Perspektiven des Sozialismus: Lehren aus der chinesischen Erfahrung

Bei Voraussagen über die Zukunft des Sozialismus sollten wir uns nicht allein an die allgemeine Tendenz der geschichtlichen Entwicklung halten. Es ist nicht klug, sich bei seiner Argumentation auf die Geschichtsphilosophie dieser allgemeinen Tendenz zu stützen, weil schon viele Vorhersagen der Begründer des Marxismus und ihrer Nachfolger sich als falsch erwiesen haben. Schöpferische Marxisten werden vom Standpunkt der Verbindung von Theorie und Praxis ausgehen.

Die schöpferische Anwendung des Marxismus
Der Sozialismus kann nicht vom Marxismus getrennt werden. Die Zukunft des Sozialismus wird nicht nur durch verschiedene objektive Faktoren der geschichtlichen Entwicklung bestimmt, sondern auch davon, wie die sozialen Kräfte, die für den Sozialismus kämpfen, den Marxismus benutzen, um diese objektiven Faktoren zu analysieren und einzuschätzen. Die Erfahrung hat gezeigt: Wenn der Marxismus richtig angewandt und verstanden wurde, ging es mit der Sache des Sozialismus voran; wenn nicht, stagnierte sie oder fiel sogar zurück.
»Marxismus« ist der allgemeine Ausdruck für das theoretische System, das von Marx und Engels begründet und von ihren Nachfolgern übernommen, verbreitet, gedeutet und in der Praxis weiterentwickelt wurde. Gleichzeitig ist er die leitende Theorie des Proletariats in seinem Befreiungskampf und der Werktätigen beim Aufbau des Sozialismus.
Marx begründete den Marxismus unter bestimmten historischen Bedingungen; dabei nahm er alle wertvollen Bestandteile des menschlichen Wissens auf, vereinigte und veränderte sie revolutionär, um die neuen Phänomene seiner Zeit zu untersuchen. Der Marxismus bezieht seine Lebenskraft aus der sich beständig entwickelnden Praxis. Aber während einer ziemlich langen Zeit wagte es niemand, etwas zu sagen, das Marx, Engels, Lenin und Stalin nicht gesagt hatten; niemand wagte es, Erfahrungen aufzugreifen, außer denen der Sowjetunion. Dies geschah hauptsächlich aufgrund der Dogmatisierung des Marxismus und der Vergötterung der Entscheidungen der Komintern und der Erfahrungen der Sowjetunion, die die internationale Kommunistische Bewegung und die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) während der späten 20er und frühen 30er Jahre beherrschten; es geschah auch aufgrund des Personenkults und der »Politik der geschlossenen Tür«. Das Ergebnis war, daß die Entwicklung des Marxismus schwer behindert wurde.
Auf der anderen Seite wurden einige Fehler innerhalb der sozialistischen Länder — wie etwa die »Kulturrevolution« in China — fälschlicherweise dem Marxismus angelastet. All das hat unter den Massen eine außerordentliche Konfusion hervorgerufen, und es war in gewissem Sinne unvermeidlich, daß die Auffassung von einer »Krise des Marxismus« oder der »Überholtheit des Marxismus« entstand. In China hat der Marxismus sein Ansehen unter den Massen aufgrund der Fehler Mao Zedongs während seiner letzten Jahre und wegen der zerstörerischen Auswirkungen der »Kulturrevolution« verloren. Das 3. Plenum des XI. ZK der KPCh hat die falsche Politik des »Zwei Alles«[1] verurteilt und die ideologische Linie »die Wahrheit in den Tatsachen suchen« bekräftigt. Das Plenum hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß man beim Studium des Marxismus besonderen Wert auf seine allgemeinen, von den Klassikern entwickelten Gesetzmäßigkeiten, auf ihre Art der Problemlösung legen soll, während man sich nicht starr an einzelne Worte, Sätze oder konkrete Thesen klammern soll. Während der »Kulturrevolution« wurde das Zitieren der Klassiker zum einzigen Kriterium, was richtig oder falsch sei. Die Zeit geht aber weiter, es ergeben sich neue Entwicklungen und neue Probleme. Die Verwendung einzelner Thesen aus den Werken der marxistischen Klassiker erlaubt nicht, das wirkliche Leben zu erfassen. So wird die geschichtliche Entwicklung nur verzögert und die Sache des Sozialismus geschwächt oder gar zerstört.
Erst mit der Rückkehr zum wesentlichen Kern des Marxismus und mit dem Übergang zu einer schöpferischen Anwendung des Marxismus konnten wir die Richtung und die konkreten Schritte für eine Reform der chinesischen Wirtschaftsstruktur wie auch einer Reform der politischen Strukturen der Partei und der Staatsführung festlegen; erst dann konnten wir uns das Ziel stecken, einen Sozialismus chinesischen Typs aufzubauen, konnten wir es wagen, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, für die es bei den Klassikern des Marxismus kein Vorbild gab. Hier ist etwa das »Produktionsverantwortlichkeitssystem« zu nennen, Warenproduktion unter der Führung des sozialistischen Plans, und das System »ein Land, zwei Systeme«[2] — all das hat eine neue Entwicklungsphase der chinesischen Wirtschaft eingeleitet und den Lebensstandard des chinesischen Volkes erhöht.

