Mit der Erfindung der Streichhölzer fing eigentlich alles an. «Es war eine Tat, so weltbewegend, so befreiend, so symbolisch wie die Anlegung der Eisenbahnen», meinte Louise Otto, eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Frauenbewegung aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Wie ging es weiter, mit den Arbeits- und Lebensbedingungen, mit der Rechtsstellung, der Politisierung, mit den Emanzipationsbemühungen der Frauen?
Die Soziologin und Frauenhistorikerin Ute Gerhard nimmt sich dieses Themas engagiert und kenntnisreich an. Obgleich sie mit ihrer Begeisterung über den Mut und die Hartnäckigkeit der kämpferischen Fauen keineswegs hinter dem Berg hält, ist ihre Geschichte der deutschen Frauenbewegung alles andere als ein unkritischer Jubelbericht über heroische Frauen. Denn zu oft haben die Frauen selbst sich gegenseitig immer wieder behindert, haben miteinander konkurriert und ihre Kräfte in Richtungsstreitereien verschlissen. Um so erstaunlicher ist, daß in nur gut 60 Jahren die Hauptforderungen erfüllt waren: gleiche Bildungschancen und gleiches Wahlrecht für Frauen und Männer.
Doch es war ein langer, mühseliger Weg von dem Verbot, politische Versammlungen zu besuchen, bis zur ersten freien, geheimen politischen Wahl auch für Frauen. Und viele der damals aufgegriffenen Themen beschäftigen uns auch heute noch: die Auseinandersetzungen um den § 218, Prostitution und Doppelmoral, Frauen als manipulierbare Arbeitskraftreserve für die Wirtschaft, die gesetzliche Anerkennung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften, ein «Recht auf Sitzen» für die Verkäuferinnen, um all diese Probleme kümmerte sich bereits die «alte» Frauenbewegung. Sie ist spannend und macht nachdenklich zugleich, diese lebendige Chronik aus der Geschichte der Hälfte der Menschheit.