Anfang 1990, während ich als Babysitter auf meine dreijährige Nichte aufpaßte, begann ich völlig geistesabwesend meine Fingernägel zu feilen. Da dieses eigenartige Zeremoniell die Neugier der Kleinen weckte, fragte sie mich, was ich tue. Ich sagte ihr, daß ich meine Fingernägel feile, damit sie eine schöne Form bekämen. In der typischen Manier eines dreijährigen Kindes griff sie eifrig diesen Gedanken auf und fragte, warum ich denn schön geformte Nägel haben wolle. In der Annahme, ein für allemal ihre Neugier zu befriedigen, erwiderte ich: »Damit ich hübsch aussehe.« Darauf folgte die für mich unbeantwortbare Frage: »Warum willst du hübsch aussehen?« Vier Monate später bot ich derselben Nichte nach dem Schwimmen ein T-Shirt an, das sie sich gegen die Kälte über den Strandanzug ziehen sollte. Sie lehnte dieses Angebot jedoch ab mit der Begründung: »Damit sehe ich aber nicht hübsch aus.« Innerhalb von vier Monaten hat das Bild vom Hübschen Kleinen Mädchen begonnen, ihr sich entwickelndes Selbstbewußtsein zu prägen. Fast ein Jahr später erhielt ich einen Anruf von einem Freund, der mit mir über seine letzte Trennung sprechen wollte. Die Beziehung hatte sich anfangs recht vielversprechend entwickelt, und er machte sich schon mit dem Gedanken vertraut, jemanden gefunden zu haben, mit dem er sein Leben teilen würde, als die Frau, scheinbar ohne jeden Anlaß, die Beziehung beendete. Sie sagte meinem Freund, daß er nicht die geringste Ahnung hätte, wer sie in Wirklichkeit sei. Sie beschuldigte ihn, in ihr eine Kombination aus Sex-Göttin und Übermutter zu sehen; sie dagegen wolle als reale Person wahrgenommen werden, nicht als ein Bild, ein Image, das am Himmel der Ideale schwebe. Zuerst war mein Freund ziemlich verwirrt, dann zog er in Betracht, daß sein Denken wahrscheinlich von ganz bestimmten Weiblichkeitsidealen beherrscht wurde. In seiner Suche nach dem, was Sam Keen als »Frau« bezeichnet, war es meinem Freund unmöglich, sich mit realen Frauen auseinanderzusetzen. [1] Vor etwa fünfzig Jahren hat uns Simone de Beauvoir bereits gewarnt, daß die positiven Bilder, die unserem Leben auf dem Sockel heiliger Werte einen sicheren Halt bieten, weitaus schwerer zu ignorieren sind als negative Bilder, die uns an uns selbst zweifeln lassen; [2] denn wenn wir uns mit den Idealen. identifizieren, die von unseren Familien hoch geschätzt, von unserer Kultur verherrlicht und von unseren Mythologien verewigt werden, sind uns Liebe und Anerkennung gewiß. Während meiner klinischen Berufspraxis als Psychotherapeutin kam ich mit Frauen ins Gespräch, die bemüht waren, von diesem hohen Sockel herabzusteigen, und mir erzählten, daß sie sich zwar verehrt fühlten hinter den Masken des Ewigen Mädchens oder der Treuen Ehefrau, trotzdem aber den Eindruck hatten, völlig unsichtbar zu sein. Ihre Individualität wurde durch idealisierte Vorbilder, die ihnen ihre Wünsche und ihr Verhalten diktierten, ins Schattendasein gedrängt. Von dem Zeitpunkt an, wo ein Mädchen zum erstenmal auf dem Schoß seiner Eltern einem Märchen lauscht, wird es mit Bildern konfrontiert, die Mädchen das Mädchensein und Frauen das Frausein vorschreiben, Images, die gleichermaßen Heimsuchung und Faszination bedeuten. Diese Ideale prägen unsere Beziehungen und die Erziehung unserer Kinder. Eine Frau muß in jedem Stadium ihres Lebens - in ihrer Jugend, im mittleren oder fortgeschrittenen Alter - ihr Verhältnis zu den auf den Sockel heiliger Werte gehobenen Images definieren. Die einzelnen Bilder mögen sich ändern: die pflichtbewußte Tochter wird durch die Selbstlose Mutter ersetzt, die wiederum von der Netten Alten Dame abgelöst wird. Immer wird es jedoch statische und voraussagbare Bilder geben, die uns dazu verleiten, die Suche nach einem persönlichen und authentischen Leben aufzugeben. Ich war beinahe mit dem Entwurf dieses Buches fertig, als der