Wenn ich Ihnen von meinen beruflichen Erfahrungen als Schriftstellerin berichten soll, muß ich Ihnen von einer äußerst merkwürdigen Erfahrung berichten, die ich als Schriftstellerin machen mußte. Und um sie zu verstehen, müssen Sie zunächst einmal versuchen, sich in die seelische Verfassung eines Schriftstellers hineinzuversetzen. Ich hoffe, ich verrate kein Berufsgeheimnis, wenn ich sage, daß es einen Schriftsteller in erster Linie danach verlangt, so unbewußt wie möglich zu sein /.../ sodaß nichts die geheimnisvollen Herumschnüffeleien, Tastereien, Flüge, Sprünge und plötzlichen Entdeckungen jenes sehr scheuen und flüchtigen Gespenstes, der Einbildungskraft, stört oder beunruhigt. Ich vermute, diese Verfassung ist Männern und Frauen gemein. Wie dem auch sei, ich möchte gern, daß Sie sich vorstellen, wie ich einen Roman im Trancezustand schreibe. Stellen Sie sich ein junges Mädchen vor. Sie sitzt mit der Feder in der Hand, die sie minuten-, ja stundenlang nicht in das Tintenfaß eintaucht. Das Bild, das mir in den Sinn kommt, wenn ich an dieses Mädchen denke, ist das Bild eines Fischers, der am Rande eines tiefen Sees in Träume versunken liegt und seine Rute über das Wasser hält. Sie ließ ihre Phantasie ungehindert um jeden Stein und jede Spalte der Welt schweifen, die in den Tiefen unseres unbewußten Wesens verborgen liegen. Nun kam die Erfahrung, jene Erfahrung, von der ich glaube, daß sie Schriftstellerinnen weit häufiger widerfährt als Schriftstellern. Die Zeile raste durch die Finger des Mädchens. Ihre Phantasie war mit ihr davongelaufen. Sie hatte die Becken, die Tiefen, die dunklen Stellen aufgesucht, in denen die größten Fische schlummern. Und dann gab es ein Krachen. Es gab eine Explosion. Es gab Schaum und Verwirrung. Die Phantasie war gegen etwas Hartes geprallt. Das Mädchen wurde aus ihrem Traum geweckt. Sie befand sich in der Tat in einem Zustand akuter, schwerster Not. Ohne Bilder ausgedrückt, hatte sie an etwas gedacht, etwas den Körper Betreffendes, etwas über die Leidenschaften, das zu sagen für sie als Frau unschicklich war. Männer, so sagte ihr der Verstand, wären schockiert. Das Bewußtsein dessen, was Männer von einer Frau sagen, die die Wahrheit über ihre Leidenschaften sagt, hatte sie aus ihrer künstlerischen seelischen Verfassung der Bewußtlosigkeit aufgerüttelt. Ihre Phantasie konnte nicht mehr arbeiten.