Typische Auseinandersetzungen
Beschreiben Sie den größten oder zeitlich letzten Streit, den sie mit Ihrem Mann oder Liebhaber hatten:
»Er hat mich indirekt kritisiert und wollte dann nicht zugeben, daß er mich kritisiert. Als ich böse geworden bin, hat er gesagt, ich wäre >unvernünftig<. Ich finde, er soll zugeben, was er tut, und nicht unehrlich sein.«
»Er lag auf der Couch und sah fern, während ich damit beschäftigt war, das Chaos nach einer Party zu beseitigen, die wir gegeben hatten. Wir hatten einen Riesenkrach - es war schließlich auch seine Party!«
»Wir waren im Bett. Er hatte Geburtstag gehabt, und ich hatte mich echt angestrengt, einen großen Tag daraus zu machen. Es war spät, ungefähr halb zwei, und wir mußten beide früh aufstehen und zur Arbeit gehn. Wir liebten uns - oder waren auf dem Weg dazu.
Es war sehr schön, sehr leidenschaftlich, und ich hatte alles um mich vergessen. Plötzlich sagte er: >Ach du liebe Scheiße, ich muß ja morgen schon um halb acht in der Arbeit sein statt um acht!< Er wandte sich von mir ab, stellte den Wecker, gab mir einen Gutenachtkuss und drehte sich zur Wand, um zu schlafen.
Ich war sehr verletzt, ich hatte das Gefühl, daß er nicht empfunden hatte, was wir taten, wenn er an die Zeit dachte. Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Er konnte nicht verstehen, warum ich mich so aufregte. Ich schnappte mir mein Kissen und schlief im Zimmer nebenan. Das führte am nächsten Morgen zu einem lächerlichen Streit.«
»Das Schlimmste, was er mir je angetan hat: Er ist mal den ganzen Abend bis tief in die Nacht weggeblieben, als ich schwanger und verletzlich war, und hat mich nicht angerufen, um zu sagen, wo er war. An diesem Abend war er (gemeinsam mit einem anderen Elektriker) hinter ein paar Stripperinnen her, die bei der Party eines Kollegen auftreten sollten. Das hat mich wütend gemacht, weil ich geglaubt habe, mein Mann wäre so aufgeklärt, daß er so was Machomäßiges und Pubertäres nicht tut. Nach unserem großen Krach war er dann auch noch so taktlos, zu dieser verdammten Party zu gehen (die ihm in Wirklichkeit überhaupt keinen Spaß gemacht hat), weil er seinen Kollegen von der Gewerkschaft beweisen wollte, daß er nicht unter dem Pantoffel steht! Das hat mich sehr enttäuscht, und es hat mir weh getan, daß er diese traditionellen männlichen Werte akzeptiert hat und gemeint hat, eine >gewisse Sorte Frau< wäre nur Lustobjekt.«
»Wenn es die Frau nicht zur Sprache bringt, bringt es niemand zur Sprache« - die Rolle, die die Gesellschaft Frauen in Auseinandersetzungen zuweist
»Er entschuldigt sich nie, er macht sich bloß über mich lustig, wenn ich mich beschwere oder mich über irgend etwas erbose. Wenn ich dabei bleibe, geht er aus der Tür. Das bringt mich in eine unmögliche Lage. Was soll ich machen - ihn verlassen? Und wenn ich ihn nicht verlassen will? muß ich dann meinen Stolz vergessen? Darf ich mich nie mehr beschweren? Das verletzt mich in meiner Würde und beeinträchtigt meine Fähigkeit, mit meinem sonstigen Leben zurechtzukommen. Denn dann bin ich so aufgeregt oder verstört durch meine unausgesprochenen und unbesprochenen Gefühle, daß ich mich nicht gut auf meine Arbeit konzentrieren kann. Aber wenn ich es rauslasse und schreie, sieht er mich an, als wäre ich die >Nervensäge< par excellence, und spricht trotzdem nicht mit mir. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich weiß nicht, wie ich mit ihm ins Gespräch kommen soll und mir meine geistige Gesundheit erhalten soll, wenn es nicht gelingt - aber ich möchte ihn auch nicht verlieren.«
Viele Auseinandersetzungen werden von Frauen »initiiert«, die unter einem Mangel an Kommunikation leiden oder von ihren Männern/Liebhabern emotional belästigt bzw. sabotiert werden:
»Ich krache mich nicht gern, aber wenn ich richtig sauer bin, schrecke ich nicht davor zurück. Ausgelöst wird es meistens dadurch, daß er sarkastische Bemerkungen über mich macht. Gewinnen tut niemand, aber ich habe meistens ein schlechtes Gewissen danach. Manchmal können wir es auch mit Humor zu Ende bringen.«
»Mir scheint, meine Probleme und meine Ideen werden nie ernst genommen - zumindest nicht so ernst, wie ich seine nehme. Ich versuche, ihm zuzuhören, versuche, mich in ihn einzufühlen, aber wenn ich über meine Pläne spreche, hört er nicht zu, sondern wechselt das Thema. Und wenn ich mich dann beschwere, statt mich zu entschuldigen, macht er mich nach! Er sagt: >Oh, oh, oh, das arme kleine Mädchen! < Ich möchte mal sehen, was er sagen würde, wenn ich so was mit ihm machen würde! Ich versuche, meinen Zorn unter Kontrolle zu halten, aber manchmal lasse ich alles raus.«
»Wenn ich ihn darauf hinweise, daß ich es leid bin, diejenige zu sein, die an alles denken und ihn an alles erinnern muß, daß ich Listen führe und er nicht - beispielsweise über Danksagungen, die wir schreiben müssen, Einladungen, Reparaturen usw. - sagt er nie, daß ich recht habe, er faucht mich nur an. Und so bin ich doppelt überlastet: Ich muß auch an seinen Teil der Familienpflichten denken und mich dafür, daß ich ihn daran erinnere, beschimpfen lassen. Es ist ausgeschlossen, ihn an etwas zu erinnern und ihn damit nicht zu beleidigen. Und das beleidigt mich.«
»Ich habe lange nicht mit ihm gestritten, weil ich Frieden haben wollte. Aber damit ermutigt man jemanden bloß, sich noch schlimmer zu benehmen. Ich glaube, jetzt streiten wir mehr denn je. Am Anfang wollte er, daß ich zu allem ja und Amen sagte, ich sollte ihm nicht widersprechen. Er sah meine Seite nicht, und die alten Konflikte wurden nie gelöst. Heute versuche ich nicht mehr, sie zu lösen. Ich habe nur beschlossen, als ich vierzig wurde, daß ich mir bestimmte Verhaltensweisen von keinem Menschen mehr gefallen lasse. Was ich auch nicht tue.«
»Wir zanken uns immer darüber, daß er mich ständig herabsetzt und mich in eine Rolle drängen will, die zu spielen ich nicht bereit bin.«
»Wir haben uns gekracht, bis wir zu dem Schluss kamen, daß Ignorieren viel einfacher ist. Es ging hauptsächlich um die Kinder. Ich war seiner Meinung nach an allem schuld und akzeptierte das, bis ich eine Affäre hatte und merkte, daß ich beileibe nicht an allem schuld war. Ich ging wieder aufs College, erwarb einen akademischen Grad, beschäftigte mich mit mir selber, entwickelte mich.«
72 Prozent der Frauen sagen, daß sie die Probleme zur Sprache bringen, über die geredet werden muß, und daß dies nur zu oft zu Zank und Streit führt:
»Ich bin immer diejenige, die was hat, die etwas auf den Punkt bringen will. Wir kabbeln uns, und eine Lösung gibt es nicht, wahrscheinlich, weil ich keine solche Szene machen will, daß ich ihn verjage und die Beziehung aufgeben muß. Wenn also Dinge vorfallen, versuche ich sie zu übersehen - aber dann muß ich feststellen, daß ich Seitenhiebe gegen ihn austeile, Nadelstiche... fast so, als könnte ich nicht anders. Manchmal geht es dabei um kleine Probleme, die oft nicht mal was mit dem letzten (für mich) ärgerlichen >Zwischenfall< zu tun haben.
Ich bin mir nie völlig sicher, ob er weiß, wie sehr mich diese Zwischenfälle aufregen, ich versuche rauszukriegen, ob ihn gewisse Dinge aufregen, die ich tue, aber er sagt es mir nicht. Denkt er: >Trag's wie ein Mann, klage nicht<? Hin und wieder glaube ich, er macht manches - wie heute, als er nicht das leiseste Interesse an mir gezeigt hat und mit seinen Freunden weggegangen ist - weil ich etwas getan habe, das er negativ interpretiert hat. Aber normalerweise will ich so was nicht aufbauschen und denke, das biegt sich von selbst zurecht.
Wenn wir richtig dramatisch streiten würden, gäbe es vielleicht eine Lösung und nicht nur dieses permanente Gefühl von Ungewissheit. Ich warte und warte, daß es aufhört.