Mit mutigen Reformen einen Sozialismus chinesischen Typs aufbauen
Reformen sind ein ureigener Bestandteil des Sozialismus. Sie sind nicht nur notwendig, um Fehler oder Abweichungen in der wirtschaftlichen Entwicklung zu korrigieren; Marxisten halten den Sozialismus für eine Periode des Übergangs zur entwickelten Stufe des Kommunismus, ein Prozeß, in dem die Produktionsverhältnisse und der Überbau sich mit dem Wachstum der Produktivität über quantitative Veränderungen zu teilweise qualitativen Veränderungen entwickeln. Man muß also diejenigen Seiten der Produktionsverhältnisse und des Überbaus reformieren, die dem Wachstum der Produktivität nicht entsprechen. Ein verknöchertes Modell des Sozialismus verträgt sich nicht mit seiner Entwicklung. Das verknöcherte Modell genügte immer weniger den Anforderungen einer wachsenden Produktivität und führte zu Disproportionen und anderen ökonomischen Schwierigkeiten. Reformen wurden zu einer Notwendigkeit. Schon in den 50er Jahren ging Jugoslawien bei der Durchführung von Reformen voran und führte das sozialistische Selbstverwaltungssystem ein. Andere sozialistische Länder begannen ihre Reformen in den späten 50er und frühen 60er Jahren. Obwohl die verschiedenen Länder hierbei verschiedene Wege gegangen sind und unterschiedliche Resultate erzielten, so sind doch Reformen zu einer unabdingbaren Tendenz, einer Gesetzmäßigkeit und einem festen Bestandteil der sozialistischen Länder geworden.
Das Reformwerk des 3. Plenums des XI. ZK der KPCh spielte eine wichtige Rolle bei der Beschleunigung der Reformen in der chinesischen Landwirtschaft und hat die ländliche Produktion angekurbelt. Danach beschloß das 3. Plenum des XII. ZK den Plan für eine allseitige Reform der nationalen Wirtschaftsstruktur. Der Schwerpunkt liegt nun auf der Reform der städtischen Wirtschaft. Die Reform stellt die wichtigste Veränderung seit der sozialistischen Umwälzung des Privateigentums an den Produktionsmitteln dar.
Wir haben gelernt, die Grundlagen des Sozialismus von seinen spezifischen Ausformungen zu unterscheiden. In der Vergangenheit hatten wir zwischen diesen beiden Aspekten nicht unterschieden, weil wir glaubten, daß eine Veränderung der Besonderheiten unseres sozialistischen Systems sein sozialistisches Wesen verändert hätte — das Ergebnis war ein erstarrtes Modell. Inzwischen unterscheiden wir zwischen zwei Konzepten: »System« (Zhidu) bezieht sich auf die Grundlagen des Sozialismus, während sich »Struktur« (Tizhi) auf seine besonderen Ausformungen bezieht. Die Reform zielt auf die sozialistische »Struktur« innerhalb des Rahmens des sozialistischen Systems ab. Ähnlich nennen die Ungarn ihre Wirtschaftsreformen solche des »ökonomischen Mechanismus«.
Die Strukturreformen in den verschiedenen Ländern sind ein Resultat der Theorie der Verschiedenartigkeit der Wege zum Sozialismus. Der Marxismus sagt, daß es nur einen Sozialismus gibt, die Wege dorthin aber verschieden sein können. Wir können nun folgende Theorie hinzufügen: verschiedene sozialistische Länder können unterschiedliche Strukturen, jedes sozialistische Land unterschiedliche Strukturen mit unterschiedlicher Abstufung haben.
»Es gibt nur einen Sozialismus« bedeutet, daß alle sozialistischen Länder folgende Gemeinsamkeiten haben: die Beseitigung der Ausbeutung, das Gemeineigentum an den Produktionsmitteln, die Verteilung nach der Arbeitsleistung, die planmäßige Entwicklung der Volkswirtschaft, ein politisches System, in welchem die Arbeiterklasse und die Werktätigen umfassende demokratische Rechte besitzen, eine hochentwickelte Produktivität und geistige Zivilisation. Die grundlegende Aufgabe des Sozialismus ist die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivität. In der Vergangenheit legten wir häufig zu großen Wert auf die Mannigfaltigkeit der Aufgaben des Sozialismus. Bei den Volkskommunen setzten wir z.B. die Größe der Einheiten mit einem hohen Entwicklungsgrad des öffentlichen Eigentums gleich, den »praktizierten Kommunismus« mit der Entwicklung gesellschaftlicher Produktivität; und wir hielten das erstere für wichtiger. Wir versäumten es, die Steigerung der Produktivität als die wichtigste Aufgabe zu betrachten. Dies lief der marxistischen Theorie zuwider, daß die Produktivität der letztentscheidende Faktor der gesellschaftlichen Entwicklung ist und behinderte die Erhöhung der Produktivkräfte ebenso wie die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung. So konnten die Vorzüge des Sozialismus nicht zur Geltung kommen. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, alle Anstrengungen auf den wirtschaftlichen Aufbau zu konzentrieren. Nur bei einer materiellen Zivilisation gibt es auch geistige Zivilisation; nur bei einer hochentwickelten Produktivität und materiellem Reichtum können wir von Kommunismus sprechen.
Wir meinen, daß es zur Überwindung des starren Modells von Sozialismus und zu seiner Entwicklung notwendig ist, sich von einigen Dogmen zu lösen.
Dogma Nr. 1: Volkseigentum ist die höchste Form sozialistischen gesellschaftlichen Eigentums, deshalb müssen alle anderen Eigentumsformen in Volkseigentum umgewandelt werden, um so rasch als möglich ein einheitliches Eigentumssystem zu schaffen. China hat blind und überstürzt alle anderen Eigentumsformen in Volkseigentum überführt, ohne Rücksicht auf den Entwicklungsstand der Produktivkräfte. Dies führte zu einer Schwächung der Interessen und Initiativen vieler am Wirtschaftsprozeß Beteiligten und erstickte die Lebenskraft der Unternehmen.
