Lüste Herr sein soll, so verlangen wir doch auch, dass das Weib ebenfalls sittsam und darauf bedacht sein soll, gegen die Lüste anzukämpfen.
4. »Ich sage aber: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Begierde des Fleisches nicht erfüllen!« So rät das Gebot des Apostels. »Denn die Begierde des Fleisches richtet sich gegen den Geist und die des Geistes gegen das Fleisch. Diese liegen also im Streit miteinander«, nicht wie das Böse mit dem Guten, sondern als solche, deren Kampf Nutzen bringt. (...)
4. Darum sollen auch die Frauen ebenso wie die Männer Philosophie treiben, wenn auch. die Männer überlegen sind und in allen Dingen den Vorrang einnehmen, außer wenn sie verweichtlicht sind.
Clemens von Alexandria: Teppiche, IV. Buch, 60, 1- 60, 4; 62, 4 (62), S. 46 - 48.

(39) Origenes über weibliche und männliche Eigenschaften, 1. Hälfte 3. Jh.
Was wir behandeln, ist entweder weiblich oder männlich. Wenn es weiblich ist, was wir behandeln, ist es entweder körperlich oder fleischlich. Die, die wir ins Fleisch säen, behaupten, dass die Fortpflanzung der Seele nicht männlich, sondern weiblich ist, freilich kraftlos, weich und von der Materie her fett. Wenn aber die ewigen Zuschauer einen wachsamen Geist auf das Bessere hin haben, sind die Früchte des Geistes, wie wir behaupten, sind alle unsere Fortpflanzungen männlichen Geschlechtes. Diese, die daher im Angesicht Gottes dargeboten werden, welche unter den Augen des Schöpfers erscheinen, die sind männlich, nicht weiblich. Und Gott hält es nicht für würdig, auf weibliches oder körperliches zu blicken.
übertragen nach: Origenes: Selecta in Exodum c. 23 (124), S. 295, S. 298.

(40) Origenes über die Unterordnung der Frau, 1. Hälfte 3. Jh.
Was aber sagt der Herr zu Abraham? Wo ist, sagt er, deine Gattin Sara? Und jener: Schau, sagt er, in der Hütte. Der Herr aber sagte: Wenn sie willfährig zur Zeit zu dir gemäß der Zeit kommt, so wird deine Frau Sara einen Sohn haben. Sara aber hörte es hinter der Tür der Hütte hinter Abraham. Die Weiber sollen lernen, lernen sollen sie am Beispiel der Väter, dass sie ihren Männern zu folgen haben.(...)
Denn nicht grundlos steht geschrieben, Sara stand hinter Abraham, sondern um zu erweisen, dass, wenn der Mann zum Herrn schreitet, die Frau ihm zu folgen habe. Wenn ich sage, es sei Pflicht der Frau, dem Mann zu folgen, so meine ich damit, wenn sie den Mann beim Herrn stehen sieht. Weiterhin wollen wir zum höheren Intelligenzgrad aufsteigen, und so wollen wir sagen, dass der Mann in uns einen verständigen Sinn habe, und die Frau, die gewissermaßen seine Gehilfin ist, ist unser Fleisch. Das Fleisch mag also immer dem Verstand folgen und niemals in irgendeinen Müßiggang geraten, so dass dieser Verstand dann etwa der Fleischeswollust und Üppigkeit verfalle.
Origenes: Genesis Homilie c. 4,4, zitiert nach.- Eisenberger: Geschlechtergemeinschaft bei Origenes (72), S. 10.

(41) Laktantius über den Ausschluß der Frauen von allen öffentlichen ‚àö√ëmtern, 305/10
Selbst auch das Rathaus hat Plato den Weibern erschlossen, Kriegsdienst, ‚àö√ëmter und Befehlshaberstellen ihnen zugänglich gemacht. Wie groß müßte das Ungl~ück einer Stadt sein, in der die Weiber die Obliegenheiten der Männer an sich reissen! Doch hiervon mehr an anderer Stelle.
Laktantius: Göttliche Unterweisungen c. 33 (109), S. 168.

(42) Gregor v. Nazianz über die Unterordnung der Frau, 383/89
Ehre stets deinen Gott, nach ihm aber deinen Mann. (...) Ihn allein sollst du lieben, ihm nur wohl gefallen. Und ist deine Liebe größer: schenke dich ihm ganz, werdet eins! Nimm nicht alles für dich, was seine Liebe dir lässt: nimm nur, was dir gebührt. Meide die Sattheit, sie schadet der Liebe! Nie verfalle als Frau männlichem Dünkel. Prunke nicht mit deinem Geschlecht und sei nicht stolz auf deine Weisheit oder gar auf dein Kleid! Der Frauen Weisheit ist ihr Gehorsam gegen den Mann. (...)
Schenke dich deinem Manne, wenn er nach dir verlangt. Und wenn er zürnt, dann tröste ihn liebreich mit Wort und Tat, denn auch ein Tierbändiger meistert den Löwen nicht mit Gewalt, sondern er streichelt ihn sanft und zähmt ihn durch schmeichelnde Worte. Wirf deinem Manne nie im Zorn etwas vor, auch den Misserfolg nicht, sonst tust du ihm Unrecht, denn ist ein Plan auch noch so gut, wie leicht verdirbt ihn der Teufel! Keinen ehre, den dein Mann nicht verehrt; ziehe keinen Vergleich mit listigen Worten, der ihn verletzt! Teile die Freude und teile das Leid und auch seine Sorgen: das bindet euch fest aneinander. Gib deinen klugen Rat, doch ihn lass entscheiden! Ist er betrübt, so sei es auch du; eines Freundes Mitleid ist ja willkommener Trost. Doch zeige bald ein frohes Gesicht und vertreibe ihm die Sorgen. Sei verständig und sanft und verwinde den Zorn, zähmst du deine Zunge nicht, so wird dich dein Mann nicht ertragen. Die Unschuld hat oft kecker Zungen Geschwätz zu büßen. Besser ist es, du schweigst. Und brennt dich das Wort auf der Zunge, so lass es nicht entfliehen, sonst sprichst du zur unrechten Zeit.
Gregor von Nazianz: Brief an Olympias, zitiert nach.- TdK (156), Bd. 3, S. 606f.

(43) Johannes Chrysostomos über das Verhältnis zwischen Frau und Mann, um 400
»Ihr Weiber, seid den Männern untertan, wie es sich ziemt im Herrn statt zu sagen: seid ihnen untertan um Gottes willen. Denn dies, so meint er, ist Frauen, nicht Männerschmuck. Ich rede ja nicht von der sklavischen noch von der rein natürlichen Unterordnung, sondern von jener um Gottes willen.« - »Ihr Männer, liebet eure Frauen und seid nicht bitter gegen sie!« Beachte, wie er wiederum die entsprechende Ermahnung bringt! Gleichwie er dort von Furcht und Liebe spricht, so auch hier. Denn auch die Liebe kann bitter sein. Was er also sagen will, ist dies: Hadert nicht! Denn nichts ist bitterer als solcher Hader, wenn er zwischen Mann und Weib ausbricht. Wenn derartige Zänkereien gegen geliebte Personen gerichtet sind, so fallen sie bitter aus. Auch gibt er zu verstehen, dass es zufolge großer Bitterkeit geschieht, wenn jemand, wie er sich ausdrückt, mit einem Gliede seines eigenen Leibes sich entzweit. Die Liebe also ist Sache der Männer, die Nachgiebigkeit Sache der Frauen. Wenn nun jeder Teil das Seinige beiträgt, so gewinnt das Ganze festen Bestand. Erfährt die Frau Liebe, so wird sie anhänglich; findet der Mann Fügsamkeit, so wird er milde. Beachte ferner, wie die Liebe des Mannes und der Gehorsam der Frau schon in der Natur begründet ist! Wenn nämlich der Regierende das Regierte liebt, dann ist das Ganze festgefügt. Nicht so sehr von Seite der Regierten wird Liebe gefordert, als von Seite des Regierenden zu dem Regierten, denn des letzteren Sache ist der Gehorsam. Schon der Umstand, dass dem Weibe der Liebreiz, dem Manne die Begierde darnach eignet, weist ja auf nichts anderes hin, als dass diese Einrichtung um der Liebe willen so getroffen wurde. - Missbrauche daher deine Herrschaft nicht, weil das Weib dir untertan ist; und du blähe dich nicht auf, weil der Mann dich liebt! Es soll weder die Liebe des Mannes die Frau zur Selbstüberhebung verleiten, noch die Unterwürfigkeit der Frau den Mann übermütig machen! Deswegen hat Gott sie dir untertänig gemacht, damit sie umso mehr geliebt werde; deswegen hat er dich mit Liebe bedacht, o Weib, damit du die Untertänigkeit leichter ertragest. Unterwirf dich ohne Furcht! Denn Unterwürfigkeit gegen den, der uns liebt, ist mit keinen Schwierigkeiten verbunden. Erweise ohne Furcht deinem Weibe alle Liebe! Denn sie lohnt es dir durch Nachgiebigkeit. Auf andere Weise würde also das fest umschlingende Band fehlen. Du hast die Herrschaft, die von Natur aus dir notwendig zukommt; habe auch das Band, das aus der Liebe entsteht! Denn Gott ließ es zu, dass das Weib als der schwächere Teil leichter ertragen werden kann.
Johannes Chrysostomos: Kommentar zum Kolosserbrief 10,1 (99), S. 370f.

(44) Johannes Chrysostomos über die Aufgaben von Frauen. und Männern, 2. Hälfte 4. Jh.
Die Frau ist geschaffen, dem Manne zu helfen. Ich höre aber viele, die sagen, jener ist nach der Heirat reicher gemacht worden, obwohl er vorher arm gewesen ist, nun ist er von einer reichen Frau geheiratet worden und er selbst lebt in Freuden. Was sagst du, guter Mann? Du willst dich an der Frau bereichern und errötest nicht? Und du vergräbst dich nicht aus Scham unter der Erde, einen so großen Reichtum anzustreben? Sind das Worte eines Mannes?
Es ist eine Pflicht der Frau, dass sie den Teil bewachen möge, das Übergebene bewahrt und für die häuslichen Angelegenheiten sorgt, denn deshalb hat Gott diese (die Frau) gegeben, damit sie uns in dieser und übrigen Sachen eine Hilfe sei. Da ja unser Leben aus zwei Sachen besteht, aus der privaten und öffentlichen, hat der Herr jedem von beiden einen Teil zugewiesen, dem weiblichen Geschlecht die Sorge um die häuslichen Angelegenheiten, dem männlichen aber die öffentlichen Aufgaben, Redneraufgaben, richterliche und senatorische, militärische und endlich die übrigen. Die Frau ist nicht in der Lage die Lanze zu schwingen, die Speere zu werfen, aber sie kann das Seihsieb nehmen, Stoffe weben, und die übrigen häuslichen Aufgaben ausgezeichnet übernehmen. Sie ist nicht in der Lage im Senat ihre Meinung zu sagen; aber sie ist fähig, über Familienangelegenheiten ihre Meinung hervorzubringen, und oft besser als der Mann in Hausangelegenheiten Vorsorge zu treffen. Sie ist nicht in der Lage, ‚àö√±ffentliches zu verwalten, aber sie kann schön Kinder erziehen; das ist nämlich ihr hervorragender Besitz: Sie kann das Faulenzen der Mägde verhindern und in Pflicht die Familie erhalten, dem Gatten andere Sicherheiten erweisen und ihn von Sorgen befreien, darauf sorgt sie für den Speisevorrat des Hauses, die Verarbeitung von Wolle, für die Küche, den Schmuck der Kleider, und die übrigen Sachen, nicht aber jedoch für das, was den Männern zukommt, wie auch nicht Leichtfertiges, wenn sie jenes für sich in Gebrauch nehmen wollen. Es ist dies auch von göttlicher Vorsehung, dass derjenige, der für größere Aufgaben von Nutzen ist, in den kleineren schlichter wiedergefunden wird, so dass dies notwendigerweise Aufgaben der Frauen sind. Wenn auch in beiden Sachen der Mann sich auszeichnet, wird leicht das Geschlecht der Frauen verachtet: dagegen, wenn der Gebrauch von Frauen bei den Vortrefflicheren größer wäre, wären sie voll von Unmäßigkeit. Deswegen vertraut sich jeder einem einzigen an, damit nicht die Erschaffung des anderen Geschlechtes schlechter wird, wie die des einen Geschlechtes überflüssig. (...)
So teilte er jedem, seinem Rang entsprechend, geschlechtsspezifische Aufgaben zu, so dass der nützlichere und notwendigere Teil dem Mann zufiel, der geringere und schlechtere aber der Frau. Deshalb wurde jener wegen seines außerordentlichen Nutzens ehrenvoll, diese aber erhebt sich wegen der niedrigeren Dienste nicht gegen den Gatten.
übertragen nach: Johannes Chrysostomos: In welcher Weise die Gattinnen zu führen sind 3, 4 (98), S. 230 f.

(45) Johannes Chrysostomos über die von der Frau ausgehenden Gefahren, 380/97
44. Ehemals war uns nämlich nicht ein solches Maß der Tugend vorgeschrieben, sondern es war erlaubt, sowohl das Unrecht zu rächen, als auch Schimpfworte zu erwidern und Geld zu erwerben und rechtmäßig zu schwören und Auge für Auge auszureissen; und es war nicht verboten, sich der Sinnenlust hinzugeben oder zu zürnen oder die Frau zu verstoßen und eine andere zu nehmen. Ja nicht das allein; das Gesetz erlaubte sogar, zwei Weiber gleich:zeitig zu haben und es herrschte theils hierin, theils in allen andern Dingen eine bedeutende Nachsicht. Nachdem aber Christus erschienen, wurde der Weg weit schmäler, nicht bloß weil jene unvergleichbare und große Willkür in Betreff alles Erwähnten unserer Macht entzogen ist, sondern auch, weil wir das Weib, wenn es uns auch wider Willen oft zu vielen Sünden veranlasst und nöthigt, stets im Hause behalten, oder, will man dasselbe verstoßen, der Schuld des Ehebruchs sich gefangen gibt. Aber nicht bloß darum ist die Tugend für uns schwer, sondern weil, mag auch das Weib einen erträglichen Charakter besitzen, doch der Haufe von Sorgen, welcher ihret- und ihrer Kinder willen auf uns lastet, uns durchaus nicht zum Himmel aufblicken lässt, indem er unsere Seele gleichsam wie ein Strudel nach allen Seiten hin dreht und versenkt. Denn siehe, der Mann will ein ruhiges und geschäftloses Privatleben führen, wenn er aber die umstehenden Kinder und die Ehegattin, die einen großen Aufwand verlangt, ansieht, so stürzt er sich wider Willen in den Strudel der weltlichen Geschäfte. Ist er aber in diesen gerathen, so kann man nicht sagen, zu wie vielen Sünden er genöthiget wird: zum Zorne, zum Schwören, zum Schimpfen, zur Rache, zur Verstellung, indem er Vieles aus Schmeichelei, Vieles aus Hass thut. Denn wie ist es möglich, dass derjenige, welcher in einem solchen Sturm herumgepeitscht wird und in demselben nach Ruhm jagt, sich nicht mit vielem Sündenschmutze beflecke. Und sollte Jemand auch nur die Hausangelegenheiten besorgen, so wird er wegen des Weibes auf dieselben und noch größere Schwierigkeiten stoßen, denn er muss sich um viele Dinge bekümmern, deren ein für sich lebender Mann nicht bedarf, und dieses schon, wenn die Frau brav und nachgiebig ist. Ist sie aber boshaft, bitter und schwierig, so wird man dieß nicht mehr bloß Zwang, sondern Strafe und Pein nennen müssen. Wie wird also der den Weg zum Himmel zurücklegen können, welcher freier und leichter Füße, einer wohl gegürteten und rüstigen Seele bedarf, wenn er mit einer solchen Wucht von Geschäften beladen, mit so vielen Fesseln gebunden, von dieser Kette, ich meine die Bosheit des Weibes, stets nach unten gezogen wird? (...)
46. »Wie nun«, entgegnet man, »nennt Gott die eine Gehilfin, welche ein Hinderniß ist?« Denn er sagt: »Lasset uns ihm eine Gehilfin machen, die ihm gleich sei.« Aber auch ich will dich fragen: »Wie ist die eine Gehilfin, welche den Mann seiner Sicherheit beraubt und ihn, nachdem sie ihn aus jenem bewunderungswerthen Aufenthalte im Paradiese vertrieben, in das Wirrsal des gegenwärtigen Lebens gestürzt hat? Denn diese Dinge verrathen nicht nur seinen Helfer, sondern einen Ränkeschmied. Denn »vom Weibe«, heißt es, »ist der Anfang der Sünde und um seinetwillen sterben wir Alle.« Und der heilige Paulus sagt: »Adam ward nicht verführt: das Weib aber ward verführt und fiel in Übertretung.« Wie ist also die eine Gehilfin, welche den Mann dem Tode unterwarf Wie eine Gehilfin, durch welche die Kinder Gottes und alle damaligen Bewohner der Erde mit den wilden Thieren, den Vögeln und allen übrigen lebenden Wesen in der Sündfluth vertilgt worden sind? Hätte dieselbe nicht den gerechten Job zu Grunde gerichtet, wenn er sich nicht so sehr als Mann gezeigt hätte? Hat nicht sie den Samson ins Verderben gestürzt? Hat nicht sie bewirkt, dass das ganze Volk der Hebräer dem Beelphegor geweiht und durch die Hände der Verwandten erwürgt worden ist? Und wer hat namentlich Achab dem Teufel überliefert? Und vor ihm den Salomon, nach einer so großen Weisheit und Ehre? Und verleiten nicht sie auch heut zu Tage noch ihre Männer, sich vielfach gegen Gott zu vergeben? Sagt nicht darum jener weise Mann: »Alle Bosheit ist gering gegen die Bosheit des Weibes?«
Johannes Chrysostomos: Vom jungfräulichen Stande c. 44, c. 46 (100) S. 220f.

(46) Augustinus über die Tugenden seiner Mutter, 379/401
9. Sie wurde also keusch und nüchtern erzogen und war mehr durch dich ihren Eltern als durch diese dir untertan. Als sie im Verlaufe der Jahre heiratsfähig geworden war, wurde sie einem Manne übergeben, dem sie wie ihrem Herrn diente. Sie bemühte sich, ihn für dich zu gewinnen, indem sie dich ihm durch ihre Sitten predigte, durch die du sie so schön gemacht hast, dass sie ihrem Manne ehrfürchtige Liebe und Achtung einflößte. Ebenso ertrug sie seine eheliche Untreue, so dass sie niemals deswegen mit ihrem Manne in Streit geriet, hoffte sie doch für ihn zu deiner Barmherzigkeit, dass er, wenn er erst an dich glaubte, auch keusch werden würde. Abgesehen hiervon, war er sonst sehr gutmütig, nur hin und wieder jähzornig. Aber sie wusste, dass man einem jähzornigen Manne nicht sich widersetzen durfte, nicht durch Worte, geschweige denn durch Handlungen. Doch wenn er sich ausgetobt und beruhigt hatte, dann ergriff sie wohl eine günstige Gelegenheit und gab ihm Rechenschaft über ihr Verhalten, wenn er sich zu unüberlegter Handlungsweise hatte hinreißen lassen. Wenn endlich viele Frauen, trotzdem sie sanftere Männer hatten, doch Spuren von Schlägen im entstellten Gesichte aufwiesen und im Gespräche mit den Freundinnen ihren Männern Schuld geben, so gab sie Schuld ihrer Zunge und erinnerte sie, gleichsam scherzend, doch mit ernsten Worten: Seit dem Augenblicke der Vorlesung des Ehekontraktes hätten sie darauf achten müssen, dass sie gewissermaßen Dienerinnen geworden seien, eingedenk ihres Standes hätten sie also nicht gegen ihre Herren übermütig werden sollen.
Augustinus: Bekenntnisse c. 9,9 (39), S. 202f.

(47) Augustinus über den Nutzen der Frau, 401/415
Wenn nun gefragt wird, wozu dieses Gehilf nötig war, zeigt sich wahrscheinlich nichts anderes als die Hervorbringung von Kindern, so wie die Erde das Hilfsmittel für den Samen ist, damit aus beiden die Pflanze wachse, (...)
Wenn die Frau dem Manne nicht zur Hilfeleistung, um Kinder hervorzubringen, gemacht worden ist, zu welcher Hilfe ist sie dann gemacht worden? Sollte sie zugleich mit ihm den Boden bestellen - was damals noch keine mühevolle Arbeit war, die eines Beistandes bedurfte - dann wäre, selbst wenn es nötig gewesen wäre, eine männliche Hilfskraft besser gewesen. Das gleiche gilt auch, wenn man von ihr als Trostgeberin sprechen würde, in der Annahme, dass Adam seiner Einsamkeit überdrüssig geworden wäre. Ist es dann für ein Zusammenleben und Miteinander sprechen nicht zuträglicher, wenn zwei Freunde zusammen wohnen, als ein Mann und ein Weib? Wenn es nun bei einem solchen Zusammenleben nötig war, dass der eine befahl, der andere gehorchte, damit nicht entgegengesetzte Willen den Frieden der vereint Wohnenden störten, so hätte zur Aufrechterhaltung dessen sicher nicht die Ordnung gefehlt, die dem früher Erschaffenen das Befehlen, dem Späteren das Gehorchen zuteilte, zumal wenn der Spätere aus dem Früheren erschaffen worden ist, wie das bei der Frau der Fall war. Oder wollte einer sagen, es wäre für Gott nicht möglich gewesen, wenn er es gewollt hätte, aus der Rippe des Menschen nicht bloß ein Weib, sondern auch einen Mann zu machen? Ich finde also keine andere Hilfeleistung, für die dem Mann ein Weib erschaffen wurde, wenn nicht die, ihm Kinder zu gebären.
Augustinus: Über den Wortlaut der Genesis, 9. Buch c. 3, c. 5, (42), Bd. 2, S. 93, S. 95 f.

(48) Nilos von Ankyra über die von der Frau ausgehenden Gefahren, Anfang 5. Jh.
Der Anblick einer Frau ist ein Giftgeschoß. Er verwundet die Seele und flößt Gift ein, und je länger es währt, desto größere Vergiftung verursacht es Fliehe die Begegnung mit Frauen, wenn du enthaltsam bleiben willst, und gib ihr keine Gelegenheit, sich dir je anzuvertrauen. (...)
Nilos von Ankyra: Die acht Geister der Bosheit; zitiert nach: Heller: Die Frau in den Religionen der Menschheit (83), S. 140.

