6.1 Teil I

Der emotionale Vertrag: Gefühle von Frauen in der Ehe und in Liebesbeziehungen zu Männern

Was wird aus der Liebe?

»Am Anfang macht es Spaß, verliebt zu sein, aber dann passiert irgendwas, und es wird frustrierend, qualvoll und enttäuschend. Was passiert da eigentlich?«
»Ich finde mich amüsant, witzig und lebhaft, wenn ich in gemischten Gruppen bin, eine richtige Partynudel. Aber wenn mein Freund auch da ist... >boing< - dann bin ich plötzlich still. Fast so, als wollte ich ihm nicht die Schau stehlen. Geht es nur mir so?«
»Was ich am wenigsten mag an Männern, ist ihre Tendenz, alle Gedanken und Gefühle für sich zu behalten. Du musst deine ganze Energie einsetzen, um sie zum Reden zu bringen - dazu, dass sie ein bisschen was von ihrem Innenleben mitteilen.«
»Als ich drei oder vier Jahre alt war, brachte mir meine Mutter schon bei, Staub zu sehen und auf die Gefühle anderer zu achten (>lass deinen Vater in Ruhe, er ist müde!<). Männer lernen diese Empfindsamkeit nicht.«
»Der gefühlsmäßige Missbrauch hat mir so weh getan, dass ich auch jetzt noch nicht darüber sprechen kann. Komisch, dass sich die Feministinnen immer nur über körperliche Gewalt aufregen. Ich mich ja auch. Wenn er mich auch nur ein einziges Mal geschlagen hätte, wäre ich gegangen und nicht wiedergekommen. Emotional ist es noch etwas anderes... Aber dieser ewige Kreislauf, dass man böse wird, es dann bereut und schließlich die gefühlsmäßigen >Geschenke< zu geben - das ist das gleiche. Es ist krank, krank, krank, aber wenn man mittendrin ist, ist es schwierig, das zu sehen. Man hört nicht auf zu geben, einfach weil die Tatsache, dass man soviel investiert hat, es schwierig macht, die Beziehung abzubrechen.«

Die meisten Menschen leben ihr »wirkliches« Leben in einer emotionalen Welt, einer Welt des Fühlens und Glaubens. Ihr Innenleben ist für sie realer und gegenwärtiger als Politik und Tagesnachrichten. Es liegt eine große Schönheit darin, diese Welten mit anderen zu teilen. Wie es eine Frau formuliert: »Die Zeit, in der du dich wirklich lebendig fühlst, ist, wenn du verliebt bist - oder wenn etwas sehr real und intensiv spürbar ist, wenn eine Verbindung zwischen einem >tiefen< Teil deiner selbst und einem andern Menschen verwirklicht wird.«
Warum ändern sich die Dinge so oft nach den ersten Wochen des Glücks? Warum ist die Liebe »der größte Segen und die Geißel der Erde«? Ist es der normale Verlauf von Beziehungen, dass die Leidenschaft und sogar das Gefühl der Nähe nach einer Weile einfach absterben? Hier beschreiben Frauen, was ihrer Meinung nach verkehrt läuft zwischen Menschen, die einander aufrichtig lieben - eine Kette von Ereignissen, die so allgemein üblich ist, dass über die Möglichkeit des glücklichen Zusammenlebens zweier Menschen meist nur zynische Äußerungen zu hören sind.
98 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung sagen, sie wollten grundlegende Veränderungen in ihrer Beziehung oder Ehe vornehmen, den emotionalen Konnex verbessern, den sie zu Männern haben. [1] Wie analysieren Frauen diese Frage? Was sind für Frauen die Hauptprobleme in Beziehungen?

1. Die Hauptprobleme in Liebesbeziehungen

Die emotionale Verweigerung und Distanzierung von Männern, ihre Abneigung, über Gedanken und Gefühle zu sprechen

»Was ist das größte Problem in Ihrer gegenwärtigen Beziehung? Wie würden Sie die Beziehung gerne verändern, falls Sie das wollen? Könnte die Beziehung besser sein? Inwiefern?«

98 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung sagen, sie hätten gern mehr verbale Nähe zu den Männern, die sie lieben. Sie wollen, dass die Männer in ihrem Leben mehr über ihre persönlichen Gedanken, Gefühle, Pläne und Probleme reden und sie nach den ihren fragen:

»Das größte Problem? dass ich ihm nicht sagen oder erklären kann, worum es geht, wenn ich wütend bin oder andere negative Gefühle habe. Er hat gelernt, seine Gefühle zu unterdrücken, er findet, dass sie ein Zeichen von Schwäche sind. Ich habe gelernt, meine Wut in den meisten Fällen runterzuschlucken, sonst behandelt er mich wie ein kleines Kind. Ab und zu hat er sich dafür auf Umwegen entschuldigt.«

»Unser größtes Problem ist, dass wir nicht miteinander reden können. Er sagt etwas, und was er sagt, ist Gesetz. Ich darf keine eigene Meinung haben. Streiten tun wir uns nicht - er gibt seine Erklärungen ab, und damit ist Schluss mit der Diskussion. Er predigt, ich sage nichts mehr und knalle die Tür zu. Sehr frustrierend für beide Seiten.«

»Unser Problem ist der Mangel an offener Kommunikation, weil mein Mann Angst hat, sich eine Blöße zu geben - vor sich selbst und erst recht vor mir.«

»dass er sich weigert, sich mir mitzuteilen, ist ein echtes Problem. Ich hätte gern, wenn er spontaner wäre und mehr als nur oberflächlich über seine Gefühle, seine Ängste oder was auch immer reden würde. Aber das erlaubt sein Stolz nicht. Ich sehne mich so danach, mich mitzuteilen, aber das geht nur mit meinen Freundinnen. Es könnte besser sein, wenn er mir ein richtiger Freund wäre, mehr reden würde, Humor hätte und seine Arbeit nicht so verdammt wichtig nähme.«

»Wenn er am nötigsten Hilfe braucht, lässt er mich nicht an sich ran. Manchmal habe ich das Gefühl, ich sei eine Fremde, die sich in dieses Haus verirrt hat.«

»Wenn ich ihm von meinen Gefühlen oder Bedürfnissen erzählen will, sagt er immer, es ist alles ein Scheiß.«

»Ich bemühe mich mehr um Gespräche als er. Ich hätte gern vertrautere Gegenstände, ich wollte, er würde mir sagen, was er sich für die Zukunft wünscht, aber er spricht nicht mit mir. Zwischen uns ist eine Kluft, die im Lauf der Zeit immer größer wird. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich bestimmte Dinge nicht mit ihm teilen kann wegen dem, was er dann sagt oder tut. Es wäre wirklich schön, wenn wir alles miteinander teilen würden. Ich weiß nicht, ob das möglich ist.«

83 Prozent der Frauen sagen, dass sie die meisten intensiven Gespräche einleiten und sich sehr bemühen, den Männern ihre Gefühle zu entlocken:
»Ich bringe das Gespräch auf Gefühle, aber er redet grundsätzlich nur von seiner Arbeit. Ich kann ihn nicht dazu kriegen, dass er über die Zukunft nachdenkt oder einfach träumt. Ich wünsche mir, er hätte einen Traum - auch wenn er nicht zu meinem passen würde.«
»Ich sage ihm immer, er kann mir alles sagen, was er gern möchte.
Er sagt mir nie, wenn er traurig ist. Er sagt, er will niemand mit seinen Problemen belasten. Ich sage ihm, dafür bin ich doch da, für die schlechten Zeiten genauso wie für die guten.«

»Mein Liebhaber und ich haben selten intime Gespräche. Und wenn, dann muss in erster Linie ich reden. Ich glaube, Frauen haben eine Begabung für intime Gespräche. Wenn nur mehr Männer die auch hätten!«

»Ich rede mehr als er. Ich habe mehr Fragen. Ich würde mir wünschen, dass er mehr über seine Gefühle redet. Ich glaube, es ginge ihm besser, wenn er das könnte.«

»Er weigert sich selbst auf Konversationsebene, jemanden hinter seinen Panzer zu lassen.«

»Wir sprechen nicht soviel über Gefühle, wie ich es brauche und wie es eine lebendige Beziehung braucht. Ich hoffe, das wird sich bessern etwas Zeit und viel, viel Geduld vorausgesetzt. Ich würde nicht nur vertrautere Gespräche mögen, ich würde es auch mögen, wenn er damit anfinge.«

»Es wäre toll, wenn ich wirklich über alles mit ihm reden könnte wir haben solche Momente, aber leider nur selten. Ich muss sehr aufpassen, was ich sage und wie ich es sage.«

Einige Frauen sagen, Männer würden glauben, nicht über Gefühle zu sprechen, gehöre zur »Männlichkeit«: »Richtige« Männer sprechen nicht über »Seifenopern«-Themen (die sind für Frauen da), »richtige« Männer dürfen nur »rational«, »logisch«, »sachlich« und »objektiv« sein. [2]

»Ich glaube, die Männer werden massiv konditioniert - die meisten bekommen beigebracht, dass sie es sich nicht anmerken lassen dürfen, wenn sie sich verliebt haben. Viele von ihnen halten Dinge wie einen Job für viel wichtiger. Viele von ihnen sind mehr an >Sicherheit< interessiert - daran, >eine Frau zu haben<, d. h. eine Person, die im Haus ist und auf die man sich verlassen kann - als daran, tatsächlich eine Liebesbeziehung zu haben. Viele Männer wissen gar nicht, wie sie das anfangen sollen. Ich glaube, dass sich Frauen mehr aussprechen wollen.«

»Er kritisiert mich dafür, dass meine Emotionen so stark sind und so wichtig für mich. Ich kritisiere ihn dafür, dass er übermäßig rational ist. Das Objektive und das Subjektive müssen ausgewogen sein - er neigt dazu, das Subjektive zu ignorieren, weil es seine säuberlichen Kalkulationen über den Haufen wirft. Aber wenn man das Subjektive ignoriert, ignoriert man 50 Prozent der Fakten und hat kaum eine Chance, zu brauchbaren Schlüssen zu kommen.«

71 Prozent der Frauen sagen, die Männer in ihrem Leben hätten Angst vor Emotionen:

»Er hat echt Schwierigkeiten mit Gefühlen. Gefühle sind ihm richtig peinlich. Wenn jemand wütend ist, hat er eine Wahnsinnsangst. Er hätte alles gern nett und ausgewogen. Sogar Leidenschaft im Bett macht ihm eine Wahnsinnsangst. Er sagt, ich suche immer nach der versteckten Bedeutung von allem, und deswegen kann ich nie glücklich sein - sagt er. Ist er glücklich? Er sagt ja, und ich glaube, er meint das auch. Aber bei seiner Angst vor Gefühlen glaube ich nicht, dass er es aushalten würde, richtig glücklich zu sein.«

»Männer haben Angst vor Nähe und setzen sie mit Verlust gleich, nicht mit Verschmelzung. Sie sind zu logisch oder zu distanziert.«

Das kann Frauen in eine schwierige Lage bringen:

»Wenn ich mich über etwas aufgeregt habe, bin immer ich diejenige, die das Gespräch anleiern muss. Und darum bin ich >die Böse<, weil mein Mann zu den Leuten gehört, die die Dinge einfach laufen lassen wenn es Probleme gibt, sind es immer meine Probleme.«

63 Prozent der Frauen stoßen auf erheblichen Widerstand, wenn sie ihren Mann oder Liebhaber dazu bewegen wollen, über Gefühle zu sprechen:
»Ich rede, nicht er. Die Initiative zu allen Diskussionen, allen Auseinandersetzungen, allen Gesprächen, egal, auf welcher Ebene, geht von mir aus. Ich kann über jedes Thema reden und tue es auch. Aber er hat da ungeheure Schwierigkeiten. Bei Dingen, die einen nicht kalt lassen können, sagt er meistens: >Darüber muss ich nachdenken.< Das heißt mit anderen Worten: >Ich kann damit nicht umgehen und will es auch nicht versuchen.«

»Es fällt uns nicht leicht, miteinander zu reden. Wenn wir über Gefühle, Reaktionen oder Intimes sprechen, fange immer ich davon an. Er regt sich furchtbar auf, wenn ich unsere Probleme zur Sprache bringe, und spricht nie ruhig und entspannt mit mir. Er wird immer gleich gereizt.«

