Theodor Friedrich
Eine nunmehr verflossene Zeit glaubte das Wesensentliche, die Aufgabenart und den Lebenskreis der beiden Geschlechter in ihren gegenseitigen Abgrenzungen verwischen zu dürfen. Um der Herausarbeitung eines übergeschlechtlichen und Rein-Menschlichen willen glaubte sie es auch verwischen zu müssen. Der neue völkische Staat baut sich mit Bewußtsein und aus Grundsatz auf der Polarität der beiden Geschlechter auf. Für ihn gilt als ein Wert höchsten Ranges gerade ihre Verschiedenart, Gegensätzlichkeit und Ergänzungsnotwendigkeit. Demgemäß verteilt er die Aufgaben, grenzt er die Wirkungsbereiche ab. Für ihn ist der Staat als Staat das eigentliche Erlebnis- und Schaffensgebiet des Mannes. Dieser allein hat den Staat zu leiten und auch zu verwalten. Ihm ausschließlich steht es zu, diesen Staat und seine Form nach innen wie nach außen zu verteidigen. Solange der Abrüstungsgedanke nur Mittel zur Niederhaltung der Schwachen ist, verlangt er das Recht auf eine Wehrmacht und weiterhin das Recht, für sie die heranwachsende männliche Jugend zu ertüchtigen. Der Erziehungsgrundsatz ist dabei abgesehen von der rein körperlichen Tüchtigkeit und Wehrhaftigkeit der unbedingte Gehorsam, der ein Heer ja erst zu einer Waffe im eigentlichen Sinne macht. Aber auch das übrige Staatsleben ist zur strafferen Durchführung der Neuforniung des Staatsganzen aufgebaut auf Manneszucht, Unterordnung und Führertum, von denen allen angenommen wird, daß sie wirklich im einsichtsvollen Wollen des nach Forrn verlangenden Volkes liegen. Aber auch der Bereich des Berufslebens wird dem Grundsatz nach dem Manne zugewiesen. Er soll der schaffende Arbeiter des Geistes oder der Faust sein, ihm soll der Erwerb zukommen, er ist der Verdiener für den eigenen Haushalt, der Ernährer für Gattin und Kind.
Der Frau wird vom und im völkischen Staat als Erlebens- und Wirkensbereich mit der gleichen Entschiedenheit das Haus zugewiesen. Wir wissen aus allen bisher im Schrifttum zum Ausdruck gekommenen Bekenntnissen, daß die völkisch eingestellte Frau diese Zuweisung aus tiefstem Herzen und aus innerster überzeugung bejaht. Sie hat das Heraustreten ihrer Geschlechtsgenossinnen in das außerhäusliche, öffentliche Leben immer als etwas Unnatürliches empfunden. Sie ist des festen Glaubens, daß das Dritte Reich für sie Natur- und Kulturstand wieder in Einklang bringen wird. Wo die anderen um Frauenrechte rangen, empfand sie eine Entrechtung. Sie fühlt sich heute mrieder in ihr eigenes ursprüngliches Recht eingesetzt. Auch die Frau, die, weil es die Zeitlage und ihre persönlichen Verhältnisse nicht anders zuließen, im Beruf und in der Öffentlichkeit gestanden und gearbeitet hat, begrüßt - sofern sie wirklich völkisch eingestellt ist - die Neuabgrenzung der Arbeitsgebiete. Sie weiß, daß das Herausziehen der Frau aus dem öffentlichen Leben erst allmählich und in Jahren erfolgen kann und daß sie selbst persönlich des Vorteils der Neuordnung wohl nicht mehr teilhaftig werden wird. Daß aber der Frau iiberhaupt das Heim wieder zugesprochen werden soll, gibt ihr Frieden. Der seelische Zwiespalt - wie er oben geschildert worden ist - war letzten Grundes nichts anderes als Heim-Weh. Sie fühlt sich heim-geführt, hat sich heimgefunden.
So weiß auch die deutsche Frau, daß es ihr bestimmt ist, eines Mannes Gattin zu werden.