Aber es hört nicht auf. Ich nehme an, wenn wir die Art und Weise, auf die wir miteinander umgehen, nicht ändern, wird das unser >Dauerbrenner< und es hört nie auf, wird nie eine Lösung geben . Ich möchte bloß wissen, ob wir ewig so weitermachen können oder ob die Beziehung daran zerbricht.«»Mit den Problemgesprächen fange immer ich an. Ich denke mir x-mal aus, was ich sagen will, und dann sage ich es schließlich, weil ich das Schweigen nicht mehr aushalte.«
88 Prozent der Frauen sagen, daß die Männer in ihrem Leben Problemgesprächen am liebsten aus dem Weg gehen - wodurch ein Streit unvermeidbar wird:
»Das hasse ich, wenn ich versuche, etwas auszudiskutieren: Männer, die einen in Windeseile durch das Problem hetzen wollen (weil >man< sich nicht aufregen darf, denken sie, es sei Schwäche, wenn man sich aufregt), und das sieht dann so aus, daß sie bereits im Anfangsstadium eines echten Gesprächs fragen >Na, wo liegt das Problem?<, und dabei einen Ton anschlagen, als wollten sie sagen: >Du wirst dich doch jetzt nicht etwa bei mir beklagen wollen, oder???< - fast eine Drohung - oder sie versuchen das herunterzuspielen und zu bagatellisieren, was man sagen will. Das macht es so schwierig.«
»Üblicherweise läuft es folgendermaßen: Er findet, alles ist gut also, warum fühle ich mich dann miserabel? Alles ist gut, solange ich ihn unterstütze, für ihn da bin. Aber wenn ich das Gefühl habe, nicht gehört und übersehen zu werden und mich beschwere und laut werde und schließlich schreie, dann bin ich schuld, denn er war ja glücklich, bevor ich damit angefangen habe.«
76 Prozent der Frauen sagen, daß Männer bei der Lösung von persönlichen Problemen nicht die Initiative ergreifen:
»Wenn ich etwas zur Sprache bringe, mit dem er mir weh getan hat, brüllt er >Das ist gelogen!< und geht. Versöhnung? Er tut so, als wäre nichts passiert. Warum kann er sich unseren Differenzen im Alltag nicht realistischer stellen, ehe es zum Streit kommt?«
»Ich habe Leute, denen ich nahe bleiben wollte, in absoluter Frustration angeschrien, wenn sie nicht mal versuchen wollten, meine Bedürfnisse und Gefühle zu verstehen. Manchmal ist das die einzige Möglichkeit, ihnen klarzumachen, daß es mir schlecht geht. Anders hören sie mich nicht.«
Viele Frauen bringen nicht nur ihre eigenen Probleme und Kümmernisse zur Sprache - sie versuchen auch herauszufinden, wenn ein Mann unglücklich scheint, warum er unglücklich ist (das ist ein Teil der »emotionalen Hausarbeit« von Frauen): [1]
»Ich frage meinen Mann immer, was ihm Sorgen macht. Ich wollte, er wäre gesprächiger, aber er streitet es ab, daß er sich Sorgen macht. In letzter Zeit ist es allerdings etwas besser geworden.«
»Wenn er sauer ist, spricht er kein Wort. Ich muß dann die Initiative ergreifen, ihn fragen, was denn los sei und es ihm aus der Nase ziehen.«
Frauen haben oft das Gefühl, sie seien die »Bösen«, wenn sie Probleme zur Sprache bringen doch sie sagen, daß niemand sie zur Sprache bringen wird, wenn sie es nicht tun, und so sehen sie sich in die Position der stereotypen »nörgelnden Frau« gedrängt:
»Es ist immer dasselbe. Ich habe Probleme, und mit ihm ist alles in Ordnung. Es geht nicht in seinen Kopf hinein, daß mein Verhalten eine Reaktion auf das sein könnte, was er tut oder getan hat. Er denkt einfach, so wäre ich eben - ich habe es mit Logik versucht und allem.«
»Ich hasse Auseinandersetzungen, aber ich hasse es noch mehr, nicht verstanden zu werden. Wenn mich etwas unglücklich macht, bringe ich es so offen und ehrlich zum Ausdruck, wie ich nur kann. Das führt im allgemeinen zu was, und mir ist danach wohler. Ich fühle mich ihm sehr nahe, wenn wir ein Problem gelöst haben, das mir zu schaffen gemacht hat. Ich kann jetzt auch klarer denken bei Auseinandersetzungen. Früher sind meine Gefühle immer mit mir durchgegangen, weil ich meiner Unzufriedenheit so selten Ausdruck verleihen konnte. Ich fand, es sei okay, daß ich leide, und daß ich jemand anderem nicht das Leben schwer machen dürfte. Wenn ich jetzt unglücklich bin, habe ich keine Bedenken, jemand anderen zu belasten.«
81 Prozent der Frauen sagen - noch immer unter dem Einfluss des Erziehungsgrundsatzes, eine Frau (zumindest eine »liebe Frau«) dürfe nicht zornig sein - daß sie Schuldgefühle haben, wenn sie sich streiten, und zwar unabhängig davon, ob sie Beschwerde geführt haben oder der Mann; sie haben (ob zu Recht oder zu Unrecht) Schuldgefühle wegen der Störung des Friedens:
»Ich mag nicht streiten. Seit meiner Kindheit gibt es bestimmte Personen, die mir Schuldgefühle machen, wenn es Spannungen gibt. Meine Mutter ist die eine, und mein Mann ist der andere. Und es geht fast immer so aus, daß ich mich entschuldige.«
»Meistens gewinnt er. Ich fühle mich meistens schuldig, weil ich irgendwie nicht rücksichtsvoll war und ihn verletzt habe.«
39 Prozent der Frauen haben zeitweise Angst davor, zur Sprache zu bringen, was sie ärgert:
»In meinen früheren Beziehungen hörte es nie auf mit den alten Konflikten, weil ich zu schüchtern und zu ängstlich war, um mich selbst zu behaupten und an Probleme heranzugehen - ich fürchtete den Verlust der Beziehung. Das ist jetzt nicht mehr so, und ich hoffe, daß ich nie wieder in diesen Teufelskreis aus stiller Wut und unterdrückten Ressentiments gerate.«
»Ich bin gefühlsmäßig sehr von meinem Mann abhängig, und wenn ich böse auf ihn bin, versuche ich es für mich zu behalten. Wenn er böse auf mich ist, bricht die Welt für mich zusammen.«
Andere Frauen haben das Gefühl, daß sie Auseinandersetzungen nicht »gewinnen« können, und sind während eines Streits und danach sehr frustriert:
»Im tiefsten Herzen vertrete ich wohl den Standpunkt >Du bist okay, ich bin nicht okay.< Bei Auseinandersetzungen gebe ich meinen Ängsten nach und lasse die anderen gewinnen, selbst wenn ich finde, daß meine Sache gerecht ist. Streiten ist eine Fähigkeit, die ich noch lernen muß. Ich fürchte mich davor, ich weiß nicht, wie man es richtig macht, und am Ende bin ich meistens hilflos, beschämt, frustriert, verwirrt. Ich möchte mich wehren können, wenn ich das Gefühl habe, daß ich manipuliert oder ausgenutzt werde.
Ich finde, mein Partner ist oft ungerecht. Wenn ich selbstbewusst auftrete, wirft er mir Snobismus vor; wenn ich weniger selbstbewusst auftrete, sagt er, ich würde ihn blamieren und sei ein gesellschaftlicher Hemmschuh für ihn! Oder wenn ich gehemmt bin, sagt er, ich sei prüde und nicht selbstbewusst genug; wenn ich weniger gehemmt bin, hält er mich für unanständig, abstoßend, skandalös.«
Wieder andere Frauen haben nützliche Strategien gelernt:
»Früher ist mir bei Zankereien körperlich übel geworden. Doch seit ich selbstsicherer geworden bin, fange ich Streit an, um deutlich zu machen, was ich will, um mich abzugrenzen - und ich bleibe dabei. Inzwischen bin ich in der Offensive, nicht mehr in der Defensive. Ich gewinne auch meistens.«
»Ich gebe mir große Mühe, Streit oder emotionale Konfrontationen zu vermeiden. Ich erinnere mich besonders an eine Geschichte, die sich vor ungefähr einem Jahr abspielte. Damals traf ich mich mit meinem Anwalt, meinem Mann und seinem Anwalt, weil ich einige Punkte im Zusammenhang mit unserer Scheidung klären wollte. Ich kannte den Anwalt meines Mannes noch nicht und wollte ihn beeindrucken, also kaufte ich eine Stunde vor dem Termin ganz spontan einen roten Hut und trug ihn bei dem Gespräch.
