Einführung:
Obgleich die Unterwerfung der Frau unter die Munt des Mannes diese von der Übernahme öffentlicher Ämter und Funktionen ausschloss, waren Frauen an der Ausübung von Herrschaft beteiligt. Das Ausmaß ihrer Mitwirkung unterlag im Verlauf des Mittelalters einem deutlichen Wandlungsprozeß und hing nicht in erster Linie von ihrer Persönlichkeit oder besonderen Umständen ab.
Bereits frühzeitig nahmen Frauen aktiv und z. T. bestimmend am politischen Geschehen teil. Den historisch folgenreichen Übertritt der Franken vom Heidentum zum römisch-katholischen Christentum schreiben die Quellen übereinstimmend Chrodechilde (475-545), der Ehefrau Chlodwigs I. (466/67 - 511) zu. Auch nach der Annahme des Christentums durch die Franken kümmerte sie sich intensiv um kirchliche Belange. Gregor von Tours überliefert mehrere Fälle, in denen sie sogar ins Kirchenregiment eingriff und Bischöfe einsetzte, womit sie eindeutig Herrschaftsfunktionen ausübte. Daneben förderte sie die Entwicklung der jungen fränkischen Kirche durch umfangreiche Schenkungen, was voraussetzt, dass sie über eigenen Besitz verfügte bzw. über den Kronschatz mitverfügen konnte [404].
Diese freie Verfügung über den Eigenbesitz sowie die Beteiligung an Vergabungen aus dem Kronschatz bildeten einen wesentlichen Ausgangspu.nkt für die stärkere Mitwirkung der Frau an der Ausübung politischer Herrschaft. Der Eigenbesitz der adligen Frau bestand aus dem Erbe, der Mitgift und verschiedenen Geschenken des Mannes bei der Hochzeit. Seit dem 6. Jahrhundert konnten die Königin bzw. adligen Frauen über diesen Besitz verfügen, obwohl sie nach wie vor der Muntschaft unterlagen [405, 406]. Da dieser Besitz oft erheblichen territorialen Umfang hatte, übten sie in diesem aufgrund des mittelalterlichen Feudalsystems zweifelsohne politische Herrschaft aus. Mit der Verfestigung des Lehenssystems und der Erblichkeit des Lehens wurden Frauen seit dem 12. Jahrhundert auch zu Lehensträgern mit allen daraus erwachsenen Rechten und Pflichten [407-409].
Die Ausübung politischer Herrschaftsrechte blieb jedoch nicht auf den Eigenbesitz beschränkt, denn Königinnen wie adlige Frauen leiteten spätestens seit dem 8. Jahrhundert die Verwaltung der gesamten Güter und Finanzen. Von dieser Stellung aus vermochten sie einen tiefgreifenden Einfluss auf die Regierungspolitik wie auch die politische Verwaltung auszuüben. Neben zahlreichen Einzelberichten [410 - 411] wird diese Stellung der Frau besonders deutlich in der Pfalzordnung Karls des Großen sowie in der Verordnung über die Krongüter, die auch einzelne Beamte ausdrücklich der Weisungsbefugnis der Königin unterstellten [412, 413]. Diese Verantwortung für die wirtschaftlichen Angelegenheiten verblieb bis in das Spätmittelalter hinein in der Zuständigkeit der Frauen. So erscheinen Frauen in den entsprechenden Urkunden mit großer Regelmäßigkeit als Landbesitzerinnen, als Verwalterinnen von Grundbesitz sowie selbst als Familienoberhäupter, wobei diese Stellung der adligen Frauen vor allem in Phasen erhöhter kriegerischer Mobilität und Expansion aufgrund der damit verbundenen Abwesenheit der Männer gestärkt wurde [414]. Berücksichtigt man, dass die politische Macht im Mittelalter neben der Verfügungsgewalt über Soldaten vor allem auf dem Landbesitz beruhte, so mag man die Bedeutung dieser Zuständigkeit der adligen Frauen ermessen.
Eine weitere Stärkung der Position der Königin sowie der adligen Frauen ergab sich aus ihrer primären Zuständigkeit für die Erziehung der Kinder [284, 289, 304, 305], aus der allmählich die weibliche Regentschaft für ihre unmündigen Söhne erwachsen sein dürfte. Sie lässt sich seit der Regentschaft Brunichildes für ihren unmündigen Sohn Childebert II. (575) nachweisen. Während der Regentschaft kamen der Frau sämtliche Rechte des regulären männlichen Herrschers zu [415-425]. Da solche Regentschaften bisweilen aufgrund besonderer Umstände, wie im Falle der Brunichilde, einen Zeitraum von 38 Jahren umfassen konnten, vermochten diese Frauen die Politik mehrerer Jahrzehnte maßgeblich zu bestimmen. Bedeutende Regentinnen waren neben der erwähnten Brunichilde (um 550-613), Theophanu (um 955991) [417-421], Adelheid (931-999) [416, 417, 4221 und Agnes (um 1025 -1077) [423, 4241. Während des frühen Mittelalters wurde diese Übernahme der Herrschaft durch eine Frau niemals grundsätzlich in Frage gestellt. Dies erfolgte erstmals im Zusammenhang mit der Regentschaft der Agnes [423, 424]. Seither übte in Deutschland keine Frau mehr eine Reichsregentschaft aus. Der Grund hierfür ist jedoch nicht in dem Scheitern der Agnes zu sehen, sondern in der Schwächung der deutschen Zentralgewalt, die sich unter den Hohenstaufen endgültig zur Wahlmonarchie wandelte, wobei die Fürsten bei Unmündigkeit des erwählten Thronfolgers die Regentschaft ausübten. In den Fürstentümern blieb die Regentschaft durch eine Frau hingegen während des gesamten Mittelalters üblich [425].
Politischen Einfluss vermochten die Frauen der Herrscher auch bereits zu Lebzeiten ihrer Ehemänner auszuüben, seit ihnen in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts bei den Merowingern das Recht der Intervention zugestanden wurde. Von ihm machten insbesondere die Frauen der Ottonen und Salier ausgiebig Gebrauch, während dies seit der staufischen Zeit nur noch selten der Fall war [426-429].
Die Leitung der königlichen Güter und des königlichen Finanzwesens, ihre Stellung als Regentin und Intervenientin ließen die Königin bzw. Kaiserin schließlich so sehr als Teilhaberin an den Regierungs- und Staatsgeschäften erscheinen, dass sie auch formal als Mitregentin anerkannt wurde. Bereits von Judith (um 800-843), der zweiten Ehefrau Ludwig des Frommen (778-840) erwartete man, dass sie Ludwig »eine Helferin in der Regierung und Verwaltung von Palast und Reich sei«. Die offizielle Anerkennung der Herrschergattin als Mitregentin erfolgte dann unter Otto I. (912-973), dessen zweite Ehefrau Adelheid (931-999) als »consors imperil« bezeichnet wurde. In verschiedenen Varianten blieb die Consors-Formel offizieller Titel der Herrschergattin bis dieser in der staufischen Zeit wieder außer Gebrauch kam. Diese formale Aufwertung der politischen Stellung der Königin fand ihre Entsprechung in der seither meist üblichen Krönung und Salbung der deutschen Herrscherinnen. Auf dem Hintergrund der christlichen Auffassung von der Königsherrschaft als eines göttlichen Amtsauftrages wurde die Königin ausdrücklich mit in die kirchliche Liturgie aufgenommen und auch dort ausdrücklich als Teilhaberin des Reiches bezeichnet [430]. Abbildungen der Herrscher zeigen seit Otto I. analog dem Konsortium-Gedanken überwiegend Ehepaare. Die Herrschergattin erscheint nicht mehr wie bisher, wenn überhaupt, kleiner als der Mann zur linken des Thrones [431], sondern gleichberechtigt und gleich groß neben dem Ehemann [403].
Konsors-Formel wie auch Krönung und Salbung stellten nicht nur protokollarische Floskeln dar, sondern die Frauen der ottonischen und frühen salischen Herrscher spielten bis zum Ausbruch des Investiturstreites häufig eine zentrale politische Rolle. Sie übten ohne größeren Widerspruch nahezu alle politischen Funktionen aus. Auf ihre Rolle als Regentin und auf die große Zahl ihrer Interventionen wurde bereits hingewiesen. Nachdem Otto I. 960 vor Beginn seines Romzuges seiner Mutter die Statthalterschaft in Deutschland - wenn auch gemeinsam mit dem Erzbischof Wilhelm von Mainz - übertragen hatte, war es für rund 100 Jahre fester Brauch, dass die Statthalterschaft über das Gesamtreich oder über ein Teilgebiet in erster Linie der Herrschergattin zukam [438]. Ihr oblag dabei wie dem Herrscher die Führung der gesamten Staatsgeschäfte. Sie hielt Hof- und Reichstage ab, fällte dort Entscheidungen und erteilte Anweisungen, nahm Belehnungen vor, saß zu Gericht, führte Verhandlungen mit ausländischen Herrschern, erließ militärische Befehle und betätigte sich als Heeresführerin. Mit welcher Selbstverständlichkeit Frauen derartige Aufgaben übernahmen, zeigt die Statthalterschaft der Mathilde von Quedlinburg (955/56-999), die ihr Otto III. 997 vor seinem zweiten Romzug übertrug, denn sie war nicht etwa seine Ehefrau Otto III. blieb unverheiratet; sondern seine Tante [432]. Doch auch ohne die Übertragung der Statthalterschaft haben sich ottonische und salische Frauen in vielfacher Weise politisch betätigt. Sie wirkten bei Belehnungen und der Investitur von Bischöfen mit und führten Verhandlungen erfolgreich zu Ende [435 - 438, 441- 444). Richenza (um 1085-1141), die Gattin Lothars von Supplinburg und letzte bedeutende Mitregentin des Mittelalters vertrat, wie mehrere Urkunden belegen, ihren Gemahl im Hofgericht [440]. Ihre politische Stellung wird am deutlichsten durch die Tatsache unterstrichen, dass sie 1134 Herzog Friedrich Il. von Staufen eigenmächtig vom Bann zu lösen vermochte [439]. Agnes (um 1025 -1077) wurde 1055 als erste Frau mit einem Herzogtum, dem Herzogtum Bayern, belehnt [423]. Kunigunde (t 1033) und Mathilde (1102-1167) wurde schließlich auch das Amt des Reichsverwesers nach dem Tode ihrer Ehemänner übertragen. Als Inhaberinnen der Reichsinsignien fiel ihnen bis zur Neuwahl eines Herrschers wie bei einer Regentschaft die volle Regierungsgewalt zu [433].
Bewirkte bereits der Niedergang der kaiserlichen Zentralgewalt während des Investiturstreites (1075-1122) vorübergehend einen Verfall des Konsors-Gedankens, so wurde während der Stauferzeit die politische Stellung der Königin immer bedeutungsloser. Die Konsors-Formel trat nur noch verkürzt auf und verschwand schließlich ganz. Die staufischen Herrschergattinnen vermochten mit Ausnahme von Beatrix von Burgund (um 1143 -1184), der zweiten Ehefrau Friedrich Barbarossas (1122 -1190), auf die Politik im Reich keinen maßgeblichen Einfluss mehr auszuüben [441-444]. Die Interventionen durch die Königinnen wurden immer seltener [427]. Regentschaften oder Statthalterschaften im Reich wurden von ihnen nicht mehr übernommen. Die Herrschergattinnen blieben seither von der Beteiligung an der Reichsgewalt ausgeschlossen, sofern sie sich nicht in Einzelfällen aufgrund ihrer Persönlichkeit oder besonderer Umstände zu profilieren vermochten. Ihre offizielle Funktion wurde zunehmend auf die Teilnahme an Feierlichkeiten, Festlichkeiten und Versammlungen beschränkt. Ihnen kamen keine politischen, sondern allenfalls repräsentative Aufgaben zu. Die zeitgenössische Geschichtsschreibung überliefert meist nur noch die äußeren Vorzüge einer Königin und ihre Rolle als Mutter [445, 446], während die Regentschaft durch eine Frau als »ungehörig« empfunden wird [447]. Eine selbständigere Stellung vermochte sie nur noch in ihrem Hausbesitz oder gar nur in ihrem Wittumsbesitz einzunehmen. Deutlich schlagen sich diese Veränderungen in zwei Bestimmungen der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV. von 1356 nieder, die die Königin deutlich hinter ihrem Mann zurückstufen [448]. Der Niedergang der königlich-kaiserlichen Zentralgewalt in Deutschland ließ eine Teilhabe der Herrschergattin an der Herrschaft nicht mehr zu. Die Ablösung des feudalen Ämterwesens durch ein sich allmählich herausbildendes Berufsbeamtentum machte ihre Mithilfe an der Reichsregierung entbehrlich. Dies galt schließlich auch für die sich herausbildenden Territorialgewalten, in denen die politische Stellung der Frauen mit der Anerkennung der weiblichen Lehnsfolge [407-409] und der Vornahme von Doppelbelehnungen [407] zunächst noch gefestigt wurde und der KonsorsGedanke noch im 12./13. Jahrhundert lebendig blieb [449].
Quellen und Materialien
[404]
Gregor von Tours über den politischen Einfluss von Königin Chrodichilde, 573/575; 593/594
II, 29. Der König bekam nun von der Königin Chrodichilde den ersten Sohn. Sie wollte ihn taufen lassen, und drang deshalb unaufhörlich in ihren Gemahl und sprach: »Nichts sind die Götter, die ihr verehrt, denn sie können sich und anders nicht helfen. Sie sind nämlich ein Gebilde aus Stein, Holz oder Erz. Und die Namen, die ihr ihnen beigelegt, gehörten einst Menschen an, nicht Göttern:
[...] Zauberkünste mochten ihnen zu Gebot stehen, aber die Macht einer Gottheit hatten sie nimmer. Wie viel mehr muss nicht der verehrt werden, der Himmel und Erde, Meer und alles, was darinnen ist, durch sein Wort aus dem Nichts geschaffen hat, der die Sonne leuchten ließ und den Himmel mit Sternen schmückte, der das Wasser mit Gewürm, das Land mit Tieren und die Luft mit Vögeln erfüllte, auf dessen Wink die Erde sich schmückt mit Früchten, der Baum mit Obst und der Weinstock mit Trauben, durch dessen Hand das Menschengeschlecht erschaffen ist, durch dessen Güte alle Kreatur seinem Menschen, den er geschaffen, dienet und willig ist!« Aber wie oft auch die Königin so sprach, sie konnte doch des Königs Gemüt nicht zum Glauben bekehren. [...]
II, 30. Die Königin aber ließ nicht ab in ihn zu dringen, dass er den wahren Gott erkenne und ablasse von den Götzen. Aber auf keine Weise konnte er zum Glauben bekehrt werden, bis er endlich einst mit den Alamannen in einen Krieg geriet, da zwang ihn die Not, zu bekennen, was sein Herz vordem verleugnet hatte. Als die beiden Heere zusammenstießen, kam es zu einem gewaltigen Butbad, und Chlodovechs Heer war nahe daran, völlig vernichtet zu werden. Als er das sah, erhob er seine Augen zum Himmel, sein Herz wurde gerührt, seine Augen füllten sich mit Tränen und er sprach: »Jesus Christ, Chrodichilde verkündet, du seiest der Sohn des lebendigen Gottes; Hilfe, sagt man, gebest du den Bedrängten, Sieg denen, die auf dich hoffen - ich flehe dich demütig an um deinen mächtigen Beistand: gewährst du mir jetzt den Sieg über diese meine Feinde und erfahre ich so jene Macht, die das Volk, das deinem Namen sich weiht, an dir erprobt zu haben rühmt, so will ich an dich glauben und mich taufen lassen auf deinen Namen. Denn ich habe meine Götter angerufen, aber, wie ich erfahre, sind sie weit davon entfernt, mir zu helfen. Ich meine daher, ohnmächtig sind sie, da sie denen helfen, die ihnen dienen. Dich nun rufe ich an, und ich verlange, an dich zu glauben, nur entreiße mich aus der Hand meiner Widersacher.« Und da er solches gesprochen hatte, wandten die Alamannen sich und fingen an, zu fliehen. Als sie aber ihren König getötet sahen, unterwarfen sie sich Chlodovech und sprachen: »Lass, wir bitten dich, nicht noch mehr des Volkes umkommen, wir sind ja dein.« Da tat er dem Kampfe Einhalt, ermahnte das Volk und kehrte in Frieden heim, der Königin aber erzählte er, wie er Christi Namen angerufen und so den Sieg gewonnen habe. [Das geschah im fünfzehnten Jahr seiner Regierung.]
