Weibliche Bildung im 19. Jahrhundert: Fesselung von Kopf, Hand und Herz

Die Frage nach weiblichen Eigenschaften, nach besonderen Fähigkeiten von Frauen, hat neben der Weiblichkeitsideologie und den Konzepten zur weiblichen Bildung auch die Erziehungsrealität zu berücksichtigen. Der weibliche Charakter, den die Wissenschaft von allem im 19. Jahrhundert Frauen aufgrund ihres biologischen Geschlechts zuschrieb und der sich als Weiblichkeitsideal in der Folgezeit ausdifferenzierte, ist Ergebnis des gesellschaftlichen Sozialisationsprozesses und Produkt bestimmter Erziehungsinhalte und -praktiken. Der Begriff Sozialcharakter macht deutlich, daß das Frau-Werden in Wechselwirkung mit der Umwelt stattfindet, daß erst die Sozialisation Weiblichkeit vermittelt und diese Charaktereigenschaften historisch sind. Daneben verweist die Polarisierung des menschlichen Fähigkeitsspektrums in weiblich und männlich genannte Eigenschaften auf ein Herrschaftsverhältnis, in dessen Interesse eine solche Zuschreibung vorgenommen wird. Doch die Geschichte zeigt, daß die Reduktion der Frau auf ein Individuum mit weiblichem Charakter nur mit Schwierigkeiten durchzusetzen ist.
Im 19. Jahrhundert wurden Frauen in den unterschiedlichen weiblichen Lebenswelten auf differenzierte Weise Sittsamkeit und Selbstzucht als Formen der Herrschaft vermittelt. In diesen Gewaltakten wurde den manuellen Textilarbeiten ein bisher kaum beachteter Anteil bei der Herstellung des weiblichen Sozialcharakters übertragen. Sie hatten eine hervorragende Funktion als Disziplinierun,gsmittel innerhalb des Eingliederungsprozesses von Frauen in die bürgerliche Gesellschaft, da das Be- und Verarbeiten von textilem Material ein Strukturmoment der Frauenarbeit war - unabhängig davon, ob es als (bezahlte) Erwerbsarbeit oder (unbezahlte) Hausarbeit verrichtet worden ist.
Da der jeweiligen spezifischen Arbeit eine Schlüsselstellung bei der Ausprägung der Persönlichkeit eines Indiv-iduums zukommt und die Grenzen für die Entwicklung der Identität von Frauen und Männern durch ökonomische Voraussetzungen und die alltäglichen, sich täglich wiederholenden Handlungen gesteckt sind, erscheint die von Mädchen und Frauen ausgeführte, sehr viel tägliche Zeit beanspruchende manuelle Textilarbeit von besonderem Interesse: Aus dem Alltag der Menschen entwickeln sich Gedanken und Taten, und der Alltag ist durch Arbeit bestimmt.