Unter diesem roten Hut fühlte ich mich irgendwie sicher, weil kaum jemand Hüte trägt und ich mich dadurch als >anders< abhob. Als ich das ein paar Tage später meinem Psychiater erzählte, fragte er: >Warum?<
Ich sagte, weil ich bei dem Gespräch hätte cool bleiben wollen. Der Psychiater sagte sarkastisch (um eine Reaktion von mir zu kriegen, aber die kriegte er nicht): >Es war sehr wichtig, cool zu bleiben bei etwas so Belanglosem wie dem Ende einer zwanzigjährigen Ehe, nicht wahr?< ja, es war sehr wichtig, mir meine Verletzlichkeit nicht anmerken zu lassen. P. S.: Der Trick verfing gut, ich bekam alle Zugeständnisse, die ich wollte.«
61 Prozent der Frauen sagen, daß die Probleme - egal, wie sehr sie sich darum bemühen nicht gelöst werden:
»Ich hasse Streit. Wenn es Spannungen gibt, gerät meine Welt aus dem Lot. Ich bin normalerweise glücklich, aber dann bin ich sehr deprimiert. Normalerweise fange ich das Gespräch über das Problem an, aber es hilft nichts. Es ist immer das gleiche Problem - mein Bedürfnis danach, daß er lieb und zärtlich zu mir ist.«
»Wenn jemand Krach anfängt, dann ich. Mein Mann vermeidet das nach Möglichkeit. Trotzdem gewinnt er immer, weil er seine Meinung nie ändert. Danach bin ich noch wütender als zuvor, weil ich bei ihm keinen Fingerbreit weiterkomme. Er ist sehr, sehr rechthaberisch, und mit Logik, Beweisen, daß er sich irrt, Tränen, Schreien oder was auch immer ist ihm nicht beizukommen. Gelöst oder beigelegt wird selten was. Wenn wir uns ausgekracht haben, besprechen wir die Probleme nicht, wir nähern uns ohne Worte einander wieder an. Ich versuche rauszubekommen, wie er sich fühlt, aber ich bekomme es nicht raus.«
»Ich kann Streit nicht ausstehen. Es geht mir furchtbar schlecht dabei. Niemand gewinnt. Wenn ein Streit im Gang ist, bin ich zornig, und danach bin ich total kaputt. daß Konflikte gelöst wurden, war in unserer Beziehung nicht drin. Sie tauchten später automatisch wieder auf. Ich sage am Ende immer, es täte mir leid, damit Ruhe ist. Wenn wir versucht haben, über die Probleme zu reden, war meistens der nächste Streit fällig, bis die ganze Streiterei schließlich aufhörte, weil ich die Beziehung abbrach.«
»Ich bin immer ärgerlich geworden und habe geschrien. Er hat zurück geschrien. Ich habe geweint, er ist aus dem Haus gerannt. Dann habe ich mich wieder beruhigt, und wenn er zurückgekommen ist, haben wir so weitergemacht, als wenn nichts gewesen wäre. Eine Katharsis oder eine geistige Begegnung hat es nie gegeben.«
»Es läuft normalerweise so: Ich finde, daß ich allen Grund habe, mich zu beschweren, aber er gibt nicht gerne zu, daß er etwas falsch gemacht hat, und im allgemeinen entschuldigt er sich auch nicht. Er sagt, die Art Mensch sei er eben nicht, und er könnte sich nicht ändern das hätte ich gewusst, als ich ihn geheiratet hätte. Nach dem >Gespräch< treten die Probleme eine Weile in den Hintergrund, dann ist er wieder kühl und distanziert, ich koche innerlich, bis wir wieder eine Auseinandersetzung haben, wenn ich es nicht mehr ertrage. Ich glaube (und mein Mann wird mir da voll zustimmen, aber sich nicht ändern), daß meistens ich diejenige bin, die gibt und sich kümmert und die kleinen, liebevollen Dinge tut. Er gibt nicht soviel von sich her, daß ich mich geliebt fühle. Vielleicht habe ich unrealistische Vorstellungen von der Ehe, aber ich komme schlichtweg zu kurz, was die gegenseitige Zuneigung angeht.«
»Ich streite äußerst ungern mit meinem Mann, weil er zu emotional wird. Ich finde, ein Streit ist zur Reinigung der Atmosphäre da, aber er wird leider gemein dabei. Früher habe ich ihn immer gewinnen lassen, weil ich Angst vor seinen Wutausbrüchen hatte. Jetzt lasse ich ihn nicht mehr gewinnen. Ich sage, was ich zu sagen habe, und nehme nichts zurück. Gelöst wird dadurch nichts, also wirft er mir vor, daß ich ihn am freien Ausdruck seiner Gefühle hindere! Ich nehme trotzdem nichts zurück. Aber ich beende den Streit, indem ich dafür sorge, daß wir uns über irgendwas einigen. Egal, was: Der Mond besteht aus Kräuterkäse! Ich versuche, ihn zum Lachen zu bringen.« [2]
89 Prozent der Frauen sagen, daß Männer bei Auseinandersetzungen nicht wirklich hinhören, was sie sagen:
»Die Männer hören, was sie hören wollen.«
Sie sagen, Männer glaubten anscheinend, ihr »Problem« würde durch andere Gründe verursacht als die, die sie anführen, weil sie ihre Frauen »besser kennen«, weil die Frau nicht »rational« genug ist, um sie zu erfassen:
»Er meint, ich wollte ihn kritisieren, wenn ich versuche, etwas zur Sprache zu bringen, das mich stört. Er sagt, ich würde bloß Ärger machen. Er hört nicht auf das, was ich sage. Früher habe ich versucht, ihm alles ruhig zu sagen, aber ich habe keine Reaktion bekommen, deswegen schreie ich jetzt, und er sagt, ich würde ihn angreifen.«
»Meistens ist es etwas, das sich langsam aufgebaut hat - er möchte sich nicht damit auseinandersetzen, schließlich halte ich es nicht mehr aus, und es gibt eine große Szene. Es tut mir wirklich weh, wenn er sich weigert, über das Problem zu diskutieren, und mich bloß durch den Kakao zieht und sagt: >Du hast wohl deine Periode, du bist ja total hysterisch. Selbst wenn ich meine Periode hätte (sie macht mich manchmal wirklich etwas dramatisch), heißt das nicht, daß das, was ich sage, nicht wahr ist und daß es kein Problem ist, mit dem man sich auseinanderzusetzen hat.«
73 Prozent der Frauen berichten, sie seien fast immer diejenigen, die nach einem Streit sagen, es täte ihnen leid, und dann über die Probleme zu reden versuchen; obwohl die Männer oft eine »Friedensinitiative« in Form eines Kusses oder einer Umarmung unternehmen, sagen die meisten von ihnen nicht ohne weiteres, daß es ihnen leid tut oder daß sie über die Probleme reden wollen:
»Der Mann, mit dem ich zusammengelebt habe, hat nie >Es tut mir leid< gesagt. Lieber hätte er sich die Zunge abgebissen. Die Lösungsversuche sind immer von mir gekommen. Er hat nie gehört, was ich sage. Wenn ich geredet habe, hat er mich immer unterbrochen. Er hat alles so hingedreht, wie es ihm gepasst hat. In Ordnung gekommen ist nie was.«
»Unsere Konflikte gehen so aus, daß ich mich entweder entschuldige oder tagelang nicht mit meinem Mann spreche, bis ich das Problem irgendwie abhaken kann. Mein Mann hat sich noch nie entschuldigt.«
»Wie Auseinandersetzungen gewöhnlich beigelegt werden? Indem er mich klein macht, bis ich sage, daß es mir leid tut. Und es tut mir dann auch leid, dafür sorgt er schon.«
»In meiner Ehe war ich die Initiatorin, die Versöhnliche etc. Das diente nur dazu, meinen Mann in eine überlegene Position zu bringen - jedenfalls in seinen Augen - und seine Selbstgerechtigkeit noch zu steigern.«
12 Prozent der Frauen sagen, ihre Lebensgefährten würden sich entschuldigen:
»Den ersten Schritt zur Versöhnung tue ich nicht. Er ist schuld an den Problemen, da kann er auch den ersten Schritt tun. Darauf gehe ich dann ein.«
»Konflikte und Auseinandersetzungen werden im allgemeinen sofort beigelegt, wir lassen das nicht weiter schwelen. Meistens sagt er, daß es ihm leid tut, denn ich bin ziemlich dickköpfig und gebe nicht gern zu, daß ich unrecht habe. Danach versöhnen wir uns.«
Ein Mann gibt in einem sehr bewegenden und amüsanten Brief [3] eine Analyse seiner »Streittaktiken«:
»Je wütender sie wird, desto überlegener fühle ich mich. Ich sitze stoisch da und warte darauf, daß es aufhört. Und während ich so dasitze und sie schreit oder darauf wartet, daß ich >etwas sage< (was ich unterlasse) oder mich entschuldige, denke ich: >Warum tut sie mir das an?< Natürlich sagt sie, ihre Gefühle seien zuerst verletzt worden, aber dafür fühle ich mich im Grunde genommen nicht verantwortlich. Sie hätte sich nicht verletzen lassen sollen, schließlich habe ich es nicht so gemeint. Warum ist sie so schwierig? Sie sollte sich nicht so haben. Wenn sie mich wirklich lieben würde, würde sie sich nicht so aufführen. Sie hat keine Achtung vor mir.
Manchmal wird sie auch stocksauer und fordert mehr als einsilbige Knurrlaute. Wenn ein solcher Druck auf mich ausgeübt wird, besteht meine übliche Reaktion darin zu sagen: >Ich brauche Zeit< oder >Gib mir ein bisschen Luft zum Atmen< oder >Lass mich ein paar Minuten in Frieden, ich muß darüber nachdenken< - und derweil denke ich, wie edel es von mir ist, daß ich mir all das bieten lasse. Ich bin ein Märtyrer und ein Heiliger. Doch wenn ich ehrlich bin, muß ich mir sagen, daß dies eine passiv-aggressive Einstellung ist, voll Ärger und Wut. Woher kommt sie? Ich weiß es nicht. Ich sehe sie im Werbefernsehen, in gewissen Spots, in denen kleine Jungs von ihren Müttern bedient werden - die Mütter sind natürlich Vollidiotinnen, während die kleinen Jungs schlau, schlauer, am schlausten sind usw. usf.
Aber es ist ein großes Vergnügen, sich in die Einsilbigkeit zurückzuziehen, sich als verwundeter Held zu fühlen, manchmal sogar zwei, drei Tage am Stück! Eingeschnappt sein welch ein Hindernis für die Verständigung! Ich glaube, bei unseren Auseinandersetzungen sind wir immer nur aneinander vorbei gelaufen. Warum habe ich nicht gesagt >Das stört mich, und zwar aus folgendem Grund<, statt eingeschnappt zu sein oder mich für überlegen zu halten und darauf zu warten, daß sie über >ihr Problem< hinwegkommt?
Es dürfte ziemlich klar sein, daß ich - und wahrscheinlich auch noch andere Männer - mit diesem Verhalten jede Verantwortung für das, was vorgeht, ablehnen. Wir brauchen mehr Selbstsicherheit und Autonomie bei Männern, wirklichen männlichen Stolz - Männer, die die Verantwortung für eine ehrliche Interaktion mit Frauen übernehmen, die nicht bloß passiv sind und doch überlegen scheinen wollen. Was wir nicht brauchen, ist dies >Du hast die Aufgabe, um mich zu kreisen, zu erraten, was ich will, wenn ich nur,Einsilbiges von mir gebe, und all meine unausgesprochenen Bedürfnisse zu befriedigen!«
Das Rätsel der männlichen Passivität
bei Auseinandersetzungen mit Frauen
Die meisten Frauen sagen, daß die Männer, die sie kennen, nur äußerst widerwillig über Differenzen zu diskutieren scheinen und daß diese Einstellung schließlich zur »Konfrontation« führt, die beide Beteiligte noch weniger schätzen. Dann wird die Frau, die das Problem in den meisten Fällen zur Sprache gebracht hat, oft beschuldigt, die Unruhestifterin zu sein.
Diese Art »Männlichkeit« ist durch Passivität gekennzeichnet, durch eine Einstellung, die in etwa sagt: »Was kann ich schon gegen dein Problem tun?«. Frauen können dann starke Schuldgefühle entwickeln, weil sie (so will es die traditionelle Rolle) die Friedensstifterinnen im Leben sein sollen. Es »obliegt« ihnen auch angeblich, liebevoll zu sein und die Beziehung am Laufen zu halten. Tatsächlich »gewinnen« die Männer so oder so; denn wenn der Mann beim Streit verliert, hat die Frau ihm »böse zugesetzt«; und wenn er gewinnt, war sie »irrational« und »hysterisch« - und ist die Schuldige, egal was passiert.