Manchmal kann der Versuch, den Liebhaber oder Ehemann zum Gespräch zu bewegen, sogar zu gewalttätigen Reaktionen führen:

»Mein Freund hatte seinen Job verloren (weil seine Firma dicht machen musste), dann hatte jemand die Reifen von seinem Wagen gestohlen, und schließlich hat er erfahren, dass sein Vater bald stirbt und das alles innerhalb von vier Monaten. Er war unheimlich nervös. Ich wollte ihn dazu kriegen, dass er mir von seinen Gefühlen erzählt, aber er ist brutal geworden und hat mich geschlagen.«

Eine Frau schreibt Briefe, wenn die Kommunikation blockiert ist:

»Es fällt uns nicht immer leicht, miteinander zu reden, aber das ist der einzige Weg zum gegenseitigen Verstehen und Verzeihen. Wir lieben uns sehr, und wenn wir nicht mehr miteinander reden würden, würden wir uns nicht kennen - und wie könnten wir uns dann lieben? Ich tue oft den ersten Schritt zu besonders intensiven psychologischen und philosophischen Gesprächen, und er tut oft den ersten Schritt zum Gespräch, wenn wir uns gezankt haben - das kann er gut. Ich habe wirklichen Respekt vor seinem Mut, wenn er versucht, die Kommunikation wiederherzustellen. Hin und wieder, wenn ich sehr verletzt bin, kann ich nicht sprechen, ohne zu weinen - dann schreibe ich ihm manchmal einen Brief und lege ihn in sein Zimmer - und wenn er ihn gelesen hat, reden wir miteinander. Die Mühe lohnt sich - wir haben beide einen echten Freund.«

52 Prozent der Frauen bezweifeln, dass Männer wirklich eine intensivere Kommunikation wollen:

»Ich möchte, dass mein Mann weiß, was in mir vorgeht und wer ich bin, aber ich glaube nicht, dass die Männer jemals versuchen, so in die Tiefe zu gehen.«

»Was ich persönlich am wenigsten mag, ist ihre Tendenz, Probleme zu verbergen, und diese Einstellung dahinter: >Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß und mich auch nicht.<«

71 Prozent der Frauen in langen Ehen, die ursprünglich versucht hatten, ihre Männer aus der Reserve zu locken, haben es schließlich aufgegeben:

»Es gibt keine Kommunikation. Er lehnt es ab, zur Eheberatung zu gehen. Es wird nie besser werden. Ich habe resigniert.«

»Ich finde, dass er mich besser verstehen sollte, nachdem wir schon sieben Jahre zusammen sind. Er kann seine Gefühle nicht ausdrücken - es ist, als würde er sich einen Zahn ziehen lassen. Wir führen ein Gespräch, und vier Tage später gibt er seinen Kommentar dazu ab. Wir haben versucht, daran zu arbeiten, aber so ist er nun mal. Ich habe mich damit abgefunden, manchmal mache ich sogar Witze darüber. Aber das heißt nicht, dass ich es mag!«

»Er macht alles mögliche, löst Kreuzworträtsel, sieht fern, nur dass er darüber nachdenkt, was er vom Leben will, und was er tun könnte, um es zu bekommen, das macht er nicht. Ich finde das so entsetzlich frustrierend, weil ich glaube, wir könnten tatsächlich haben, was man das Glück zu zweit nennt, wenn er nur etwas dafür tun würde. Ich habe schon alles versucht, aber es hilft nichts. Entweder schafft er es doch noch, oder wir bekommen beide nicht, was wir wollen.«

Eine Frau erklärt, warum es wichtig für sie ist, miteinander zu reden und einander zuzuhören, sich mitzuteilen und teilzuhaben:

»Ich schätze die Intimität, die sich auf diese Weise entwickelt, die Freiheit, mit einem anderen bewussten Selbst >seine Notizen zu vergleichen<. Ich glaube, dass die Exaktheit dessen, was eine Person sagt, nicht der springende Punkt ist; das Entscheidende ist, dass es das ist, was diese Person empfindet, und aus diesem Grund ist es kostbar.«

17 Prozent der Frauen sagen, dass die Kommunikation in ihrer Beziehung gut ist, sie glücklich macht, einen wichtigen Beitrag zu ihrem Leben darstellt:

»Wir sprechen phasenweise über intime Angelegenheiten. Sehr intensiv. Ich glaube nicht, dass wir ständig mit dieser Intensität leben könnten, also tun wir es nicht ständig. Wir haben zusammen Therapien gemacht, unsere Seelen offenbart. Es war leidenschaftlich, liebevoll, heiter, froh, befreiend. Genau das, was es sein sollte.«

»Es fällt uns leicht, miteinander zu reden. Wir sind meistens sehr ehrlich, und alles kommt zur Sprache. Wir erzählen uns von unseren Träumen und Hoffnungen, und er ist einer der wenigen Männer, die ich kenne, die kaum Probleme damit haben, ihre Gefühle zu zeigen und darüber zu reden. Ich kann mir keine engere, innigere Beziehung vorstellen als die, die ich mit meinem Mann habe.«

Ein Paar hat ein besonderes »System«, um sicherzustellen, dass es Zeit für sich hat, miteinander reden und schmusen kann:

»Unser Alltag ist schön. Am wichtigsten ist, dass wir jeden Tag mindestens zwei oder drei >Horizontalen< haben (wir legen uns hin, umarmen uns, sprechen miteinander). Wir sehen uns gern an.«

Der Mangel an emotionaler Unterstützung von Männern: kein offenes Ohr finden, nicht gehört
und nicht >gesehen< werden

»Womit erbost Ihr Partner Sie am meisten?«

Die häufigste Antwort (77 Prozent) ist: »Er hört nicht zu.«

»Er pfeift und singt und schmeißt Türen zu, wenn ich versuche, mit ihm zu reden.«

»Gibt keine Antwort auf meine Fragen oder verliert kein Wort über das, was ich gesagt habe.«

»Lässt mich nicht ausreden, wenn ich Fragen stelle.«

»Zieht alles ins Lächerliche, wenn ich über ernsthafte Dinge sprechen will.«

»Wenn ich ihn kritisiere, sagt er, ich nörgle an ihm herum, und dann steckt er beide Finger in die Ohren, damit er mich nicht mehr hören muss. Das macht mich stinksauer! Aber es hält nicht lange vor. Am Ende lachen wir meistens über uns.«

»Er behandelt mich gönnerhaft oder spielt den stillen Dulder.«

Er zieht sich hinter eine Wand des Schweigens zurück.«

»Ich wurde irrsinnig zornig, wenn wir über etwas Wichtiges sprachen und er weiter aß oder sich was für die Schule notierte oder irgendwas √úberflüssiges im Haus machte. Damit sagte er mir doch, dass seine Aktivitäten wichtiger waren als das, was ich ihm zu sagen hatte.«

»Unsere >Gespräche< bestehen darin, dass er mir sagt, wie es ist. Von mir wird erwartet, dass ich zuhöre und es mir zu Herzen nehme und keine eigene Meinung habe.«

»Das Schlimmste, was er tut, ist, dass er mich einfach ignoriert und stundenlang schweigt, wenn ich versuche, mit ihm zu reden. Wenn er am Wochenende nach Hause kommt, verstreut er seine Baseball- und Footballsachen durch die ganze Wohnung, und wenn er von der Arbeit kommt, setzt er sich vor die Glotze und sieht sich blöde Shows an und bleibt ewig lange in seinen dreckigen Klamotten sitzen. Oder er
>geht mal schnell im Laden an der Ecke was einkaufen< und kommt zwei Stunden später wieder.«

41 Prozent der Frauen sagen, Männer gäben nicht verbale Hinweise darauf, dass sie nicht zuhören:

»Ich würde gern mehr reden, aber ich habe das Gefühl, dass ich ihn langweile, wenn ich zuviel rede.«

59 Prozent berichten, dass Männer sie unterbrechen:

»Was Männer ständig tun und was mich bis aufs Blut reizt: Ständig fallen sie Frauen ins Wort. In einer Männergruppe werde ich in neun von zehn Fällen unterbrochen. Männer gehen davon aus, dass die Gesprächsbeiträge von Frauen bedeutungslos sind.«

»Nun die Frage, wer mehr redet. Alle Männer reden mehr und unterbrechen das Gespräch öfter als Frauen. Ich habe es mir zum Grundsatz gemacht, >Gerechtigkeit für alle< zu sagen und das Gespräch zu steuern, wenn ich mit Männern rede.«

84 Prozent sagen, dass Männer oft nicht wahrzunehmen scheinen, was ihnen gesagt wird:

»Ich sage ihm was, und ein paar Tage später meint er: >Das hast du mir nie gesagt.<«

»Er hört nicht, was ich sage, er hört, was er hören will. Ich habe das Gefühl, dass ich meinen Freund voll und ganz kapiere, etwa wie einen langweiligen Roman. Er würde die meisten Details an mir nie verstehen, weil er nie die Chance nutzt, emotional reifer zu werden.«

47 Prozent erklären, dass Männer oft gewohnheitsmäßig ablehnen, was Frauen sagen, oder nach Möglichkeiten suchen, ihnen »eine Nasenlänge voraus zu sein«, statt empathisch zuzuhören oder sich ernsthaft auf die Probleme einzulassen:

»Wenn ich von meinen Gefühlen spreche, sagt er fast immer, er begreift nicht, warum ich so denke. Er sagt mir oft, dass ich auf dem Holzweg bin. >Das solltest du aber nicht so sehen.<«

»Er legt großen Wert darauf, dass wir >gut miteinander auskommen<, was im Klartext heißt: >Mach keinen √Ñrger und stell nicht soviel Fragen. <«

41 Prozent berichten, dass Männer ihnen sogar sagen, dass sie nicht fühlen sollen, was sie fühlen:

»Er geht immer dazwischen und sagt, wie er das empfinden würde und die stillschweigende Folgerung ist die, dass ich genauso empfinden soll. (Denn das ist die logische, vernünftige Art - seine Art!)«

66 Prozent der Frauen sagen, dass oft von ihnen erwartet wird, im Gespräch mit Männern übereinzustimmen; jedes andere Verhalten wird als aggressiv und unsystematisch, grob unhöflich und »unerfreulich« betrachtet:

»Ich habe mich reichlich oft so behandelt gefühlt, als hätte ich mich irgendwie danebenbenommen, wenn ich anderer Meinung war als ein Liebhaber von mir oder wenn ich mich zu etwas äußerte, was er getan oder gelassen hatte. Meine Meinung war irgendwie nicht so wichtig.«

»Wenn ich versuche, mich auszudrücken, ist es, als wären wir Rivalen oder Konkurrenten.«

Enthusiastisch zuhören - »geduldig« zuhören:
Finden Männer überhaupt, dass Frauen etwas Wichtiges zu sagen haben?

