Der Kreis wird größer: Babysitter und andere Leute

Die ersten drei Jahre des Elterndaseins sind teuflisch harte Arbeit, haben aber auch etwas Beruhigendes, Abgeschirmtes. Zumindest retrospektiv betrachtet. Die große, weite Welt tritt ein wenig in den Hintergrund. Hin und wieder gibt es ein paar Klagen über Türen, die zu schmal sind für Kinderwagen, und über Restaurants, in denen Kinder unerwünscht sind, aber im großen und ganzen leben wir in unserer kleinen Welt aus Buggys und Feuchttüchern, aus Teddys und Tränen und feuchten, klebrigen, rundlichen Kinderärmchen, die sich um unseren Hals schlingen. Wenn ich heute Freunde mit Kindern betrachte, die unter vier sind, dann beneide ich sie um diese private Welt. Gehetzt, aber glücklich lächeln sie durch Talkumpuderwolken hindurch, wischen Tränen weg und wissen einem plötzlichen Wutausbruch mit einer Umarmung und einem kleinen Spaß zu begegnen. Ihre Kinder stellen einfache, wenn auch nervtötende Fragen wie »Was ist das?« und schlafen plötzlich ein wie Katzen. Und Sie, Sie sind immer im Dienst, und wenn Sie noch so müde sind, Sie haben eine Welt für Ihre Kinder geschaffen, ein Ambiente, einen moralischen Rahmen, in dem die Kinder mehr oder weniger zufrieden leben.
Aber es kommt die Zeit, wenn das Kind vier oder fünf Jahre alt ist und anfängt, sich allmählich für die Welt außerhalb der Familie zu interessieren. Es hat im Kindergarten oder in der Schule Freunde" die Sie nicht kennen. Nie werde ich den Schrecken vergessen, der mich durchfuhr, als mein fünfjähriger Sohn, der mit mir durchs Dorf ging, plötzlich einer Frau auf der anderen Straßenseite zuwinkte und fröhlich »Guten Morgen, Mrs. Saxby!» rief. Mrs. Saxby war Schulangestellte, und ich kannte sie damals nicht. Aber es war teilweise ein angenehmer Schrecken für mich. Wenn das Kind sich allmählich der großen, weiten Welt zuwendet, dann ist das für die Mutter eine bittersüße Freude, aber nichtsdestotrotz eine Freude. Schließlich sind Eltern nicht für immer und ewig da. Sollten sie auch nicht. Eine Art emotionales Entwöhnen vollzieht sich. Das ist der Augenblick, auf den das Baby hingearbeitet hat, als es sich in einem überfüllten Eisenbahnabteil plötzlich von der Mutterbrust abwandte und die anderen Reisenden mit einem breiten Lächeln anstrahlte (Sie selbst waren in diesem Augenblick völlig bloßgestellt im wahrsten Sinne des Wortes. Babys haben eben noch kein Feingefühl). Eine aufregende Zeit, die aber gut vorbereitet sein muß. Wer sind also diese Erwachsenen, die jetzt ins Blickfeld Ihres Kindes gelangen?

BABYSITTER.

