Unterdrückung und Kämpfe der Frauen*
- (* Subordination and Struggle: Women in Bangladesh.
Zuerst erschienen in new left review 168, 1988; gekürzt.)
Bangladesch gehört zu dem als Zone des »klassischen Patriarchats« (Kandiyotti 1988) beschriebenen Gebiet, das sich von Nordafrika über den Nahen Osten bis zu den nördlichen Ebenen des indischen Subkontinents erstreckt. Die sozialen Strukturen unterscheiden sich deutlich von denen Südindiens und großen Teilen Südostasiens, deren Institutionen und Bräuche gleichberechtigtere Geschlechterverhältnisse zulassen. (Dyson/Moore) Da diese Zone sowohl moslemische als auch nichtmoslemische Gesellschaften umfaßt, liegen die Ursachen für die extreme Ausprägung der Frauenunterdrückung nicht allein im Islam. Gemeinsam sind diesen Gesellschaften eine rigide Geschlechtersegregation, spezielle Familien- und Verwandtschaftsstrukturen und eine mächtige Ideologie, die die Familienehre an die weibliche Tugend knüpft. Die Männer sichern und bewahren die Familienehre, indem sie die Frauen kontrollieren; unterstützt werden sie bei dieser Aufgabe durch komplexe soziale Arrangements, die die Schutzbedürftigkeit — und die Abhängigkeit — der Frauen sicherstellen.
In Bangladesch bestimmt der Islam als zentrale Ideologie das Verhältnis von Mann und Frau, doch er unterscheidet sich von der zentralasiatischen Version und weicht selbst von der in Pakistan (aus dem Bangladesch hervorgegangen ist) herrschenden Form ab. Durch seine geographische Lage erreichten der Islam und der Hinduismus Bengalen verhältnismäßig spät und Bangladesch ist gegen die »heilige, theokrati-sche, zentralistische und auf dem Establishment basierende« Islamversion resistent geblieben, die am Nahen Osten orientiert ist (vgl. Jahangir 1986, 79). Die ursprünglichen Naturreligionen sind von den formalen Religionen nur verdeckt, nicht zerstört worden. Diese Spaltung der nationalen Identität behindert weiter die vom Militärregime erstrebte breite Volksunterstützung für die pakistanische Form des islamischen Fundamentalismus.
Jedes Element im herrschenden System der Geschlechterverhältnisse stützt und kräftigt seine Grundlage — die Abwertung und Abhängigkeit der Frau. Die patriarchalische, patrilineare, patrilokale Familie garantiert, daß die Kontrolle über die materiellen Ressourcen — Grundbesitz, Kapital und Arbeitskraft der Frauen und Kinder — fest in männlicher Hand liegt. Durch die Heirat werden die Frauen von der möglichen Unterstützung und Solidarität ihrer eigenen Familien abgeschnitten. Männer verfügen über das Raumnutzungsmonopol; die Geschlechtersegregation und die strenge Abgeschlossenheit der Frauen (Purdah) stellt sicher, daß 50% der Bevölkerung sich 10% des verfügbaren Raums teilen. Frauen treten im Produktionsprozeß z.B. von Reis nicht in die Öffentlichkeit: Männer säen, ernten, Frauen bearbeiten den rohen Reis, Männer vermarkten das Produkt. Die Purdah verschleiert so den Wert der Frauenarbeit und sichert die Abhängigkeit der Frauen.
Wenn es bislang so schien, als ob die Frauen sich in ihre Unterdrückung fügten, so liegt das zum Teil an der Verinnerlichung der Geschlechterideologie auch durch die Frauen selbst. Hinzu kommt die extreme Asymmetrie im Verhältnis zwischen Mann und Frau, die den Frauen keine anderen als die vorgegebenen Möglichkeiten läßt. Das »Geschäft mit dem Patriarchat« (Kandiyotti 1988) basiert auf dieser Asymmetrie. Männer verfügen über das Monopol an allen relevanten Ressourcen und bestimmen die gesellschaftliche Ordnung. Im Gegenzug haben die Frauen Anspruch auf männlichen Schutz und Versorgung. Ohne diesen Schutz würden sie der ganzen Bandbreite der gesellschaftlichen Sanktionen gegen Frauen — einschließlich der Bedrohung durch Männergewalt — allein gegenüberstehen.
Trotz der offensichtlichen Macht des Systems deutet sich ein Wandel an, da einige der Voraussetzungen dieser Geschlechterhierarchie unhaltbar zu werden beginnen. Der Anstieg der Scheidungsrate und der Trennungen, das Auftauchen von Haushalten, die von alleinstehenden Frauen geführt werden und die wachsende Zahl von Frauen, die außerhalb der kulturell vorgegebenen Bereiche zu arbeiten beginnen, das alles spiegelt die Unwilligkeit oder Unfähigkeit der Männer wider, ihrer Verantwortung gegenüber den von ihnen Abhängigen — Frauen und Kindern — weiterhin nachzukommen. (Cain u.a., 408) Während die Ansprüche der Frauen auf männlichen Schutz durch die kulturellen Normen und Traditionen festgeschrieben sind, hängt die männliche Autorität von der Kontrolle über die materiellen Ressourcen ab. Es hat sich gezeigt, daß wirtschaftliche Notwendigkeiten auch mächtige normative Ansprüche schnell modifizieren können.