I. Die Erziehung zur sittlichen und rastlosen Frau

Unabhängig von der sozialen Lage erhielt im Verlauf des 19. Jahrhunderts das Ideal der bürgerlichen Familie für immer mehr Menschen Relevanz, und in der Familie selbst wurde die Regulierung der Interaktion zwischen ihren Mitgliedern immer wichtiger (vgl. HAUSEN 1976). Im Haushalt, einem zentralen Bereich des Zusammenlebens von Menschen, haben sich Frauen Hilfsmittel entwickelt, die ihnen die Unterordnung unter die patriarchalische Herrschaft des Hausherrn erleichterten und die ihnen gleichzeitig das Gefühl einer sinnvollen Existenz durch die Herstellung von sichtbaren und brauchbaren Produkten geben konnten. Die Herstellung und ständige Erneuerung des emotionalen Binnenklimas in der Familie verlangte von den Frauen eine neue, reproduktive Arbeit, durch die eine stille Gemütlichkeit im Heim erzeugt werden konnte. KITTLER sagt zutreffend, daß diese Arbeit "als solche unkenntlich werden und sich als Muße verkleiden mußte" (KITTLER 1980, 16). Innerhalb dieser Arbeit trugen die Handarbeiten erheblich zur Schaffung der familiären Atmosphäre bei.
Zu Hause und in der Schule ausgeführte Textilarbeiten - so meine These - fördern Eigenschaften, die Haus- und Ehefrauen, Mütter und mütterlich Arbeitende dringend für die im 19. Jahrhundert im bürgerlichen Lebenszusammenhang notwendig gewordene, psychische Reproduktionsarbeit benötigen (vgl. KONTOS/WALSER 1978). Entsagende und duldende Tugenden wurden durch die ausdauernde Ausführung von Textilarbeiten im Sitzen ausgeprägt, und die Umsetzung der Neubestimmung von Weiblichkeit in die Realität erfuhr durch sie eine nachhaltige Unterstützung.
Eine wichtige Rolle in der Sozialisation der Frau erhielt die normative Vorstellung der Schicklichkeit: Das Verhältnis der Frau zu ihrem Körper durfte nicht triebhaft bleiben. Und weil die Überwachung des Körpers und der körperlichen Regungen nicht durch ständige Präsenz eines Herrschers gewährleistet werden konnte, mußte sie in die Frau selbst verlagert werden. Das Ergebnis sittliches Verhalten sollte von den Frauen freiwillig angestrebt werden. Die Erziehung zur sittlichen Frau sollte erreichen, daß Frauen möglichst allen Verlockungen der neuen bürgerlichen Freiheiten und den Möglichkeiten des Lebens ohne einen sie beherrschenden Mann widerstehen wollten und konnten. TORNIEPORTH hebt diesen Aspekt hervor, wenn sie betont, daß»der umfangreiche Katalog vermeidender und duldender Tugenden« die das Ziel (philantropischer) Mädchenbildung waren von klein auf eine restriktive Erziehung und die Verneinung aller sinnlichen und geistigen Genüsse« verlangte (TORNIEPORTH 1977, 82).
Da die sittliche Frau der mehrwertschaffenden Produktion ferngehalten wurde, definierte sie ihre Identität nicht über ihren Platz in diesem Produktionsprozeß, ihre Orientierung war eine andere als die männliche. Sie erschien dem Mann natürlicher, durch Natur geprägt, als menschlich gewordene Natur (ähnlich den unterworfenen Naturvölkern). Und je stärker dem bürgerlichen Mann Natur als etwas Vorgegebenes erschien, das er sich unterwerfen mußte, desto ausschließlicher wurde Arbeit als etwas begriffen, worin sich Herrschaft über die Natur manifestiert (vgl. KÖSSLER 1979). Die Arbeit der Frauen, die tendenziell mehr auf Bearbeiten als auf Beherrschen gerichtet ist, verlor sich immer mehr aus dem, was für Arbeit an sich gehalten und anerkannt wurde und wird. Trotzdem galt die normative Forderung nach Industriösität für das gesamte Bürgertum, für männliche wie weibliche Menschen. Als das beherrschende Prinzip des ganzen Lebens war Arbeit, gepaart mit unablässigem Streben nach erhöhter Leistung, Grundlage der bürgerlichen Existenz geworden.
Die sittliche Frau konnte diese neue Eigenschaft aber nicht in einer außerhäuslichen Erwerbsarbeit unter Beweis stellen. So entwickelte sich ein neues Tätigkeitsfeld innerhalb des Hauses, das Frauen erlaubte, die bürgerlichen Arbeitstugenden bei gleichzeitiger Delegation schwerer Arbeit an Dienstpersonal ständig zu üben und vorzuführen. Mit dieser Arbeit sollte allerdings keinesfalls der Eindruck erweckt werden, die betreffende Familie könne sich die statuserhaltende Freistellung ihrer weiblichen Familienmitglieder von körperlicher Arbeit nicht leisten. Die Funktion, ständige Arbeit trotz scheinbarer Muße zu demonstrieren, wurde den manuellen Textilarbeiten übertragen, denn künstlerische und textile Arbeiten kamen der Mentalität der Bürger besonders entgegen. Nach langwieriger Handarbeit entstand schließlich aus relativ billigen Materialien ein repräsentatives oder gar prunkvolles Objekt. Mit Hilfe der Textilarbeit konnte sich das im gesellschaftlichen Bewußtsein dominierende Leistungsethos mit dem statuserhöhenden Ausschluß von der neuen außerhäuslichen Erwerbsarbeit versöhnen.
Die repräsentierende Darstellung der gesellschaftlichen Position untrennbarer Bestandteil des Verhaltens von Männern und Frauen der feudalen Oberschicht - wurde isoliert und den Frauen der neuen bürgerlichen Gruppen zur Imitation auferlegt. Nach ZINNECKER standen dabei den Frauen "zur Darstellung des sozialen Status von Ehemann und Familie grundsätzlich die gleichen Repräsentationsformen wie den Feudalklassen zur Verfügung" (ZINNECKER 1973, 102).
Die alte Schlüsselstellung der Mode als Ausdrucksform für prestigeverleihenden Luxus blieb für diese Funktion erhalten: Die bürgerliche Frau setzte "die adelige Tradition modischer Prunk- und Machtentfaltung fort" (a. a. O.). Mit modischen Attributen - z. B. teuer gehandelten, aber selbsthergestellten Spitzen an der Kleidung - demonstrierten die Familienmitglieder die Höhe des erreichten gesellschaftlichen Status. Aufgrund der materiellen Ausgangslage im Bürgertum mußte sich das Muster des repräsentierenden Verhaltens jedoch verändern. Wirklich kostspieliger Konsum war für Bürgerfrauen unerschwinglich. Sie konnten kaum einen demonstrativen Müßiggang praktizieren, der das zweckfreie Moment hervorhebt, wie ZINNECKER- annimmt. Gerade in den inehrheitlich unvermögenden bürgerlichen Kreisen produzierten Frauen und ihre Töchter die repräsentative, reich verzierte Garderobe in langer, mühevoller Kleinarbeit eigenhändig.
Selbst VEBLEN, von dem ZINNECKER. die Kategorien demonstrativer Müßiggang und demonstrativer Konsum übernahm, mußte in seiner bissig-ironischen Kritik an der herrschenden Klasse einschräiikend hinzufügen, die demonstrative Muße der Frau verstecke sich fast immer "hinter Haushalts- oder gesellschaftlichen Pflichten, die (...) beweisen, daß die Frau es nicht nötig hat, sich mit einer gewinnbringenden" Arbeit zu beschäftigen (VEBLEN o. J. 1899, 91, Hervorhebung durch die Verf.). Die wenigsten Familien konnten sich den Luxus der Muße für die Hausfrauen leisten (vgl. GERHARD 1978, 65).
Die Textilarbeit der bürgerlichen Frauen, die Gegenstände von hohem Gebrauchswert hervorbrachte, war keine Mußebeschäftigung und ist nicht geeignet, einen demonstrativen Müßiggang zur Schau zu stellen. Sie ist weder Pseudobeschäftigting (TORNIEPORTH 1977, 79), auch nicht ostentativ sinnlos (HARDACH-PINKE/HARDACH 1978, 23), noch von jedem Sinn frei (KÖSSLER 1979, 71). Manuelle Textilarbeit ist konkrete Arbeitskraft verausgabende Arbeit, die sinnlich wahrnehmbare Dinge herstellt un.d zu deren sorgfältiger Ausführung eine längere Ausbildung notwendig ist.
Textilarbeiten waren Frauen des mittleren und gehobenen Bürgertums als gesellschaftliche Verpflichtung auferlegt, da feine Handarbeiten die Erfüllung verschiedener gesellschaftlicher Normen gleichzeitig ermöglichten: die Demonstration der Freistellung von Lohnarbeit als klassenunterscheidendes Merkmal, die Demonstration von bestänäiger Arbeit und Fleiß (Industriösität) als kapitalistisches Ideal und eine privilegierte, kostspielige Bildung für Männer durch heimliche Erwerbsarbeit als klassenerhaltendes Merkmal.
Daß die mühselige und auch qualifizierte feine Handarbeit als Beschäftigung oder Hausarbeit und nicht als Arbeit bezeichnet und bewertet wurde und wird, eben weil sie sich nicht über den Markt austauscht, ist ein Problem, das die (Frauen-)Arbeit im Haushalt heute noch entscheidend prägt. Damals wurde allerdings am Umfang der standesgemäßen, unbezahlten Textilarbeit die Aktivität der einzelnen Frau gemessen (vgl. ZISCHKA 1978, 12).
Die gesellschaftliche Konvention verlangte zu dieser Zeit, daß sich Frauen der höheren Stände intensiv mit Nadel und Faden beschäftigten. Andererseits hielten die eifrigen Frauen auch immer nach neuen Gegenständen Ausschau, die sie mit ihrer Hände Arbeit verzieren konnten: Schließlich wurden sie von anderen Produktionsbereichen ferngehalten. Der Einfluß der Ideologie des rastlos Tätigseins, der sich die Welt aneignenden Bürgerin, der verfeinerten industriösen Bildung ist in der Produktion von textilen Gegenständen eindeutig zu erkennen. Es ist besonders auffällig, daß die Frauen als Bewahrerinnen der positiv besetzten menschlichen Eigenschaften, als Hüterinnen der Moral und des trauten Heimes einer Beschäftigung nachgehen sollten, die in keiner offensichtlichen Beziehung zu den mehrwertschaffenden Arbeiten in der feindlichen Welt außerhalb der Familie stehen durfte. Außerdem hatte die pietistische Ablehnung von Aufwand und Genuß, Zerstreuung und Zeitvergeudung in Preußen einen sehr großen Einfluß. Seit SPENER und FRANCKE war für jeden Gläubigen die Arbeit zur heiligen Pflicht geworden. Rastlose Tätigkeit galt als das beste Mittel, sündige Lüsternheit und sexuelles Verlangen zu ersticken (vgl. TREIBER/STEINERT 1980, 112). Die Bezähmung oder besser: Unterdrückung der Sexualität mußte mit einer Unterwerfung des Körpers uiid des Geistes gleichzeitig angegangen werden. Der Nutzen der Arbeit bestand demnach nicht nur in der Produktivität, sondern auch in ihrem Disziplinierungseffekt.