(49) Gregor der Große über die Tugenden von Männer und Frauen, ca. 595.
Der Mensch ist aus der Schwäche geboren, da er von der Frau abstammt. In der heiligen Schrift steht (das Wort) »Frau« entweder für das weibliche Geschlecht oder für Schwäche. Für »weibliches Geschlecht« ist natürlich so geschrieben worden: Gott schickte seinen Sohn, geboren aus einer Frau, geboren nach dem Gesetz. Für »Schwäche« aber wird es durch einen Weisen so ausgedrückt: Des Mannes Laster ist besser als die Tugend der Frau. Jeder Mann heißt stark und klar denkend, die Frau wird als schwacher und verworrener Geist angesehen. Und oft geschieht es, dass auch ein klar Denkender plötzlich in Schuld fällt und ein nicht klar Denkender und Schwacher eine gute Betätigung darbietet. Aber der nicht klar Denkende und Schwache wird manchmal über das, was er gut getan hat, hinaus gehoben und fällt schwerer in Schuld; jeder klar Denkende aber bringt sich selbst aufgrund dessen, was er als schlecht getan erkannt hat, härter zur Form der Strenge zurück, von da schreitet er höher zur Gerechtigkeit fort, von wo er zur rechten Zeit von der Gerechtigkeit abgewichen zu sein schien. Darin sagt man richtig: Des Mannes Laster ist besser als die Tugend der Frau; da manchmal auch die Schuld der Starken eine Gelegenheit zur Tugend ist und die Tugend der Schwachen eine Gelegenheit zur Schuld. Was also wird an dieser Stelle mit dem Wort »Frau" anderes bezeichnet als die Schwäche, wenn es heißt: Der Mensch, von der Frau geboren? Gerade wie wenn es klarer hieße: Welches Maß an Kraft kann der in sich tragen, der aus der Schwäche geboren ist?
übertragen nach: Gregor der Große: Kommentar zu Hiob 11, 49 (791, S. 982 f.

(50) Tertullian über die Ursachen der Minderwertigkeit der Frau, 200/202
1. Wenn es hier auf Erden einen Glauben gäbe, der an Größe dem Lohne entspräche, der im Himmel seiner wartet, dann würde von dem Tage an, wo Ihr, geliebteste Mitschwestern, den lebendigen Gott erkannt habt und Euch über Euren eigenen, d. h. des Weibes, Zustand klar geworden seid, keine mehr einen gefälligen, geschweige denn einen prachtvollen Anzug begehren, sondern jede würde lieber in Trauer leben, ja sogar ihr ‚àö√ëußeres vernachlässigen, da jede in sich selbst eine trauernde und büßende Eva herumträgt. Sie würde dann durch Bußkleidungen jeder Art um so vollständiger sühnen helfen, was Eva verschuldet hat, ich meine den schmählichen Sündenfall und den trostlosen Untergang der Menschen. In Schmerzen und ‚àö√ëngsten musst du gebären, o Weib, zum Manne musst du dich halten, und er ist dein Herr. Und du wolltest nicht wissen, dass du eine Eva bist? Noch lebt die Strafsentenz Gottes über dein Geschlecht in dieser Welt fort; dann muss also auch deine Schuld noch fortleben. Du bist es, die dem Teufel Eingang verschafft hat, du hast das Siegel jenes Baumes gebrochen, du hast zuerst das göttliche Gesetz im Stich gelassen, du bist es auch, die denjenigen betört hat, dem der Teufel nicht zu nahen vermochte. So leicht hast du den Mann, das Ebenbild Gottes, zu Boden geworfen. Wegen deiner Schuld, d. h. um des Todes willen, musste auch der Sohn Gottes sterben, und da kommt es dir noch in den Sinn, über deinen Rock von Fellen Schmucksachen anzulegen!? Wohlan, tue es, wofern von Anfang der Welt an die Milesier Schafe geschoren, die Serer Seide gesponnen, die Tyrier gefärbte, die Phrygier gestickte und die Babylonier golddurchwirkte Kleider bereitet haben, wofern die Perlen in weißem und die Rubinen in rotem Glanze gestrahlt haben, wenn das Gold damals bereits danach begierig war, aus der Erde gefördert zu werden, der Spiegel bereits lügen durfte und die aus dem Paradiese verstoßene, bereits, wie mir scheint, tote Eva nach dergleichen Dingen Verlangen trug! Folglich darf auch jetzt solche Dinge nicht begehren oder auch nur kennen die, welche Verlangen hat, wieder belebt zu werden und solche Dinge nicht kannte, als sie lebte. Das alles ist nichts als ein Ballast für das verurteilte und geistig tote Weib und dient ihr gleichsam als Leichenpomp.
Tertullian: Ober den weiblichen Putz 1,1 (153), S. 176f.

(51) Origenes über den Anteil von Mann und Frau am Sündenfall, nach 244
Und zunächst wollen wir betrachten, auf welche Weise durch einen Menschen die Sünde in diese Welt kam und der Tod durch diese Sünde. Vielleicht mag da einer fragen, ob vor Adam das Weib gesündigt hat, von der gesagt wird, sie sei verführt in Übertretung geraten und die Schlange habe vor ihr gesündigt. Denn sie sündigte, als sie zum Weib sagte: »Wie denn Gott auch gesagt hat, dass ihr nicht von jedem Baum des Paradieses essen sollt!« Und die sündigte wiederum, als Gott sagte: »An dem Tag, an dem ihr davon gegessen haben werdet, werdet ihr des Todes sterben.« Und weil jene dem Weib gesagt hat: »Ihr werdet nicht des Todes sterben.« Aber Gott wusste das, weil, an welchem Tage sie auch davon gegessen haben würden, würden ihre Augen geöffnet sein, so dass sie wären wie diejenigen, die Gutes und Böses wissen. Wenn also vor Adam das Weib sündigte und vor diesem die Schlange und, wie der Apostel sagt, weil »Adam nicht verführt wurde, das Weib aber ja, wie mag dann durch einen Menschen, und nicht durch ein Weib die Sünde in die Welt getreten sein? Denn zuerst begann die Sünde beim Weib, vor jenem bei der Schlange, also beim Teufel, von dem es im Evangelium heißt, weil sie von Anfang an ein Mörder des Menschen war.« Aber gebt acht, wie der Apostel hierin eine Naturordnung eingehalten hat, und zwar dermaßen, weil er von der Sünde redete, durch die der Tod in alle Menschen überging, er aber die Nachfolge der Menschen, die dem Tod verfielen, und zwar aus einer kommenden Sünde, diese nicht dem Weib zuschrieb, sondern dem Mann. Nicht vom Weib her wird die Nachkommenschaft benannt, sondern vom Mann, wie der Apostel sagte: »Denn nicht ist der Mann aus der Frau entstanden, sondern das Weib aus dem Mann«, und weiterhin: »Gleichwie die Frau aus dem Mann, so auch der Mann nicht aus dem Weib, sondern vermittels des Weibes«, und darum wird die sterbliche Nachkommenschaft und die leibliche Folge lieber dem Mann als Urheber angelastet und nicht der Frau.
Origenes: Kommentar zum Römerbrief 5, zitiert nach: Leibbrand: Formen des Eros ( 110), S. 542 f.

(52) Epiphanius von Salamis über den weiblichen Charakter, 374/377
Der Teufel freilich wandte sich, weil er die männliche Seele, die durch die Erkenntnis der Wahrheit von Gott gestärkt war, nicht täuschen konnte, an die Frau, offensichtlich also an die Unkenntnis der Menschen und da er ja mit starker Klugheit nicht sein Spiel treiben konnte, versuchte er die anzulocken, denen die Blindheit der Unkenntnis (den Geist) verdunkelt. Denn er hängte sich ununterbrochen an weibliche Überlegungen, an zu große Begierde und Wünsche, d. h. an die weibliche Unkenntnis bei den Menschen, von festem aber und standhaftem Geist schreckt er zurück, welcher das übereinstimmende und einzige Wissen lehrt und Gott selbst aufgrund des Naturgesetzes erkennt.
übertragen nach: Epiphanius von Salamis: Gegen die Häretiker 1. Buch, 3. Teil
c. 37 (73), PG Bd. 41, S. 643.

(53) Ambrosiaster begründet die Unterordnung der Frau, 366/384
Obwohl Mann und Frau gleichen Wesens sind, soll dennoch der Mann, weil er das Haupt der Frau ist, (ihr) übergeordnet sein, so dass er aufgrund des Ursache-Seins und des Verstandes größer ist, nicht aufgrund des Wesens. Also ist die Frau dem Mann untergeordnet, sie ist nämlich ein Teil von ihm, weil der Mann der Ursprung der Frau ist, daher kommt es nämlich, und deswegen ist wohl die Frau dem Manne untertan, damit sie seinem Befehl unterworfen ist. Er sagt aber, dass es der Würde und Ehre des Mannes widerspräche, sein Haupt zu verhüllen. Es ist nämlich unangemessen, dass das Bild Gottes verborgen werde, es darf nicht verborgen werden, nämlich der Ruhm Gottes erscheint im Mann.
»Die Frau aber ist der Ruhm des Mannes.« Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Ruhm Gottes und dem Ruhm des Mannes, denn der Mann ist nach dem Bild Gottes geschaffen, nicht die Frau. Dieses Bild Gottes aber ist im Mann, weil der eine Gott einen Menschen geschaffen hat, so dass, wie von einem Gott alles abstammt, so stammen von einem Menschen alle Menschen ab. (...) Die Frau also muss deswegen ihr Haupt verhüllen, weil sie nicht das Bild Gottes ist, sondern sie soll sich als unterworfen zeigen. Weil die Sünde durch sie begonnen hat, muss sie dieses Zeichen, den Schleier, tragen, wie sie in der Kirche aus Ehrfurcht vor dem Bischof das Haupt nicht unbedeckt lassen darf, sondern mit dem Schleier bedecken muss, so soll sie auch keine Vollmacht zu reden haben, denn der Bischof nimmt die Stelle Christi ein. Wie also vor dem Richter, so muss sie vor dem Bischof, weil er der Stellvertreter des Herrn ist, wegen des Ursprungs der Sünde unterworfen erscheinen.
Übertragen nach: Ambrosiaster: Kommentar zu den Paulusbriefen (34), S. 239 f.

(54) Ambrosius über die heilsgeschichtliche Bedeutung der Frau, nach 380
Wie am Anfang die Frau für den Mann Urheberin der Schuld war, der Mann aber Vollstrecker der Verirrung, so hat sie, die den Tod früher als der Mann gekostet hat, nun (auch) die Auferstehung zuerst gesehen; die frühere (also ist sie) in der Reihenfolge der Schuld und im Heil. Und damit sie bei den Männern nicht den Vorwurf immer währender Schuld trüge, hat sie, die dem Manne die Schuld weitergegeben hatte, auch die Gnade weitergegeben, und die Not des alten Falles glich sie aus durch die Ankündigung der Auferstehung. Durch den Mund einer Frau war einst der Tod aufgetreten, durch den Mund einer Frau wird das Leben wiederhergestellt.
Aber weil die zum Verkündigen notwendige Ausdauer zu gering, ihr Geschlecht zur Ausführung zu schwach ist, wird Männern das Amt des Verkündigens übertragen. Denn wie durch Jesus nicht allein die Schuld der Frauen gelöst wird, sondern auch die Gnade vermehrt werden soll, damit sie, die einst einen einzigen (Mann) getäuscht hat, (nun) vielen Rat gäbe, so sollte auch der Mann, der einst blindlings vertraut hatte, das vergebene Amt wiedererlangen, damit er, der für sich zu leicht bereit zum Glauben war, zum Verkündigen für andere geeignet würde.
Ambrosius: Exegese über das Johannes-Evangelium 10. Buch, 156 f., zitiert nach: van der Meer: Priestertum der Frau? (115), S. 91.

(55) Augustinus über Geschlechtsverkehr und Empfängnisverhütung, 419/2
XV, 17. Aber es ist doch ein Unterschied, ob man den Beischlaf nur in der Zeugungsabsicht ausübt, was keine Schuld in sich hat, oder ob man beim Beischlaf die Begierde des Fleisches begehrt - allerdings nur bei dem Gatten - was eine verzeihliche Schuld in sich hat. Denn wenn der Beischlaf auch nicht um der Nachwuchszeugung willen ausgeübt wird, so wird doch nicht um dieser Lust willen der Nachwuchsmehrung Widerstand geleistet - sei es in schlechtem Wünschen oder in schlechter Betätigung. Denn solche, die das letztere tun, heißen zwar Gatten, sind es aber nicht und halten keine Wahrhaftigkeit der Ehe aufrecht, sondern schützen nur einen ehrbaren Namen vor, um die Schändlichkeit zu verhüllen. Sie verraten sich. aber, wenn sie so weit gehen, ihre Kinder auszusetzen, die gegen ihren Willen geboren werden. Sie hassen es, (die Kinder) zu ernähren oder zu behalten, die sie zu zeugen sich fürchteten. Deshalb wird die verhüllte Sünde, die, ohne es zu wollen, Kinder in die Welt gebracht hat, wenn sie gegen diese ihre eigenen Kinder wütet, durch offene Schuld ans Licht gebracht und die verborgene Schändlichkeit wird durch die deutlich gewordene Grausamkeit überführt. Zuweilen geht diese lüsterne Grausamkeit oder grausame Lust so weit, dass sie unfruchtbar machende Gifte besorgt und wenn nichts (anderes) hilft, die empfangene Frucht auf irgendeine Weise in den Eingeweiden auslöscht und ausströmen lässt, weil man die eigene Nachkommenschaft lieber zugrunde gehen als leben lassen oder, wenn sie im Leibe schon lebte, lieber umbringen als gebären will. Mit einem Worte: wenn beide (Mann und Frau) von solcher Art sind, sind sie keine Gatten, und wenn sie von Anfang an von solcher Art waren, sind sie nicht durch Verehelichung, sondern vielmehr durch Hurerei zueinander gekommen. Wenn aber nicht beide von solcher Art sind, wage ich zu sagen: Entweder ist sie in gewisser Weise die Dirne des Mannes oder er der Buhle der Frau.
Augustinus: Ehe und Begierlichkeit 1. Buch, XV, 17 (40), S. 91 f.

(56) Johannes Chrysostomos über den Ursprung der Ehe, 380/97
Denn nachdem diese ganze Welt geschaffen, und Alles, was zu unserer Ruhe und Nothdurft gereicht, zubereitet war, hat Gott den Menschen gebildet, um dessentwillen er auch die Welt erschuf. Nachdem aber derselbe gebildet war, blieb er im Paradiese, ohne dass die Ehe erwähnt wird. Es bedurfte auch einer Gehilfin und sie wurde ihm. Aber auch jetzt schien die Ehe nicht nothwendig zu sein; sie war aber auch nicht vorhanden; denn jene lebten im Paradiese, wie in einer Art Himmel, und genossen im Umgang mit Gott der süßesten Ruhe. Die Begierde nach Beischlaf, die Empfängnis, die Wehen und das Gebären, und jegliche Art des Verderbens war aus ihrer Seele verbannt, und wie ein durchsichtiger Fluss, der einer klaren Quelle entströmt, lebten sie dort, geschmückt mit der Jungfräulichkeit. Damals war die ganze Erde leer von Menschen; dasselbe befürchten diese Weltverbesserer, welche sich angelegentlich um fremde Dinge bekümmern, an die eigenen aber sich nicht einmal zu denken getrauen, und indem sie besorgen, es möchte das ganze Menschengeschlecht untergehen, die eigene Seele, gleichsam als wäre sie eine fremde, vernachlässigen, obgleich sie, was diese betrifft, sogar über die geringsten Dinge eine strenge Rechenschaft werden ablegen müssen, was dagegen die geringe Zahl der Menschen angeht, auch nicht die mindeste Rechenschaft zu geben haben werden. Damals gab es weder Städte, noch Gewerbe, noch Häuser; denn auch das macht euch natürlich keine geringe Sorge. Obgleich aber damals diese Dinge nicht waren, so hinderte und störte dennoch nichts jenes glückliche und weit bessere Leben, als das gegenwärtige. Nachdem sie aber Gott nicht gehorcht, nachdem sie Erde und Asche geworden, verloren sie mit jenem glücklichen Leben zugleich auch den Schmuck der Jungfräulichkeit, und mit Gott verließ diese auch sie und verschwand. Denn solange sie, vom Teufel nicht überwunden, ihren Herrn fürchteten, verblieb ihnen die Jungfrauschaft, welche ihnen einen höhern Schmuck verlieh, als den Königen das Diadem und die goldnen Gewänder. Nachdem sie aber, zu Gefangenen gemacht, dieses königliche Gewand abgelegt, und den himmlischen Schmuck eingebüßt, und das Verderben des Todes, und den Fluch und die Schmerzen und das mühevolle Leben eingetauscht hatten, da kam in diesem Gefolge die Ehe, dieses sterbliche und sklavische Kleid; denn »wer ein Weib hat«, heißt es, »sorget für das, was der Welt ist.«
Siehst du, woher die Ehe ihren Anfang genommen, woher sie als nothwendig erschienen? Von dem Ungehorsam, dem Fluche und dem Tode. Denn wo der Tod, da ist die Ehe; wo aber diese nicht ist, da erfolgt auch jener nicht. Dem jungfräulichen Stand aber folgen diese Dinge nicht, sondern er ist immer nützlich, immer gut und glücklich, sowohl vor als nach dem Tode, sowohl vor als nach der Ehe. Denn sage mir, welche Ehe hat denn den Adam erzeugt, welche Geburtswehen die Eva? Du wirst es nicht zu sagen vermögen. Warum ängstigst du dich also umsonst und zitterst du, es möchte, wenn die Ehe aufhört, auch das Menschengeschlecht aufhören? Tausend und abermal tausend Engel dienen Gott, tausend und aber mal tausend Erzengel stehen vor ihm, und doch ist keiner derselben durch Fortpflanzung oder Geburt, durch Geburtswehen und Empfängnis entstanden. Um wie viel mehr also hätte Gott auch die Menschen ohne Ehe zu bilden vermocht, wie er auch die ersten gebildet hat, von denen alle Andern stammen?
Johannes Chrysostomos: Vom jungfräulichen Stande c. 14 ( 100), S. 174 f.

(57) Augustinus über die Paradiesehe, 413/26
16. Es gibt also Lüste nach vielerlei Dingen; wenn jedoch von Lust schlechthin die Rede ist ohne Beifügung eines Gegenstandes, worauf sie sich richtet, so denkt man gewöhnlich nur an die Lust, durch welche die Schamteile aufgeregt werden. Diese Lust aber nimmt nicht nur den ganzen Leib, und zwar nicht äußerlich nur, sondern auch innerlich in Anspruch und regt den ganzen Menschen zumal auf, indem sich mit dem Begehren des Fleisches zugleich eine Gemütsbewegung verbindet und vermischt und so ein Genuss erfolgt, der unter den körperlichen Genüssen obenan steht; in einer Weise, dass in dem Augenblick, wo er seinen Höhepunkt erreicht, fast alles scharfe und umsichtige Denken niedergehalten wird. Aber jeder Freund der Weisheit und heiliger Freuden, der im Ehestande lebt, jedoch nach der Mahnung des Apostels »sein Gefäß in Heiligkeit und Ehren zu besitzen weiß, nicht im Fieber der Begier, wie die Heiden auch, die Gott nicht kennen«, würde lieber, wenn es in seiner Macht stünde, ohne solche Lust Kinder erzeugen, so dass auch bei diesem Geschäft der Nachkommenschaftsgründung die hierfür erschaffenen Glieder in derselben Weise seinem Geiste dienstbar wären wie die übrigen je ihren besonderen Aufgaben dienenden Glieder, also nicht auf Anreizung durch hitzige Lust, sondern in Bewegung gesetzt durch den Wink des Willens. (...)
20. (...) Die menschliche Natur hegt also ohne Zweifel Scham und Scheu gegenüber dieser Lust und hegt sie mit Recht. Denn in ihrer unbotmäßigen Auflehnung, die die Zeugungsglieder des Leibes allein ihren eigenen Regungen dienstbar gemacht und der Gewalt des Willens entzogen hat, tritt deutlich das Merkmal der Vergeltung für die erste Unbotmäßigkeit des Menschen zutage, in dem Teil ganz besonders mußte es hervortreten, der zur Fortpflanzung der menschlichen Natur bestimmt ist, die durch jene erste und große Sünde zum Schlechteren verändert worden ist. Und der Verflechtung in diese Sünde wird man nur entrissen, wenn durch Gottes Gnade in den Einzelnen das gesühnt wird, was zum allgemeinen Verderben, da alle in dem Einen waren, begangen und durch Gottes Gerechtigkeit bestraft ward.
21. Keinesfalls also dürfen wir annehmen, die Gatten im Paradiese hätten auf dem Wege solcher Lust, die sie mit Scham übergoss und zur Bedeckung der Zeugungsglieder veranlasste, die Verheißung wahr gemacht, die Gott in seinem Segen aussprach: »Wachset und mehret euch und erfüllet die Erde.« Ist doch erst nach der Sünde diese Lust erstanden und erst nach der Sünde hat die Natur, die ja nicht schamlos ist, nunmehr verlustig gegangen der Herrschgewalt über den Leib in all seinen Teilen, sie empfunden, bemerkt, sich darüber beschämt gefühlt und sie zu verbergen gesucht.
23. Wollte man aber annehmen, die ersten Menschen hätten sich nicht zusammengetan und gezeugt, wenn sie nicht gesündigt hätten, so hieße das behaupten, dass zur Erfüllung der Zahl der Heiligen die Sünde des Menschen notwendig gewesen sei. Denn wären sie ohne das Dazwischentreten der Sünde allein geblieben, wie doch jene Annahme verlangt, die die Möglichkeit der Zeugung vor) der vorgängigen Sünde abhängig sein lässt, so war die Sünde in der Tat notwendig, sollte es nicht bloß zwei, sondern viele gerechte Menschen geben. Das ist ungereimt, und so hat man vielmehr anzunehmen, dass, auch wenn niemand gesündigt hätte, die Zahl der Heiligen, die nötig ist zur Vollzahl der Bürger des Gottesstaates, so groß geworden wäre, wie sie sich nun aus der Menge der Sünder durch Gottes Gnade ansammelt, solang Kinder dieser Welt zeugen und gezeugt werden.
Demnach hätte jene Ehe, würdig des Paradiesesglückes, wäre die Sünde nicht eingetreten, gleichwohl teure Nachkommenschaft gezeugt, jedoch ohne dabei beschämende Lust zu empfinden. Wie das möglich gewesen, ist hier nicht der Ort, an einem Beispiel zu zeigen. Aber deshalb braucht es nicht unglaublich zu erscheinen, dass dem Willen, dem so viele Glieder auch jetzt noch dienstbar sind, jenes eine Glied ebenfalls ohne geschlechtliche Lust hätte dienstbar sein können.
Augustinus: Gottesstaat 14,16, 14,20 f.; 14,23 (43), BKV Bd. 16., S. 337, S. 343 f., S. 347f.

(58) Tertullian über das Verbot der Witwenheirat, 195/202
1. Ich habe es, meine teuerste Mitdienerin im Herrn, schon jetzt für angemessen erachtet, festzusetzen, wie Du Dich nach meinem Hintritt aus dieser Zeitlichkeit, für den Fall, dass ich eher abgerufen würde, einrichten sollst, und Deiner Gewissenhaftigkeit anzuempfehlen, dass Du diese Festsetzung beobachtest. (...)
Ich schreibe Dir also vor, nach meinem Hinscheiden mit aller Enthaltsamkeit, deren Du fähig bist, jeder ehelichen Verbindung zu entsagen. Mir wirst Du dadurch nichts geben, als nur, dass Du Dir nützest. Übrigens wird den Christen, die aus der Zeitlichkeit geschieden sind, keine Wiederherstellung ihrer Ehen für den Tag der Auferstehung verheißen; denn sie sind zu engelhafter Natur und Heiligkeit umgewandelt. Mithin gibt es dann keine Bekümmernis mehr, welche aus der Eifersucht von Fleisch und Blut ihren Ursprung hätte. (...)
Glaube also nicht, dass ich in Vorausahnung einer empfindlichen Beschimpfung, nur um mir die Integrität Deines Leibes zu sichern, Dir schon aus diesem Grunde den Vorschlag mache, Witwe zu bleiben! Wir werden in jener Zeit von den weniger ehrbaren Freuden nichts wieder aufnehmen. So wertlose und schnöde Dinge verheißt Gott den Seinen nicht. Jedoch es steht Dir frei, zu untersuchen, ob mein Rat Dir und jedem Gott angehörigen Weibe von Nutzen ist.
Tertullian: Die zwei Bücher an seine Frau: 1. Buch, c. 1 (152), S. 61-63.