Jetzt sind wir der Meinung, daß die Mobilisierung aller positiven Faktoren für die rasche Entwicklung der verschiedenen Produktionsformen absolut nötig ist; eine Politik, die die Initiative des Staates, der Kollektive und der Individuen voll zur Geltung bringt, um so die verschiedenen Wirtschaftsformen und Leitungsmethoden unter der Führung des Staates und des Volkswirtschaftsplans zu entwickeln. Unter der Voraussetzung der führenden Rolle des staatseigenen Sektors ist das langfristige Nebeneinander verschiedener Wirtschaftsformen und Leitungsmethoden kennzeichnend für ein sozialistisches Eigentumssystem.
Dogma Nr. 2: Die Verwechslung von Staatseigentum mit der direkten Verwaltung der Unternehmen durch staatliche Institutionen. Aufgrund dieses Dogmas waren in China die staatliche Verwaltung und die Leitungen der Betriebe lange Zeit nicht voneinander getrennt. Die Unternehmen waren nur ein Anhängsel der Verwaltungsorgane und die zentralen und örtlichen Regierungsstellen taten vieles, das nicht zu ihren Aufgaben gehörte. Das Ergebnis war, daß die ihnen unterstehenden Unternehmen ihre Eigeninitiative nicht voll zur Geltung bringen konnten und Bürokratismus, Subjektivismus und eine geringe Effektivität unvermeidbar wurden.
Jetzt sprechen wir uns für die Trennung von Eigentumsform und Form der Leitung aus. Gemäß diesem Prinzp sollten die staatlichen Verwaltungen und die Unternehmen voneinander getrennt sein, sollten die Verwaltungen gestrafft und die freiwerdenden Kräfte den Unternehmen überstellt werden. Die Regierungsstellen sollten über kurz oder lang die direkte Leitung von Wirtschaftsunternehmen aufgeben. Hierbei sollten die Betriebe in relativ unabhängige wirtschaftliche Körperschaften umgewandelt werden, die als sozialistische Warenproduzenten und -Verkäufer für ihre Gewinne und Verluste verantwortlich sind und die Fähigkeit zu eigenen Reformen und eigener Entwicklung besitzen. Einerseits wird dadurch die Wirtschaftskraft der Betriebe gestärkt, andererseits die ökonomischen Funktionen des Staates klarer definiert: Führung der notwendigen Verwaltung, Leitung und Koordination der Planaufgaben durch ökonomische, administrative und rechtliche Maßnahmen. Dies wird die Nachteile einer hochzentralisierten wirtschaftlichen Verwaltungsstruktur beseitigen.
Die landesweite Einführung des »Produktionsverantwortlichkeitssy-stems« in der chinesischen Landwirtschaft bedeutet, daß der Grund und Boden nach wie vor das Eigentum der sozialistischen Kollektive ist, aber die Verwaltung und das Management in den Händen der unter Vertrag stehenden Bauern liegt. Dieses System, das die Initiative der Bauern zur Geltung bringt, hat großen Erfolg. In den Städten haben verschiedene Formen des Verantwortlichkeitssystems, darunter das Vertragssystem als Hauptform, schon erste Erfolge erzielt.
Dogma Nr. 3: Gegenüberstellung von Plan- und Marktwirtschaft; Zurückdrängung der Warenproduktion und Gleichsetzung von Plan und Direktivplan. Unter diesem Dogma versuchten wir, alle wirtschaftlichen Aktivitäten durch administrative Anweisungen in den Rahmen des Plans zu bekommen und vernachlässigten dabei die Bedeutung ökonomischer Hebel und des Marktes. Das führte zu einer Kluft zwischen subjektiven Plananforderungen und objektiven Bedingungen. Das Resultat war, daß die Betriebe nur ein Mittel zur Planerfüllung anstatt zur Befriedigung der Bedürfnisse der Konsumenten waren, was zu überhöhten Lagerbeständen, Verschwendung und mangelhafter Materialversorgung führte.
In der Zwischenzeit haben wir verstanden, daß sozialistische Planwirtschaft nicht auf der Grundlage des einfachen Tauschhandels, sondern der Warenwirtschaft funktioniert, und das bedeutet die Kombination von Waren- und Planwirtschaft, die Anerkennung der Funktion des Wertgesetzes, des Marktes und des Wettbewerbs. Gleichzeitig haben wir erkannt, daß Planwirtschaft nicht mit Direktivplanung gleichzusetzen ist; letztere umfaßt nur — zudem allmählich schwindende — Teilbereiche. Es gibt innerhalb unserer Planwirtschaft noch Rahmen- oder Leitpläne, die aber hauptsächlich unter Verwendung ökonomischer Hebel durchgesetzt werden. Der Bereich dieser Pläne wird ausgedehnt werden. Zudem gibt es einen Bereich, der ausschließlich durch den Markt reguliert wird. Das ermöglicht es uns, die Sphäre der Makroökonomie durch den Plan zu koordinieren und im mikroökonomischen Rahmen die Wirtschaft zu beleben und die Effizienz zu steigern. Die Existenz von Warenproduktion und Wertgesetz im Sozialismus wird heute schon von einer ganzen Reihe sozialistischer Länder anerkannt.
Dogma Nr. 4: Sozialistisches Preissystem heißt, daß die Preise vom Staat festgesetzt sind und daß Stabilisierung der Preise ihre Festsetzung bedeutet.
Diese Auffassung leitet sich aus Domga Nr. 3 ab. In China war das Preissystem aufgrund der langen Vernachlässigung der Funktion des Wertgesetzes und des Marktes sowie anderer Bedingungen chaotisch. Unsere Preise spiegelten nicht die Arbeitsproduktivität und das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wider. Die langfristig festgesetzten Preise führten dazu, daß sie von den Werten abwichen, was die Initiative der Produzenten dämpfte und die Entwicklung der Produktion behinderte.
Angesichts der gegenwärtigen Situation in China und hinsichtlich der Reformen des Preissystems in anderen sozialistischen Ländern, bedarf das chinesische Preissystem einer Reform; die Orientierung geht dahin, daß die Preise sich an den Werten und an Angebot und Nachfrage orientieren. Gleichzeitig muß unser extrem zentralisiertes Preisregulierungssystem reformiert werden, so daß sich das Niveau der staatlich festgesetzten Preise dem der wechselnden und der freien Preise annähert.