Wahrscheinlich hatten Sie, solange die Kinder sehr klein waren, einen kleinen, aber erlauchten Kreis von Ihnen wohl bekannten Babysittern. Großmütter, Tanten, vertrauenswürdige Nachbarn, eine Tagesmutter oder ein Kindermädchen. Diese Menschen sind so kostbar wie Goldstaub. Als frisch gebackene Mutter entwickeln Sie plötzlich ein ungeahntes Interesse an gewissen Bevölkerungsschichten. Begehrlich beäugen Sie mütterliche Witwen im Supermarkt und mustern weibliche Teenager ebenso taxierend wie die jungen Männer das tun - wenn auch aus anderen Gründen. Gute Babysitter sollten Sie am besten mit Gold aufwiegen. Schlechte Babysitter sind im besten Fall eine Katastrophe, im schlimmsten Fall eine Tragödie. Das Wichtigste an einem Babysitter ist sein oder ihr gesunder Menschenverstand. Vergessen Sie die Punkfrisur, den Minirock oder den Kaugummi. Achten Sie auf Intelligenz. Schließlich würde nur ein sehr böser Mensch einem Kind bewußt Schaden zufügen, aber Leute, die es gut meinen, aber unsinnig handeln, sind genauso gefährlich und viel weiter verbreitet. Wenn die Tochter Ihrer Freundin oder die Tante Ihrer Putzfrau oder wer auch immer Ihnen ernsthaft doof erscheint, dann nehmen Sie sie nicht als Babysitter - nicht einmal für eine halbe Stunde, auch nicht, wenn Sie nur nebenan sind. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal echter Dummheit ist, wenn jemand nicht weiß, wann es angebracht ist, Hilfe zu holen.
Ein weiteres ist die Neigung zur kopflosen Panik, etwa wenn die Person Wasser auf die brennende Friteuse schüttet, viel Zeit darauf verschwendet, ein Kind, das etwas Giftiges gegessen oder getrunken hat, zum Erbrechen zubringen oder die Eltern aus dem Kino raus holen läßt, anstatt erst einmal den Notarzt anzurufen. Ein guter Babysitter ist nicht nur freundlich und lustig, sondern hat auch eine ausreichend morbide Phantasie, um ein Kind daran zu hindern, ein Stück Seil mit ins Bett zu nehmen und die Plastiktüte vom Kinderzimmerboden zu entfernen. Auch wird er oder sie der noch so treuherzig geäußerten Versicherung Ihres Kindes, es dürfe immer ein Bonbon mit ins Bett nehmen, keinerlei Glauben schenken. Wenn die Kinder groß genug sind, um an einer Unterhaltung Spaß zu haben, ist der Besuch eines Babysitters eine willkommene Abwechslung. Teenager sind für kleine Kinder hochinteressante Paradiesvögel, und Erwachsene aller Altersgruppen sind immer eine erfrischende Herausforderung. »Hallo, Suzy! Bist du ein Teenager? Gehst du in Discos? Wirst du uns eine Geschichte erzählen? Möchtest du die Kunststücke sehen, die ich kann? Möchtest du sehen, was Rose macht, wenn du ihr zur Limonade einen Strohhalm gibst?« Bei einer netten, freundlichen, gemütlichen Dame mittleren Alters sind es vor allem die Jungen, die die Grenzen ihrer Duldsamkeit testen, etwa so wie Pferde auf der neuen Koppel sich erst einmal gegen die Zäune auf allen Seiten lehnen, um zu prüfen, ob sie elektrisch geladen sind. Eine Freundin von mir ließ einmal einen Babysitter probeweise nachmittags eine Stunde mit den beiden durchaus wohlerzogenen, kleinen Jungs alleine. Als sie zurück kam, war das ganze Haus auf den Kopf gestellt, die Schubladen ausgeleert, alle Spielsachen auf dem Boden verteilt, die Möbel umgeworfen, unanständige Worte auf Papier gekritzelt, und mitten in dem Chaos der unsicher und verstört drein blickende Babysitter. Meine Freundin war wütend auf die Kinder, aber auch auf den Babysitter. Ein Babysitter muß wissen, wann er die Bremse ziehen und durchgreifen muß. Jemand, der einmal wunderbar mit Ihrem Baby zurecht kam, kann drei Jahre später eine Katastrophe sein. Andererseits kommen Kinder mit Babysittern, die sehr streng sind, gar nicht zurecht und streiken dann massiv. Es ist nicht leicht, den Unterschied zwischen Dichtung und Wahrheit herauszufinden, besonders wenn Ihr Kind leicht zu Übertreibungen neigt. »Mami«, jammert das kleine Mädchen, »Katy ist schrecklich grausam zu uns.«
Mami kriegt einen Mordsschreck, sieht Kindesmißhandlungen und andere Grausamkeiten vor ihrem entsetzten, geistigen Auge. »Liebling, was tut sie denn?« fragt sie so ruhig wie möglich. Das Kind fährt fort: »Ich kann sie absolut nicht leiden. Sie tut schreckliche Dinge mit mir.« Mami schluckt zwei Valium. »Was denn, Liebling?« »Nun«, sagt das Kind, erfreut über die Aufmerksamkeit, »ich habe mich zum Baden ausgezogen, und sie sagte, ich müßte mein Unterhemd in den Schmutzwäschekorb geben. Sie sagte, ich müßte es selbst vom Boden aufheben. Und dann sagte sie, sie würde mir meine Gummiente nicht geben, wenn ich das Unterhemd nicht aufhebe.« Trotz einer halbstündigen, weiteren Befragung können keine Beweismittel für unnatürliche Grausamkeit erbracht werden. Mami entschließt sich, Katy nicht von der Babysitterliste zu streichen. Das Schreckgespenst schlechthin aller Eltern ist das Babysitterpärchen. Die Eltern haben keine ruhige Minute, weil sie ständig das Bild von ihren verzweifelt um Hilfe schreienden Kindern vor sich haben, während Katy und Jason leidenschaftlich auf der Couch knutschen. Eine Freundin, die in einer Gegend wohnt, wo es unmöglich ist, ein Mädchen als Babysitter zu bekommen, wenn sie nicht ihren Freund mitbringen darf (aus Sicherheitsgründen), hat dazu folgende Faustregel aufgestellt: »Erkundigen Sie sich bei den Eltern. Wenn Ihr Haus das einzige ist, in dem Katy und Jason alleine sind, lassen Sie die Finger davon. Wenn sie genügend andere Gelegenheiten haben, sich anzuknabbern, dann können Sie es riskieren. Ein nettes Mädchen, das ein guter Babysitter ist, wird nicht gleich zum Ungeheuer werden, wenn ihr jemand Gesellschaft leistet. Aber hören Sie auch gut zu, was Ihre Kinder am nächsten Tag über die beiden erzählen.« Babysitter kommen in Ihr Haus und werden ehrenhalber Familienmitglieder auf Zeit. Die nächste Stufe der Außenwelt, auf die Ihr Kind trifft, sind:

ELTERN VON FREUNDEN.

Das ist leicht. Schon als Babys sind die meisten Kinder daran gewöhnt, für ein paar Stunden oder auch mal über Nacht bei Freunden zu bleiben. Beim ersten Mal ist das ein riesiges Abenteuer mit riesigen Taschen voller Stofftiere, speziellen Schlafdecken, Zweifel in letzter Minute und speziellen Toilettengewohnheiten, die der anderen Mami ins Ohr geflüstert werden. Die zu Hause gebliebene Mami sitzt bangen Herzens den ganzen Abend am Telefon. Manche Kinder finden es schon mit zwei oder drei Jahren toll, bei ihren Freunden schlafen zu dürfen, andere finden erst mit sieben Jahren Gefallen daran. Aber es ist ein wahres Gottesgeschenk, ein Kind für eine Nacht in die Obhut von Freunden geben zu können - das löst nicht nur an Abenden, an denen es spät wird, das Babysitterproblem, sondern es gibt Ihnen auch ein gutes Gefühl für einen etwaigen Notfall in der Familie, der eventuell eine Nacht im Krankenhaus erfordert. Es ist auch gut für das Selbstbewußtsein des Kindes. Nach einer Nacht im gemütlichen Haus von Freunden trottet Ihr Kind mit stolzgeschwellter Brust daher - das können Sie schon von weitem sehen. Ein paar Tips für den reibungslosen Abend von Übernachtungen bei Freunden:

  • Machen Sie es nur mit Eltern, die Sie und Ihr Kind ziemlich gut kennen. Achten Sie genau auf irgendwelche Hinweise, daß Ihr Kind einen bestimmten Papi oder eine bestimmte Mami nicht mag oder sich sogar fürchtet, auch wenn Sie wissen, daß es dafür keinen berechtigten Grund gibt. jeder hat ein Recht auf Abneigungen und Vorlieben.
  • Erzählen Sie der anderen Mutter von allen Eigenheiten Ihres Kindes: Lammfell zum Draufliegen, Teddybär unterm Kopf, Licht auf dem Flur, Pyjamajacke hinten geknöpft, trockene Cornflakes zum Frühstück - oder was immer. Aber machen Sie sich nichts draus, wenn Ihr Kind keines dieser Eigenheiten zur Schau trägt.
  • Erzählen Sie auch von etwaigen Ängsten oder Alpträumen. Für ein Kind ist es sehr beruhigend, wenn ein verhältnismäßig fremder Erwachsener mit seinen Ängsten vor Rottweilern, sich plötzlich öffnenden Falltüren oder Atomexplosionen vertraut ist.
  • Wenn Sie versprochen haben, gleich nach dem Frühstück oder sogar schon vorher da zu sein, dann halten Sie sich auch daran. Nach einer schlechten Erfahrung kann es ein ganzes Jahr dauern, bis das Kind es wieder wagt. Wenn Sie selbst die Gastgeberin sind, denken Sie daran:
  • Lassen Sie alle Lichter auf dem Weg zur Toilette an.
    Selbst der härteste kleine Macho möchte einen Gutenachtkuß, zumindest das Angebot. Selbst wenn er ihn dann mit einem angewiderten »Igitt! Nein, wirklich nicht!« ablehnen kann und sein Freund im anderen Bett dazu kichert.
  • Wenn die beiden Kinder in einem Bett schlafen möchten, die Matratzen auf den Boden legen oder ein Zelt aufschlagen wollen, dann machen Sie gute Miene zum bösen Spiel. Schließlich fällt das unter die Rubrik Unabhängigkeitstraining. Bleiben Sie ruhig.
  • Wenn möglich, sollte das Ganze nicht vor einem Schultag stattfinden.