»Mir geht's gut. Warum beklagst du dich?«
Die Verhaltensmuster von Männern in Auseinandersetzungen
Viele Frauen beschreiben eine Art stummen Rückzug von seiten der Männer, wenn es Streit gibt:
»Männliches Nörgeln ist stumm. Stummes Schmollen oder stumme, arrogante Missbilligung.«
»Sein Gesichtsausdruck sagt: >Warum führst du dich so auf? Was soll das, diese Szene? Ich habe keine Ahnung, was du von mir willst.<«
»Es läuft immer ähnlich. Er macht mich wütend, ich gehe hoch, er sagt nichts. Schließlich verlange ich, daß er was sagt, und er sagt* >Was soll ich denn sagen?< Das macht mich erst recht wütend, weil ich immer noch nicht weiß, ob er überhaupt begriffen hat, warum ich mich so aufrege.«
»Er hat eine geradezu klassische Pose. Er sitzt reglos da und blickt drein, als sei er über alles erhaben - ich nenne das die Mussolini-Pose. Er bleibt unnahbar, während ich versuche, zu ihm durchzudringen. Was mich wirklich rasend macht, ist, daß er dabei als derjenige mit den >guten Manieren< wegkommt. Ich dagegen mache mich lächerlich, verliere die Beherrschung und werde hysterisch.«
76 Prozent der Frauen sagen, daß sich die meisten Männer sehr wenig Mühe geben, sie bei Auseinandersetzungen zu verstehen, und sehr wenig Gefühl und Empathie zeigen. Die meisten Frauen sagen außerdem, wenn sie etwas zur Sprache bringen und darauf nichts als feindseliges Schweigen folgt, könne es leicht passieren, daß sie schließlich schreien - ein (unbewusster) Versuch, endlich gehört zu werden.
Doch das trägt ihnen oft nur Bezeichnungen wie »irrational« oder »hysterisch« ein - zwei mit geschlechtsbezogenen Vorurteilen aufgeladene Wörter, die den Frauen in dieser Untersuchung zufolge immer noch auffällig häufig gebraucht werden. Sie dienen zur Herabsetzung der Frau (»Du bist hysterisch«) oder zu ihrer gönnerhaften »Beruhigung« (»Na, nun werd' nicht hysterisch«) und machen alles nur noch schlimmer. Sind sich Männer ihrer Feindseligkeit bewusst, wenn sie so etwas sagen?
Eine Frau berichtet, was in dieser Hinsicht in ihrer Beziehung vorgeht: »Wenn ich mich aufrege, hat er meistens die Einstellung: >Mir geht's gut. Warum beklagst du dich?< Und wenn ich mich damit nicht abspeisen lasse und mich noch mehr aufrege, sagt er: >Du legst es wirklich auf eine Szene an.< Oder er sagt: >Warum versteifst du dich darauf, deine Ansicht durchzusetzen?< Worauf ich sage: >Ich versteife mich auf gar nichts - ich versuche, mit dir zu reden!<«
Negative oder »zu emotionale« Verhaltensweisen von Männern haben keinen Namen, keine Bezeichnung, die in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist. Hier gibt es Lücken, fehlende Elemente in der Sprache. Zum Beispiel scheint (den Frauen in dieser Untersuchung zufolge) die männliche Entsprechung zur »nörgelnden Frau«, die die Hand in die Hüfte gestemmt dasteht und einen Mann anschreit, »Er betrachtete sie mit arroganter Verachtung« zu sein. Warum gibt es keinen prägnanten Begriff, keine Redewendung für den typischen stummen Rückzug von Männern?
Im vorigen Kapitel haben wir gesehen, daß die Sprache keinen Mangel an Wörtern und Redewendungen hat, die unterschwellige Attacken auf Frauen darstellen. (Man kann sie auch in angeblich objektiven »wissenschaftlichen« Zeitschriften finden.) Männer glauben oft, dieses Vokabular ungestraft gebrauchen zu können, und sind der festen Überzeugung, was sie sagen, sei wahr, während sie die selbstgefällige und sexistische Natur solcher Sprachklischees nicht erkennen. Dieses Vokabular gebrauchen sie vorzugsweise dann, wenn eine Frau aufgebracht oder zornig ist, was höchstwahrscheinlich an den in unserer Gesellschaft verbreiteten Stereotypen über Frauen liegt.
Demnach sind Frauen unlogisch, zu emotional, neigen zum Nörgeln, und man muß sie unter Kontrolle halten, sonst werden sie unmöglich, nehmen einen »unter den Pantoffel«, werden aufsässig (d. h., sie sind unabhängig und verlangen Respekt) wie in Skakespeares Der Widerspenstigen Zähmung (ein Stück, das in vielen Schulen durchgenommen wird, ohne daß von seinen sexistischen Implikationen die Rede wäre).
Mit anderen Worten, die Passivität und das Schweigen von Männern, durchsetzt mit Verweisen auf das »hysterische« oder »unbeherrschte« Verhalten von Frauen bei Auseinandersetzungen, sind provozierend und empörend. Indem der Mann es ablehnt, mit der Frau zu reden, auch wenn sie sehr verletzt ist deswegen, verweigert er ihr jede Zuflucht. Sein Rückzug ist eine klare Aussage. Er bedeutet, daß sie die Dinge so zu akzeptieren hat, wie sie sind, oder gehen muß. Da sich der Mann weder auf »Verhandlungen« noch auf einen Kompromiss einlässt, »kann sie schreien, soviel sie will, das ist nicht mein Problem«, wie eine Frau einen Ausspruch ihres Bruders über seine Frau zitiert.
Eine weitere Schwierigkeit im Zusammenhang mit den Verhaltensmustern von Männern bei Auseinandersetzungen ist - so 48 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung - die männliche Tendenz, Konkurrenzverhalten an den Tag zu legen, statt empathisch zuzuhören . Eine Frau beschreibt es so: »Es führt zu nichts, wenn ich Dinge zur Sprache bringe, die mich kränken, denn wenn ich ihm sage, daß er mich gekränkt hat, antwortet er nur anklagend, ich hätte ihn jetzt auch gekränkt, indem ich das gesagt hätte.« Wenn die Frau sich beschwert, ist es also durchaus möglich, daß der Mann erklärt, er habe eine noch viel gewichtigere Beschwerde vorzubringen.
Vielleicht übertragen manche Männer die »Spielregeln« des Konkurrenzkampfs der Arbeit auf ihre Beziehungen. Frauen, die verliebt sind und erwarten, daß ihnen der ebenfalls verliebte Mann auch liebevoll begegnet, sind oft überrascht, wenn er Konkurrenzverhalten zeigt. Wird dieses Konkurrenzverhalten in emotional gespannten Situationen durch die Erziehung der Männer verursacht, die ihnen eingeprägt hat, in allen Lebenslagen wettbewerbsorientiert zu sein, um jeden Preis zu gewinnen?
Oder liegt es an ihrem Wunsch, nicht »effeminiert« oder »weibisch« und »gefühlsduselig« zu sein? Die meisten Männer denken, das Entscheidende bei einer Auseinandersetzung sei das Gewinnen, und vor allem müsse sichergestellt werden, daß die Frau nicht »die Oberhand bekommt«. Sie betrachten die Auseinandersetzungen nicht als gemeinsamen Versuch, zu einem besseren Verständnis füreinander zu gelangen.
Eine Frau spekuliert darüber, warum so viele Männer liebend gern diese psychologischen Kämpfe gewinnen wollen:
»Die Einstellung der Männer ist ungefähr: >Frauen schreien dich immer an, nerven dich ständig, lassen dich nie tun, was du willst.< Aber Männer lieben es richtiggehend, die Lage noch zu verschlimmern, d. h. ihre Gefühle und Gedanken zu verschweigen. Je dringender die Frau etwas mit ihnen besprechen muß, desto ausdrücklicher weigern sie sich. Ich habe das immer wieder bei meinem Bruder und seiner Frau und bei mir und meinem Freund gesehen. Schließlich schreit die Frau (ich), und der Mann findet es irrsinnig komisch. Warum? Wischen sie damit ihren Müttern eins aus und halten sich für ungeheuer schlau, weil sie ungestraft davonkommen?