II, 31. Darauf ließ die Königin heimlich den Bischof von Reims, den heiligen Remigius, rufen und bat ihn, er möchte das Wort des Heils dem Könige zu Herzen führen. Der Bischof aber beschied ihn im Geheimen zu sich und fing an, ihm anzuliegen, er solle an den wahren Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde glauben und den Götzen den Rücken wenden, die weder ihm noch andern helfen können.
[...] Also bekannte der König den allmächtigen Gott als den dreieinigen, und ließ sich taufen im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, und wurde gesalbt mit dem heiligen Öl unter dem Zeichen des Kreuzes Christi. Von seinem Heer aber wurden mehr als dreitausend getauft.
III, 18 [...] Die Königin Chrodichilde aber führte ein solches Leben, dass sie von jedermann verehrt wurde, sie war beharrlich im Almosengeben, durchnächtig im Gebet zu wachen, ihr Wandel war stets rein in Keuschheit und aller Ehrbarkeit; für die Kirchen sorgte sie mit Gütern, für Klöster und alle heiligen Orte mit dem Notwendigen und teilte freigebig und geneigten Willens aus, so dass man zu der Zeit meinte, sie diene Gott eifrig, nicht wie eine Königin, sondern wie eine eigene Magd; nicht die Herrschaft ihrer Söhne, nicht der Ehrgeiz dieser Welt, nicht ihr Reichtum machten sie hochmütig zu ihrem Verderben, sondern die Demut führte sie empor zur Gnade.
X, 31. [...] An zehnter Stelle wurden Theodorus und Proculus auf Befehl der heiligen Königin Chrodechilde eingesetzt, weil sie ihr aus Burgund, wo sie schon zu Bischöfen geweiht waren, gefolgt und mit Gewalt aus ihren Städten vertrieben waren. Sie waren aber beide sehr betagt; sie leiteten die Kirche von Tours zusammen zwei Jahre und liegen in der Kirche des heiligen Martinus begraben. Der elfte Bischof war Dinifius, der ebenfalls aus Burgund kam. Er gelangte zum Bistum durch die Wahl der genannten Königin, die ihm auch einiges aus dem Staatsschatz schenkte und ihm erlaubte, darüber zu verfügen, wie er wollte. Er hinterließ seine besten Sachen hauptsächlich seiner Kirche, einiges schenkte er auch ihm Nahestehenden. Er war zehn Monate Bischof und liegt in der Kirche des heiligen Martinus begraben. [...]
Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten [634], Bd. 1, S. 115-119, S. 175, Bd. 2, S. 409.
[405]
Gregor von Tours über die Verfügungsrechte der fränkischen Königin Fredegundis, 584/589
VI, 45. [...] König Chilperich rief sodann die vornehmen Franken samt seinen andern Getreuen zusammen und feierte die Hochzeit seiner Tochter. Darauf übergab er sie den Gesandten der Goten und gab ihr große Schätze mit. Auch ihre Mutter brachte eine ungeheure Menge Gold, Silber und Kleider herbei, so dass der König bei diesem Anblick meinte, er behalte nichts übrig. Als nun die Königin seinen Unmut sah, wandte sie sich zu den Franken und sprach: »Glaubet nicht, Männer, dass ich irgend etwas von dem allen aus dem Hort der früheren Könige genommen habe; alles, was ihr hier sehet, ist von meinem Eigentum, denn der ruhmreiche König hat mich reich beschenkt, auch habe ich selbst manches durch eigene Mühe gesammelt und sehr vieles aus den mir überlassenen Höfen durch Ertrag und Abgaben erworben. Auch ihr selbst habt mich häufig mit reichen Gaben beschenkt; davon habe ich dies alles genommen, was ihr hier vor euch sehet, und es ist nichts aus dem Staatsschatze darunter.« Auf diese Weise wusste sie den König zu täuschen. So groß aber war die Menge der Sachen, dass es fünfzig Lastwagen brauchte, um das Gold, Silber und die andern Schmucksachen fortzuschaffen. Auch die Franken brachten viele Geschenke dar, einige Gold, andere Silber, manche Pferde, sehr viele auch Kleider, jeder gab nach seinem Vermögen ein Geschenk. [...]
Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten [634], Bd. 2, S. 81.
[406]
Der Vertrag von Andelot (587) zwischen König Gunthramn und Königin
Brunichilde nach der Überlieferung durch Gregor von Tours, 587/592
»Als im Namen Christi die erlauchten Herren König Gunthramn und König Childebert und die ruhmreiche Frau Königin Brunichilde um der Liebe und Eintracht willen zu Andelot zusammenkamen, um über alles, was aus irgendwelchem. Grunde Streit unter ihnen hervorrufen könnte, nach reiflicher Erwägung Entscheidung zu treffen, beschlossen sie auf Beirat ihrer Bischöfe und Großen unter dem Beistand Gottes in aller Liebe und Eintracht, setzten fest und bestimmten, dass, so lange der allmächtige Gott ihnen das Leben in dieser Zeitlichkeit erhalten würde, sie einander immerdar wahre, aufrichtige Treue und Liebe bewahren wollten. [...]
Dabei soll folgendes Bedingung sein: wen Gott von diesen beiden Königen den andren überleben läßt, der soll das Reich dessen, der ohne Söhne aus dieser Zeitlichkeit abscheidet, unverkürzt und zu ewigem Recht an sich ziehen und unter Gottes Beistand seinen Nachkommen hinterlassen, doch wurde dabei insbesondere festgesetzt, allerwege unverbrüchlich daran festzuhalten, dass alles, was der Herr König Gunthramn seiner Tochter Chlodechilde bisher geschenkt hat oder, wenn es Gott gefällt, noch schenken wird, an Gütern oder Vermögensstücken irgendeiner Art, an Städten oder Ländereien oder Einkünften, in ihrer Gewalt und ihrem Eigentum verbleibe. Wenn sie aber über etwas von den Staatsländereien, über Kostbarkeiten oder Geld nach ihrem Belieben verfügen oder jemandem etwas der Art übertragen will, so soll es dabei mit Gottes Hilfe für immerdar bleiben und das von niemand zu irgendeiner Zeit angefochten werden, sie selbst aber soll unter dem Schutze und Schirme des Herrn Childebert ungestört in allen Ehren und Würden alles behalten, was sich beim Tode ihres Vaters in ihrem Besitze befinden wird.
Gleicherweise verspricht dagegen der Herr König Gunthramn: wenn sich nach der menschlichen Gebrechlichkeit zutragen sollte, was Gottes Güte verhindern möge und was er selbst nicht zu erleben wünscht, dass bei seinen Lebzeiten Herr Childebert abscheiden sollte, so wird er dessen Söhne, die Könige Theudebert und Theuderich, oder welche Söhne ihm sonst noch etwa Gott schenken sollte, wie ein liebender Vater unter seinen Schutz und Schirm nehmen, so dass sie das Reich ihres Vaters in voller Sicherheit besitzen sollen; desgleichen wird er die Mutter des Herrn
Childebert, die Frau Königin Brunichilde, und ihre Tochter Chlodosinda, die Schwester des Herrn Königs Childebert, solange sie im Reiche der Franken verweilen wird, sowie dessen königliche Gemahlin Faileuba als seine liebe Schwester und seine Töchter unter seinen Schutz und Schirm in christlicher Liebe nehmen; sie sollen in allen Ehren und Würden alle ihre Güter, ihre Städte, Ländereien, Einkünfte und alle Gerechtsame und jedes Vermögensstück, sowohl was sie heutigentages besitzen, als was sie unter Christi Beistand etwa noch rechtlich dazu erwerben werden, ungestört und ruhig behalten - dergestalt dass, wenn sie etwas von den Staatsländereien, über Kostbarkeiten oder Geld nach ihrem Belieben verfügen oder jemandem etwas der Art übertragen wollen, es dabei unverrückt für immerdar verbleiben und ihr Wille von niemandem zu irgendeiner Zeit angefochten werden soll.
In betreff der Städte Bordeaux, Limoges, Cahors, Böarn und Cieutat, welche einst Galswintha, die Schwester der Frau Brunichilde, wie bekannt, als sie ins Frankenreich kam, teils zum Brautschatz, teils zur Morgengabe (das ist das morgendliche Geschenk) erhielt, und die dann nach der richterlichen Entscheidung des ruhmreichen Herrn Königs Gunthramn und der Franken bei Lebzeiten der Könige Chilperich und Sigibert bekanntermaßen Frau Brunichilde erwarb, ist folgendes vereinbart worden: Frau Brunichilde soll vom gegenwärtigen Tage an die Stadt Cahors mit ihrem Gebiet und allen ihren Bewohnern zum Eigentum empfangen, die andren Städte aber, die in dieser Beziehung oben genannt sind, soll Herr Gunthramn, solange er lebt, besitzen, doch so, dass sie dereinst nach dessen Tod in ihrem ganzen Umfange in das Eigentum der Frau Brunichilde und ihrer Erben unter Gottes Beistand zurückkehren, bei Lebzeiten König Gunthramns aber weder von der Frau Brunichilde noch von ihrem Sohn Childebert oder dessen Söhnen unter irgendeinem Vorwand oder zu irgendeiner Zeit beansprucht werden sollen. Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten [634], Bd. 2, S. 261265.
[407]
Lehensberechtigung der Frau im Privileg für das Herzogtum Österreich v. 17.9. 1156
(4) Damit aber durch diesen Vorgang Ehre und Ruhm Unseres hochverehrten Oheims keinesfalls gemindert schiene, haben Wir nach Ratschlag und auf Beschluss der Fürsten wobei der erlauchte Herzog von Böhmen Wladislaw den Spruch verkündete und alle Fürsten einwilligten; die Markgrafschaft Österreich in ein Herzogtum umgewandelt und dieses Herzogtum mit allem Recht Unserem genannten Oheim Heinrich und seiner hochedlen Gemahlin Theodora zu Lehen gegeben; und dabei haben Wir durch ein immerwährendes Gesetz verordnet, dass sie und ihre Kinder nach ihnen, Söhne und Töchter ohne Unterschied, das eben genannte Herzogtum Österreich zu erblichern Recht vom Reiche innehaben und besitzen sollen.
zitiert nach: Weinrich: Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1250 [705], Nr. 61, S. 233-235.
[408]
Die Stellung der Frau im Lehnsrecht des Sachsenspiegels, 1215/35
Artikel 2. Lehnsunfähigkeit und ihre Folgen.
§ 1. Pfaffen, frauen, dorfler, kaufleute und alle die rechtlos oder unehelich geboren sind, und alle die vom vater und vom großvater her nicht von ritters art sind, die sind nicht lehnsfähig.
§ 2. Wenn ein herr dennoch einen von diesen mit einem gute belehnt, so erwirbt dieser das lehnrecht an dem gute; aber er vererbt es nicht an seine kinder und er kann nicht die anerkennung seines lehns durch einen neuen herren verlangen. Alle lehnsunfähigen kann man als zeugen und urteilsfinder im lehngericht zurückweisen. Ihr herr aber, von dem sie das lehnrecht haben, der muss ihr zeugnis und ihr urteil hinnehmen, er kann sie aber gegen niemanden benutzen.
§ 3. Gelangt aber eine frau in den besitz des gutes nach dem tode dessen, der es ihr für ihre Lebenszeit versprochen hatte, von rechtswegen oder durch ihres herren güte, so soll sie auf ihre lebenszeit im besitz bleiben, so dass es ihr weder durch den verzicht noch durch den tod ihres herren entzogen werden kann, wenn sie dann nur kraft ihres rechtes ihre neue belehnung begehrt. Sie hat anspruch auf anerkennung ihres lehns durch jeden neuen herren, an den das gut fällt. Nicht vererbt sie es aber nach ihrem tode auf ihre kinder.]
§ 6. Wenn ein lehnsfähiger mann von einem pfaffen oder von einer frau oder von sonst jemandem, der nicht lehnsfähig ist, belehnt wird, so kann er die anerkennung seines lehns von einem neuen herren nicht verlangen, ausgenommen den fall, dass ein pfaffe oder eine frau des reiches gut kraft einer wahl empfängt und dadurch lehnsfähig geworden ist. Dies reichsgut können sie weiter verleihen, und die anerkennung dieses gutes kann der belehnte von einem neuen herren verlangen.
§ 7. Ein burglehn aber und eine Kirche und alle anderen lehen, kraft deren ein mann nicht verpflichtet ist, dem reiche dienst zu leisten, die kann ein pfaffe und eine Frau verleihen
Artikel 31. Leibgedinge am Lehn 1. Leibzuchtlehn 2.
§ 1. Bestellt ein mann seinem weibe vor gericht an einem gut mit erlaubnis seiner söhne, die zu ihren jahren gekommen sind, ein leibgedinge, so können das weder der herr noch die kinder rückgängig machen, wenn die frau dafür zeugen hat. Erlauben es die kinder binnen ihren jahren, so können sie es rückgängig machen, aber nicht der herr.
[§ 2. Verleiht aber ein herr einer frau ein gut, nicht nach gedinges recht, sondern mit den bestimmten worten auf ihre lebenszeit, so muss er ihr das lehn auf ihre lebenszeit treu belassen, wenn sie auch einen sohn danach gewinnt, wenn nur ihr mann bei seinem tode das gut in rechter gewere hat.]
Artikel 34. Belehnte Frauen.
Eine belehnte frau und ein belehntes mädchen sind nicht verpflichtet, dem reiche heerfahrt zu leisten. Aber heersteuer sollen sie geben nach festgesetztem recht. Von der erniedrigung sollen sie im lehngericht befreit sein, [weil sie keinen heerschild haben].
Artikel 56. Lehn zur Vormundschaft 1. 2. 4. 5. Besondere Lehen 3.
§ 1. Ferner kann der mann ein gut zusammen mit einer frau empfangen, sodass er für sie das gut vertritt und auch lehnserneuerung bei einem neuen herren beansprucht, wenn ihr herr stirbt, da ihr das recht auf lehnserneuerung fehlt, weil sie lehnsunfäig ist. Der mann hat den heerschild und von der frau her den besitz an dem gute. Deshalb hat er daran das recht auf lehnserneuerung.
§ 2. Stirbt aber die frau, von der her er den besitz an dem gute hat, so hat sein lehnrecht ein ende, das er zur vormundschaft empfing, es sei ihm denn ein rechtes lehn oder ein gedinge daran verliehen.
Artikel 61. Das Gerichtslehn.
§ 1. Ein gerichtslehn darf ein pfaffe oder eine Frau oder ein rechtloser mann nicht haben.
Artikel 75. Frauenlehn.