Die Politik der neuen technischen Revolution für das heutige China
Auf einem Symposion am 9. Oktober 1983, unter Leitung des chinesischen Ministerpräsidenten Zhao Ziyang, stellte dieser die Aufgabe, die Beziehungen zwischen der sogenannten »neuen industriellen Revolution« in den westlichen Ländern und Chinas Modernisierungsprozeß zu untersuchen. Er wies darauf hin, daß man diese neue industrielle Revolution

»auch 'die vierte industrielle Revolution' oder 'dritte Welle der Industrialisierung' nennen kann. Nachdem die westlichen Länder in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts einen hohen Industrialisierungsgrad erzielt haben, befinden sie sich jetzt im Übergang von einer Industrie- zu einer Informationsgesellschaft oder einer Gesellschaft des Wissens und der Intelligenz. Man sagt, diese Informationsgesellschaft produziere ein großes Maß an Wissen und 'die Produktivkraft Wissenschaft werde zum bestimmenden Faktor der Entwicklung der Produktivkräfte, des Wettbewerbs und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit'. Diese Sichtweise widerspiegelt den Trend des ökonomischen und sozialen Wandels in den kapitalistischen Ländern. Ökonomen, Soziologen und Zukunftsforscher dieser Länder propagieren eine solche Theorie aus politischen Gründen. Die Zeiten werden schlechter für die kapitalistischen Länder, sie werden von Wirtschaftskrisen heimgesucht; die Theoretiker möchten ein Rezept finden, um die Bevölkerung aufzumuntern und möchten sich selbst aus einer schwierigen Lage herauswinden, indem sie von einer 'schönen neuen Welt' träumen. Im Grundsatz sind diese Ansichten den Prinzipien des Marxismus entgegengesetzt. Aber unabhängig davon, ob diese Ansichten richtig oder falsch sind, können wir von unserem Standpunkt aus folgendes lernen: Mit Beginn des nächsten Jahrtausends oder innerhalb der nächsten Jahrzehnte werden neue Technologien entwickelt werden, die mit ihrer Anwendung in Wirtschaft und Gesellschaft einen neuen Sprung bei der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und damit eine weitere Veränderung des gesellschaftlichen Lebens mit sich bringen. Diese Tendenz erfordert unsere Aufmerksamkeit und muß sorgfältig untersucht werden. Ausgehend von unserer gegenwärtigen Lage sollten wir langfristige, d.h. ein oder zwei Jahrzehnte umfassende Programme zur Entwicklung unserer Wirtschaft und besonders unserer Wissenschaft und Technologie ausarbeiten.« (World Economic Herald, Oct. 31, 1983)