Partei-Konvent der Republikaner 1992 zur Schlacht um die alten Ideale blies. Um das Image der Familie aufzupolieren, spielten die Republikaner die Glückliche Hausfrau und die Großmutter gegen die diabolische Karrierefrau aus, der Version des 20. Jahrhunderts von der dämonischen Mutter aus Mythologie und Märchenwelt, die die Erde zerstört und ihre Kinder auf dem Altar der skrupellosen Selbstverwirklichung opfert. In einer Mischung aus Interesse, Abscheu und Hoffnungslosigkeit mußte ich beobachten, wie Hillary Clinton »ihr Image dämpfte«, indem sie ihren persönlichen Erfolg, ihre Dynamik und ihren Sachverstand herunterspielte. Zur gleichen Zeit schienen Barbara Bush und Marilyn Quayle zu vergessen, daß sie nicht nur hingebungsvolle Ehefrauen, sondern auch persönlich ambitionierte und mächtige Frauen waren. Die Frauen repräsentierten nicht sich selbst, ihre eigene Realität schrumpfte zur völligen Bedeutungslosigkeit; sie waren die Verkörperung inthronisierter Ideale und flößten sowohl Furcht als auch Bewunderung ein. Ein Sprecher der Republikaner verkündete, daß die Wahlen eine Schlacht um die Seele Amerikas wären; dennoch konnte ich keinen vergleichbaren Wettbewerb zwischen zwei entgegengesetzten Männlichkeitsbildern wahrnehmen. Auf dem Schlachtfeld standen sich ausschließlich Frauen-Images gegenüber. Die Rhetorik über die Seele Amerikas war irreführend; hier stand »nur« die Seele der amerikanischen Frau zur Disposition. Kurz vor dem 21. Jahrhundert debattierten wir darüber, welche Kriterien annehmbare Frauen-Images konstituieren würden. Während sich einige für die Renaissance der Wahren Frau des 19. Jahrhunderts einsetzten, die die Bindung an traditionelle Familienwerte verkörperte, verfochten andere die Version von der Neuen Frau des 21. Jahrhunderts, die die Wahre Frau mit dem Versprechen des Amtes enthob, daß fortan Frauen alles haben könnten: Karriere, Unabhängigkeit, etwas Romantik und sogar Mutterschaft. Bei diesen Idealen handelt es sich um hundert Jahre alte Wertvorstellungen, die auf eine neue Generation zurechtgestutzt worden sind. Trotz des starken Einflusses dieser beiden Positionen war mir klar, daß die Antwort auf die Frage, wie eine Frau ihr Leben zu gestalten habe, nicht in den Idealbildern zu suchen sei - weder in diesen bewährten Vorbildern des Wahren und Guten noch in den New-Age-Idealen einer Neuen Göttin noch in irgendeinem Vorbild. Um ein Leben zu führen, das wahrhaft ihr eigenes ist, muß sich eine Frau dem Wagnis aussetzen, jenseits der Image-Diktatur zu leben. Wenn Vorbilder vorübergehend als Wegweiser verwendet werden, kann dies für die Selbstverwirklichung durchaus hilfreich sein. Offensichtlich sind Inhalte, die den Lebensgeschichten anderer entlehnt sind, kein Ersatz für authentisches Leben; dennoch klammern sich Frauen weiterhin an Ideale, deren Vorbildlichkeit sie in der Vergangenheit nur in eine Sackgasse führte. Eine Frau, die auf dem besten Wege war, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Image Selbstlose Mutter zu lösen, umschrieb es folgendermaßen: »Ich fühle mich wie eine befreite Gefangene, die immer noch ihre Fesseln spürt. Ein Teil meines Problems mag darin bestehen, daß ich mit dieser Freiheit nichts anzufangen weiß.« Nicht zu wissen, wie mit der Freiheit umzugehen sei, trägt maßgeblich dazu bei, daß Frauen der Sicherheit ihres Sockel-Daseins verhaftet bleiben. Anfangs mag frau versucht sein, die Alternative zu idealisierten Vorbildern im Aktionismus zu suchen. » Steh nicht herum, tu etwas!« In der Tat werden in älteren Karikaturen Feministinnen als Frauen dargestellt, die dem Himmel hehrer Werte entfliehen, Ketten zerreißen und Ideale zertrümmern. Ironischerweise haben gerade diese impulsiven und destruktiven Aktionen immer zur Verängstigung von Frauen beigetragen. So fragte mich eine Frau in scherzhaftem Unterton: »Wenn ich aufhöre, die Treue Ehefrau zu spielen, muß ich mich dann scheiden lassen?