§ 1. Es ist gut, dass ein mann als freund der frau ein gut mit ihr empfängt, damit, wenn ihr herr stirbt, und da die frau, weil sie lehnsunf"ähig ist, lehnserneuerung nicht verlangen kann, damit der mann dann lehnserneuerung nach seinem rechte verlangt, weil er lehnsfähig ist. Wer von diesen beiden den anderen überlebt, der hat das lehnrecht an dem gute gegenüber dein herren, der es ihnen geliehen hat. Hat es aber der mann nur im namen der frau ernpfangen, so hat er nach dem tode der frau kein recht daran.
§ 2. Wenn dies gut an einen anderen herren fällt und er verleiht es ihnen beiden, wie er von rechtswegen soll, weil sie beide ein lehnrecht daran haben, dann haben sie es von dem herren ebenso, wie sie es von dein früheren herren hatten. Widerspricht aber der Herr der lehnsfolge der frau und verleiht er es dem manne allein, so hat dieser ein volles lehnrecht an dem gut, das er - weil sie es im besitz hat, mit zustimmung der frau - verleihen und aufgeben Icann. Und er kann es auf seine kinder vererben.
§ 3. Beansprucht ein herr, das gut einer frau, das sie oder sonst jemand, dem die lehnsfähigkeit fehlt, im besitz hat, und verlangt er es infolge des todes eines seiner mannen für sich als ledig, beruft sich aber die frau auf einen anderen, der noch lebt, und leistet dieser als herr für das gut gewähr, wie es lehnrecht ist, so behält die frau das gut.
Eike von Repgow: Sachsenspiegel. Lehnsrecht [622], S. 100f-, S. 135, S. 138, S. 154f., S. 161, S. 192f.
[409]
Reichsweistum über die weibliche Lehnsfolge v. 20. 2. 1299
Wir, Albrecht von Gottes Gnaden König der Römer und allzeit Mehrer des Reiches, tun hiermit allen Getreuen des Heiligen Römischen Reiches kund und zu wissen: Als wir im Jahre 1299 am 20. Februar in Birigen zu Gericht saßen, wurden wir von unserem viellieben Fürsten, dem ehrwürdigen Erzbischof Wikbold von Köln um eine Entscheidung darüber angegangen, ob eine Tochter kraft Erbrecht ihren Eltern in den Besitz der Lehengüter nachfolgen könne oder nicht.
Es wurde dort durch die Entscheidung der Fürsten, Edlen, Ministerialen und Ritter, die unserem Hofrate beistanden, bestimmt: eine Tochter oder eine Frau kann die Erbschaft von Lehen nicht antreten, wenn der Lehensherr nicht vollkommen damit einverstanden ist. Kraft königlicher Machtvollkommenheit bestätigen wir diese Entscheidung als eine rechtmäßig getroffene, zu der die genannten Fürsten und Edlen ihre Zustimmung gegeben haben.
zitiert nach: Bühler: Fürsten und Ritter [614], S. 386f.
[410]
Berichte Gregor von Tours über die Verwaltung des Familiengutes durch Frauen, 589/593
IX, 27. Herzog Amalo, der seine Gattin zur Ordnung der Wirtschaft nach einem anderen Hofe gesandt hatte. [...]
X, 29. [...] Von dort kehrte der Mann Gottes, der, wie erzählt, vom heiligen Geist erfüllt war, nach dem Tod seines Vaters und seines Bruders in die Heimat zurück, um seine Mutter Pelagia zu trösten, welche keinen Angehörigen mehr hatte, als diesen ihren Sohn. Da er aber sich nun ganz dem Fasten und Beten hingab, bat er sie, alle Sorge für das Haus - die Aufsicht über das Gesinde, die Bestellung der Äcker und der Weinberge - auf sich zu nehmen, damit ihn nichts im Gebete stören und davon abhalten möchte; nur das eine Recht behielt er sich vor, den Bau der Kirchen selbst zu leiten. Kurz: er baute Gotteshäuser zu Ehren der Heiligen, suchte Reliquien derselben zu erhalten, ließ einigen von seinem eigenen Gesinde das Haar scheren und machte sie zu Mönchen und gründete ein Kloster, das nicht nur der Regel des Cassianus, sondern auch des Basilius und der andren Äbte, welche das klösterliche Leben begründet haben, folgte, seine fromme Mutter sorgte für den Lebensunterhalt und die Kleidung der Mönche. Doch ließ sie sich von dieser schweren Last der Arbeit nicht behindern Gott zu loben, sondern brachte immerdar, auch wenn sie irgendeine Arbeit tat, Gott ihr Gebet dar, gleich dem Duft eines wohlgefälligen Brandopfers.
Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten [634], Bd. 2, S. 277, S. 395.
[411]
Die Lebensbeschreibung der hl. Liutbirg über die Verwaltung der Güter durch die sächsische Gräfin Gisela und
durch die hl. Liutbirg, nach 870
2] [...] Gisela selbst führte während ihrer Witwenschaft ein frommes Leben. Nach dem Tode ihres Mannes widmete sie sich der Übung guter Werke. Sie ließ Kirchen bauen, war eifrig und freigebig im Almosengeben, großmütig in der Aufnahme von Pilgern. Obgleich eine Frau, sehen wir bei ihr männlichen Mut. Schwer zu entscheiden ist, was an ihr größere Bewunderung verdient, die Schärfe des Verstandes, die sich in den verschiedensten Verhältnissen bewährte, die stete Wachsamkeit oder die Wirksamkeit ihrer Nächstenliebe.
3] Einstmals kam nun diese Matrone auf einer Reise - sie musste nämlich an vielen Orten, wo sie Besitzungen hatte, nach dem Rechten schauen - an eine Stätte, wo sie längere Zeit zu bleiben genötigt war. Es befand sich hier ein Jungfrauenkloster, das ihr geziemende Aufnahme bot. Die für eine behagliche Rast geeigneten Wohnräume wurden ihr von den Bewohnerinnen des Klosters zur Verfügung gestellt. Da traf es sich, dass unter den Mädchen, die zu ihrer Bedienung ausgewählt wurden, ein Mägdlein sich fand, das an Gestalt und Klugheit ihre Altersgenossinnen überragte. In allen Handleistungen seines Dienstes erwies es sich willfährig und verstand es infolge schneller Auffassungsgabe, gleichsam alles auf den Wink seiner Herrin zu vollbringen. [...]
Plötzlich fühlte sie sich so zu dem Mägdlein hingezogen, dass sie mit größtem Wohlwollen ihm zusprach, mit ihr zu gehen, sich ganz ihrer Fürsorge anzuvertrauen. Gott möge ihr Zeuge sein, dass sie es mit gleicher Liebe wie ihre eigenen Töchter für alle Zeiten bei sich behalten wolle.
7] Als die ehrwürdige Matrone Gisela an Jahren vorgeschritten war, begann sie zu kränkeln. Da sie ihren Sterbetag herannahen fühlte, rief sie ihren Sohn Bernhard zu sich und sprach zu ihm: »Mein Sohn, verachte nicht die Worte deiner Mutter, sondern nimm meine letzten Lehren willig auf. Ich hinterlasse dir ein großes Vermögen, verschiedene Besitzungen und Gebäude mit vielem Zubehör; sie werden dir mit Gottes Hilfe zum Unterhalt dieses Lebens genügen. Vor allem versäume nicht, um die Wiederherstellung der Kirchen dich zu mühen und um eine gerechte Entscheidung in den Angelegenheiten der Armen, die deiner Verwaltung unterstehen. Trage dann Sorge für die Sache deiner Schwestern, umgib sie mit gebührender und gütiger Aufmerksamkeit, schütze sie in brüderlicher Liebe. Denn fraulicher Verwaltung haftet leicht und schnell ein Mangel an, wenn zur rechten Zeit männlicher Schutz gänzlich ihr gebricht. Eines aber empfehle ich dir immer wieder; als Mutter vertraue ich es deiner Treue an, und inständigst verlange ich ' es von dir in mütterlicher Liebe: trage für meine geliebte Tochter Liutbirg, die ich mit einem Treuversprechen als Tochter angenommen habe, in aller Hochachtung Sorge, nimm sie auf unter die Zahl deiner Schwestern, sei auch ihr in brüderlicher Liebe zugetan. Zieh sie vor allen andern zu Rate und vertraue, was du an kostbaren Geräten besitzest, ihrer Obhut an, denn sie hat sich mir in allem treu erwiesen.« [...]
8] Die ehrwürdige Liutbirg aber verblieb ihm Hause ihres Herrn. Nach den letzten Verfügungen seiner Mutter lag nun die Verwaltung der häuslichen Angelegenheiten vollständig in ihrer Hand. Von seiten ihres Herrn erfuhr Liutbirg beständig aufrichtige Hochachtung und Liebe, wie sie einer Mutter gebühren, und von allen Dienstleuten beiderlei Geschlechts ward sie ob ihres Wohlwollens als Mutter der Familie geehrt.
Das Leben der heiligen Liutbirgis [665], S. 63 f., S. 66 f.
[412]
Die Aufgaben und die Stellung der Königin nach der Pfalzordnung Hinkmars von Reims, 9. Jh.
22. Die innere Verwaltung des Palastes oblag, mit Ausnahme der Beschaffung von Trank und Nahrung, sowie des Marstalles, der Königin und dem unter ihr stehenden Kämmerer. Sie hatten dabei vor allem dafür zu sorgen, dass die ganze Hofhaltung der Würde und dem Glanze eines königlichen Palastes entsprach, und außerdem die jährlichen Geschenke der Vasallen entgegenzunehmen. Sie mussten ihr Augenmerk immer darauf richten, dass zur richtigen Zeit das Notwendige beschafft wurde, damit alles vorhanden war, was man eben brauchte. Die Geschenke, welche die verschiedenen Gesandtschaften brachten, gehörten in den Bereich des Kämmerers, doch bestimmte der König in manchen Fällen, dass er sich darüber mit der Königin ins Benehmen zu setzen habe. Bei der Erledigung dieser und ähnlicher Geschäfte kam es für die Königin und den Kämmerer vor allem darauf an, dass der König, soweit es vernünftigerweise anging, frei von allen häuslichen Sorgen und von der ganzen inneren Verwaltung der Pfalz, voll Vertrauen auf den allmächtigen Gott, seine ganze Geisteskraft auf die Leitung und Erhaltung des Staates konzentrieren konnte.
zitiert nach: Bühler: Das Frankenreich [276], S. 373 f.
[413]
Die Befehlsgewalt der Königin in der Verordnung Karls d. Großen über die Krongüter und Reichshöfe, um 795
16. Wir befehlen: Was wir oder die Königin oder unsere Beamten, der Seneschall und Schenk, auf unseren oder der Königin Antrag den Amtleuten befahlen, müssen diese genauso erfüllen, wie es ihnen aufgetragen wurde. Wer das aus Nachlässigkeit versäumte, soll sich, nachdem er vorgeladen worden ist, des Trunkes enthalten, bis er vor uns oder die Königin kommt, um von uns Straffreiheit zu erbitten. Ist der Amtmann beim Herr, im Sicherheitsdienst, auf einer Botenreise oder sonstwo abwesend und sind seine Unterbeamten einem erhaltenen Befehl nicht nachgekommen, so sollen die zu Fuß zur Pfalz kommen, und sich des Wein-und Fleischgenusses enthalten, bis sie die Gründe für ihre Säumigkeit vorgebracht haben; dann sollen sie ihr Urteil empfangen, auf den Rücken oder wie wir oder die Königin es sonst für angemessen halten.
58. Wenn unsere Jungmeute den Amtmännern zur Aufzucht anvertraut wird, soll der Amtmann selbst sie von seinen Vorräten füttern oder sie seinen Untergebenen den Meiern, Vögten oder Kellern - übergeben, damit die die Hunde aus ihrem Einkommen gut nähren lassen, es sei denn, wir oder die Königin hätten befohlen, sie auf unserem Krongut aus unseren Vorräten aufzuziehen.
zitiert nach: Franz: Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter [299], Nr. 22, S. 43-45, S. 55.
[414]
[415]
Die Regentschaft der Königin Bathildis nach ihrer Lebensbeschreibung, letztes Viertel 7. Jh.
5] Wie ging es weiter? - Auf Geheiß Gottes trennte sich König Chlodwig, ihr Gatte, von seinem Leibe und ließ die Kinder und deren Mutter zurück. Ihr Sohn Chlotar übernahm das Frankenreich. Sie leitete das Reich zum Frieden gemeinsam mit den führenden Großen: mit Chrodobert, dem Bischof von Paris, und Audoen und dem Hausmeier Ebroin, wie den übrigen Würdenträgern und vielen andern Großen. Damals stellte die Königing Bathilde in Austrasien den Frieden wieder her, und unter dem Rat der Großen wurde Childerich, ihr Sohn, der König von Austrasien, wieder aufgenommen. Auch die Burgunder vereinigten sich wieder mit den Franken. Wir glauben, dass diese drei großen Reiche nach dem Willen Gottes und wegen des großen Glaubens der Königin Bathilde friedliche Eintracht hielten.
6] Damals geschah es auch, unter dem Drängen Gottes und dem Zuraten guter Priester, dass die Simonie beseitigt wurde. Dieser Missbrauch befleckte damals die Kirche Gottes; gegen alle Ordnung wurde Bezahlung für ein Bischofsamt angenommen. Die Königin Bathilde beendigte diesen Frevel und verbot jegliche Zahlung für irgendeine heilige Weihe. Ebenso schaffte sie - und durch sie immer auch der Herr - andere Missbräuche ab. Viele wurden durch den Missbrauch allzu großer Abgaben dazu gebracht, ihre Kinder lieber untergehen zu lassen, als sie aufzuziehen. Die Königin hat das Verdienst, derartiges verboten zu haben, darum wartet ihrer ein großer Lohn.
7] Wer könnte alles aufzählen, wie viele und große Vorteile sie den religiösen Orden gewährte, wieviel Ländereien und Waldungen sie ihnen zur Erbauung der Klöster schenkte? Sie sah ihr Eigentum als Gottes Eigentum an und ließ aus eignen Mitteln in Kala bei Paris ein großes Frauenkloster für gottgeweihte Jungfrauen errichten. [...]
Sie mahnte die Bischöfe und Äbte zum Eifer Gottes, indem sie in Briefen darauf drang, es möchten unter dem Namen dieser Heiligen allerorts Brüder zu einer frommen Lebensweise unter eine gemeinsame Ordensregel sich stellen. Um sich die Bereitwilligkeit jener zu sichern, räumte sie ihnen Vorrechte ein und verlieh ihnen Freiheiten. Sie sollten zu Christus dem König beten, dass dieses Werk dem König und dem Frieden nütze. Auch ist zu ihrem Lobe zu erwähnen, wie sie die gefangenen Christen befreite. Sie erließ für die verschiedenen Gebiete Vorschriften, wonach kein im Frankenland gefangener Christ verkauft werden durfte. Sie gab selbst noch Geld und sorgte für den Loskauf vieler Gefangener. Sie befreite die Menschen und brachte viele in Klöstern unter. Namentlich ließ sie Jünglinge und Mädchen aus ihrem Heimatlande in den Klöstern erziehen. Wen immer sie erreichen konnte, dem empfahl sie den Klöstern, und trug ihnen auf, für ihn zu beten. Bis nach Rom zu den Kirchen des heiligen Petrus und Paulus reichte ihre Hand und führte den Armen Roms öfters große und wertvolle Almosen zu.