Der Kampf für Veränderung
Frauen sind in der Geschichte Bangladeschs sporadisch in Erscheinung getreten. Einzelne aufgeklärte Frauen haben sich gegen exzessive Aspekte der Frauenunterdrückung ausgesprochen, wie z.B. Begum Rokeya Sakhawat Hussain, die zu Beginn dieses Jahrhunderts die Bräuche der Purdah in Essays und Kurzgeschichten karikierte. Frauen haben an unterschiedlichen politischen Kämpfen teilgenommen, z.B. in den 40er Jahren an der Tebagha-Bewegung in Ostbengalen, mit der erreicht werden sollte, daß die Pachtbauern einen größeren Anteil ihrer Ernte behalten durften, oder an Guerillaaktionen gegen die britische Kolonialverwaltung. In der unmittelbar auf die Lösung von Indien folgenden Ära kämpften sie gegen die Versuche der Provinzregierung, die Mädchenschulen zu schließen. Ihre Forderungen nach einer Reformierung der moslemischen Familiengesetze, die dem Mann in bezug auf Heirat und Scheidung Willkürrechte gaben, führten zur Verabschiedung des Islamischen Familienrechts im Jahr 1961. Nach der Befreiung von der britischen Kolonialherrschaft 1947 (Teilung des Landes in Ost-und Westpakistan) bis zur Gründung des unabhängigen Staates Bangladesch 1971 organisierten sich Mittelschichtsfrauen im sozialen und Wohltätigkeitsbereich — Frauenrechte standen nicht zur Debatte.
Aspekte der Geschlechterideologie gehörten dennoch die ganze pakistanische Ära hindurch zu hart umkämpften Fragen, wenn auch in verdeckter Form. Die Spannung zwischen formalen und lokalen Religionsversionen in der bengalischen Kultur wurde häufig auf dem Gebiet der Geschlechterbeziehungen ausgetragen, als kontroverse Auffassungen eines angemessenen weiblichen Verhaltens. In bengalischen Mittelschichtsfamilien war es z.B. üblich, die heranwachsenden Töchter in Gesang, Tanz und Schauspielkunst auszubilden und ihnen auch zu gestatten, das Gelernte öffentlich vorzuführen. Diese Sitte wurde von der pakistanischen Gesellschaft von jeher entschieden abgelehnt und als Beweis für den starken hinduistischen Einfluß in Ostbengalen gewertet. Im Zusammenhang mit den Versuchen des pakistanischen Staates, Bangladesch seine eigene rigide und puritanische Islaminterpretation aufzuzwingen, nahmen diese Spannungen politische Dimensionen an. Das Singen der Lieder von Tagore (ein von allen Bengalen bewunderter Dichter), das Tragen von »bindis« (ein roter Punkt auf der Stirn, mit dem verheiratete hinduistische Frauen ihren Status signalisieren, von bengalischen Frauen als dekoratives Element übernommen) oder einfach das Erscheinen von Frauen in der Öffentlichkeit waren schon Taten politischen Widerstands. (Ahmed, 47) Das zeigte sich besonders deutlich in der Bewegung für die nationale Unabhängigkeit. Bei den Massendemonstrationen in Dhaka bildeten Frauen, die mit den traditionellen gelben und roten Saris bekleidet waren, bindis auf der Stirn trugen und bengalische Nationallieder sangen, die Speerspitze einer Widerstandsbewegung gegen das pakistanische Regime. Die moslemische Bruderschaft rächte sich während der nachfolgenden Besetzung Bangladeschs. Zu den ersten Maßnahmen gehörte das Verbot von Tagores Liedern. Doch die tragischsten Opfer des pakistanischen Hasses sind die schätzungsweise 30000 bengalischen Frauen, die von pakistanischen Soldaten vergewaltigt wurden, um Bangladesch wieder mit »wahren« Moslems zu bevölkern.
Die Gegenwart
Die erste Hälfte der 70er Jahre markiert in vielerlei Hinsicht einen Wendepunkt. Bei den Frauen selbst erwachte allmählich das Bewußtsein über die ungleichen sozialen Verhältnisse, die ihr Leben bestimmten. Für die unterprivilegierten Frauen mögen der Wirbelsturm 1970, der Befreiungskrieg 1971 und die Hungerkatastrophe 1974 nur bestätigt haben, was sie schon lange wußten: in Krisenzeiten sind Frauen die ersten Opfer. Die Ereignisse der frühen 70er Jahre hatten eine traumatische Wirkung auf das Bewußtsein vieler Mittelschichtsfrauen, die bis dahin von der harten Wirklichkeit der Frauenunterdrückung verschont geblieben waren. Auf die Vergewaltigungen tausender bengalischer Frauen — aller Klassen — während der Okkupationszeit folgte nach der Befreiung eine Phase der Gesetzlosigkeit, in der bewaffnete bengalische Verbrecherbanden Frauen entführten und sie zu »Maschinengewehr-Hochzeiten« zwangen. Für einige Gruppen von Mittelschichtsfrauen war dies sicher die Geburtsstunde eines feministischen Bewußtseins, da sie die Unterdrückung erkannten, die sie mit den armen Frauen verbindet.