69 Prozent der Frauen berichten, dass Männer im allgemeinen nicht zuhören oder fragen und nicht versuchen, sie dazu zu bewegen, über ihre Aktivitäten und Ansichten zu reden:

»Das Schlimmste, was er jemals getan hat: Er hat kein Interesse an meinen Gedichten, meinen Kurzgeschichten gezeigt. Sie drücken aus, wer ich im Innersten bin, und trotzdem musste ich ihn bitten, sie zu lesen - was er schließlich ein Jahr später tat. Ich fühlte mich betrogen, weil ich bei seiner Musik, seinen Songtexten von Anfang an dabei war.«

83 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung äußern sich dazu, dass Männer nur am Anfang einer Beziehung zuzuhören und Interesse an dein zu haben scheinen, was sie sagen:

»Als wir frisch verliebt waren, habe ich mit ihm über so vieles geredet, und er hat zugehört - oder ich dachte, er hört zu; vielleicht war er auch nur verzaubert, weil ich da war. Später fiel mir auf, dass er aus dem Zimmer ging, wenn ich sprach, geistesabwesend dreinblickte oder schlichtweg nicht antwortete, selbst wenn ich meine Gedanken mit einer Frage abschloss. Das hat weh getan.«

Die meisten Frauen sagen, dass es ihnen leicht fällt, intim mit ihren Freundinnen zu reden, und weisen darauf hin, wieviel einfacher es ist, mit Frauen zu reden als mit Männern:

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit meinem Mann so spreche wie mit meiner besten Freundin. Er interessiert sich für ganz andere Dinge als sie und ich. Wir sprechen über sehr persönliche Probleme, über unsere Erfahrungen, unsere Hoffnungen. Er würde das nicht packen. Doch ich glaube, für mich wäre ein Mann richtig, der viel beteiligter an allem sein könnte. Wenn ich je noch einmal heirate, dann einen Mann, mit dem ich reden kann. Ich sage schon meinen kleinen Töchtern, dass sie darauf achten sollen.«

»Meine Freundinnen interessieren sich echt dafür, wie ich mich fühle. Wir wechseln uns ab mal reden wir, mal hören wir zu. Mein Mann will bloß eine >gute Zuhörerin<. Sobald ich meine Meinung sage, wird ihm mulmig.«

»Das Gespräch mit den Frauen, die ich kenne, fällt weniger in die Kategorie >Spiele für Erwachsene<, es dient, unabhängig vom Thema, der Verbesserung des Wissens um eine bestimmte Situation.«

»Es ist einfacher, mit Frauen zu sprechen, weil sie nicht an deiner Glaubwürdigkeit zweifeln - sie betrachten dich nicht durch die sexistische Brille, denken nicht in Begriffen wie >die jammert immer<, >die nörgelt<, >die muss mal tüchtig durchgevögelt werden< usw.«

Mit Anfeuerung leben statt mit einem Kritiker [3]

74 Prozent der Frauen sagen, sie hätten den Eindruck, dass es ihnen in den Augen der Männer, die sie lieben, an »Glaubwürdigkeit« fehlt:
»Mit einem Mann zusammenleben bedeutet, dass dir ständig widersprochen wird, dass deine Glaubwürdigkeit ständig in Frage gestellt wird - entweder bin ich nicht so wichtig, dass er mich anhört, oder er hat eine andere (>richtige<) Interpretation, oder es liegt an meiner Periode oder sonst was...«

Einige Frauen vermuten, dass diese Ablehnung ein Teil der Konkurrenzthematik in der kulturell bedingten Erziehung von Männern zur »Männlichkeit« sein könnte:

»Manche Männer müssen einfach im Gespräch anderer Meinung sein als Frauen, sie an die Wand reden, alles ablehnen, was sie sagen, statt ihnen mit dem Herzen zuzuhören. Das Wesentliche nehmen sie oft gar nicht zur Kenntnis. Warum? Um nicht darüber diskutieren zu müssen?«

Eine unglückselige Strömung in unserer Gesellschaft erzieht Männer dazu, Frauen nicht zu trauen, ihre Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Simone de Beauvoir bezog sich darauf in ihrem berühmten Werk Das andere Geschlecht, als sie jene Männersicht beschrieb, in der die Frau als »die Andere« gilt. [4] Ein Stereotyp, das häufig auftaucht, wenn Frauen mit Männern über ihre Probleme sprechen, ist die unterschwellige Implikation, dass alle Frauen »leicht verrückt« oder »neurotisch« seien (siehe auch 3. Kapitel).

Nehmen Männer Frauen ernst? Interessiert es Männer, wer Frauen sind?

Viele Männer gehen nicht auf Themen ein, die Frauen zur Sprache bringen, seien sie persönlich oder nicht. Wie eine Frau es formuliert: »Ich kann begrenzt ernste Gespräche mit einem Mann führen - kann sogar lachen -, solange ihm danach ist und das Thema für seine Begriffe >einwandfrei< ist. Spontan ist das nicht.«
Leider werden die Auffassungen von Frauen oft nicht als gleichrangig anerkannt; wie Frauen die Dinge sehen, ist »definitionsgemäß« nicht so stichhaltig, und so wird die Meinung von Frauen nicht angehört und gilt als minder glaubwürdig. Es ist, als wären manche Männer der Ansicht, Frauen hätten nichts Interessantes oder Wichtiges zu sagen. Männer scheinen sich im allgemeinen nicht zu bemühen, die Meinung von Frauen herauszufinden, und wenn Frauen ihre Meinung sagen, scheint sie oft nicht zu zählen oder nicht ernst genommen zu werden.

Es gibt zahlreiche subtile Methoden, mit denen Männer Frauen in Beziehungen unterdrücken und ihnen zu verstehen geben, ihre Rolle hätte darin zu bestehen, eine stützende Funktion auszuüben, wenn der Mann über seine Interessen spricht, und dass es nicht als interessant, sondern als rüde oder aggressiv betrachtet wird, wenn die Frau mit ihren Informationen, mit ihrer Meinung dagegen hält.

Emotionale Gleichgültigkeit

Auf die Frage »Was halten Sie von dein Satz: »Du bemühst dich nicht genug herauszufinden, was in mir vorgeht und wer ich bin?« [5] antworten 76 Prozent der Frauen, dass ihr Mann oder Liebhaber selten versucht, sie zum Reden über ihre Gedanken und Gefühle zu bewegen, wie es Frauen bei Männern tun:

»Soviel liegt ihm nicht an mir, dass er herausfinden möchte, was in mir vorgeht. Er ist zu sehr mit seinen Problemen beschäftigt.«

»Genau das habe ich immer zu meinem Exmann gesagt, aber er war zu so etwas einfach nicht in der Lage. Und jetzt bin ich froh, dass mein
gegenwärtiger Partner es nicht mal versucht. So habe ich meine Ruhe, kann kommen und gehen, wie es mir gefällt, und denken, was ich will.«

»Ich habe es sehr gern, wenn sich jemand liebevoll in mich vertieft, wenn ich eine wirklich intime Beziehung habe. Mein Mann hat mir nie intime Fragen gestellt. Davon will er nichts wissen. Es stört mich nicht, dass er nicht auf diese Weise intim sein will. Eine solche Beziehung kann ich auch mit anderen Leuten haben. Warum sollte ich mir wünschen, dass er mein innerstes Wesen kennt, wenn er das nicht will? Vor allem, wenn ich weiß, dass er es nicht würdigen könnte?«

Die meisten Frauen halten dies für das Problem einzelner Männer und nicht für ein größeres, gesamtgesellschaftliches Problem (die Gesellschaft ermutigt Männer, Frauen nicht ernst zu nehmen) und führen individuelle und persönliche Gründe aus der Kindheit oder Vergangenheit des Mannes an, um zu erklären, warum es ihm nicht leicht fällt, zu reden und zuzuhören:

»Er findet es sehr schwierig, über seine Gefühle zu sprechen, und schüchtert mich ein, damit ich nicht über meine spreche. Er findet es auch sehr schwierig, meine Zuneigung zu akzeptieren. Da ich seinen Background kenne, kann ich verstehen, warum er so kühl und distanziert ist, aber wenn ich seine Liebe brauche, macht es mich zornig, dass sein Bedürfnis, emotionslos zu sein, wichtiger ist als mein Bedürfnis, dass er mir seine Liebe zeigt. Warum muss immer ich die Verständnisvolle sein?«

»Mein Mann ist in einer sehr kalten Familie aufgewachsen, und ich habe lange Zeit gebraucht, bis ich ihm klarmachen konnte, dass es gut ist, Menschen wissen zu lassen (vor allem die, die man liebt), wie einem zumute ist.«

Manchmal nehmen Frauen den Gedanken »Eine Person kann nicht alle Bedürfnisse befriedigen, die man hat« als Rechtfertigung für einen gravierenden, ja lähmenden Mangel an Nähe in ihren Beziehungen:

»Ich teile mit ihm, was ich teilen will. Wenn unsere Interessen auseinander gehen, habe ich Freundinnen, die meine Interessen teilen. Ich erwarte nicht, dass eine Person all meine Bedürfnisse befriedigt, obwohl ich lange gehofft habe, diese Person zu finden.«

Ein solcher Mangel an Kommunikation bedeutet, dass sich viele Frauen von ihren Männern oder Liebhabern nicht erkannt, nicht verstandenfühlen - sie werden nicht wirklich >gesehen<:

»Er kennt mich nicht, obwohl ich ihm oft die Chance dazu gegeben habe - er will meine Gefühle, scheint's, nicht verstehen. Und einen Lösungs- oder Verbesserungsvorschlag wird er nie machen «

»Meine tiefsten Bedürfnisse werden von Frauen befriedigt. Er könnte mich sehr gut kennen, sehr intim, denn ich habe, weiß Gott, gesagt, was nötig ist, ich habe alles gesagt, was ich konnte. Aber er kennt mich lieber nicht. Frauen - meine Freundinnen - geben mir mehr.«

»Die Beziehung hat meine tiefsten Bedürfnisse nach Nähe nicht erfüllt, deshalb besteht sie auch nicht mehr. Ich habe ihm nichts von mir vorenthalten, doch das beruhte nicht auf Gegenseitigkeit. Ich wurde nicht akzeptiert und nicht verstanden. Ich glaube nicht mal, dass er mich gut kannte. Er war unfähig zum Verstehen. Es wurde unmöglich, miteinander zu sprechen, weil sich herausstellte, dass jedes Thema ein heikles Thema war. Er weigerte sich, anders als auf oberflächlicher Ebene mit mir zu kommunizieren oder mit mir bei Dritten Hilfe zu suchen (Eheberatung). Ich hätte damals gern intimer über Gefühle, Reaktionen und Probleme gesprochen, aber er ließ immer das Visier herunter und lehnte es ab.«

»Ich bin ihm nicht so wichtig, dass er mich kennen will. Es ist ihm ganz egal.«

Eine Frau nimmt alle Verantwortung auf sich:

»Ich glaube nicht, dass jemand das Recht hat, vom anderen zu erwarten, er könnte Gedanken lesen. Wenn ich möchte, dass er etwas tut oder sagt oder versteht, stelle ich klar und deutlich fest, was ich erwarte - genauso, wie ich es bei den Kindern machen würde.«

32 Prozent der Frauen haben Schuldgefühle wegen ihres Wunsches nach mehr Aussprache und entschuldigen sich fast dafür:

»Wenn ich mich unsicher fühle., muss ich viel reden. Es macht mir manchmal Kummer, dass ich immer wieder die gleichen Dinge sage.«

»Ich kann eine emotionale Belastung für meinen Mann sein, wenn ich rede wie ein Wasserfall.«

Die meisten Mädchen haben ihre Väter als ebenso distanziert empfunden; ihre Väter führten keine richtigen Gespräche mit ihnen, erkundigten sich nicht nach ihren Gefühlen und Gedanken:

»Mein Vater hat im materiellen Sinn für die Familie gesorgt, aber das Seelische und Gefühlsmäßige hat er vernachlässigt - das hat er einfach nicht gekonnt, glaube ich. Ich habe nie gewusst, was ich ihm sagen soll, ich habe immer ein wenig Angst vor ihm gehabt. Ich habe mit ihm reden wollen, richtig mit ihm reden wollen, aber die Worte nicht gefunden.«

»Mein Vater wird mir mein Leben lang immer das größte Rätsel bleiben. Er war ein Mensch, der nicht auf andere Menschen zugehen
konnte. Er hatte keinen Sinn dafür, er wusste nicht, wie man es anfängt. Ich glaube, er war jemand, der emotional eingesperrt war - wie im Gefängnis.