Die Revolution der Produktivkräfte durch die Anwendung neuer Technologien, allen voran der Mikroelektronik, wird die physischen und geistigen Fähigkeiten der Menschen bis zu einem Niveau entwickeln, von dem die Generationen vorher nicht einmal träumen konnten. Im Westen wird dieser Prozeß oft die mikroelektronische oder »Chip-Revolution« genannt, aber natürlich sind noch viele andere Wissenschafts- und Technologiezweige davon betroffen, wie etwa die Gentechnik in der Biologie, die Glasfibertechnologie in der Physik etc.
Aufgrund des jetzigen Entwicklungsstandes und soweit vorhersehbar, lassen sich in etwa die folgenden Auswirkungen der wissenschaftlich-technologischen Revolution absehen:

  • 1. Veränderungen in der Industriestruktur.
    Die »dritte Industrie«, Erziehung, Wissenschaft und öffentliche Dienstleistungen wird die »erste« und »zweite Industrie«, d.h. Landwirtschaft, Tierzucht, Bergbau, Fertigungsindustrie etc. überrunden und zum größten Bereich in Wirtschaft und Gesellschaft werden. Innerhalb dieser »dritten Industrie« wird die »Informationstechnologie« und die »Wissensindustrie« den führenden Entwicklungsfaktor darstellen.
  • 2. Veränderungen in der Arbeitskräftestruktur.
    Das wissenschaftliche und technische Personal (»white collar workers«) wird die manuell Arbeitenden (»blue collar workers«) ersetzen und den führenden Teil der Arbeitskräfte darstellen. Roboter (»iron collar workers« oder »eiserne Kollegen«) und die Geräte der Mikroelektronik werden allmählich eine große Zahl von Arbeitskräften in Branchen wie Bankwesen oder Dienstleistungen ersetzen. Nach der Prognose von Adam Schaff wird innerhalb der nächsten 20 oder 30 Jahre die Entwicklung zur Vollautomation in der Produktion und bei den Bürotätigkeiten der bestimmende Faktor bei der Veränderung der menschlichen Gesellschaft darstellen, einhergehend mit einer Ausweitung der Freizeit der Menschen (vgl. Club of Rome, 288). Nach Aurelio Peccei »beträgt die menschliche Lebenszeit (in den entwickelten Ländern) im Schnitt 70 Jahre oder ca. 600000 Stunden, von denen schätzungsweise 400000 Stunden für Erwachsenwerden, Schlafen, Essen, Erholung und die Zeit des Alters verbraucht werden. Die restlichen 200000 Stunden verbleiben für gesellschaftlich-kulturelle Betätigung (zu der die Arbeit zählt), die den Menschen vom Tier unterscheidet. Vor ein paar Jahren noch dachte ich, daß die durchschnittliche Lebensarbeitszeit bald 40000 Stunden betragen würde.« (ebd., 179f.) Diese Einschätzung geht von der Situation der entwickelten Länder aus und sie muß auch nicht ganz stimmen, aber sie zeigt, daß die Freizeit der Menschen im Zuge der wissenschaftlich-technischen Revolution größer werden wird.
  • 3. Veränderungen in der Struktur der Ressourcen.
    Das »Produktionsmittel Information« wird die materiellen Produktionsmittel wie Kohle, Öl etc. ebenso wie die einfache menschliche Arbeitskraft verdrängen und zur Hauptquelle des wachsenden gesellschaftlichen Reichtums, die Produktivkraft Wissenschaft zur bestimmenden Produktivkraft werden.
  • 4. Veränderungen in der gesellschaftlichen Praxis. Theoretisches Wissen, das von entscheidender Bedeutung für die Formulierung einer Reformpolitik ist, wird auf bestimmten Gebieten konventionelles Experimentieren ersetzen, und die Gesellschaft wird auf der Grundlage wissenschaftlicher Theorien organisiert sein. Die Organisierung der Wissenschaft wird zur wichtigsten Aufgabe und die wissenschaftliche Kapazitäten einer Nation der entscheidende Faktor für ihre Fähigkeiten und ihre Stärke.