In den frühen 70er Jahren gewannen die westlichen Frauenbewegungen an Stärke, was sich auch auf die Strategien der westlichen Entwicklungshilfe auswirkte. Das wachsende internationale Interesse an der Stellung der Frau spiegelte sich in dem veränderten Verhalten der Hilfsorganisationen für Bangladesch wider. Sie bemühten sich, ihre frühere einseitige Konzentration auf die Rolle der Frau als Ehefrau, Mutter und Zielscheibe von Programmen zur Familienplanung zu modifizieren und zeigten ein größeres Interesse an der Bedeutung der Frau für die Arbeitswelt. Zu den positiven Ergebnissen der Entwicklungspolitik in Bangladesch gehören die Einführung eines neuen und potentiell progressiven Vokabulars in den offiziellen frauenpolitischen Diskurs und die Aufnahme von Projekten, mit denen die wirtschaftliche Situation von Frauen verbessert werden soll.
In einem Land, das wie Bangladesch auf Hilfe von außen angewiesen ist, sind ausländische Geldgeber sehr einflußreich. Gleichzeitig ist es den Regierungen gelungen, die Rhethorik und die Ressourcen der Frauen und der Entwicklungshilfe-Lobby geschickt auszunutzen, um ihr Ansehen auf nationaler und internationaler Ebene aufzuwerten. Obwohl die staatliche Politik nicht unbedingt als frauenfreundlich zu bezeichnen ist — sie basiert noch immer auf extrem konservativen und paternalistischen Vorstellungen —, hat sie dazu geführt, daß Frauen (oder zumindest einige Frauen) zunehmend stärker an den Ressourcen beteiligt sind und die Frauenfrage stärker ins öffentliche Bewußtsein gerückt ist.
Diese unterschiedlichen Einflüsse haben eine fragmentarische soziale Bewegung hervorgebracht, die sich — bei allen Unterschieden und Gegensätzen — für die Verbesserung der Situation der Frauen engagiert. Sie setzt sich aus Gruppen und Organisationen zusammen, die offenbar weder zu einer gemeinsamen Analyse der Frauenunterdrückung finden noch sich auf Strategien einigen können. Tatsächlich können nur wenige der Organisationen als feministisch im eigentlichen Sinn bezeichnet werden. Einige verwechseln weiterhin Frauenfragen mit Wohltätigkeit, während andere bestreiten, daß es überhaupt eine spezifische Frauenunterdrückung gibt, die nicht unter den Klassenwiderspruch subsumierbar ist. Sie sind dennoch Teil einer Frauenbewegung, die sich noch im embryonalen Entwicklungsstadium befindet.
Der Staat
Staatlicher Einfluß hat bei der Entwicklung der verschiedenen Frauenorganisationen eine große Rolle gespielt. Die stark intervenierende und häufig widersprüchliche Haltung des Staates gegenüber Frauenfragen tritt seit der Ermordung Scheich Mujibs immer deutlicher zutage. Das Mujib Regime war vollauf damit beschäftigt gewesen, die Kriegswirren und die schreckliche Hungerkatastrophe von 1974 in den Griff zu bekommen. Es hatte kaum Gelegenheit, sich speziell mit der Situation der Frauen zu beschäftigen. Doch auf einer ideologischen Ebene kam die weltliche Politik der Awami Liga den Ideen der Frauenemanzipation eher entgegen als die theokratische Politik des pakistanischen Staates. Bangladesch wurde nach der Unabhängigkeit zur Volksrepublik — und nicht zu einem islamischen Staat — erklärt, und es wurde eine neue Verfassung verabschiedet, die auf säkularen, demokratischen, sozialistischen und nationalen Grundsätzen basierte.
Als Zia-ur Rahman 1975 an die Macht kam, fiel dieses Ereignis mit der Verkündung der Frauendekade durch die UNO zusammen. Die ihm von den Frauen und der Entwicklungslobby zur Verfügung gestellte Plattform verstand Zia geschickt zu nutzen. Es wurden eine Reihe von Konzessionen an die Frauen gemacht. Der zweite Fünfjahresplan (1980-85) enthielt erstmals Pläne zur Frauenförderung: 10% der Arbeitsplätze im staatlichen Sektor wurden für Frauen reserviert, und die Regierung verpflichtete sich, mindestens zwei Frauen für die Union Councils zu nominieren, die zentralen Einheiten der dörflichen Verwaltung. Die »Organisation zur Rehabilitierung der Frauen Bangladesch«, die 1972 gegründet worden war, um sich der Not von Kriegerwitwen und Vergewaltigungsopfern anzunehmen, wurde im Internationalen Jahr der Frau 1975 zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Aufgabe, sich um alle unterprivilegierten Frauen zu kümmern. 1976 wurde die »Nationale Frauenvereinigung« ins Leben gerufen, die die Aktivitäten der verschiedenen staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen koordinieren sollte, unabhängig davon wurde 1978 ein Frauenministerium gegründet, das die Regierung bei der Entwicklung von Förderprogrammen für Frauen und Kinder unterstützen sollte.