« Diese Aufforderung zum »Tu irgend etwas« ist eine altbewährte männliche Lösung des Dilemmas, ein authentisches Leben zu führen. Ob geschäftlich, beim Sport oder in Beziehungen, immer suchen Männer Zuflucht im Aktionismus, wenn sie mit einem Problem konfrontiert oder in eine Sackgasse geraten sind. Manchmal ist dieser Aktionismus kreativ und wohl durchdacht; manchmal ist er irreführend und kurzsichtig, aber auf jeden Fall wird etwas getan. Deshalb haben die Protagonisten der Männerbewegung berechtigterweise kritisiert, daß blinde Aktivität eine ebenso leere Hülse ist wie die Orientierung an statischen Idealen. Wenn die Alternative zu idealisierten Vorbildern nicht im Aktionismus zu suchen ist, worin könnte sie dann bestehen?
Viele Jahre war ich darum bemüht, mir Klarheit über die gemeinsamen Erfahrungen zu verschaffen, die mich mit Frauen verbanden, deren Leben sich grundlegend von meinem unterschied. Allmählich wurde mir bewußt, daß die Frauen in meiner Familie, gute Freunde und Frauen, die ich während meiner klinischen Tätigkeit behandelte, mit mir gewisse »Lebensthemen« teilten. Diese gemeinsamen Themen verbanden unsere ansonsten konträren Lebensweisen. Meine Schwester Janet, Sozialarbeiterin und Mutter zweier Kinder, verbringt den größten Teil ihrer Zeit mit der Betreuung von Menschen. Falls sie nicht gerade ihre Tochter badet oder ihrem Sohn eine Geschichte vorliest, bemüht sie sich, für einen weggelaufenen Jugendlichen eine Wohnmöglichkeit zu finden. Meine Tätigkeit hat mit all dem nicht das geringste zu tun; dennoch verbindet uns beide das Thema Erziehung. Meine Schwester Karen, Malerin und Direktorin einer Galerie, beschäftigt sich hingebungsvoll mit Malerei. Jeden Tag verläßt sie völlig erschöpft und farbverschmiert ihr Studio. Die Arbeit mit dem Farbpinsel hat mich nie gereizt; dennoch verbindet das Thema Kreativität ihr Leben mit dem meinen. Meine Patientin Shana war Prostituierte und kokainsüchtig. Nun bemüht sie sich, ihr Leben zu ändern, indem sie ihren Schulabschluß nachholt und lernt, ihre drei Kinder zu erziehen. Ihr Leben unterschied sich grundlegend von meinem; dennoch spukt das Thema Veränderung ebenso durch ihr Leben wie durch meins. In jedem Stadium ihres Lebens wird die Erfahrung einer Frau von gewissen Lebensthemen geordnet und zusammengehalten. Diese Themen sind keine Images; sie verweisen nicht auf eine begrenzte Anzahl von Geschichten; auch handelt es sich nicht nur um Aktivitäten, besondere Verhaltensweisen, die den Frauen Geschäftigkeit abverlangen: Themen gestalten die grundlegenden Strukturen unseres Lebens. Sie sind die ununterbrochenen Fäden, die die verschiedenen Aktivitäten eines einzelnen Lebens zu einem zusammenhängenden Ganzen verweben; sie sind ebenfalls die Verkettelungen, die uns mit Frauen verbinden, deren Leben sich auf den ersten Blick stark von dem unseren unterscheidet. Als ich vor beinahe fünfundzwanzig Jahren mit den höheren Fachsemestern in klinischer Psychologie begann, fühlte ich mich, soweit ich mich erinnern kann, durch die hohen Anforderungen entmutigt. Wie könnte ich jemals genug lernen, um die Komplexität des menschlichen Lebens zu verstehen? Einer meiner Professoren, dem mein Zustand nicht verborgen blieb, gab mir den Rat, mich nur auf die großen Themen des Lebens zu konzentrieren. Davon gebe es nicht allzu viele, und alle wären gleichermaßen davon betroffen, unabhängig davon, was wir in unserem Leben täten. In jedem Stadium ihres Lebens wird die Erfahrung einer Frau von gewissen altersbedingten Themen geordnet. Und während äußere Umstände, Talente und individuelle Vorlieben die endgültige Form des Lebens beeinflussen, stehen die großen Themen des Frauenlebens erstaunlicherweise im Einklang selbst mit denjenigen, die eine völlig andere Richtung eingeschlagen haben.