Der nächste Schritt. Nach Zuhause, Schule und anderen Mamis geht's nun wirklich in die große Welt. Je weiter und exzentrischer meiner Meinung nach der Bekanntenkreis eines Kindes ist, um so besser. Ich sehe absolut keinen Vorteil darin, daß ein Kind in dem Glauben aufwächst, daß alle Leute verheiratet sind, Kinder in seinem Alter haben und der gleichen Gesellschaftsschicht angehören.
Es ist nicht besonders schwierig, einem Kind eine nicht enden wollende Schlange von alten Damen, Neugeborenen und anderen Kindern samt Eltern vorzuführen, aber es gibt auch noch andere Menschen. Mit einem wachsamen, elterlichen Auge in gebührender Entfernung können Kinder sich mit freundlichen alten Herren, Teenagern, Exzentrikern, Singles, geistig Behinderten, Nonnen und Mönchen, rastlosen Reisenden und (Ja!) mit Schwulen und Lesbierinnen anfreunden. Innerhalb der Familie kommt es zu sehr schönen Beziehungen zwischen Kindern und ihren unverheirateten Onkeln und Tanten, die keinerlei Konzessionen an die kleine Welt des Kindes machen und die Kinder statt dessen mit Chaos, Unordnung und Spaß bekannt machen. (»Tante Susie«, schrieb ein Kind, »bringt uns immer Lippenbalsam, der nach Kaugummi schmeckt und Marmelade aus dem Flugzeug. Einmal gingen wir im Covent Garden essen und konnten keinen Parkplatz finden.
Also stellte Tante Susie ihr Auto auf einem doppelten gelben Streifen ab. Alte fünf Minuten mußten Susanna oder ich raus rennen und nach schauen, ob ein Verkehrspolizist in der Nähe war. Dafür bekamen wir immer fünf Pence. Sie ist eine Supertante!«) In einer gut funktionierenden, wohl geordneten,  liebevollen verantwortungsbewußten Familie gibt es nichts Schöneres, als einen unverheirateten Onkel oder Freund, den man mit einem Mordskater unerwartet auf dem Wohnzimmersofa vorfindet und der dem Neffen trotz Brummschädel willig erklärt, wie man aus einer Banane ein überzeugendes Modell eines kranken Schweines macht. Es ist auffällig, daß in Autobiographien die glücklichsten Kindheitserinnerungen von Landstreichern oder exzentrischen Verwandten handeln. Jetzt, da es keine Großfamilien mehr gibt, besteht die Gefahr, daß wir unsere Kinder unter Glasglocken aufwachsen lassen langweilig, zu sicher, zu sehr nach Versandhausmanier.
Seele und Körper brauchen Ballaststoffe. Viele dieser Freundschaften, ich möchte es noch einmal betonen, kommen nicht ohne die elterliche Oberaufsicht aus einiger Entfernung aus. Es gibt pädophile und perverse Menschen. Und selbst die Moralbegriffe gewisser unverheirater Onkel bedürfen oftmals einer kleinen Korrektur. (»Mein Onkel Neddy«, erzählte jüngst ein Kind aus meinem Bekanntenkreis den entsetzten Umstehenden, »sagte, das Wichtigste im Leben ist, klaue nie etwas, das du nicht wieder verscheuern kannst. Ich glaube nicht, daß der liebe Gott damit einverstanden wäre, oder?«) Aber diese Bekanntschaften sind wichtig. Diese netten, unmöglichen Leute helfen uns zumindest über die heutzutage so deprimierende Notwendigkeit hinweg, Kinder eindringlich zu warnen vor:

FREMDEN.