Der Paternalismus und die Klassenvorurteile des Staates schränken die Wirksamkeit der Förderprogramme des Ministeriums erheblich ein. Sie sind primär für die städtische Mittelschicht konzipiert und auf ländliche Strukturen nur sehr begrenzt übertragbar. Die Geburtenkontrolle bleibt nach wie vor das Hauptziel vieler dieser Projekte, das mit den Worten der von der Weltbank geförderten Müttervereinigungen folgendermaßen zusammengefaßt wird: »Wenn eine Frau zum ersten Mal das 'taka' berührt, das sie durch eigene Arbeit verdient hat, fühlt sie sich befreit und ändert ihr Sexualverhalten in ganz entscheidendem Maße.« (zit.n. van der Haan/Krippendorf 1981, 22) Die Frauen lernen kaum etwas über ihre Rolle im Produktionsprozeß und die Faktoren, die diese Rolle bestimmen. Beim Korbflechten z.B. sind die Sozialarbeiter dafür zuständig, daß den Frauen Gras- und Palmblätter als Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt werden und tragen die Verantwortung für die Bezahlung der Frauen und die Vermarktung der Produkte. Den Frauen selber wird eine aktive Beteiligung an den entscheidenden Schritten des Arbeitsprozesses verwehrt.
Die Gründung von Frauenkooperativen folgt einem ähnlichen Muster. Für Frauen erst wirklich relevant wurde das 1975 eingerichtete »Pilotprojekt für Bevölkerungsplanung und Bildung von Landfrauenkooperativen« im Rahmen des »Integrierten Dorfentwicklungsprogramms« (IRDP). Im Unterschied zu anderen Regierungsinitiativen war dieses Projekt in den Dörfern angesiedelt und auf die Rolle der Frauen in der Landwirtschaft ausgerichtet. Frauen wurden ermutigt, ihre eigenen Kooperativen zu gründen, da die Erfahrung gezeigt hatte, daß die Arbeitsweise und die Verteilung des Gewinns in den Kooperativen von den Männern bestimmt wurden. Die neuen Kooperativen sollten durch Fortbildung und Beratungsstellen die Produktivität der Frauen steigern, sie über Maßnahmen der Familienplanung informieren und ihnen Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die sie in die Lage versetzen würden, Führungsrollen zu übernehmen und ihre eigenen Interessen zu vertreten. Um zu einem Mitglied mit Darlehensanspruch zu werden, müssen die Frauen einen Anteil an der Kooperative erwerben. Jede Woche müssen sie außerdem eine Spareinlage abführen, die auf einem gemeinsamen Bankkonto angelegt wird. Im Rahmen eines Kreditplans vergibt die Kooperative dann einzelne Darlehen und stellt den Mitgliedern Mittel zur Gründung von Kleinunternehmen zur Verfügung, z.B. für die Zucht von Vieh und Geflügel oder den Ankauf von rohem Reis, der dann bearbeitet und mit kleiner Profitrate wieder verkauft wird.
Das IRDP-Frauenprojekt hat zwar mit der Tradition gebrochen, indem es die Unterdrückung der Frauen in gemeinsam mit Männern betriebenen Kooperativen offiziell anerkannte, doch es ignoriert die Klassengegensätze unter den Frauen selbst. Es wird vorausgesetzt, daß die Frauen alle gleichartige Probleme haben, die sich aus ihrem Status in einer patriarchalen Gesellschaft ergeben. Die Frauen der wohlhabenden Schichten können die ihnen durch die Kooperative zur Verfügung gestellten Mittel für ihre eigenen Interessen nutzen. Durch das für die Mitgliedschaft notwendige Einstiegskapital und die wöchentliche Spareinlage werden ärmere Frauen benachteiligt und sind deshalb in Führungspositionen kaum vertreten. In einer Studie heißt es: »Die Namen der Sekretärinnen und Führungskräfte der Kooperative führen unausweichlich zu einem wohlhabenden bari (Wohnsitz) mit gut gepflegten Zinndächern, großem Viehbestand, einem weiträumigen Hof und anderen sichtbaren Zeichen des Wohlstands.« Die ärmeren Frauen fragen sich zu Recht: »Warum soll ich lernen Gemüse anzubauen, wenn ich kein Land besitze?« (Ebd.)