Ein Beispiel: Mein jüngerer Bruder (17) fragte unsere Mutter bei Tisch, ob es nicht okay sei, mit einem Mädchen Analverkehr zu haben? >Ist schließlich ein Beitrag zur Geburtenkontrolle - hahaha - < Und das, nachdem er so getan hatte, als wollte er sie ernsthaft fragen, ob sie es für okay hält. Da hatte er sie schön drangekriegt. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, und alle lachten. Warum kriegen Männer Frauen so gern dran? Ist das nicht eine Art Frauenhass? Piesackerei? Oder sind sie so sauer auf Frauen, weil Frauen Männer großziehen und darum Macht über sie haben, absolute Macht? Manche Leute sagen das. Aber Frauen werden auch von Frauen großgezogen, und sie wollen Frauen keins >auswischen< - d. h. beweisen, wie dumm Frauen sind.«
Unfairer Streit
Die schlimmste Art zu streiten ist das unfaire Streiten, der gemeine Streit. Es geht nicht mehr darum, Beschwerden zu äußern und zu einem Einverständnis zu gelangen, sondern die andere Person möglichst tief zu verletzen:
»Ich hasse Streit. Er hinterlässt zuviel Wunden. Meistens sagen die Leute noch Sachen, die sie gar nicht meinen. Wenn ich zum Beispiel sage, es hätte mich gekränkt, daß er mich nicht angerufen hat, sagt er >Du solltest dich mal fragen, warum ich nicht angerufen habe<, womit er etwas Unangenehmes andeutet. Also hat mein Mann meistens gewonnen. Wenn er glaubte, er wäre am Verlieren, hat er einfach die Spielregeln geändert! Ich war sprachlos, verletzt, wie gelähmt. Eine aussichtslose Situation.«
Die größte und vollständigste Entfremdung tritt ein, wenn Paare miteinander streiten, ohne daß sich danach jemand entschuldigt; wenn einer so tut oder beide so tun, als sei nichts gewesen. 53 Prozent der Frauen sagen, das sei in ihrer Beziehung der Fall:
»Er fängt meist schon mit der Versöhnung an, wenn ich noch nicht mal gesagt habe, was mich stört, oder wenn ich es gesagt habe und er alles abgeschmettert hat. Ich gehe auf die Friedensinitiative ein, aber ohne Freude, ohne Energie. Er gewinnt meist in dem Sinn, daß wir tun, was er will - wir schlafen weiter zusammen, bleiben weiter zusammen.«
»Wir gehen schweigend auseinander, er ins eine Zimmer, ich ins andere - wir sagen nicht, daß es uns leid tut - wir kommen wortlos überein, das strittige Thema fallenzulassen.«
»Bei unseren großen Krächen geht es fast immer ums Trinken oder ums Geld. Ich mag keinen Krach. Ich weiß nicht, wer gewinnt, weil sich das alles am Ende irgendwie legt. Manchmal reden wir darüber, aber nicht viel, weil er sich nicht ausdrücken kann. Es tut mir weh, wenn wir Krach haben. Ich denke mir dann: >Was soll das eigentlich? Lohnt doch nicht. Das Leben ist zu kurz.< Oder: >Warum bin ich eigentlich hier?«<
»Ich mag seine rechthaberische Art nicht. Er muß immer das letzte Wort haben, er wird immer laut oder sagt: >Da irrst du dich aber gewaltig!< Punkt. Und das soll ich akzeptieren!«
»Es kommt nicht oft vor, daß einer von uns >Es tut mir leid< sagt, wenn es Streit gegeben hat. Wir versöhnen uns nicht, wir wursteln weiter wie bisher. Von der Versöhnung durch Sex halte ich nichts.«
»Ich hasse Streit, laute Worte, Beschimpfungen! Wenn er vernünftiger wäre, könnten wir miteinander reden, aber er ist nicht vernünftig. Er brüllt! Wir versöhnen uns im Bett, und wenn ich dann versuche, über irgendwas zu diskutieren, schnaubt er bloß und schläft ein. Er macht mir nicht das kleinste Zugeständnis.«
Wenn man keine Möglichkeit hat, Differenzen beizulegen, ist das sehr bedenklich. Es kann dazu führen, daß die Frau (oder der Mann) aus der Ehe aussteigt - erst durch emotionale Ablösung, später auch durch räumliche Trennung:
»Der Streit macht die Kluft in unserer Ehe immer größer. Führt dazu, daß ich aufspringen, fortlaufen und nicht zurückblicken will. Nach Phasen erbitterter Auseinandersetzungen haben wir ein paar mal Schluss gemacht. daß er ging, war die einzige Lösung. Er ist immer wieder zurückgekommen, aber die Probleme sind geblieben. «
»Wir haben uns früher viel gestritten - jetzt herrscht eine eher gleichgültige Atmosphäre. Es ist, als wären wir Zimmergenossen, die Kinder gemeinsam haben und sonst kaum was. Die Liebe ist schon lange tot.«
Nach achtunddreißig Jahren Kampf und Streit macht eine Frau klaren Tisch: »Die alten Probleme wurden nie gelöst, sondern nur zu Kürzeln vereinfacht, damit sie nicht lange durchgegangen zu werden brauchten, bevor man mit den neuen anfing. Ich dachte mir immer, es ist, als würde man die ganze Zeit einen Müllkarren mit sich herumziehen. Und es gab keine Möglichkeit, ihn loszuwerden. Wir waren achtunddreißig Jahre vor diesen Karren gespannt, und das wäre immer noch so, wenn der Kerl noch da wäre. Zum Glück ist er auf der anderen Seite des Kontinents.«
Viele Frauen weisen darauf hin, daß es ihnen daran liegt, das Problem oder den Konflikt auf der Stelle zu lösen und nicht erst die Zeit vergehen zu lassen, in der sich der Schmerz festfressen kann:
»Ich mag das nicht, wenn wir nach einem Streit schlafen gehen, ohne uns versöhnt zu haben. Ich fühle mich dann so elend, bin so unglücklich, daß ich weinen muß. Es ist so schön, wenn wir wieder gute Freunde sind.«
»Ich sorge dafür, daß wir darüber reden. Ihm wäre es lieber, die Probleme eine Weile ruhen zu lassen, aber ich möchte gleich darüber reden. Danach nehmen wir uns meistens in die Arme. Sex haben wir selten danach. Ich fühle mich fast immer ausgelaugt und leer, und alles tut mir weh.«
»Man soll das Bett nicht zum Schlachtfeld machen«:
Doch ist Sex tatsächlich gleich Versöhnung?
»Komisch, als wir noch so was wie ein Liebesleben hatten, hat ihn Streit immer scharf gemacht. Je gehässiger es war, desto schärfer machte es ihn. Das ist die Art Streit, bei der mir alles vergeht. Aber er schien es spannend zu finden. Mir ist aufgefallen, daß seine Mutter auch am liebevollsten ist, wenn sie alle niedergemacht hat. Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, aber ich mag mich instinktiv nicht von jemandem anfassen lassen, der mich gerade gedemütigt hat.«
Eine Frau sagt:
»Wir werden oft ermahnt, den Streit nicht im Bett fortzuführen. Aber ist es nicht eine Kapitulation, wenn eine Frau mit einem Mann schläft, der sich weigert, etwas mit ihr zu besprechen, das für sie wichtig ist, und sich nicht bemüht, sie zu verstehen?«
Die meisten Frauen in dieser Untersuchung sagen, sie wollten so bald wie möglich über Probleme und Missverständnisse reden, damit es zu keiner Verhärtung kommt. Doch sie geben auch zu verstehen, daß viele Männer das Gespräch lieber vertagen oder ihm aus dem Weg gehen würden. So passiert es oft, daß die Spannungen noch nicht abgebaut sind, wenn ein Paar zu Bett geht, oder zumindest die Gefühle einer Person verletzt sind. Sollen Frauen nun »den Streit mit ins Bett nehmen« und »Sex verweigern«, oder sollen sie den Streit zur Seite schieben, damit er nicht zum »Störfaktor der körperlichen Liebe« wird?
Wenn eine Frau findet, die Lösung eines Problems sei ihr versagt worden, ist ihr oft nicht nach Sex zumute - sie fühlt sich missachtet. Doch dann wird ihr vielleicht der Vorwurf gemacht, daß sie »Sex verweigert«, um den Mann zu »manipulieren«. Diese Begriffe werden von vielen »Lebensberatern« und Psychologen gebraucht, die für populäre Zeitschriften schreiben. Sie implizieren auch, daß es sich hier um eine »schlechte Angewohnheit« der Frauen handelt. Aber wenn man Frauen dafür herabsetzt, daß sie Entfremdungsgefühle haben, und ihnen praktisch nahe legt, Sex und Gefühle nicht so innig zu verbinden, übt man dann nicht Druck auf sie aus, das »männliche« Wertesystem zu übernehmen und ihre eigene Integrität aufzugeben?
Eine Frau kann wegen der ungelösten Konflikte in einer Beziehung hin und wieder nicht nach Sex zumute sein - oder immer häufiger, bis es ein festgefahrenes Verhaltensmuster geworden ist. Selbst wenn die Differenzen nicht groß sind, können sich die »Lösungsversäumnisse« summieren, was möglicherweise zur Folge hat, daß eine Frau immer weniger Lust auf Sex hat. Manchen Männern dient das als »Munition«, um die Frau noch mehr herabzusetzen. Doch ist es für die Frau ein angemessener Weg, weil sie auf diese Weise ihre Würde behauptet und ihre Rechte geltend macht, indem sie versucht, gehört zu werden und zu einer Lösung zu kommen, so daß sie die Beziehung als sie selbst fortsetzen kann, nicht als Unperson, die Phantasie zu Hilfe nehmen muß, um erregt und genügend feucht zu werden, um Geschlechtsverkehr zu haben.
Kann Streit helfen?
Produktives Streiten: Methoden, einander nahe zu bleiben
Die meisten Frauen sagen, ein »optimaler Streit« ende mit einer Lösung, die es beiden ermöglicht, den Standpunkt der anderen Person zu verstehen:
»Bei Auseinandersetzungen kann ich ihn oft nicht dazu kriegen, meinen Standpunkt zu begreifen. >Gewinnen< würde für mich bedeuten, daß wir beide den Standpunkt des anderen begreifen. Wenn das funktionierte, wäre ich sehr erleichtert - wie man sich eben fühlt, wenn eine Last von einem genommen ist.«
»Wir streiten nicht. Wir lösen das Problem. Es ist phantastisch. Vor Jahren haben wir gestritten, weil ich rechtzeitig wo sein wollte und wir seinetwegen immer zu spät kamen. Wir haben das Problem gelöst, indem wir beschlossen haben, bei Filmen, Theaterstücken und Konzerten pünktlich zu sein, weil es wichtig ist. Bei Essen, Treffs und Partys sind wir etwas laxer mit der Zeit. Jetzt fühlt er sich nur unter Druck, wenn es wichtig ist.«
»Wenn wir uns gestritten haben, setzen wir uns zusammen und sprechen uns aus. Dann kommen wir zu einer Verständigung, kuscheln uns zusammen und schlafen ein oder lieben uns.«
»Die Konflikte werden gelöst, indem wir sie bereden und darüber nachdenken, was eigentlich passiert ist. Wir entschuldigen uns beide. Meistens leitet er das Gespräch ein.«
»Zunächst sage ich, daß es mir leid tut, selbst wenn es sein Problem war. Wenn es uns etwas besser geht, sagt auch er, daß es ihm leid tut, und dann steht einer Klärung der Dinge nichts mehr im Weg.«
Manchmal können Differenzen oder kleine Kränkungen verschlimmert werden durch die unterschwellige Angst des einen oder beider Partner, daß der andere einen nicht wirklich liebt, sondern hasst und einen abweisen wird. Wenn man jemanden wirklich liebt, lebt man vielleicht immer mit dieser Angst, und das ist erschreckend:
»Er lief durchs ganze Haus und machte Sachen kaputt, die er getöpfert hatte. Er war total >außer Kontrolle<, und ich ließ ihn eine Weile toben und nahm ihn dann in den Arm und sagte ihm, wie froh ich wäre, daß er es endlich >raus gelassen< hat. Seine größte Angst war, daß ich ihn nicht richtig mögen würde. Am Anfang sagte er das immer, wenn wir Auseinandersetzungen hatten. Ich war echt mitgenommen, wütend und traurig zugleich, aber irgendwo wusste ich auch, daß sich viel in ihm aufgestaut hatte und daß er es loswerden mußte.«
Manche Paare lernen, auf höfliche Weise Meinungsverschiedenheiten auszutragen - was eine ziemliche Kunst ist:
»Sehr offen zu reden ist der beste Weg zur Problemlösung. Natürlich muß der Partner genauso offen reden, sonst geht es nicht. Und genauso wichtig ist es, aufgeschlossen zuzuhören.«
»Ich neige dazu, all meine Gefühle auszudrücken - bis zur kleinsten Verärgerung. Mein Mann neigt dazu, seine negativen Gefühle nicht auszudrücken. In dieser Hinsicht haben wir uns sehr gut getan, denn weil er meist so nett und höflich zu mir ist, habe ich gelernt, nicht mit der erstbesten bissigen Bemerkung rauszuplatzen, die mir durch den Kopf schießt. Wenn ich verärgert bin, mache ich erst mal Pause und überlege mir, ob ich wirklich so ärgerlich bin, daß ich mich mit ihm streiten muß. Meist bin ich es nicht. Er hat gelernt, daß es in Ordnung ist, seinen Ärger auszudrücken, daß ich am Anfang vielleicht selbst verärgert darauf reagiere, aber daß man sich auch wieder abregen und das Problem durchsprechen kann. Wir können jetzt fast über alles miteinander reden.«
Einige Frauen gehen ganz locker an Auseinandersetzungen heran:
»Wir zanken uns selten, und wenn, dann wegen kleiner Unstimmigkeiten. Wenn ich müde oder gestresst bin oder einfach anderer Meinung, weiß mein wundervoller Mann, wann er >Du brauchst jetzt eine kleine Umarmung< sagen muß, und genau das brauche ich dann auch und nicht, daß mir Hässliches mit Hässlichem vergolten wird. Und wenn er unvernünftig ist, weil er sich mies fühlt, ist es okay. Wir lieben uns, er entschuldigt sich bei mir und ich mich bei ihm, manchmal sind wir eben beide verquer.«
Manche Paare haben ihre eigenen ausgeklügelten »Instrumente«, um nach einem Streit wieder zueinander zu finden: etwa ein spezielles »Freundschaftslied« oder eine »imaginäre Friedenspfeife«: [4]
»Ich glaube, daß unsere Beziehung funktioniert, weil wir keine Barrieren zwischen uns aufbauen. Nichts ist tabu - wir reden über alles. Sehr wichtig ist auch, daß unsere Auseinandersetzungen aus zwei Teilen bestehen. Erst stellen wir fest, welches Problem zum Streit geführt hat, und lösen es. Dann arbeiten wir daran, uns wieder gut zu fühlen und nicht mehr böse aufeinander zu sein.