Wer die Frau der letzten beiden Menschenalter rein nach dem sie betreffenden Schrifttum beurteilen wollte, der würde die auffällige Beobachtung machen, daß sie eigentlich ohne Gatten oder im Zwiespalt mit ihm durchs Leben gegangen ist. In früheren Jahrhunderten wurde die weibliche Jugend ausschließlich für den Gatten erzogen, und in diesem Sinn hat ja auch Rousseau sein Buch über die weibliche Erziehung geschrieben. Als unmittelbar nach der Reichsgründung von Mädchenbildnern beiderlei Geschlechts die Steigerung der Mädchenbildung mit unter dem Gesichtspunkt verlangt wurde, daß dem gebildeten Mann im Hause die ebenbürtig gebildete Frau zur Seite zu stehen habe, wurde das Wort Rousseaus so ins Verächtliche gewendet, daß von da an in den führenden die weibliche Erziehung fördernden Schriften der künftigen Ehegemeinschaft kaum nur gedacht wurde. Der Mann kam übertrieben gesprochen - nur noch in Betracht als der Kampfgegner, der aus selbstsüditigen Gründen der Frau den Eintritt ins berufliche und öffentliche Leben verwehren wollte, oder etwa noch als Ehemann, dem gegenüber die an ihn gebundene oder an ihn gebunden werdende Frau ihr Güterrecht, ihren Anspruch auf geistige Selbständigkeit und ihr Scheidungsrecht wahren und festigen zu müssen glaubte.
An diesem Punkte offenbart sich die Wendung der ganzen Einstellung am allerdeutlichsten. Was die nichtliterarische Frau auch diese ganze Zeit über als selbstverständlich betrachtet und was die Ehen hochstehender Männer und Frauen, und zwar auch literarischer, auf ihr ganzes Leben hinaus festigte, das wagt sich heute mit offenem Bekenntnis auch wieder ins Schriftturn. Die Frau will wieder auch im tieferen Sinn die Lebensgefährtin eines Mannes sein. Sie will mit ihm alles Wohl und Wehe eines Erdendaseins tragen. Sie will mit ihm - darauf liegt heute der Schwerpunkt - die gemeinsame Ehe, erweitere sie sich zur Familie oder nicht, zu einer Zelle ausgestalten, die den Zellenstaat des deutschen Volkes als etwas Lebendes und Lebenschaffendes miterhalten hilft. Sie weiß, daß der Mann für Frau und Familie im Erwerbsleben nur dann tatkräftig arbeiten kann und daß er seine Verpflichtungen in und gegenüber dem Volksstaat nur zu erfüllen vermag, wenn er daheim eine Frau weiß, die ihn nicht nur liebt und für sein persönliches Wohl sorgt, sondern die auch den Sinn seines Tuns erfaßt und ihm somit immer neue Kraft und neuen Antrieb für sein berufliches und völkisches Tun zu geben imstande ist. Sie dient ihm sogar, nicht weil er Dienste verlangt - dazu schreibt er sich kein Recht zu, sondern weil ihr du-bezogenes Grundwesen in Liebesdiensten höchste Erfüllung sieht. Liebt sie ihn doch schon um deswillen, weil allein in der Gemeinschaft mit ihm sich ihr ureigenstes Fratienwesen zu erfüllen vermag: der Muttertrieb.
Die Mutterschaft der Frau ist im Grunde etwas allgemein Menschliches, etwas Urnatürliches, das mit dem Volkstum an sich zunächst nichts zu tun hat. Mutterliebe kümmert sich ja auch zunächst um nichts anderes, als um die eine Tatsache, daß dieses ihr entstammte Kind ihr eigenes ist. Aber dieses Muttertum, das sie ja schließlich auch mit dem Tiere gemeinsam hat, bekommt in der Verbindung mit dem Volkstum erst seinen vollen reinen Klang. Die neue deutsche Mutter fühlt sich zugleich als Vo~lksmutter. Jedes Kind, dem sie das Leben schenkt, ist zugleidi ein neues Eigenwesen im Volksganzen. In jedem Knaben sieht sie den künftigen Erhalter, Fortführer und Verteidiger des Staates, in jedem Mädchen die künftige Volksmutter.
Ist sie so eingestellt, dann bekommt audi ihr Fühlen und Wissen vom Werden ihres noch ungeborenen Kindes einen neuen Sinn und eine neue Verpflichtung. Mit dem erhofilen und nun verheißenden Kinde fühlt sie sich zunächst sich selbst und dem Gatten sowie der eigenen Familie verantwortlich. Darüber hinaus ist sie sich bewußt, daß sie auch einen der Nachkommen ihres Volkes in ihrem Schoße trägt und daß gemäß dem inneren und noch ganz leiblichen Zusammenhang zwischen ihr und ihm mit jedem Tropfen Blutes auch ihr Wesen, auch ihr völkisches Wesen im Sinne der körperlich-geistigen Gesundheit und der Rassereinheit auf das junge Geschlecht übergeht.