Der Zynismus der staatlichen Politik
Die staatliche Landpolitik hatte die Klassengegensätze verschärft und die Zahl der Besitzlosen erhöht; die Initiativen zur Frauenförderung sollten mit dazu beitragen, potentielle Unruhen oder Politisierungen der Landbevölkerung abzuwehren. Außerdem erhöhten derartige Initiativen das öffentliche Ansehen des Militärregimes im In- und Ausland. (Guhathakurta, 81) In Anbetracht der ungeheuren Fördermittel, die für Frauenprojekte zur Verfügung stehen und der Möglichkeiten, die sich aus der politischen Kontrolle über die Verteilung dieser Mittel ergeben, machte diese Taktik sich unmittelbar und praktisch bezahlt.
Zias Regierung war nicht einfach pro-amerikanisch, sie steuerte allmählich auf einen islamischen Staat zurück. Die OPEC-Länder, allen voran Saudi-Arabien, saßen ebenfalls in den Rängen der Geldgeber. 1977 entfernte Zia das Säkularitätsprinzip aus der Verfassung und ersetzte es durch »ein absolutes Vertrauen und den unumstößlichen Glauben in die Allmacht Allahs«; der Artikel enthielt den Zusatz: »Der Staat wird sich auf der Grundlage der islamischen Solidarität um die Wahrung, Erhaltung und Festigung der brüderlichen Beziehungen der moslemischen Staaten untereinander bemühen.« Der Plan, Bangladesch wieder zu einem islamischen Staat zu erklären, löste einen Aufschrei der Empörung in Presse und Öffentlichkeit aus und wurde stillschweigend wieder fallengelassen.
Zweifellos hatten die Saudis andere Vorstellungen von Frauenpolitik als die Frauen- und Entwicklungshilfelobby. Die Saudis waren bestrebt, die traditionellen islamischen Werte zu stärken, die den Rückzug der Frauen aus der Öffentlichkeit und ihr abgeschlossenes Leben im Haus fordern. Zia und sein Nachfolger Ershad verfolgten die Strategie eines unverhohlenen Balanceaktes zwischen den sich gegenseitig widersprechenden, implizit in den verschiedenen Entwicklungshilfeleistungen enthaltenen Geschlechterideologien. Mit der Entwicklungshilfe aus den islamischen Ländern wurde die »Madrassa« (das religiöse Erziehungssystem) auf dem Lande ausgebaut; dadurch wurden Formen der sozialen Kontrolle verstärkt, die vor allem die Frauen belasten. Auch die Islamische Vereinigung, die in verschiedenen Schriften die Familienplanung verurteilte, wird von der Regierung finanziell unterstützt, während sie gleichzeitig von den USA finanzierte Bevölkerungsplanungsprojekte fördert. (Ahmed, 49) Die Frauenpolitik der Regierung ist widersprüchlich. Als Folge von Zias Quotenregelung wurden zum ersten Mal in der Geschichte des Landes eine große Anzahl von Frauen Polizistinnen. Nicht nur ist die Art dieses Berufes von den traditionell akzeptierten Formen der Frauenarbeit radikal unterschieden; die Polizistinnen mußten auch eine Uniform tragen, was einem Bruch mit der traditionellen Kleidung gleichkam: sie trugen Hemd und Hose statt des Saris. Zuerst sollten die Frauen auf der Straße den Verkehr regeln; jetzt arbeiten sie nur noch in Verkehrskontrollstellen. Dies soll auf den Druck der saudischen Regierung zurückgehen, die mit öffentlich auf den Straßen agierenden Polizistinnen nicht einverstanden war. (Guhathakurta, 86) Nur auf privatwirtschaftlichem Sektor haben sie bisher keine Intervention versucht, wenn auch die steigende Anzahl von Frauen, die auf dem Weg zur Arbeit in den neuen Textilfabriken auf den Straßen von Dhaka zu sehen sind, die Empfindsamkeit der Saudis verletzen mag.
Wie zynisch die Motive auch sein mögen — die Frauenpolitik der Regierung hat das Monopol der archaischen ideologischen Vorurteile über Frauen gebrochen. Sie hat dazu beigetragen, Teile des Beamtenapparates für die Bedürfnisse von Frauen zu sensibilisieren und eine teilweise fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den kommunalen Verwaltungen und den Entwicklungshilfeorganisationen zu ermöglichen. Schließlich hat sie ideologisch Raum für die Entstehung von Graswurzelorganisationen geschaffen, die direkt an den Strukturen der Frauenunterdrückung ansetzen.
Die nichtstaatlichen Organisationen
Die Anzahl der nichtstaatlichen Entwicklungshilfeorganisationen ist stetig gestiegen, viele entstanden als Reaktion auf die Katastrophe von 1971. Sie haben sich mittlerweile von reinen Hilfsprogrammen zu Entwicklungsorganisationen entwickelt. Einige haben sich staatliche Projekte zum Vorbild genommen und verwenden ihre Geldmittel für Projekte, die den Menschen ein Einkommen sichern sollen, bieten Kredite und Gesundheitsversorgung an. Das Ziel dieser Maßnahmen ist vor allem die Bevölkerungskontrolle. Es gibt jedoch auch Organisationen, die die Fragen von Klasse und Geschlecht mit in ihre Arbeit einbeziehen. Da sie erkannt haben, daß die konventionelle Entwicklungshilfe nur den Mächtigen zugutekam — den Reichen auf Kosten der Landlosen, den Männern auf Kosten der Frauen —, arbeiten sie ausschließlich mit denjenigen, die das herrschende System machtlos gemacht hat. Das Hauptziel ist die Organisierung der Landlosen. Männer und Frauen werden gewöhnlich in getrennten Gruppen organisiert. Bei den Gruppensitzungen werden feministische Themen wie Männergewalt, Mitgift, Scheidung und Polygamie sowie Klassenfragen wie Löhne, Landrechte und Patronatsrecht angesprochen und in die größeren gesellschaftlichen Zusammenhänge eingeordnet.