10] Ihr heiliger Wunsch war, in dem schon genannten Kloster frommer Frauen zu leben, in Kala, das sie selbst errichtet hatte. Doch die Franken erschwerten, in ihrer großen Verehrung für sie, die Erfüllung dieses Wunsches und hätten es nicht erlaubt, wäre es nicht geschehen, dass der unglückselige Bischof Sigoberrand getötet wurde. Er wurde, aus irgendeinem Grunde, gegen Bathildens Willen umgebracht. Aus Furcht, die Königin würde streng gegen sie verfahren und die Tat bestrafen, gestatteten sie ihr plötzlich, ins Kloster zu gehen. Es ist sehr zweifelhaft, ob die Großen des Reiches die Erlaubnis aus guter Absicht heraus gegeben haben.
Das Leben der heiligen Bathilde [664], S. 36-39.
[416]
Die Regentschaft der Kaiserin Adelheid mit ihrem Sohn Otto 11. nach ihrer Lebensbeschreibung, 1. Hälfte 11. Jh.
6. Als nun der kaiserliche Otto den Weg alles Fleisches gegangen war, leitete die Kaiserin lange Zeit mit ihrem Sohne glücklich die Herrschaft des römischen Reiches. Als aber nach göttlicher Fügung gerade durch der Kaiserin Verdienst und Betriebsamkeit der Vorrang des römischen Kaiserthums fest begründet war, fehlte es nicht an schlechten Menschen, die unter ihnen Zwietracht zu säen sich bemühten. Getäuscht durch ihre Schmeicheleien wandte das Herz des Kaisers von seiner Mutter sich ab. Wollten wir aufzeichnen, wie viel und wie schweres sie zu jener Zeit erduldet, so könnte es scheinen, wir träten dem Glanz eines so hohen Geschlechtes zu nahe, denn unsere Feder darf nicht berühren, was demüthige Genugthuting alsbald beschwichtigte. Voll Liebe zu ihrem Sohne, aber nicht im Stande die Urheber der Zwietracht zu ertragen, gab sie nach der Vorschrift des Apostels dem Zorne auf eine Weile Raum, und beschloss, in ihr väterliches Reich sich zu begeben. Das Leben der Kaiserin Adelheid [663], S. 8 f.
[417]
Die Übernahme der Regentschaft für Otto 111. durch die Kaiserinnen Adelheid und Theophanu nach den Quedlinburger Jahrbüchern,
um 985/um 1026
a. 984. Des Kaisers junger Sohn Otto der Dritte wurde durch den Erzbischof Johann von Ravenna am Weihnachtstage in Aachen zum Könige gesalbt. Aber der vormalige Herzog Heinrich, welcher aus der Verbannung zurückgekommen war, sobald er den Tod des Kaisers vernommen, drang darnach mit seinen Anhängern in die Stadt Köln ein und hielt den König fest, indem er anfänglich vorgab, er wolle nach dem Rechte der Verwandtschaft die Sache des königlichen Kindes treulichst vertheidigen, dann aber, angetrieben durch den Stachel wachsender Habsucht und auch von Einigen schlecht berathen, riss er gewaltsam die Herrschaft an sich und ging in seiner Ueberhebung so weit, dass er begehrte König zu heißen und zum Könige geweiht zu werden. [...]
Inzwischen hatten diejenigen, welche die Partei des Königs hielten, sich gegenseitig mit einem Eide verbunden, fest darin zu beharren, und bewährte Boten an die Großmutter des Königs, die erhabene Kaiserin Adelheid, nach Longobardien gesandt, ihr den Hergang dieser Verwirrung anzuzeigen; sie baten sie sehr, wenn ihr des Reichs und Enkels Wohlfahrt am Herzen läge, ihnen mit der Macht ihrer Anwesenheit und ihres Rathes schnell zu Hülfe zu kommen. Nachdem diese sich zuerst des göttlichen Beistandes versichert hatte, beschleunigte sie ihre Reise mit ihrer Schwiegertochter, der Kaiserin Theophanu, der Mutter des Königs, und mit ihrer Tochter, der erlauchten Aebtissin Machtild, der Tante des königlichen Kindes, begleitet von ihrem Bruder Konrad, dem Könige von Burgund, und dem gleichnamigen Frankenherzoge und den Obersten aus ganz Italien, Gallien, Schwaben, Franken und Lotharingien; auch die Sachsen, Thüringer und Schwaben mit allen ihren Fürsten zogen ihr zu und sie versammelten sich in Rara, einmüthig bereit für den König entweder getreu zu sterben oder, was Gott sei Dank geschah! zu siegen. Denn als daselbst eine große Berathung gehalten wurde, da strahlte zum Erstaunen aller, die anwesend waren und es sahen, ein Stern glänzenden Lichts im Kampfe der Parteien mitten im Himmelsraum, ganz unerhörter Weise mitten am Tage, gleichsam als wollte er dem gefangenen Könige die Hülfe Gottes gewähren, ein wunderbares und den Nachkommen denkwürdiges Zeichen. Durch diesen Anblick erschreckt wich bald darauf die ungerechte Partei, und der genannte Heinrich, des angenommenen Namens und Königthums nach Recht beraubt, wurde gezwungen, den König der Großmutter, Mutter und Tante zu übergeben, und auf Verwendung seines Schwagers des Königs Konrad und der Fürsten mit einiger Gnade bedacht, zog er traurig seiner Heimat zu. Nachdem sie also das werthvolle Pfand erhalten, gingen die genannten kaiserlichen Frauen nach Sachsen. [...]
a. 985. Die Sachsen fielen ins Land der Sclaven ein und Misacho kam ihnen mit einem großen Heere zur Hülfe; mit Feuer und Schwert haben sie dies ganze Land verwüstet. Inzwischen ging jener erwähnte Heinrich auf Gottes Antrieb in sich und indem er öfters voll Angst bei sich überlegte, was er gethan und wie hoch er mehr als recht und billig sich erhoben und wie tief er gefallen, sah er sich, dem Worte der evangelischen Wahrheit gemäß durch eigene Erhöhung erniedrigt und wurde durch das Bewusstsein seiner Schande getroffen und von der Reue um seine Schuld gequält. Als das königliche Kind Otto der Dritte nach Frankanafurd kam, da kam auch er dorthin und erniedrigte sich nach Gebühr, um der Strafe für seine ungerechte Erhebung zu entgehen; demüthig in Aufzug und Haltung, beide Hände gefaltet, erröthete er nicht, sich zum Lehnsmann vor den Augen der gesammten Menge und in Gegenwart der kaiserlichen Frauen, welche die Regierung besorgten, der Großmutter, Mutter und Tante des Kindes, dem königlichen Knaben zu ergeben, den er als Waise gefangen genommen und dessen Reich er gewaltsam an sich gerissen; in wahrhafter Treue versprach er ferner ihm zu dienen, forderte nichts für sich als das Leben und bat nur um Gnade. Aber die Frauen, durch deren Sorge, wie wir sagten, das Reich und die Jugend des Königs geleitet wurde, nahmen ihn, gar sehr erfreut durch die demüthige Ergebung eines so hohen Mannes, mit verdienter Ehre auf.
Die Jahrbücher von Quedlinburg [645], S. 3-5.
[418]
Die Regentschaft der Kaiserin Theophanu fÜr ihren Sohn Otto III. nach den Quedlinburger Jahrbüchern, um 985/um 1026
a. 986. König Otto, der noch ein Knabe war, zog mit einem großen Aufgebot der Sachsen nach Sclavien, und da kam Misacho mit einer großen Menge zu ihm, und brachte ihm ein Kamehl und viele andere Geschenke dar, ergab auch sich selbst seiner Obergewalt. Zusammen vorrückend, verwüsteten sie das ganze Land mit Brand und vieler Verwüstung. [...]
a. 987. Die Sachsen fielen wiederum in Sclavien ein, und zuletzt unterwarfen sich die Sclaven der Herrschaft des K-önigs, und die Burgen am Flusse Albia wurden wieder hergestellt. [...]
a. 991. Die Kaiserin Theophanu beging das Osterfest mit ihrem Sohne, dem Kaiser Otto dem Dritten, in kaiserlichem Glanz in Quedelingaburg, wo auch der tuscanische Markgraf Hugo und der Sclavenherzog Misica mit den übrigen daselbst zusammenströmenden Fürsten Europas anwesend waren, um der kaiserlichen Ehre schuldigen Gehorsam zu leisten und die größten Kostbarkeiten, welche sie besaßen, als Geschenke darzubringen. Von ihnen zogen Misica und die meisten Anderen reich beschenkt nach Hause. Hugo aber begleitete dienstwillig die Kaiserin und ihren Sohn, wo auch im Reiche sie waltend und schaltend umherzogen, bis man nach Niumagon gekommen war. Daselbst endete der an Gutem reiche Lebenslauf der Kaiserin Theophanu, welche - o Jammer! es ist traurig es zu erzählen! - am 15. Juni durch zu frühen Tod erlöst wird, nachdem sie das ganze Reich unter ihrem Gebote wie mit einer Fessel vereinigt hatte, und von dort wird sie im Trauergeleite des Kaisers, ihres Sohnes und ihrer übrigen Getreuen nach der Stadt Agrippina gebracht und, wie sie selbst verfügt hatte, in der Kirche des heiligen Märtyrers Pantaleon unter dem Geleite der Bischöfe und der versammelten Mönche und Nonnen und im Beisein des ganzen Klerus und Volkes mit den letzten Ehren und unter Thränen bestattet.
Die Jahrbücher von Quedlinburg [645], S. 6f.
[419]
Der Italienzug der Kaiserin Theophanu während ihrer Regentschaft für ihren Sohn Otto III. nach den Jahrbüchern von Hildesheim,
um 1030/um 1060
a. 989. Kaiserin Theophanu, die Mutter des Königs, zog nach Rom und feierte dort Weihnachten, und unterwarf das ganze Land dem Könige.
Die Jahrbücher von Hildesheim [644], S. 16.
[420]
Urkunden der Kaiserin Theophanu unter eigenem Namen
990 Januar 2, Rom
Kaiserin Theophanu - Theophanu divina gratia imperatrix augusta - bestätigt dem Kloster S. Vincenz am Volturno und seinem Abt Rotfried in Erneuerung der Urkunden Kaiser Ottos 11. und Ottos 1. den Besitz der Kirche S. Maria in Apinianici mit der Kirche S. Sebastino de Valle und den dazugehörenden Kirchen in der Grafschaft Marsica.
990 April 1, Ravenna
Die Kaiserin Theophanu - Theophanius gratia divina imperator augustus - erteilt dem Abt Johannes des Klosters Farfa um des Seelenheiles ihres Gemahles willen die Investitur mit der Kirche S. Victoria in den Marken und gewährt den Königsschutz auf Bitte und Verwendung des Erzbischofs Johannes von Ravenna und des Bischofs Hugo von Würzburg unter Androhung der in italienischen Urkunden üblichen Bannbuße von 100 Goldpfund.
zitiert nach: Böhmer: Regesta imperii, II Die Regesten des Kaiserreichs unter den Herrschern aus dem sächsischen Hause [610a], S. 504, S. 507.
[421]
Die Regentschaft der Kaiserin Theophanu für ihren Sohn Otto III. nach der Chronik Thietmars von Merseburg, 1012/1018
IV. 9. Das nächste Osterfest feierte der König in Quedlinburg; hierbei dienten vier Herzöge: Heinrich als Truchseß, Konrad als Kämmerer, Heinrich d. J. als Schenk, Bernhard als Marschall. Auch Boleslaw und Mieszko kamen mit den Ihren und kehrten nach gutem Verlauf reichbeschenkt heim. Damals huldigte Mieszko dem Könige, brachte ihm unter anderen Geschenken ein Kamel dar und nahm an zweien seiner Feldzüge teil. [...]
Unablässig suchte der König die Slawen mit heftigen Feldzügen heim. Auch im Osten schlug er einen Aufstandsversuch nieder. Im Westen war er mit Gewalt und List bemüht, den starken Gegner niederzuwerfen, der immer wieder die Waffen erhob und heftige Raubzüge unternahm. - Ottos Jugendjahre brauche ich nicht zu schildern; eine Erzählung seiner klug beratenen Taten würde zu weit führen.
IV, 10. [...] Als der Kaiser zum Manne wurde, »legte er ab, was kindisch ist", wie der Apostel sagt; ständig beklagte er die Zerstörung der Merseburger Kirche und erwog eifrig ihre Wiederherstellung; zeitlebens war er auf den Rat seiner frommen Mutter um die Verwirklichung dieses Wunsches bemüht. [...]
Daraufhin legte sie ihrem frommen Sohne ans Herz, für die ewige Ruhe der Seele seines Vaters beim Jüngsten Gericht zu sorgen durch Erneuerung des Bistums, schon bei Lebzeiten Giselers oder nach dessen Tode. - Wohl war sie vom schwachen Geschlecht, doch eignete ihr Zucht und Festigkeit und ein trefflicher Lebenswandel, was in Griechenland selten ist; so wahrte sie ihres Sohnes Herrschaft mit männlicher Wachsamkeit in ständiger Freundlichkeit gegenüber Rechtschaffenen, in furchtgebietender Überlegenheit gegenüber Aufsässigen. Von ihres Leibes Frucht brachte sie Gott ihre Töchter als Zehnten dar: die älteste, Adelheid, zu Quedlinburg, die zweite, Sophia, in Gandersheim.
IV, 14. [...] Im folgenden Jahre' erkrankte die Kaiserin nach einem rechtschaffen vollendeten Leben in Nimwegen und schied am 15. Juni aus dieser Welt; beigesetzt wurde sie durch Eberger, den Erzbischof der hl. Kölner Kirche, im St. Pantaleonsstift, das der dort ruhende Erzbischof Brun auf eigene Kosten hatte erbauen lassen; ihr Sohn war zugegen und verlieh dem dortigen Konvent reiche Stiftungen für das Seelenheil seiner Mutter. Als die ruhmreiche Kaiserin Adelheid diese Kunde erhielt, suchte sie voller Trauer den König auf, der damals schon 7 Jahre die Herrschaft innehatte, um ihn zu trösten, und weilte an Stelle der Mutter solange um ihn, bis er sie, verführt vom frechen Rat junger Leute, zu ihrem Kummer verwies.
Thietmar von Merseburg: Chronik [697], S. 123-127, S. 131.
[422]
Brief Ottos III. an seine Großmutter Adelheid nach seiner Kaiserkrönung, 995
Der Herrin Adelheid der allzeit erhabenen Kaiserin Otto durch die Gnade des Herrn Kaiser.
Da die Vorsehung auf Deine Gelübde und Wünsche hin uns durch glückliche Nachfolge die Rechte des Kaiserreichs gegeben hat, verehren wir die Gottheit - und bringen Euch unsern Dank dar. Wir kennen ja sehr wohl Eure mütterliche Liebe und Fürsorge und können Euch deshalb den Gehorsam nicht verweigern. Daher, wenn immer wir vorschreiten, wird Eure Ehre aufgerichtet und wir bitten und hoffen, dass der Staat durch Euch gemehrt und in seinem Bestande glücklich erhalten werde.
zitiert nach: Knieriem: Die deutsche Frau und Fürstin des Mittelalters [654], S. 14 f.
[423]
Die Regentschaft der Kaiserin Agnes für ihren Sohn Heinrich IV. nach Lamperts von Hersfeld Annalen, 1078/79
a. 1056. Der Kaiser feierte das Geburtsfest der hl. Maria in Goslar. Kurz danach erkrankte er und starb, nachdem er sieben Tage oder länger bettlägerig gewesen war. [...]
Sein Nachfolger wurde sein Sohn Heinrich, ein fünfjähriger Knabe, im dritten Jahr, nachdem er zum König gesalbt worden war. Die oberste Gewalt und die Verwaltung aller notwendigen Regierungsgeschäfte verblieb jedoch bei der Kaiserin, die die Sicherheit des gefährdeten Reichs mit solcher Geschicklichkeit aufrecht erhielt, dass die tief greifende Veränderung der Lage keinerlei Unruhen und keinerlei Anfechtungen hervorrief. [...]