Verantwortung und Verpflichtung erhöhen sich aber noch bedeutend bei dem nunmehr geborenen und nach und nach zum Bewußtsein und zum Verkehr mit der Außenwelt erwachsenden Kinde. In der letzten Vergangenheit ist - wiederum nur auf Schrifttum gesehen - das Muttersein fast ausschließlich auf diese Monate und Jahre bezogen worden. Das Augenmerk muß sich jedoch auf den heranwaclisenden Knaben und das sich entwickelnde Mädchen an sich oder, weiteren Blicks, auf die Familie als solche einstellen. Unter solchem Gesichtspunkt vermochte scl-lon die Frau alten und ältesten Stils nicht zu begreifen, wie eine Mutter, nachdem sie ihre Kinder über die ersten Jahre hinweggebracht hat. mehr Zeit, zumal für öffentliche Angelegenheiten, haben könne. Es soll hier nicht an die Sorge für Nahrung und Kleidung und an die Mithilfe bei den Schularbeiten gedacht werden, sondern lediglich an die Erziehttng des heranwachsenden Geschlechtes zu Gliedern der Volksgemeinschaft. So viel die Schule auch tun mag, so viel der Staat heute unternimmt, um die Jugend im völkisclien Geiste zu erziehen, der wirkliche Volksgeist erwächst doch schließlich nicht aus dem Schulhaus oder gar durch Behördenmaßnahmen und Ministerialverordnungen. Seine Brut- und Pflegestätte ist die Wohn- und die Kinderstube, sind die stillen Stunden der Familiengemeinsamkeit daheim und auf Spaziergängen. Hier lebt und wird die deutsche Sprache. Hier bekommt das deutsche Lied erst seinen tief-innigen Klang, und hier erlangen die Ereignisse des Tages eine Volkbezogenheit, die niemals wieder aus Gedächtnis und Sinn der Jugendlichen verloren geht. Nicht durch Schul- und Haushaltungsunterricht, sondern allein durch Wesen und Art und Gespräch der Mutter entwickeln sich beim Mädchen die Keime zur künftigen deutschen Mutter. Nur von hier aus gewinnt der Knabe das Idealbild der Frau, die er selbst dereinst heimführen wird, um eine eigene Familie zu gründen.
Nimmt man noch hinzu, daß sich die deutsche Frau auch als Haushaltsführerin zugleich als Mitverwalterin des deutschen Volksvermögens betrachtet und sich mit ihrem eigenen Haushalt rnitverantwortlidi fühlt für Niedergang oder Aufstieg der deutschen Familienwirtschaft im allgemeinen, so erkennt man immer mehr, daß die Frau im Familienhaushalt so reiche Wirkens- und Erlebensmöglichkeiten hat, daß es Frevel wäre, sie ohne Not mit ins F-rwerbsleben hinauszustoßen oder sie draußen zu lassen, solange auch noch die Spur von einer Möglichkeit besteht, die Verhältnisse, die dazu geführt haben, zu ändern. Der völkische Staat sieht die Frau grundsätzlich und fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Familienmutter. Dabei denkt er nicht nur an die Jahre ihres eigentlichen Mutterwerdens und Mutterseins. Schon die noch jugendlich aufwachsende Frau sieht er als die künftige Volksmutter. Für ihn ist aber auch das seelisch-geistige Muttertum der älteren, der alten und auch der hochbetagten Frau ein unentbehrliches Glied im inneren Aufbau des Staatsganzen. Sein Ideal ist die Matrone, wie uns das Altertum ihr Bild gezeichnet hat. Gemeint ist die Frau, die erst auf Söhne und Töchter und dann auch auf Kindeskinder und Urenkel herabschaut. Während der Mann der Herr über das Haus ist, bestimmt sie als unbeschränkte Herrin im Hause den Geist dieses Hauses. Sie selbst ist seine Seele. Auf Grund ihrer an Kindern und Kindeskindern - und zwar nicht bloß der Kleinkinder, sondern auch der Heranwachsenden und Erwachsenen - gemachten Erfahrungen vermag sie mit zunehmendem Alter allen zu ihr Kommenden und ihr Vertrauenden Rat und Richtung zu geben.