(59) Basilius von Caesarea über die Bestrafung des Ehebruchs, nach 360
21. Kanon. Wenn ein Mann mit einer Frau zusammen wohnt, von der Ehe aber nicht befriedigt, in Hurerei verfällt, so sehen wir einen solchen für einen Hurer an und belassen ihn länger in Strafe, wir haben jedoch keinen Kanon, laut dem er des Ehebruchs beschuldigt werden könnte, sofern die Sünde begangen wurde mit einer unverehelichten Person. Denn es heißt: »Die Ehebrecherin wird befleckt und unrein sein und nicht wieder zu ihrem Manne zurückkehren.« Ferner: »Wer eine Ehebrecherin behält, ist ein Tor und Gottloser.« Der Hurer aber wird von der Beiwohnung mit seiner Frau nicht ausgeschlossen werden. Es muß also die Frau ihren Mann wieder annehmen, wenn er von der Burerei zurückkehrt; der Mann aber wird die Befleckte aus seinem Hause verstoßen. Den Grund dafür anzugeben, geht nicht leicht; aber dieser Brauch herrscht nun einmal.
Basilius von Caesarea: Brief an Amphilochius über die Kanones, 21. Kanon (47), S.207.

(60) Augustinus über das Gut der Ehe, 400/401
3. Im Augenblick betonen wir im Anschluss an die vorliegende uns bekannte Tatsache von Geburt und Tod, in die wir durch die Schöpfung verschränkt sind, dass die eheliche Verbindung von Mann und Frau etwas Gutes ist. Ihre Verbindung empfiehlt die Heilige Schrift mit solchem Nachdruck, dass weder der vom Mann verstoßenen Frau gestattet ist, zu dessen Lebzeiten einen anderen zu heiraten, noch dem von der Gattin entlassenen Mann die Heimführung einer anderen erlaubt ist, es sei denn im Falle des Todes jener, die sich zurückgezogen hat. Es handelt sich folglich um ein Gut der Ehe. Denn der Herr hat es im Evangelium bestätigt. Er verbot die Gattin zu entlassen, es sei denn wegen Ehebruch (Mt 19,9), ja er folgte sogar der Einladung zu einer Hochzeit (Joh 2, 1). Man fragt mit Recht, warum sie ein Gut ist. Sie scheint mir ein solches nicht ausschließlich wegen der Zeugung von Kindern zu sein, sondern gerade auch wegen der von Natur aus gegebenen Gemeinschaft bei verschiedenem Geschlecht, sonst könnte man bei Greisen nicht mehr von Ehe reden, besonders nach dem Verlust ihrer Kinder oder wenn sie überhaupt keine gezeugt hätten. Nun ist aber in einer guten Ehegemeinschaft, selbst wenn sie viele Jahre besteht und die Lebensglut zwischen Mann und Frau erloschen ist, die Ordnung der Liebe zwischen Gatte und Gattin noch lebenskräftig. Je mehr die Ehegatten darum sittlich gereift sind, desto früher beginnt der gegenseitige Entschluss, sich der fleischlichen Einigung zu enthalten. Er entspringt nicht einem späten Zwang, weil sie nicht mehr tun könnten, was sie beabsichtigten, sondern einer frühzeitigen löblichen Haltung, weil sie nicht mehr beabsichtigen, was sie noch tun könnten. Die Ehe hat weiterhin das Gute, dass sie fleischliche oder jugendliche, ja selbst lasterhafte Unenthaltsamkeit zur ehrenhaften Fortpflanzung der Nachkommenschaft zurückbildet, so dass die eheliche Verbindung doch noch aus dem Unheil der Wollust eine gute Frucht zeitigt. Außerdem glüht die fleischliche Begierlichkeit wegen der Beschränkung gewissermaßen sittsamer, wenn sie die Empfindung der Elternschaft ordnet. In die glühende Lust dringt nämlich sittlicher Ernst ein, wenn Mann und Weib, gerade im Augenblick liebender Begegnung, ihre Vater- und Mutterschaft bedenken.
4. Hinzu kommt ferner, dass die Ehegatten gerade in der liebenden Begegnung, in der sie gegenseitig ihre Pflicht einlösen, auch dann noch einander die schuldige Treue wahren, wenn sie jene etwas zu maßlos und unenthaltsam erstreben. Dieser Treue misst der Apostel soviel Recht bei, dass er sie Gewalt nennt, wie aus seinen Worten hervorgeht: »Das Weib hat keine Gewalt über seinen Leib, sondern der Mann, aber auch in gleicher Weise hat der Mann nicht Gewalt über seinen Leib, sondern die Frau« (1 Kor 7,4). Die Verletzung dieser Treue bezeichnet man aber als Ehebruch, wenn entweder durch Anreiz des eigenen Triebes oder durch Übereinstimmung mit einer fremden Leidenschaft, gegen den Ehevertrag der Geschlechtsakt mit einem anderen oder einer anderen vollzogen und so die Treue gebrochen wird. Sie ist selbst bei Angelegenheiten des Leibes und unbedeutenden Geschäften ein wichtiges Gut des Herzens. Deswegen muss ihr auch ganz gewiss der Vorzug vor dem leiblichen Wohl, auf dem ja wesentlich unser irdisches Leben beruht, gegeben werden. (...)
So verhält es sich auch mit der Frau. Wenn sie die eheliche Treue verletzt und dem Ehebrecher Wort hält, ist sie sicherlich schlecht. Wahrt sie aber nicht einmal diesem die Treue, ist sie noch minderwertiger. Empfindet sie nun aber Reue über die Schande und macht in der Rückkehr zur ehelichen Keuschheit die ehebrecherischen Verabredungen zunichte, dann sollte es mich wundern, wenn selbst der Ehebrecher meint, sie verletze die Treue.
5. (...) Alles schamlose, maßlose und gemeine Treiben der Eheleute untereinander ist Schändung der Ehe durch die Menschen und nicht Schuld der Ehe.
6. Auch in dem allzu maßlosen Verlangen die Pflicht der leiblichen Begegnung einzulösen, und zwar im Sinne der gütigen Nachsicht des Apostels, der hier nicht eine bindende Vorschrift gibt, treiben sie es so weit, dass sie auch über den Anlass der Kindererzeugung hinaus den Geschlechtsverkehr pflegen; wenn diese nun ihr verderbter Charakter zu einem solchen Geschlechtsverkehr reizt, so verteidigt sie die Ehe dennoch gegen den Vorwurf des Ehebruchs oder der Hurerei. Ein solcher Akt wird ja auch nicht aus ehelichen Gründen zugelassen, sondern er wird der Ehe wegen nachsichtiger beurteilt. Die Gatten schulden sich also nicht nur Treue, wenn sie sich geschlechtlich verbinden, um Kinder zu erzeugen. Darin besteht die erste Gemeinschaft des Menschengeschlechtes in diesem sterblichen Leben. Sie schulden auch einander eine gewisse Willfährigkeit, um dadurch gegenseitig ihre Schwachheit aufzufangen und unerlaubten Geschlechtsverkehr zu vermeiden. Infolgedessen ist auch der Entschluss eines Gatten zu dauernder Enthaltsamkeit nur in Übereinstimmung mit dem anderen möglich. Darum hat ja auch die Gattin keine Gewalt über ihren Leib, sondern der Gatte, ähnlich verfügt auch nicht der Mann über seinen Leib, sondern das Weib (1 Kor 7,4 ff.). Mit Rücksicht darauf sollen sie sich auch nicht einander versagen, wenn aus Schwachheit und Unenthaltsamkeit, nicht aber wegen der Kindererzeugung, der Gatte von der Ehefrau, oder umgekehrt, die liebende Vereinigung begehrt. Hierdurch sollen sie nicht in schädliche Verderbnis geraten, wenn der Versucher an beide oder an einen -von ihnen herantritt, ihre Unenthaltsamkeit zu nützen. Der eheliche Akt, der der Zeugung dient, ist schuldlos; wird er zur Sättigung der Begierde vollzogen, allerdings nur mit der Ehefrau, so birgt er in sich wegen der Treue zum ehelichen Lager eine verzeihliche Schuld. Ehebruch oder Hurerei indessen bringen eine tödliche Verschuldung mit sich. Aus diesem Grunde ist die Enthaltsamkeit von jeglichem Geschlechtsverkehr gewiss höher zu bewerten als selbst der eheliche, der Zeugung dienende Liebesakt.(...)
32. Das Gut der Ehe beruht darum bei allen Völkern und allen Menschen auf dem Zweck der Zeugung und der Bewahrung der Keuschheit. Was jedoch das Volk Gottes angeht, auch noch in der Heiligkeit des Sakramentes. Ihretwegen bedeutet es einen Frevel gegen das göttliche und natürliche Gesetz, wenn eine geschiedene Frau einen anderen Mann heiratet, während der ihrige noch lebt. Eine Wiederverheiratung ist auch nicht einmal dann gestattet, wenn sie gebären will. Wiewohl dieser Grund allein die eheliche Gemeinschaft bewirkt, so wird doch die eheliche Verbindung nur durch den Tod des Gatten gelöst, auch wenn der Zweck der Eheschließung sich nicht erfüllte. Der Apostel bezeugt daher, dass die Ehe zum Zweck der Zeugung geschlossen werde, mit folgenden Worten: »Ich will«, so sagt er, »dass die Jüngeren heiraten«, und gleich als würde ihm gesagt: Wozu denn, fügt er sofort bei: »Kinder zu zeugen und Familienmütter zu sein« (1 Tim 5,14). Auf die Treue der Keuschheit aber bezieht sich folgendes Wort: »Die Gattin hat keine Gewalt über ihren Leib, sondern der Mann. In gleicher Weise hat auch der Mann keine Gewalt über seinen Leib, sondern das Weib« (1 Kor 7,4). Der Heiligkeit des Sakramentes gilt jenes Wort: »Die Gattin soll nicht von ihrem Manne weggehen; falls sie sich aber zurückgezogen hat, soll sie unverehelicht bleiben oder sich wieder mit ihrem Mann versöhnen; aber auch der Mann soll seine Gattin nicht entlassen" (1 Kor 7, 10 f.).
Augustinus: Das Gut der Ehe c. 3 - 6, c. 3 2 (44), S. 3 - 6, S - 8 f., S. 41 f.

(61) Der Hirte des Hermas über die Enthaltsamkeit als christliche Zentraltugend, um 150
2. Lächelnd sah sie mich an und sagte: »Siehst du sieben Frauen um den Turm?" »Ja, Herrin«, erwiderte ich. »Der Turm hier wird von diesen getragen gemäß der Anordnung des Herrn.
3. Vernimm nun ihre Bedeutung. Die erste von ihnen, die mit den kräftigen Händen wird Glaube genannt. Durch sie werden die Auserwählten Gottes gerettet.
4. Die zweite, mit dem Gürtel und mit dem mannhaften Aussehen, heißt Enthaltsamkeit; sie ist die Tochter des Glaubens. Wer ihr nachfolgt, wird glücklich in seinem Leben, weil er sich von allen bösen Taten frei halten wird, weil er glaubt, dass er das ewige Leben erben wird, wenn er sich frei hält von jeder sündhaften Lust.«
5. »Was bedeuten aber die übrigen, Herrin?« »Die eine ist die Tochter der anderen. Ihre Namen sind: Aufrichtigkeit, Wissenschaft, Unschuld, Keuschheit, Liebe. Wenn du alle Werke der Mutter von ihnen tust, kannst du das Leben besitzen.«
6. »Ich hätte gerne gewusst, Herrin, welche Bedeutung jede von ihnen hat.« »So höre«, antwortete sie, »die Bedeutung, die jede hat.
7. Die Bedeutung der einen ist von der anderen abhängig und folgt ihr in der Ordnung, wie sie geboren sind. Von dem Glauben stammt die Enthaltsamkeit, von der Enthaltsamkeit die Aufrichtigkeit, von der Aufrichtigkeit die Unschuld, von der Unschuld die Keuschheit, von der Keuschheit die Wissenschaft, von der Wissenschaft die Liebe. Ihre Werke nun sind rein, keusch, göttlich.
8. Wer nun diesen dient und es fertig bringt, ihre Werke zu üben, der wird im Turme Wohnung finden bei den Heiligen Gottes.«
Hirte des Hermas: Gesichte 3,8 (93), S. 194.

(62) Ambrosius über Ehe und Jungfräulichkeit, 377
10. Es drängt uns jetzt die Liebe zur Enthaltsamkeit, und auch du, heilige Schwester, wenn auch nur mit der stummen Sprache deines stillen Tugendwandels, zu einiger Besprechung der Jungfräulichkeit, damit es nicht den Anschein gewinne, als wäre ihrer nur im Vorbeigehen gedacht worden, nachdem sie doch eine Haupttugend ist. Denn nicht deshalb verdient die Jungfräulichkeit Lob, weil man ihr selbst in Märtyrern begegnet, sondern weil sie selbst Märtyrer schafft.
11. (...) Niemand wundere sich denn, wenn sie Engeln gleich erachtet werden, die dem Herrn der Engel sich vermählen! Wer wollte denn leugnen, dass dieses Leben dem Himmel entströmte? Schwerlich finden wir es auf Erden, bevor nicht Gott in diesen Erdenleib sich niederließ. Da empfing die Jungfrau im Schoße, und das Wort ward Fleisch » auf dass das Fleisch Gott würde » (...)
25. Wir wollen, wenn es beliebt, die Vorteile einer Frau mit denen der letzten Jungfrau in Vergleich ziehen. Mag eine vornehme Frau ihres reichen Kindersegens sich rühmen: mit der Zahl der Kinder wächst ihre Mühsal. Mag sie die tröstlichen Freuden., die ihr die Kinder bereiten, aufzählen: sie soll zugleich aber auch die Beschwerden aufzählen. Sie heiratet und weint. Was sind das für Wünsche und Freuden, denen die Tränen folgen! Sie empfängt und wird schwanger. Mit Beschwerlichkeit fürwahr fängt erst die Mutterschaft an, bevor sie die Leibesfrucht hervorbringt. Sie gebiert und - krankt. Der süße Liebling! Wie bedeutet seine erste Regung Gefahr, und Gefahren seine endliche Ankunft: ein Schmerzenskind, bevor es zur Freude erblüht! Gefahren sind sein Preis, sein Besitz nicht ins Belieben gegeben.
26. Was soll ich von den Unannehmlichkeiten reden, welche Ernährung, Erziehung und Verheiratung mit sich bringen? Glücklicher Mütter bedauernswertes Los ist das: es freut sich eine Mutter des Besitzes von Erben, doch sie mehrt damit ihre Schmerzen. Von einer unglücklichen Ehe darf man ja gar nicht reden, um nicht das Herz selbst recht heiligmäßiger Mütter schaudern zu machen. Sieh, meine Schwester, wie drückend muß das Kreuz sein, von dem man nicht einmal hören darf. Und das schon auf dieser Welt. »Es werden aber Tage kommen, da sie ausrufen: Selig die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren haben!« Denn die Töchter dieser Welt werden geboren und gebären: die Tochter des Reiches aber entsagt der Lust des Mannes und der Lust des Fleisches, »dass sie heilig sei an Leib und Geist«.
27. Was soll ich nun zurückkommen auf die schweren Dienste und die Dienstbarkeit, welche die Frauen den Männern schulden; zu der sie Gott verpflichtete, bevor es noch einen Stand der Dienstbarkeit gab? Nur deshalb erinnere ich daran, dass sie dieselben um so williger leisten. Das trägt ihnen im Falle der Bewährung den Lohn der Liebe, im Falle der Nichtbewährung die Strafe der Sünde ein.
28. Daher stammen auch jene Reizmittel zur Sünde. In der Besorgnis, den Männern zu missfallen, schminkt man sich mit künstlichen Farben das Gesicht und schweift mit seinen Gedanken vom schamlos gefälschten Gesichte zu schamloser Verletzung der Keuschheit.
35. Ich missbillige also die Ehe nicht, sondern will nur die Früchte der gottgeweihten Jungfräulichkeit aufführen. Diese ist der Beruf weniger, jene der der Allgemeinheit; und auch die Jungfräulichkeit hat den Eintritt durch die Geburt zur notwendigen Voraussetzung. Ich stelle nur die beiden Güterreihen gegenüber: es mag so leichter einleuchten, welche den Vorzug verdient. Und es ist nicht meine persönliche Ansicht, die ich damit vortrage, sondern ich wiederhole nur jene, welche schon der Heilige Geist durch den Propheten ausgesprochen hat: »Besser«, beteuert er, »ist die Kinderlosigkeit mit Tugend gepaart«.
36. Wenn nun künftige Bräute vor allem das vor den übrigen voraus haben möchten, dass sie sich auf die Schönheit ihres Bräutigams etwas zugute tun können, so müssen sie schon hierin gestehen, dass sie es den gottgeweihten Jungfrauen nicht gleichtun können; denn nur diesen ist es beschieden, zu sprechen: »Schön an Gestalt bist Du vor den Menschenkindern; Anmut ist ausgegossen über Deine Lippen«. Wer ist dieser Bräutigam? Nicht einer, der im Dienst des Alltagslebens aufgeht; nicht einer, der auf vergänglichen Reichtum pocht, sondern dessen »Thron immerdar und ewig währt«. »Königstöchter sonnen sich in seiner Herrlichkeit. Zu deiner Rechten steht die Königin im Goldgewande, im bunten Tugendkleide. Höre denn, Tochter, und sieh und neige dein Ohr und vergiss deines Volkes und des Hauses deines Vaters! Denn es verlangte den König nach deiner Schönheit; er ist ja dein Gott.«
37. Beachte, wie Großes dir der Heilige Geist nach dem Zeugnisse der göttlichen Schrift verliehen: Königsmacht, Gold und Schönheit! Königsmacht, sei es, weil du die Braut des ewigen Königs bist, sei es, weil du unbesieglichen Sinnes dich nicht von den Lockungen sinnlicher Genüsse einnehmen lässt, sondern wie eine Königin herrschst. Gold, weil diesem physischen Elemente gleich, das, im Feuer geläutert, um so kostbarer wird, auch die leibliche Schönheit einer Jungfrau durch die Weihe an den göttlichen Geist an Anmut nur gewinnt. Wer aber könnte sich eine größere Schönheit denken als die Herrlichkeit einer Braut, die der Liebe des Königs gewürdigt, vom Richter erprobt, dem Herrn geweiht, Gott geheiligt wird: immerfort Braut, immerfort Jungfrau, so dass die Liebe kein Ende hat, die Reinheit keine Verletzung erleidet?
Ambrosius: Über die Jungfrauen 1 c. 10f., c. 25-28, c. 35-37 (35), S. 316f., S. 324326, S. 330f.

(63) Ambrosius über das Vorbild der Maria, 377
6. Das Bild der Jungfräulichkeit nun sei euch das Leben Marias, aus dem wie aus einem Spiegel die Schönheit der Keuschheit und die Norm der Tugend widerstrahlt. Von da mögt ihr euch die Beispiele des Lebens nehmen! Wie in einem Musterbilde sind hier die Grundsätze der Rechtschaffenheit ausgeprägt und zeigen, was ihr noch verbessern, was ihr ausformen, was ihr festhalten sollt.
7. Den ersten Lerneifer entfacht die Würde des Lehrers. Was überträfe an Würde die Gottesmutter? Was an Glanz jene, die der Abglanz (des Vaters) erwählte? Was an Keuschheit jene, die ohne leibliche Berührung einen Leib gebar? Was soll ich denn von ihren sonstigen Tugenden sprechen? Jungfrau war sie nicht bloß dem Leibe, sondern auch dem Geiste nach: kein verhohlenes Buhlen, mit dem sie die Reinheit der Gesinnung verletzte. Von Herzen demütig, in Worten bedächtig, kluges Sinnes, im Gespräche mehr karg, um so eifriger in der Lesung. Nicht auf das Unzuverlässige des Reichtums, sondern auf das Gebet der Armen setzte sie ihre Hoffnung. Sie war bedacht auf die Arbeit, sittsam in der Rede, gewohnt, nicht einen Menschen, sondern Gott als Zeugen ihres geistigen Sinnens beizuziehen. Niemand beleidigte sie, meinte es allen gut, erhob sich vor älteren Personen, war gegen ihresgleichen nicht gehässig, mied eitles Prahlen, folgte der Vernunft, liebte die Tugend. Wann hätte sie auch nur"mit einer Miene den Eltern wehe getan? Wann sich mit den Verwandten entzweit? Wann einen Bresthaften verlacht? Wann einen Dürftigen gemieden, gewohnt, nur solche Mannespersonen aufzusuchen, vor welchem die Barmherzigkeit nicht erröten, an welchen das Zartgefühl nicht vorübergehen brauchte? Nichts Scheeles lag in ihren Augen, nichts Freches in ihrem Benehmen. Die Haltung war nicht zu weichlich, der Gang nicht zu ausgelassen, die Rede nicht zu leichtfertig, so dass schon die äußere Erscheinung ein Abbild ihres Geistes, ein Sinnbild ihrer Tugendhaftigkeit war. Ein gutes Haus muss doch schon im Vorraum als solches sich erkennen, zum voraus beim ersten Betreten schon ersehen lassen, dass im Inneren keine Finsternis sich berge: so soll auch unser Geist, ungehindert durch die hemmende Leibeshülle, wie ein Licht, das im Inneren auf den Leuchter gestellt ist, seinen Schein nach außen werfen.
8. Was soll ich des weiteren auf das karge Maß ihrer Speisen, auf das überreiche ihrer (religiösen) Übungen hinweisen? Das eine überstieg die natürliche Kraft, das andere war fast kein natürliches Bedürfnis mehr. Hier lange Zwischenzeiten, dort verdoppelte Fasttage. Und wenn einmal das Verlangen nach Erquickung sich einstellte, diente meist die nächste beste Speise mehr den Tod zu verhüten, denn Genüsse zu gewähren. Das Verlangen nach Schlaf trat erst mit dessen Notwendigkeit ein. Die Seele doch blieb wach, während der Leib ruhte: sie wiederholt während des Schlafes die (Schrift-)Lesung oder unterbricht den Schlaf und setzt sie fort oder bringt gefasste Vorsätze zur Ausführung oder gibt zum voraus neue in den Sinn.
9. Das Haus zu verlassen, ließ sie sich nicht einfallen, außer sie ging zum Gottesdienst, und auch das nur in Begleitung der Eltern oder Verwandten. Zu Hause in einsamer Beschäftigung, außer dem Hause in Begleitung, hatte sie gleichwohl keinen besseren Behüter über sich als sich selbst. In Gang und Rede ehrbar, setzte sie nicht sowohl des Fußes Tritt vorwärts, sondern der Tugend Schritt aufwärts. Mag immerhin eine Jungfrau andere zu ihres Leibes Wächtern haben, zu ihrer Sittenwächterin muß sie sich selbst haben. Viele wird es geben, von denen sie lernen kann, wenn sie ihre eigene Lehrerin bleibt, welche die Tugenden zu Lehrmeisterinnen hat. Ihr ganzes Handeln ist eine Tugendschule. So achtete Maria auf alles, als ließe sie sich von vielen mahnen, so erfüllte sie alle Tugendpflichten, dass sie nicht sowohl Schülerin denn Lehrerin war.
Ambrosius: Über die Jungfrauen 11. c. 6-9 (35), S. 346-348.