Herzog Konrad von Bayern, der Sohn des Kaisers, starb. Sein Herzogtum verlieh der Kaiser der Kaiserin als Privatbesitz auf beliebige Zeit. [...]
a. 1057. Die sächsischen Fürsten verhandelten in häufigen Zusammenkünften über die Ungerechtigkeiten, die ihnen unter dem Kaiser zugefügt worden waren, und sie glaubten sich dafür eine herrliche Genugtuung zu verschaffen, wenn sie seinem Sohn die Reichsregierung entrissen, solange noch seine Jugend günstige Gelegenheit zu solcher Gewalttat böte. [...] Unverhofft fanden sie ein ausgezeichnetes Werkzeug für ihre Umsturzpläne in Otto, einem Bruder Markgraf Wilhelms. [...]
Dieser hatte schon von Kindheit an als Verbannter in Böhmen gelebt. Als er aber den Tod des Bruders erfuhr, kehrte er in der sicheren Erwartung, dessen Erbe zu werden, nach Sachsen zurück und wurde dort von allen Fürsten freundlich aufgenommen, sie stachelten ihn alle mit großen anfeuernden Worten auf, das Ziel seines Strebens nicht nur auf die Mark zu richten, die ihm ja kraft Erbrechts zustehe, sondern auch auf die Königskrone. Als sie ihn dazu aufgelegt und tatbereit fanden, versicherten sie ihn alle ihrer Treue, jeder einzelne versprach, ihm seinen Arm, seine Hilfe zu leihen, und sie beschlossen, den König zu töten, wo immer das Schicksal Gelegenheit dazu böte.
Da wurden alle von Furcht ergriffen, denen das Schicksal des Reiches auch nur einigermaßen am Herzen lag, und eifrig darauf bedacht, den Umtrieben gleich zu Beginn Einhalt zu tun, hielten sie es für richtig, dass der König unverzüglich nach Sachsen komme und alle nur möglichen Mittel anwende, um der dem Reich drohenden Gefahr entgegenzutreten. Daher wollte er den Tag der hl. Apostel Petrus und Paulus in Merseburg feiern; hierher ließ er sämtliche Fürsten Sachsens zu einer Beratung entbieten. Als sie nun auf dem Wege dahin waren, jeder von einer seinen Verhältnissen entsprechenden Schar Bewaffneter begleitet, traf es sich, dass Brun und Ekbert, des Königs Vettern, zufällig auf die Mannschaft Ottos stießen, der mit dicht zusammengedrängten Mannen zum königlichen Hoflager ritt. Diese waren abgesehen von politischen Gegensätzen auch wegen persönlicher Feindschaft dessen erbittertste Gegner. Unverzüglich geben sie ihren Kriegern das Zeichen zum Angriff. [...]
So ward das Reich von schwerer Sorge befreit, und die Sachsen, denen der Bannerträger der Rebellion genommen war, unternahmen nun nichts Feindseliges mehr gegen den König.
Kuno, ein Verwandter des Königs, wurde zum Herzog von Kärnten eingesetzt. [...]
a. 1058. Der König feierte Weihnachten in Merseburg, hier erschien unter anderen Reichsfürsten auch Abt Hildebrand von St. Paul mit Aufträgen vom apostolischen Stuhl, ein Mann, dessen Beredsamkeit und Kenntnis der heiligen Schriften bewundernswert war. [...]
Papst Stephan seligen Angedenkens, auch Friedrich genannt, zollte am 29. März der sterblichen Natur den Zoll. [...]
Des apostolischen Stuhls bemächtigte sich sofort ohne Befragung des Königs und der Fürsten ein gewisser Benedictus Lateranensis, unterstützt durch die Volkspartei, die er mit Geld bestochen hatte.
Der Herzog von Schwaben, Otto von Schweinfurt, starb. Sein Herzogtum erhielt Rudolf, und damit er in der damaligen mißlichen Lage durch Verschwägerung fester an den König gefesselt und seine Treue zum Reich gesichert werde, wurde die Schwester des Königs, noch in zartem Alter, mit ihm verlobt und bis zur Ehefähigkeit dem Bischof von Konstanz in Obhut gegeben. [...]
Die römischen Fürsten schickten an den König eine Rechtfertigung: sie würden die Treue, die sie seinem Vater gelobt hätten, auch dem Sohne halten, soweit sie könnten, und in dieser Gesinnung hätten sie bisher für den vakanten römischen Stuhl noch keinen Bischof gewählt, sie erwarteten vielmehr darüber seine Entscheidung; und sie baten dringend, er möchte ihnen den schicken, den er wolle; seiner Ordination stehe nichts im Wege, es sei denn, er wäre nicht durch die Tür der legitimen Wahl, sondern auf einem anderen Wege in den Schafstall gestiegen. Nach einer Beratung mit den Fürsten bestimmte der König Bischof Gerhard von Florenz zum Papst, den sich die Römer und die Deutschen übereinstimmend gewünscht hatten, und ließ ihn durch Markgraf Gottfried nach Rom geleiten. Nun wurde Benedikt, der sich ohne Zustimmung des Königs und der Fürsten die Papstwürde angemaßt hatte, abgesetzt, und Gerhard oder Nikolaus übernahm den Pontifikat. [...]
a. 1061. Als der ungarische König Andreas merkte, dass Bela, ein Verwandter von ihm, nach dem Königsthron trachtete, und dass die Ungarn allmählich von ihm abfielen, schickte er seine Gattin und seinen Sohn Salomon, mit dem der Kaiser seine Tochter verlobt hatte, als beide noch Kinder waren, mit vielen Schätzen zu König Heinrich und ließ ihn bitten, ihm ein Heer zu Hilfe zu schicken und seine Angehörigen in Obhut zu nehmen, bis die Ruhe im Lande wiederhergestellt sei. Der König sandte Markgraf Wilhelm von Thüringen und Bischof Eppo von Zeitz mit dem Herzog von Böhmen und dem bayrischen Heer dorthin. Doch der Markgraf und der Bischof, die zuerst in Ungarn einrückten, lieferten Bela eine Schlacht, ohne auf den Böhmenherzog zu warten, und vernichteten eine unzählige Menge Ungarn. Als dann aber die Ungarn von allen Seiten zusammenströmten, um ihren Landsleuten Hilfe zu bringen, sahen die Abgesandten des Königs, dass sie an Zahl und Kräften einer solchen Übermacht nicht gewachsen waren, und wollten das feindliche Land verlassen. Die Ungarn aber hatten die Ausgänge aus dem Land gesperrt und dafür gesorgt, dass sie unterwegs weder Speise noch Trank fanden. Obendrein beunruhigten sie die Abziehenden fortwährend durch Überfälle; zwar wehrten diese stets die Gefahr tapfer ab und fügten den Feinden schwere Verluste zu, schließlich aber erschöpften sich ihre Kräfte in dem dauernden Morden; Andreas stürzte durch einen Zufall vom Pferde und wurde von den Füßen der Kämpfenden zertreten, der Bischof wurde gefangen genommen, und der Markgraf ergab sich, mehr durch Hunger als durch das Schwert bezwungen. Seine Tapferkeit aber fand bei den Barbaren so hohe Bewunderung, dass Belas Sohn Joas, ein für den damaligen Kulturzustand dieses Volkes recht hoffnungsvoll veranlagter junger Fürst, von sich aus seinen Vater darum bat, ihn nicht nur mit der Behandlung nach Kriegsrecht zu verschonen, sondern sich auch mit ihm zu verschwägern, indem er ihn mit seiner Tochter, des Joas Schwester, verlobte.
Die Kaiserin verlieh das Herzogtum Bayern, das sie nach dem Tode ihres Sohnes Konrad seither selber verwaltet hatte, an Otto, denn sie erkannte, dass er regsam und wohl geeignet war, die Interessen des Reichs zu fördern. [...]
Während der Minderjährigkeit ihres Sohnes führte die Kaiserin selber die Regierungsgeschäfte, und sie bediente sich dabei in erster Linie des Rates des Bischofs Heinrich von Augsburg. Deshalb konnte sie dem Verdacht unzüchtiger Liebe nicht entgehen, denn allgemein ging das Gerücht, ein so vertrauliches Verhältnis sei nicht ohne unsittlichen Verkehr erwachsen. Daran nahmen die Fürsten schweren Anstoß, sahen sie doch, dass wegen der persönlichen Liebe zu einem Manne ihr Einfluss, der im Reich am meisten hätte gelten müssen, fast gänzlich ausgeschaltet war. Diesen unwürdigen Zustand ertrugen sie nicht: sie veranstalteten deshalb häufig Zusammenkünfte, erfüllten ihre Pflichten gegen das Reich nur lässig, reizten die Volksstimmung gegen die Kaiserin auf und trachteten endlich mit allen Mitteln danach, den Sohn dem Einfluss der Mutter zu entziehen und die Verwaltung des Reichs in ihre Hände zu bekommen. Schließlich fuhr der Erzbischof von Köln, nachdem er sich mit Graf Ekbert und Herzog Otto von Bayern beraten hatte, zu Schiff auf dem Rhein an einen Ort, der Insel des hl. Switbert heißt. Dort hielt sich damals der König auf. Als dieser eines Tages nach einem festlichen Mahl besonders heiter war, redete ihm der Bischof zu, ein Schiff, das er zu diesem Zweck überaus prächtig hatte herrichten lassen, zu besichtigen.
Dazu ließ sich der arglose, an nichts weniger als an eine Hinterlist denkende Knabe leicht überreden. Kaum aber hatte er das Schiff betreten, da umringen ihn die vom Erzbischof angestellten Helfershelfer seines Anschlags, rasch stemmen sich die Ruderer hoch, werfen sich mit aller Kraft in die Riemen und treiben das Schiff blitzschnell in die Mitte des Stroms. Der König, fassungslos über die unerwarteten Vorgänge und unentschlossen, dachte nichts anderes, als dass man ihm Gewalt antun und ihn ermorden wolle, und stürzte sich kopfüber in den Fluss, und er wäre in den reißenden Fluten ertrunken, wäre dem Gefährdeten nicht Graf Ekbert trotz der großen Gefahr, in die er sich begab, nachgesprungen und hätte er ihn nicht mit Mühe und Not vor dem Untergang gerettet und aufs Schiff zurückgebracht. Nun beruhigte man ihn durch allen nur möglichen freundlichen Zuspruch und brachte ihn nach Köln. [...]
Die Kaiserin war willens, ihrem Sohne nicht nachzureisen noch für das ihr zugefügte Unrecht nach dem Völkerrecht Rechenschaft zu fordern, sondern beschloss, sich auf ihre Privatgüter zurückzuziehen und künftig ihr Leben ohne politische Betätigung zu verbringen. Und nicht lange danach entschloss sie sich, der Welt zu entsagen, der Trübsale der Zeitlichkeit überdrüssig und durch ihr persönliches Missgeschick belehrt, wie rasend schnell das Gras irdischen Ruhmes verdorrt, wenn ein Hauch Gottes dareinbläst, und sie wäre sogleich Hals über Kopf zur Ausführung ihres Vorhabens geschritten, hätten nicht ihre Freunde den ungestümen Drang ihres Herzens durch überlegtere Pläne gedämpft.
Lampert von Hersfeld: Annalen [661], S. 59-67, S. 71-75.
[424]
Bewertung der Regentschaft der Kaiserin Agnes durch Adam von Bremen, 1072-1075/76
III, 34. Während beide Seiten die Angelegenheit in die Länge zogen, ging der Heilige Vater Leo hinüber, und im gleichen Jahre verstarb auch der tapfere Kaiser Heinrich. Beider Tod fiel in das 12. Jahr des Erzbischofs. Ihr Hinscheiden führte nicht nur zu Wirren in der Kirche, sondern auch für das Reich schien das Ende gekommen. Daher suchte seitdem allerlei Unheil auch unsere Kirche heim, während unser Hirte sich nur noch um die Geschäfte des Hofes bekümmerte. In der Herrschaft des Reiches folgten zum großen Schaden für das Kaisertum eine Frau und ein Kind. Ungern nur sahen sich die Fürsten durch die Amtsgewalt einer Frau eingeengt und vom Gebot eines Kindes regiert, und um nicht dienen zu müssen, sicherten sie sich zunächst gemeinsam ihre alten Freiheiten. Dann aber begannen sie untereinander zu streiten, wer von ihnen der größte sei. Schließlich griffen sie frech zu den Waffen, um ihren Herrn und König abzusetzen. Es ist leichter, dem allen mit eigenen Augen zuzusehen, als es mit der Feder zu schildern.
Als die Aufstände endlich dem Frieden weichen mussten, wurden die Erzbischöfe Adalbert und Anno zu obersten Ratgebern ernannt, und von jetzt an hing die Leitung der Staatsgeschäfte von ihren Entschlüssen ab.
Adam von Bremen: Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche [601], S. 369-371.
[425]
Belehnung Sophies, Herrin von Hessen, mit der Grafschaft Hessen durch Erzbischof Werner von Mainz, 10. 9. 1263
Wir, Sophie, Tochter der seligen Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, Herrin von Hessen, einst Fürstin von Brabant, und Heinrich ihr Sohn, Landgraf von Thüringen und für alle Ewigkeit. Wir anerkennen und bezeugen öffentlich, dass wir von unserem Herrn, dem Herrn Werner, Erzbischof zu Mainz, diese Güter zu Lehen empfangen haben, die unten aufgeführt werden, nämlich die Grafschaft bzw. das Landgericht von Hessen, sei es, dass sie mit anderen belehnt sind oder nicht, die Vogtei von Hasingen, die Vogtei von Breytenowe, das Recht auf die Schutzherrschaft über die Kirchen von Wildungen, von Rychezenhagen, von Velsperg, von Wenegen-Cenre; ebenso die befestigten Orte von Grunenberg und Franckenberg mit allen Menschen, Gerichten, Rechten und allem anderen dazugehörigen Eigentum; ebenso Melsungen, was als Lehen betrachtet wird; ebenso Thüringen, die Gerichte und die Rechtssprechung von Bergeren und Aspe; ebenso die befestigte Stadt Tungesbrucken und die dazu gehörigen Gerichte, die auch als Lehen betrachtet werden, abhängig von der Kirche in Mainz, wenn auch bisher nicht endgültig über jene bestimmt worden ist. Weil wir aber an dieser Stelle nichts wissen können von unseren anderen Lehen, die uns rechtmäßig von unserem Herrn Erzbischof und von der Kirche zu Mainz zustehen, ist man derartig übereingekommen, dass wir selbst und zwanzig vertrauenswürdige Männer, [...] fromm und wahr. im Zeitraum. des gegenwärtigen Jahres untersuchen müssen, welche Lehen dies sind und wie sie beschaffen sind. Und über dieses treue Handeln hinaus, haben wir den Lehnseid wirklich geleistet, so wie ihn auch einige der unten genannten Männer geleistet haben, einige aber ihn noch leisten werden, damit die Sache überhaupt ohne jeden Zweifel wahrhaftig bekannt wird. Danach werden wir auch die Lehen selbst namentlich mit Namen angeben, die uns der vorgenannte Herr, unser Erzbischof, ähnlich und ohne Schwierigkeiten zugestanden hat. Damit man also in Zukunft für alle Zeiten über die Lehen selbst sichere Kenntnis hat, haben wir in der vorliegenden, unseren Urkunde, dieselben Lehen namentlich angegeben und werden andere in ähnlicher Weise angeben, wenn man uns erst über dieselben eingesetzt hat.