Von der gleichen Grundeinstellung aus ist aber für den völkischen Staat jede unverheiratet bleibende Frau ein Verlust. Jede einzelne könnte ja dem Vaterland neue Söhne und Töchter und damit neue wehrhafte Männer und volksmütterliche Frauen schenken. Für ein um seine Form und um seine Weltgeltung ringendes Volk ist die einzige wirklich achtunggebietende Leistung die Steigerung des Volksvermögens an lebendigen Menscl)en. Diese Wahrheit haben schon die Schreiber der ersten Bücher der Bibel erkannt, die im Volksrat dem Manne den ersten Platz zuwiesen, der zur Versammlung die meisten Söhne mitbringen konnte. So richtet der neue Staat sein ganzes Denken darauf ein, weitmöglichst die ihm zur Verfügung stehende Frauenschaft ins Mutterttim zu führen. Zu eben diesem Zweck will er die Mannschaft so in die schaffende Volkswirtschaft eingliedern, daß zuiii mindesten dem Grundsatz nach jeder von ihnen eine Familie gründen, ernähren und weiterfüh.ren kann. Sogar dahin geht der Gedanke, die Daseinsmöglichkeit einer solchen Familie so zu erweitern, daß auch die heranwachsende weibliche Jugend nach Vollendung ihrer Schulbildung in diesem Haushalt Platz und Arbeit findet. Nur so wächst sie ja durch Gewohnheit und durch die sich dabei bildende Gesinnun-, derart in das Haushaltswesen ein, daß der Trieb zur künftigen selbständigen Haushaltführung entfaltet wird. In der Landwirtschaft ist diese Form des Hineinwachsens von Urzeit her das Selbstverständliche gewesen. Wenn heute auch dem Nicht-Bauern, insbesondere dem Arbeiter in den Fabriken und dem Angestellten in den Geschäftszimmern, Land zur Siedlung zur Verfügung gestellt wird, so geschieht das unter dem Gesichtspunkt, dadurc,h eine Haushaltführung im altüberlieferten Sinne zu errnöglichen, in die insbesondere auch die weiblichen und auch die unverheirateten erwachsenen weiblichen Familienmitglieder eingefügt werden können ...
Die neue Form ist ... zum mindesten in ihrer Allgemeingültigkeit noch nicht die wirkliche, sondern die gedachte, erhoffte und erstrebte Form deutscher Weiblichkeit. Gewiß hat es schon Tausende, ja Hunderttausende einzelner Frauen gegeben, und es gibt sie noch und schon, die, rein von sich aus und ohne sich dessen überhaupt bewußt zu werden, dieser Form entsprechen. Der neue Geist soll aber ein ganzes, das deutsche Volk erfassen und neugestalten. Dazu bedarf es einer Zeit zwar allmählichen aber doch zielbewußten Durchdringens. Vor allem die Jugend muß in diesen neuen Staat hineingebildet werden.
So ist auch die neue Form weiblichen Wesens heute weniger eine Gabe als eine Aufgabe. Diese Aufgabe aber geht alle an, die in irgendwelcher Weise an der Heranbildung der weiblichen deutschen Jugend mitzuarbeiten haben. Sie betrifft keineswegs einseitig die beruflichen Erzieher. Sie betrifft ebenso die Väter und Mütter, wie auch die Leiter der kleineren und größeren Jugendverbände, wie überhaupt jeden erwachsenen Volksgenossen.
Das Erziehungsziel ist die Heranbildung deutscher Frauen, die imstande sind, unter Einsatz ihrer besonderen weiblichen Kräfte den Fortbestand des deutschen Volkes zu wahren und den Wiederaufstieg seines inneren Wertes und seiner ättISeren Geltung mit zu verwirklichen. Der völkische Staat sieht ... die weibliche Jugend in erster Linie und dem Grundsatz nach auch ausschließlich als die künftigen Mütter des Volkes. Eine Zeit überfeinerter Kultur wagte von der Mutterschaft, sofern sie diese überhaupt wertete, nur im höheren, geistigen Sinn zu sprechen. Der Volksstaot, der durch das Schwinden des Willens zum Kinde und durch die Abnahme der Geburtenziffer sein eigentliches und ganzes Dasein auf das schwerste gefährdet sieht, denkt zunächst an die leibliche Mutterschaft. Diese allein schafft neue Menschen und damit neue Volksgenossen und bildet so die erste Voraussetzung für alles andere, was das Volk und was hier insbesondere die Frau zugunsten des nlännlichen wie des weiblichen Nachwuchses zu leisten verimag. Darum ist die erste und mit der Geburt beginnende Aufgabe aller weiblichen Bildung, auf das Heranwachsen junger Frauen hinzuwirken, die zunächst rein nach ihrer Körperlichkeit imstande sind, einen für das Volksganze wirklich wertvollen Nachwuchs hervorzubringen. . .