(64) Hieronymus über den Lohn der Jungfräulichkeit, 398
3. Mit Dir zusammen lebt eine Gefährtin, die es früher nur dem Fleische nach war, heute aber es dem Geiste nach ist. Sie ist nicht mehr Deine Gattin, sondern Deine Schwester. Aus dem schwachen Weibe wurde ein Mann, aus der Untergebenen eine Gleichberechtigte. Ins gleiche Joch gespannt eilt sie zusammen mit Dir dem Himmelreiche entgegen.
Hieronymus: Brief an Lucinus c. 3 (89), S. 378.

(65) Hieronymus über die Heilserwartung der Frau, nach 386/87
Weil wir aber nach bildlicher Redeweise die Männer »Seele" und die Frauen »Körper« genannt haben, so soll die Seele das Fleisch lieben, wie Christus die Kirche, (...) besonders da sie weiß, dass es in der Auferstehung gerettet werden muss und das Heil Gottes schauen wird. Der Mann hat als (sein) Haupt Christus (...) und wenn er sich wegen des Heiles des Fleisches erniedrigt hat und mit seiner Frau ein Fleisch geworden ist, zieht er dadurch sie zum Geist empor.
Solange die Frau für Geburt und Kinder lebt, besteht zwischen ihr und dem Manne derselbe Unterschied wie zwischen Leib und Seele; wenn sie aber Christus mehr dienen will als der Welt, wird sie aufhören, Frau zu sein, und »Mann" wird man sie nennen, weil wir wünschen, dass alle vollkommen zum Manne erhoben werden.
Nun ist es uns geboten, dass wir die Frauen hegen und pflegen sollen, nämlich dass wir den Lebensunterhalt u. a. m. besorgen sollen. (...) Wenn wir die Wendung nach bildlicher Redeweise wiedergeben, müssen wir sagen, dass die Seele jenes Fleisch, das das Heil Gottes schauen wird, lieben, hegen und pflegen soll. (...) Die Seelen pflegen ihre Körper, damit dies Vergängliche die Unvergänglichkeit anzieht. Wir sollen also pflegen als Männer die Frauen, und unsere Seelen sollen pflegen die Körper, damit die Frauen zu Männern und die Körper zu Seelen gemacht werden. Und keineswegs soll sein ein Unterschied der Geschlechter; sondern wie es bei den Engeln nicht Mann und Frau gibt, so auch bei uns (nicht), die wir den Engeln gleich sein werden; schon jetzt wollen wir beginnen, das zu sein, was uns für den Himmel versprochen ist.
Hieronymus: Kommentar zum Epheserbrief, zitiert nach.- van der Meer: Priester- tum der Frau? (l 15), S. 98.

(66) Johannes Chrysostomos über das Vorbild der jungfräulichen Frauen, Ende 4. Jh.
3. (...) Mädchen unter zwanzig Jahren, die ihre ganze Zeit im Schatten des Hauses zugebracht hatten, in Gemächern voll Salbenduft und wohlriechendem Räucherwerk, auf zarten Polstern ruhend, selbst zart von Natur und durch die sorgfältigste Pflege noch mehr verweichlicht, den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigt als sich zu putzen mit goldenem Geschmeide zu schmücken und allem erdenklichen Luxus zu frönen.
Diese so zarten Mädchen haben, wie ich höre, sich selbst in solch harte Zucht genommen, dass sie die rauhesten härenen Bußkleider auf bloßem Leibe tragen, mit ihren zarten Füßen ohne Schuhe gehen, auf einem Streulager schlafen oder vielmehr den größten Teil der Nacht hindurch wachen, sich weder um Salben noch sonst einen der früheren Toilettengegenstände kümmern, sondern das vordem so sorglich gepflegte Haupt vernachlässigen, indem sie die Haare einfach und aufs Geratewohl aufbinden, lediglich um den Anstand nicht zu verletzen. Sie nehmen nur eine Mahlzeit am Abend ein; diese Mahlzeit besteht nicht aus Gemüse und Brot, sondern aus Weizenmehl, Bohnen, Kichererbsen, Oliven und Feigen. Unablässig spinnen sie Wolle und verrichten viel beschwerlichere Arbeiten als die der Hausmägde. Wieso? Sie übernehmen die Pflege der Kranken, tragen deren Betten, waschen ihnen die Füße; viele von ihnen versehen sogar den Dienst des Kochens. Soviel vermag das Feuer der Liebe Christi; so sehr überragt der gute Wille selbst die Natur. Indes, es liegt mir ferne, solches von euch zu verlangen, da ihr euch nun einmal von Weibern überholen lassen wollt.
4.(...) Die Frauen laufen uns den Vorrang ab und stellen uns in Schatten. Wie verächtlich! Welche Schande! Wir nehmen die Stelle des Hauptes ein und werden vom Leibe besiegt. Wir sind gesetzt, um ihnen voranzugehen; nicht um schlechthin voranzugehen, sondern um auch in der Tugend voranzugehen. Der Führer muss seine Führerschaft besonders dadurch betätigen, dass er (die Untergebenen) an Tüchtigkeit übertrifft; lässt er sich darin übertreffen, so hört er auf, Führer zu sein. Johannes Chrysostomos: Homilien zum Epheserbrief 13,3 f. (97), S. 336- 339.

Frauen im Mittelalter

Das Frauenbild der mittelalterlichen Theologie

Einführung

Die Scholastik versuchte aus den von den Kirchenvätern aufgestellten Lehren ein theologisch wissenschaftliches Lehrgebäude zu entwickeln. Hinsichtlich der Sexualethik knüpfte sie vor allem an die augustinischen Auffassungen an und veränderte sie nur unerheblich.
Einzelne Ansätze, die eine positivere Wertung der Sexualität und der Frau aufwiesen, vermochten sich nicht durchzusetzen. Grundsätzliche Zweifel an der negativen Bewertung der Geschlechtslust äußerte erstmals Abaelard (1079-1142). Seiner Ansicht nach war die Geschlechtslust gottgegeben und könne deshalb auch nicht sündhaft sein. Entscheidend sei bei der Bewertung des Geschlechtsverkehrs allein die ihm zugrunde liegende Motivation (69). Im Briefwechsel mit seiner ehemaligen Geliebten Heloise vertritt er vergleichsweise frauenfreundliche Positionen, indem er der abwertenden Darstellung von Heloise (70) zahllose positive Beispiele von Frauen aus der Bibel gegenüberstellt (711. Seine Argumentation zeigt jedoch auch die begrenzten Möglichkeiten, tradierte Lehrmeinungen in Frage zu stellen, denn auch für ihn stellen die Frauen letztendlich ein schwächeres und schuldbeladenes Geschlecht dar. Beide, Abaelard wie auch Heloise (71), schätzen die freiwillige Enthaltsamkeit höher ein als die Ehe.
Einen neuen Weg in der Beurteilung und Begründung der Ehe schlug demgegenüber Hugo von St. Viktor (1096-1141) ein. Die bisherigen Anschauungen reduzierten den Zweck der Ehe auf die Fortpflanzung und auf ein Heilmittel zur Begrenzung der Begierde, d. h. sie reduzierten die Beziehungen zwischen Frau und Mann auf die Erzeugung von Nachkommen. Die Frau erschien in diesem Zusammenhang nur noch als Gebärerin der Kinder, als Hilfe und Mittel zur Fortpflanzung. Sie wurde auf ihre biologische Funktion beschränkt. Hugo arbeitete demgegenüber ein personal-partnerschaftliches Verhältnis von Mann und Frau in der Ehe heraus, die er allerdings als eine rein geistig-seelische Beziehung auffasste, wobei er die sexuelle Ebene als minderwertig, sündhaft ausklammerte. Als vorbildhaft stellte er die Ehe von Joseph und Maria hin. Das enthaltsam in geistig-seelischer Gemeinschaft lebende Paar erschien ihm als symbelhafte Darstellung der Vereinigung Gottes mit den Menschen. Frau und Mann waren jedoch auch für Hugo keine gleichberechtigten Partner, wie auch Gott und Mensch nicht gleichrangig seien. Der Mann erscheint als der aktive, gebende Partner, die Frau als der passive, empfangende Teil (72).
Die Schwierigkeiten tradierte Lehrmeinungen zu erschüttern, zeigt auch das Beispiel Hildegard von Bingens (1098-1179). Auch sie vermochte sich nicht durchgängig gegen die Minderwertigkeit der Frau infolge des Sündenfalls zu wenden. Ihre Haltung erscheint jedoch in vielen Punkten modifiziert und weniger krass als die ihrer männlichen Kollegen. So leitet auch sie die Schmerzen der Frau bei der Geburt und die Menstruation vom Sündenfall Evas ab und sieht in dem Mann das stärkere Geschlecht, doch schreibt sie der Frau auch durchaus positive Eigenschaften zu. Ihren Anschauungen nach ist die Frau an der Zeugung nicht nur passiv beteiligt. Die Geschlechtslust wird von ihr nicht als rundweg negativ verachtet, sondern als Voraussetzung für Zeugung angesehen (73). In der Sequenz zu Ehren Sankt Mariens erscheint die Frau schließlich als die preiswürdigste aller Gestalten der Schöpfung (74).
Mit Albertus Magnus (1193-1280) und seinem Schüler Thomas von Aquin (1225/261274) erfuhr die tradierte Abwertung der Frau durch die Theologie eine weitere Verschärfung, indem sie den Aussagen über die physische, psychische und ethische Minderwertigkeit noch die zeugungsphysiologische Begründung des Aristoteles hinzufügten. Die Frau sei demnach bereits von Natur aus und nicht erst aufgrund des Sündenfalles ein minderwertiges, unvollkommenes Wesen, das infolge eines Mangels bei der Zeugung entstehe. Sie sei eine Missbildung der Natur, eine Vorstufe zum Mann mit nur begrenztem Verstand (75). Außerdem habe Gott die Frau zur Vollendung der Natur, die durch die Verschiedenheit der Geschlechter gekennzeichnet sei, geschaffen. Aufgrund ihrer Unvollkommenheit sei sie bereits im Paradies dem Manne unterworfen gewesen (75). Im Gegensatz zum Mann sei die Frau zu schwach, um allein leben zu können und bedürfe deshalb zu ihrem eigenen Schutz der männlichen Führung. Dem Mann andererseits soll sie eine Hilfe bei der Haushaltsführung, der Kinderzeugung und -aufzucht sein. Die eigentliche Erziehung der Kinder könne hingegen nur der Mann leisten (76). Selbst bei der Kinderzeugung zeigt sich nach Thomas von Aquin die Minderwertigkeit der Frau, da die Fruchtbarkeit allein aus dem männlichen Samen stamme, während die Frau nur die nötige Materie für die Entwicklung des Samens, worin die Hauptbedeutung der Frau liege, liefere (75). Zwar erkannte Thomas von Aquin der Frau durchaus personale Qualitäten zu, dennoch reduzierte er die Frau mit diesen Äußerungen auf die Funktion der Gebärmutter für die Entwicklung des männlichen Samens und der Dienerin für die Führung des Haushaltes. Die Beziehungen zwischen Mann und Frau beschränkten sich für ihn auf eine biologische Zweckgemeinschaft zur Arterhaltung. Die Frau war für ihn in dreifacher Hinsicht minderwertig: von ihrer Entstehung her, von ihrer geistigen, physischen und ethischen Qualität sowie von ihrer Funktion her. Die Abwertung und Verachtung der Frau erreichte mit Thomas von Aquin einen neuen Höhepunkt.
In seiner Ehelehre schloss sich Thomas von Aquin weitgehend der traditionellen Bewertung der Ehe und der Sexualität an. Er vermochte eine geschlechtliche Verbindung zwischen Frau und Mann nur zu billigen, wenn diese innerhalb der Ehe, mit der Absicht ein Kind zu zeugen, erfolge. Zwar leugnete er nicht, dass sich innerhalb der Ehe eine enge Beziehung zwischen Frau und Mann entwickele, sie bleibe jedoch zweckrational bestimmt (76).
Die Eheauffassung der Kirchenväter und der Scholastik samt ihrer Haltung zum weiblichen Geschlecht blieb das ganze Mittelalter über bestimmend und schlug sich dementsprechend auch in den Predigten nieder (77).
Die frauenverachtenden Tendenzen der Theologie traten dabei deutlich hinter die Eheauffassung und die Verurteilung der Sexuallust zurück, wenn auch die Herrschaft des Mannes über die Frau als der göttlichen Ordnung entsprechend hingestellt wurde. Im ausgehenden Mittelalter verschärfte sich der Ton der Predigten, die nun zum Teil von einem ausgesprochenen Frauenhass bestimmt wurden (78). Zu dieser Entwicklung, die schließlich in den Hexenverfolgungen kulminieren sollte, trugen die Ansichten Thomas von Aquins, nicht zuletzt durch das Ansehen, das er genoss, massgeblich bei. Der Hexenhammer von Heinrich Institoris und Jakob Sprenger, der 1487 veröffentlicht wurde, fasste die frauenfeindliche Argumentation der spätantiken und mittelalterlichen Theologie noch einmal zusammen, um damit zu den Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit überzuleiten und diese zu rechtfertigen (79). Der theologischen Rechtfertigung der Missachtung und Unterordnung der Frau folgte deren Vernichtung.

Quellen und Materialien

(68) Gregor von Tours über den Verlauf der Synode von Mâcon, 585
Auf dieser Synode trat einer von den Bischöfen mit der Behauptung hervor, man könne die Frau nicht als Menschen bezeichnen. Als er aber von den Bischöfen belehrt worden war, beruhigte er sich; denn die heilige Schrift des Alten Testaments lehrt dies ausdrücklich; gleich im Anfange, wo von der Schöpfung des Menschen gehandelt wird, sagt sie nämlich: »Gott schuf sie, ein Männlein und Fräulein, und hieß ihren Namen Adam,« d. h. Erdenmensch. So nennt sie das Weib so gut, wie den Mann, denn sie bezeichnet beide als Menschen. Auch unser Herr Jesus Christus wird deshalb des Menschen Sohn genannt, weil er der Jungfrau, des Weibes Sohn war. Denn er spricht zu ihr, als er das Wasser in Wein verwandeln wollte: »Weib, was habe ich mit dir zu schaffen usw.« Noch durch viele andere Beweisgründe wurde die Sache beseitigt und abgetan.
Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten VIII, 20 (634)5 Bd. 2, S. 189.

(69) Abaelard über die Sündhaftigkeit des Geschlechtsverkehrs, 1135/39
Wenn uns somit ein gemeinsames Lager mit der Gattin, oder das Verzehren einer erfreulichen Speise seit dem ersten Tage unserer Schöpfung, als man im Paradies noch ohne Sünde lebte, erlaubt ist, wer dürfte uns dann einer Sünde zeihen, solange wir die Grenzen des Erlaubten nicht überschreiten?
Aber wiederum sagen sie, dass sich die Erlaubnis des rechtmäßigen Geschlechtsverkehrs und die, eine angenehme Speise zu verzehren, nicht auf den Genuss selbst erstrecke, sondern nur bewirken solle, dass dies gänzlich ohne diesen vor sich gehe. Doch wahrlich, wenn dies so ist, so ist es in einer Weise erlaubt, wie es unmöglich verwirklicht werden kann; und die Erlaubnis auf eine Weise zu geben, wie es sicherlich nicht geschehen kann, war unvernünftig. Außerdem verpflichtete einst das Gesetz in solchem Maß zur Ehe, dass in Israel jeder eine Nachkommenschaft hinterlassen musste; oder lässt etwa umgekehrt der Apostel Eheleute für eine Schuld büßen, wenn dies nun einmal nicht ohne Sünde begangen werden könnte? Wie könnte er auch von Schuld reden, wenn Sünde geradezu etwas Notwendiges wäre? Oder wie sollte man gezwungen sein, etwas zu tun, woraus Gott eine Beleidigung erwächst? Wie ich glaube, geht hieraus hervor, dass kein natürlicher fleischlicher Genuss als Sünde zu buchen sei, und dass nicht als Schuld zu rechnen sei, wenn man Genuss in einem Zustand findet, worin ein solcher notwendigerweise verspürt werden muss. Wenn nun der Apostel von Vergunst sprach, so darf man das nicht so verstehen, wie es jene wollen, als meinte er damit die Vergunst der Erlaubnis, also Verzeihung der Sünde. Wenn er nämlich spricht: »Aus Vergunst, nicht als Gebot14, so ist das so aufzufassen, als sagte er damit: »Aus Erlaubnis, nicht als Zwang.« Wenn nämlich Gatten, die sich in beiderseitiger Zustimmung dazu entschlossen haben, es wünschen, können sie sich des fleischlichen Verkehrs vollständig enthalten, ohne dass sie dann durch irgendein Gebot dazu gezwungen werden könnten. Wollen sie das nicht, so haben sie die Vergunst, d. h. die Erlaubnis, im Gegensatz zu einem vollkommeneren Leben von den Gewohnheiten einer gelockerteren Lebensführung Gebrauch zu machen. An dieser Stelle meinte also der Apostel mit »Vergunst4' nicht Vermeidung der Sünde, sondern Erlaubnis einer gelockerteren Lebensführung, welche zur Vermeidung unzüchtigen Verkehrs und einer Menge von Sünden dienen sollte: damit ein weniger guter Wandel lieber an Verdienst einbüße als an Sünde zunehme. Ich habe dies darum angeführt, dass keiner, nur weil er gerade will, dass jeder fleischliche Genuss Sünde sei, behaupte, durch einen äußeren Vorgang würde die Sünde selbst vermehrt - wobei er natürlich eine innere Zustimmung auch auf die Ausübung einer Handlung überträgt -, so dass man nicht allein durch die Zustimmung zu einer Schimpflichkeit, sondern auch durch die Schande, die deren Ausführung mit sich bringt, befleckt würde, gleich als ob die Seele beflecken könnte, was getrennt von ihr im Körper vor sich geht. Also hat jegliche Ausführung irgendwelcher Taten mit Vermehrung der Sünde nichts zu tun, und nichts schändet die Seele als das, was von ihr selbst ausgeht, d. h. die Zustimmung, die wie gesagt mit unserem Willen der Ausführung eines Werkes vorangeht, oder mit ihr unmittelbar zusammenfällt, ist Sünde.
Abaelard: Die Ethik c. 3 (291, S. 66 ff.

(70) Heiloise über die von den Fauen ausgehenden Gefahren, 1130/35
Es befremdet mich, teuerster Freund, dass du gegen den sonstigen Gebrauch und die natürliche Ordnung der Dinge selbst in der Anrede deines Briefes meine Person vor die deinige zu setzen beliebtest: die Frau vor den Mann, die Gattin vor den Gatten, die Magd vor den Herrn, die Nonne vor den Mönch und Priester, die Diakonisse vor den Abt. Nach gutem Recht und Brauch setzt man den Namen des Briefempfängers vor den eigenen, wenn man an Vorgesetzte oder Gleichstehende schreibt. Schreibt man dagegen an Untergebene, so richtet sich die Reihenfolge der Namen nach derjenigen des Ranges der einzelnen. (...)
Ich Unselige! musste ich geboren werden, um die Ursache eines solchen Verbrechens zu werden? dass doch den größten Männern allezeit von Frauen das tiefste Verderben drohe. Darum steht auch in den Sprüchen die Warnung vor den Weibern: »Mein Sohn, höre mich und merke auf die Worte meines Mundes: lass dein Herz nicht weichen auf ihren Weg und lass dich nicht verführen auf ihrer Bahn. Denn sie hat viele verwundet und gefället und sind allerlei Mächtige von ihr erwürget. Ihr Haus sind Wege zur Hölle, da man hinunter fährt in des Todes Kammer.« Und im »Prediger" heißt es: »Ich habe alle Dinge durchforscht in meinem Geist und fand, dass ein solches Weib, welches Herz, Netz und Strick ist und ihre Hände Bande sind, bitterer sei, denn der Tod. Wer Gott gefällt, der wird ihr entrinnen; aber der Sünder wird durch sie gefangen.«
Schon das erste Weib im Paradies hat den Mann verführt und während sie ihm von Gott zur Gehilfin geschaffen war, ist sie ihm zum größten Fluch geworden.
Der starke Simson, der durch das Nasiräergelübte dem Herrn geweiht war und dessen Geburt seiner Mutter durch einen Engel verkündigt wurde - Delila allein hat ihn überwunden, sie war es, die ihn seinen Feinden in die Hände lieferte; sie war schuld daran, dass er des Augenlichtes beraubt, endlich in wildem Schmerz sich und seine Feinde unter den Trümmern des Tempels begraben hat.
Salomo aller Weisen Weisester, wurde allein durch das Weib, mit dem er sich verbunden hatte, zum Thoren. Durch sie verlor er so gänzlich seinen Verstand, dass er, den doch der Herr zum Erbauer seines Tempels ausersehen hatte, während der fromme David, Salomos Vater, nicht dazu gewürdigt worden war, bis an sein Lebensende zum Götzendienst sich verleiten ließ und von dem wahren Gott, den er in Wort und Schrift predigte und lehrte, abfiel.
Der fromme Hiob hatte den letzten und härtesten Kampf mit seinem Weibe zu bestehen, die ihn dazu verleiten wollte, Gott zu fluchen. Der schlaue Versucher wusste wohl - hatte es zu oft erprobt - dass die Männer am häufigsten durch ihre Frauen zu Fall kommen.
Briefwechsel zwischen Abaelard und Heloise, 4. Brief (30), S. 91, S. 95-97.

