[1]Freitag abend, laß mich erzählen, wie das ist:
Ich bin bei der Arbeit im Laden
nur ein paar Stunden Brot und Geld
über die Theke reichen
aber lange genug, um die Kundinnen zu durchschauen
und sie kennen mich natürlich auch
die Lesbe oder die Mutter, je nach Bedarf.
Da sind diese Freitagabende
Sabbate
die sich ankündigen in der Bäckerei
im Frieden der vertrauten Arbeit
Challah[2] an die Familien in Elmwood verkaufen
Böden fegen, Kekse abdecken
den Tag beenden, aufräumen.
Meine Kolleginnen, die meine Chefinnen sind, mögen mich nicht wir arbeiten
nicht gerade Seite an Seite
ich könnte lesbisch sein, ich könnte Jüdin sein
aber ich bin schlimmer, eine politische lesbische Jüdin, also
steht an diesen Abenden ein bißchen mehr Schweigen im Raum,
als broteinwickelnde, glasplattenwischende Frauen
zeigen sollten.
Aber ich kann mich nicht beklagen, nur ein paar Stunden die Woche,
und die Freitagabende sind etwas Besonderes.
Ich fahre heim, ich habe ein Auto zum Heimfahren
ich habe ein Heim, das ich mir beim Hinfahren vorstellen kann,
und ich stelle mir vor, mein Mitbewohner ist
zu seinem Lover nach Hause gefahren
und ich stelle mir vor, meine andere Mitbewohnerin
hat meinem Kind das Lätzchen abgenommen
und dreht sich zu meiner Freundin um und fragt
ob er gehen darf
das Freitagabendritual des Fortgehens
das Übertragen von Verantwortung
meine Freundin nickt, beginnt ihr wöchentliches Geschenk
der Kinderbetreuung, Sabbatabend bis Samstagmorgen.
Als ich ankomme, ist es, wie ich es mir vorgestellt hatte
die Freundin und das Kind
und der Teil, den mir vorzustellen ich vergessen hatte
mein Schlüssel in der Tür, darauf die Schritte meines Sohnes
Mama is da? Mami is da!
Bin ich in einem Film, mein Liebesbündel tragend
und einen Laib Brot?
Freitagabends, freitagnachts
trenne ich mich
gehe in dreißig Minuten über
vom Werktag zum Sabbatfeiern
und ich tue es mit Asher
mich hinsetzen
die Zeit verlangsamen
da ist noch ein Heim, dem ich zustrebe
noch eine Autofahrt, bei der ich mir vorstelle
die sich willkommen heißend öffnende Tür meiner Geliebten
aber ich trenne mich
selbst von dieser Sehnsucht für ein bißchen Frieden
mit meinem Sohn.
Freitagabend, er kennt den Ablauf sorgt dafür,
daß meine Jacke ausgezogen ist mein Rücken fest
gegen das Sofakissen gedrückt
er eine Realität auf meinem Schoß -
da ist Mißstimmung bei der Arbeit und kein Abendessen
statt Kerzen ein Zweijähriger
und ein Dreißig-Minuten-Übergang, in dem wir
ein Buch lesen ein Lied singen
einen Kratzer küssen eine Geschichte erzählen
als würde ich nicht in dreißig Minuten
zur Tür hinausfliegen ...
Wir treten in eine zeitlich begrenzte Ewigkeit ein
zwei Punkte auf einer Uhr, dazwischen alles:
Friede. Liebe. Ein Atemholen, wie die Kindheit
wie der Sabbat
kurz und bleibend.
Aus dem amerikanischen Englisch von Cornelia E. Kahler