Die wichtigste Zielvorstellung der Graswurzelorganisationen bei der Arbeit mit landlosen Frauen ist die Bildung eines Bewußtseins ihrer kollektiven Unterdrückung und ihre Organisierung, damit sie sich wehren können. Die offensichtliche Passivität der Frauen wird als eine Folge ihrer Isolation und des Mangels an wirklichen Alternativen gesehen. Die Frauen aus den Dörfern verwenden Metaphern wie »Frösche in einem Brunnen« und »Ochsen an einem Schleifstein«, um ihr Gefühl eines eingeschränkten Lebens zu beschreiben. Die einzigen Beziehungen, die ihnen offenstehen, sind durch Abhängigkeit und Unterwerfung gekennzeichnet. Während in der Familie und im Patronat ihr Einverständnis keine Rolle spielt und ihre Interessen immer denen anderer untergeordnet werden, können sie selbst entscheiden, ob sie zu den Frauengruppen der Graswurzelorganisationen gehören wollen.
Diese innovativen Strategien sind auf entscheidende Weise anders als frühere Anstrengungen zur Veränderung des Lebens von Frauen. Zunächst einmal konzentrieren sich die Graswurzelorganisationen auf die Landbevölkerung und können daher die Mehrheit der Bevölkerung erreichen, die normalerweise mit den traditionellen Frauenorganisationen nicht in Berührung gekommen ist. Zweitens haben sie erkannt, daß alle Bemühungen um eine Bekämpfung der Frauenunterdrückung bei der Bewußtseinsbildung ansetzen müssen. Die Mobilisierung ländlicher Frauen, die vor kurzem ihr Recht auf angemessene Löhne bei bestimmten Arbeitsprojekten verteidigten, und ihre Militanz bei diesen Gelegenheiten zeigen, daß Teile der Bevölkerung die alten Gewohnheiten von weiblicher Nachgiebigkeit und Unterwürfigkeit aufgegeben haben.
Die politischen Organisationen
Laut der Verfassung Bangladeschs sind 30 Sitze im Parlament Frauen vorbehalten, die von den Abgeordneten ernannt werden. Theoretisch hindert das Frauen nicht daran, sich für die restlichen 300 Sitze zur Wahl zu stellen. Praktisch bedeutet es jedoch, daß diese fast ausschließlich von Männern besetzt werden, während die Regierungspartei sicher mit der politischen Unterstützung von zusätzlichen 30 Abgeordneten rechnen kann. Als Folge davon haben die weiblichen Abgeordneten keine Basis in der Bevölkerung, und sie haben nicht den gleichen Status wie die gewählten Parlamentsmitglieder. Najma Chowdhury hat gezeigt, daß Frauen zögern, sich zur Wahl zu stellen, weil sie kein unabhängiges Einkommen haben und weil ihnen die Möglichkeit verwehrt wird, sich in der Parteiführung zu profilieren. (Chowdhury 1985, 3) Sogar wenn diese Beschränkungen überwunden werden könnten, würden die Konventionen der Purdah, die die politische Sphäre als männliches Gebiet definieren, und die verschiedenen Kontrollmechanismen, die für den Ausschluß der Frauen sorgen, immer noch gewaltige Hindernisse aufwerfen. Dazu gehört auch die Drohung mit einer möglichen Vergewaltigung. Während politische Opfer in Form einer Gefängnisstrafe für männliche Aktivisten eine sogar wünschenswerte Voraussetzung des Erfolges sind, müssen Frauen, die politisch aktiv werden, Entführungen oder Vergewaltigungen durch die Polizei oder die Opposition befürchten. Scham und Demütigung sind ein wirksames Abschreckungsmittel für viele Frauen, die erwägen, in die Politik zu gehen.