(71) Abaelard über die Frauen in der Heilsgeschichte, 1130/35
Nur von Frauen erzählen die Evangelien, dass sie dem Herrn gedient haben. Sie gaben ihr Eigentum für seinen täglichen Unterhalt hin und versorgten ihn besonders mit der Notdurft dieses Lebens. Er selbst hat sich seinen Jüngern gegenüber bei Tisch, bei der Fußwaschung zum Diener erniedrigt. Es ist uns aber nichts davon bekannt, dass ihm von einem seiner Jünger oder überhaupt von einem Manne ein ähnlicher Dienst erwiesen worden sei: die Frauen allein stellten ihm, wie schon gesagt, in solchen und allen anderen Fällen der Bedürftigkeit ihre Dienste zur Verfügung. Das Gegenstück zu der dienenden Demut des Herrn bei Tische sehen wir in dem Walten der Martha, und im Liebesdienst der Maria das Gegenstück zur Fußwaschung. Maria zeigt dabei um so mehr frommen Eifer, je schuldvoller ihre Vergangenheit gewesen war. Der Herr goß Wasser in eine Schale, um die Fußwaschung zu verrichten: sie aber netzte seine Füße mit Thränen tiefinnerster Reue, nicht mit äußerlichem Wasser. Jesus trocknete mit einem Linnen den Jüngern die Füße, ihr mussten die Haare statt des Tuches dienen. Maria fügte noch wohlriechende Salben hinzu, während uns nicht bekannt ist, dass der Herr etwas Ähnliches gethan habe. Ferner weiß ja jedermann, dass sie im Vertrauen auf seine Güte und Nachsicht sich nicht scheute, ihre Salbe über sein Haupt auszugießen. Und zwar wird berichtet, dass sie die Salbe nicht aus dem Gefäß habe träufeln lassen, sondern sie habe das Gefäß zerbrochen und so dessen Inhalt über den Herrn ausgegossen. Sie wollte damit der Glut ihres frommen Eifers Ausdruck geben, denn ein Gegenstand, der so hohen Dienstes gewürdigt war, sollte hinfort zu nichts anderen mehr benutzt werden. Durch diese That stellte sie jenen Verbrauch der Salbe dar, von dem der Prophet Daniel geweissagt hatte: wann der Heilige der Heiligen werde gesalbt werden.
Siehe da, ein Weib salbt den Heiligen der Heiligen und legt durch ihre That Zeugnis ab, dass er zugleich derjenige ist, an den sie glaubt und der, welchen der Prophet im voraus angekündigt hatte. Welch unbegreifliche Güte des Herrn, aber was für ein besonderes Verdienst kommt den Frauen zu, dass er nur ihnen sein Haupt wie seine Füße anvertraut, sie zu salben? Wie kommt das schwächere Geschlecht zu dem hohen Vorrechte, dass ein Weib den Herrn der Herrlichkeit salben durfte, der doch von seiner Empfängnis an mit dem heiligen Geist gesalbt und geweiht war. Mit sichtbaren Weihemitteln durfte sie ihn zum König und Priester weihen und ihn so auch äußerlich zum Christus, d. h. zum Gesalbten machen.
Wie groß ihre fromme Hingabe für ihn war, das lehren uns am deutlichsten die Vorgänge beim Tode des Herrn. Sie, die Frauen, harren unerschrocken aus, während das Haupt der Apostel seinen Herrn verleugnet, während der Jünger, den der Herr lieb hatte, entflieht und die übrigen sich zerstreuen. Keine Furcht, keine Verzweiflung konnte die Frauen während seines Leidens und in der Stunde des Todes von Christus trennen. (...)
Nachdem wir nun ihren frommen Eifer gezeigt haben, wollen wir weiter sehen, welcher Ehre sie gewürdigt wurden. Fürs erste wurden sie durch die Erscheinung des Engels getröstet mit der Kunde, dass der Herr schon auferstanden sei; sodann durften sie zuerst den Herrn sehen und berühren. Und zwar vor allen andern Maria Magdalena, deren Liebesglut die lebendigste war; dann die andern mit ihr, von welchen es heißt, dass sie nach der Engelserscheinung »zum Grabe hinausgingen und liefen, dass sie es seinen Jüngern verkündigeten, und siehe da begegnet ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßet. Und sie traten zu ihm und griffen an seine Füße und fielen vor ihm nieder. Da sprach Jesus: Gehet hin und verkündiget es meinen Brüdern, dass sie gehen nach Galiäa: daselbst werden sie mich sehen. Auch Lukas berichtet darüber in ähnlicher Weise: »Es waren aber Maria Magdalena und Johanna und Maria Jakobi, und andere mit ihnen, die solches den Aposteln sagten.« Auch Markus verschweigt es nicht, dass die Frauen zuerst von dem Engel zu den Aposteln geschickt worden seien, um es ihnen zu verkündigen; er lässt den Engel zu den Weibern sagen: »Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Gehet aber hin und saget es seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird in Galiläa.« Auch der Herr selbst, da er zuerst der Maria Magdalena erscheint, sagt zu ihr: »Gehe hin zu meinen Brüdern und sag ihnen, ich fahre auf zu meinem Vater.«
Wir sehen aus diesen Berichten, dass jene frommen Frauen gleichsam als Apostelinnen über die Apostel gesetzt wurden, da sie entweder vom Herrn oder von den Engeln zu ihnen gesandt werden, um ihnen die Freudenbotschaft der Auferstehung zu bringen, auf die alle warteten, so dass die Apostel von den Frauen zuerst erfuhren, was sie nachher aller Welt predigten.
Auch in der Apostelgeschichte, welche berichtet, dass die Apostel alsbald nach der Himmelfahrt des Herrn vom Ölberg nach Jerusalem zurückgekehrt seien, und die Frömmigkeit jener heiligen Gemeinschaft ausführlich schildert, wird der fromme Eifer und die Standhaftigkeit der Frauen im Glauben nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern es heißt von ihnen: »diese alle waren stets bei einander einmütig mit Bitten und Flehen samt den Weibern und Maria, der Mutter Jesu«. (...)
Lesen wir die Geschichten des Alten Testamentes nach, so finden wir da, dass in allen Angelegenheiten, welche Gott oder besondere religiöse Leistungen betreffen, die Frauen nicht hinter den Männern zurückgeblieben sind. Die heiligen Urkunden berichten, dass sie ebenso wie die Männer Lieder zur Ehre Gottes nicht bloß gesungen, sondern auch selbst gedichtet haben. Das erste Lied von der Befreiung Israels haben nicht die Männer allein, sondern mit ihnen die Frauen dem Herrn zum Preise gesungen, und sie haben sich dadurch das Recht erworben, beim Gottesdienst im Tempel mitzuwirken. Denn also steht geschrieben: »Und Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, nahm eine Pauke in ihre Hand, und alle Weiber folgten ihr nach, hinaus mit Pauken am Reigen und sie sang ihnen vor: lasset uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche That gethan.« Dort wird Moses nicht genannt und von ihm wird nicht gesagt, dass er wie Mirjam vorgesungen habe, überhaupt wird von den Männern nicht berichtet, dass sie gleich den Weibern mit Pauken am Reigen gegangen seien. Wenn nun Mirjam die vorsingende Prophetin genannt wird, so scheint sie jenen Gesang nicht bloß vorgetragen und abgesungen, sondern in prophetischer Begeisterung gedichtet zu haben. (...)
 Es ist auch sicher, dass die Töchter Aarons am Dienste des Heiligtums und am Erbe Levis denselben Anteil hatten wie ihre Brüder, Gott wies ihnen ebenso ihren Unterhalt an, wie im Buche Numeri geschrieben steht, wo der Herr selbst zu Aaron spricht: »Alle Hebopfer, welche die Kinder Israel heiligen dem Herrn, habe ich dir gegeben und deinen, Söhnen und Töchtern samt dir zum ewigen Recht.« Es scheint demnach, als habe man auch für den Stand der Kleriker keinen Unterschied gemacht zwischen Mann und Weib.
Wer möchte behaupten, dass die Fülle der göttlichen Gnade und Nachsicht irgendwo anders so reichlich sich ergossen habe wie über das schwache Geschlecht der Frauen, welches durch seine Schuld wie durch seine Natur sich verächtlich gemacht hatte? Sieh die verschiedenen Stände dieses Geschlechtes an und du wirst finden, dass der Reichtum der Gnade Christi sich erweist nicht bloß an Jungfrauen, Witwen oder Ehefrauen, sondern selbst an den verworfensten Dirnen, dem Abschaum ihres Geschlechts. Da geht es nach dem Wort des Herrn und des Apostels: »Die letzten werden die ersten und die ersten werden die letzten sein« - »wo aber die Sünde mächtig ist, da ist die Gnade noch viel mächtiger«. Wenn wir uns die Gnadengaben und Auszeichnungen vergegenwärtigen, die von Anbeginn der Welt Gott dem weiblichen Geschlecht hat zukommen lassen, so finden wir, dass schon bei der Schöpfung die höhere Würde des Weibes sich zu erkennen gibt, sofern sie im Paradiese selbst, der Mann dagegen außerhalb desselben erschaffen wurde. Daraus sollten die Frauen lernen, dass das Paradies ihre angestammte Heimat sei und dass es ihnen wohl anstehe, die Unschuld paradiesischen Lebens zu pflegen. Ambrosius sagt in seinem Buch"Vom Paradies": »Und Gott nahm den Menschen, welchen er gemacht hatte, und setzte ihn ins Paradies.« Also der, der schon war, wird ergriffen und ins Paradies gesetzt, demnach ist der Mann außerhalb des Paradieses erschaffen worden, die Frau dagegen im Paradies. Der Mann, der am geringeren Ort entstand, erweist sich als der bessere, und die Frau, die am bevorzugten Ort geschaffen wurde, als die geringere. Auch hat der Herr zuerst das, was Eva, die Urheberin aller Sünde, gesündigt hatte, durch Maria wieder gut gemacht, dann erst die Sünde Adams durch Christus. Und wie die Schuld von einer Frau herkam, so hat auch die Gnade ihren Ursprung aus der Frau genommen, und das Ansehen der Jungfräulichkeit ist aufs neue erblüht. Zuerst ist die Form einer gottgeweihten Lebensweise durch Anna und Maria den Witwen und den Jungfrauen vorgebildet worden, dann erst haben Johannes und die Apostel den Männern das Beispiel mönchischen Lebens gegeben.
Sehen wir, nach Eva, auf die Tugend einer Debora, Judith, Esther, so werden wir finden, dass das starke Geschlecht allen Grund hat, darüber zu erröten. Debora, die Richterin des auserwählten Volkes, hat Schlachten geschlagen, als es an Männern gebrach, und nach dem Sieg über den Feind und der Befreiung ihres Volkes Triumphe gefeiert. Die wehrlose Judith hat mit ihrer Dienerin Abra ein schreckliches Heer angegriffen und den Holofernes mit seinem eigenen Schwert enthauptet, sie allein hat die ganze Feindesschar geschlagen und ihr verzweifelndes Volk errettet. Esther, obwohl im Widerspruch zum Gesetz mit einem heidnischen Fürsten vermählt, hat mittels der geheimnisvollen Einwirkung des heiligen Geistes den Rat des gottlosen Haman und das grausame Gebot des Königs zunichte gemacht und hat in einem Augenblick das Gegenteil von dem bewirkt, was bei dem König beschlossene Sache gewesen war. (...) Um aber von allem andern zu schweigen: Was war für unsere Erlösung und für das Heil der ganzen Welt so notwendig als das weibliche Geschlecht, das uns den Erlöser selber gebracht hat? Diesen einzigartigen Ruhmestitel hat jenes Weib, dass zuerst mit ihrem Anliegen den heiligen Hilarion zu bestürmen wagte, diesem zu seiner hohen Überraschung entgegengehalten, indem sie ihm zurief. »Was wendest du dich ab? Was weichst du zurück vor meinem Flehen? Sieh in mir nicht das Weib, sieh die Unglückliche in mir. Mein Geschlecht hat den Heiland geboren.«
Was ist dem Ruhme zu vergleichen, den dies Geschlecht in der Mutter des Herrn sich erworben hat? Unser Erlöser hätte ja wohl, wenn er gewollt hätte, von einem Manne seine Körperlichkeit annehmen können, so gut als es ihm beliebt hat, die erste Frau aus dem Körper des Mannes zu bilden. Allein er hat durch die sonderliche Gnade seiner Erniedrigung das schwächere Geschlecht geehrt. Auch hätte er sich durch einen andern edleren Teil des weiblichen Körpers gebären lassen können als derjenige ist, durch welchen die übrigen Menschen zugleich empfangen und zur Welt gebracht werden. Allein um den schwächeren Körper eine unvergleichliche Ehre zu erweisen, hat er durch seine Geburt dem weiblichen Zeugungsorgan eine weit höhere Weihe gegeben als dies dem männlichen durch die Beschneidung geschehen war. (...)
Endlich, wer weiß es nicht, mit welch heiligem Eifer die Frauen die Mahnung Christi und den Rat des Apostels zur Keuschheit befolgt haben, so dass sie, um Leib und Seele unverletzt zu erhalten, sich im Märtyrertod Gott zum Opfer dargebracht haben und im Schmuck der zweifachen Krone dem Lamm, das den Jungfrauen verlobt ist, zu folgen begehrten, wohin es ging. Solche Vollkommenheit finden wir selten bei Männern, häufig dagegen bei Frauen. Ja, einige von ihnen, so wird uns erzählt, hielten mit solchem Eifer an dieser höheren Würde ihres keuschen Leibes fest, dass sie nicht zögerten, selbst Hand an sich zu legen, um nicht ihre Jungfräulichkeit, die sie Gott geweiht hatten, zu verlieren, sondern als Jungfrauen zu ihrem jungfräulichen Bräutigam zu kommen.
Briefwechsel zwischen Abaelard und Heloise, 7. Brief (301, S. 151-192.

(72) Hugo von St. Viktor über die Ehe, um 1120/40
Was ist das Wesen der Ehe, wenn nicht die rechtmäßige Gemeinschaft zwischen Mann und Frau, in der sich aus Übereinstimmung der eine dem anderen verpflichtet fühlt. Die Verpflichtung besteht in zweierlei Hinsicht, darin dass man sich dem anderen bewahrt und sich dem anderen nicht verweigert. »Bewahrt", damit er nach der Eheschließung keine andere Verbindung eingeht, »nicht verweigert", damit man sich nicht aus der Gemeinsamkeit löst. Die gefühlsmäßige Übereinstimmung begründet die Ehe. Sie spricht den einen zu Lebzeiten des anderen nicht von den Verpflichtungen frei. Und noch eine Übereinstimmung: die der gegenseitigen Erfüllung des Geschlechtsverkehrs: als Begleiter und nicht als Ziel der Ehe, als Pflicht, nicht als Fessel. Verpflichtung ist in diesem Sinne also auch doppelt zu verstehen, d. h., dass man seinen Körper weder einem anderen gewährt, noch seinen (eigenen) verweigert. (...)
Doch wenn diese Pflicht aufhört, darf man nicht glauben, dass die Wahrheit und Tugend der Ehe aufhöre; nein, vielmehr ist eine Ehe um so wahrer und heiliger als sie allein aus Liebe und nicht aus Fleischeslust geschlossen worden ist. Was dies? Auf Fleischeslust wäre die Ehe gegründet, nicht auf Liebe? Das sei ferne! Sie kann viel berechtigter dort wahr und heilig genannt werden, wo Keuschheit keinen Grund zu erröten, sondern Liebe Grund zu rühmen hat.
Ist es nicht mehr, wenn zwei eins werden im Geiste als wenn sie eins werden im Fleische? Und kann die Ehe heilig sein, wenn einer den anderen seines Fleisches teilhaftig macht, ist sie dann nicht heilig, wenn einer den anderen seiner Seele teilhaftig macht? Das sei ferne! Zwei werden sein in einem Fleische: dieses Geheimnis (Sakrament) ist groß in Christus und der Kirche. Zwei werden sein in einem Herzen: dieses Geheimnis ist größer in Gott und der Seele.
Sieh, mit welchen Versprechen sich zwei verloben: dass sie fortan und immer in aller Ehrlichkeit der Liebe, bei jeder beunruhigenden Sorge, bei jedem Gefühl. der Frömmigkeit, bei jedem Eifer des Mitleides, bei jeder Tugend des Tröstens und bei jedem Vertrauen auf ein Gelübde, jeder von beiden dem anderen sei, was er sich selbst ist, jeder auf den anderen acht gibt, als ob er zusammen mit ihm erschaffen sei, sowohl in allem Guten wie in allem Bösen sowie eine Teilhabe im Trost.
(...) Das sind die Güter der Ehe und das ist das Glück derer, die eine keusche Gemeinschaft lieben. Güter, die die nicht sehen können, die in der Ehe nichts als eine bittersüße Erfüllung der Fleischeslust suchen. So siehst du, welche und welche großen Güter der Ehe verbleiben. Ja, vielmehr welche und welche großen Laster, d. h. welche Knechtschaft und welch großer Schmerz von der Ehe ausgeschlossen werden.
Aber du sagst mir wieder: der erste und eigentliche Grund der Ehe sei die Nachkommenschaft von Söhnen gewesen. (...)
Einer derartigen Argumentation scheint nun unsere entgegengesetzt werden zu müssen. Dies also bringst du alles als Argumente:
1. weil man liest, dass Gott dem ersten Menschen ein Weib zu Hilfe gegeben hat,
2. weil er ihm auftrug, sich zu vermehren,
3. weil von dem Mann der Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau prophezeiht wurde (Adam).
Deswegen könne keine Ehe sein, wo nicht Übereinstimmung über den Geschlechtsverkehr bestehe, wenn es dir tatsächlich (so) erscheint.
Zunächst soll deshalb Übereinstimmung zwischen uns bestehen, dass du mir antwortest: sind sie deswegen in einem Fleisch vereinigt, und sind sie aus einem Fleisch gemacht, weil sie sich in einem Fleisch vereinigen mussten. So nämlich heißt es: dies ist nun Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Deswegen wird der Mann die Eltern verlassen und seiner Frau anhängen und sie werden ein Fleisch sein. Er aber sagt nicht: sie werden zwei in einem Fleisch sein und deshalb ist das jetzt Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Sondern er sagt: das ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; deshalb wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen und sie werden zwei in einem Fleische sein. Er sagt dreierlei: der Mann verlässt seinen Vater und seine Mutter und wendet sich seiner Frau zu und sie werden zwei in einem Fleische sein.
Wir wollen im einzelnen das Gesagte betrachten.
Vielleicht wollte er dasselbe sagen mit: er wird seinem Weibe anhangen und sie werden ein Fleisch sein. Dann bedeutete dem Weib anhangen nichts anderes als Geschlechtsverkehr. Das wollen wir erschüttern! Der Mann geht also wegen der Eltern zu der Frau. Was entzieht er jenen, was bürdet er jener auf,. In welcher Beziehung kann er der Frau nicht anhängen, wenn er die Eltern nicht verlässt? In welcher Beziehung wird er sie verlassen? Wegen des Zusammenwohnens oder der Liebe oder des Geschlechtsverkehrs? Der Mann verlässt Vater und Mutter nicht wegen des Zusammenwohnens und hängt seinem Weibe an, denn könnte er im Haus seines Vaters keine Frau haben? Auch nicht wegen der Liebe, denn kann man die Frau nicht lieben ohne Vater und Mutter zu hassen? Und schließlich, was als drittes aufgezählt wurde, geziemt sich weder zu wiederholen noch zu nennen. Dennoch hängt der Mann in dreierlei Hinsicht an seinem Weib. Doch kann er wohnen bei den Eltern, kann sie lieben; deswegen wird er sie nicht verlassen, noch weniger zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs.
Warum also verlässt der Mann seinen Vater und seine Mutter und hängt seinem Weibe an, wenn nicht wegen der einzigartigen Gemeinschaft in der sich jeder dem anderen überantwortet. Dabei legt er das Gefühl für Vater und Mutter zwar nicht ab, um allein das Gefühl für die Frau zu wählen; aber er stellt es nach, um das Gefühl für die Frau vorzuziehen, nicht um dies (Gefühl) als einziges, sondern als einzigartiges anzusehen. Also nicht wegen der Vermischung des Fleisches, sondern wegen des Affekts des Herzens und dem Bande der Liebe und der Gemeinschaft heißt es: er wird seinem Weibe anhangen und damit wird dies ausgedrückt: er hängt seinem Weibe an, bezeichnet das Sakrament der Ehe, dass im Geiste verstanden wird. Daraus aber folgt als Antwort: (...), dass die Ehepflicht, die das Fleisch betrifft, nicht der eigentliche Inhalt des ehelichen Vertrags ist. (...) Aus welchem Grund verlässt der Mann seinen Vater und seine Mutter und hängt seinem Weibe an? Das ist eine große Sache. Er zieht das Ende dem Anfang vor. Vater und Mutter sind der Anfang, woher er kommt; die Frau ist das Ende, wo die Liebe zur Ruhe kommt. Dort allein hat die Schöpfung Liebe bewirkt; hier trifft allein die Liebe ohne Schöpfung die Auswahl.
Das war der Hauptgrund, weshalb Gott die Ehe einsetzte: unter Verlassen von Vater und Mutter soll der Mann sich entschließen, in ungeteilter Liebe einzig und allein mit seinem Weibe für immer verbunden zu sein. Diesem aber hinzugefügt zum Zweck der Vermehrung des Geschlechts und wegen des gewissen und vernünftigen Sakraments hat er später die Pflicht zur Zeugung zwar nicht, dass darin die Ehe bestehe, sondern dass daraus die Ehe und unter Beachtung des Gottesdienstes zu Recht wachse und durch Zeugung von Nachwuchs fruchtbarer erscheine. Richtig wird also gesagt:
(...), dass in der Tatsache, dass er seinem Weibe anhängt, das Sakrament unsichtbarer Verkündigung besteht, die unter Einwirkung des (HI.) Geistes zwischen Gott und Seele besteht. Darin, dass zwei in einem Fleische sind, besteht das Sakrament der unsichtbaren Teilhabe, die im Fleische zwischen Christus und der Kirche zustande kam.
Aber folglich ist es ein großes Geheimnis: beide werden in einem Fleische sein, in Christus und der Kirche. Größer aber ist das Geheimnis (Sakrament), beide werden in einem Herzen, in einer Liebe sein, in Gott und der Seele. Siehst du nun, wohin meine Erörterung geht? Sieh die beiden Paare der Liebe, auf der Erde Mann und Weib, im Himmel Gott und Seele, und betrachte, mit welcher rationalen Klugheit alles geordnet ist: Gott hat Frau und Mann geschaffen und vom Mann die Frau: und weil sie aus jenem gemacht ist, ist sie jenem untergeordnet. Jenem ist gegeben, dass er an Intelligenz und Körperkräften überlegen ist: für diese (Frau) ist es so eingerichtet, dass sie nicht allein aus Gehorsam, sondern von Natur aus untergeordnet ist. Es wollte also Gott, dass diese bei jenem Stärke, Fürsorge und Ruhe fände und dass ihre Schwäche bei jenem Liebe wecke, so dass der Mann die Frau gewissermassen aus Güte liebt, die Frau den Mann aus Notwendigkeit. Wenn also der Mann die Frau liebt, ist das in gewisser Weise eine gute Tat, weil er von seiner Güte besiegt wird, die Schwächere nicht im Stich zu lassen. Wenn aber die Frau den Mann liebt, ist es mehr ein Muß, weil sie durch natürliche Notwendigkeit dazu gebracht wird, den Schutz zu suchen; und so wird gewissermassen der ganze Nutzen der Liebe auf die Frau bezogen; weil in ihr selbst der Grund liegt, weswegen entweder sie selbst den Mann liebt oder sie selbst vom Mann geliebt wird. Offenbart ist damit das Geheimnis der Liebe.
übertragen nach: Hugo von St. Viktor: Über die Jungfräulichkeit der seligen Maria e. 1, c. 4 (95), S. 859-864, S. 874f.