Geschrieben im Felde bei Langesdorf und geschehen im Jahre des Herrn 1263, 10. Sept.
übertragen nach: Patze: Quellen zur Entstehung der Landesherrschaft [680], Nr. 19, S. 45 f.
[427]
Otto der Große verleiht dem Bischof von Utrecht das Münzrecht, 936
Im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Otto, nach dem Willen des höchsten Gottes König.
Allen unseren Getreuen sei es mitgeteilt, dass wir auf Bitten unserer geliebten Gemahlin Edith und ebenso unseres Getreuen Giselbert, des Herzogs von Lothringen, das Recht, in der Stadt Utrecht Münzen zu schlagen, konzediert haben, in welcher der ehrwürdige Balderich bekanntlich das Amt eines Bischofs versieht.
zitiert nach: Lautemann: Geschichte in Quellen. Mittelalter [662], Nr. 150, S. 152.
[428]
Otto der Große vergibt die königliche Malheuer in der Mark Gesecke, 25. 6. 958
Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Otto, durch göttliche Gnade König.
Der Diensteifer aller unserer gegenwärtigen wie auch der zukünftigen Getreuen nehme es zur Kenntnis, dass wir um unseres Seelenhelles willen und auf Vermittlung unserer geliebten Gemahlin Adelheid und unseres geliebtesten Bruders, des Erzbischofs Brun, den Gott und der heiligen, immer jungfräulichen Maria und dem heiligen Cyriax ergeben dienenden Nonnen als Eigentum zu ihrem Gebrauch schenken, was wir an Malheuer in der Mark Gesecke besitzen. Wir übertragen den an dem genannten Ort Gesecke Gott ergeben dienenden Nonnen als Eigentum und ewiges Recht, was unserer königlichen Gewalt bisher zukam.
zitiert nach: Lautemann: Geschichte in Quellen. Mittelalter [662], Nr. 154, S. 154.
[429]
König Konrad II. schenkt dem Grafen Wilhelm 30 Königshufen und anderes Königsgut in der Grafschaft an der Save, 1025
[...] Alle unsere Getreuen sollen wissen, dass wir auf Bitten unserer Gemahlin, der Königin Gisela, und des Aribo, Erzbischofs von Mainz, dem Grafen Wilhelm in seiner Grafschaft 30 Königshufen, die zwischen den Flüssen Kopreinitz, Köttnig und Wogleina, Gurk und Save liegen und die er sich in ihrem vollen Umfange nach seinem Belieben auswählen durfte, mit allen Zubehörungen an Höfen, Häusern, bebautem und unbebautem Land, mit Wald, Wasser und Weide, mit Fischerei und Mühlen und allen Nutzungsrechten, dazu, was wir an Berg, Tal und Forsten dort besitzen, zu freiem Eigen übergeben haben. Er kann über das genannte Gut nach seinem Ermessen verfügen.
zitiert nach: Lautemann: Geschichte in Quellen. Mittelalter [662], Nr. 518, S. 591.
[430]
Formel für die Krönung der deutschen Königin, 10./11. Jh.
Allmächtiger, ewiger Gott, Quelle und Ursprung alles Guten, der Du Dich keineswegs abwendest von dem schwachen weiblichen Geschlecht, indem Du es für untauglich erklärst, sondern der Du es vielmehr für würdig hälst und liebst, und was schwach ist vor der Welt, das hast Du durch deine Wahl bestimmt, dass es zu Schanden machte, was stark ist. Der Du den Ruhm und die Stärke deines Triumphes über den wildesten Feind durch die Hand Judiths, einer Frau aus dem einstigen jüdischen Volke, enthüllen wolltest, blicke, so bitten wir, auf unsere demütigen Bitten hin und verfielfältige über dieser, Deiner Magd N., welche wir in demütiger Ergebenheit zur Königin wählen, die Geschenke Deiner Gnade und Güte. Umgib sie mit dem Schutze Deiner Macht immer und überall, damit sie, unter der starken Obhut deiner Macht an jedem Ort sichtbar gestärkt, die Boshaftigkeit eines offenen und versteckten Feindes siegreich zu widerstehen vermag und, wie einst Sara und Rebekka, Lea und Rahel und die anderen seligen und ehrwürdigen Frauen, viele Kinder gebäre zur Zierde des ganzen Reiches und zur Erhaltung der heiligen, göttlichen Kirche, die zu leiten und zu beschützen ist durch Jesum Christum, unseren Herrn. [...]
(Nach diesem Segen, den der Erzbischof sprach, während die Königin zum Altar geführt wurde, wo sie sich in Form des Kreuzes niederwarf, sprach der Erzbischof ein zweites Gebet.)
Gott, der Du allein Unsterblichkeit besitzt, der da wohnt in einem unzugänglichen Licht, dessen Weisheit bei seinen Anordnungen nicht getäuscht wird, der geschaffen hat, was noch in der Zukunft liegt, und der Du weißt, was nicht ist, gleich als wäre es schon geschehen, der Du die Übermütigen in gerechtem Urteil von ihrer Höhe stürzst und die Demütigen zum Gipfel empor führst: demütig flehen wir Deine unaussprechliche Gnade an, dass Du, wie Du einst die Königin Esther zum Heile Israels von den Fesseln ihrer Knechtschaft gelöst und sie zur Frau des Königs von Assyrien und zur Teilhaberin der Herrschaft im Reich gemacht hast, gnädigst gestattest, dass diese, deine Magd N., durch den Segen unserer Niedrigkeit zum Heile des christlichen Volkes die würdige und erhabene Gattin unseres Königs und zur Teilhaberin der Herrschaft im Reich werde, dass sie im königlichen Ehebündnis stets keusch zu bleiben vermag, der Palme der Jungfräulichkeit am nächsten zu kommen, und solange sie lebt, danach strebt, Dir in allem und jedem über alles zu gefallen und durch Deine Gunst dir wohlgefällige Werke vollendet.
(Anschließend erfolgte die Salbung der Königin, während der Erzbischof folgendes Gebet sprach.)
Die Gnade des heiligen Geistes steige durch diese Salbung unserer Niedrigkeit reichlich auf dich herab, damit du gleichsam, wie du jetzt durch unsere unwürdigen Hände mit menschlichem Öl gesalbt, äußerlich blühend erscheinst, mit unsichtbarem Öl innerlich durch überirdische Salbung gekräftigt wirst, das Böse zu vermeiden und zu verachten, das Nützliche zu denken, zu wünschen und zu tun durch die Hilfe unseres Herrn Jesus Christus, der mit dem göttlichen Vater und dem heiligen Geist lebt und als Gott herrscht in Ewigkeit.
(Darauf nahmen die drei Erzbischöfe die Krone vom Altar und setzten sie gemeinsam der vor ihr knieenden Königin auf, wobei die folgenden Worte gesprochen wurden.)
Kraft unseres Amtes zur Königin gesalbt, empfange jetzt die Krone, das Abzeichen der königlichen Würde, die dir zwar von unwürdigen, dennoch aber durch die Hände von Bischöfen auf dein Haupt gesetzt wird, damit du, wie du nun äußerlich strahlst in Gold und Edelsteinen, fortan prangst im Glanze der Weisheit und Tugend, die es dir ermöglichen möge, dass du dereinst nach dem Untergang dieser Welt mit den klugen Jungfrauen dem himmlischen Bräutigam, unserem Herrn Jesus Christus, würdig und des Lobes wert entgegeneilst und für würdig befunden wirst, durch die Pforte der himmlischen Hallen einzugehen durch Hilfe unseres Herrn Jesus Christus, der mit dem göttlichen Vater und dem heiligen Geist lebt und als Gott herrscht in Ewigkeit. Amen.
übertragen nach: Waitz: Formeln der deutschen Königs- und der römischen Kaiserkrönung [703], S. 45-48.
[432]
Die Statthalterschaft der Mathilde von Quedlinburg nach den Quedlinburger Jahrbüchern, um 985/um 1026
a. 999. Als dann ihr Brudersohn Otto der Freigebige nach Rom reiste, lenkte sie die ihr im Namen des Kaisers anvertrauten Reiche nicht mit weiblichem Leichtsinn, und auch die harten Köpfe der Barbarenkönige machte sie mit dem Talente ihres Großvaters und Vaters so versöhnlich und gefügig, dass sie zu diesem Frieden, dessen jetzt die heilige Kirche Gottes zum Theil genießt, den Grund nach der Verwüstung weiter Landstriche, nach dem zügellosen Aufstande der Barbaren, nicht mit dem Schwerte, nicht mit Waffen noch mit irgend einer Anwendung kriegerischer Zurüstungen - obwohl sie hinlänglich im Stande war, auch dergleichen zu befehlen, - sondern allein durch beständiges Anhalten mit Wachen, Beten und Fasten, immer einzig auf Gott gerichtet, belehrt und gestärkt durch Gottes Hülfe, zuerst gelegt hat und auf diesen gelegten Grund gebaut und nicht abgelassen hat bis dahin zu bauen, wo die später folgenden Könige den Gipfel dieses Friedens, nicht mit Mühen, sondern nur durch Eintritt in ihre Mühe, und zwar um so leichter zu erreichen vermöchten, je wachsamer sie selbst gearbeitet, als sie zuerst den untersten Grund gebaut. Ich glaube, es lässt sich weder mit verständlichen Zeichen noch mit Worten sagen, wie sie auf der Sprache, die zu Parthenopolis in ihren letzten Zeiten abgehalten wurde, ringsum von der Versammlung der Bischöfe, nebst dem Herzoge Bernhard, von der Menge der Grafen und aller Vornehmen und des Volkes und von den daselbst zusammenströmenden Gesandten aus allen Nationen umgeben, sich gezeigt; wie untadelhaft sie sich benommen, mit welcher wunderbaren Feinheit sie Jedem das Seine zugetheilt, mit welcher Verehrung sie die bischöflichen Personen vor allen Uebringen behandelt hat, mit welcher Klugheit und wie angelegentlich sie die Großen, die Richter und Andere, deren Sorge dies überlassen ist, zur Befestigung der Angelegenheiten des Staates und auch zur Kräftigung privater Rechte gemahnt hat; mit welcher Sanftheit sie die Frommen beruhigt, wie streng sie die Schuldigen erschreckt und mit wie großer Thätigkeit sie das Vaterland erhalten, unterstützt und gemehrt hat. Nachdem dieses dort wohl geordnet war, besuchte sie in mütterlicher Liebe ihre Schafe, welche in der Erwartung ihrer Ankunft schwebten und von ihr mit besonderer Fürsorge geleitet wurden, und als sie von ihnen die verdiente Ehrerbietung genossen, ward sie wenige Tage später von einem mäßigen Fieber befallen, und als ihr Leib, der von Erde gebildet nothwendig zerbrechen musste, am 7. Februar in Allen unerwartetem, von ihr selbst aber schon längst vorausgesehenem Tode.
Die Jahrbücher von Quedlinburg [6451, S. 17--19.
[433]
Kaiserin Kunigunde als Mitregentin und Statthalterin nach der Chronik Thietmars von Merseburg, 1012/1018
VI, 18. Auch wurde zu Dortmund eine große Synode abgehalten, auf der sich der König bei den Bischöfen und allen Anwesenden über gar viele Übelstände in der hl. Kirche beklagte und in gemeinsamer Beratung Beschlüsse zu ihrer künftigen Abstellung fassen ließ, durch den trefflichen Erlass folgender Neuerung gebot er, das schwere Gewicht eigener Sünde zu mildern: Im Jahre 1005 der Fleischwerdung des Herrn, im 4. Jahre der Königsherrschaft Herrn Heinrichs 11., wurde am 7. Juli zu Dortmund folgende Verordnung erlassen durch den ruhmreichsten König, seine Gemahlin Königin Kunigunde, die Erzbischöfe Heribert von Köln, Liawizo von Bremen und Tagino, den 3. Erzbischof von Magdeburg, die Bischöfe Notger von Lüttich, Swidger von Münster, Ansfried von Utrecht, Dietrich von Minden, Thietmar von Osnabrück, Bernhar von Verden, Bernward von Hildesheim, Burkhard von Worms, Rather von Paderborn, Wigbert von Merseburg, Ekkehard von Schleswig und Odinkar. [...]
VI, 50. [...] Das nächste Geburtsfest des Herrn feierte der König in Pöhlde. Hier verlieh er Graf Dedis Grafschaft und alle Lehen zu Recht auf Empfehlung der Königin und seiner Großen an dessen Sohn Dietrich. [...]
VI, 54. [...] In der nächsten Erntezeit aber verlieh er die Mark auf Verwenden der Königin und auf den Rat seines lieben Tagino mit Empfehlung und Zustimmung der anderen Fürsten an Graf Herrmann. [...]
VI, 74. [...] Am nächsten Tage, in der Vigil vor der Himmelfahrt St. Mariens, wurde nach erneuter Wahl die Leiche des Erzbischofs zur Rechten seines Vorgängers im südlichen Querhaus beigesetzt. Sobald die Königin davon erfuhr, unterrichtete sie durch ihren Schenken Geso den mit seinem. Heere vor der Stadt Metz liegenden König. Der erkundigte sich in tiefster Bestürzung nach der Lage bei uns und sandte ihn sofort mit der Weisung zurück, sie solle die Reichsgeschäfte wahrnehmen.
VI, 80. Auf die Kunde vom Tode des Erzbischofs hatte Boleslaw inzwischen sein Heer versammelt und griff das erwähnte Lebusa an. [...]
VI, 81. Die damals in Merseburg weilende Königin erfuhr davon durch Eilboten. Ich hörte zuerst in Magdeburg davon, wo ich Unwürdiger am 22. August auf Wunsch des Propstes Reding zwei Altäre weihte, einen an der Ruhestätte des Erzbischofs, den anderen an der Nordseite der Kirche; da begab ich mich in Eile sofort zur Königin. Sie erteilte allen Vasallen des Landes die Weisung, an der Mulde Stellung zu beziehen und alles für das Eintreffen des Königs vorzubereiten. Währenddessen kam der König von seinem Westfeldzuge zurück. [...]
VII, 1. Es waren seit der Fleischwerdung des Herrn nach einem vollen Jahrtausend 13 Jahre verflossen und vom folgenden 2 Monate und 3 Wochen, der König hatte 13 Jahre regiert; da begab sich am Sonntage, dem 14. Februar, der von Gottes Gnaden ruhmwürdige König Heinrich mit seiner geliebten Gemahlin Kunigunde zur Kirche St. Peters, wo ihn der Papst erwartete; ihn umgaben 12 Senatoren, deren 6 nach geheimnisvollem Brauch rasiert, die anderen mit wallendem Bart auf Stäbe gestützt einherschritten. Bevor man ihn einließ, legte ihm der Papst die Frage vor, ob er ein verläßlicher Schirmer und Schützer der römischen Kirche sein wolle, ihm und seinen Nachfolgern in allem getreu; das be~jahte er mit demütigem Bekenntnis, daraufhin empfing er samt seiner Gemahlin durch den Papst Salbung und Krone. [...]
VII, 29. Der Caesar schenkte dem Könige, seiner Gemahlin und allen ihren Großen eine gewaltige Summe Geldes und gewährte ihnen nach erneuter Bestätigung der alten Übertragung Urlaub; er selbst zog mit Heeresaufgebot nach der Stadt Basel. Als er dort hörte, Wilhelm werde ihm in festen Burgen Widerstand leisten und ihm den Zugang verwehren, stimmte ihn die geringe Zahl seiner Begleitung bedenklich; er zog also von allen Seiten befreundete Truppen heran und heerte dann weithin mit Feuer und Brand gefahrlos in den Landschaften, die sich ihm zu widersetzen wagten. Da ihm jedoch klar war, er werde keine der Burgen erobern können, kehrte er unbefriedigt heim; hatte er doch weder dort noch im Osten seinen Feinden nachhaltigen Schaden zugefügt.