Das deutsche Mädel und sein Held
Hermann Glaser
Hitlers Standpunkt in »Mein Kampf« ist die des herrischen Antifeministen, des kleinbürgerlichen Patriarchen, der auf die »Weiber« herabschaut, deren er jedoch zur Lust und zur Fortpflanzung bedarf; rasserein sollen sie aufs Lager. Die Ehe dient »der Vermehrung und Erhaltun« der Art und Rasse«. »Nur das ist ihr Sinn und ihre Aufgabe.« Der Mann solle seiner Fortpflanzungsfähigkeit entsprechend frühzeitig heiraten; » die Frau ist ja hier ohnehin nur der passive Teil «. » Ein völkischer Staat wird ... in erster Linie die Ehe aus dem Niveau einer dauernden Rassenschande herau~szuheben haben, um ihr die Weihe jener Institution zu geben, die berufen ist, Ebenbilder des Herrn zu zeugen und nicht Mißgeburten zwischen Mensch und Affe.« Verwerflich sei es, gesunde Kinder der Nation vorzuenthalten; die Fruchtbarkeit des gesunden Weibes müsse gefördert werden; »der völkischen Weltanschauung muß es im völkischen Staat endlich gelingen, jenes edlere Zeitalter herbeizuführen, in dem die ~lenschen ihre Sorge nicht mehr in der Höherzüchtung von Hunden, Pferden und Katzen erblicken, sondern im Emporheben des Menschen selbst, ein Zeitalter, in dem der eine erkennend schweigend verzichtet, der andere freudig opfert und gibt. « Als seelenlose und geistfeindliche Bewegung konnte der Nationalsozialismus Liebe nur als Wollust oder Fortpflanzungsmechanismus begreifen. So war es konsequent, daß man für die Zeit nach dem Kriege, da nun »viel Erbmasse verloren egari,en war«, eine Art nationales Fruclitbarkeitsmodell plante. »Zukunft, Leben eines Volkes sind desto gesicherter, je zahlreicher die Geburten dieses Volkes sind ... Nun können Frauen, die nach diesem gewaltigen Krieg nicht mit einem Mann verheiratet sind oder werden, ihre Kinder ja nicht vom Heiligen Geist bekommen ... Wir müssen wünschen, daß die Frauen, die nach diesem Kriege keinen Ehemann mehr haben oder bekommen, mit möglichst einem Mann ein eheähnliches Verhältnis, aus dem möglichst viele Kinder erwaclisen, eingehen. Wir müssen, um der Zukunft unseres Volkes willen, geradezu einen Mutterkult treiben ... Auf besonderen Antrag sollen Männer nicht nur mit einer Frau, sondern mit einer weiteren ein festes Eheverhältnis eingehen können, in dem die Frau ohne weiteres den Namen des Mannes erhält, die Kinder ohne weiteres den Namen des Vaters.« (Bormann)
»Das Mädel« - meint Hitler in »Mein Kampf« - »soll seinen Ritter kennenlernen«; sie ziehe den Soldaten stets dem Niclitsoldaten vor. Das Idol des Mädels war der Held. »Ich bin ein schwaclies Maidli und ihr ein starker Mann.. . Sie sdilang ihre Linke um mich und drü&te mit ihrer Rechten das Eiserne Kreuz an ihre Lippen, wie ein Gläubige, im Drange der Gefahr, ihr Amulett.« (Clauren) In heroischen Illusionen wurde die Jugend erzogen. jahrzehntelang hämmerten patriotische Erzieher, Dichter und Denker ihr Stakkato von Vaterland, Nation, Heldentod, heiligem Krieg ins Bewußtsein des »Jünglings«. Das Vaterland war für Klopstoks Rhetorik »mehr als Mutter und Weib und Braut«; über die Klopstock nahestehende »Heldenjugend« spöttelte schon der zwanzigjährige Goethe: »Die Glut, die ihm Mut aus den Augen blitzt, der goldene Hut mit Blut bespritzt, der Helm mit dem Federbusch, der Speer, ein paar Dutzend ungeheure Hyperbeln - das ist zusammen nicht auszustehen.« Der vaterländische Jüngling suchte entweder sehnsüchtig den Tod auf dem heiligen Schlachtfeld, oder aber er kehrte siegreich zur enthusiastisch wartenden Braut zurück: »Hermann! Hermann! so hat dich / niemals Thusnelda gellebt.« (Klopstock) - Die Jugend der Freiheitskriege, die sich am »Gesundbrunnen des Krieges« erlabte, wollte Mann für Mann »mit Blut das Eisen röten, / mit Henkerblut, Franzosenblut - / o süßer Tag der Rache! / Das klinge allen Deutschen gut; / das ist die große Sache.« (Arndt) » Wir verjüngen uns in der Jugend, die uns lieben und liassen lehrt«, verkündete Turnvater jahn; »unser irdiscl-les Höchste ist Volk und Vaterland, alles Hehre und Heilige erscheint in diesem Namen.