Wir schmusen, rauchen eine imaginäre Friedenspfeife, singen unser altes Freundschaftslied. Wir stufen unsere Gefühle auf einer Prozentskala ein und machen das so lange (das ist das Anstrengendste an unserer Beziehung!), bis wir beide bei 100 Prozent sind. Es klingt albern, aber es hilft uns dabei, uns wieder gut zu fühlen.
Und wenn der Streit ausgestanden ist, müssen wir uns nicht noch mal damit befassen - dann sind auch Bitterkeit und Gewissensbisse wie weggeblasen.«
Ein anderes Paar hat sich versprochen zu reden, bis es »klarkommt«:
»Wir haben jetzt keine Probleme mehr, obwohl wir uns noch streiten und uns auch immer streiten werden, weil wir glauben, daß es zu unserer Entwicklung gehört. Bis vor fünfzehn Jahren hatten wir das Problem, daß mein Mann große Angst vor Nähe hatte; Angst, sich selbst zu verlieren, und daß ich passiv und konfus war. Jetzt weiß ich genau, worauf ich ein Recht habe und worauf nicht. Es gibt nichts Trennendes zwischen uns, weil wir uns versprochen haben zu reden, wenn wir Schwierigkeiten miteinander haben, bis wir >klarkommen< wie in der Gestalttherapie (ein gutes Gefühl für uns selbst und den anderen haben, ein gutes Körpergefühl, gute Energie). Wir haben auch eine Absprache, daß wir uns täglich mit unseren Gefühlen beschäftigen. Dafür sind wir abwechselnd verantwortlich (immer je zwei Tage). Zu unserer Absprache gehört, daß wir gleichberechtigt sind, daß wir sagen können, was wir wollen. Wir schreiben uns nicht vor, was wir zu tun haben, und wenn einer von uns redet, unterbrechen wir nicht, sondern hören wirklich zu.«
Andere Paare lernen durch Eheberatung, konstruktiver zu streiten:
»Ich fand Streit immer fürchterlich, und so waren wir in den ersten fünf Monaten unserer Ehe gemeinsam bei der Eheberatung, um zu lernen, wie man konstruktiver streiten kann. Erst fühlte ich mich entsetzlich, während und nach unseren Krächen, aber jetzt habe ich ein ganz positives Gefühl dabei. Wir streiten nicht besonders oft, und wenn, dann ist es nichts Schlimmes.«
Einschüchterung von Frauen
durch körperliche Gewalt
»Beim Prügeln geht es mit der Seele los, deine Seele wird geprügelt. Als erstes verlierst du deine Selbstachtung.« - Aussage einer Frau, die wiederholt von ihrem Mann geschlagen wurde.
»Hat Ihr Ehemann oder Liebhaber je die Hand gegen Sie erhoben oder Sie verprügelt? Warum? Was empfanden Sie dabei?«
Die meisten Frauen in dieser Untersuchung (61 Prozent) sagen, sie seien nie geschlagen oder verprügelt worden, und viele betonen, daß sie es nicht dulden würden:
»Wenn das einer machen würde, wäre ich sofort weg. Als ich noch bei meinen Eltern wohnte, habe ich damit leben müssen, und ich würde mir das nie gefallen lassen. Ich habe was Besseres verdient jede Frau hat was Besseres verdient.«,
»Wenn mich ein Kerl schlagen würde, wäre er im Knast, ehe er sich's versieht!«
27 Prozent sagen, daß sie einmal von einem Ehemann oder Liebhaber geschlagen worden sind; einige waren wütend, einige schämten sich und fühlten sich gedemütigt:
»Mein Mann hat mich einmal aus Eifersucht geschlagen. Ich habe ihn für eine Weile verlassen. Ich habe mich gedemütigt gefühlt.«
»Mein Mann hat mich einmal geschlagen. Ich hatte Angst und wollte weg rennen. Mein Hund ging dazwischen, bevor es gefährlich wurde.«
»Einmal. Ich hätte ihn am liebsten umgebracht. Ich habe mich entwürdigt und erniedrigt gefühlt.«
»Es war vor knapp fünf Jahren. Ich weiß heute noch nicht, warum er das getan hat. Ich schämte mich für ihn und wollte nicht, daß es jemand erfährt. Ich war enttäuscht, fühlte mich verraten. Entehrt. Außerdem war ich durcheinander, völlig verwirrt.«
»Er hat mich einmal geschlagen. Da war ich gerade mit dem vier Tage alten Baby (seinem) aus dem Krankenhaus gekommen und habe nicht alles stehen und liegen lassen, um ihm einen Drink zu machen. Ich schnappte mir die Bratpfanne (aus Gusseisen) und sagte ihm, die würde ich ihm über den Schädel ziehen, wenn er mich noch mal schlägt. Er hat es mir geglaubt.«
»Das Schlimmste war, daß er mir ins Gesicht gespuckt und mich auf der Straße rumgeschubst und mich geschlagen hat, weil ich mit einem anderen gehen wollte.«
Nur eine Minderheit sagt, daß sie die Beziehung auf der Stelle abgebrochen und den Mann nie wiedergesehen hat:
»Ein Freund hat mich mal geschlagen, mich umgeschmissen und mich dann getreten, weil ich nicht, wie geplant, mit ihm mitgehen wollte. Ich fand, das war der Gipfel. Ich habe sofort mit ihm Schluss gemacht. So was muß ich mir echt nicht bieten lassen. Dafür bin ich mir zu schade. So was ist mit nichts zu rechtfertigen.«
12 Prozent der Frauen sagen, sie seien öfter geschlagen worden oder würden öfter geschlagen:
»Früher wurde ich ein paar mal verprügelt, und ich kann ganz ehrlich sagen, daß ich nie genau wusste, warum. Es passierte meistens, wenn mein Freund betrunken oder stocksauer war. Dann ließ er seine Frustration am nächsten Menschen aus, der greifbar war, und das war ich. Mit der Zeit glaubte ich tatsächlich, es sei meine Schuld. Ich habe dabei einen großen Teil meiner Selbstachtung verloren. «
»Mein momentaner Lover hat mich einige Male geschlagen und verprügelt. Beim erstenmal war es ein Wahnsinnsschock - noch tagelang. Ich kam mir vor wie ein Wurm, ein Hund, den jeder treten kann, hatte das Gefühl, daß niemand Respekt vor mir hat, daß ich das Eigentum einer frauenfeindlichen Gesellschaft bin. Er sagte, er würde versuchen, mir Vernunft einzubleuen, weil er eifersüchtig wäre (tolles Argument!). Dann lernte ich ihn besser kennen, lernte taktieren. Ich habe mich immer gestritten, schon zu Hause mit meinen Brüdern und Schwestern, das Leben ist kein Zuckerlecken. Ich glaube, daß ich mich jetzt gern mit ihm streite - wir tun uns nicht mehr weh.«
»Mein Exmann hat mich immer geschlagen. Das war kurz nach Vietnam, und ich habe mir eine Weile gesagt, er weiß nicht, was er tut. Ich habe mich >tugendhaft< gefühlt, weil ich es ausgehalten, es >verstanden< habe. Das hat natürlich nicht lange gedauert, und dann habe ich mich klein gefühlt, verletzt, wertlos, und habe Angst gehabt. Dann bin ich wütend geworden. Dann habe ich ihn gehasst, weil er so grausam war. Ich glaube nicht, daß mein Exmann wirklich mich gehasst hat. Ich glaube, er hat das Leben gehasst und die Frauen im allgemeinen. Er hat immer seine Mutter und seine Großmutter gehaßt (bei der er aufgewachsen ist) und die >Schwäche< von Frauen verachtet. Ich glaube, er war nur deswegen gewalttätig gegen mich, weil ich in der Nähe war.«
»Ein Mann hat mich ein paar mal geschlagen, aber nicht sehr arg. Jedes mal, wenn ich ihn jetzt (vier Jahre später) sehe, entschuldigt er sich dafür und ist ganz geknickt.«
»Solange ich meinen Mann kenne, hat er mich geschlagen - bis vor zwei Jahren etwa. Er hat mich geschlagen, wenn er wütend war oder schlechte Laune hatte. Sein Vater hat seine Mutter geschlagen. Ich habe meinen Mann gehasst, wenn er mich geschlagen hat.