Währenddessen weilte -die Kaiserin bei uns im Lande und arbeitete mit unseren Fürsten an der Landesverteidigung. Unser Feind Boleslaw hatte indessen unser Gebiet nicht heimgesucht, befestigte vielmehr sein eigenes und war sehr zufrieden und überheblich, als er vom Ausgange der kaiserlichen Unternehmung erfuhr. [...]
VIII, 18. [...] Der Caesar reiste indessen nach der Stadt Basel, bot ein Heer auf und drang schnell in Burgund ein. Die Kaiserin aber begab sich in ihr liebes Kaufungen, wo sie ein Nonnenkloster stiftete. Dann zog sie durch Ostfranken nach Baiern und setzte in Regensburg, ihren Bruder Heinrich auf den Herzogsstuhl. [ ... 1
Thietmar von Merseburg: Chronik [697], S. 261-263, S. 299, S. 303, S. 321-323, S. 327-329, S. 353, S. 385, S. 461.
[434]
Kaiserin Kunigunde als Reichsverweserin nach Wipos »Taten Kaiser Konrads III«., 1045/46
1. [...] Nach des Kaisers Tode besann sich der gleichsam durch den Verlust seines Vaters verwaiste Staat alsbald unsicher zu fühlen. Unruhe und Besorgnis ergriff alle, die es redlich meinten, die Schlimmen dagegen hofften auf Unordnung im Reiche. Aber die göttliche Vorsehung hatte die Anker der Kirche solchen Priestern und Staatsmännern anvertraut, wie sie in dieser Zeit gebraucht wurden, um unser Vaterland ohne Schiffbruch in den ruhigen Hafen zu bringen. Suchten doch nach dem kinderlosen Tode des Kaisers gerade die mächtigsten weltlichen Fürsten mehr mit Gewalt als mit Überlegung den ersten Platz einzunehmen, oder wenigstens irgendwie den nächstfolgenden. Dadurch kam Unfrieden fast über das ganze Reich, so dass es vielerorts Mord, Brand und Raub gegeben hätte, wären nicht erlauchte Männer gegen solche Übergriffe eingeschritten. Auch die Kaiserin Kunigunde trat nach Kräften für das Reich ein, obwohl sie der Stütze des Gatten beraubt war, beraten von ihren Brüdern, Bischof Dietrich von Metz und Herzog Heinrich von Baiern; mit klar blickender Einsicht war sie zielbewusst bemüht, dem Reiche seine Festigkeit wiederzugeben. [...]
2. [...] Der Erzbischof von Mainz, der als erster seine Stimme abgeben musste, kürte und wählte auf die Frage des Volkes nach seinem Willen aus übervollem Herzen und mit klarer Stimme den älteren Konrad zu seinem Herrn und König, zum Lenker und Schützer des Reiches. Diesem Spruche schlossen sich die anderen Erzbischöfe und die übrigen Herren geistlicher Stände an ohne zu zögern. [...] Dann wiederholten alle aus den verschiedenen Königreichen einzeln immer wieder den gleichen Kürspruch. Das Volk rief Beifall, alle stimmten einmütig der Königswahl der Fürsten zu, alle wünschten den älteren Konrad. Dabei blieben sie, ihn setzten sie ohne Zögern über alle Machthaber, ihn hielten sie für den der Königsmacht Würdigsten und forderten unverzüglich seine Weihe. Gern übergab ihm die schon genannte Kaiserin Kunigunde die königlichen Insignien, die ihr Kaiser Heinrich hinterlassen hatte, und bevollmächtigte ihn dadurch zur Herrschaft, soweit ihr Geschlecht das vermag. Ich meine wohl: Dieser Wahl fehlte die Gunst der himmlischen Gnade nicht, denn unter Männern von außerordentlicher Macht und so vielen Herzögen und Markgrafen wurde ohne Neid und Streit einer erwählt, der wohl an Geburt, Tüchtigkeit und Eigengut niemandem unterlegen war, vom Reiche aber im Vergleich mit solchen Männern wenig Lehen und Amtsgewalt besaß.
Wipo: Taten Kaiser Konrads ll. [707], S. 531-533, S. 545.
[435]
Kaiserin Gisela als Mitregentin nach Wipos »Taten Kaiser Konrads II.«, 1045/46
4. Von der Königshuldigung zu berichten, halte ich nicht für notwendig denn ständiger Brauch zeigt, dass alle Bischöfe, Herzöge und sonstigen Fürsten, Bannerherren und Ministerialen, ja sogar alle Freien von Bedeutung den Königen einen Eid leisten. Ihm jedoch unterstellten sich durch ihren Schwur alle noch ehrlicher und freiwilliger. Ebenso brauchen wir nicht lange bei der Hofordnung zu verweilen, wen der König als Majordomus einsetzte, wen er zu Kämmerern, Truchsessen., Mundschenken und anderen Ämtern ernannte, ich kann kurz feststellen, soviel ich weiß und gelesen habe: unter keinem seiner Vorgänger waren diese Ämter besser und würdiger besetzt. [...]
Doch sie alle übertraf an klugem Rate des Königs geliebte Gemahlin Gisela.
Trotz ihres hohen Adels und ihrer erlesenen Schönheit war sie frei von jeder Überheblichkeit. Ehrfürchtig diente sie Gott, stetig, und zwar so unauffällig wie möglich, blieb sie in Gebet und Almosengeben nach dem Worte des Evangeliums: »Zeigt eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen!« Sie war sehr freigebig und von großer Gewandtheit, strebte nach Ehren statt nach eitlem Lob, hielt auf Zucht, widmete sich weiblichem Tun, verschwendete nichts unnütz, spendete für wertvolle und förderliche Dinge sehr freigebig, besaß reiche Eigengüter und wusste die hohe Würde ihres Amtes recht zu tragen. Missgunst gewisser Leute, die ja oft wie Rauch von unten die Höhe umwölkt, verzögerte ihre Weihe um einige Tage. Es steht übrigens auch heute noch nicht fest, ob sie diese Anfeindung berechtigt oder unberechtigt traf. Doch der tüchtige Mann setzte sich mit seiner Frau durch; mit Einwilligung und auf Verlangen der Fürsten empfing sie die Weihe und stand dem Könige als unentbehrliche Gefährtin zur Seite. - Soviel wenigstens musste ich über die Königin berichten zwischen des Königs Taten. Jetzt kehre ich zu diesen zurück.
16. [...] Nun wurde König Konrad bei seinem Einzuge in Rom im gleichen Jahre wie oben, nämlich 1027 nach der Geburt des Erlösers, in der 10. Indiktion, von Papst Johannes und allen Römern prächtig mit königlichen Ehren aufgenommen, am heiligen Ostertage, der in diesem Jahre auf den 26. März fiel, von den Römern zum Kaiser erwählt, empfing er durch den Papst die kaiserliche Weihe: Caesar Augustus hieß er nun mit dem römischen Titel. Auch die Königin Gisela empfing dort Weihe und Titel der Kaiserin. [...]
21. Auf seinem Zuge durch Schwaben ergaben sich dem Kaiser alle, die sich gegen ihn empört hatten, und er zerstörte ihre Burgen; als er Basel erreicht hatte, kam es zu einer Unterredung mit König Rudolf von Burgund, der dort vor der Stadt beim Dorfe Muttenz mit ihm zusammentraf, nach einer freundschaftlichen Aussprache geleitete der Kaiser den König in die Stadt. Hier schlossen sie einen Friedensbund, den die Kaiserin Gisela in seiner Gesamtheit vermittelte: Das Königreich Burgund wurde auf den Kaiser übertragen unter den gleichen Bedingungen, zu denen es vorher seinem Vorgänger Kaiser- Heinrich verliehen worden war. [...]
29. Der erwähnte Polenherzog Boleslaw hinterließ bei seinem Tode zwei Söhne, Mieszko und Otto. Mieszko stellte seinem Bruder Otto nach und nötigte ihn zur Flucht nach Rußland. Während seines zeitweisen kümmerlichen Aufenthalts dort suchte er sich die Huld Kaiser Konrads zu verschaffen, um sich auf dessen Geheiß und mit seiner Hilfe in die Heimat zurückführen zu lassen. Zur Verwirklichung dieser Absicht entschied sich der Kaiser zu einem Angriff seiner Truppen auf Mieszko. [...]
Otto wurde in sein Land zurückgeführt und vom Kaiser als Herzog eingesetzt, doch infolge seines unklugen Verhaltens wenig später hinterrücks von einem Manne aus seiner Umgebung ermordet. Nun bemühte sich Mieszko eifrigst um die Huld der Kaiserin Gisela und der übrigen Fürsten, um des Kaisers Gnade zurückzugewinnen. Barmherzig gewährte ihm der Kaiser Verzeihung, teilte das Polenland in drei Teile, machte Mieszko zum Teilherrscher und gab die beiden anderen Gebiete an zwei andere. [...]
Wipo: Taten Kaiser Konrads 11. [707], S. 551-553, S. 571, S. 577-579, S.589-591.
[436]
Kaiserin Gisela als Mitregentin nach Adams von Bremen »Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche", 1072-1075/76
II, 63. Liawizo hatte seinen Stuhl fast vier Jahre lang inne. Als Neffe des anderen Liawizo und damaliger Dompropst erhielt er seinen Hirtenstab auf Empfehlung der Kaiserin Gisela von Kaiser Konrad, das Pallium aber von Papst Johannes XIX. [...]
II, 80. [...] In diesen Tagen verstarb die hochedle Fürstin Emma, die Witwe des Grafen Liudger und Schwester des Bischofs Meinwerk von Paderborn, die jedoch schon seit 40 Jahren verwitwet war; fast ihr gesamtes riesiges Vermögen hat sie an Arme und Kirchen ausgeteilt. [...] Lesum aber verfiel für irgend ein Vergehen ihrer Tochter dem Kaiser Konrad. Die Königin Gisela hat Lesum in dieser Angelegenheit damals aufgesucht.
Adam von Bremen: Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche [601], S. 303, S.321-323.
[437]
Kaiserin Gisela als Mitregentin nach den Jahrbüchern von Hildesheim, um 1035/um 1060
a. 1031 [...] Arnolf, der Vater des Klosters Hersfeld, ausgezeichnet in himmlischen und menschlichen Dingen, wurde, als ihm von einigen Brüdern desselben Ortes ein Verbrechen vorgeworfen und er angeklagt wurde, jämmerlich seiner eigenen Ehre beraubt. Zur Ausfüllung seiner Stelle wird auf Anstiften der Kaiserin Gisela Bardo, der Prokurator des Werdener Klosters, ernannt.
a. 1034 in der 2. Indiction feierte der Kaiser Weihnachten in Minden, Ostern in Regensburg. Um Weihnachten kamen zu ihm Gesandte verschiedener Völker mit herrlichen und mannigfaltigen Geschenken, und daselbst wurde dem Hilderich, welcher den Altmann getödtet, auf Verwendung der Kaiserin und des Bischofs von Halberstadt Unversehrtheit des Lebens und Heimkehr ins Vaterland gestattet. Am Osterfeste aber bekam Udalrich, der Böhmenherzog, auf Ansuchen der Kaiserin und der Fürsten die Erlaubniß, in Gnaden aus der Verbannung nach Hause zurückzukehren und empfing die Hälfte seines Herzogthums, indem sein Bruder Germir auch eine Hälfte behielt.
Die Jahrbücher von Hildesheim [644], S. 3 1, S. 33 f.
[438]
Kaiserin Mathilde als Mitregentin nach der Chronik Ekkehards von Aura, 1115/1125
Im Jahr des Herrn 1114. Der Herr Kaiser feierte das Geburtsfest des Herrn in Bamberg mit höchster Pracht und einer großen Zahl von Fürsten.
[...] Dieser sagte sodann von hier aus einen Hoftag zu Mainz an und setzte danach in seiner Erhabenheit die Hochzeit für einen Zeitpunkt nach dem Fest der Erscheinung fest. Dort sollte nach seinem Willen kaum einer oder überhaupt keiner der Großen fehlen, denn auf ihren Rat hin und mit ihrer Zustimmung verband er sich die Tochter des Königs von England, Mathilde, die ihm schon länger verlobt war, auf rechtmäßige Weise und setzte sie als Teilhaberin des Reiches ein.
Im Jahr des Herrn 1119. [...]
Zu dieser Zeit hielt Bischof Konrad von Preneste als Legat des Gelasius mit den Deutschen eine Synode in Köln ab, wo er auf jede Weise die Exkommunikation des Kaisers verbreitete. Aus dem gleichen Grund sagte er eine zweite Synode in Fritzlar an; sie wurde auch gehalten, und wie früher bestätigte er auch hier die Exkommunikation. Als der Kaiser das vernahm und auch, dass ein Fürstenbeschluss vorsähe, wenig später einen allgemeinen Hoftag in Würzburg abzuhalten, auf dem er im Fall der Anwesenheit einem Verhör unterzogen, im Fall der Abwesenheit aber der
Königsherrschaft entsetzt werden sollte, da ergrimmte er im Herzen, ließ seine Truppen mit der Königin in Italien zurück und zeigte sich völlig unerwartet in Deutschland. [...]
Im Jahr des Herrn 1124.
Kurz darauf unternahm Kaiser Heinrich einen Kriegszug gegen seine Gegner in Holland, und nachdem er sie, wenn auch spät, unterworfen hatte, begab er sich in die südlicheren Gebiete, während die Königin in Lothringen zurückblieb.
Im Jahr des Herrn 1125. [...]
Kaiser Heinrich, der fünfte seines Namens, der in Utrecht das Pfingstfest feiern wollte, wurde von einer Krankheit, die er lange geheimgehalten hatte, überwältigt und näherte sich seiner letzten Stunde; er rief diejenigen, die mit ihm waren, nämlich seine Gemahlin, die Königin Mathilde, und seine Verwandten, Herzog Friedrich von Schwaben, sowie die übrigen Fürsten zu sich, gab ihnen, soweit er konnte, seinen Rat betreffs des Zustandes des Reiches und vertraute sein Eigentum und die Königin Friedrich als seinem Erben an; die Krone und die übrigen Abzeichen des Königs sollten nach seiner Anordnung bis zur Versammlung der Fürsten in einer absolut sicheren Burg, dem Trifels, aufbewahrt werden; dann empfing er die Wegzehrung der Sakramente Christi und verschied am 23. Mai. [...]
Ekkehard von Aura: Chronik [263], S. 311-313, S. 341, S. 365-367, S. 375.
[439]
Kaiserin Richenza löst Herzog Friedrich von Staufen vom Bann, 1139/1166
a. 1134. [...] Die Himmelfahrt der heiligen Maria feierte der Kaiser in Wirceburg und von dort drang er mit einem Heere in Schwaben ein gegen den Herzog Friderich und dessen Bruder Konrad, welche eine Stadt, Ulm geheißen, gegen ihn befestigt und die Bürger zum Widerstande angereizt hatten. Aber der Herzog Heinrich von Baiern hat dem Kaiser zuvorkommend die Stadt erobert, geplündert und mit Ausnahme der Kirchen angezündet, während der Herzog und sein Bruder von dort flohen und zwölf von den Vornehmeren gefangen mit sich fortführten. Darnach strömten Viele der Einwohner des Landes dem Kaiser zu, welcher ihnen seine Gnade schenkte, und sie gelobten ihm Treue. Nachdem aber der größte Theil des Landes verwüstet war, wandte sich der Kaiser nach Fulda. Da Friderich sich von den Meisten im Stiche gelassen und seine Anhänger sehr niedergeschlagen sah, begab er sich zur Kaiserin, welche mit dem Kaiser in Fulda verweilte und flehte sehr demüthig mit nackten Füßen um ihre Gnade. Diese ließ ihn durch den anwesenden Legaten des Papstes vom Banne lösen, durch welchen er sieben Jahre ununterbrochen von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen gewesen war, zuerst nämlich in deutschen Landen durch drei Erzbischöfe, darnach zu Rom, später auf dem Lütticher Concil. Er verpflichtete sich auch mit großen Schwüren, dem Kaiser treu anzuhängen und auf dem nächsten Reichstage vor den Fürsten seine Gnade nachzusuchen.