Einige Frauen sagen, wenn die Kommunikation ein Problem sei, dann sei das ein Zeichen für Gleichgültigkeit; liebevolles Verhalten beinhalte einfach Zeiten, zu denen man miteinander redet und sich einander öffnet:

»Ich finde, jeder muss dem anderen von wichtigen >inneren< Dingen Mitteilung machen, und außerdem fragen Liebespartner einander doch ab und zu, wie es ihnen geht, denn damit kann man einander sagen: >Es interessiert mich, was mit dir ist, und ich bin bereit, dir zuzuhören.<«

»Zwei Menschen sollten sich mit dem Herzen zuhören wollen. Es ist nicht schwer zu wissen, was in jemandem vorgeht. Ich glaube, es ist den Leuten ins Gesicht geschrieben, man merkt es an ihrem Ton und an dem, was sie im Alltag tun.«

In 47 Prozent der Beziehungen ist Streit der einzige Weg zu echter verbaler Kommunikation:

»Es hat eine Zeit gegeben, da waren mir Kräche zur Reinigung der Atmosphäre und zur Ankurbelung der Maschine Kommunikation willkommen.«

Einige Frauen sagen, Sex zu haben bringe oft eine gewisse Kommunikation in Gang:

»Im Moment ist der Sex, glaube ich, für mich wichtiger als für ihn, weil er eine Art Katalysator für die Kommunikation ist.«

Viele Männer meinen, Sex zu haben sei an sich bereits Kommunikation [6], aber die meisten Frauen sagen, dass Gesprächsdefizite den Sex gewöhnlich bedeutungslos werden lassen:

»Mein Mann dachte, Sex haben wäre das gleiche wie miteinander klarkommen. Wenn wir redeten, hatte er immer recht. Zärtlich sein hieß für ihn grabschen.«

»Mein Mann glaubt, er kennt mich, aber er hat soviel von mir von sich ferngehalten, dass ich mir jetzt wie eine Prostituierte vorkomme, wenn ich mit ihm ins Bett gehe.«,

Eine Frau legt traurig dar, wie sie durch den unkommunikativen Stil von Männern in ein endloses Rätselraten darüber verwickelt wird, wohin die Beziehung steuert, was der Mann erwartet und welchen Standpunkt er hat:

»Ich kann offenbar nicht voraussagen, wie ernst die Männer eine Beziehung nehmen wollen und ich kann die Beziehung nicht so steuern oder beeinflussen, dass ich am Ende nicht als gebranntes Kind dastehe. Ich habe gelernt, Beziehungen so zu sehen, dass sie nicht immer ernsthaft sein müssen, um sich zu lohnen - aber mein Gefühl, dass hinter dem Sex ein gewisses Engagement stehen muss, scheinen die meisten Männer nicht zu teilen. Ich habe Probleme mit den Heiß/Kalt-Ratespielen, und ich habe Probleme damit, dass ich dauernd versuchen muss rauszukriegen, was der Mann empfindet, weil ich offenbar immer wieder an den Typ gerate, der sich ausschweigt.«

Ein paar Frauen beschreiben eine innige Nähe, die sie nicht erklären können, die nicht auf verbaler Kommunikation beruht und die das Gesprächsdefizit fast ausgleicht:

»Ich habe nicht das Bedürfnis, alles, was ich denke und fühle, mitzuteilen. Mein >tiefes Bedürfnis nach Nähe< ist mehr spiritueller Art.«

»Wenn ich mir jemanden zur Liebe aussuchen müsste, dann ihn. Ich hätte gern mehr Austausch mit ihm, wenn er mich ließe. Ich bin mit vielen Männern zusammen gewesen in meinem Leben, und er ist am schwierigsten mit Gefühlen aufzuschließen, aber er hat etwas Sanftes, Einfühlsames, das ich bei keinem anderen Mann gefunden habe. Ich müsste also sagen, ich habe alles an ihm außer den Worten, die soviel bedeuten. Manchmal möchte ich schreien.«

76 Prozent der Frauenfinden, dass diese Behandlung - Männer hören nicht zu, nehmen nicht ernst, was Frauen sagen, bewegen sie nicht dazu, mehr zu sagen - empörend ungerecht ist, weil die meisten Frauen Männern so freundlich und selbstverständlich bieten, was man ihnen verweigert:

»Wenn ich aufmerksam und verfügbar bin, läuft alles besser. Aber wenn wichtige Entscheidungen zu treffen sind, trifft er sie allein, und man stellt seine Entscheidungen nicht in Frage.«

Tatsächlich merken Männer - so die Frauen in dieser Untersuchung in den meisten Fällen kaum, dass die Frau etwas für sie tut oder ihnen etwas gibt; sie scheinen den Eindruck zu haben, dies sei »natürliches« »weibliches« Verhalten - etwas, das Frauen automatisch für Männer tun (deren Meinung immer hörens- und diskutierenswert ist). Die meisten Frauen sagen, dass sie sich sehr darüber freuen würden, wenn sie von ihren Ehemännern oder Liebhabern zu Meinungsäußerungen bewegt würden. Doch nur zu oft scheint ihre Meinung irgendwie nicht ins Gewicht zu fallen.

Männer, so glaubt die überwältigende Mehrheit der Frauen (82 Prozent), erkennen oft nicht, wie sehr sie von der emotionalen Unterstützung und dem empathischen Zuhören von Frauen abhängig sind und in welch hohem Maße sie Gebrauch davon machen:

»Ich glaube, Männer haben Angst vor der Abhängigkeit von Frauen, ohne zu realisieren, wie sehr viel abhängiger sie im allgemeinen sind. Männer haben meistens nur eine Person, mit der sie reden, Frauen haben viele. Ich habe im allgemeinen das Gefühl, dass ich mehr Unterstützung gebe, als ich bekomme.«

»Manchmal hat mir mein Partner den Eindruck vermittelt, ich sei für seine geistige und seelische Gesundheit verantwortlich, da ich sein einziges Ventil bin. Das mag ich nicht. Ein Mensch kann nicht von einem anderen Menschen erwarten, dass er sein einziger Halt ist.«

Die meisten Männer gehen davon aus, dass sie ein Recht auf emotionale Unterstützung von Frauen haben,
dass Frauen fürsorglich und liebevoll sein müssen

Frauen sagen, dass viele Männer sie mit ihren unbewussten Erwartungen als »Liebesspenderinnen« oder, wenn sie »böse Frauen« sind, als »Verweigerinnen« kategorisieren. Doch die meisten Männer haben kaum eine Vorstellung davon, dass sie so von Frauen denken. Und Männer brauchen die Liebe von Frauen, weil sie diese Art Emotionalität von den meisten anderen Männern nicht bekommen; aber wenn sie eine solche Emotionalität nicht erwidern, können sie Frauen fast »aussaugen«. Und das hat zur Folge, dass Frauen in vielen Ehen und Beziehungen allmählich aufhören, Liebe zu geben, teilnahmsvoll, verständnisvoll und aufmerksam zu sein.
Wenn das eintritt, sind Männer oft überrascht und verwirrt, denn sie machen sich keinen Begriff davon, dass sich eine unheilvolle Kluft auftut, wenn sie ihren Ehefrauen oder Geliebten keine emotionale Unterstützung geben, weil sie finden, Männer müssten keine emotionale Fürsorge bieten, während es in der »Natur« der »guten« Frau liege, Liebe zu geben und fürsorglich zu sein. Viele Männer sehen nicht ein, dass mit einer Frau von gleich zu gleich zu verkehren, emotionale Unterstützung und verbale Mitteilung und Teilhabe beinhaltet, dass es bedeutet, miteinander im Austausch zu stehen. Und solche Männer wundern sich, wenn Frauen allmählich zornig werden, das Interesse am Sex verlieren, sich oft »beklagen« und sie schließlich verlassen.

Wie einsam kann man in einer Liebesbeziehung sein?

Viele Frauen fühlen sich sehr einsam, wenn sie mit ihren Männern oder Liebhabern nicht über ihre Gedanken und Gefühle sprechen können.

Die häufigste Antwort auf die Frage »Wann waren Sie am einsamsten?« bezieht sich seltsamerweise auf eine Zeit, zu der man einander »eigentlich« am nächsten sein sollte: Die meisten Frauen (82 Prozent) sagen, am einsamsten seien sie in der Ehe mit einem Mann gewesen, mit dem sie nicht reden konnten:

»Ich erinnere mich, dass ich über die Probleme geweint habe, die ich mit meinem Mann hatte. Warum? Weil ich ihn nie erreichen konnte. Ich konnte nie wirklich mit ihm kommunizieren, mich nie wirklich mit ihm austauschen. Ich hatte zwei Nervenzusammenbrüche im Lauf meiner Ehe und habe mich nach meiner Scheidung sehr schlecht gefühlt. Aber am einsamsten war ich während der Ehe, als mein Mann nicht an meinem Leben teilnahm. Ich war einsam, weil er zwar bei mir war, aber ich ihn einfach nicht erreichen konnte.«

»Am einsamsten war ich, als ich gerade verheiratet war. Ich hatte schreckliche Angst davor, Mutter zu sein, und ahnte, dass ich es allein machen würde - nicht physisch allein, aber emotional allein.«

»Die Einsamkeit kommt daher, dass man weiß, man bekommt keinen Kontakt zu einer anderen Person - zu dem, was sie fühlt und tut egal, wie sehr man sich bemüht.«

»Am einsamsten habe ich mich in meiner Ehe gefühlt. Ich spürte, dass mein Mann mein wahres, inneres Selbst ablehnte, das Selbst, das mein eigentlicher Kern ist. Er wollte, dass ich den Anwaltsberuf ergreife wie er, seine materialistischen Werte übernehme. Oft, besonders gegen Ende der Ehe, weinte ich mich in den Schlaf, nachdem ich Sex mit ihm hatte. Wir haben nie >Liebe gemacht<, es war bloß Bumsen.«

»Ich war am einsamsten, kurz bevor ich nach achtundzwanzig Jahren von zu Hause wegging und versuchte, ein eigenes Leben für mich zu finden. Die sexuelle Vernachlässigung und der Verlust meiner Selbstachtung brachten mich oft zum Weinen. Schlaflose Nächte, in denen ich mich fragte, warum ich nichts wert war - dabei war ich die Hauptverdienerin (er faulenzte nach dem Ausscheiden aus der Navy etliche Jahre herum).«

»Ich war so frustriert in der Beziehung mit meinem Mann, dass ich hätte schreien mögen. Ich habe ihn einfach nicht dazu kriegen können, auf meine Gefühle und Bedürfnisse einzugehen. Nach ein paar Jahren bin ich depressiv geworden, die ganze Welt war mir fremd, und die Zukunft war ein schwarzes Loch. Es war furchtbar.«

»Als ich mit meinen vier kleinen Kindern beschäftigt war, fühlte ich mich sehr isoliert. Mein Mann hatte keine Ahnung, wie einsam ich war, weil er nur seine Arbeit im Kopf hatte. Wir hatten wenig echte Kommunikation. Und das Resultat: entsetzliche Einsamkeit. Aber Selbstmord kam nie in Betracht wegen meiner vier Kinder, die ich über alles liebte.«

Einige Frauen sprechen von ähnlicher Einsamkeit in Beziehungen ohne Ehe, doch das ist erheblich seltener:

»In der letzten Beziehung, die ich mit einem Mann hatte, habe ich so einsame Monate erlebt, dass ich mich manchmal gefragt habe, ob alle anderen von der Erde verschwunden sind. Ich habe viele Nächte geweint. Ich glaube, ich habe geweint, weil alles zu seinen Bedingungen laufen musste und weil ich von Anfang an gewusst habe, dass ich bloß eine Verlegenheitslösung für ihn war.«

Sehr wenige Frauen antworteten auf diese Frage, dass sie am einsamsten waren, als sie keine Beziehung hatten. Zwar konnten sie sich auch da einsam fühlen, aber das ist eine andere Art Einsamkeit, beflügelnd manchmal, voll Erregung und Spannung, weil die Zukunft noch offen ist. Die schlimmste Einsamkeit sucht einen heim, wenn man mit jemandem zusammen ist, zu dem man keinen Konnex bekommen kann.

Die Distanzierung der Männer: Teil einer Ideologie

Warum verstehen sich manche Männer so gut darauf, auf Distanz zu gehen, wenn Frauen versuchen, mit ihnen zu reden? Warum mögen so viele das intime Gespräch nicht? Einerseits liegt es an der »männlichen« Rolle und der Vorstellung, dass »gefühlsduseliges Geschwätz« zu »weiblich« sei. Diese Männer betrachten das Verhalten von Frauen und die Art, auf die Frauen ihre Gefühle ausdrücken, als peinlich oder »schwach«.
Aber könnte es nicht auch daran liegen, dass Männer Frauen unbewusst daran erinnern wollen, »wo sie hingehören«, sie auffordern wollen, einen gewissen Abstand zu halten, wie es angemessen ist für zwei Menschen, die einander nicht ebenbürtig sind? Lernen Männer, alle »weiblichen« Züge in sich selbst so zu fürchten, dass sie schließlich meinen, von gleich zu gleich mit einer Frau zu reden, sei ein Statusverlust für sie? Ist gute Kommunikation mit Frauen eine Form von Gleichheit, zu der viele Männer noch nicht bereit sind?