Ich hätte ihn umbringen können, ohne mir was dabei zu denken. Danach war er immer ganz klein und hat versucht, es wiedergutzumachen, aber ich habe es nicht vergessen.
Ich habe gewusst, daß ich das nicht verdiene. Trotzdem habe ich ihn nicht verlassen. ich habe geglaubt, er wäre krank. Und Frauen verlassen doch nicht die Leute, die sie lieben, weil sie krank sind! Ich habe ihn dazu gekriegt, zum Psychiater zu gehen, aber er ist nicht lang hingegangen.
Jetzt schlägt er mich nicht mehr, weil er weiß, daß ich ihn verlassen würde. Das liegt an meinem Freund er hat mir gezeigt, daß ich auch ohne meinen Mann leben kann.«
Bezeichnenderweise sagt nur 1 Prozent dieser Frauen, sie hätten die Polizei oder sonst jemanden zu Hilfe gerufen. Und die anderen erwähnen nicht, warum sie die Polizei nicht gerufen haben bzw. ob sie überhaupt auf den Gedanken gekommen sind. Glauben wir, es wäre illoyal oder »lieblos«? Haben wir Angst vor Vergeltungsmaßnahmen? Glauben wir, wir sollten versuchen, es zu verstehen? Keinen Unfrieden stiften? Den Ruf des Mannes nicht ruinieren? Oder zweifeln wir daran, daß man uns helfen würde? Eine Frau berichtet: »Die Polizei kam, lachte über mich, sagte meinem Mann, sein Problem werde verstanden, und ging wieder.« Diese Situation verbesserte sich allerdings in vielen Städten der Vereinigten Staaten, weil die Polizisten geschult werden, ihre Einstellung zu Fällen häuslicher Gewalt zu ändern, und die dafür zuständigen Abteilungen auch mit Frauen besetzt werden.
Eine kleine Zahl der Frauen sagt, sie hätten zurückgeschlagen:
»Wenn mich mein Exmann geohrfeigt und geprügelt hat, habe ich zurückgeschlagen, aber dann ist er noch brutaler geworden. Er hat mir die Arme auf den Rücken gedreht, bis ich umgefallen bin, und mich dann gewürgt. Das ist passiert, als er behauptet hat, ich hätte anderen Männern nachgeschaut (das hat er sich immer eingebildet).«
1 Prozent der Frauen sagt, sie hätten zuerst zugeschlagen:
»Mein Mann hat mich zweimal geschlagen, nachdem ich ihn geschlagen hatte. Ich kann nicht sagen, daß es so kommen mußte, aber ich habe es sicher provoziert. Die anderen Male hat er mich festgehalten, damit ich nicht weiter schlagen konnte. Wie habe ich mich dabei gefühlt? Ich war wohl überrascht, aber ich hatte nicht das Gefühl, daß es völlig ungerechtfertigt war. Ich habe nichts dagegen unternommen, weil es eine Reaktion darauf war, daß ich gewalttätig geworden bin.«
Oder beide schlagen zu:
»Ich halte zwar nichts davon, aber ich habe mich mit ihm gekloppt. Natürlich konnte ich nicht so doll zuschlagen wie er. Danach habe ich mich sehr schlecht gefühlt.«
3 Prozent sagen, sie seien gegen einen Mann gewalttätig geworden, ohne geschlagen zu werden:
»Ich bin gegen einen Mann gewalttätig geworden, der mich wegen einer Freundin von mir verlassen hat - habe ihn getreten und umgeworfen. Ich war verblüfft, welche Kraft ich bei diesem Wutanfall hatte, verblüfft über mein gewalttätiges Potential, wenn ich genug provoziert werde. Er hat mich nicht geschlagen, nur grob zugepackt, damit ich aufhöre.«
Als die weite Verbreitung häuslicher Gewalt Anfang der achtziger Jahre in den Medien der Vereinigten Staaten diskutiert wurde, hörte man aus einigen Ecken zwar den Aufschrei, daß auch Frauen Männer schlügen, aber in der Folge erwiesen mehrere Untersuchungen zweifelsfrei, daß die Zahl dieser Fälle winzig ist im Vergleich zu der Häufigkeit, mit der Männer Frauen schlagen.
Vielen anderen (57 Prozent) ist mit Gewalt gedroht worden; einige Frauen müssen ständig damit leben, daß Gewalt als Möglichkeit gegenwärtig ist:
»Er war wütend und ging türenknallend aus dem Hause. Ich fürchte mich immer, wenn er so ist. Ich weiß, daß es weitergeht, wenn er von der Arbeit kommt.«
»Er hat andeutungsweise seine Hand gegen mich erhoben, aber da spiele ich nicht mit. Trotzdem frage ich mich, ob mir das unbewusst was ausmacht.«
»Er hat einen unfairen Vorteil bei Auseinandersetzungen: Er gerät emotional außer Kontrolle, stürmt aus dem Zimmer, schmeißt mit Gegenständen, wirft mir wüste Beschimpfungen an den Kopf, und ich tue nichts dergleichen. Er hat mich nie geschlagen, aber mit seiner Melodramatik bringt er mich auf eine brutale Art dazu >zu Spuren<.«
»Mein Mann kann gewalttätig werden, wenn er böse ist. Er wird mit Worten gewalttätig und körperlich auch, bis zu dem Punkt, daß er mich rumschubst und rum stößt. Ich mag das gar nicht und versuche, Themen zu vermeiden, auf die er so reagiert.«
Auch jüngere Frauen erleben in Beziehungen immer noch körperliche Gewalt; sie sind keine statistische Ausnahme, wie dieser Bericht einer einundzwanzigjährigen Frau zeigt:
»Ich war in George verliebt, einen fünfundzwanzigjährigen Chemiker. Die Beziehung dauerte sieben Monate. In den ersten zwei Monaten war ich glücklich, aber dann habe ich mich oft in den Schlaf geweint wegen unserer Probleme, als ich merkte, daß die Verliebtheit nachließ er fing an, mich respektlos zu behandeln. Ich wollte, daß unsere Beziehung wieder so einen Zauber hatte wie am Anfang, als wir uns entdeckten.
Bei einem Streit hat er mich geschlagen und mich fast erstickt. Seine Arme quetschten meine Taille und meinen Magen, und er hat mir die Luft abgedrückt. Er war betrunken und sagte, er täte das, weil er glaubte, ich wollte ihn verlassen. Später sagte er mir, er könnte sich nicht daran erinnern, sich an mir vergriffen zu haben, nur an den Grund, warum er sich aufgeregt hätte.«
Welche Auswirkungen hat es, geschlagen zu werden - sei es auch nur einmal - und die Beziehung fortzusetzen? Viele Frauen sagen, sie hätten sich gedemütigt gefühlt, seien sich schuldig vorgekommen, hätten sich geschämt für das, was geschehen war, und es ihren Freundinnen nicht erzählen können, weil sie dann »negativ« betrachtet worden wären, weniger gegolten hätten in den Augen der anderen. Daher sind Frauen, die geschlagen werden, um so mehr isoliert und allein.
Eine Frau, erst Ende Zwanzig, die eine längere Ehe hinter sich hat, in der körperliche Gewalt an der Tagesordnung war, beschreibt ihre innere Verfassung:
»Ich habe mit der Therapie vor meiner Scheidung angefangen, als ich fast einen Nervenzusammenbruch hatte, und bis ein Jahr nach der Scheidung damit weitergemacht. Die Therapie hat mir geholfen, mich selbst zu finden. Ich war so gehemmt und unterdrückt, so leer nach all der körperlichen und emotionalen Gewalt, daß ich überhaupt keine Gefühle ausdrücken konnte. Ich konnte nicht zornig sein, nicht weinen - nichts. Es hat mir ungeheuer geholfen, mich selbst zu entdecken. Und zu erkennen, daß ich alles getan hatte, was ich konnte, um meine Ehe zu retten, und daß es in Ordnung war, mich scheiden zu lassen. Ich habe mich als Versagerin gefühlt, aber ich war auch sehr erleichtert, als alles vorbei war - wie neugeboren. Als sich meine innere Erstarrung gelöst hatte, war ich sehr böse auf meinen Mann, aber ich habe nie jemandem was von der Gewalt erzählt, als ich darunter gelitten habe, nur am Ende meiner Therapeutin.«
Am häufigsten gibt es Streit, wenn Frauen für ihre Würde eintreten
und versuchen, dafür zu sorgen, daß die Beziehung »funktioniert«
Viele Frauen finden, daß die Männer, mit denen sie zusammenleben, sie dadurch, daß sie sie nicht respektvoll von gleich zu gleich behandeln, mehr oder weniger zwingen, sich zu beschweren und für ihre Rechte einzutreten - oder sich zu unterwerfen und zu grollen.
Auseinandersetzungen in Beziehungen sind zum großen Teil ein Zeichen dafür, daß die Frau um wirkliche Verständigung und emotionale Gleichheit kämpft - womit sie erreichen will, daß die Beziehung funktioniert. Natürlich kann es bei Auseinandersetzungen auch um andere Dinge gehen, aber die Verhaltensmuster, die in diesem Kapitel beschrieben wurden, treten so deutlich hervor, daß sie zwischen den Geschlechtern geradezu klassisch zu sein scheinen. In der psychologischen Literatur sind sie nicht allgemein zur Kenntnis genommen worden, man hat sie auch nicht in die Theorie integriert - vielleicht weil es bisher keine so umfangreiche Dokumentation gab, wie sie hier vorgelegt wird; außerdem war die bisherige Fragestellung eine andere. [5]
Obwohl man meinen könnte, außereheliche Affären und dergleichen seien die Hauptursache von Konflikten in Beziehungen, von Streit und Zerrüttung, ist das nicht der Fall. Es sind die ständigen subtilen Kränkungen und Herabsetzungen, die zum »Klagen« und oft auch zur völligen Entfremdung einer Frau von dem Mann führen, den sie einmal geliebt hat.