II. Stricken als Triebabwehr

Folgt man TREIBER und STEINERT, so erscheint es als nicht wesentlich, wieviel Strümpfe ein Mädchen strickte. Die entscheidende Sozialisationsfunktion liegt vielmehr in der Unterwerfung des Körpers unter eine regelmäßige Bewegung. Die Autoren zeigen auf, daß die mechanischen, sich stets wiederholenden Verrichtungen bei der zugewiesenen Hand-Arbeit (...) direkt auf ihr klösterliches Vorbild: auf die monotone Arbeit des Mattenflechtens" verweisen (a. a. O., 113). Gleichförmige Arbeit kann als eine disziplinierende Technik verstanden werden, deren Ziel die Erlösung des Individuums von den peini.genden, niedrigen Trieben war.
In der Weiterentwicklung dieses Gedankenganges könnten Strick- und Nähnadeln als die äußeren Stützen legitimierter Gewalt begriffen werden, die einen Bezwingungsvorgang auslösen. Auf die Werkzeuge als strukturelle Voraussetzung des Prozesses kann dann verzichtet werden, wenn aus dem von außen angetragenen Zwang an die Bezwungenen ein freiwilliges Mitmachen oder gar ein inneres Bedürfnis geworden ist (vgl. a. a. O., 104).
Hier drängt sich die Parallele zu einer Institution geradezu auf, die im 19. Jahrhundert für die Sozialisation von Männern eine große Bedeutung gewann: das Militär. [1] Ursprünglich war dort das Exerzieren eine Notwendigkeit, die geschulten Bewegungsabläufe waren direkt auf die Herstellung von Gefechtsbereitschaft bezogen. Der Drill auf dem Kasernenhof des 19. Jahrhunderts diente jedoch nur noch der Einübung einer Haltungsdisziplin. Er sollte eine innere Einstellung erzeugen, "die auf dem mit dem Drill gegebenen Entlastungsmoment aufbaut, denn die tägliche Übung (Drill) entlastet den Soldaten zunehmend davon, die Verbindung von Befehl und Reaktion bewußt herzustellen" (vgl. a. a. O., 107). Äußere Disziplinierung erwirkt bekannterweise nicht nur aktuelle Verhaltensänderungen, sondern kann langfristig auch einen Bewußtseinswandel hervorrufen.
Auf die Arbeiten mit textilem Material bezogen würde diese Interpretation bedeuten, daß die tägliche Übung und Ordnung neben einem System von Sanktionen zuerst zu einer - oft virtuosen - Beherrschung von Techniken der manuellen Textilarbeit führte und sie gleichzeitig als geschlechtsspezifische Arbeit für Frauen festschrieb. Darüber hinaus erleichterten Textilarbeiten Frauen die täglich neue Selbstbeherrschung, indem sie sich schon als Mädchen daran gewöhnten, Handarbeiten zu verrichten.
Das anständige Mädchen, die sittliche Frau waren fortwährend mit manierlicher Arbeit beschäftigt und hatten wenig Gelegenheit, ihren spontanen Impulsen nachzugeben. Ein häkelndes Fräulein konnte in derselben Zeit nichts Unmoralisches, Falsches tun, so hoffte man(n). Äußerlich sauber ausgeführte Arbeit sollte zur inneren Sauberkeit führen und erhielt mit dieser Aufgabe eine moralische Qualität. [2]
Die Verbindung von Textilarbeiten mit körperlicher Zucht macht ein Instrument besonders deutlich. Mädchen, die im Alter von sechs Jahren mit dem Nähen begannen, kamen in der Lübecker Töchterschule»zur Beförderung gerader Haltung beim Nähen« in ein Holzgestell (MEIER 1826, 155). Doch der Zwang zur Haltung und der damit implizierten Sittlichkeit läßt sich auch noch aus einer anderen Überlegung ableiten. Schuldirektor HEYSE aus Magdeburg, der zu seiner Zeit durch viele Aufsätze in pädagogischen Zeitschriften bekannt wurde, beschreibt sehr ausführlich die Gefahren, die der Unschuld der Mädchen während der notwendigen, langandauernden und eintönigen Textilarbeiten erwachsen können. Die Verführung zur Selbstbefleckung durch Selbstbefriedigung beim Textilarbeiten scheint ihm naheliegend zu sein. Das tägliche, stundenlange, unbewegliche Sitzen mit eingedrücktem Unterleib ist nur aus einem Grunde gefährlich und gesundheitsschädlich: wegen der Möglichkeit, frühen Wollustsünden zu frönen:

"Wie manches junge Mädchen stürzte sich nicht dadurch ins Verderben, daß es die Gewohnheit angenommen hatte, nicht auf der Mitte des Stuhls, sondern auf der äußersten Ecke desselben zu sitzen, und dadurch einen reizbaren Theil seines Körpers berührte, dessen Empfindung es nach und nach zu verstärken suchte! Oder wie manches andere hatte gleiches Schicksal, weil es sich angewöhnt hatte, das Nähzeug an das Knie zu befestigen, und dabei, um die Arbeit dem Gesichte näher zu bringen, die Schenkel übereinander zu schlagen, so daß es durch mehr oder minder heftig drückende Bewegung sich schwächte, ohne von der Aufseherin bemerkt zu werden, da es während jener heimlichen Bewegungen fort zu nähen sich gewöhnt hatte. Überhaupt ist das Überschlagen der Schenkel, ja schon das starke Aneinanderdrücken derselben, beim Sitzen wie beim Stehen, eine Lage, die, meinen öfteren Beobachtungen und Erfahrungen zufolge, allein schon hinreichend ist, dieses Laster (...) unmerklich zu treiben" (HEYSE 1826, 55 f.).

Mit Entsetzen berichtet der Autor in dem vielbeachteten Werk, daß schon Mädchen im Alter von fünf Jahren von diesem Laster befallen seien.
Mit ihrer Quellensammlung zur Erziehung als Triebabwehr kann RUTSCHKY zeigen, daß alle pädagogischen Innovationen seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in einen Zusammenhang mit dem Abwehrkampf gegen die Onanie treten. Verbesserter Unterricht, Spiel, Lektüre, Erziehung zur Arbeit und zur Ordnung sollten den sittlichen Menschen hervorbringen, der von Träumen und Phantasien frei ist (vgl. RUTSCHKY 1977, 299 ff.).[3]