Emotionale Verweigerung:
Macht und Kontrolle in Beziehungen

Wollen Männer in allen Fällen verstanden werden? Oder ist die Nichtmitteilung ihrer Gedanken eine Methode, Frauen niederzuhalten? Wie es eine Frau formuliert: »Man sagt, dass es Kommunikation >nur zwischen Gleichen< gibt, und da in guten Beziehungen auch die Kommunikation gut ist, sehen die Männer uns vielleicht nicht als gleich an. Oder sie wollen nicht mit uns gleich sein.«

Wir möchten diese unkommunikativen und distanzierenden Verhaltensweisen gewöhnlich nicht als Ausdruck von √úberheblichkeit sehen, als Zeichen dafür, dass sich ein Mann nicht mit jemandem von niedrigerem Status zu verbrüdern (oder zu verschwestern?) wünscht, denn das tut zu weh. Und dennoch scheinen viele Männer mit ihrem Schweigen und ihrem unwirschen Gesprächsstil ihre vermeintliche √úberlegenheit behaupten zu wollen. So kann es für einen Mann, wenn er nicht von gleich zu gleich mit einer Frau redet, eine Methode sein, um in der Beziehung zu dominieren. (√Ñhnlich wie ein Arbeitgeber sein Herz nicht einem Angestellten ausschütten wird, und das aus demselben Grund.)

Die meisten Männer legen diesen unkommunikativen Stil auch im Umgang mit ihren Kollegen und Freunden an den Tag, was möglicherweise ebenfalls Teil eines Machtkampfes ist: Wenn man zuviel erzählt, hat der andere vielleicht »etwas gegen einen in der Hand«; wenn man »zu emotional« ist, hält einen der andere vielleicht für »schwach«. Und so ist es klar, warum sich die meisten Männer, wie im Hite Report II belegt wird, an Frauen wenden und nicht an Männer, wenn sie wirklich mit jemandem reden wollen.

Andererseits ließe sich behaupten, dass Männer, wenn sie Frauen gegenüber schweigen, nicht dominieren wollen, sondern dass sie in ihrem Schweigen (und in ihrem Schmerz) gefangen sind: unfähig, ihre Gefühle zu kommunizieren, weil dies Männern »verboten« ist. Man könnte sogar sagen, selbst der knappe Stil der Antworten der meisten Männer im Hite Report II demonstriere ihre Angst vor Gefühlen.

Aber können Männer sich selbst verstehen, wenn sie nicht anhaltend mit jemandem über ihr Innenleben reden? Frauen benutzen Gespräche mit Freundinnen häufig als Mittel, um Klarheit darüber zu gewinnen, wie sie etwas empfinden; wie sollen Männer die Verbindung zu ihren Gefühlen behalten, wenn sie nicht das gleiche tun?

Die Unfähigkeit von Männern, Frauen zuzuhören, bringt auch einen schweren Verlust mit sich: Viele Männer lernen die Frauen, die sie lieben, nie richtig kennen. Die Frauen werden nicht als sie selbst gesehen, sondern durch das Verkleinerungsglas der männlichen Auffassung von Frauen und ihrer »Natur«. [7]

Doch ob der Mann in seinem Schweigen gefangen ist und sich eigentlich danach sehnt, es zu brechen, oder ob er völlig gleichgültig ist und seine Verachtung für Frauen zeigt, indem er sich nicht damit abgibt zu kommunizieren - die Wirkung auf die Frau wird wahrscheinlich dieselbe sein: Es bringt sie im allgemeinen dazu, ebenfalls zu verstummen.

Emotionale und psychologische Übergriffe
auf Frauen

Geschlechtsbezogene Beleidigungen, herablassende und bagatellisierende Einstellungen,
Kränkungen und Herabsetzungen

79 Prozent der Frauen berichten von verletzenden und empörenden Einstellungen ihrer Männer oder Liebhaber:

»Er gibt mir mit seinem Tonfall das Gefühl, dass ich unfähig und dämlich bin.«

»Er putzt mich vor den Kindern runter, staucht mich zusammen für das, was ich nicht getan habe usw.«

»Ich frage ihn zwei, drei Dinge auf einmal - zum Beispiel: >Möchtest du Milch oder Kaffee?<, und er sagt dann: >ja< oder >Nein, nein, ja - < Er findet, dass ich immer nur eine Frage stellen soll. >Möchtest du Kaffee?< (Und auf die Antwort warten.) >Möchtest du Sprudel?< (Und auf die Antwort warten.) >Möchtest du Milch?< (Und auf die Antwort warten.) Ich stelle oft mehrfache Fragen, und er antwortet immer mit ja oder nein, statt zu sagen, was er will, und das regt mich auf!«

»Das Schlimmste, was ich je getan habe, ist, dass ich ihm nicht schon vor Jahren gesagt habe, wie fertig mich seine herabsetzenden Bemerkungen machen, sein Sarkasmus, seine unsensible Grobheit. Es war ein Fehler, ihn in dem Glauben zu lassen, das sei für mich akzeptabel.

Ich hätte meinen Zorn nicht all die Jahre mit mir herumtragen sollen, ohne ein Wort zu sagen.«

»Ich möchte meinen Mann am liebsten um gar nichts mehr bitten, wenn er, nachdem er mir weh getan hat und ich mich darüber beschwere, den geduldig Leidenden, ach so Geplagten spielt - dann stehe ich vor mir und allen Anwesenden als »Beißzange« da. Ich wäre am liebsten mit meinen Freundinnen glücklich - ich brauche das nicht, dass mir jemand jede Minute des Tages Schuldgefühle macht - denn wenn ich nicht genau das tue, was er will, führt er sich so auf, dass ich es leider schließlich doch >aufs Tapet bringen<, d. h. >meckern< muss, und dann geht es los mit dem Teufelskreis, den ich eben beschrieben habe. Ich gewinne nie, ich fühle mich nur immer kleiner. Darum wäre ich am liebsten allein - wenigstens würde ich dann nicht runtergemacht.«

91 Prozent berichten von subtilen (oder weniger subtilen) Formen der Herablassung Signale, die Bände sprechen:

»Er ist so arrogant, als wüsste er ALLES. Er hat ein enormes Selbstbewusstsein für jemanden, der weiß, dass das Selbstbewusstsein korrumpierbar ist. Er kann ein penetranter Klugscheißer sein. Wenn er sich so aufspielt, gebe ich ihm hin und wieder einen Dämpfer, und er dankt mir später dafür. «

»Manchmal habe ich mich gedemütigt gefühlt und war wütend über besitzergreifende Gesten (Hand auf die Schulter, ein gewisses Lächeln) von Männern, mit denen ich nicht mal eine >Beziehung ~ hatte.«

»Es macht mich echt sauer, dass Männer oft unter völliger Verkennung der Tatsachen und mit einer Borniertheit ohnegleichen meinen, wenn sich eine Frau über etwas aufregt, bekäme sie bald ihre Periode oder hätte Sex nötig!«

»Wir haben uns oft gestritten in den letzten Jahren, weil ich mich nicht mehr ducken lasse. Meistens geht es nach dem Abendessen los, aber es kann auch hinterher passieren, nachdem wir mit Leuten zusammen gewesen sind. Ich lasse mir nicht mehr über den Mund fahren, und ich lasse mich nicht mehr tot reden. Mein Mann schiebt mein Verhalten jetzt auf die Wechseljahre. Darüber haben wir uns in letzter Zeit auch oft gestritten.«

61 Prozent der Frauen berichten, die Reaktionen ihrer Männer oder Liebhaber seien oft schroff und implizierten, dass diese Männer vieles von dem, was Frauen tun und sagen, für banal und unwichtig halten:

»Ich dachte, wir wären gute Freunde und vertraute ihm Dinge an, die normalerweise meinen Freundinnen vorbehalten sind. Er verwendete diese Informationen gegen mich und konnte nicht verstehen, warum ich wütend war. Er behandelte mich verächtlich, bagatellisierte meine Gefühle und alles, was mir wichtig ist. Ich versuchte, seine eigenen Techniken gegen ihn auszuspielen, damit er merkte, was er tat, und das zog ihm fast den Boden unter den Füßen weg, aber er lernte nichts daraus.«

»Was ich am meisten hasse bei einem Streit - wenn ein Mann sagt (und viele sagen es): >Wenn du das so empfindest, tut es mir leid.<«

»Mein Mann hat mich nie als ebenbürtig gesehen und mich immer so behandelt, als wäre ich ihm weit unterlegen. Er hat mich von Anfang an versetzt (>Mir ist was dazwischengekommen<), mir kleine Bitten abgeschlagen oder sie ignoriert, mich dumm genannt, wenn ich nicht in allen Punkten seiner Meinung war. Als ich in späteren Jahren wieder aufs College ging, hat er gemerkt, dass ich von anderen geachtet wurde und begann, mich mit ihren Augen zu sehen. Seine veränderte Einstellung mir gegenüber hat mich damals nur zornig gemacht - es war zu wenig, und es kam zu spät.«

84 Prozent der Frauen beschreiben das oft spöttisch-gönnerhafte Gebaren, mit dem Männer Frauen begegnen, als wären sie »süß«, lustig oder komisch manche Männer fühlen sich nicht wohl mit ernsthaften Frauen:

»Männer haben mich oft mit amüsierter Nachsicht behandelt, wie ein Schmusetier oder ein Kind, an dem sie Freude haben. Die meiste Zeit macht es mir nicht viel aus, aber wenn mich was wirklich nervt oder mir wirklich wichtig ist, muss ich es ihnen praktisch mit dem Holzhammer eintrichtern, damit sie merken, worum es mir geht! Und dann habe ich das Problem, dass sie meinen, ich wäre komisch, wenn ich sauer bin! Das gilt für Arbeitskollegen und Vorgesetzte gleichermaßen.«

Weit verbreitet ist auch der seltsame »männliche« Glaube, dass sich Frauen besonders leicht aufregen (»Pass auf, sonst wird sie hysterisch«): [8]

»Was die meisten Männer von der Frauenbewegung halten? dasselbe, was sie von Gott und den Zehn Geboten halten. Sie glauben voll und ganz an den guten Kern der Sache und das Konzept im allgemeinen, aber wenn man auf spezielle Punkte zu sprechen kommt, lächeln sie milde und wünschen sich nur eins, nämlich dass die Frau auf ihren Platz im Bett zurückkehrt und den Mund hält! Wenn ich mich über diese Haltung erbose, bezichtigen sie mich, dass ich übertrieben reagiere, und dann rege ich mich wirklich auf, und sie nennen mich hysterisch!«

55 Prozent der Frauen berichten, dass die Männer, die sie kennen, oft ablehnen oder ins Lächerliche ziehen, was sie sagen. Sie versuchen, sie in die Defensive zu drängen oder ihnen jede Kompetenz zu bestreiten:

»Wenn wir Meinungsverschiedenheiten haben, lacht er mich aus und macht mich schlecht, bis ich still bin. Er will immer recht haben, und das ist bestimmt keine Lösung.«

»Sein Wort ist Gesetz. Manchmal fragt er mich nach meiner Meinung, aber dann sagt er mir, wie schief ich liege und warum seine Meinung viel richtiger ist.«

56 Prozent sprechen davon, dass sie »unterminiert« werden:

»Ich hatte mit einem jungen Theatermanager zu tun, der der Ansicht war, Frauen könnten sich auf keinem Gebiet an Sachverstand mit Männern messen. Besonders hasste er uns Frauen im Ensemble, die sechs Jahre lang - und zwar bevor er eingestellt wurde - das etwas malade Theater mit Benefizveranstaltungen und Kartenverkäufen über Wasser gehalten hatten.
Er wollte, dass sich unsere Gruppe auflöste. Es wurde bald deutlich, dass er eine Art Mutterkomplex hatte und sich besonders von Frauen bedroht fühlte, die fünfzehn oder mehr Jahre älter waren als er. Mit seinem obstruktiven Verhalten sabotierte er ein paar Projekte, die ich durchführte. Ich belegte das Punkt für Punkt und trug es seinem Chef vor, dem künstlerischen Direktor, und das nicht nur einmal, sondern bei jedem neuen Anlass. Der Typ kündigte schließlich, als er merkte, dass mir der künstlerische Direktor glaubte.
Ich war sehr ärgerlich, ebenso viele Frauen, mit denen ich zusammenarbeitete. Es war natürlich ein Paradebeispiel für die Art Ungerechtigkeit, über die ich mich am meisten empören kann, vor allem, weil es den Erfahrungen entsprach, die ich früher in meiner Familie gemacht hatte, in der Frauen für weniger wert angesehen wurden als Männer.«