Die oben genannten Veränderungen werden in den unterschiedlichen Gesellschaftssystemen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Zuerst ein Blick auf die Auswirkungen im Kapitalismus. Die Frage, die unter westlichen Wissenschaftlern in Hinbück auf die Revolution in der Mikroelektronik am häufigsten diskutiert wird, ist die durch die »Invasion der Chips« bedingte Arbeitslosigkeit. Die Optimisten beharren darauf, daß sich neue Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben werden als Ersatz für die von Robotern und Chips zerstörten. Die Pessimisten dagegen meinen, daß eine hohe strukturelle Arbeitslosigkeit zur dauernden Realität wird. Wir meinen, daß die Verdrängung vieler Beschäftigter (sowohl »blue collar workers« als auch »white collar workers«) durch Roboter und Chips unvermeidlich sein wird und ihre Arbeitslosigkeit ein Resultat des Sieges der neuen wissenschaftlich-technologischen Revolution. Natürlich werden im Zuge dieser Revolution auch neue Jobs geschaffen, aber nicht im Gleichschritt mit der Zerstörung der alten und nicht in gleichem Maßstab. Deshalb wird die strukturelle Arbeitslosigkeit anwachsen, wobei die Jugendlichen sowohl in den entwickelten Ländern als auch in den Entwicklungsländern am meisten darunter leiden werden.
Die Veränderungen in der Industriestruktur werden einige »wissensintensive« Zweige hervorbringen, die an die Stelle der veralteten »Schornsteinindustrien« treten werden; dies wird zu einer weiteren Verschärfung der Arbeitslosigkeit führen. Das konstant große Kontingent von Arbeitslosen und die erweiterte Freizeit sind Hauptursachen der sozialen Spannungen und des sozialen Chaos in den kapitalistischen Ländern. Es gibt in diesen Ländern eine moralische »Krise«, die sich in Drogenabhängigkeit, Alkoholismus, Promiskuität, geistig-sittlichem Verfall und anderen Anzeichen des moralischen Niedergangs ausdrücken.
Die neue technologische Revolution wird die ungleiche Entwicklung von Wissenschaft und Technologie in den wichtigsten kapitalistischen Ländern verschärfen. In den vergangenen Jahren haben die USA, Japan, Westeuropa und andere kapitalistische Länder die Entwicklung neuer Technologien als Hauptinstrument zur Bekämpfung ihrer jeweiligen Rivalen eingesetzt. Die scharfe Konkurrenz zwischen ihnen wird zu neuen Störungen im Welthandel, im Weltfinanz- und Weltwirtschaftssystem führen und die Widersprüche zwischen den kapitalistischen Ländern wie auch die Kluft zwischen entwickelten und nicht-entwickelten Ländern verschärfen.
Dabei muß man allerdings sehen, daß die neue wissenschaftlich-technologische Revolution die Produktion in den kapitalistischen Ländern zeitweilig stimulieren kann, wodurch sie — für eine gewisse Zeit — ihre ökonomischen Schwierigkeiten überwinden und sogar zu einer Phase der Prosperität gelangen können. In letzter Hinsicht wird die neue wissenschaftlich-technologische Revolution den Grundwiderspruch zwischen kapitalistischer Vergesellschaftung der Produktion und dem Privateigentum an den Produktionsmitteln nicht lösen können: Im Gegenteil, sie wird die Widersprüche auf einem höheren Niveau verschärfen und so die Bedingungen für eine soziale Revolution reifen lassen.
Auf der Tokioer Konferenz des Club of Rome »Approaching the 2Ist Century — Global Problems and Human Choice«, im Oktober 1982, sagte Adam Schaff, die neue wissenschaftlich-technologische Revolution verlange »einen fundamentalen Wechsel bei der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und dies einen fundamentalen Wandel der Sozialstruktur, ... falls die Gesellschaft das Nationaleinkommen auf eine neue Art verteilen will, und dies bedeutet unweigerlich einen grundlegenden Wandel in der Domäne des Privateigentums« (Club of Rome, 289).
Zu der Frage, wie China sich der neuen wissenschaftlich-technologischen Revolution stellen will, sagte Ministerpräsident Zhao Ziyang in der obengenannten Rede, daß sie für China zugleich »Chance und Herausforderung« bei der Verwirklichung seiner Vier Modernisierungen sein werde.

»Es gibt zwei Möglichkeiten: Die eine ist, daß wir die Chance ergreifen und die neuen technologischen und wissenschaftlichen Errungenschaften für die Entwicklung unserer Wirtschaft nutzen und das Gefälle zwischen China und den entwickelten Ländern verringern. Die andere Möglichkeit besteht darin, daß wir dieser wissenschaftlich-technologischen Revolution einfach keine Aufmerksamkeit schenken, dann wird sich die Kluft zwischen uns und den fortgeschrittenen Ländern vertiefen und wir werden weiter zurückfallen. Wir sollten uns um die erste Möglichkeit bemühen und die zweite vermeiden.«