Die feinen Handarbeiten sollten von Frauen nicht nur zur geziemenden Beschäftigung in angenehmer Gesellschaft gelernt werden, sondern sie halfen auch bei der Unterdrückung ihrer sexuellen Bedürfnisse. Die von geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung geprägte Alltagsstruktur wurde durch Textilarbeiten, die Mädchen eine innere Haltung vermittelten, stabilisiert. Sittliches Verhalten, Selbstbeherrrschung und Selbstzwang im Sinne einer systematischen Disziplinierung waren die positiven Werte, die in der bürgerlichen Welt des sexualfeindlichen Jahrhunderts unumstritten galten. Die Verdrängung der Sexualität gipfelte darin, daß die Keuschheit zum heiligsten Gut der Frau erklärt wurde -und schon kleine Mädchen zu einer lustfeindlichen Umgangsweise mit ihrem Körper erzogen wurden (vgl. KÖSSLER 1979, 46ff.).
Frauen in der Geschichte IV
Frauen sollten möglichst kein Verlangen und keine Fähigkeiten entwickeln, die die männliche Konzeption des Lebens und der Au.fgabenteilung hätten an greifen können. Nach bisherigen Erkenntnissen schien die Gefährdung dieser Gesellschaftsordnung und Herrschaft u. a. durch ein ungebändigtes Ausleben weiblicher Sexualität zu drohen. Sie mußte daher entsinnlicht und in kontrollierte Bahnen gelenkt werden. [4] Sexualität und alles, was mit den intimeren Körperfunktionen zu tun hatte, wurde von einer hohen Schamschwelle umgeben, selbst innerhalb der Ehe wurde das Sexuelle unaussprechlich.
ELIAS, der beispielhaft den Prozeß der Zivilisation als einen Wandel des menschlichen Verhaltens analysiert hat, beschreibt die Änderung der Verhaltensvorschriften vor allem durch die Betonung der veränderten Atmosphäre. Zivilisation definiert er als Verstärkung der gesellschaftlichen Kontrolle auf den einzelnen, als ein Vorrücken der Scham- und Peinlichkeitsschwellen (vgl. ELIAS 1. Bd. 1976, bes. 252). In der Neuzeit immer weiterentwickelte, bewußte Selbstbeherrschung und automatisch ablaufende Gewohnheiten führten zur gleichmäßigen Dämpfung der Triebe, zur Zurückhaltung und genaueren "Regelung der Trieb- und Affektäußerungen nach einem differenzierten, der gesellschaftlichen Lage entsprechenden Schema" (a. a. O., 2. Bd., 331).
Der Triebhaushalt der bürgerlichen Menschen funktionierte zunehmend über Selbstzwang, der Stand der gesellschaftlichen Entwicklung machte eine besonders strenge Disziplinierung der Sexualität immer notwendiger (vgl. a. a. O., 1. Bd., 255 ff.). Je stärker das gesel.Ischaftliche Leben die Zurück- und Geheimhaltung, die Regelung und Umformung des Trieblebens vom einzelnen verlangte, desto komplizierter wurde die Erziehung zu Menschen mit Gewohnheiten, die sich den gesellschaftlichen Standards fügten. Gerade bei Mädchen stand die Entwicklung von Scham-, Angst-, Reinlichkeits- und Schuldgefühlen im Vordergrund der Erziehung, die bürgerliche Moral verlangte eine unbedingte Schell vor diesen Dingen (vgl. V. RAUMER 1853, 72 ff.).

"Alle Lust ist tabu und kann sich nur (...) in der Askese und Kasteiung des Körpers einen regressiven Ausgang suchen" (RUTSCHKY 1977, 299).

Im 19. Jahrhundert machten Literatur und Bildende Kunst einen exzessiven Gebrauch von Frauenbildern mit repressiven Mustern als Orientierung für Frauen des Bürgertums. Der weibliche Körper wurde Objekt der neuen Sittlichkeit, die von bürgerlichen Männern propagiert wurde. Für die Frauen gab es einen doppelten Zwang zur Übernahme der asketischen Normen. Sie sollten dem bürgerlichen Ideal des Menschen entsprechen und es gleichzeitig an die nächste Generation weitervermitteln. Unbeaufsichtigt von den außerhäuslich. tätigen Männern blieben die Frauen an ihren Arbeitsplätzen im Haus zurück. Tagtäglich sollten sie die menschliche Existenz reduzierenden bürgerlichen Tugenden ohne sichtbare Zwangsmaßnahme neu reproduzieren. Die Erfüllung der Forderungen, die den Aufbau und Bestand der kapitalistischen Gesellschaft garantierten, konnte bei den Männern an ihren außerhäuslichen, öffentlichen Arbeitsplätzen wesentlich besser kontrolliert werden.
Doch was abgetrennt ist vom Produktionsprozeß,

ist "noch lange nicht unabhängig vom gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang. Obwohl es so scheint, ist man in dem, was man in der Privatsphäre tut, nicht frei. Was man zu Hause tut: Schlafen, Essen, Lieben, Erziehen., einander Zurichten, alles das bleibt an die Form der gesellschaftlichen Verhältnisse gebunden bzw. ist abhängig von der Stellung, die der Einzelne und seine Familie im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang einnimmt" (HAGEMANN-WHITE/WOLFF 1975, 217f.).

Damit die Frauen ihren Aufgaben als Erzieherinnen der neuen Generation gerecht werden konnten, sollten in ihnen keine Reste von Unangepaßtheit oder gar emotionaler Widerstandskraft gegen die entsinnlichte Welt verbleiben. [5] Neue Menschen mußten so aufgezogen werden, daß sie über die Fähigkeiten verfügten, die dem Stand der Produktivkräfte angemessen waren. Es dauert schließlich auch heute viele Jahre, bis die

"Spontaneität der Bedürfnisse sich nicht mehr gegen die trübe Realität aufbäumt und der Erwachsene bereit ist, von innen heraus das offenbar von ihm erwartete Verhalten ganz ohne besonderen Lohn oder besondere Strafe täglich ablaufen zu lassen" (a. a. O., 205). [6]

Weil ausschließlich Frauen die Erziehung der Kinder übertragen wurde, durfte das sich unterordnende, kapitalistische Wesen der Frau ihr nicht nur äußerlich anerzogen bleiben, sondern mußte zu ihrer Natur werden. Mütter, die ihre Kinder für die imperialistische Welt und das durch doppelte Moral geprägte Leben erfolgreich erziehen wollten, mußten über Selbstdisziplin verfügen. Schon 1792 forderte der berühmte Pädagoge und Theologe SCHWARZ:

"Die Mutter soll über ihre Leidenschaften bey der Behandlung ihres Kindes im höchsten Grad die Herrschaft haben" (SCHWARZ 1792, 62).

Erst die Anwendung von Disziplin in Form von Fremddisziplinierung im Erziehungsprozeß bringt ihrerseits wieder Selbstdisziplin als Ergebnis bei den Erzogenen hervor.
TREIBER und STEINERT gehen davon aus, daß das Wissen um die Disziplin gerade im Fall der Selbstdisziplinierung Teil der Disziplin ist und zu ihrer Erzeugung und Festigung dient. Dieser Zusammenhang könnte bedeuten, daß Mütter, die sich mit den merkwürdigen Wissenschaften der Seelenlenkung (Pädagogik) befassen müssen, durch das Wissen um die Techniken der Disziplin selbst besonders diszipliniert sind.

