Mit der vorliegenden Arbeit wird erstmals der Versuch unternommen, die politische Laufbahn von Parlamentarierinnen zu untersuchen. Im Vergleich zu einer entsprechenden Analyse der Laufbahn männlicher Parlamentarier erfährt dabei die gesamte Fragestellung eine entscheidende Erweiterung und Verlagerung dadurch, daß nicht nur der Verlauf der politischen Karriere von Interesse ist, sondern vor allem auch ihre Erforschung auf spezifische Faktoren, die sich aus der Stellung der Frau in der Gesellschaft ergeben. Insbesondere soll die Untersuchung zeigen, ob sich aus der politischen Laufbahn der Parlamentarierinnen Aufschluß darüber gewinnen läßt, warum in den westdeutschen Kommunalvertretungen, Landtagen und im Bundestag Frauen relativ schwach vertreten sind. Besondere Aufmerksamkeit gilt daher den Faktoren, die auf die politischen Karrieren der Frauen seit 1945 fördernd oder hemmend wirkten oder einer größeren Zahl von Frauen den Zugang zu den Parlamenten verwehrten, also unmittelbar zu der parlamentarischen Unterrepräsentation der Frau beigetragen haben.
Die Darstellung konzentriert sich auf die Frauen, die über die Parteien CDU, SPD, FDP und CSU in die Parlamente gelangt sind. Daher folgt nach einer Skizzierung der Stellung der Frau in der Gesellschaft zunächst eine Analyse der weiblichen Beteiligung in den Parteien und im Anschluß daran dann die Untersuchung der Stellung der Frau in den Parlamenten.
Zu einem zahlenmäßigen Überblick soll die Zusammenstellung der meist nur sehr verstreut vorhandenen Daten weiblicher Beteiligung in Partei und Parlament verhelfen. Sie bietet zugleich die Grundlage für eine Überprüfung der von Bremme [1] aufgezeigten Tendenzen und ermöglicht einen Vergleich der weiblichen Beteiligung an der aktiven Politik nach diesen beiden politischen Ebenen.[2] Die Untersuchung basiert auf der von Prof. Dr. Otto Stammer betreuten und der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Berlin vorgelegten Diplomarbeit der Verfasserin. Die für Arbeiten dieser Art typischen Beschränkungen sind insofern auch hier gegeben, als aus dem uneinheitlichen und sehr verstreut vorhandenen Material oft nur das verhältnismäßig leicht zugängliche zusammengetragen und ausgewertet werden konnte. Die dadurch erzwungene mosaikartige Materialzusammenstellung wird in den Anmerkungen und Tabellen deutlich. Sie sind bewußt so gestaltet worden, daß Umfang, Beweisfähigkeit und Quellen des eruierten Materials erkennbar werden. Übrigens ist unter anderem auf diese bedauerliche Verstreuung des Materials zurückzuführen, daß die Ausführungen der Frauenenquete der Bundesregierung zu dem Abschnitt »Frau und Politik« so mager ausgefallen sind.[3] Die Materialerhebung zu der vorliegenden Arbeit war Ende 1966 abgeschlossen.
Wegen dieser Beschränkungen wird der Wert dieser Publikation vornehmlich darin zu sehen sein, daß sie eine erste Ausgangsbasis für intensivere und weiterführende Studien bietet. Kritik und Anregungen sind daher ebenso willkommen wie weitere Materialien, um die Ergebnisse vervollständigen und differenzieren zu können. An dieser Stelle sei für die von Politikerinnen und den Parteien gewährte Hilfe, auf die die Verfasserin vor allem angewiesen war, besonders gedankt.
Methodische Hinweise und Erläuterungen
Die Faktoren, die für die genannte Fragestellung eine Rolle spielen, sind ihrer Natur nach so unterschiedlich, daß sie auch nur auf unterschiedliche Weise ermittelt werden können. Nicht alle sind unmittelbar zahlen- oder größenmäßig erfaßbar.