Ob auf der Universität, bei der Arbeit, auf Reisen, zu Hause, ob verliebt oder allein, junge Frauen werden vornehmlich mit Themen wie Erforschung, Antizipation und Vorbereitung konfrontiert. Sie erproben verschiedene Beziehungen, verschiedene Interessen und sogar verschiedene Identitäten. Dennoch hängen all diese oft unbegrenzten und scheinbar unkonzentrierten Aktivitäten mit dem Thema Experimentieren zusammen. Haben Frauen die Lebensmitte erreicht, verlieren sie nicht unbedingt das Interesse am Forschen, dennoch treten Themen wie Untersuchen und Experimentieren in den Hintergrund. Die Aktivitäten einer Frau in der Lebensmitte zentrieren sich vielmehr um Themen wie Kreativität, Erziehung, Wandel und Erhaltung. Diesen Themen der Lebensmitte können so mannigfaltige Aktivitäten zugrunde liegen wie die Erziehung der Kinder, das Züchten von Rosen oder das Schreiben von Gedichten. In ihrem letzten Lebensabschnitt lenken Frauen ihre Aufmerksamkeit auf Themen der Integration, der Entschlossenheit und der Erneuerung von Prioritäten. Es ist, um mit Rachel Siegel zu sprechen, »eine Zeit, um ins Herz der Dinge vorzudringen.« [3] Ob verwitwet, als Ehefrau, bei der Arbeit oder im Rentenalter, Frauen konzentrieren sich auf das Wesentliche und Wichtige und lassen sich vom Geschehen am Rande und Zweitklassigem nicht beirren. Das Sieben und Setzen von Prioritäten kann sowohl Beziehungen, persönliche Interessen als auch ganz konkrete Angelegenheiten betreffen, wie die Entrümpelung eines mit Erinnerungsstücken voll gestopften Dachbodens. Durch das Artikulieren von Themen, die das jeweilige Lebensstadium einer Frau dominieren, verleihen wir nicht nur ihrem individuellen Leben eine gewisse Kohärenz scheinbar unzusammenhängende Ereignisse im Leben der einzelnen lassen sich nun subsumieren, vielmehr werden uns auch die Verbindungen von Frauen untereinander bewußt, die ein grundsätzlich anderes Leben führen. Frauen, die unterschiedliche Lebensentscheidungen getroffen haben, sind nun nicht mehr unabdingbar voneinander zu unterscheiden. Eine Frau, die Kinder erzieht, und eine Frau, die einen Garten pflegt, sind gleichermaßen Erzieherinnen. In den gleichen Lebensstadien setzen sich Frauen auf ähnliche Art und Weise mit ihrem In-der-Welt-Sein auseinander, indem sie die gleichen grundlegenden, dem Alter angemessenen Themen reflektieren. Dieses Buch handelt sowohl von Images, durch die Frauen in Sackgassen geraten sind, als auch von »Lebensthemen«, die befreiende und sinngebende Auswirkungen auf ihr Leben haben können. Der erste Teil dieses Buches setzt sich mit verschiedenen Vorstellungen von Weiblichkeit auseinander, konkret, mit deren Bedeutung in jedem Lebensstadium einer Frau, mit deren Herkunft und wie sie in die Sackgasse führen. Der zweite Teil des Buches handelt von den »Lebensthemen« und wie diese ein sinnvolles Interpretationsraster ergeben.