III. Ein Mädchenleben für ein Paar Strümpfe

Das Alter, in dem Mädchen die eigene, innere und äußere Disziplinierungsarbeit aufnehmen sollten, war vier Jahre. Nach übereinstimmender Ansicht sollte mit dem Strümpfestricken begonnen werden, eine Auffassung, die sich in allen Lehrplänen des Textilarbeitsunterrichts im 19. Jahrhundert widerspiegelt (vgl. LADJ-TEICHMANN 1983). Schon in den Töchterpensionaten und ersten Töchterschulen war das Stricken die Grundlage der systematischen Mädchenerziehung, und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als noch viele höhere Töchter ausschließlich in der Familie erzogen wurden und im Haus Unterricht erhielten, waren die Erziehlehren häufig an die Mütter gerichtet.
LUISE OTTO-PETERS, 1819 in wohlhabenden Verhältnissen geboren, erinnert sich, daß Strickenlernen das wichtigste, bewußt eingesetzte Erziehungsmittel vor dem Lesen- und Schreibenlernen war.»Stricknadeln und der Strickstrumpf (waren) schon für vierjährige kleine Mädchen die erste ernste Arbeit« (OTTO-PETERS 1876, 36). Es wurde damals für notwendig gehalten,»daß jedes Mädchen ihre Strümpfe selbst strickte; ich hatte Freundinnen, die es eigenhändig bis zu hundert Paar gebracht und zu einer Ausstattung galten wohl meist so viel als erforderlich« (a. a. O., 37).
Wird berücksichtigt, daß höhere Töchter Jahre hindurch und auch als Strafmaßnahme stricken mußten, bevor sie dann wiederum jahrelang nähen und sticken durften, kann die Sozialisationsleistung dieser Arbeit kaum überschätzt werden. Angestrebtes Ergebnis der mühseligen, eintönigen Disziplinierung war vor allem der feste moralische Halt und die Vorbereitung auf die zukünftigen Arbeiten in der Familie, wofür Frauen unbedingt entsagende Tugenden, Hingabe und die Bereitschaft zur Aufopferung benötigten (vgl. TWELLMANN 1976, 18ff.).
FANNY LEWALD mußte um 1820 vor- und nachmittags je eine Stunde Klavierspielen üben und eine Stunde zur Schulung ihrer Handschrift Gedichte abschreiben. Etwa fünf Stunden am Tag hatte sie mit gewöhnlichem Nähen und Stricken zu verbringen, womit der bei ihr noch nicht richtig ausgeprägte Sinn für Häuslichkeit geweckt werden sollte (vgl. MÖHRMANN 1978, 15f.).
In der Meierschen Bildungsanstalt für Töchter in Lübeck, die 1825 von mehr als 300 Mädchen besucht wurde, waren die jüngsten Schülerinnen drei Jahre alt. In der untersten Klasse lernten drei bis sechs Jahre alte Mädchen gemeinsam Stricken und Lesen. Erst wer lesen und einen Strumpf stricken konnte, durfte in die nächste Klasse aufsteigen und dort Schreiben und Nähen lernen (vgl. MEIER 1826, 97 ff.). In den folgenden Schuljahren mußte jedes Mädchen alle drei Monate ein Paar Strümpfe für sich stricken, unabhängig davon, ob sein Elternhaus dies für sinnvoll hielt oder eine andere Arbeit wünschte. Grundsätzlich sollten ein Mädchen und sein Strickstrumpf unzertrennlich sein (vgl. PINOFF 1867, 26).
An anderer Stelle wird die Auffassung über die Notwendigkeit der Disziplinierung von Mädchen durch Textilarbeiten so zusammengefaßt: "Der Nadelfleiß ist ein Hauptbestandteil des weiblichen Lebens, und muß deshalb nicht erst dem heranwachsenden Mädchen als eine besondere Wissenschaft gelehrt, sondern als die natürlichste, tägliche Thätigkeit schon dem Kinde lieb und geläufig gemacht werden. Der Strickstrumpf gehört recht eigentlich zum steten Gefährten des Mädchens" (ALBERG 1852, 57).
Es ist nicht nur interessant, daß eine höhere Tochter ohne feine Handarbeiten in den Händen undenkbar erscheinen sollte, sondern auch die Begründung, die für diese Forderung gegeben wird, offenbart die Disziplinierungsfunktion. Weil Fleckchenzupfen und Garnwickeln eine anerkannt geistlose Tätigkeit sei, läge "in dem rein mechanischen dieser Dinge eine recht heilsame Vorbereitung für unzählige andere dieser Art, die der weibliche Beruf später fordert" (a. a. O.).
Übliches Tagespensum für junge bürgerliche Mädchen war neben den Klavier- und Französischstunden das So-und-sovielmal-Herum am Strickstrumpf (vgl. VIEBIG 1912, 90). Welchen Unwillen diese Arbeit bei den Mädchen hervorrief, war den Müttern und Pädagog/inn/en durchaus bewußt.

"Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung bei Mädchen von vorzüglichen Verstandesfähigkeiten, daß sie sich, weil die weiblichen Arbeiten ihnen weniger Geistesthätigkeit gewähren, dadurch gelangweilt fühlen, gleichwolil besteht der größere Theil unserer späten Wirksamkeit so sehr in Handarbeit und jenen kleinlichen Geschäften, die höhere Geisteskräfte nicht in Anspruch nehmen, daß es gewiß recht wichtig ist, dieser Langweile nicht nachzugeben, und durch die Vorstellung von der Pflichtmäßigkeit jener Beschäftigungen das Interesse allmälig zu wecken suchen, was sie an ihnen nicht an und für sich selbst finden" (TESCHNER 1829, 131).