Frauen, die in irgendeiner Weise öffentlich in Erscheinung treten, müssen mit ständigen Belästigungen und Schikanen rechnen. Razia Faiz, die seit 1961 Mitglied der Moslempartei ist und 1979 ins Parlament gewählt wurde, hat ihre Erlebnisse während des Wahlkampfes geschildert: »Den Menschen im Wahlkreis widerstrebte die Vorstellung einer Frau als Kandidatin; ihrer Meinung nach ließ sich das mit dem Islam nicht vereinbaren. Sie nahmen den Wahlhelfern das Mikrophon weg, bewarfen sie mit Steinen und beschimpften sie ...« (1985, 15)
Die Awami-Partei erwähnt in ihrer Satzung die Rechte der Frauen überhaupt nicht; in der Satzung der Nationalpartei hingegen finden sie Erwähnung (mit Rücksicht auf Zias vielpublizierte Identifikation mit der Sache der Frauen). Die Frauenorganisationen dieser Parteien befassen sich hauptsächlich mit der Stimmenwerbung. Die »Gleichberechtigung« der Frauen bedeutet für sie Respekt und Wertschätzung für die Rolle der Ehefrau und Mutter. Im allgemeinen versuchen die Frauen dieser Parteien, einflußreiche Politiker durch informellen Druck zu einer Reform des Ehe- und Familienrechts und des Persönlichkeitsrechts zu bewegen. Sie befassen sich kaum mit Frauen außerhalb der häuslichen Sphäre und sehen Berufstätigkeit immer noch als Notlösung für mittellose Frauen an.
Die Linke
Auch die Linksparteien haben Frauenorganisationen, die aber ihre Aufgabe hauptsächlich in der gewerkschaftlichen Organisierung von Arbeiterinnen sehen. Die meisten dieser Parteien haben ihre eigenen Gewerkschaften, um sich mehr Rückhalt in der Arbeiterklasse zu sichern. Folglich sind die Gewerkschaften meistens ebensosehr an einer Erweiterung des politischen Einflusses ihrer jeweiligen Partei in der Arbeiterschaft wie an einer Verteidigung der Rechte der Arbeiter interessiert. Weibliche Aktivisten sind dabei unentbehrlich, da die gesellschaftliche Segregation der Geschlechter Kontakte zwischen männlichen Aktivisten und Arbeiterinnen unmöglich macht, aber die Männer haben auf jeder Ebene der Partei und der Gewerkschaft das Sagen.
Die größte und aktivste der linken Frauenorganisationen ist die 1969 gegründete Mahila Parishad. Sie ist mit der Kommunistischen Partei Bangladeschs verbunden, aber Mitglieder sind hauptsächlich progressive Frauen, die nicht der Partei angehören. Seit der Unabhängigkeit Bangladeschs hat Manila Parishad sich für ein größeres Spektrum von Frauenfragen eingesetzt als die meisten anderen linken Parteien. Die gegenwärtige Vorsitzende Maleka Begum berichtete mir, daß wegen der Segregation der Geschlechter die große Mehrheit der Frauen durch die übliche Parteiarbeit nicht zu erreichen sei. Mahila Parishad hat sich für die Einführung der 10 %-Quotenregelung eingesetzt, hat für die Rechte berufstätiger Frauen sowohl in Mittelschichtsberufen als auch in der Textilindustrie und der pharmazeutischen Industrie gekämpft, eine Kampagne gegen die Mitgift durchgeführt, ein Komitee zur Erforschung der Gewalt gegen Frauen gebildet und ein Frauenhaus gegründet. Mahila Parishad ist die einzige große Frauenorganisation des Landes. Sie hat mittlerweile mehr als 30000 Mitglieder und kann viele Frauen mobilisieren. Die theoretischen Gesellschaftsanalysen jedoch sind an den orthodoxen Marxismus der CPB und anderer linker Parteien gebunden und werden dadurch eingeschränkt. Die Ursachen für die Unterdrückung der Frauen liegen für Mahila Parishad im Privatbesitz und in den Klassenverhältnissen, die durch die Überwindung des gegenwärtigen kapitalistischen Systems zu lösen sei (vgl. Begum 1985, 17).
Diese Analyse des Wechselspiels zwischen der kapitalistischen Produktionsweise und der Unterdrückung der Frauen weist entscheidende Lücken auf. Die Rolle der Männer, die ja die Unterordnung der Frauen herbeiführen und von ihr profitieren, sowie die ideologischen Strukturen, die dazu beitragen, die Frauen an ihrem angestammten Platz zu halten, sind nie problematisiert worden, mit Ausnahme nicht personifizierter Strukturen wie dem kolonionalen Erbe, der Religion und dem Aberglauben. Das bengalische Weiblichkeitsideal wird gelegentlich aus kulturellen Gründen verteidigt: »In vielen westlichen Ländern hat die Frauenbewegung eine ultra-radikale Position eingenommen. Frauengruppen lehnen die Anwesenheit von Männern ab, ahmen aber gleichzeitig zur Erkämpfung ihrer Rechte die Männer nach; sie opfern die natürliche Sanftmut und die Schönheit der Frau auf dem Altar der Frauenbewegung und bemühen sich, ebenso grausam, muskulös, behaart (sie) und hart zu werden wie die Männer.« (Potobhumika, zit.n. Ahmed, 53) Wenn Mahila Parishad die Männer in die Analyse der Frauenunterdrückung einbeziehen würde, könnte sie eher die Legitimität der männlichen Autorität in Frage stellen und die Vorstellung von weiblicher Autonomie einführen. Diese Zurückweisung von Geschlechterpolitik wird in der kürzlich durchgeführten Kampagne zu einem der wichtigsten Frauenthemen der 80er Jahre — Männergewalt — offensichtlich.