(73) Hildegard von Bingen über Empfängnis, Evas Sündenfall und über die Geschlechtslust, 1151/58
Von der verschiedenen Art der Empfängnis. Wenn ein Mann mit dem Erguss eines kräftigen Samens in rechter Liebe und Zuneigung zum Weibe sich diesem naht und das Weib zur selben Stunde ebenfalls die rechte Liebe zum Manne empfindet, so wird ein männliches Kind empfangen, weil dies so von Gott angeordnet ist. Es ist auch nicht anders möglich, als dass ein männliches Kind empfangen wird, weil auch Adam aus Lehm geschaffen wurde, der ein kräftigerer Stoff ist wie das Fleisch. Dieser Knabe wird klug und reich an Tugend werden, weil er empfangen wurde mit kräftigem Samen und bei der richtigen gegenseitigen Liebe und Zuneigung. Fehlt aber dem Weibe die Liebe zum Manne, so dass nur der Mann zu dieser Zeit das rechte liebende Verlangen zum Weibe hat und das Weib nicht zum Manne, so wird gleichwohl ein männliches Kind empfangen, wenn der Samen des Mannes kräftig ist, weil das Liebesgefühl des Mannes die Überhand hat. Dieser Knabe wird aber schwächlich sein und keine tüchtigen Eigenschaften besitzen, weil hier dem Weibe die Liebe zum Manne fehlte. Ist der Samen des Mannes schwach, hat dieser gleichwohl Liebe und Zuneigung zum Weibe und dies die gleiche Liebe zu ihm, so wird ein tugendreiches weibliches Kind gezeugt. Empfindet nur der Mann Verlangen zum Weibe und diese nicht zu ihm, oder fühlt nur das Weib die rechte Liebe zum, Manne und dieser nicht zu ihr, ist zur selben Stunde der männliche Samen dünn, so entsteht, weil dem Samen die Kraft fehlt, daraus ebenfalls ein Mädchen. Ist aber der Samen des Mannes vollkräftig, hat aber trotzdem weder der Mann zum Weibe noch das Weib zum Manne die gegenseitige liebende Zuneigung, so wird ein Knabe gezeugt, weil trotzdem der Samen seine Vollkraft hatte. Er wird aber ein unangenehmer Mensch werden wegen der gegenseitigen Abneigung der Eltern. Ist aber der Samen des Mannes dünn und fühlt zur selben Stunde keiner von beiden Liebe und Zuneigung zum anderen, so wird ein Mädchen von unerfreulichem Wesen gezeugt. Die Wärme solcher Frauen, die von Natur fettleibig sind, überwältigt den Samen des Mannes, daher häufig das Kind im Gesicht solchen Frauen ähnlich wird. Solche Frauen aber, die von Natur mager sind, bringen zumeist Kinder zur Welt, die in ihrem Antlitz dem Vater gleichen.
Von Evas Schlechtigkeit. Durch, die schaffende Kraft der Erde war Adam zum Mann geworden und verdankte seine große Stärke den Elementen. Eva dagegen war in ihrem Mark von weicher Art, hatte einen lustigen schlauen Sinn und ein köstliches Leben, weit die Erdenlast sie nicht gedrückt hat. So, wie sie selbst vom Manne abstammte, ist das ganze Menschengeschlecht aus ihr hervorgegangen. (...)
Weshalb Eva zuerst fiel. Wäre aber Adam früher gefallen wie Eva, so würde sein Fall so gewaltig und so ganz unheilbar gewesen sein, dass dann auch der Mensch in eine große und unverbesserliche Verhärtung gefallen sein würde, dass er weder hätte erlöst werden wollen noch auch werden können. Weil aber Eva, die doch schwächer war wie der Mann, das göttliche Gebot zuerst übertrat, konnte die Schuld leichter getilgt werden. Fleisch und Haut Adams waren stärker und härter wie sie jetzt bei den Menschen sind, weil Adam aus Erde gebildet war und Eva aus ihm. Als sie aber Söhne gezeugt hatten, wurde ihr Fleisch immer und immer hinfälliger und gebrechlicher, und so wird es bis zum Jüngsten Tage bleiben. (...)
Vom Lustgefühl des Weibes. Die fleischliche Lust des Weibes vergleicht sich der Sonne, die mild und sanft die Erde mit ihrer Wärme andauernd durchdringt, damit sie Früchte hervorbringen kann. Würde sie anhaltend und stärker auf sie niederbrennen, so würde sie die Früchte mehr schädigen, als sie hervorbringen. So ist auch die fleischliche Lust beim Weibe einschmeichelnd und gelinde, dafür aber besitzt sie die anhaltende Wärme, Nachkommenschaft zu empfangen und zu gebären, weil, wenn das Weib andauernd im Brande des Lustbegehrens verbliebe, es zur Empfängnis und Zeugung ungeeignet sein würde. Erhebt sich das Begehren beim Weibe, so ist es weniger stark ausgesprochen wie beim Manne, weil ein derartiges Feuer beim Weibe nicht so heftig brennt wie beim Manne. (...)
Woher kommt der Monatsfluss? Als der Fluss der Begierde in Eva eingezogen war, wurden alle ihre Gefäße dem Blutstrom geöffnet. Daher erlebt jede Frau bei sich stürmische Vorgänge im Blute, so dass sie, ähnlich dem Ansichhalten und Ausfließen des Mondes, die Tropfen ihres Blutes bei sich behält und vergießt, und alle ihre Glieder, die durch Blutgefäße zusammengefügt sind, sich öffnen. Denn wie der Mond zu- und abnimmt, werden beim Weibe Blut und Säfte während der Zeit des Monatsflusses gereinigt. Andernfalls würde es nicht am Leben bleiben können. (...)
Von woher Eva. Die erste Mutter des menschlichen Geschlechtes war dem Äther ähnlich geschaffen, weil, wie der Äther die Sterne unverändert festhält, so auch sie in steter Reinheit und Jungfräulichkeit ohne Beschwerde das menschliche Geschlecht in sich trug, als ihr gesagt wurde: Wachset und mehret euch! Und dies vollzieht sich jetzt in vollem Schmerz.
Hildegard von Bingen: Ursachen und Behandlung der Krankheiten (92), S. 61 f., S. 77, S. 79, S. 12 1, S. 158 f., S. 162.

(74) Hildegard von Bingen über die heilsgeschichtliche Bedeutung der Frau,1151/1179
Deshalb sei Lob und Preis der Frau. Es trug ein Weib in ihrem Schoß den Tod und brachte ihn zur Welt. Doch eine lichte Jungfrau hat des Weibes Todesfurcht getötet. Ob diese Sieges ruht Segensfülle auf des Weibes Gestalt vor jeder Kreatur. Denn der ewige Gott ist worden ein Mensch aus der süßesten Jungfrau, die aller Gnaden voll.
Eva hat den Tod errichtet / Den die Jungfrau nun vernichtet. / Drum vor aller Welt das Weib / Preiswürdig ist mit ihrem Leib, / Den Gott selber hat erkoren, / Da die Jungfrau ihn geboren.
Höchster Lobpreis unter allen Gestalten der Schöpfung ziemt der Frau!
Hildegard von Bingen: Sequenz zu Ehren St. Mariens, zitiert nach.- Hildegard von Bingen: Geheimnis der Liebe (91), S. 144f.

(75) Thomas von Aquin über die Minderwertigkeit der Frau, 1267 92. Frage
Die Erschaffung des Weibes

1. Artikel
Ob das Weib bei der ersten Hervorbringung der Dinge hervorgebracht werden musste (...)
Antwort: Es war notwendig, dass das Weib ins Dasein trat, wie die Schrift sagt, als die Gehilfin des Mannes; zwar nicht als Gehilfin zu einem (andern) Werke (als dem) der Zeugung, wie einige behaupten, da ja der Mann zu jedem sonstigen Werke eine bessere Hilfe im andern Manne findet als im Weibe, sondern (es war notwendig) als Gehilfin beim Werke der Zeugung. (...)
Bei den vollkommenen Sinneswesen kommt die wirkende Zeugungskraft dem männlichen, die empfangende dem weiblichen Geschlechte zu. Weil die Sinnenwesen nun eine vornehmere Lebensbetätigung haben als das Zeugen, der ihr Leben vornehmlich zugeordnet ist, darum ist in diesen vollkommenen Sinnenwesen das männliche Geschlecht nicht immer mit dem weiblichen verbunden, sondern nur zur Zeit der geschlechtlichen Vereinigung, damit uns bildhaft verständlich werde, dass in der geschlechtlichen Vereinigung aus Männchen und Weibchen eine derartige Einheit entstehe, wie bei den Pflanzen männlicher und weiblicher Grund stets verbunden sind, wenn auch in einigen die eine, in anderen die andere Kraft überwiegt. - Der Mensch ist aber einer noch vornehmeren Lebensbetätigung zugeordnet, nämlich dem geistigen Erkennen. Darum musste beim Menschen aus einem noch triftigeren Grunde eine Unterschiedenheit der beiden Kräfte statthaben, derart, dass Mann und Weib getrennt hervorgebracht würden und doch zum Zeugungsakt sich im Fleische vereinigten.
Darum heißt es unmittelbar nach der Bildung des Weibes Gn 2.24: »Sie werden zwei in einem Fleische sein.«
Zu 1. Hinsichtlich der Einzelnatur ist das Weib etwas Mangelhaftes und eine Zufallserscheinung; denn die im männlichen Samen sich vorfindende wirkende Kraft zielt darauf ab, ein dem männlichen Geschlechte nach ihr vollkommen Ähnliches hervorzubringen. Die Zeugung des Weibes aber geschieht aufgrund einer Schwäche der wirkenden Kraft wegen schlechter Verfassung des Stoffes oder auch wegen einer von außen bewirkten Veränderung z. B. den feuchten Südwinden (Aristoteles). Aber mit Bezug auf die Gesamtnatur ist das Weib keine Zufallserscheinung, sondern nach der Absicht der Natur deren Zeugungsakt zugeordnet. Die Absicht der Gesamtnatur ist aber von Gott abhängig, dem Allurheber der Natur, und darum hat Er bei der Begründung der Natur nicht nur den männlichen, sondern auch den weiblichen Zeugungsgrund hervorgebracht.
Zu 2. Es gibt eine doppelte Unterwerfung: eine sklavische, der gemäß der Vorgesetzte den Untergebenen zu seinem eigenen (des Vorgesetzten) Vorteil ausnützt; eine derartige Unterwerfung ist nach der Sünde eingetreten. Eine andere Unterwerfung ist die häusliche oder bürgerliche, der gemäß der Vorgesetzte den Untergebenen zu deren Vorteil und Wohl in Dienst stellt; eine solche Unterwerfung hätte auch vor der Sünde bestanden. Es würde nämlich das Gut der Ordnung in der Menge der Menschen gefehlt haben, wenn sich einige nicht durch andere, weisere Menschen hätten leiten lassen. Gemäß diesem Unterordnungsverhältnis ist das Weib dem Manne von Natur aus unterworfen, denn im Manne überwiegt von Natur aus die Unterscheidungskraft des Verstandes. - Auch schließt der Unschuldsstand eine Ungleichheit der Menschen nicht aus, wie später (96, 3) gesagt wird.

2. Artikel
Ob das Weib aus dem Manne gebildet werden mußte (...)
Antwort: Es war sinnvoll, dass das Weib in der Urbegründung der Dinge aus dem Manne gebildet wurde, mehr als bei den anderen Sinnenwesen. Und zwar erstens, damit so dem ersten Menschen eine gewisse Würde vorbehalten bliebe, damit auch er gemäß der Ähnlichkeit mit Gott Ursprung seiner ganzen Art sei, wie Gott der Ursprung des Weltalls ist. Darum sagt auch Paulus Apg 17, 26: »Gott machte aus einem das ganze Menschengeschlecht.«
Zweitens: Damit der Mann das Weib inniger liebe, und ihm in unverbrüchlicher Treue anhänge, wenn er erkenne, dass es aus ihm selbst gebildet sei. Darum heißt es Gn 2,23 »Vom Manne ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und hängt seinem Weibe an.« Und dies war in besonderem Masse notwendig in der Art Mensch, in der Mann und Weib das ganze Leben hindurch zusammenbleiben, was bei den andern Lebewesen nicht der Fall ist.
Drittens, weil, wie der Philosoph sagt, Mann und Weib sich unter Menschen nicht nur wegen der Notwendigkeit der Zeugung vereinigen, wie bei den anderen Sinnenwesen, sondern auch wegen des häuslichen Lebens, in dem bestimmte Werke dem Manne und (bestimmte andere) dem Weibe zukommen, wobei der Mann das Haupt des Weibes ist. Darum wurde das Weib angemessenerweise aus dem Manne als ihrem Ursprung gebildet.
Der vierte Grund ist ein sinnbildlicher. Es wird nämlich dadurch versinnbildet, dass die Kirche ihren Ursprung aus Christus herleitet. Darum sagt der Apostel Eph 5,32:
»Dies Geheimnis ist groß, ich sage aber: in Christus und der Kirche.«

3.
Artikel Ob das Weib aus der Rippe des Mannes gebildet werden mußte 1
Antwort: Die Bildung des Weibes aus der Rippe Adams war sinnvoll. Und zwar erstens, um anzudeuten, dass zwischen Mann und Weib eine Gemeinschaft bestehen muss. Denn weder soll das Weib den Mann beherrschen (1 Tim 2,12), und darum wurde es nicht aus dem Haupte gebildet; noch darf der Mann das Weib als ein ihm sklavisch unterworfenes Wesen verachten, darum wurde es nicht aus den Füßen gebildet. - Zweitens wegen der vorbiblischen Bedeutung, weil aus der Seite des am Kreuze entschlafenen Christus die Sakramente entströmten, nämlich Blut und Wasser (Sinnbilder der Sakramente), aus denen die Kirche gebildet wurde. Thomas von Aquin: Summa Theologica 1, 92. Frage, 1- 3 (159), Bd. 7, S. 3 5 ff.

(76) Thomas von Aquin über die Ehe, 1259/1267
c. 122. Die Erzeugung des Menschen wäre jedoch nutzlos, wenn nicht auch die gebührende Ernährung folgen würde; denn der erzeugte Mensch kann nicht weiterleben, wenn ihm die gebührende Nahrung vorenthalten bleibt. Somit muss die Ausscheidung des Samens in der Weise geordnet sein, dass sowohl die entsprechende Erzeugung als auch die Auferziehung des erzeugten Wesens erfolgen kann. Hieraus ersieht man, dass dem Gut des Menschen jede in der Weise herbeigeführte Ausscheidung des Samens widerstreitet, dass die Erzeugung nicht erfolgen kann; und wenn dies vorsätzlich geschieht, muss es Sünde sein.
Ich meine natürlich in der Weise, dass aus ihr die Erzeugung nicht wesentlich erfolgen kann, wie zum Beispiel jede Ausscheidung des Samens ohne natürliche Vereinigung von Mann und Weib, weswegen derartige Sünden auch widernatürliche genannt werden. Kann aber aus der Ausscheidung des Samens die Erzeugung per accidens nicht erfolgen, so ist dies weder wider die Natur noch eine Sünde, wie zum Beispiel in dem Falle, wenn die Frau unfruchtbar ist.
Ebenso muss es auch dem Gut des Menschen widerstreiten, wenn zwar der Same so ausgeschieden wird, dass die Zeugung erfolgen kann, aber die entsprechende Auferziehung verhindert wird. (...)
Nun steht es fest, dass bei der menschlichen Art das Weib am wenigsten allein zur Auferziehung des Kindes hinreicht, da ja die Notdurft des menschlichen Lebens vieles erfordert, was durch eine Person allein nicht geleistet werden kann. Also ist es aufgrund der menschlichen Natur angemessen, dass der Mann nach dem Koitus noch weiter bei dem Weibe bleibt und nicht sofort von ihr geht, unbekümmert um das, was immer nun eintreten möge, wie es bei denen der Fall ist, die einfach Unzucht treiben. (...)
2. Weiterhin: Es ist zu beachten, dass bei der menschlichen Art die Kinder nicht der Nahrung allein für den Körper bedürfen, wie bei den anderen tierischen Wesen, sondern auch des Unterrichtes in bezug auf die Seele. Die Tiere besitzen nämlich ihre Klugheit von Natur aus, durch die sie für sich sorgen können; während der Mensch durch eine Vernunft lebt, die erst durch langjährige Erfahrung zur Klugheit gelangen muss; und deshalb müssen die Kinder notwendig von den bereits erfahrenen Eltern unterrichtet werden. Auch sind sie für solchen Unterricht nicht gleich nach der Geburt empfänglich, sondern erst nach geraumer Zeit, wenn sie einigermassen ausgewachsen sind. Ferner erfordert der Unterricht selbst eine längere Zeit, zumal da auch wegen des Ungestüms der Leidenschaften, der die Hochschätzung der Klugheit in den Kindern zu verdrängen pflegt, diese nicht nur einfachen Unterricht, sondern auch strenge Zucht nötig haben. Hierzu reicht aber die Frau allein nicht aus, sondern hier eignet sich besser das Eingreifen des Ehemannes, in welchem die Vernunft geeigneter zum geistigen Unterricht und die Kraft geeigneter zum Züchtigen ist. Also muss der Auferziehung der Nachkommenschaft bei der menschlichen Art nicht eine kurze Zeit, wie bei den Vögeln, gewidmet werden, sondern eine große Zeitspanne des Lebens.
Da es also bei allen Tieren notwendig ist, dass der männliche Teil mit dem weiblichen so lange zusammenbleibt, wie die Tätigkeit des Vaters für das Junge benötigt wird; so entspricht es auch der Natur des Menschen, dass der Mann nicht nur für kurze Zeit, sondern in dauernder Gemeinschaft mit einer bestimmten Frau zusammenlebt. Diese Gemeinschaft nun nennen wir Ehe. Also ist die Ehe dem Menschen etwas Natürliches; und der unzüchtige Koitus außerhalb der Ehe widerstreitet somit dem Gut des Menschen und muss deshalb selbst eine Sünde sein. (...)
c. 123. Wenn man es recht betrachtet, führt die obige Begründung offenbar nicht nur dahin, dass die Gemeinschaft von Gatte und Weib, die wir Ehe nennen, eine lang dauernde ist, sondern auch dahin, dass sie das ganze Leben lang dauert.
1. Die Besitztümer sind nämlich auf die Aufrechterhaltung des natürlichen Lebens hingeordnet, und da das natürliche Leben, welches nicht in der Person eines unsterblichen Vaters (das heißt der auch dem Leibe nach unsterblich ist) aufrecht erhalten werden kann, nur auf dem Wege einer Nachfolge in der Person des Kindes weitergeführt wird, so entspricht es der Natur, dass auch das Kind als Nachfolger des Vaters in dessen Besitztümer eintritt. Wenn nun die Sorge des Vaters um das Kind selbst bei den Vögeln ein Zusammenbleiben von Männchen und Weibchen verursacht, so erfordert es die Naturordnung, dass bei der menschlichen Art Vater und Mutter bis zum Lebensende zusammenbleiben.
2. Auch widerstreitet es offenbar der Billigkeit (Gleichheit), wenn jene besagte Gemeinschaft aufgelöst wird. Das Weib bedarf nämlich des Ehegatten nicht nur wegen der Erzeugung, wie bei den Tieren, sondern auch wegen der Lenkung, da der Mann eine vollkommenere Vernunft und eine stärkere Kraft besitzt. Die Frau dagegen wird zur Gemeinschaft mit dem Manne wegen der Notwendigkeit der Erzeugung angenommen. (...)
3. Ebenso: Ganz offenbar wäre es widersinnig, wenn die Frau den Mann entlassen könnte, da ja die Frau dem Manne als dem Lenker untersteht. Nun steht es aber nicht in der Macht dessen, der einem anderen untersteht, von dessen Lenkung fortzugehen. Folglich wäre es wider die Naturordnung, wenn die Frau den Mann verlassen könnte. (...)
4. Außerdem: Die Menschen haben ein gewisses natürliches Interesse, über die Echtheit ihrer Kinder Gewissheit zu haben; und diese Gewissheit ist deswegen notwendig, weil das Kind für lange Zeit hindurch der väterlichen Lenkung bedarf. Was immer daher geeignet ist, die Gewissheit über die Echtheit des Kindes zu verhindern, das widerspricht dem Naturtrieb der menschlichen Art. Wenn nun der Mann die Frau entlassen könnte oder die Frau den Mann, und sich mit einer anderen Person vermischen könnte, so würde die Gewissheit über das Kind verhindert werden, wenn die Frau, vom ersten Mann erkannt, gleich darauf von dem zweiten erkannt werden würde. Folglich ist es wider den Naturtrieb der menschlichen Art, dass die Frau vom Manne getrennt wird. Also muss die Verbindung von Mann und Weib nicht nur eine langdauernde, sondern auch eine untrennbare sein.
5. Weiter: Je größer eine Freundschaft ist, desto fester und andauernder muss sie sein. Nun ist zwischen dem Manne und seiner Gattin die Freundschaft offenbar die größte; denn sie vereinigen sich nicht nur im Akte der fleischlichen Verbindung, die selbst bei den wilden Tieren zu einer gewissen zärtlichen Freundschaft führt, sondern sie vereinigen sich auch zur Gemeinschaft des ganzen häuslichen Verkehrs. (...)
c. 137. Es gab aber auch andere, die zwar die ständige Enthaltsamkeit nicht verwarfen, aber ihr dennoch den Stand der Ehe gleichsetzten; und dies war die Haeresie des Jovinian. Aber die Falschheit dieses Irrtums erhellt aus dem bereits Gesagten, da ja der Mensch durch die Enthaltsamkeit fähig wird, seinen Geist zum Geistigen und Göttlichen zu erheben, und gewissermassen über den Zustand des Menschen hinaus zu einer gewissen Ähnlichkeit mit den Engeln erhoben wird. (...)
IV c. 78. Dasjenige, aber, was dem Volke durch die Diener der Kirche gespendet wird, nennt man Sakrament. Insofern also die Ehe in der Vereinigung von einem Manne und einer Frau besteht, die beide die Absicht haben, die Kinder zum Gottesdienste zu erzeugen und zu erziehen, ist sie ein Sakrament der Kirche; und daher wird den Heiratenden auch durch die Diener der Kirche eine Segnung zuerteilt.
Und wie bei den anderen Sakramenten durch dasjenige, was äußerlich vollzogen wird, etwas Geistiges versinnbildlicht wird, so wird auch bei diesem Sakramente durch die Verbindung von Mann und Weib die Verbindung Christi mit der Kirche versinnbildlicht, gemäß jenen Worten des Apostels (Eph 5,32): »Dieses Geheimnis ist groß; ich sage aber: in Christo und in der Kirche.« (...)
Weil also durch die Vereinigung des Mannes und der Frau die Verbindung Christi mit der Kirche bezeichnet wird, so muss auch das Zeichen den Bezeichneten entsprechen. Nun besteht die Verbindung Christi mit der Kirche in einer dauernden Vereinigung des Einen mit der Einen; denn
1. ist die Kirche nur Eine, gemäß jenen Worten (Hohelied 6,8): »Eine ist meine Taube, meine vollkommene«;
2. trennt sich Christus niemals von seiner Kirche; denn er selbst sagt (Matth 28,20): »Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt«; und ferner heißt es
44 (1 These 4,16): »Wir werden immerfort bei dem Herrn sein.
Also muss notwendig die Ehe, insofern sie ein Sakrament der Kirche ist, die untrennbare Vereinigung des einen Mannes mit der einen Frau sein; und dies gehört zu der Treue, zu der sich Ehegatte und Ehegattin gegenseitig verpflichten.
Somit gibt es also drei Güter der Ehe, insofern sie ein Sakrament der Kirche ist, nämlich:
1. Die Nachkommenschaft, die zum Gottesdienst hinzuführen und hierin zu erziehen ist;
2. die Treue, insofern sich der eine Mann an die eine Frau bindet;
3. das Sakrament, aufgrund dessen die eheliche Verbindung die Unauflöslichkeit besitzt; insofern sie ein Geheimnis (sacramentum) der Verbindung Christi mit der Kirche ist.
Thomas von Aquin: Summa contra gentiles 111 c. 122, c. 123, c. 137, IV c. 78 (358).