Die fünfzehnjährige HEDWIG DOHM mußte nach der Schulentlassung "Tag für Tag, Stunde für Stunde" in der Stube einen Teppich aussticken (DOHM 1912, 54f.). Ein anderes Mädchen kam fünfjährig zur Strafe für eine Missetat zu zwei alten Damen in deren private Strick-und Nähschule, in welcher schon ihre Mutter Unterricht erhalten hatte (vgl. WIESE 1912, 72).
Die Reformerin des Textilunterrichts, ROSALIE SCHALLENFELD, fragt konsequent, woher bei einem herangewachsenen Mädchen denn auch sonst der Sinn für ein stilles, häusliches Leben, für die Sorge um jede Kleinigkeit kommen soll, wenn er nicht frühzeitig geweckt und genährt wird (vgl. SCHALLENFELD 1857, 327). Zur Ausprägung dieser Eigenschaften, so die übereinstimmende Auffassung der Zeit, sei der Handarbeitsunterricht besonders gut geeignet. Schließlich sollte ein Mädchen "nie müßig sitzen. Wer eine gute Hausfrau werden will, muß frühzeitig lernen, keine Minute müßig vorübergehen zu lassen, jede Stunde weise auszunützen" (EBHARDT 1884, 73).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die körperliche Disziplin, die durch Haltung ausgedrückt wird, bei wohlhabenden und aufstiegsorientierten Frauen durch die Mode unterstützt. Korsetts, hohe Absatzschuhe, riesige Hüte und z. T. nicht waschbare, lange und unbequeme Kleider behinderten den Körper zunehmend in seiner Bewegungsfreiheit. Radikale Frauen, die wie die Männer im Revolutionsjahr 1848 nach der Freiheit riefen und z. B. in Leipzig, Dresden und Frankfurt Frauenturnvereine gegründet hatten, um sich ihren Körper zurückzuerobern, sahen sich beargwöhnt und bald isoliert. Jede Bewegung, die das Spreizen der Beine oder das hohe Heben eines Fußes erforderte, galt als unschicklich und war schon für kleine Mädchen verboten (vgl. SCHÖFTHALER 1980, 35).
Dem freien Spiel gegenüber, in dem unbeaufsichtigte Mädchen nur zu schnell Unerlaubtes taten, hatte die schickliche Beschäftigung mit Nadel(n) und Faden einen großen Vorteil: Sie konnte im Sitzen ausgeübt werden.
HEDWIG DOHM, 1833 geboren und Verfasserin vieler Kampfschriften zur Emanzipation der Frau, beschreibt die häusliche Erziehungspraxis folgendermaßen: "Die Mädchen, die saßen möglichst still, sittsam, machten Handarbeiten in den Freistunden" (DOHM 1912, 26).
Und an anderer Stelle heißt es: Töchter brauchten "nur vier Jahre alt sein, um als sittsames Mädchen zum Stillsitzen und zum Stricken verurteilt zu sein" (PINOFF 1867, 26).
Frauen in der Geschichte IV
Aus einer Kleinkinderschule in Karlsruhe berichtet eine Frau, sie hätte dort zu Beginn der 50er Jahre vor allem stillsitzen und stricken sollen, worauf sie als vier- bis fünfjähriges Mädchen noch mit Entsetzen und Wutausbrüchen reagierte (vgl. VILLINGER 1912, 122).
Auch wenn es nicht unbedingt das Strickzeug war, mit dem kleine Mädchen anfingen stillsitzen mußten sie trotzdem. Einige Töchter durften z. B. gleich mit dem beliebteren Sticken beginnen, denn die sozialisierende Funktion blieb dabei die gleiche. [7] Die Praxis, kleine Mädchen statt mit dem Strümpfestricken mit Stickereien anfangen zu lassen, fand viele Kritiker/innen. In dem vielverbreiteten Buch Die Hausfrau von HENRIETTE DAVIDIS wird jede Mutter davor gewarnt, ihre Tochter ,feine Handarbeiten machen zu lassen, bevor sie nicht einen sorgfältig gestrickten Strumpf abgeliefert und das Nähen gelernt hätte (vgl. DAVIDIS 18701, 229). [8]
Die bürgerlich-kapitalistischen Tugenden der strengen und unermüdlichen Pflichterfüllung und das Prinzip des Arbeitens als Lebensinhalt blieben ununterbrochen präsent. Durch die ständige Beschäftigung mit sorgfältiger, feinmotorisch höchst anspruchsvoller Arbeit wurde eine Mauer des Tätigseins um die heranwachsenden Mädchen aufgerichtet, über die das erwachsene weibliche Individuum später kaum noch hinüberklettern konnte.
Manuelle Textilarbeiten wurden von den dazu verurteilten Mädchen genau als das empfunden, was sie waren: als Zwangsmittel.

"O ihr Quälgeister der Mädchenjugend und Mädchenphantasie! Konnte es wohl für das kleine Mädchen, für die zarten Händchen eine größere Marter geben, als die monotone und langweilige Arbeit, einen Strumpf zu stricken? Gestattet doch diese geisttötende Arbeit nicht die geringste Abwechslung. Gehörte nicht fast ein ganzes Kinderleben dazu, um ein Paar Strümpfe zu vollenden? (...) Ein Mädchen, das nicht perfekt stricken konnte, war gar kein Mädchen" (PINOFF 1867, 26).

Die aus großbürgerlichem Hause stammende LUISE WESTKIRCH berichtet, daß sie mit vier oder fünf Jahren dreimal in der Woche nachmittags für zwei Stunden in die Strickstunde gehen mußte und an ihrem ersten und einzigen selbstgefertigten Paar Strümpfe drei Jahre lang gearbeitet hatte. Die ungleiche Maschenbildung und das unschöne Aussehen verhinderten jedoch, daß sie diese Strümpfe anzog (vgl. WESTKIRCH 1918, 143).
Die Ansicht, die diese Qual für kleine Mädchen unumgänglich zu machen schien, faßte die Redakteurin des Bazars, einer einflußreichen Familien- und Handarbeitszeitschrift, in ihrem Lehrbuch Die Schule des Strickens zusammen:

"Als die Grundlage aller weiblichen Handarbeiten (...) gilt noch heute die Fertigkeit, einen gut sitzenden Strumpf stricken zu können" (HEINE 1879, 5).

An anderer Stelle wird das Strumpfstricken als echt deutsche Beschäftigung bezeichnet, die sich trotz gewirkter und maschinell hergestellter Ware bei den Frauen erhalten werde (vgl. MILDE 18801, 285). TESCHNER nennt die Gewohnheit, in den Abendstunden und Minuten, die nicht mit anderer Arbeit ausgefüllt sind, Strümpfe zu stricken, gar die Cultur des Strickstrumpfes. Sie muß allerdings zugeben, daß junge Mädchen gegen diese Kultur des Strümpfestrickens »allgemeine Abneigung zeigen, weil sie die langweiligste« von allen ist (TESCHNER 1829, 131).
Ein disziplinierter Geist, eine kontrollierte Phantasie und eine erfolgreich beherrschte Sexualität setzen einen disziplinierten Körper voraus. Diszipliniertes Sitzen und Bewegen sowie gleichförmiges Arbeiten sollten der Frau zur Natur werden: Etwas, das die Frau als zu sich selbst gehörig empfinden sollte, etwas, woran sie sich im wahren Sinne des Wortes festhalten konnte. Gleichförmiges, geübtes Handarbeiten fördert die Geduld, gibt die Möglichkeit, sich in Gesellschaft mit anderen zurückzuziehen und kanalisiert unbeherrschte, unsittliche Motorik. Zusätzlich muß der Phantasie der Mädchen Raum und Zeit zu verführerischen Gedanken genommen werden, und das beste Gegenmittel dazu scheint das Vorlesen aus einem guten Buch gewesen zu sein. Tatsächlich wurde während den Handarbeitsstunden in den höheren Töchterschulen entweder aus einem erbaulichen Buch vorgelesen oder französische Konversation getrieben (vgl. LADJ-TEICHMANN 1983, 144f.). Durch diese Methode sollten während der Ausführung von Textilarbeit Körper und Geist gleichzeitig gefesselt und kontrolliert werden. Gelang dies nicht, drohte die Gefahr, daß sich das gnadenlose Erziehungsmittel in sein Gegenteil verkehrte und die Einbildungs- und Empfindungskraft zu süßen Schwärmereien über die Liebe freisetzte (vgl. HEYSE 1826, 63).
Unbedingt mußte darauf geachtet werden, daß die Arbeit nicht nur mechanisch vollzogen wurde.

»Man lasse das Kind stricken, doch nur so lange, bis das Strickzeug aufhört, seine Aufmerksamkeit ganz einzunehmen, folglich den Geist in Untätigkeit läßt« (LENNIG 1828, 73).

Schon JEAN PAUL hatte einige Jahre zuvor kritisiert, daß die weiblichen Handarbeiten zum Träumen verführten und

"daß der müssig-gelassene Geist entweder dumpf verrostet, oder den Wogen der Kreise nach Kreise ziehenden Phantasie übergeben ist. Strick- und Nähnadeln halten z. B. die Wunden einer unglücklichen Liebe länger offen, als alle Romane" (JEAN PAUL 1827, 84).