Eine Frau (die 67% aller Mütter repräsentiert) beschwert sich, dass ihr Mann sie nicht unterstützt, insbesondere vor ihren Kindern, und somit ihre Autorität untergräbt:

»Es macht mich stinkwütend, wenn er mich runterputzt, besonders vor meinem Kind. Das ist kein gutes Vorbild, wie eine Frau behandelt werden sollte. Ich habe das nur mitgemacht, weil ich vor seinen Wutanfällen Angst hatte, aber ich lasse mich nicht mehr emotional erpressen. Ich lasse es auch nicht ein einziges Mal mehr durchgehen. Und er fängt langsam an, sich am Riemen zu reißen!«

37 Prozent der Frauen sagen, dass sich in gemischten Gruppen die Männer oft zusammentun und ihre gegenseitigen Standpunkte unterstützen, sich aber nicht für ihre Frauen oder Geliebten gegenüber anderen Männern einsetzten:

»Was ich am wenigsten mag, ist ihre Loyalität anderen Männern gegenüber und ihre absolute Unfähigkeit, mit anderen Männern in eine Auseinandersetzung einzutreten. Das gilt besonders in puncto Sexismus. Ich habe es noch nie erlebt, dass Männer einen anderen Mann für sexistische Äußerungen kritisiert haben, auch dann nicht, wenn ich wusste, dass sie wussten, es war sexistisch.
Sie haben es bestenfalls indirekt getan, wenn sie zum Beispiel in ihrem nächsten Satz das Wort >Frau~ gebrauchten (aber sie haben ihren Freunden oder Kollegen nie gesagt, dass >Mädel< einfach unpassend ist für einen weiblichen Menschen über zwölf).«

49 Prozent der Frauen berichten von einer merkwürdig eingeschränkten Sicht von Männern, die sich der Beleidigungen und Kränkungen, die sie Frauen zufügen, nicht bewusst zu sein scheinen (vielleicht bemerken sie ihre unbewussten Anmaßungen über das »Anderssein« und die vermeintliche Minderwertigkeit von Frauen gar nicht):

»Ich sagte ihm, es hätte mich sehr verletzt, dass er nicht daran gedacht hat, mich zu fragen, wie mein Einstellungsgespräch gelaufen ist. Statt sich zu entschuldigen, sagte er nur >Oh <, und dann fing er an, von etwas völlig anderem zu sprechen. Dann sagte er, wie sehr ich ihm gefehlt hätte, dass er mich liebt und alles. Ich hätte gerne gesagt. >Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du dich nach meinem Einstellungsgespräch erkundigen.< (Er hatte mich immer noch nicht gebeten, ihm davon zu erzählen.) Ich wurde irgendwie zurückhaltend und sagte nichts mehr. Da fragte er, warum ich so still sei. Ob ich müde wäre?«

»Viele Männer haben ganz unverhohlen ihren Spaß daran, Frauen runterzuputzen, und viele andere merken nicht, dass sie es sehr oft unbewusst tun - oder in Form von >Auf-den-Arm-Nehmen<. Sie sind wild darauf, immer zu gewinnen.«

Viele Frauen berichten auch, dass Männer, die sie mit diesen subtilen Methoden herabsetzen, oft nicht zu wissen scheinen, was sie tun und überrascht sind, wenn eine Frau negativ darauf reagiert, und sie dann der »√úberempfindlichkeit« (oder »Biestigkeit«) bezichtigen. Zum Beispiel bemerkten Männer im Hite Report II häufig, dass ihre Frauen die Scheidung eingereicht hätten, habe sie »wie ein Blitz aus heiterem Himmel« getroffen: »Ich hatte keine Ahnung, dass so was auf mich zukommt.« Dabei versuchen Frauen Tag für Tag, Männern zu sagen, »wo etwas nicht stimmt«.

Versteckte geschlechtsbezogene Vorurteile in der Sprache

Manchmal verleihen Männer ihrem Glauben an die männliche √úberlegenheit (und die weibliche Unterlegenheit) Ausdruck, indem sie ihn direkt wörtlich ausdrücken; häufiger lassen Sprachmuster, ein bestimmter Tonfall und bestimmte Redewendungen auf diese Einstellung schließen.
Die überwältigende Mehrheit der Frauen (92 Prozent) sagt, dass Männer spezielle Redewendungen oder Sprachmuster gebrauchen, die auf eine herablassende, abschätzige Einstellung ihnen gegenüber hindeuten:

»Er sagt, es müsste an den weiblichen Genen liegen, dass Frauen lange brauchen, bis sie zum Ausgehen fertig sind.«

»Mein Vater hat mich immer geduckt. Zum Beispiel hat er behauptet, ich könnte nicht mal einen Apfelkuchen backen. Das sagte er an einem Nachmittag, an dem ich gerade einen gebacken hatte. Er stand hinter ihm auf dem Küchentisch. Aber es war damals schon so weit mit mir gekommen, dass ich ihm glaubte - können Sie sich das vorstellen?
Ich gab ihm recht: ja, ich konnte keinen Apfelkuchen backen, weil er das sagte, obwohl ich gerade einen gebacken hatte! Bei anderen Gelegenheiten schurigelte er mich für irgendwas und sagte dann, triefend vor Sentimentalität (was war das entsetzlich!), >Oh, Beckie, ich hab' dich doch so lieb< und streckte die Arme aus. Und ich machte mit wie ein Automat, obwohl mein Selbstbewusstsein gerade wieder einen Knacks bekommen hatte, ließ mich umarmen und ihn in dem Glauben, dass ich ihn lieb hatte.«

»Am zornigsten werde ich, wenn er mich mit Worten oder Taten demütigt - trotz meiner Vermutung, dass dies das klassische Verhalten des Tyrannen ist, der seine Selbstachtung aufzubauen versucht, indem er jemand anderen verletzt. Wenn ich versuche, über Differenzen zu sprechen, die mich arg betreffen, weigert er sich kategorisch. Ich halte mich jetzt aus Auseinandersetzungen heraus.«

»Wir sind fast ununterbrochen zerstritten wegen seiner schrecklichen Angewohnheit, mich immer >herabzusetzen<. Er schafft es, dass ich mich zu nichts nutze fühle. Niemand kann das so wie er.«

»Ich hasse es, wenn Männer einfach nicht zugeben wollen, dass sie was falsch gemacht haben. Es ist, als hätten sie Angst, dass ihnen dann der Schwanz abfällt. Aber wenn ich, eine Frau, was falsch gemacht habe, soll ich das, verdammt noch mal, sofort zugeben und mich entschuldigen und in Zukunft besser aufpassen. Die Hartnäckigkeit, mit der Männer behaupten, dass sie >alles besser wissen<, auch wenn sie's nicht tun, bringt sie - und mich in ernste Schwierigkeiten .
Wenn einer nicht weiß, wie man einen Wagen repariert - obwohl >mann< das wissen >sollte< -, dann soll er nicht damit rummachen und nicht sagen, er wüsste, was er tut, um die Mühle dann echt kaputt zu machen! Wenn einer nicht weiß, was eine Frau im Bett will - und wie soll er's wissen, nachdem jede Frau eine eigene Welt ist, mit ihren eigenen Vorstellungen und Gefühlen -, dann muss er doch nicht so tun, als wüsste er es. Damit strickt man nur eine Masche mehr an dem Lügengewebe, das uns allen soviel Unglück gebracht hat.«

»Wenn ich müde bin, schiebt er es auf mein Alter; sagt, mit mir macht's keinen Spaß.«

»Aufziehen« ist eine häufige Form des emotiotialen Übergriffs:

»Er machte eine gemeine Bemerkung, die ich widerwärtig fand, und als ich dann sauer wurde, kam er mir mit dem Spruch: >Ich hab' doch nur Spaß gemacht.<«

Eine Frau versucht sich zu sagen, dass sie sich nicht zu ärgern braucht, wenn sie »aufgezogen« wird:

»Ich nehme Foppereien manchmal zu ernst und will jetzt lernen zurückzufoppen. Er gibt mir emotionale Unterstützung, wenn ich sie brauche - aber ich muss lernen, ihm klar zu sagen, wann ich welche brauche. Ich muss lernen, ihn um eine Erklärung zu bitten, wenn ich merke, dass ich etwas anders interpretiere, als es gemeint war. Ich habe die Angewohnheit, alles, was über mich gesagt wird, negativ aufzufassen, also will ich jetzt versuchen umzulernen. Ich bin froh, dass ich mit jemandem befreundet bin, der bereit ist, geduldig und verständnisvoll zu sein.«

Diese Frau scheint alle Schuld auf sich zu nehmen - sie erwartet sogar die »Einsicht« von sich, dass sie etwas vielleicht »anders interpretiert, als es gemeint war«. Doch woher soll eine Person bei Missverständnissen wissen, wie etwas gemeint war, wenn es ihr nicht gesagt wird? Hat sie die Pflicht, es selbst herauszufinden? Viele der »scherzhaften« herabsetzenden Bemerkungen von Männern stehen für ihr Versäumnis, Frauen als gleich zu betrachten - aber dessen sind sich die meisten Männer noch nicht bewusst.

Emotionale Belästigung oder Herabsetzung können eingeschliffene Verhaltensweisen in einer Beziehung sein - doch es sind, wichtiger noch, Verhaltensweisen der Gesellschaft, Verhaltensweisen, die sozial akzeptiert sind. Darum kann sich so etwas jeden Moment ereignen, wenn Frauen am wenigsten darauf gefasst sind - eine Art emotionaler Terror. Männer mögen mehr soziale Glaubwürdigkeit verspüren, wenn sie Frauen »aufziehen«, da dies die Gesellschaft dadurch legitimiert, dass sie Frauen lange Zeit für geringer oder »dumm« angesehen hat. Ein berüchtigtes Beispiel für das sozial akzeptierte »Aufziehen« oder Lächerlichmachen von Frauen enthält ein »Statement«, das Donald Regan, der Stabschef des Weißen Hauses, 1986 abgab - Frauen würden sich nicht wirklich für die Probleme in Südafrika interessieren, sie seien mehr an Diamantarmbändern interessiert.

Adjektive, die bezeichnenderweise auf Frauen und nicht
auf Männer angewandt werden: eine unterschwellige Botschaft

91 Prozent der Frauen sagen, dass Männer oft herabsetzende oder herabwürdigende Floskeln und Wörter verwenden, um Frauen zu »charakterisieren«:

schwierig     eitel      kleinlich
anspruchsvoll     biestig      bestätigungsbedürftig
vorwurfsvoll     zickig      zu emotional
neurotisch     hysterisch     aggressiv
primadonnenhaft    schrill      überempfindlich
narzisstisch     irrational

Einer der frustrierendsten Aspekte der stereotypen Herabsetzungen, mit denen Frauen leben müssen, ist der, dass sie oft »ganz beiläufig« im Gespräch auftauchen. Sie sind auf eine Weise in die Unterhaltung eingeflochten, die es als »störend« und »unverhältnismäßig« erscheinen ließe, das Gespräch zu unterbrechen, um darauf aufmerksam zu machen. Frauen finden vorurteilsgeladene Wörter und Redewendungen dieser Art häufig beleidigend, aber nicht in einem solchen Maße, dass sie es riskieren wollten, »unausstehlich« oder »aggressiv« genannt zu werden, indem sie das »dramatisieren«. Und so bleibt der Frau nichts anderes übrig, als das Gesagte zu schlucken oder - schlimmer noch darüber hinwegzusehen wie über die (vom Sprecher kaum bemerkten) darin enthaltenen vorgefassten Meinungen und Beleidigungen.