Es ist selbstverständlich, daß man Kinder, wenn sie größer und unabhängiger werden, davor warnt, mit Fremden zu sprechen. Aber gleichzeitig ist das auch sehr traurig. Früher einmal konnten einsame alte Leute im Park ganz ungezwungen mit Kindern reden, ihnen ihre Lebensgeschichte erzählen und Spaß haben an der gemeinsamen Unterhaltung. Manche Eltern sind der Ansicht, es genüge, den Kindern einfach einzubleuen, niemals mit Fremden mitzugehen, und ganz besonders nie in ein Auto einzusteigen. Experten meinen, das genüge nicht. Ein freundliches Kind, das in ein harmloses Gespräch verwickelt wurde, vielleicht nicht nur einmal, vergißt, daß diese Person eigentlich immer noch ein »Fremder« ist. Auf Nummer Sicher können Sie nur mit einem generellen »Sprechverbot« gehen, es sei denn, es sind Vater oder Mutter oder ein anderer Erwachsener dabei. Die Warnung vor dem »bösen Fremden« ist eine schreckliche Sache, kommt sie doch just in dem Augenblick, in dem sich Ihr Kind für sein weiteres Umfeld zu interessieren beginnt. Aber Sie können sich nicht davor drücken, und es wäre der schiere Wahnsinn, die Gefahr herunterspielen zu wollen. Und darauf sollten Sie Ihr Kind vorbereiten.

  • »Erinnerst du dich an den Wolf, der die Kleider der Großmutter anzog? Nun, leider gibt es manchmal Menschen, die so sind. Sie erscheinen freundlich und sehen nett aus, aber in ihrem Innern sind sie so böse wie Wölfe. Also sprich' niemals mit Fremden, für den Fall, daß...«
  • »Die meisten Menschen sind freundlich zu Kindern und würden ihnen niemals wehtun. Aber einige - die genauso aussehen wie die anderen - haben eine böse Krankheit. Sie wollen Kinder ihren Eltern wegnehmen und ihnen weh tun. Also sprich' niemals mit Fremden, für den Fall, daß ... « Sie müssen Ihrem Kind nicht in allen Einzelheiten erzählen, was anderen Kindern an schrecklichen Dingen widerfahren ist. Die Drohung, den Eltern »weggenommen« zu werden, genügt vollauf. Weitere Punkte, die Sie betonen sollten:
  • Die meisten Menschen sind gut und freundlich, ABER...
  •  »Nach dem Aussehen kannst du nicht gehen.«
  • Mami und Papi würden dich nie von jemand anderem abholen lassen, ohne den Lehrern oder dir Bescheid zu sagen, und ohne dir zu beweisen, daß du Vertrauen zu dieser Person haben kannst. (Das mag übertrieben klingen, aber das macht nichts. Als ich acht Jahre alt war, weigerte ich mich strikt, mit einem Arbeitskollegen meines Vaters mitzugehen, obwohl die Mutter Oberin und drei andere Schwestern wußten, daß alles seine Ordnung hatte und mich mit allen Tricks dazu zu überreden versuchten. Ich stellte mich schützend vor meine kleineren Brüder und blieb standhaft - wie die Jungfrau von Orleans. Sehr peinlich für den armen Mann!)
  • Manchmal tun böse Menschen so, als wären sie deine Eltern oder Lehrer, wenn sie versuchen, dich mitzunehmen. Niemand wird dir einen Vorwurf daraus machen, wenn du Rennstall und laut schreist »Das ist nicht mein Papi!« oder ihn sogar beißen würdest. Sieh dich nach »guten Fremden« um - Polizisten, weiblichen Verkäuferinnen oder Schülerlotsen.
  • Manchmal kommt es vor, daß Menschen, die du gut kennst und die normalerweise sehr nett sind, von dir etwas verlangen, das du nicht für richtig hältst. Tu es nicht. Du gehörst nur dir, niemandem sonst. Nicht einmal deinen Eltern.
  • Popos sind Intimsache. Alles ganz normal, aber eben intim. Nur der Arzt oder Mami und Papi dürfen deinen Popo oder deinen Pimmel sehen. Und kümmere dich nicht darum, wenn dir einer seinen zeigen möchte.

Zugegeben, es ist eine Gratwanderung zwischen der Ermutigung zu freundlicher Aufgeschlossenheit und den nötigen Schutzmaßnahmen, die man für ein Kind treffen muß. Meist sind wir ja übervorsichtig, aber es besteht dabei auch die Gefahr, die ganze Welt außerhalb des Familienumfeldes als ein einziges Nest von Mördern, Perversen und Kindstötern zu schildern.
Damit ziehen Sie sich womöglich ein überängstliches, mißtrauisches, fremdenfeindliches Kind heran. Selbst wenn Ihnen das nichts ausmacht, bleibt die Gefahr bestehen, daß Ihr Kind eines Tages einen Fremden kennen lernt, der ausgesprochen freundlich ist, Ihnen nichts davon sagt, aber stillschweigend davon ausgeht, daß Sie einfach unrecht hatten.