Frauen sollten unbedingt einen Körperpanzer entwickeln, der zur Wahrung der männlichen Macht und Sicherung der Herrschaftsverhältnisse keinen Riß aufweisen durfte. Gerade heranwachsende Mädchen waren durch ihre Träume und Phantasien besonders gefährdet. Um mit sich und ihrer Umwelt in Eintracht leben zu können, durfte in die abgeschirmte Umgebung der höheren Tochter nicht ein Schimmer einer Versuchung hineinleuchten. Weder ein Leben ohne Familie noch romantische Liebesgeschichten sollten als positive Ideen in den weiblichen Körper und Geist Einlaß finden.
Die jüngst aufgestellte Behauptung, die Handarbeiten bürgerlicher Töchter seien von jedem Sinn frei gewesen, stimmt nach den von mir ausgewerteten Quellen nicht. Die Vermutung, ihr Zweck könne allenfalls in der Ablenkung von äußeren Einflüssen bestanden haben oder gar darin, daß diese Arbeiten keine unkontrollierte Freisetzung von Phantasie zulassen, kommt dem Sachverhalt schon näher (vgl. KÖSSLER 1979, 71). Leider wird dieser Überlegung bei der Analyse der Organisation der Produktion des weiblichen Wesens nicht weiter nachgegangen. Hätte der Autor begonnen, die Gründe zu untersuchen, die eine Freisetzung von Phantasie seiner Meinung nach verhinderten, wäre er sicher zu der Einsicht gekommen, daß seine Annahme aus einer Unkenntnis textiler Praxis resultiert: Jede Frau, die das Stricken sicher beherrscht, hätte ihn darauf hinweisen können, daß ab einer bestimmten Stufe manueller Perfektion die Gedanken beim Arbeiten frei sind, ja, sich sogar die Augen während längerer Perioden anderen Dingen zuwenden können.
Eine FRÖBEL-Anhängerin und engagierte Vertreterin der Frauenbewegung erkannte dieses Ergebnis habitualisierter Arbeitsvorgänge und behauptete,

"daß die Frauen immer mehr ideale Schwärmereien trotz ihrer mechanischen Arbeiten, bespielsweise beim Strickstrumpf, geworden sind. Die träumerisch sinnende Frauenart versteht es, selbst in die geistlosesten mechanischen Arbeiten Vieles aus ihrem Ideenleben mit einzuweben, das nur die rauheste Wirklichkeit mühsam ihr zu rauben im Stande ist" (PINOFF 1867, 57).

Der geistige Rückzugsbereich wird hier ausgesprochen positiv gedeutet. Die Autorin meint, gerade weil Frauen und Mädchen besonders häufig bloße mechanische Arbeit zu leisten hätten, könnten sie die geübte Technik des Schwärmens produktiv wenden und für eine Entfaltung der geistigen Kräfte nutzen.
Das Verhalten einer der aktiven Frauen der 48er Revolution könnte da die Richtung angeben, welche die Schwärmerei nach PINOFF hätte einschlagen sollen. Von LUISE OTTO wird berichtet, daß sie beim Stricken eine Katze auf dem Schoß hatte und HEGEL (!) studierte [9] (vgl. MEYN - VON WESTENHOLZ 1936, 93).
Ihrer Aussage nach ließe der Strickstrumpf den Gedanken den freiesten Spielraum, Frauen könnten sehr gut dabei lesen oder im häuslichen Kreis vorlesen, spazieren gehen oder sich unterhalten (vgl. OTTO PETERS 1876, 38).
Die Annahme, daß während der Luxusbeschäftigung Lesen deshalb gestrickt wurde, damit die Zeit nicht völlig ungenutzt verstreiche, gründete auf der industriösen Forderung nach ständiger Emsigkeit. LUISE OTTO erläutert ihr eigenes Verhalten (und das anderer Frauen) in diesem Sinne:

"Da in den früheren Zeiten das weibliche Lesen immer als Zeitverschwendung galt, so war es doch gestattet, wenn man dabei strickte und so geistige Nahrung und realistisches Schaffen miteinander Hand in Hand gingen. Was wäre in früherer Zeit aus so mancher weiblicher Bildung geworden, wenn nicht die strengen Mütter, sobald sie das Strickzeug in der Hand der Töchter dabei sahen, ihnen das Lesen gestattet hätten!« (a. a. O.).

Das eintönige Strümpfestricken schien wenig geistige Arbeit zu verlangen, und die Beispiele zeigen, wie wenig die Gedanken durch eine manuelle rextilarbeit gefesselt wurden. [10]
Frauen in der Geschichte IV
Doch könnte die schwierige Lektüre Hegelscher Werke auch die Vermutung verstärken, daß bei Textilarbeiten Zeit für unkontrolliertes Denken freigesetzt wird und dieses Träumen, Schwärmen oder Sinnieren von gebildeten Frauen mit Selbstdisziplin abgelehnt wurde. Sie könnten es vorgezogen haben, ihren Geist mit anerkannten philosophischen Überlegungen zu bändigen.
ELISE POLKO, Autorin eines 1868 erschienenen Bestsellers, bestätigt, daß viele Frauen bei textilen Handarbeiten zu tiefgreifenden Überlegungen Zeit hatten.

"Der Nähtisch ist der Herd mancher gefährlicher Regung - die Stätte mancher banger Sorge, der Zeuge mancher stillen Thräne. Am Nähtisch entstand gar oft das erste Bewußtsein ehelichen Unglücks; die unglückselge kleine Nadel hat schon manchen Frieden zerstochen. Die Einförmigkeit unserer Frauenbeschäftigung eröffnet dem schlimmsten Feinde des häuslichen Glückes, dem müßigen Grübeln, gefällig Thür und Thor" (POLKO 1868, 188).

POLKO meint, daß durch ständiges Herstellen textiler Objekte und dem damit verbundenen Nachdenken eine große Gefährdung der Ehe drohe. Still machten sich Mädchen und Frauen in der Wohnung an einer textilen "Arbeit zu schaffen, doch nur mechanisch rührten sich ihre Hände" (KÖNNEKER 1980, 108).
Nach diesen Aussagen war es eindeutig möglich, sich durch habitualisierte Ausführung der geforderten, standesgemäßen Handarbeit einen Freiraum zum Träumen zurückzuerobern (vgl. dazu die Träume von Frauen während der Akkordarbeit heute, in: HERZOG 1970, 118 f.). Erst das Zusammenspiel des pietistischen Arbeitsethos, der Entwicklung eines Körperpanzers gegen die Sexualität, der konkreten Arbeit, die zum Stillsitzen zwang, und einer Technik, die Träume in Ansätzen ausschloß oder beeinflußbar machte, führte zu der sittlichen Frau. An diesem Ergebnis hatte der Schulunterricht - und hier vor allem der Textilarbeitsunterricht - einen maßgeblichen Anteil.
Die tägliche, vielstündige Textilarbeit verfestigte später bei den erwachsenen Frauen die während der kindlichen Sozialisation erworbenen Verhaltensmuster. Ja, weil die Handarbeit stete Gefährtin der Kinderjahre war, weil im Verlauf des 19. Jahrhunderts die textile Arbeit nicht nur zum äußeren Zwang, sondern auch zum inneren Bedürfnis geworden war, wurde "der Ausgang der Frauen ohne weibliche Handarbeit in der Tasche undenkbar" (Großes Illustriertes Frauenlexikon, Berlin 1900, Anhang S. 14, zit. nach: STILLE 1979, 39). [11]
Die Sozialisation der bürgerlichen Töchter, die in jeder Hinsicht durch Schule unterstützt wurde, hörte nun nicht in einem bestimmten Alter auf. Die geschlechtsspezifische Erziehung von Mädchen ging in die geschlechtsspezifische Sozialisation von Frauen über: Menschen werden auch als Geschlechtswesen bis an ihr Lebensende sozialisiert (vgl. BILDEN 1980, 802 ff.). Die den jungen Mädchen anerzogenen Eigenschaften wurden dabei weiterentwickelt und ausdifferenziert. Sie fanden erst dort ihre Grenze, wo die Anforderungen an das weibliche Individuum über seine Möglichkeiten hinausgingen. Die einzelne Frau konnte sich diesen Anforderungen kaum entziehen, es sei denn durch Flucht in Krankheit (vgl. KITTLER 1980, 20 und den artikulierten Protest bürgerlicher Frauen gegen Verhaltenszumutungen durch Hysterie um die Jahrhundertwende).