Für China besteht die Möglichkeit, auf bestimmten Gebieten zu den entwickelten Ländern aufzuschließen, einige Stufen der herkömmlichen industriellen Entwicklung zu überspringen und durch die Übernahme hochentwickelter Technologie aus dem Ausland direkt in die Computer-, Gen-, Glasfibertechnologie etc. einzudringen. Da China jedoch ein sehr großes Land ist, werden sich die verschiedenen Regionen und Landesteile in unterschiedlichem Tempo entwickeln, und es wird nicht für alle möglich sein, hochentwickelte Technologie einzuführen und zu beherrschen. Es ist auch nicht möglich, Chinas gesamte Industriestruktur umzuwandeln. Wir besitzen bereits viele traditionelle Industriezweige, alle Grundindustriezweige und eine ganze Reihe kapitalintensiver Zweige. Jetzt geht es um die Entwicklung fortgeschrittener Technologie und die Erweiterung der Industrialisierung unseres Landes. Dabei sollten einige Gebiete (z.B. die Küstenregionen) und gewisse Zweige (z.B. die Elektronikindustrie) auch Spitzentechnologie importieren und die entsprechenden Branchen weiterentwickeln und vergrößern. Allerdings dürfen wir nicht nur ausländisches Kapital und Spitzentechnologie importieren, sondern müssen wirtschaftliche Sonderzonen aufbauen, die für China »offene Fenster« darstellen; offene Fenster für Wissenschaft, Technologie, Management — und für Chinas Außenpolitik. Diese Rolle könnten die 14 Küstenstädte spielen, die seit 1984 für verstärkte ausländische Investitionen geöffnet wurden.
Wir legen großen Wert auf die Entwicklung unserer intellektuellen Potentiale, schätzen Wissen, Ausbildung und berufliche Fähigkeiten. Wir werden unsere Hoch- und Fachhochschulen ausbauen, die berufliche Fortbildung und die Erwachsenenbildung weiter entwickeln, um den Bildungsstand unseres ganzen Volkes zu erhöhen. Unser Erziehungswesen muß auf die Modernisierung Chinas und auf die Zukunft ausgerichtet sein. Wir müssen auch qualifizierte Menschen aus dem Ausland einsetzen und sie dazu einladen, uns beim Aufbau von Schlüsselprojekten im Ausbildungsbereich und bei der technischen Erneuerung unserer Industrie zu helfen.
Bei der Durchführung unserer Öffnungspolitik gegenüber dem Ausland müssen wir nüchtern und standfest den zersetzenden Einflüssen der dekadenten Ideologie des Kapitalismus widerstehen. Während wir energisch am Aufbau einer materiellen Zivilisation arbeiten, müssen wir ebensolche Anstrengungen für die Schaffung einer sozialistischen geistigen Zivilisation machen. Am wichtigsten ist in dieser Hinsicht, daß die breiten Volksmassen von den Idealen und der Moral des Kommunismus erfüllt, daß sie zu Kultur und Disziplin erzogen werden.
Bei der Durchführung unserer neuen Wirtschaftspolitik müssen wir unser Augenmerk auch auf die Verhinderung von Umweltverschmutzung und die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts richten. Wir müssen die Kontrolle darüber behalten, daß mit dem Import von Kapital aus den entwickelten Ländern nicht auch eine Gefährdung unserer Umwelt importiert wird. Wir werden es auf keinen Fall zulassen, daß es bei uns zu einem ähnlichen Desaster wie im indischen Bundesstaat Bhopal kommt, wo am 3. Dezember 1984 durch ausströmendes Giftgas bei dem amerikanischen Chemiekonzern Union Carbide viele der dortigen Bewohner getötet oder verletzt wurden.
Wir müssen das ausufernde Bevölkerungswachstum in den Griff bekommen und die schädlichen Auswirkungen der übermäßigen Urbanisierung. Dabei muß nicht nur auf die strikte Durchführung der Familienplanung und des Prinzips der »Ein-Kind-Familie«, »späte Heirat, späte und wenige Geburten« geachtet werden, so daß Chinas Bevölkerung im Jahr 2000 unter 1,2 Mrd. gehalten werden kann. Eine übermäßige Urbanisierung verhindern wir am besten, indem wir Industrie und Gewerbe in den ländlichen Gebieten selbst entwickeln, daß wir die Bauern dazu ermuntern, auf dem Land zu bleiben und dort industrielle und andere Unternehmen zu betreiben.

Die fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz aufrechterhalten
und internationale Konflikte durch Verhandlungen beilegen

Der Aufbau Chinas zu einem modernen sozialistischen Land und die Sicherung des Weltfriedens sind für uns zwei Seiten einer Medaille. Frieden schafft die notwendigen äußeren Bedingungen für die Durchführung unseres sozialistischen Modernisierungsprogramms und dieses die inneren Bedingungen für die Verteidigung des Weltfriedens. Auf der 2. Tagung des VI. Nationalen Volkskongresses erläuterte Ministerpräsident Zhao Ziyang die diesbezüglichen chinesischen Vorschläge. Er sagte:


»China wünscht sich Frieden, nicht Krieg. Bei der Modernisierung unseres Landes brauchen wir Chinesen natürlich eine stabile und dauerhafte Umgebung. (...)
Wir möchten nicht, daß das, was wir durch harte Arbeit aufgebaut haben, durch einen Krieg zerstört wird. Wir möchten auch nicht erleben, daß unser Volk im Holocaust eines Weltkrieges Leib und Leben verliert und seinen Wohlstand einbüßt.« (Documents of the 2nd Session of the VIth National People's Congress 32)