Solche Kommentare können derart subtil sein, dass eine Erwiderung darauf fast unmöglich ist:

»Ich hasse es, wenn Männer etwas sagen, das auf >Typisch Frau< oder >So sind die Weiber nun mal, hinausläuft. Ich finde, wir verdienen es, individuell betrachtet zu werden und nicht als Teil einer geschichtslosen Masse. Vor allem das versuche ich mir in meiner Einstellung Männern gegenüber abzugewöhnen. Wenn ich mich dabei ertappe, dass ich >Ihr Männer seid doch alle gleich< sage, stoppe ich mich und bemühe mich, den Mann als Person zu sehen, statt als austauschbares Mitglied einer Gruppe. Ich hasse es auch, wenn mich ein Mann, den ich mag, seine >Alte<, >Mieze< oder >Kleine< nennt.«

Noch subtiler können die Herabsetzungen durch das sein, was nicht gesagt wird. Zum Beispiel die Art und Weise, auf die die Sprache Männlichkeit feiert - mit dem traditionellen Freudenschrei bei der Geburt eines männlichen Kindes: »Es ist ein Junge!« Wenn es ein Mädchen ist, gibt es keinen solchen Freudenschrei, obwohl viele Leute es aufregend finden, ein Mädchen zu haben. Und das stellt eine wichtige Botschaft für Frauen und Männer dar, unabhängig davon, ob sie es merken oder nicht: Jungen sind »wertvoller« als Mädchen.

95 Prozent der Frauen sagen, diese Meinung - »Männer sind wichtiger«, »Was wirklich zählt, sind Männer« - sei auch noch nach zwanzig Jahren Frauenbewegung vorherrschend:

»In den Beziehungen, die ich kenne, wollten Männer immer alles unter Kontrolle haben oder wenigstens ihre Macht spüren - und das dringt durch, egal, wie subtil. Es ist, als wollte man die Gespenster aussperren, indem man die Haustür abschließt, um dann festzustellen, dass sie immer noch durch die Ritzen kommen.«

»Das größte Problem unserer Ehe war der patriarchalische Glaube meines Mannes, er nehme sich meiner, der >Ärmsten<, an. Bei unserer Trennung und der Regelung unserer Vermögensangelegenheiten wurde klar, dass ich mich weitgehend seiner annahm. Ich hatte insgeheim selber an den Mythos geglaubt und meine Wertlosigkeit akzeptiert, obwohl es eine falsche Einschätzung war. Am meisten kritisierte er, dass ich >offensichtlich< von ihm abhängig sei.«

Werturteile in Begriffen, die zur Beschreibung
von Frauen angewandt werden

Viele Wörter und Redewendungen, die ideologisch besonders stark aufgeladen sind, beziehen sich auf die angebliche Abhängigkeit von Frauen in Beziehungen. »Verlassen werden« heißt fast immer, dass eine Frau verlassen wird - mit der Implikation, dass sie jetzt traurig und einsam sei. Wenn Ehen zerbrechen, wird gewöhnlich angenommen, dass der Mann gehen wollte, obwohl dieser Untersuchung zufolge in den meisten Fällen die Frau beschließt zu gehen. »Sitzengelassen« ist ein weiteres Wort mit ähnlichem, Beiklang, das fast ausschließlich im Zusammenhang mit Frauen gebraucht wird. Der Gedanke, dass Frauen die weniger »Bedürftigen«, sein könnten, lässt sich offenbar nicht mit dem Glauben an die männliche √úberlegenheit vereinbaren.

Ein ähnliches Stereotyp ist die Vorstellung, dass es Frauen schwerfällt, den Weggang von Männern zu akzeptieren, weil sie Angst vor dem »Verlassenwerden« haben. Dies ist angeblich ein weibliches »Syndrom«, gehört zur »Psychologie« der Frau und ist in ihrer »Natur« begründet - d. h. Frauen sind biologisch abhängig von Männern, weil sie schwanger werden können und einen Mann brauchen, der sie und ihre Kinder beschützt. (In anderen Gesellschaften gibt es Frauengemeinschaften, oder der Familienclan kümmert sich um Mutter und Kind.) dass Frauen die Hilfe von Männern brauchen, ist in Wirklichkeit jedoch nicht auf »angeborene« Faktoren oder die »biologische« Psychologie der Frau zurückzuführen. In unserer Gesellschaft ist es eher wahrscheinlich, dass sich Frauen unbehaglich gefühlt haben, wenn Männer gegangen sind, weil sie ökonomisch von ihnen abhängig waren - und unbehaglich fühlen sie sich auch wegen der unkommunikativen Einstellung von Männern, die Frauen in emotionaler Unsicherheit belassen, in Unklarheit darüber, was geschehen wird.

Viele (vielleicht die meisten) Menschen legen in der Wahl der Wörter, mit denen sie Verhalten beschreiben, subtile geschlechtsbezogene Vorurteile an den Tag. Sie mögen beobachten, dass ein Mann genau dasselbe tut wie eine Frau - mit einem Taxifahrer über den erhöhten Fahrpreis streitet zum Beispiel - und es doch völlig verschieden beschreiben. Der Mann, so heißt es vielleicht, sei »im Recht« gewesen, habe sich nicht für dumm verkaufen, sich nicht übers Ohr hauen lassen; die Frau dagegen wird möglicherweise als streitsüchtig, schrill, »zickig«, aggressiv usw. dargestellt.

Wörter, die sich auf Sexualität beziehen, sind ebenfalls häufig mit Werturteilen über Frauen aufgeladen. Männer sind nicht »promiskuitiv«, sie »stoßen sich die Hörner ab« oder sind »Sexbolzen«. Eine Frau berichtet: »Ich erinnere mich, dass mein Vater meine Mutter >Hure< nannte, weil sie in der Küche nicht genug Ordnung hielt.« Relevant ist auch hier die Redewendung »Behandle sie wie eine Dame« - was impliziert, dass sich der Mann, wenn sie sich nicht »anständig« benimmt, jederzeit gegen sie wenden, sie respektlos behandeln, sie das Gegenteil einer Dame, ein »Miststück«, nennen kann.

Oder man denke an den weit verbreiteten Gebrauch von Diminutiven (Verkleinerungsformen), wenn von Frauen die Rede ist, an die Tendenz, die Leistungen von Frauen als »gut« zu bezeichnen, aber nicht als »großartig« (Frauen sind vielleicht »begabt«, doch fast nie »genial«). Frauen können Beraterinnen und Ratgeberinnen sein, aber keine Philosophinnen. Viele Männer setzen Frauen herab, indem sie sie duzen, obwohl sie einander gerade erst vorgestellt worden sind, oder, schlimmer noch, indem sie »Schätzchen« oder »mein Engel« zu ihnen sagen, selbst wenn sie einander völlig fremd sind. Ein Mann würde in einer solchen Situation wohl mit seinem Familiennamen angesprochen. »Schätzchen« würde ihn jedenfalls niemand nennen!

Sogar Komplimente können von einem niedrigeren Status der Frau ausgehen. Die meisten Frauen hören gern Dinge wie »Ich finde Sie schön«, »Sie sind aber hübsch«, und die meisten Männern hören gern Dinge wie »Sie sehen gut aus«, »Sie sind so anziehend.« Und dennoch ... Eine Frau formuliert es folgendermaßen: »An Männern mag ich am wenigsten, dass sie einen taxieren, als wäre man eine gottverdammte Kuh auf irgendeiner Landwirtschaftsausstellung. Ich möchte mal wissen, wie sie sich fühlen würden, wenn wir anfingen, sie auf diese Art zu taxieren, wenn wir ihnen ins Gesicht sagen würden, wie wir ihr Aussehen bewerten! Sie sagen so was ständig über mich und andere Frauen, wenn wir auf der Straße an ihnen vorbeigehen. Wer gibt ihnen überhaupt das Recht dazu, Richter zu sein?«

Die Alltagssprache als Herrschaftsinstrument
und Werkzeug der Ideologie:
emotionale Aggression gegen Frauen

Es gehört zu den stärksten Mitteln, mit denen eine Gesellschaft ihre Ideologie aufrecht erhält und verstärkt, wie etwas bezeichnet wird, welchen Gefühlen dadurch »Realität« verliehen wird, dass es für sie Begriffe gibt. Im Hinblick auf das Geschlecht wirken in die Sprache »eingebaute« Wörter oft als versteckte, unterschwellige Attacken und Werturteile, die zu einer irrationalen Interpretation von Verhalten führen.
Die herrschende Sprache diktiert in gewisser Weise, woraus die »Realität« besteht, welche Teile von sich man zulassen und mitteilen kann. Aus diesem Grund versuchen wir, in vielen Abschnitten dieses Buches neue Begriffe für Erfahrungen von Frauen zu finden, die falsch, unzulänglich oder negativ benannt worden sind. Wenn man Frauen zum Beispiel als »emotional bedürftig« oder »gefühlsduselig« bezeichnet - wobei das »männliche« Verhalten als Norm gilt - ist das keine objektive Beschreibung der Eigenschaften von Frauen. Aus umgekehrter Sicht könnte man »männliches« Verhalten »emotional blockiert« und »weibliches« Verhalten »außergewöhnlich ausdrucksvoll« nennen. Doch in unserer Gesellschaft wird das unkommunikative »männliche« Verhalten eher als »heroisch selbst beherrscht« betrachtet.

Durch den häufigen Gebrauch von Wörtern, die für Frauen beleidigend sind, entsteht ein Klima der emotionalen Einschüchterung, das Frauen ebenso schwer belastet wie die ökonomische Einschüchterung. Mit diesem Vokabular schüchtern viele Männer - subtil, oft unbewusst und in gesellschaftlich anerkannter Weise - ihre Frauen emotional ein und behalten so die Oberhand in ihren Beziehungen.
Häufig ist darin unterschwellig die Drohung enthalten, dass die Frau, wenn sie sich zuviel »beklagt« oder eine bessere Beziehung will (»anspruchsvoll« ist oder »nörgelt«), nicht mehr liebenswert ist, und dass der Mann sie darum verlassen wird.

Sprachklischees und vorgefasste Meinungen:
Frauen sind »fordernd« und »anspruchsvoll«

Die mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen aufgeladenen Bemerkungen - etwa die Worte »Du hast einen Komplex«, die oft fallen, wenn sich eine Frau darüber »beklagt«, wie sie von einem Mann behandelt wird - sind derart in die Sprache eingebunden, mit der wir über unsere emotionalen Beziehungen reden und unsere Gefühle beschreiben, dass Frauen oft herabgesetzt werden, wenn sie den Versuch machen, »sich auszusprechen«, was unbewusst (?) durch die herablassenden, »mitfühlenden« oder »besorgten« Reaktionen von anderen, insbesondere von seiten der Männer passiert. Den Sexismus der Begriffe, die häufig auf Frauen angewandt werden, veranschaulicht ein Wort wie »sensibel« mit seinen zwei Bedeutungen: Eine Frau zu sein, die sich der Welt und den anderen gegenüber empfindsam verhält, ist gut; aber eine empfindliche (d. h. ständig in ihren Gefühlen verletzte) Frau zu sein, ist schlecht.
Eine Erwiderung von Männern, über die die Frauen in dieser Untersuchung immer wieder berichten, kommt oft dann, wenn eine Frau gerade von ihren verletzten Gefühlen gesprochen hat: »Wenn du das so empfindest, tut es mir leid.« Statt eine ernsthafte Diskussion zu eröffnen, wird damit die Verantwortung für die verletzten Gefühle der anderen Person aufgebürdet. Die angesprochene Person dagegen ist in keiner Weise verpflichtet, diese Gefühle zu verstehen. Mit anderen Worten, der Mann trägt keine emotionale Verantwortung für die Beziehung. Merken Männer, die so etwas sagen, dass sie destruktiv sind? Oder glauben sie einfach, dass sie recht haben, dass Frauen tatsächlich zu »anspruchsvoll« und »schwierig« sind und dass ihnen die Rolle zukommt, Frauen »in die Schranken zu weisen« und in einer Beziehung nicht »dominieren« zu lassen? jedenfalls benutzen Männer häufig diese und ähnliche Redewendungen, um Gespräche zu beenden, die kalte Schulter zu zeigen, statt zu ergründen, was eine Frau auszudrücken versucht. Dieses Abbrechen der Kommunikation ist eine Form von emotionaler Gewalt und schadet der Beziehung.