Die Presse spielte hier, wenn auch unbeabsichtigt, eine wichtige Rolle.
Ein 1985 erlassenes Verbot der Militärregierung unter Ershad, über politische Ereignisse zu berichten, beraubte die Journalisten ihrer üblichen Themen. Ihre Entscheidung, sich auf Verbrechen zu konzentrieren, führte zu einer plötzlichen und überraschenden Zunahme von Berichten über Gewalt gegen Frauen — Vergewaltigungen, Entführungen, Mitgiftmorde, Säureanschläge und Verstümmelungen. Dies provozierte öffentliche Entrüstung, und eine Anzahl von politischen Frauengruppen sowie von mit Rechtsfragen, Forschung und Entwicklung befaßten Frauenorganisationen griffen das Thema auf. Überall im Lande wurden Massenversammlungen abgehalten, und verschiedenste Organisationen, die nie zuvor zusammengearbeitet hatten, nahmen daran teil. Mahila Parishads Taktik war es, einflußreiche Männer aus dem öffentlichen Leben oder aus der Partei zu Wort kommen zu lassen. So wurden Männer als Geschlecht in keiner Weise für die offensichtliche Ohnmacht von Frauen im Angesicht männlicher Gewalt verantwortlich gemacht. Tatsächlich wurden sie in ihrer traditionellen Rolle als Hüter und Beschützer von Frauen eingeladen — »Es könnte auch meiner Mutter/Frau/Schwester passieren« —, um damit den Protest der Frauen zu legitimieren. Schließlich konzentrierte Mahila Parishad sich wie die meisten linken Parteien darauf, die Unfähigkeit der Regierung, Gesetz und Ordnung aufrechtzuerhalten, anzugreifen. Ershad erklärte daraufhin Säureanschläge zu einem Kapitalverbrechen und wies auf den Zusammenbruch von Recht und Ordnung unter vorigen Regierungen hin.
Daraufhin gründete sich ein alternatives Frauenforum aus Frauen verschiedener Organisationen, die mit der Kampagne unzufrieden waren — sie schreibe nur die hilf- und machtlose Rolle, die Frauen traditionell zugeschrieben wird, fest. Sie verließen geschlossen eine Versammlung, auf der von zwölf Podiumsteilnehmern nur drei Frauen waren. Sie verlangten, daß Frauen den Kampf gegen Männergewalt anführen sollten, anstatt sich wiederum auf männlichen Schutz zu verlassen. Außerdem war Mahila Parishad ihrer Meinung nach dem Thema Gewalt in der Familie ausgewichen. Eine Analyse der Zeitungsberichte hatte ergeben, daß die Mehrheit der Gewalttaten gegen Frauen von männlichen Verwandten begangen worden waren, also denjenigen, denen der Schutz der Frauen anvertraut worden war, und nicht von dem fremden »männlichen Tier« auf der Straße. Wenn die linke Opposition sich dem Problem der Gewalt in der Familie gestellt hätte, wäre jedoch der Angriff auf die Regierung weniger überzeugend gewesen. Auch wären beunruhigende Fragen über persönliche Beziehungen aufgeworfen worden, und Heim und Familie wären in den Kampf, der jetzt auf die sichere Ebene der Politik beschränkt war, verwickelt worden.
Ausblick
Ein Blick auf die zwei Jahrzehnte der Unabhängigkeit zeigt, wie leer die Versprechen von einem auf den Prinzipien des Säkularismus, der Demokratie, des Nationalismus und des Sozialismus aufgebauten Staat waren. Die Frauen haben das Scheitern dieser Ziele in einer besonderen Art und Weise erlebt. Die patriarchale Familienstruktur gerät zunehmend ins Wanken, und es ist offensichtlich, daß die Versorgung einer großen Anzahl von Frauen nicht mehr in der Form materieller und sozialer Abhängigkeit gewährleistet werden kann. Die hoffnungsvolle Kehrseite dieser Tatsache ist, daß die Frauen selbst weniger daran interessiert sind, die gegenwärtigen Geschlechterverhältnisse aufrechtzuerhalten. In Zeiten des Umbruchs werden oft gesellschaftsverändernde Bewegungen geboren, und vielleicht sind wir jetzt Zeugen eines solchen Prozesses. Die Erfahrungen der Frauen in Pakistan und im Iran demonstrieren, wie leicht bereits gewonnene Rechte zurückgenommen werden können, wenn die Frauen nicht in Massen aufstehen. Die optimistische Botschaft aus Bangladesch ist, daß dank des aktiven Drucks der Frauenorganisationen der Kampf für demokratische Rechte, der momentan sehr schnell in eine direkte Konfrontation mit dem Militärregime eskaliert, immer daran erinnert wird, daß die politischen und ökonomischen Rechte der Frauen einer seiner zentralen Programmpunkte sein muß.
Aus dem Englischen von Maren Klostermann