In seiner Rede zur Feier des 35. Jahrestages der Gründung der VR China hob Genosse Deng Xiaoping hervor:

»Wir stehen ein für die Erhaltung des Weltfriedens, für den Abbau internationaler Spannungen, Abrüstung, vor allem der Atom- und anderen Waffen der Supermächte, wir sind gegen jegliche Aggression und jeglichen Hegemonismus. China wird bei der Öffnung gegenüber dem Ausland bleiben. China ist bereit, seine diplomatischen Beziehungen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen mit allen Ländern auf der Grundlage der fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz zu entwickeln. Wir sind für die Beilegung internationaler Streitigkeiten durch Verhandlungen, wie wir die Hongkong-Frage durch Verhandlungen mit Großbritannien gelöst haben.« (Deng, 43)

Zur Sicherung des Weltfriedens muß man dem Hegemonismus widerstehen. Der Hegemonismus stellt die Hauptgefahr für den Frieden dar. Die Supermächte sind in eine sich ständig verschärfende Rivalität eingespannt. Ihr atomarer Rüstungswettlauf eskaliert ständig. Ihre militärische Konfrontation in Europa verschärft sich und ihre militärische Expansion im asiatisch-pazifischen Raum hält unvermindert an. Die Gefahr eines neuen Weltkrieges muß erst noch gebannt werden. Aber das heißt nicht, daß die Völker der Welt dazu unfähig wären. Die Friedenskräfte sind stärker geworden. In den letzten Jahren haben die Völker Japans, Westeuropas und der USA eine gigantische Friedensbewegung ins Leben gerufen, deren Hauptstoßrichtung gut ist, die wir verstehen und mit der wir ganz und gar sympathisieren.
Die fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz — gegenseitige Respektierung der Souveränität und territoriale Integrität, gegenseitiger Gewaltverzicht, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, Gleichberechtigung und gegenseitiger Nutzen, friedliche Koexistenz — sind seit vielen Jahren in der chinesischen Verfassung verankert und bilden die Grundprinzipien zur Gestaltung unserer auswärtigen Beziehungen. Diese fünf Prinzipien sind schon vor 31 Jahren von China, Indien und Burma initiiert worden. Sie sind nicht nur auf die Beziehungen zwischen Ländern unterschiedlicher Gesellschaftsordnung anwendbar, sondern auch auf Länder mit gleichen Gesellschaftssystemen, einschließlich der sozialistischen Länder. Die Geschichte hat gezeigt, daß Länder unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen bei Befolgung der fünf Prinzipien harmonisch und freundschaftlich zusammenleben können. Andererseits können Länder gleicher Gesellschaftsordnung bei Mißachtung dieser Prinzipien in scharfe Konfrontation und sogar in bewaffnete Auseinandersetzung geraten.
Bei der Auswertung der Erfahrungen der internationalen Beziehungen sind wir zu der Einsicht gelangt, daß die Prinzipien der friedlichen Koexistenz auch auf die inneren Beziehungen eines Landes anwendbar sind. Entsprechend den besonderen Bedingungen unseres Landes haben wir in den letzten Jahren die Konzeption »ein Land, zwei Systeme« zur Wieder-Vereinigung Chinas entwickelt. Auch hier handelt es sich um eine Art friedlicher Koexistenz. Zur Lösung der Hongkong-Frage lassen wir dort das kapitalistische System für die nächsten 50 Jahre zu. Das Prinzip »ein Land, zwei Systeme« werden wir auch auf die Taiwan-Frage anwenden. Das Taiwan-Problem stellt das Haupthindernis für die Entwicklung der Beziehungen zwischen China und den USA dar. Es kann sich durchaus zu einem Konfliktherd entwickeln. Bei der Anwendung des Konzepts »ein Land, zwei Systeme« aber kann China wiedervereinigt werden, ohne daß die Interessen der USA beeinträchtigt würden.
Schlußfolgerung: Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird China damit beschäftigt sein, die hier skizzierten Ziele zu erreichen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden einige Länder der Dritten Welt dabei sein, Sozialismus mit je eigenem Gesicht aufzubauen. Die westlichen Länder werden eine kurze Periode der Prosperität erleben unter dem Einfluß der wissenschaftlich-technologischen Revolution, aber ihre grundlegenden kapitalistischen Widersprüche werden sich auf neuem Niveau verschärfen und die Krisen werden sich in verschiedenen Bereichen zuspitzen. Um die Mängel des Kapitalismus und die Entfremdung zu überwinden, wird sich der progressive Teil der Völker erweitern: Friedensbewegung, ökologische Kampagnen, Anti-Atombewegung, Frauenbewegung und auch sozialistische Bewegung. Die sozialistischen Länder werden den Marxismus auf schöpferische Weise anwenden und den Sozialismus jeweils eigenen Typs errichten. Die neue wissenschaftlich-technologische Revolution wird den Wohlstand der sozialistischen Länder sehr befördern. Sozialismus und Kommunismus, nicht die Barbarei, wird unsere Zukunft sein.

Autor(en)