« - Die Jugend von 1813 »lachte und scherzte nicht«; sie bestand - zumindest in der Meinung der späteren Interpreten - aus spartanischen jünglingen, »die einherschritten in trutziger Haltung, abgehärteten Leibes, in altdeutscher Tracht, hochpathetische Worte Yoll sittlichen Zornes und vaterländischer Begeisterung redend«. (Treitschke) - Die Turnerschaften, Burschenschaften und studentischen Corps haben vor allem nach 1848 dem heldischen Nationalismus zum Durchbruch verholfen ... Die Reichsgründung von 1871 stählte das »neue Geschlecht« im Bewußtsein: »Das Schwert muß behaupten, was das Schwert gewann, und bis an das Ende aller Geschichte wird das Männerwort gelten ... durch Gewalt wird Gewalt überwältigt.« »Mannwerdung« sei der Krieg, meinte Treitschke; und fielen die jünglinge auch, so »sagten die Väter und die Brüder-. Viel Trauer, viel Ehre«. »Solchem Hause gehörte dann ein Blatt im schwellenden Kranze des deutschen Ruhmes.« Christentum und Kriegertum seien nun vom Deutschtum nicht mehr zu trennen, verkündete Julius Langbehn; Dokumente, die mit Blut geschrieben seien, würden sich erwiesenermaßen jahrhundertelang frisch halten. - Bald pathetisch (»Blut und Eisen«), bald folkloristisch (»Immer festedruff«) wurde das Leitbild des jugendlich strammen Offiziers propagiert, der über die schlappe Haltung des Zivilisten unendlich erhaben war, forsches Auftreten und sittliche Reinheit,eiserne Nerven und strahlende Schönheit in sich vereinte. Das Mädel umschwärmte ihn - »Hans von Weckrode, den linken Arm, der leicht verwundet ist, in der Binde, sonst stramm zu Pferd, eine Führergestalt. Die ernsten blauen Augen geradeaus gerichtet, den Helm tief in der Stirne, als Sieger voran.« Für die Alldeutschen war der Krieg der beste Erzieher der Jugend, ein »sorgsamer Erneuerer und Erhalter, der große Arzt und Gärtner, der die Menschheit auf ihrem Wege zur Eöherentwicklung begleitete . . . Wehe dem Volke, das längere Zeit hindurch seiner heilenden und helfenden Hand entraten muß«. Von seiner Gründung bis in die Tage des Nationalsozialismus (mit der Krönung des Ersten Weltkriegs und der Enttäuschung der Weimarer Republik) stimmte der Verband unentwegt sein Morgenrot- und Morgenritt-Bardiet an - einer trtitz- und wehrhaften Jugend zum Frommen, in vielen Broschüren und Schriften verbreitet. Die Ju-end sollte zu den Quellen der Begeisterung, das heißt zu kriegsfreudigem Patriotismus zurückfinden. Die Frau (deren »politische Bestrebungen als nicht berechtigt und nützlich angesehen werden können«) hatte als Mutter ihre Kinder zu zukünftigen Helden zu erziehen: »Die Stärke der Frau ist der Instinkt - die deutsche Frau wird, wenn sie ihres Volkstums bewußt ist und stolz auf seine Geschichte, seine Größe, seine Taten, aus ihrem Instinkt den Kindern nach Stimmung und Gefühl ihr Vaterland so wert machen, daß sie, zum Denken erwacht, nicht anderes können, als es lieben.«
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, standen die Herzen der Dichter und Jünglinge, wie weiland 18 13, sofort in hellsten Flammen. » Nun sangen sie wie im Wettstreit den Krieg, frohlockend mit tief aufquellendem jauchzen.« (Th. Mann) Die Blüte der deutschen Jugend »zeigte sich als Meister irn Draufgehen und im Sterben. .. Morgenrot, Morgenrot ... Kein sel'ger Tod ist in der Welt, als wer vorm Feind erschlagen ... « (Beumelburg) Das Gebet des Helden galt dem guten Büchsenlicht: »Kam'rad, die Hand am Schwerte / bete - sonst nicht! / Herr, gib uns Kraft und Härte: / und Büchsenlicht.« (Flex) - Aus den Klopstockschen romantischen jünglingen, denen die Kampfesfreude die Wangen rötete, vom Gebet der Schlachtjungfrauen gesegnet, waren im Grabenkampf des Ersten Weltkriegs »Stahlnaturen« geworden: »scharfäugig und verwittert, Landsknechte auch der Liebe ... Männer, wie sie bisher die Welt nie gesehen hatte ... Es war eine ganz neue Rasse, verkörperte Energie und mit höchster Wucht geladen. Geschmeidige, hagere, sehnige Körper, markante Gesichter, Augen in tausend Sdirecken unterm Helm versteinert. Sie waren Oberwinder, Stahlnaturen, eingestellt auf den Kampf in seiner gräßlichsten Form.« (E. Jünger) - Mannesmut war wie eh und je das Köstlichste: »In göttlichen Funken spritze das Blut durch die Adern, wenn man zum Kampfe über die Felder klirrt im Bewußtsein der eigenen Kühnheit. Unter dein Sturmschritt verwehen die Werte der Welt wie herbstliche Blätter. Was könnte auch heiliger sein als der kämpfende Mensch? « Für jünger hatte das Feuer der Materialschlachten die Krume des Mutterbodens wieder auf gesprengt und durch Ströme von Blut befruchtet; ein neues Verhältnis zum Elementaren war so geschaffen worden.