(77) Berthold von Regensburg über die Ehe, 1275
Es gehen drei Wege zum Himmelreich aus der heiligen Christenheit, und wer nicht einen der drei Wege geht, der geht daneben und geht in die Hölle, wo sein nimmer mehr Rat wird von Ewigkeit zu Ewigkeit. Diese drei Wege, das sind dreierlei Leute, die haben auch dreierlei Leben, die der allmächtige Gott hat geordnet in der heiligen Christenheit - denn kein Weg in aller Welt geht zum Himmelreich außer von der heiligen Christenheit, weder von Juden noch von Heiden noch von Ketzern geht ein Weg zum Himmelreich. Nur drei Wege, die gehen auch alle drei von der heiligen Christenheit dar; es sei Mann oder Frau, jung oder alt, arm oder reich, edel oder unedel, gelehrt oder ungelehrt, so mag in aller Welt zum Himmelreich niemand kommen, er gehe denn auf der dreien Wegen einem dar. - Der eine Weg, der aus der heiligen Christenheit zum Himmelreich geht, der heißet die heilige Ehe. Der andere heißet Witwentum. Der dritte heißet Magdtum (Jungfrauschaft). Wer in einem der drei Wege oder Leben nicht hinfährt in der heiligen Christenheit, der ist ewig verloren. (...)
Es sei Mann oder Frau, jung oder alt usw., alle, die mit der Unehe umgehen, und also naschen von einem zum anderen wie ein Vieh, die gehen und fallen von den Wegen allen dreien hinab in die Hölle, wo ihrer nimmer mehr Rat wird. Buße nehme ich aus. (...)
Nun will ich euch sagen, wie ihr leben sollt in der Ehe.
Die erste Feder ist: Du sollst reines Gesinde haben, soweit du es behüten kannst; nicht Näscher noch Näscherinnen noch Spieler noch Nachtschwärmer, noch sollst du Räuber schützen, oder was größer ist. Du sollst reines Gesinde haben, soweit du es behüten und bewahren kannst.
Die zweite Feder ist: Du sollst dich behüten vor ungerechtem Gute. 0 weh, Geiziger! wir mögen uns nirgends vor dir behüten, du stehst allenthalben auf dem Blatte. Die dritte Feder ist: Du sollst deines Gemahles mit reiner Treue pflegen, am Leibe und an der Seele und am Gute. Zum ersten sollst du deinem Gemahle treu sein am Gute. Du sollst deiner Hausfrau ihre Morgengabe nicht verschwenden; und was sie dir zubrachte, das sollst du unter Hand nehmen, und sollst damit so wacker werben, dass du ihr die Notdurft davon gebest an Speise und an Kleidern, und dass, wenn du eher stirbst denn sie, ihres Gutes soviel sei, als da sie zu dir kam. (...)
Du sollst ihr Gut nicht andern Weibern geben, noch verspielen noch vertrinken noch verjubeln mit Lärmen, noch Possenreißern geben, noch den Kupplerinnen geben, die da sind des Teufels Blasbälge, noch auf sonst eine unrechte Weise sollst du deiner Hausfrau Gut unnützlich ohne werden. (...)
Und was ich zu dem Manne da spreche, dasselbe spreche ich auch zu der Frau herwieder. Ihr Frauen sollt auch den Männern ihr Gut nicht unnützlich verwenden, nicht geben um gelbe Bänder noch um übermäßige Schleier (...)
Doch will ich euch eines raten; Gott hat es euch aber nicht geboten, ich rate es euch nur mit guten Treuen. Weil wir großen Schaden daran haben und sehen und hören, dass ihr gar junge Kinder alten Männern gebet, darum rate ich euch, dass ihr ein junges dem anderen gebet und ein altes dem anderen. Das dir gleich ist an Jugend und an Alter, an der Edelkeit der Verwandten und an der Achtbarkeit des Leibes, das nimm. Ich rede davon nicht: nähme einer ein gar armes Weib, und wäre es halt eine garstige Sieche oder gar eine Höckerichte, so wäre es doch eine rechte Ehe, nur dass es selten wohl gerät. Mancher Gebresten kommt davon, dass eines nimmt, was ihm ungleich ist; es ist ihm desto schämlicher, heimlich und öffentlich. Manche sind so schönen Herzens, dass es dir nicht schadet gegen dein Gemahl, wenn du so achtbar nicht bist an allen Dingen; jedoch wäre es ihm lieber, wenn es an dir wäre, denn dass es dir gebricht. Darum nimm, was dir gleich ist. (...)
Und die es auch wohl haben mögen, die sollen es dennoch ihren Wirten nicht unnützlich verwenden, mit überflüssigen Schmausereien, noch anderen Männern geben, noch mit Hoffart verbringen, noch sollt ihr es zu zierlich machen mit euch selber der Schmeichelei willen. - Was ich zu den Männern spreche, das spreche ich zu den Frauen, es wäre sonst nicht ein Leib und zwei Seelen.
Zum zweiten sollst du deines Gemahles pflegen mit reiner Treue an dem Leibe. Du sollst deinen Leib niemand geben denn deinem Gemahle. Wärest du auch ein König und wäre sie ein armes Fräulein, du wärest doch ihr und sie dein. (...)
Die vierte Feder ist Zucht am Bette.
Die fünfte ist Maß. Wer diese zwei an seinem Bette hat, Zucht und Maß, der ist seinem Gemahl treu an der Seele. Zucht und Mass ziemt an allen Stätten wohl, und in allen Dingen sind sie nütze und gut. Zucht und Maß ziemt zur Kirche wohl und zur Strasse und auch zum Tische. Darum will der allmächtige Gott, dass man am Bette Zucht und Maß habe, denn es gehen viele tausend Seelen verloren durch Unzucht und Unmaß. Zuerst will ich sprechen von dem Maß. Du sollst deinen Gemahl meiden zu fünf Zeiten im Jahr mit unkeuschen Dingen, denn ihr habt dann noch Zeit genug das lange Jahr, euer Geschlecht zu mehren, und Kinder gar genug zu gewinnen. Ihr seht das wohl, da13 keiner Kreatur Gott so viel Zeit gelassen hat zu sothanen Dingen, es sind viele Kreaturen, die nur eine Zeit im Jahre haben. Euch aber hat Gott gar viel Zeit gelassen im langen Jahr, darum ist es wohl möglich, dass ihr die fünf Zeiten Maß haltet, und mäßiglich seid miteinander am Bette. Die erste ist, wann man gemeinlich fastet in der Goldfasten, und die vierzig Tage vor Ostern. Die zweite Zeit ist, wenn man gemeinsam die Kreuze trägt an St. Markus-Tag, und die drei Tage vor Pfingsten. Die dritte Zeit ist, so die Frauen im Kindbett liegen; die sechs Wochen sollt ihr sie vermeiden recht gar mit Fleiß. (...)
Und so die Frauen mit ihren Kindern gehen und schwanger sind, sollt ihr euch gar mit Fleiß hüten. Ich sage nicht, dass diese Zeit jegliche eine Todsünde sei, du magst aber die Zeit sehen, du nähmest es für hundert Mark, dass du es vermieden hättest. Die vierte Zeit ist eine Zeit, davon der allmächtige Gott gar greulich redet, das ist, so die Frauen krank sind. (...)
Alle Kinder, die in den Zeiten empfangen werden, an denen wirst du keine Freude erleben. Denn es wird entweder behaftet mit dem Teufel, oder es wird aussätzig, oder es bekommt die fallende Sucht, oder es wird höckericht oder blind oder krumm oder stumm oder blödsinnig, oder es bekommt einen Kopf wie ein Schlegel. (...)
Ihr Frauen, nun merket es an eureren Kindern: welches in den Zeiten empfangen ist, da werdet ihr sehen, dass ihm immer etwas anderes geschieht, denn eueren anderen Kindern. Und geschieht ihm dessen nichts, das ich euch genannt habe, so fährt es eines unrechten Todes hin. Es geschieht allermeist Gauleuten und unverständigen Leuten. Edelleuten und Bürgern in Städten geschieht es nicht; denn das sind verständige Leute, und hören oft Messe und Predigt und wissen wohl, welcher Zeit sie schonen sollen, aber die Gauleute (Landleute) hören selten Predigt, und arbeiten alle Tage bis nachts, und treiben das die ganze Woche. Und wenn der Mann des Nachts kommt, so schläft er wie ein Stein, dass er nichts wahrnimmt, und wenn dann ein Feiertag kommt, und er ruhet, so hat leicht seine Hausfrau ein Hemdlein angelegt,da erwartet er's kaum, bis er genießet, und läuft hin wie ein Hahn, und hat keine acht auf die Zeit noch auf die Stunde. Davon erleben sie selten Freude an den Kindern, die in den Zeiten empfangen werden. - Die Fünfte Zeit ist: welchen Tag man gebietet zu feiern, dieselbe Nacht, so man des Morgens feiern soll, die Nacht soll man sich keusch halten, und des Morgens den ganzen selben Tag, den man feiert, bis hin zur Nacht. Ihr Frauen! ich weiß wohl, dass ihr mir viel mehr folget denn die Männer; wir finden oft, dass die Frauen keuscher sind denn die Männer. Die wollen frei sein mit allen Dingen, und wollen ihren Willen haben mit Essen und mit Trinken, und kommen damit in die Freiheit, dass sie keiner Zeit wollen schonen. Frau! da sollst du's ihm benehmen mit guter Rede, wie du allerbestens kannst und vermagst. Wird er aber so gar teufelhaftig, dass er übel spricht und von dir hin will zu einer anderen und ihm das gar ernst wird und du es ihm nicht erwehren magst, ehe dann dass du ihn zu einer anderen lassest, sieh Frau! sei es denn in der heiligen Christnacht oder in der heiligen Karfreitagsnacht, so tu' es mit traurigem Herzen, denn so bist du unschuldig, ist dein Wille dabei nicht. Aber alle die Heiligen, deren Zeit ihr also nicht geschonet habet, die werden alle am jüngsten Tage über euch rufen. (...)
Darum sollt ihr Maß halten, und Gott ehren in der Ehe mit Keuschheit. Denn je seltener je besser an Leib und an Seele und allermeist an den Kindern.
Das andere, das ihr auch halten sollt am Bette, das ist nun die fünfte Feder, das ist Zucht; die sollt ihr auch haben am Bette gar mit Fleiß. (...)
Da unser Herr zu allererst die Ehe satzte mit Adam und Eva, da satzte er, dass die Frau dem Manne untertänig wäre, und der Mann der Frau Herrscher wäre. Nun sind die Frauen so kühn vor den Männern geworden, als ob sie mit dem Teufel behaftet wären, und streiten, wie wenn ihnen der Teufel das Schwert gesegnet hätte, so sie daheim sind, und sitzen dann vor mir, als ob sie nicht ein Wasser könnten trüben. Und so sie dann in die Kammern kommen, so fechten sie und kämpfen., als ob sie mit dem Teufel behaftet wären. Pfui, du unverschämter Unflat Gott und der Welt! welcher Teufel heißet dich kämpfen? und welcher Teufel hat dir das Schwert gesegnet? und welcher Teufel hat dir den Kampfkolben erlaubt? Männer sollen streiten, und Frauen sollen spinnen. Einst war da ein Unseliger, der nahm sich Spinnens an, den verwarf unser Herr von seinem Königreiche, darum dass er sich hatte Spinnens angenommen, denn Männer, die sollen streiten, Frauen, die sollen spinnen. (...)
Ein Mann soll ein Mann sein, eine Frau soll eine Frau sein. Und dann weiter noch andere Unzucht; die muss ich aber gar weit herum sagen und hoch oben drüber hin. Der allmächtige Gott hat alle Dinge geschaffen an ihre Statt, und jegliches geordnet, wie es sein soll und seine Ordnung habe. (...)
dass die Frauen streiten, da magst du leicht verstehen; dir widerstreitet deine Hausfrau leicht zehn mal, dass dir Leid wird und da sie dich mit zornig macht. Ist jemand hier, der ein streitig Weib hat, der merke: Ein Mann soll den Streit haben, das ist recht, ein Mann soll ein Mann sein, eine Frau soll eine Frau sein. - »Bruder Berthold! nun sprichst du, die Frau soll dem Mann untertänig sein; soll ich dann nicht tun mit meiner Hausfrau, was mich gut dünket und wie ich will?«
Nein, nein, so lieb dir das Himmelreich ist. Dein Messer ist auch dein eigen Messer, damit sollst du ihr doch die Kehle nicht abschneiden. (...)
Obschon deine Hausfrau dein eigen ist und du ihr eigen, so sollt ihr doch nicht solche Unzucht miteinander haben, darum ihr verdammt werdet vom Himmelreich; wenn ihr halt so lieb einander seid, dass ihr einander essen möchtet vor Liebe, Gott und euere Seele soll euch fürwahr hundertmal lieber sein. Ihr sollt euch der Liebe entziehen, und ihr nicht so gar ihren Mutwillen lassen schießen. (...)
»Wie, Bruder Berthold! nun gewann ich doch nie einen Mann, als meinen rechten Ehewirt.« Nun, das ist gut. Es spricht aber der gute St. Augustinus. Du kannst mit deinem Ehewirte tun, dass dir besser wäre, du säßest in einem öffentlichen Hause, wo hundert zu dir gingen. Ihr jungen Leute, die noch Zucht und Maß nicht gebrochen haben, hütet euch von jetzt bis an eueren Tod, dass ihr am jüngsten Tage ehrbarlich stehet, und nicht zu solcher Schande kommet vor aller Welt! Pfui, Näscher und Näscherin! pfui Ehebrecher und Ehebrecherin! dir ist weder Zucht noch Maß heilig; sieh, wohin du mit der Unzucht und mit dem Unmaß willst! wie wirst du am jüngsten Tag zuschanden vor aller Welt! Wunderbald in starker Buße, und wunderbald zur Ehe! und büße, was du zuvor gemacht hast, und halte Zucht und Maß mit der Ehe, oder halte dich in der Witwen Leben; du musst in der dreien Leben einem sein, oder du kommst nimmer in das Himmelreich. (...)
Doch ist mancher heilige Mann im Himmelreich, die Zucht und Maß in der Ehe hielten, und dann noch das dritte dazu hielten: Herr Abraham, Herr Moses, Herr Aaron, und ihrer ein großer Teil, St. Oswald usw. Das dritte ist: du sollst bei deinem Gemahle nur liegen aus drei Gründen: Der erste ist, wenn ein Mann eine junge Hausfrau hat, so denkt er: Du bist jung und blöde, du wagst nicht zu begehren, ich will mit dir sein durch das Recht der heiligen Ehe, auf dass du nicht ein Schlimmeres tust, und dass ich mit dir in der heiligen Ehe sei. Das zweite ist, dass du denkst, du wollest es immer entbehren, wenn es dein Gemahl nicht begehrt von dir; denn es ist Recht der Ehe, du sollst deinem Gemahle gehorsam sein mit Zucht und mit Maß, wie ich hiervor beschieden habe. Und gehört auch zum zweiten, dass du es tuest um eines Kindes willen, wie die heiligen Väter taten, Herr Abraham usw., die ihr Kind gelobten zur heiligen Ehe zu ziehen. Und wer nun des Fegfeuers überhoben werden will, der halte das dritte auch. Das hat aber der allmächtige Gott nicht geboten wie die zwei; das dritte hat er euch geraten und nicht geboten. Die aber Gott mehr ehren wollen, denn Gott geboten hat, die werden auch der allerhöchsten im Himmelreich, die mit der Ehe dahin kommen. Und dies ist das dritte: wann zwei zusammenkommen ehelich, auf dass sie ihre Keuschheit desto besser bewahren, wie St. Cäcilia und Balerianus usw. (...)
Du sollst deines Gemahles mit reiner Treue pflegen an dem Leibe, du sollst es gerade halten wie dich selber. Das hat Gott gezeigt, da er Eva schuf. Da nahm er eine Rippe von Adam bei dem Herzen; er nahm es nicht von dem Haupte das Bein, daraus er Eva bildete, er nahm es auch von den Füßen nicht. Damit hat dir Gott gezeigt, dass euer keines das andere verschmähen soll um eines Gebresten willen; du sollst es nicht unter die Füße treten mit Schmach noch sonst bös behandeln. »Bruder Berthold! nun sagst du, die Frau solle dem Mann untertänig sein, und er ihr Herrscher sein.« Das ist auch wahr, du sollst der Herrscher sein, und sie deine Hausfrau, darum sollst du ihr nicht das Haar allezeit ausziehen umsonst und um nichts, und schlagen, so oft dich gut dünkt, und schelten und fluchen und anderes bös behandeln unverdient. Du sollst auch nicht gute Kleider tragen, und sie die schlechten und verächtlichen, du sollst sie gerade so würdig halten wie dich an Kleidern, an Essen und an Trinken. Denn sie hat Gott von deinem Herzen genommen, darum soll sie dir nahe sein. Alle die ihres Gemahles nicht pflegen mit reiner Treue am Gut und am Leibe und an der Seele, die haben nichts zu tun mit dem Himmelreich. Buße nehme ich allezeit aus. (...)
Darum du Frau! Sollst du mir deinen Hausherrn wohl behandeln, du sollst ihm alle Ehre bieten, du sollst gegen ihn aufspringen, wenn er nach Hause geht oder reitet, und sollst ihm das Gewand abnehmen und abnehmen heißen und ihm das Kissen heiß legen und was man einem wackeren Wirte Ehre bieten soll. Denn du hast gar viel Ehre von ihm, so lange er lebt. Dich ehrt mancher um deines wackern Wirtes Willen, der vor dir nicht aufstünde, wenn du ihn nicht hättest. Ist er nicht guten Mutes, wann er heimkommt, darum sollst du's ihm nicht unwürdiglich erbieten mit Reden oder mit Gebärden, du weißt nicht, was ihn hier außen betrübt hat; das sollst ihm mit guter Rede benehmen und mit guter Behandlung; du erlebest den Tag, da du ihn möchtest auf den Händen getragen haben.
Göbel: Die Predigten des Frankziskaners Berthold von Regensburg (76), S.285-306.

(78) Geiler von Kaisersberg über die bösen und zornigen Weiber und ihre Sitten, 1498

  1. Die erste Schell der bösen Weiber ist, die begirigkeit und der Geitz: Es ist der bösen Weiber art und natur, das sie gantz begierig sein auff den gewinn: dann ein böses Weib ist ein gifftig vnd fressig Thier, das ist, sie ist dem Geitz gantz vnd gar ergeben. Welches allein darauß entspringet, dieweil sie klein gläubig sein, vnd vngeschickt gutt zu gewinnen, förchten sie allwegen, sie werden nicht gnug haben, darumb werden sie geitzig vnd neidig. (...)
  2. Die ander Schell der bösen Weiber ist, die vnersettigkeit der wollust. Dann es sein etliche dermassen auff die Geilheit vnd vnkeuschheit geneigt, das wenn sie drey oder vier Männer hett, möchten sie ir begirde vnd vnersettigkeit nicht erfüllen.(...)Darnach sein etliche alte auff Geilheit geneigt, das sie ihre begirden mit wunderbarlichen instrumenten erfüllen, oder sich den vnvernünfftigen Thieren vnderlegen, damit sie allein nur ihr vnkeuschheit vnnd vnersettigkeit volstrecken.
    (...)
  3. Die dritte Schell der bösen weiber ist, neid und hassz. Es sein die Weiber von natur geneigt auff neid vnnd hassz, dieweil sie kurtz vnd vnvolkommen sein, daher kompt das sprichwort, er ist klein vnd kurtz, darumb ligt ihm der dreck nach bey dem hertzen. Darnach sein sie neidig und gehässig, dieweil sie unvolkommen sein, vermeinen sie, man liebe ein andere mehr weder sie.
  4. Die vierdt Schell der bösen Weiber ist, die nichtigkeit vnd unnutzbarkeit. Wie hefftig solches laster vnder den weibern vmgeht, fürnemlich inn der nichtigkeit der kleider, ist nicht von nöten, das wir hie vil davon sagen. Dann sie suchen ein solche nichtigkeit und vergeblichkeit inn den kleidern, das nicht gnug daruen zu sagen ist, vnnd trachten der Hoffart also hefftig nach, das sie dardurch Gott höchlich erzürnen, ihr fromme vnnd ehrliche Männer mit hoffart der kleider verderben, vnd den kindern oder jungen böse exempel geben, jnen auff gleiche weiß nach zuuolgen. Darnach sein auch etlich so stoltz und vbermütig in irem sinn, das sie meinen, es stehe Himmel vnd erden in irem gewalt. Mit solcher nichtigkeit vnd vergeblichkeit geht das weiblich geschlecht vmb.
  5. Die fünft Schell der bösen Weiber ist, die widerspennigkeit vnd halßstarrigkeit. Es dunck mich, das solche widerspennigkeit allein auß ihrer vnuolkommenheit entspringt, welche sie mit der widerspennigkeit wollen verdecken. Aber solches ist zwar kein wunder an den weibern: dann gleich wie sie auß einem krummen Ripp (so sich nirgend zu schicket, sonder zu allen dingen ohn gereimlich ist) gemacht sein, also sein sie in allen Dingen krummes sinns vnd widerspennigs gemüts.
  6. Die sechst Schell der bösen weiber ist, Liegen, triegen vnd Klapperen. Es können die weiber von natur wol liegen. Die Männer können nicht also artlich vnd künstlich liegen, gleich wie die weiber, die dörffen kein allten lugen verbesseren, sonder sie wisssen allwegen ein newen vnd frischen, dann es wachsen den weibern die lügen vnder der hand, gleich wie den Männern die guten Räht. Daher kompt das gemein sprichwort, das wann ein fraw auff die erden sehe, mög sie ein lugen erdencken. Vier ding sein auff der Erden, die man nit erkennen mag, der weg des Adlers im lufft, vnd der schlangen, die auff ein felsen kreucht, eines schiffs führt durch dz tieffe Meer, und der weg einer frawen oder jungfrawen, so auff die bulschaft geht, die wüschet dz maul vnd sagt: sie sey nie da gewesen. Solches können die weiber so artlich und künstlich verbergen, dz einer tausent eid schwüre, er hette ein fromme Fraw, so sie von art ein arge Brecken vnd Vettel ist. Denn man findt der exempel von geschwindigkeit vnnd listigkeit der weiber also vil, das nicht gnugsam daruon zu schreiben ist. Darnach ist kein treu und glauben in inen, sie betriegen vnd beliegen allezeit, welches daher kompt, das sie vermeinen, man betriege sie. (...)
  7. Die siebend Schell der bösen Weiber ist, die vnuersünlichkeit und zornmütigkeit der Weiber. Was soll ich hie vil sagen? Es weiß jederman, das kein grausamer noch erschröcklicher thier auff der Welt ist, weder ein bös vnnd zornig Weib (...)
  8. Es ist nichts über der Schlangen Kopff, vnd ist kein boßheit vber eines bösen vnnd zornigen Weibs boßheit. Auch sagt die schrift, das ein böß Weib sein des Teuffels aller spitzigster und scherffste pfeil, dardurch er die menschen fellet. zitiert nach: Scheible: Das Kloster (137), Bd. 1, S. 572-575.