Ein ähnliches Konstrukt könnte zum Verständnis der Lebensgeschichten von Männern angewandt werden, die sich, ebenso wie die Frauen, mit den Vorbildern, von denen sie sich leiten lassen, und den Lebensthemen, durch die sie sich befreien könnten, auseinandersetzen müssen. Bei diesen Konzepten von idealisierten Images und Lebensthemen handelt es sich keineswegs um ein genuin weibliches Problem. Trotzdem handelt dieses Buch ganz bewußt von Frauen, weshalb auch die von mir zur Diskussion gestellten spezifischen Images und Themen ausschließlich Frauen betreffen. Um die Lebensthemen, die die unterschiedlichen Erfahrungen von jungen Frauen, Frauen in der Lebensmitte und älteren Frauen strukturieren, zu verstehen, habe ich siebzig Frauen interviewt. Diese Frauen, die zwischen neunzehn und fünfundsiebzig Jahre alt sind, wurden von mir persönlich ausgewählt. Sie wohnen in vier großen Städten an der Ostküste der USA und unterzogen sich freiwillig einem zweistündigen klinischen Interview. Ich wollte Frauen interviewen, die daran interessiert waren, mehr über ihr eigenes Leben zu erfahren. Nachdem ich bekanntgab, daß ich an Gesprächen mit Frauen über deren Leben als Erwachsene interessiert war, meldeten sich weitaus mehr Interviewpartnerinnen, als ich benötigte. In der Endphase des Projekts wurde ich von Frauen angerufen, die von Freunden über meine Arbeit informiert wurden und um die Möglichkeit baten, mit jemandem zwei Stunden ununterbrochen über ihr Leben sprechen zu dürfen. Die Art der Befragung entsprach den Kriterien eines modifizierten klinischen Interviews. Ich bat die Frauen, mir zu berichten, an welchem Punkt ihres Lebens sie sich ihrer Ansicht nach momentan befänden. Nach dieser sehr allgemein gehaltenen Ausgangsfrage fuhr ich fort mit Fragen, die mir adäquate Auskünfte darüber vermittelten, welche Bedingungen zu dieser besonderen Entwicklung beigetragen haben. Anschließend spekulierten wir gemeinsam über eventuelle Zukunftsaussichten. Diese offenen Fragen orientierten sich an einem vorgegebenen Modell, das Frauen aufforderte, ihr Erwachsenenleben zu beschreiben, mit dem Abfassen einer Autobiographie zu beginnen und eine Eigenbeschreibung zu verfassen. [4], [5] Da mich interessierte, die Geschichte hinter der Geschichte herauszufinden, d. h. wie eine Frau ihre eigene Lebenserfahrung auf den Begriff brachte und welche Ansicht sie über sich selbst vertrat, ertappte ich mich oft dabei, die Frauen zu drängen, in den tieferen Schichten ihres Lebens zu graben, um meine Fragen beantworten zu können. Viele Frauen berichteten, daß ihnen das Interview die Möglichkeit eröffnet hätte, ehrlich mit sich selbst ins Gericht zu gehen. Später erfuhr ich von vielen Frauen, daß sie den inneren Dialog während des Interviews später fortgesetzt hätten und dadurch ein besseres Verständnis für ihr Leben gewonnen hätten. Die meisten Frauen beurteilten diese Erfahrung als sehr hilfreich und waren bemüht, mir Freunde, Verwandte und Kollegen für die Interviews weiterzuempfehlen. Weil ich verstehen wollte, auf welche Art und Weise Frauen ihrem Leben einen Sinn geben und welche Themen ihre Erfahrungen bestimmten, erschien es mir notwendig, in die tieferen Schichten einer durchschnittlichen Person des allgemeinen öffentlichen Lebens vorzudringen, die normalerweise sowohl von Männern als auch von Frauen gegenüber der Außenwelt bei einer Selbstbeschreibung kaschiert werden. Obwohl ich unbedingt wissen wollte, welche Rollen Frauen spielen, welche Kategorien sie benutzen, um sich in der Öffentlichkeit darzustellen, und mit welchen Images sie sich identifizieren, interessierte mich der innere Dialog dieser Frauen ebenso stark. Es wurde schon öfter angeregt, die Kategorien einer feministischen Psychologie aus den Erzählungen von Frauen zu destillieren. [6] Ich kann diesem Gedanken nur beipflichten und möchte hinzufügen, daß der Bereitschaft der Frauen, ihre Geschichten zu erzählen, mit der gleichen Zuhörbereitschaft begegnet werden muß, um die Geschichte hinter der Geschichte wahrzunehmen; denn die wahren Bedeutungen und Lebensthemen offenbaren sich erst in der Tiefe des inneren Dialogs, den die Frauen mit sich selbst führen.