»Wie Siegfried unter dem hinterlistigen Speerwurf des grimmigen Hagen, so stürzte die ermattete Front« - mit dieser Lüge pflanzte Hindenburg nach 1918 erneut die Hoffnung auf eine martialische Zukunft in die Herzen der deutschen Jugend: sie sollte den Verrat (und den Schandfrieden von Versailles) eines Tages wieder mit Blut auslöschen. »In dieser Zuversicht lege ich die Feder aus der Hand und baue fest auf dich, du deutsche Jugend.« Das war nicht auf Sand gebaut! Das antidemokratische Denken in der Weimarer Republik nährte weiter das Bewußtsein von der »Schönheit und sittlichen Kraft des Todes fürs Vaterland ... je heißer die Schlacht, um so näher Gott; und je näher Gott, um so schöner der Tod.« (Eckert) Unter dem Dreiklang von Schlacht, Gott, Tod sollte der Jüngling heranwachsen »nach Altväter Sitte«. Mit dem Dritten Reich erhob sich der Heroismus »leidenschaftlich als kommender Gestalter und Führer politischer Schicksale« (Hitler) über die verlotterte, dekadente Demokratie. Der NS-Heldengedenktag vereinte die »heldischen« Elemente des 19. Jahrhunderts in sich: der Fichtesche Idealismus wurde vor dem Treitschkeschen Altar des Vaterlandes mit der Pose des Rembrandtdeutschen im Stil eines Ganghofer von notorisch kleinbürgerlichen Sadisten zelebriert. Die Erziehung des deutschen Jünglings zum Helden vollzog sich im Zeichen bestimmter Leitbilder aus Geschichte und Literatur. Spartaner sollte man sein, sterben, »wie das Gesetz es befahl«; oder den alten Römern gleich, auf dem Schild oder mit dem Schild aus der Schlacht zurückkehren. Beliebte Gehalte des Lateinunterrichts und des durch die Altphilologie beherrschten Geschichts- und Deutschunterrichts waren die Verherrlichung patriotischen Bauerntums (»Die Tochter des Landmanns schmückt den Altar«), chauvinistischer Mori-Tat (»Es ist süß und ehrenvoll, fürs Vaterland zu sterben«), »ehrwürdigen Patriarchentums« (»Wenn euch o Jünglin<,e, die Greise sich nähern, erhebet euch von den Sitzen«). Die Darstellungen der griechischen Götterwelt, die in der Malkunst schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu gigantischen Kitschpanoramen ausarteten, waren Vorstufen der späteren Schlachtenmalerei, die dann im Sinne journalistischer Geschichtsreportage und »lebendiger Bilder« das deutsche Heldentum farbenprächtig vor-zeichnete.Über das schulische Anschauungsmaterial von Wandtafeln, Geschichtsbuch- und Lesebuchillustrationen prägten sich solche Bilder tief im Bewußtsein der jungen Menschen ein ...