(79) Jakob Sprenger und Heinrich Institoris über die Minderwertigkeit der Frauen, 1487
Bezüglich des ersten Punktes, warum in dem so gebrechlichen Geschlechte der Weiber eine größere Menge Hexen sich findet als unter den Männern, fromme es nicht, Argumente für das Gegenteil herzuleiten, da außer den Zeugnissen der Schriften und glaubwürdiger (Männer) die Erfahrung selbst solches glaubwürdig macht. Wir wollen, ohne das Geschlecht zu verachten, in welchem Gott stets Großes schuf, um Starkes zu verwirren, davon sprechen, dass hierüber von Verschiedenen auch verschiedene, doch in der Hauptsache übereinstimmende Gründe angegeben werden, daher ist auch zur Ermahnung der Weiber dieser Stoff selbst wohl zu Predigten geeignet; und sie sind begierig zu hören, wie die Erfahrung oft gelehrt, wenn man solches nur diskret vorbringt.
Einige Gelehrte nämlich geben diesen Grund an: sie sagen, es gebe dreierlei in der Welt, was im Guten und Bösen kein Maß zu halten weiß: die Zunge, der Geistliche und das Weib. (...)
Von der Bosheit aber der Weiber wird gesprochen Prediger 25: »Es ist kein schlimmeres Haupt über dem Zorne des Weibes. Mit einem Löwen oder Drachen zusammen zu sein wird nicht mehr frommen als zu wohnen bei einem nichtsnutzigen Weibe.« Und neben mehreren, was ebendort über das nichtsnutzige Weib vorangeht und folgt heißt es zum Schlusse: »Klein ist jede Bosheit gegen die Bosheit des Weibes.« Daher (sagt) Chrysostomus über Matth. 19: »Es frommt nicht, zu heiraten. Was ist das Weib anders als die Feindin der Freundschaft, eine unentrinnbare Strafe, ein notwendiges Übel, eine natürliche Versuchung, ein wünschenswertes Unglück, eine häusliche Gefahr, ein ergötzlicher Schade, ein Mangel der Natur, mit schöner Farbe gemalt? Wenn sie entlassen Sünde ist, wenn man sie einmal behalten muss, dann ist notwendig Qual zu erwarten, darum dass wir, entweder sie entlassend, Ehebruch treiben, oder aber tägliche Kämpfe haben.« Tullius endlich sagt Rhetor. 2: »Die Männer treiben zu einem jeden Schandwerke einzelne, d. h. mehrere Ursachen an, die Weiber zu allen Schandwerken nur eine Begierde: denn aller Weiberlaster Grund ist die Habsucht;« und Seneca sagt in seinen Tragödien: »Entweder liebt oder hasst das Weib; es gibt kein Drittes. dass ein Weib weint, ist trügerisch. Zwei Arten von Tränen sind in den Augen der Weiber, die einen für wahren Schmerz, die andern für Hinterlist; sinnt das Weib allein, dann sinnt es Böses.«
Von den guten Weibern aber geht so großes Lob, dass man liest, sie hätten Männer beglückt, und Völker, Länder und Städte gerettet. Das ist bekannt von Judith, Deborah und Esther. Daher sagt der Apostel,Korinther 1,7: »Wenn ein Weib einen Mann hat, und dieser will mit ihr leben, soll sie den Mann nicht lassen; geheiligt ist nämlich der ungläubige Mann durch das gläubige Weib.14 Daher sagt der Prediger 26: »Glücklich ist der Mann eines guten Weibes, denn die Zahl seiner Jahre ist doppelt. 14 Vielerlei sehr Rühmliches führt er dort fast durch das ganze Kapitel hindurch von der Herrlichkeit der guten Frauen aus; und Sprüche am letzten von der tapferen Frau.
Das alles hat sich auch im Neuen Testament an den Frauen klar gezeigt, wie z. B. an den Jungfrauen und anderen heiligen Frauen, welche ungläubige Völker und Reiche vom Götzendienste der christlichen Religion zugeführt haben. Wenn jemand Vincentius, spec. hist. XXVI, 9, nachsehen will, möge er vom Reiche Ungarn, das durch die allerchristlichste Gilia, und vom Reiche der Franken, das durch die Jungfrau Clotilde, die dem Chlodwig verlobt war, viel Wunderbares finden. Was man daher immer an Tadeln liest, können sie verstanden werden von der Begehrlichkeit des Fleisches, so dass unter Weib verstanden wird die Begehrlichkeit des Fleisches, nach dem Worte: »Ich fand das Weib bitterer als den Tod, und selbst ein gutes Weib ist unterlegen der Begehrlichkeit des Fleisches.«
Andere führen noch andere Gründe an, weshalb sich die Weiber in größerer Zahl als die Männer abergläubisch zeigen; und zwar sagen sie, dass es drei Gründe seien: der erste ist der, dass sie leichtgläubig sind; und weil der Dämon hauptsächlich den Glauben zu verderben sucht, deshalb sucht er lieber diese auf. Daher auch Prediger 13: »Wer schnell glaubt, ist zu leicht im Herzen und wird gemindert werden.« Der zweite Grund ist, weil sie von Natur wegen der Flüssigkeit ihrer Komplexion leichter zu beeinflussen sind zur Aufnahme von Eingebungen durch den Eindruck gesonderter Geister; infolge dieser Komplexion sind viele, wenn sie sie gut anwenden, gut: wenn schlecht, um so schlechter. - Der dritte Grund ist, dass ihre Zunge schlüpfrig ist, und sie das, was sie durch schlechte Kunst erfahren, ihren Genossinnen kaum verheimlichen können und sich heimlich, da sie keine Kräfte haben, leicht durch Hexenwerke zu rächen suchen; daher der Prediger wie oben: »Mit einem Löwen oder Drachen zusammen zu sein wird besser sein als zu wohnen bei einem nichtsnutzigen Weibe. Gering ist alle Bosheit gegen die Bosheit des Weibes.« - Item kann auch der Grund angefügt werden, dass, da sie hinfällig sind, sie auch (desto schneller den Dämonen Kinder opfern können, wie sie denn auch so handeln.
Drittens gibt es einige, die noch andere Gründe anführen, welche die Prediger nur vorsichtig vorlegen und besprechen dürfen. Denn mögen auch die Schriften im Alten Testamente von den Weibern meist Schlechtes erzählen und zwar wegen der ersten Sünderin, nämlich Eva und ihrer Nachahmerinnen, so ist doch wegen der späteren Veränderung des Wortes, nämlich Eva in Ave, im Neuen Testamente und weil, wie Hieronymus sagt: »Alles, was der Fluch der Eva Böses gebracht, hat der Segen der Maria hinweg genommen" - daher über sie sehr vieles, und zwar immer Lobenswertes zu predigen. Aber weil noch in den jetzigen Zeiten jene Ruchlosigkeit mehr unter den Weibern als unter den Männern sich f"indet, wie die Erfahrung selbst lehrt, können wir bei genauerer Prüfung der Ursache über das Vorausgeschickte hinaus sagen, dass, da sie in allen Kräften, der Seele wie des Leibes, mangelhaft sind, es kein Wunder ist, wenn sie gegen die, mit denen sie wetteifern, mehr Schandtaten geschehen lassen. Denn was den Verstand betrifft, oder das Verstehen des Geistigen, scheinen sie von anderer Art zu sein als die Männer, worauf Autoritäten, ein Grund und verschiedene Beispiele in der Schrift hindeuten. Terentius sagt: »Die Weiber sind leichten Verstandes, fast wie Knaben;« und Lactantius, Institutiones 3 sagt, niemals habe ein Weib Philosophie verstanden außer Temeste, und Sprüche 11 heißt es, gleichsam das Weib beschreibend: »Ein schönes und zuchtloses Weib ist wie ein goldner Reif in der Nase der Sau.« Der Grund ist ein von der Natur entnommener: weil es fleischlicher gesinnt ist als der Mann, wie es aus den vielen fleischlichen Unflätereien ersichtlich ist. Diese Mängel werden auch gekennzeichnet bei der Schaffung des ersten Weibes, indem sie aus einer krummen Rippe geformt wurde, d. h. aus einer Brustrippe, die gekrümmt und gleichsam dem Mann entgegen geneigt ist. Aus diesem Mangel geht auch hervor, dass, da das Weib nur ein unvollkommenes Tier ist, es immer täuscht. Denn es sagt Cato:
»Weint ein Weib, so sinnt es gewiss auf listige Tücke.« Auch heißt es: »Wenn ein Weib weint, es den Mann zu täuschen meint.« Das zeigt sich am Weibe des Simson, welches ihm sehr zusetzte, ihr das Rätsel zu sagen, welches er ihren Genossen aufgegeben hatte, und als er es getan, es ihnen enthüllte und ihn so betrog. Es erhellt auch bezüglich des ersten Weibes, dass sie von Natur geringeren Glauben haben; denn sie sagte der Schlange auf ihre Frage, warum sie nicht von jedem Baume des Paradieses äßen? »Wir essen von jedem, nur nicht etc., damit wir nicht etwa sterben,« wobei sie zeigt, dass sie zweifle und keinen Glauben habe an die Worte Gottes, was alles auch die Etymologie des Wortes sagt: das Wort femina nämlich kommt von fe und minus (fe=fides, Glaube, minus=weniger, also femina=die weniger Glauben hat), weil sie immer geringeren Glauben hat und bewahrt, und zwar aus ihrer natürlichen Anlage zur Leichtgläubigkeit, mag auch infolge der Gnade zugleich und der Natur, der Glaube in der hochgebenedeieten Jungfrau niemals gewankt haben, während er doch in allen Männern zur Zeit des Leidens Christi gewankt hatte.
Also schlecht ist das Weib von Natur, da es schneller am Glauben zweifelt, auch schneller den Glauben ableugnet, was die Grundlage für die Hexerei ist.
Was endlich die andere Kraft der Seele, den Willen, betrifft, so schäumt das Weib infolge seiner Natur, wenn es den hasst, den es vorher geliebt, vor Zorn und Unduldsamkeit; und wie die Meeresflut immer brandet und wogt, so ist eine solche Frau ganz unduldsam. Darauf spielen verschiedene Autoritäten an: Prediger 25: »Es ist kein Groll über dem Groll des Weibes«; Seneca, Trag. 8:
»Nicht Gewalt des Feuers, nicht Sturmesbrausen, / Ist zu fürchten so, noch auch Blitzesflammen, / Als wenn wild im Zorn die verlass'ne Gattin / Glühet und hasset.«
Es zeigt sich an dem Weibe, welches Joseph falsch beschuldigte und ihn einkerkern ließ, weil er ihr nicht in das Verbrechen des Ehebruchs willigen wollte, Genesis 30. Und wahrlich, die Hauptursache, welche zur Vermehrung der Hexen dient, ist der klägliche Zwist zwischen verheirateten und nicht verheirateten Frauen und Männern; ja auch unter den. heiligen Frauen: was soll es dann mit den übrigen sein? Du siehst ja in der Genesis, wie groß die Unduldsamkeit und der Neid der Sarah gegen Hagar war, da diese empfangen hatte: Genesis 21; wie der Rahel gegen Lea, wegen der Söhne, welche Rahel nicht hatte, Genesis 30; wie der Anna gegen Fennena, die fruchtbar war, während sie selbst unfruchtbar blieb, Samuelis 1, 1: wie der Mirjam gegen Moses Numeri 12, daher sie murrte und Moses verkleinerte, weshalb sie auch mit Aussatz geschlagen wurde; wie der Martha gegen Magdalene, die sass, während Martha diente: Lucas 10. Daher auch Prediger 37 (?): »Verhandle mit dem Weibe darüber, wonach sie eifert;" als wenn er sagte, es ist nicht mit ihr zu verhandeln, weil immer Eifer, d. h. Neid in einem bösen Weibe ist. - Und die es so unter sich treiben, wieviel mehr gegenüber den Männern!
So erzählt darum auch Valerius: Foroneus, König der Griechen, an dem Tage, da er starb, sprach er zu seinem Bruder Leontius: »Am höchsten Glücke würde mir nichts fehlen, wenn mir immer das Weib gefehlt hätte.« Zu ihm sagte Leontius: »Und wieso steht das Weib der Glückseligkeit im Wege?" Und jener sprach: »Alle verheirateten Männer wissen das.« Sokrates, gefragt, ob man ein Weib nehmen müsse, antwortete: »Wenn du es nicht nimmst, wird Denkereinsamkeit dich aufnehmen: dein Geschlecht geht dann unter, ein fremder Erbe übernimmt dein Vermögen. Aber wenn du eines nimmst, dann hast du ewige Aufregung, Klagen und Streitereien; Vorhalten der Mitgift; böse Stirnfalten der Verwandten; geschwätzige Zunge der Schwiegermutter; Nachfolger einer fremden Ehe-, unsichere Aussichten der Kinder.« Das sagte er aus Erfahrung. Denn wie Hieronymus, contra Jovinianum sagt, hatte dieser Sokrates zwei Weiber, welche er mit ungeheurer Geduld ertrug; doch konnte er nicht frei werden von ihrem Keifen, Schreien und Schmähen. Eines Tages also, als sie gegen ihn loszogen, und er deshalb aus dem Hause ging, um ihre Belästigungen los zu werden und sich vor dem Hause niedersetzte, gossen diese Weiber schmutziges Wasser auf ihn, worüber er als Philosoph nicht weiter erregt wurde: er sprach: »Ich wußte, dass auf den Donner Regen folgen würde.« Und von einem Manne liest man (folgende Geschichte): Sein Weib war im Flusse ertrunken. Als er ihren Leichnam suchte, um ihn aus dem Wasser zu ziehen, ging er am Flusse entlang, gegen den Strom; und nach dem Grunde gefragt, warum er, da doch schwere Sachen abwärts und nicht aufwärts schwämmen, stromaufwärts suche, aufwortete er: »Dieses mein Weib war bei Lebzeiten meinen Worten, Taten und Befehlen entgegen,- deshalb suche ich in der entgegengesetzten Weise, ob sie vielleicht auch im Tode noch den entgegengesetzten Willen behauptet gegen die sonstige Gewohnheit.«
Und wie sie aus dem ersten Mangel, dem des Verstandes, leichter als Männer den Glauben ableugnen, so suchen, ersinnen und vollführen sie infolge des zweiten Punktes, der außergewöhnlichen Affekte und Leidenschaften, verschiedene Rache (sei es durch Hexerei, sei es durch irgendwelche andern Mittel). Daher ist es kein Wunder, dass es eine solche Menge Hexen in diesem Geschlechte gibt.
Was außerdem ihren Mangel an memorativer Kraft anlangt, da es in ihnen ein Laster von Natur ist, sich nicht regieren zu lassen, sondern ihren Eingebungen zu folgen, ohne irgendwelche Rücksicht, so strebt sie danach und disponiert alles im Gedächtnis. Daher sagt Theophrastus: »Wenn du ihr das ganze Haus zum Dienste überlassen und dir auch nur ein ganz Kleines oder Großes vorbehalten hast, wird sie glauben, man schenke ihr keinen Glauben; sie wird Streit erwecken; wenn du nicht schnell Rat schaffst, bereitet sie Gift, befragt Wahrsager und Seher.« Daher die Hexenkünste.
Wie aber die Herrschaft des Weibes aussieht, darüber höre den Tullius, Paradoxa: »Ist der etwa frei, dem sein Weib befiehlt, Gesetze auferlegt, vorschreibt, gebietet, verbietet, wie ihr gut dünkt, dass er ihr, wenn sie befiehlt, nichts abschlagen kann noch es wagt? Ich meine, der müsse nicht nur ein Sklave sein, sondern ein ganz erbärmlicher Sklave genannt werden, mag er auch aus angesehenster Familie stammen.« Daher sagt auch Seneca in der Person der rasenden Medea; »Was zögerst du noch? Folge dem glücklichen Ansturm! Wie groß ist dieser Teil der Rache, an der du Freude hast« etc., wo er noch vielerlei aufstellt und zeigt, dass das Weib sich nicht lenken lassen, sondern nach eigenem Antriebe vorgehen will; selbst in ihr Verderben, wie man von vielen Weibern liest, welche aus Liebe oder Schmerz sich selbst töteten, weil sie sich keine Rache verschaffen konnten, wie auch von der Laodike Hieronymus (in seinem Buche) über Daniel erzählt. Diese, das Weib des Königs Antiochus von Syrien, voll Eifersucht, er möchte die Berenike mehr lieben, die er auch zum Weibe hatte, ließ zuerst die Berenike und deren Sohn, den sie von Antiochus hatte, töten und tötete sich dann selbst durch Gift. Daher, weil sie nicht regiert sein, sondern aus eignem Entschluss vorschreiten will, daher sagt Chrysostomus nicht mit Unrecht: »0 Übel, schlimmer als alles Übel, ein schlechtes Weib, mag es arm sein oder reich. Wenn es nämlich das Weib eines Reichen ist, hört es nicht auf, bei Tag und Nacht den Mann mit schlauer Rede zu spornen, nichtsnutzig in ihrer Schmeichelei, unerträglich in Heftigkeit. Wenn es aber einen armen Mann hat, lässt es nicht ab, auch ihn zu Zorn und Streit zu reizen. Und wenn es Witwe ist, verachtet es für sich alle allenthalben und lässt sich durch den Geist des Stolzes zu allem Übermut entflammen.«
Suchen wir nach, so finden wir, dass fast alle Reiche der Erde durch die Weiber zerstört worden sind. Das erste nämlich, welches ein glückliches Reich war, nämlich Troja, wurde zerstört wegen des Raubes einer Frau, der Helena und viele Tausende von Griechen kamen dabei um. Das Reich der Juden erlebte viel Unglück und Zerstörung wegen der ganz schlechten Königin Jezabel und ihrer Tochter Athalia, Königin in Juda, welche die Söhne des Sohnes töten ließ, damit sie nach des letzteren Tode selbst herrsche; aber beide Weiber wurden ermordet. Das römische Reich hatte viele Übel auszustehen, wegen der Kleopatra, der Königin von Ägypten, eines ganz schlechten Weibes, ebenso die anderen Reiche. Daher ist es auch kein Wunder, wenn die Welt jetzt leidet unter der Boshaftigkeit der Weiber.
Endlich mit Untersuchung der fleischlichen Begierden des Körpers selbst: daraus kommen unzählige Schäden des menschlichen Lebens, so dass wir mit Recht mit Cato Uticensis sprechen können: »Wenn die Welt ohne Weiber sein könnte, würden wir mit den Göttern verkehren"; da in der Tat, wenn der Weiber Bosheiten nicht wären, auch zu schweigen von den Hexen, die Welt noch von unzähligen Gefahren frei bleiben würde. Valerius ad Rufinum: »Du weißt nicht, dass das Weib eine Chimaira ist; aber wissen musst du, dass jenes dreigestaltige Ungeheuer geschmückt ist mit dem herrlichen Antlitz des Löwen, entstellt wird durch den Leib der stinkenden Ziege, bewaffnet ist mit dem giftigen Schwanze einer Viper. Das will sagen: Ihr Anblick ist schön, die Berührung garstig, der Umgang tötlich.«
Hören wir noch von einer anderen Eigenschaft: der Stimme. Wie nämlich die Frau von Natur lügnerisch ist, so auch beim Sprechen. Denn sie sticht und ergötzt zugleich: daher wird auch ihre Stimme dem Gesange der Sirenen verglichen, welche durch ihre süße Melodie die Vorübersegelnden anlocken und dann töten. Sie töten, weil sie den Geldbeutel entleeren, die Kräfte rauben und Gott zu verachten zwingen. Nochmals Valerius ad Rufinum: Bei solchen Worten gefällt die Ergötzung, und sie sticht den Ergötzten. Die Blume der Liebe ist die Rose, weil unter ihrem Pupur viele Dornen verborgen sind. Sprüche 5: »Ihre Kehle, d. h. ihre Rede, ist glatter denn Öl und zuletzt bitter wie Absynth.«
Hören wir weiter von ihrem Einherschreiten, ihrer Haltung und ihrem Wesen: da ist Eitelkeit der Eitelkeiten! Es ist kein Mann auf Erden, welcher so sich abmüht, dem gültigen Gotte zu gefallen, als wie ein auch nur mäßig hübsches Weib sich abarbeitet, mit ihren Eitelkeiten den Männern zu gefallen. Davon ein Beispiel in dem Leben der Pelagia, als sie, der Welt ergeben, gar geschmückt durch Antiochien zog. Als ein heiliger Vater, Nonius mit Namen, sie sah, fing er an zu weinen und sagte seinen Gefährten, dass er in der ganzen Zeit seines Lebens solchen Fleiß niemals verwendet habe, Gott zu gefallen etc. Sie wurde endlich bekehrt durch seine Gebete.
So ist das Weib, von dem der Prediger 7 spricht und über das jetzt die Kirche jammert wegen der ungeheuren Menge der Hexen: »Ich fand das Weib bitterer als den Tod; sie ist eine Schlinge des Jägers; ein Netz ist ihr Herz; Fesseln sind ihre Hände; wer Gott gefällt, wird sie fliehen; wer aber ein Sünder ist, wird von ihr gefangen werden.« Es ist bitterer als der Tod, d. h. der Teufel. Apokalypse 6: Ihr Name ist Tod. Denn mag auch der Teufel Eva zur Sünde verführt haben, so hat doch Eva Adam verleitet. Und wie die Sünde der Eva uns weder leiblichen noch seelischen Tod gebracht hätte, wenn nicht in Adam die Schuld gefolgt wäre, wozu Eva und nicht der Teufel ihn verleitete, deshalb ist sie bitterer als der Tod.
Nochmals bitterer als der Tod, weil dieser natürlich. ist und nur den Leib vernichtet; aber die Sünde, vom Weibe begonnen, tötet die Seele durch Beraubung der Gnade und ebenso den Leib zur Strafe der Sünde.
Nochmals bitterer als der Tod, weil der Tod des Körpers ein offner, schrecklicher Feind ist; das Weib daher ein heimlicher, schmeichelnder Feind. - Und daher heißt man sie nicht mehr eine bittere und gefährlichere Schlinge der Jäger, als vielmehr der Dämonen, weil die Menschen nicht bloß gefangen werden durch fleischliche Lüste, wenn sie sehen und hören, da, nach Bernardus, ihr Gesicht ist ein heißer Wind und die Stimme das Zischen der Schlange, sondern auch weil sie unzählige Menschen und Tiere behexen. Ein Netz heißt ihr Herz: d. h. die unergründliche Bosheit, die in ihrem Herzen herrscht; und die Hände sind Fesseln zum Festhalten; wenn sie die Hand anlegen zur Behexung einer Kreatur, dann bewirken sie, was sie erstreben, mit Hilfe des Teufels.
Schließen wir: Alles geschieht aus fleischlicher Begierde, die bei ihnen unersättlich ist. Sprüche am Vorletzten: »Dreierlei ist unersättlich (etc.) und das vierte, das niemals spricht: es ist genug, nämlich die Öffnung der Gebärmutter.« Darum haben sie auch mit den Dämonen zu schaffen, um ihre Begierden zu stillen. - Hier könnte noch mehr ausgeführt werden; aber den Verständigen ist hinreichende Klarheit geworden, dass es kein Wunder, wenn von der Ketzerei der Hexer mehr Weiber als Männer besudelt gefunden werden. Daher ist auch folgerichtig die Ketzerei nicht zu nennen die der Hexer, sondern der Hexen, damit sie den Namen bekomme a potiori; und gepriesen sei der Höchste, der das männliche Geschlecht vor solcher Schändlichkeit bis heute so wohl bewahrte: da er in demselben für uns geboren werden und leiden wollte, hat er es deshalb auch so bevorzugt.
Jakob Sprenger: Heinrich Institoris: Der Hexenhammer (147), Bd. 1, S. 93, S.96-107.