Auf Interviews, durch die einige Faktoren hätten eruiert werden können, mußte aus arbeitstechnischen Gründen verzichtet werden.[4] Zwar wurden einige Gespräche mit Politikerinnen geführt, doch hatten diese Gespräche keinen Interviewcharakter, und die Politikerinnen stellten keine repräsentative Auswahl dar. Um aber die Thematik überhaupt einigermaßen vollständig behandeln zu können, wird der Inhalt dieser Gespräche ebenso wiedergegeben wie die unbelegten Behauptungen der Literatur. Die Beweiskraft dieser Aussagen ist daher unterschiedlich.
Das Gewicht, das einzelne Faktoren für die Situation der Frau in den Parteien und Parlamenten haben, kann nur ebenso andeutungsweise oder annähernd bestimmt werden wie die Interdependenz der Faktoren. Denn man muß bedenken, daß aufgrund des lückenhaften Materials Verzerrungen vorkommen können. Weiterhin darf nicht übersehen werden, daß gesellschaftliche Prozesse und Wandlungen in der Struktur der Parteien hier größtenteils nicht berücksichtigt werden.
Um die Einflüsse solcher Wandlungen ganz zu erfassen, wäre eine Fallstudie, d. h. eine genaue Untersuchung eines Bezirks- oder Landesverbandes, der geeignetste Weg.[5]
Auch ist darauf hinzuweisen, daß das vorliegende Material nur zu einem Teil sowohl hinsichtlich der Parteien als auch der Parlamente vergleichbar und gleichgewichtig ist. Dort, wo umfangreicheres Material vorlag, wurde die Analyse fortgeführt. Die weitreichende Übereinstimmung der Ergebnisse in den Punkten, die voll vergleichbar sind, rechtfertigen dieses Vorgehen.
Die Frage nach dem Einfluß, nach der Macht der Frau in Partei und Parlament bleibt außer Betracht.[6] Diese Arbeit kann lediglich Orientierungshilfe für eine derartige Fragestellung sein, denn eine Untersuchung über den Einfluß der Frau in diesen Bereichen müßte sich ebenfalls an Zahl und Art ihrer Beteiligung orientieren.
Auf einen Vergleich mit den in den Parteien und Parlamenten der Weimarer Republik oder anderer Länder engagierten Frauen wird hier verzichtet.[7] Eine zeitliche Beschränkung insofern, als die von den Besatzungsmächten ernannten Landtage unberücksichtigt bleiben, war aufgrund fehlenden Materials leider unumgänglich.
Die aufgezeigte Problematik wird, soweit das Material es zuläßt, für alle parlamentarischen Ebenen der Bundesrepublik, nicht aber für alle Parteien untersucht. Die Entwicklung der Parlamentsfraktionen aller westdeutschen Parlamente hat gezeigt, daß bis auf regionale Besonderheiten nur CDU, CSU, SPD und FDP als Parteien eine wesentliche Rolle spielen.[8] In den tabellarischen Gesamtzahlen der Kommunalvertretungen und Landtage sind jedoch auch die übrigen Parteien und Wählergemeinschaften mit enthalten.
Für die Schaubilder und Tabellen seien noch folgende allgemeine Hinweise gegeben: Die den Durchschnittszahlen und Prozentsätzen zugrundeliegenden absoluten Zahlen sind mit (N) überschrieben und eingeklammert. Wegen der teilweise kleinen Zahl weiblicher FDP- und CSU-Abgeordneter werden deren Daten im Unterschied zu denen der beiden anderen Parteien oft nicht in Prozentwerten, sondern in absoluten Zahlen wiedergegeben. Diese sind ebenfalls eingeklammert. Häufig mußten Tabellen nach zahlreichen Handbüchern, Nachschlagewerken, Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, Auskünften der Landtage und statistischen Landesämter zusammengestellt werden. In diesen Fällen lautet der Quellenvermerk: Nach eigenen Unterlagen zusammengestellt.