Der Schmied des »Deutschen Reiches Einheit« war der trutzige Bismarck, aus altem germanischen Bauerngeschlecht. War auch der »alten Götter Geschlecht gestorben«, Wodans Eichen rauschten für Bismarck weiter; der Glanz seines Heldentums »hat neu das alte Heiligtum geweiht«. (Die Gartenlaube) Die »strömende Fülle seiner Kräfte hatte nichts Höheres auf Erden gekannt, als Eckart seines Volkes zu werden. Er hatte die Welt mit seinem Namen erfüllt, daß in Jahrhunderten noch die Heldensage erklingen würde als Fest und jubellied der Deutschen«. (Herzog) Als »glorreich Vollendeter« stand er vor seinen nationalen Anbetern: »Bismarck! dein heilger Name, nie noch stand er so groß vor deinem Volke wie heute! Unter dem Donner der Not erwuchs zu Eisen der Same, den du ahnenden Sinnes uns in die Herzen gestreut. Ehern die Kraft und der Mut und ehern zum Sieg unser Wille; ehern der Glaube in uns an die unsterbliche Tat. Sieh, Verklärter, herab aus deiner seligen Stille, segne die Ernte der Zeit, wie du gesegnet die Saat.« (D. Eckart) - Bismarck war zu danken, so schrieb Hitler in »Mein Kampf«, daß nach einem Siegeslaufe ohnegleichen »als Lohn unsterblichen Heldentums« den Söhnen und Enkeln ein Reich erwuchs. »Nicht im Geschnatter einer parlamentarischen Redeschlacht, sondern im Donner und Dröhnen der Pariser Einschließungsfront vollzog sich der feierliche Akt einer Willensbekundung.« Hitler wollte sich »des großen Erbes würdig erweisen«; im Ersten Weltkriege kämpfte er mit, Bismarcks Werk zu erhalten: »Was die Väter einst mit ihrem Heldenblute in den Schlachten von Weißenburg bis Sedan und Paris erstritten hatten, mußte nun das junge Deutschland sich aufs neue verdienen.« ...
In Hitler war der Held der Helden erstanden. Mein Kampf wird zum nationalsozialistischen »Émile« - ein deutscher Jüngling schildert sein Leben. Als Kind findet er eines Tages eine Volksausgabe über den Deutsch-Französischen Krieg IS70/7I: »Es waren zwei Bände einer illustrierten Zeitschrift aus diesen Jahren, die nun meine Lieblingslektüre wurden. Nicht lange dauerte es, und der große Heldenkampf war mir zum größten inneren Erlebnis geworden. Von nun an schwärmte ich mehr und mehr für alles, was irgendwie mit Krieg oder doch mit Soldatentumzusammenhing.« Wie die ihm später nacheifernden Pimpfe - »zäh wie Leder, hart. wie Kruppstahl, flink wie Windhunde« - war Hitler in seiner Jugend ein »kleiner Rädelsführer, eben alles andere als ein Stubenhocker«. Der »junge Wildfang« hatte nur die große Sorge, in einer Zeit geboren zu sein, da die Ruhmestempel wegen krämerhaften Friedens leerstehen müßten. Aber Gott sei Dank! - ein Krieg brach aus, in dem sich der Jüngling bewähren konnte. »Mir selber kamen die Stunden wie eine Erlösung aus den ärgerlichen Empfindungen der Jugend vor. Ich schäme mich heute auch nicht, zu sagen, daß ich, überwältigt von stürmischer Begeisterung, in die Knie gesunken war und dem Himmel aus übervollem Herzen dankte, daß er mir das Glück geschenkt, in dieser Zeit leben zu dürfen.« Als Hitlers Gesuch, in einem bayerischen Regiment dienen zu dürfen, genehmigt worden war, »kannten Jubel und Dankbarkeit keine Grenzen«. Hitlers Herz quoll über vor stolzem Glück, mit dabei sein zu dürfen, wenn die »unerbittliche Hand der Schlclzsalsgöttin die Völ.ker und Menschen zu wägen beginnt auf Wahrheit und Bestand ihrer Gesinnung« . . . »Ich hatte so oft >Deutschland, Deutschland über alles< gesungen und aus voller Kehle Heil gerufen, daß es mir fast wie eine nachträglich gewährte Gnade erschien, nun im Göttergericht des ewigen Richters als Zeuge antreten zu dürfen, zur Bekundung der Wahrhaftigkeit dieser Gesinnung.« Für den jungen Hitler begann »wie wohl für jeden Deutschen die unvergeßlichste und größte Zeit seines irdischen Lebens«. So wurde Hitler, der schon immer den Entschluß zu schlagen in sich spürte, zur Inkarnation jahrzehntelanger Heldenerziehung und später zum Idol einer Jugend, die man systematisch von Humanität, friedlicher Arbeit und Bewährung abdrängte, deren sinnlose und blinde Einsatzbereitschaft man mißbrauchte und die man schließlich dem nationalen Götzen opferte. Großangelegte Heldenfriedhöfe in allen europäischen Ländern hatten die Nationalsozialisten schon vor Kriegsausbruch geplant. Die deutsche Jugend sollte den »Vorderaufstieg ins Pantheon« nehmen können; sie landete im nationalen Beinhaus, auf dem Schindanger einer verblendeten Nation.