IV.

Nadel und Faden als Waffe in der Hand

Manuelle Textilarbeiten trugen nicht nur dazu bei, das uns bekannte Sozialisationsergebnis weibliches Wesen zu erzielen, sondern sie hatten - wie jede erzieherische Maßnahme einen durchaus ambivalenten Charakter. Sie halfen einerseits, weibliche Produktivkraft auf ein für Männer beherrschbares Maß zurechtzubiegen. Andererseits unterstützen Textilarbeiten Frauen dabei, sich gegen eine ausschließlich am Tauschwert orientierte Arbeit und die daraus resultierende kapitalistische Reduktion des Menschen zu wehren. Durch Versuche, am Gebrauchswert hergestellter Dinge festzuhalten, konnten Frauen ein kleines Stück Selbstbestimmung in der konkreten Arbeit - wenn auch nicht ungebrochen aufbewahren.

»Das Strickzeug ermöglicht den zeitweiligen Rückzug, um noch nicht kapitulieren zu müssen, die Verschnaufpause vor den auszehrenden Anforderungen der Umwelt« (ORTMANN 1981, 253).

Oft brauchte das junge Mädchen oder die erwachsene Frau Wochen, bis ein kleines Bild in die Brieftasche gestickt war und mit diesem Geschenk leingewebte Gedanken überreicht werden konnten. LUISE OTTO berichtet, daß sie diese Arbeiten gerade um der Geduld willen gerne gemacht hätte, die für sie aufgebracht werden mußte.

»Man dachte eben dabei an die Mutter, die Freundin, den Geliebten, an Diejenigen, welche diese mühsame Arbeit ernpfangen sollten, man freute sich an der Arbeit gerade weil sie so viel Zeit und Arbeit erforderte, man hoffte durch ein solches Opfer, durch eine solche Anstrengung seine Liebe zu beweisen. (...) Nur für Andere machte uns eine mühevolle Arbeit Freude« (OTTO-PETERS 1876, 42).

Aus einer zierlich anzusehenden Beschäftigung, aus einer als Muße verkleideten Arbeit, die half, ein intimes Familienklima herzustellen, haben Frauen eine nicht zu übersehende, produktive Arbeit gemacht. [12]
Überall in der Wohnung dokumentierten die vielfältigen verzierten Gegenstände die Gegenwart von Frauen und ihre Fähigkeit zu nützlicher Arbeit. [13] Es ist deshalb durchaus denkbar, daß wohlhabende Frauen sich durch die sinnlich erfahrbare Tätigkeit und ihren Ergebnissen ständig ihrer selbst versicherten: Aus jeder Zimmerecke signal.isierte ein kunstvoll gearbeitetes, oft stark farbiges Textil ich bin da. In ADALBERT STIFTERs Erzählung Feldblumen aus dem Jahre 1850 erwidern Frauen auf die heftige Verurteilung der Zwitterdinge von Kunstwerk und Luxusstück, daß es sie freue, die Arbeitsprodukte ihrer Hände in der Wohnung ausstellen zu können und mit ihnen Dinge des alltäglichen Gebrauchs zu verschönern (vgl. STILLE 1979, 39).
Manuelle Textilarbeiten und die zeitaufwendige Herstellung unnötiger Dinge bilden einen Anachronismus in einer Epoche, in der sich kapitalistische Produktionsmethoden durchsetzten und jede Tätigkeit an der ökonomisch eingesetzten Zeit gemessen wurde. Sie stehen einer kapitalistisch verwerteten Arbeitskraft direkt entgegen. [14]
Stricken, Sticken oder Häkeln könnte von Frauen allerdings auch deshalb so intensiv betrieben worden sein, um durch diese Tätigkeit eine Schutzmauer um sich. aufzurichten, um etwas in den Händen zu halten, an dessen Nützlichkeit sie sich festhalten konnten und das das Eindringen eines fremden Einflusses abhalten sollte. Bezeichnenderweise sind es heute gerade lehrende Frauen in Seminaren an Hochschulen, die sich durch das Stricken angegriffen fühlen. Gerade sie wollen doch durch andere Inhalte und (manchmal) andere Lehrund Kommunikationsformen dem entsinnlichten Lehrbetrieb an der Universität eine neue Qualität geben. Da sie sich im Ergebnis dann den strickenden (und sich einem totalen Engagement entziehenden) Studentinnen gegenübersitzen sehen, bleibt ihnen ständig die Widersprüchlichkeit des eigenen Anspruchs vor Augen. Jede weiß, wenn es plötzlich spannend wird, lassen alle die Hände sinken und sehen auf. Männliche Dozenten nehmen diesen Rückzug anscheinend nicht so wahr, ihre Empfindung ist in dieser Hinsicht weniger sensibel: Es fehlt ihnen die seit Generationen gemachte Erfahrung handarbeitender Frauen. Der These von der Internalisierung fremdbestimmter Fabrikdisziplin durch Textilarbeiten stände dann entgegen, daß hinter dem Vorhang der nimmermüden Hände Reste verborgen und aufbewahrt wurden, die der vollständigen Vereinnahmung der Frau durch die kapitalistische Gesellschaft Widerstand leisten.
Die Sehnsucht nach einem unzerteilten Menschen könnte Kraft und zähe Geduld verliehen haben, an der Utopie eines freien, keiner Herrschaft unterworfenen Lebens miteinander festzuhalten. Ich gehe davon aus, daß der Eingliederungsprozeß der Frauen in die bürgerlich-kapitalistische Welt nicht bruchlos gelang. Als Instrument der Einbindung, der inneren und äußeren Disziplinierung, könnten die Textilarbeiten daher gleichzeitig einen Rückzugsbereich versinnbildlichen, in dem nicht kapitalistische Erinnerung bewahrt und soziale Utopie weiter gedacht werden kann.
Frauen stricken, weil sie Bestätigung brauchen, weil sie sich wenigstens einen kleinen, unmittelbaren Erfolg durch Eigenproduktion vermitteln wollen. Und eben dieses sinnliche Element kann als Rest einer, im Widerstand gegen Beherrschung entwickelten, konkreten menschlichen Qualität empfunden werden.