Die in diesem Buch entwickelten Ideen sind nicht ausschließlich auf die Interviews mit den siebzig Frauen zurückzuführen. Gleich viele Anregungen kamen durch Frauen, die sich in den letzten zwanzig Jahren hilfesuchend in der Psychotherapie an mich gewandt hatten, und von den vielen Frauen, denen ich im Laufe ihrer beruflichen Entwicklung im klinischen Bereich und als Psychotherapeutinnen durch Lehre und Rat zur Seite gestanden habe. Alle Geschichten in diesem Buch beruhen auf Tatsachen und berichten über das Leben und die Erfahrung heute lebender, realer Frauen. Natürlich wurden die Namen und Daten geändert.
Danksagungen
Dieses Buch hätte nicht ohne all die Frauen geschrieben werden können, die sich bereit erklärten, an den Interviews teilzunehmen, und großzügig ihre Zeit und sich selbst zur Verfügung stellten. Viele hatten schon vor Beginn der Interviews geraume Zeit über ihr Leben nachgedacht. Einige verschoben sogar ihre Termine, um am Ende eines arbeitsreichen Tages noch an den Interviews teilnehmen zu können. Andere traten mit mir nach dem Interview nochmals in Verbindung, um ihren Geschichten weitere Gedanken hinzuzufügen. Obwohl es mir nicht möglich war, die Geschichte einer jeden Frau zu erzählen, mit der ich gesprochen habe, so half mir doch die Summe der Erfahrungen aller Frauen, die in diesem Buch enthaltenen Gedanken zu formulieren. Obwohl sie nicht ausdrücklich für dieses Buch interviewt wurden, möchte ich meinen vielen Patientinnen danken, die mir offen und ehrlich über ihr Leben berichteten. Im Laufe der Jahre wurde ich von den Texten vieler schöpferischer Frauen beeinflußt und angeregt. Insbesondere halfen mir die Arbeiten von Jean Baker Miller, Carol Gilligan, Carolyn Heilbrun, Riane Eisler, Adrienne Rich und Sarah Ruddick bei der Klärung meiner gegenwärtigen Gedanken. Meine Agentinnen Leslie Breed und Gail Ross setzten ihr Vertrauen in dieses Projekt und waren bemüht, einen geeigneten Verlag ausfindig zu machen. Zu besonderem Dank bin ich Deb Futter, meiner Herausgeberin bei Doubleday, verpflichtet, deren Einsichten und deren Aufmerksamkeit mir ermöglicht haben, mein Bestes zu geben, und deren Enthusiasmus und Energie die gemeinsame Arbeit zu einem Vergnügen machten. In einem frühen Stadium trat Sallye Leventhal bei Doubleday für dieses Projekt ein, und Julie Duquet entwarf einen Umschlag, der nicht nur sehr kreativ ist, sondern auch dem Inhalt dieses Buches entspricht. Besonderes Verdienst kommt Sybil Trader zu, die die Tonbandaufnalimen der Interviews gewissenhaft transkribierte. Meine Freunde fielen Bergmann, Charles Bethel, Roger Fallot und Marilyn Sperling lasen die frühen Versionen des Manuskripts und gaben wertvolle Anregungen. Meine Familienmitglieder Janet Ennis, Karen Harns und Sara Harris traten mir zu verschiedenen Zeiten dieses Projekts durch Ermutigung und konstruktive Ratschläge hilfreich zur Seite. Ihre Liebe und Unterstützung waren von unschätzbarem Wert. Ich weiß kaum, wo ich eigentlich beginnen soll, um mich für die Hilfe und Unterstützung, die ich von meinem Ehemann Mark Smith erhielt, erkenntlich zu zeigen. Er war Herausgeber, Mentor, Vertrauter, Freund und enthusiastischer Verfechter dieses Projekts. Vor allem gaben mir seine Liebe und seine selbstlose Unterstützung ein sicheres Fundament, das mir die Möglichkeit bot, mein Bestes zu geben.