Der sächsische Annalist [687], S. 153f.
[440]
Gerichtsurkunden der Kaiserin Richenza, als Vertreterin ihres Gemahls am Hofgericht
1.Kaiserin Richenza entscheidet im Hofgericht über Klagen des Abtes Placidus von S. Pietro zu Mondena zu dessen Gunsten, Reggio d'Emilia 1136 September
2.2. Kaiserin Richenza setzt nach dem Urteil des Hofgerichtes unter Bannverhängung das Kloster Nonantola in die Gewere des ihm nach dem erblosen Tode des Markgrafen Konrad heimgefallenen Besitzes zu Cella, Reggio d'Emilia 1136 November 1
3.Unter dem Vorsitz der Kaiserin Richenza investiert das Hofgericht die klägerische Kirche von Reggio mit genannten ihr ungerecht entzogenen Besitzungen und sichert die Gewere durch Bann, Reggio d'Emilia 1136 Anfang Dezember
4.Kaiserin Richenza bestellt im Auftrage Lothars auf die im Hofgericht vorgebrachte Klage zwei Boten, um die Kanoniker der Hauptkirche zu Verona in den Besitz der Höfe Cerea und Angiari zu setzen, Isola della Scala 1137 November 6
zitiert nach: MGH. Diplomata regum et imperatorum German,iae [334], Bd. 8, S. 227-231.
[441]
Kaiserin Beatrix als Mitregentin während des 2. Italienzugs Friedrichs I. nach Bischof Ottos von Freising und Rahewins »Die Taten Friedrichs«, 1157758
28. Unterdessen sah der Kaiser ein, dass der Übermut der Mailänder nur mit harter und fester Hand gebrochen werden könne; da er nun aber, wie oben erwähnt, das Heer entlassen hatte und selbst nur mit wenigen zurückgeblieben war, entschloss er sich, Hilfstruppen von jenseits der Alpen aufzubieten. Daher rief er durch Boten die Kaiserin herbei sowie den Herzog Heinrich von Bayern und andere, sowohl Bischöfe wie Reichsfürsten, indem er sie an ihre Treupflicht erinnerte, damit sich nicht die Verräter des Reichs für ihre Verruchtheit der Straflosigkeit erfreuten; er wolle ihre Bereitwilligkeit, den Bestand des Reiches zu erhalten und den Angriff der Feinde abzuwehren, auf die Probe stellen. Nach Empfang der Botschaft, rüsteten sich jene eifrig zu einer neuen Heerfahrt im nächsten Frühjahr. 46. Inzwischen boten die Kaiserin Beatrix, der Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen und der Bischof Konrad von Augsburg, wie angeordnet, Ritter auf und machten sich mit Proviant, Sold, Waffen und anderem Kriegsbedarf auf den Weg. Sie brachen mit einem großen Heer auf und trafen nach wenigen Tagen in Italien ein und bereiteten durch ihre Ankunft unseren Leuten Freude, den Feinden aber Furcht.
Bischof Otto von Freising und Rahewin: Die Taten Friedrichs [677], S. 579, S. 602.
[442]
Kaiserin Beatrix als Mitregentin in den Augen der aufständischen Mailänder nach der Kölner Königschronik, 1197/um 1220
a. 1162 [...] Am ersten Tage des Monats März erschienen demnach die Consuln der Mailänder mit andern Edlen, gegen zwanzig an der Zahl, knieend, mit bloßen Schwertern auf dem Nacken, öffentlich vor dem ganzen Hofe, ergaben sich ohne jegliche Hinterlist. [...]
Als hierauf einer der Consuln eine Trauerrede hielt, warf sich nach Schluß derselben die Menge abermals nieder, streckte die Kreuze, die sie trug, empor und flehte unter großem Klaggeschrei im Namen. des Kreuzes um Gnade. Davon wurden alle, die es hörten, heftig bis zu Thränen gerührt; aber das Antlitz des Kaisers veränderte sich nicht. Zum dritten Mal redete der Graf von Blandrate als Fürsprecher für jene, seine früheren Freunde, und zwang alle zu Thränen, indem er selbst das Kreuz emporhielt und die ganze Menge mit ihm zugleich demüthig bittend sich niederwarf, aber der Kaiser allein ließ sein Antlitz unbeweglich wie einen Stein. Darauf wurde vom Kölner Bischof die einfache Formel ihrer Unterwerfung abgefaßt und vor ihnen mit einem unumwundenen Schuldbekenntniß beantwortet. Der Kaiser erwiderte ihnen auf ihr Flehen was ihm ziemte und versprach nach reiflicher Ueberlegung im geeigneten Zeitpunkt Gnade zu üben, und nachdem er sie damit entlassen, ließ er sie sich am folgenden Tage abermals sämmtlich vorfiihren. Sie aber warfen in der Hoffnung auf Erbarmen die Kreuze, die sie in den Händen trugen, durch die Schranken in die Kemenate der Kaiserin, da sie vor ihr Angesicht keinen Zutritt hatten.
Die Kölner Königschronik [656], S. 85, S. 87.
[443]
Kaiserin Beatrix als Mitregentin in dem Unterwerfungsvertrag der lombardischen Städte, Mai 1162
Im Namen Gottes, Amen. Dies ist der Vertrag, durch den die Bürger von Placentia wieder in die Gnade des Herrn Kaiser Friedrich aufgenommen werden. [...]
6. Die Placentiner werden dem Herrn Kaiser und der Frau Kaiserin und dem Hofe sechstausend Mark geprüften und reinen Silbers bezahlen oder für eine Mark vier Pfund Denare in der Währung von Pavia oder in einer anderen Münze, in der man die Mark reinen Silbers für vier Pfund Denare von Pavia kaufen kann. [...]
12. Alle diese Bedingungen werden die Placentiner dem Herrn Kaiser, der Frau Kaiserin, den Fürsten und den Gesandten des Kaisers gewissenhaft und ohne beimtückische Hintergedanken halten, wenn der Herr Kaiser ihnen nicht das eine oder das andere erlässt.
zitiert nach: Lautemann: Geschichte in Quellen. Mittelalter [662], Nr. 369, S.420-422.
[444]
Kaiserin Beatrix als Mitregentin in dem vorläufigen Übereinkommen zwischen Kaiser Friedrich I. und Papst Alexander 111, 1177
8. Auch die Frau Kaiserin Beatrix erkennt den Herrn Papst Alexander als katholischen und allgemeinen Papst an. [...]
22. Der Herr Papst und alle seine Kardinäle werden, wie sie den Herrn Kaiser Friedrich als römischen und katholischen Kaiser anerkannt haben, ebenso auch die Frau Beatrix, seine Gemahlin, als römische und katholische Kaiserin anerkennen. Sie soll durch den Herrn Papst Alexander oder einen seiner Legaten gekrönt werden. Sie erkennen auch Herrn Heinrich, beider Sohn, als katholischen König an.
23. Der Herr Papst und die Kardinäle werden dem Herrn Kaiser Friedrich und der Frau Kaiserin Beatrix und dem König Heinrich, ihrem Sohne, und allen ihren Helfern wirklichen Frieden geben, unbeschadet der geistlichen Maßnahmen und der Urteilsgewalt des Herrn Papstes und der römischen Kirche, die in diesem Schriftstück niedergelegt sind, und unbeschadet des Rechtes der römischen Kirche gegen Räuber am Eigentum des heiligen Petrus und unbeschadet alles dessen, was im Sinne der römischen Kirche und des Herrn Kaisers und des Reiches festgesetzt ist.
28. Sollte, was hoffentlich nicht eintritt, der Herr Kaiser zuerst sterben, dann werden der Herr Papst und die Kardinäle und die ganze römische Kirche seinem Nachfolger und der Frau Beatrix, seiner Gemahlin, und dem König Heinrich, seinem Sohne, und allen Angehörigen des deutschen Reiches und allen übrigen Helfern diesen Frieden streng nach Vorschrift halten. Und auch die Nachfolger des Herrn Papstes werden es ebenso halten.
zitiert nach: Lautemann: Geschichte in Quellen. Mittelalter [662], Nr. 374, S. 429-431.
[445]
Beschreibung der Kaiserin Beatrix nach den »Acerbi Morenae Cont«., 2. Hälfte 12. Jh.
Beatrix nun, die Gattin des Kaisers, stammte selbst vom vornehmsten Geschlecht in Burgund. Sie war von mittlerer Größe, hatte goldglänzendes Haar und ein sehr schönes Gesicht. Ihre Zähne waren weiß und schön gestellt, ihr Mund klein. Ihr Wuchs war aufrecht, ihr Gesichtsausdruck bescheiden, ihre Augen hell, lieblich und anziehend. Ihre Reden waren sittsam. Sie hatte die allerschönsten Hände und einen anmutigen Körper. Sie war ihrem Gatten vollkommen untertan, fürchtete ihn als Herrn und liebte ihn von Herzen als Mann. Sie besaß Bildung (litterata erat) und diente Gott. Und wie sie Beatrix hieß, so war sie in der Tat im höchsten Grade gesegnet.
zitiert nach: Knieriem: Die deutsche Frau und Fürstin des Mittelalters [654], S. 25.
[446]
Beschreibung der Königin Elisabeth durch Johann von Victring, 1340/43
II, 8. [...] Herzog Albrecht aber regierte fortan, vom irdischen Glück begünstigt, nach den Weisungen seines Vaters sein Herzogthum. Seine Gemahlin Elisabeth, die Tochter des Herzogs Meinhard, gebar ihm als ein reicher Weinstock Söhne und Töchter, welche wie junge Oelzweige emporsproßten zu höchster irdischer Erhabenheit, nämlich die Söhne Rudolf, Friedrich, Leupold, Heinrich, Albrecht, Otto und zu Laibach einen, der nicht zu seinen Jahren kam, sondern dort starb und im Kloster Sytin beigesetzt wurde; ferner die Töchter Agnes, Elisabeth, Anna, Katharina und Güta.
Johann von Victring: Das Buch gewisser Geschichten [646], S. 97 f.
[447]
Johann von Victring über die Regentschaft von Frauen, 1340/43
III, 6. [...] Auch das Reich Böhmen hatte keinen Fürsten, da die Edlen des Landes unschlüssig waren, wen sie zum König wählen sollten, sintemalen ein männlicher Thronerbe nicht vorhanden war. Und wenn schon man sagt, dass in diesem Lande auch Töchter durch ausdrückliche Bestimmung ein Erbrecht besitzen, so erscheint es doch ungehörig, dass eine Frau ohne männliche Stütze waffenlos über Länder und Völker herrsche. Denn der Herrscher bedarf der Waffen zur Vertheidigung wie zum Angriffskriege, aber eine Frau ist auf anderes bedacht, wie Ovidius sagt: »Stets ist auf Putz sie bedacht und sinnt nur, wie sie sich schmücke.« Und Hector sagt zu Paris »Nichts werth ist im Kampfe Schöne Gestalt, hier tauget allein der nervigte Krieger.«
Johann von Victring: Das Buch gewisser Geschichten [646], S. 137.
[448]
Die Beteiligung der Königin am Festzug und am Festessen nach der Goldenen Bulle v. 1376
26, 1. An dem Tage, da eine feierliche kaiserliche oder königliche Reichsversammlung abgehalten wird, sollen um die Zeit des ersten Stundengebetes die geistlichen und weltlichen Kurfürsten zum Quartier des Kaisers oder Königs kommen. [...]
2. Auch die Kaiserin oder römische Königin soll mit ihrem fürstlichen Schmuck bekleidet hinter dem, römischen König oder Kaiser und auch hinter dem König von Böhmen, der dem Kaiser unmittelbar folgt, in angemessenem Abstand zusammen mit ihren Edelleuten und begleitet von ihren Hoffräulein sich zum Ort der Sitzung begeben.
28, 1. Ferner soll der Tisch des Kaisers oder Königs so hergerichtet werden, dass er sechs Fuß höher stehe als die andern Tafeln oder Tische des Saales; an diesem Tisch soll außer dem römischen Kaiser oder König auf einem feierlichen Reichstag sonst niemand sitzen. Der Sitz aber und der Tisch der Kaiserin oder Königin soll ihm zur Seite im Saal gerüstet werden, dergestalt dass dieser Tisch drei Fuß tiefer stehe als der des Kaisers oder Königs und ebenso viel Fuß höher als die Sitze der Kurfürsten; diese Fürsten aber sollen ihre Sitze und Tische unter sich in einerlei Höhe haben. Unter dem Sitz des Kaisers sollen die Tische für die sieben geistlichen und weltlichen Kurfürsten zubereitet werden, und zwar drei zur Rechten und drei andere zur Linken und der siebente dem Antlitz des Kaisers oder Königs gerade gegenüber.
Die Goldene Bulle [630], S. 135f., S. 138f.
[449]
Die Mitregentschaft der Herzogin Clementla nach Helmolds von Bosau »Slawenchronik«, 1163/68 -1172
68. Um jene Zeit führte unser jugendlicher Herzog Prinzessin Clementia, die Tochter Herzog Konrads von Zähringen, heim und begann über das ganze Land der Slawen zu herrschen, wobei er immer größer und mächtiger wurde. [...]
70. Der Herzog übertrug nun unserem Grafen die Obhut über das Land der Slawen und Nordelbinger und brach, nachdem er in Sachsen Ordnung geschaffen hatte, mit Heeresmacht auf, das Herzogtum Bayern zurückzugewinnen. Die Herzogin, Frau Clementia, blieb in Lüneburg zurück, und der Graf, sehr angesehen im Hause des Herzogs und sehr eifrig im Dienste der Herzogin, leitete die Regierung. [...]
71. Während jedoch der Herzog abwesend war, kam Fürst Niklot vom Obotritenlande zu Frau Clementia, der Herzogin, nach Lüneburg und beklagte sich vor ihr und den Freunden des Herzogs darüber, dass die Kessiner und Zirzipanen allmählich aufständisch würden und die gewohnte Zinszahlung verweigerten. Graf Adolf und das Volk der Holsten und Stormarn wurden ausersehen, Niklot zu unterstützen und die hartnäckigen Empörer niederzuwerfen. [...]
80. [...] Sobald nun bekannt wurde, dass Bischof Vizelin gestorben sei, sprach die Frau Herzogin den Priester Gerold an: »Wenn es dein Vorsatz ist, Gott durch ein hartes Leben zu dienen, so übernimm eine nützliche und fruchtbringende Arbeit: geh ins Slawenland und tritt in das Werk, dem Bischof Vizelin gedient hat. Denn tust du das, so wirst du dir und anderen nützen. Jede gute Tat ist umso besser, je gemeinnütziger sie ist.« Darauf rief sie brieflich Propst Ludolf von Högersdorf zu sich, empfahl ihm den Priester und sandte ihn mit nach Wagrien, da-mit er zum Bischof gewählt werde. Klerus und Volk stimmten durch einhellige Wahl dem Antrage des Herzogs zu.
Heldmold von Bosau: Slawenchronik [639], S. 239, S. 249, S. 251, S. 273