Ironischerweise ermöglichen Frauen, obwohl sie von Männern als »Unruhestifterinnen« betrachtet werden, weil sie häufig »klagen« und ihre verletzten Gefühle zur Sprache bringen, gerade dadurch den Fortbestand von Beziehungen - sie sorgen dafür, daß die Probleme nicht totgeschwiegen werden; sie verrichten die »emotionale Hausarbeit«, [6] die nötig ist, um die Beziehung lebendig zu erhalten. Später geben sie es oft auf und versuchen nicht einmal mehr, über die Dinge zu reden sie gehen ihre eigenen Wege, indem sie sich emotional von der Beziehung lösen oder sie schließlich abbrechen.
»Für gewöhnlich ist die Frau schuld, wenn es Streit gibt
Sie wissen schon, Frauen werden >zickig< und >nörgeln<,
und das halten Männer nicht aus«
Die meisten Frauen wissen, daß »etwas nicht stimmt«, aber viele merken nicht, daß sie psychologisch missbraucht werden- Viele neigen dazu, sich selbst die Schuld zu geben. Und wie auch nicht? Schließlich gibt die Gesellschaft im allgemeinen der Frau die Schuld, und viele Frauen haben oft das Gefühl, im Nebel zu tappen; sie stellen unablässig in Frage, was sie denken und sehen, weil ihre Wahrnehmungen so selten bestätigt werden. Und wenn eine Frau zornig auf einen Mann ist, wird man ihr wahrscheinlich erzählen, sie sei »nicht ganz normal«.
Emotionale Übergriffe sind in Beziehungen weiter verbreitet, als die Betroffenen annehmen; da ihnen die Kränkungen häufig unter vier Augen zugefügt werden, meinen Frauen oft, ihre Situation sei atypisch, ihr Dilemma (für das sie keine Abhilfe wissen) sei eine Schande. Dabei berichten 71 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung, daß sie tagtäglich solche Kränkungen erfahren. »umgegangen« wird mit dem Problem meistens so, daß man versucht, es vor Aussenstehenden zu verbergen, denn nach der »Logik« der Gesellschaft hat weniger der Tyrann die Schuld als die Frau, die irgendwie »schwach« ist und es »nicht besser verdient«. Und möglicherweise macht sie sich auch noch Vorwürfe dafür, daß sie bei einem Mann bleibt, der sie nicht immer respektiert; möglicherweise kritisiert sie sich dafür, daß sie seine Liebe trotzdem akzeptiert, mit ihm Sex hat usw.
Während viele Frauen auf Männer ärgerlich werden, wenn sie herablassende Bemerkungen machen (und Vorhaltungen oft mit Gelächter quittieren und sagen, es sei doch nur Spaß gewesen), versuchen sie häufig nicht, es zu unterbinden. Sie rationalisieren es vielleicht mit der Überlegung: »Abgesehen davon ist es ja eine Liebesbeziehung, und ich möchte sie nicht gefährden, indem ich mich über solche Kleinigkeiten beschwere.« Doch schließlich werden sie immer gereizter, weil die nicht zum Stillstand gebrachte Aggressivität immer schlimmer wird.
Die schweigend akzeptierte soziale Auffassung, daß Frauen weniger Recht auf ihre Empfindungen, ihre Eigenpersönlichkeit haben als Männer, und die indirekten Methoden, mit denen Männer im Gespräch zu verstehen geben, daß es sie nicht interessiert, was Frauen zu sagen haben, zwingen Frauen dazu, täglich für ihre Rechte zu kämpfen oder die ständigen unterschwelligen Informationen, die sie über ihren Status erhalten, zu ignorieren bzw. als »nicht ernst gemeint« zu betrachten. Wenn sie sich für diese zweite Möglichkeit entscheiden, bildet sich oft eine verhärtete Persönlichkeit heraus, die »männliche« Werte (»Alles unter Kontrolle«) übernimmt und eine Abneigung gegen Frauen entwickelt, die das nicht tun. Dies ist vielleicht eine der schlimmsten Formen von emotionaler Unterdrückung, die aus jenem Teufelskreis resultiert: Das »Opfer« verliert, indem es die Werte der Herrschenden übernimmt, die Tatsache aus den Augen, daß sich an seiner Lage nichts geändert hat und daß es sein wahres Selbst nicht leben kann.
Die Wendung »Mangel an Kommunikation« wird oft als Sammelbegriff für Beziehungsprobleme verwendet, doch sie ist zu allgemein und zu ungenau, um hilfreich zu sein. Viele Männer sind sich der Dynamik, von der Frauen hier sprechen, ihrer eigenen Einstellung und der Gefühle von Frauen im Hinblick auf solche »kleinen« Probleme in keiner Weise bewusst - sie ahnen nicht, worum es bei den Auseinandersetzungen in Wirklichkeit geht. Nur zu oft scheint ihnen jedes auftauchende Problem »unbedeutend« was Frauen noch mehr erbost, denn diese Einstellung ist ein weiteres Zeichen jener Herablassung, daß es sie nicht interessiert zu hören, was die Frau zu sagen hat.
Die meisten Männer haben (selbst in einer Beziehung mit einer Frau, die sie lieben) den stereotypen Glauben, daß Frauen »geringer« sind: weniger wichtig, weniger glaubhaft, weniger ernst zu nehmen, weniger »im Recht«. Wenn Frauen versuchen, die Symptomatik dieser Dinge zur Sprache zu bringen, reagieren Männer oft damit, sich darüber zu beklagen, daß sich die Frau beklagt, und hören nicht richtig zu (wer hört schon gern Kritik?). Doch das hat nur zur Folge, daß der Teufelskreis fortgeführt wird, denn die Frau hat nun noch mehr den Eindruck, daß sie nicht als glaubwürdig gilt oder nicht gehört wird oder daß ihre Gefühle dem Mann nicht wichtig sind.
Eine Frau beschreibt ihre zunehmende Entfremdung so: »Zum Beispiel ist es ihm ganz egal, ob ich zum Höhepunkt komme oder nicht, er interessiert sich nur für seine Befriedigung, hauptsächlich weil er keine Ahnung hat und auch keine haben will. Ich nehme an, das würde sein Selbstgefühl als Mann ankratzen. Und so finde ich, daß er eine trübe Tasse und ein Scheißkerl ist, und das habe ich ihm auch gesagt. Mein Versuch, ehrlich zu sein, war wohl das Schlimmste, was ich ihm je angetan habe. Und geschrien habe ich auch noch! (Aber das mag er, denn dann ist er der Ritter ohne Furcht und Tadel, und ich bin die kreischende Hure.)
Schließlich explodiere ich und sage die falschen Dinge vor den falschen Leuten, hauptsächlich vor den Kindern. Ich rede, und er tut nichts. Er hört nicht zu. Seine Aufmerksamkeit ist begrenzt, und er hat keine Lust, das zu ändern. Ich hätte ihm alles von mir gegeben, wenn er mich geliebt hätte, ich habe es versucht, und er hat mich abfahren lassen. Es ist schwierig, etwas mit einem Menschen zu teilen, der einfach nicht mit einem redet.«
Das Muster der Entfremdung
Viele Frauen wissen, daß sie in ihren Beziehungen zu kurz kommen, was emotionale Unterstützung, Wertschätzung und Respekt angeht. Doch es kann schwierig sein, einem Mann seine herablassende Einstellung vor Augen zu führen, denn sie wird oft so subtil vermittelt, daß die Frau, obwohl sie frustriert ist, kaum sagen kann, warum. Auf das scheinbar Geringfügige hinzuweisen, das gesagt oder getan wurde, würde kleinlich und übertrieben wirken. Insgesamt ist es allerdings kein Wunder, daß auch solche »Geringfügigkeiten« zu einem großen Streit führen können oder - was häufiger ist - zu noch größerer, unaufhebbarer Entfremdung. Diese kleinen Vorfälle gehen an die Substanz der Beziehung, machen Frauen zornig und haben schließlich das Erlöschen der Liebe zur Folge, bis die andere Person nur gerade noch geduldet wird.
Helfen Frauen die Auseinandersetzungen
und das Ansprechen von Problemen? Können sie ihre
Beziehungen auf diese Weise verändern?
Die meisten Frauen schreien von Zeit zu Zeit ihre Männer an, weil sie so oft spüren, daß sie nicht gehört werden. Da Frauen in unserer Gesellschaft als wenig glaubwürdig gelten, hören Männer ihnen häufig nicht objektiv und angemessen zu.
Bemühen sich Männer, Frauen zu verstehen, mit ihnen zu reden? Meistens nicht - so die Frauen in dieser Untersuchung. Und die Statistiken über die große Zahl von Frauen, die Psychopharmaka nehmen und Psychologen konsultieren, bestätigen ebenfalls, daß Frauen es schwer haben, wenn sie befriedigende, auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehungen aufbauen wollen.
Um Respekt und Verständnis in einer Beziehung zu »verhandeln« ist wichtig, und es könnte theoretisch mit Wohlwollen und gut gelaunt stattfinden.
Doch was sollen Frauen tun, wenn die Männer mit dem Status quo in Beziehungen zufrieden sind, sie selbst aber nicht? Was soll eine Frau machen, wenn sie häufig bemerkt, daß sie subtil herablassend behandelt wird, weil sie eine Frau ist, und wenn es nicht ausreicht, dies einem Mann gegenüber ein- oder zweimal zu erwähnen, um seine Einstellung zu verändern?
Die Probleme, die Frauen zur Sprache bringen, mögen bei oberflächlicher Betrachtung »geringfügig« sein, aber die Herablassung, die Frauen so erbost, ist derart weit verbreitet, daß sich Frauen auch auf dieser Ebene wehren müssen. Doch der Widerstand einzelner Frauen bewirkt nicht immer etwas, weil die meisten Männer nicht begreifen, worauf Frauen sie hinweisen wollen. Vielleicht müssen Frauen erst ihren Status als Gruppe verändern, bevor ƒsie den Respekt und die Würde erlangen, die nötig sind, damit ihre Liebesbeziehungen fortdauern können.