Viele Frauen haben die Vorstellung von ihrer vermeintlichen »Zweitklassigkeit« verinnerlicht. Wir sehen es zum Beispiel an der Herabsetzung der eigenen Person in der Antwort einer Frau auf die Frage, ob es ihr leichtfällt, mit ihrem Mann zu reden: »Wenn ich mal jammern, ächzen, stöhnen und dramatisch sein will, spreche ich am besten mit einer Freundin. Mein Mann geht mit allen Dingen nur analytisch und rational um. Aber ich brauche ein bisschen Dramatik.« Was Frauen in diesem Buch über ihre Beziehungen sagen, könnte man genauso »Frauen jammern oft darüber, dass ...« bezeichnen, wie »Frauen berichten oft, dass ...« Unbewusst treffen wir leicht selbst eine von geschlechtsbezogenen Vorurteilen getrübte Wortwahl, ohne wahrzunehmen, was dahinter steckt.

Nörgeln Männer?

Mehrere Frauen weisen darauf hin, dass sich das männliche Verhalten der emotionalen Belästigung und Herabsetzung von Frauen - auch wenn es keinen Namen hat - durchaus nicht von dem unterscheidet, was manche Männer bei Frauen als »Zickigkeit« oder »Nörgeln« bezeichnen.

67 Prozent der Frauen erklären, dass Männer viel öfter jammern als Frauen (obwohl es nach den gängigen Vorstellungen genau umgekehrt ist):

»Ich glaube, dass uns die Männer in puncto Meckern, Klagen, Jammern und Nörgeln weit überlegen sind. Diesen Vorsprung, werden wir nie aufholen!«

»Die Männer denken, sie wären so reif, aber in Wirklichkeit sind sie kleine Kinder. Sie erwarten, versorgt zu werden. Sie quengeln und klagen über alles - als wäre ihnen die Welt weiß Gott was schuldig.«

Emotionale Gewalttätigkeit

Es gibt extreme Arten von emotionaler Belästigung, die man als emotionale Gewalttätigkeit bezeichnen kann (für die sich der Täter nie verantworten muß, für die er nie zur Rechenschaft gezogen wird):

»Im sechsten Monat meiner ersten Schwangerschaft bekam ich plötzlich Pusteln am ganzen Körper, und der Arzt verordnete mir Bettruhe. Am selben Abend bestand mein Mann darauf, mit mir Geschlechtsverkehr zu haben. Am nächsten Tag musste ich ins Krankenhaus und hatte eine Frühgeburt. Mein Kind wog nur 850 Gramm, überlebte aber. Ich bin sicher, dass ich sowieso eine Frühgeburt gehabt hätte, aber das Verhalten meines Mannes hat mir noch lange Zeit sehr weh getan.«

»Wir sind ein halbes Jahr miteinander gegangen und haben uns gesagt, dass wir uns arg gern mögen. Dann habe ich gemerkt, ich kriege ein Kind, und habe einen Schwangerschaftstest gekauft, den man daheim machen kann. Davor war ich furchtbar nervös. Ich habe ihm gesagt, dass ich den Test mache. Ich habe gesagt: >Du, Schatz, ich glaube, ich kriege ein Kind.< Nach einer Weile hat er gesagt: >Und wie soll ich wissen, dass es von mir ist?<«

»Es hat mich sehr verletzt, dass er mich verlassen hat, ohne ein Wort zu sagen. Ich dachte, wir hätten imstande sein müssen, darüber zu reden. Ich dachte, er müsste mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich ihm keine Szene machen würde. Er war meine erste große Liebe, und alles war so schön. Ich habe lange gebraucht, um mich davon zu erholen und zu akzeptieren, dass ich ihn nie wiedersehen werde.«

Haben Frauen nach zwanzig Jahren Frauenbewegung das Gefühl,
dass sie in ihren Beziehungen als gleichberechtigt betrachtet werden?

Im Gegensatz zu den rhetorischen Behauptungen der »sexuellen Revolution«, die daran festhalten, dass Frauen und Männer jetzt gleich seien, haben wir hier Frauen sagen hören, dass in ihren Beziehungen immer noch subtile, aber äußerst schmerzhafte Formen der Diskriminierung wirksam sind - bis in Kleinigkeiten der täglichen Interaktion hinein. So kommt es, dass Frauen ständig um ihre Rechte kämpfen oder versuchen müssen, diese subtilen Signale und was sie wirklich aussagen zu ignorieren und herunterzuspielen: »Er meint es nicht SO«, »Er merkt nicht, was er sagt oder was es bedeutet« usw.

78 Prozent der Frauen bedauern, dass sie in Liebesbeziehungen immer noch allzu oft um ihre Rechte und um Respekt kämpfen müssen:

»Er fühlt sich mir überlegen, obwohl ich sicher bin, dass er es abstreiten würde. Aber kleine Dinge verraten mir, dass er sich für super hält und mich für den letzten Dreck.«

»Theoretisch sind wir gleich. Aber in Wirklichkeit demonstriert er mir oft, dass ich minderwertig bin. Zum Beispiel sind Versprechen, die er mir macht, nicht so bindend wie Versprechen, die er Männern macht. Und es gibt Zeiten da werde ich bei Entscheidungen nicht gefragt - Entscheidungen, die sich auf mein Leben auswirken.«

»Ich glaube, dass kein Mann mittleren Alters, der in den dreißiger und vierziger Jahren aufgewachsen ist, Frauen für ganz ebenbürtig hält. Mit dem Kopf vielleicht, aber sonst... Diesen Männern hat sich ihre >Männerwelt< auf subtile Weise tief eingeprägt.«

»Er meint, dass er mich gleichberechtigt behandelt, und wundert sich sehr, wenn ich ihn darauf anspreche, wie er mich bevormundet. Die Beweislast liegt immer bei mir.«
»Normalerweise behandelt er mich gleich. Aber wenn es um mein Auto geht, bin ich auf einmal das >dumme Blondchen<. Ich verstehe nicht viel von Autos, aber ich möchte dazulernen. Er entscheidet immer, wann und wo Reparaturen an meinem Auto zu machen sind. Ich muss ihn oft daran erinnern, dass es mein Auto ist und dass ich damit machen kann, was ich will.«

»Er legt zwar ein Lippenbekenntnis dazu ab, dass er sich vor Entscheidungen mit mir berät, aber in Wirklichkeit hat er das Problem schon allein durchdacht und seine einsame Entscheidung getroffen.«

»Nein, gleichberechtigt war ich nie. Kein Geld, keine Macht. Eine Weile habe ich mich um unser Konto gekümmert und meine Sache wirklich gut gemacht, aber dann kam er eines Tages an und hat es mir wieder weggenommen. Über größere Entscheidungen wusste ich Bescheid, über die habe ich auch mit ihm geredet, aber wir haben beide gewusst, dass er letztlich das macht, was ihm passt.«
47 Prozent der Frauen sagen: »Er behandelt mich, als sei ich ihm unterlegen, aber ich weiß, dass er es eigentlich nicht so meint« - womit sie die Realität dieses Verhaltens ihrer Liebhaber und Männer leugnen:
»Er behandelt mich nicht immer gleichberechtigt, aber er meint es nicht so, er meint es nicht ernst - so dumm ist er nicht.«
»Mein Mann betrachtet mich als ebenbürtig. Trotzdem gibt es Zeiten, da behandelt er mich, als wäre ich ihm unterlegen und spielt den √úberlegenen. Ich glaube allerdings nicht, dass das sein Ernst ist. Es kommt nur vor, wenn er nervös und überarbeitet ist.«
Und wie immer haben andere noch psychologische Erklärungen anzubieten, durch die sie die Realität der Einstellungen ihrer Liebhaber und Männer leugnen können:

»Wir sind ungefähr gleich abhängig voneinander, aber er tut so, als wäre er unabhängiger als ich. Er hatte eine sehr starke Mutter und drei Schwestern und muss sich hin und wieder seine Unabhängigkeit bestätigen, sonst hat er das Gefühl, dass er von Frauen beherrscht wird.«

»Ich glaube, die Männer haben, was mich betrifft, eine schizophrene Wahrnehmung. Einerseits halten sie mich für unterlegen, da ich eben eine Frau bin, andererseits wissen sie, dass ich ihnen gegenüber nicht minderwertig bin - ich glaube, es hat immer zu meinen Schwierigkeiten gehört, dass ich es mit Männern zu tun hatte, die mir nicht ebenbürtig waren, und dass sie das vor mir erkannt haben.«

Ein Mann bemüht sich - wie 26 Prozent der Partner der Frauen in dieser Untersuchung -, den gegenläufigen Trend zu unterstützen:

»Bei manchen Gelegenheiten machen sich die alten männlichen Vorstellungen bemerkbar. Aber er möchte sich von ihnen lösen und bemüht sich sehr darum, wenn sie ihm vernünftig aufgezeigt werden. Von Zeit zu Zeit behandelt er mich, als sei ich ein Kind, aber das sage ich ihm dann sofort. Also versucht er, es bleiben zu lassen, und es kommt auch immer seltener vor.«
Doch die meisten Frauen sagen, dass die Männer immer noch Angst vor jedem Ansatz zur Gleichheit zu haben scheinen und sie als Bedrohung ihrer »Dominanz« empfinden:
»Obwohl er zweimal soviel verdient wie ich und klüger ist als ich, hat er ständig das Gefühl, ich sei eine Bedrohung und Herausforderung für ihn.«

»Erst war er überlegen (jedenfalls in seinen Augen). Als ich dann Erfolg in meinem Beruf hatte und Karriere machte, sah er mich als Konkurrenz und begann, mir äußerst merkwürdige Streiche zu spielen. Ich nehme an, er war sehr neidisch auf mich.«

Es gibt auch sehr glückliche Antworten - 19 Prozent der Frauen beschreiben echte, emotional gleiche Beziehungen mit den Männern, die sie lieben:

»Es ist ein Glücksgefühl, mit ihm zusammenzusein. Ich kann ich selbst sein - verrückt oder doof oder intelligent und/oder alles - ich fühle mich frei. Ich genieße seine Gesellschaft, und wir kommen gut miteinander aus. Er ist etwas Besonderes für mich, und ich fühle mich von ihm nicht beherrscht oder herabgesetzt.«
»Er fragt immer, wie es mir geht, und will wissen, wie der Tag für mich war - auch Kleinigkeiten: er berichtet mir, was ihm bei der Arbeit begegnet ist, und wir erzählen uns lustige Geschichten. Ich mag es besonders, wenn er sich zu mir setzt und mit mir redet, während ich lange in der Badewanne liege. Da kann ich mich entspannen und laut darüber nachdenken, was mich beschäftigt. So halten wir uns gegenseitig auf dem laufenden.«
»Mein Mann verlässt sich auf mich, und ich bin ihm eine gute Freundin. Er fragt mich um Rat, wenn er persönliche und berufliche Probleme hat, und wenn es Pläne zu schmieden gibt, besprechen wir sie miteinander. Ich behandle ihn mit demselben Respekt - das ist praktizierte Gleichberechtigung.«

Jemanden lieben, der einen liebt
und dennoch glaubt, man sei ihm unterlegen
(oder »weniger rational«, »eher intuitiv«)

Viele Frauen ertragen Tag für Tag in ihren Beziehungen mit einem Liebhaber oder Ehemann seine (unbewusste) Einstellung Frauen gegenüber - eine Einstellung, die er im allgemeinen auch im privaten Bereich hat, absichtlich oder unbeabsichtigt. Ein Mann kann eine Frau für außergewöhnlich halten - doch selbst damit fällt sie in eine Kategorie, die er nicht ganz der normalen, erstklassigen, »menschlichen« Gruppe zuordnet. Wie wir gesehen haben, können die Kränkungen, die aus dieser Einstellung resultieren, verbal sein, jene oft wiederholten Klischees und Phrasen, die sich auf Frauen beziehen:

»Typisch Frau«, »Führ dich nicht auf wie ein kleines Mädchen«, »Und schon wird sie wieder emotional« usw. Die Kränkungen können auch nicht verbal sein - er hört nicht zu (obwohl er dem, was sein »Boss« oder seine Freunde und Kollegen sagen, aufmerksam lauschen würde), oder er »macht sich breit« (indem er sich gedankenlos in den besten Sessel setzt und darauf wartet, dass sie ihm etwas zu trinken anbietet, wo hingegen er ihr nichts zu trinken anbietet, wenn sie bei ihm zu Hause ist) .
Oder er redet endlos von seinen Ideen, ohne dass ihm daran gelegen wäre, was sie dazu zu sagen hat. Oder er spricht mit ihr über Weltpolitik und Sport, behält aber seine Zweifel und seine tief inneren Gedanken für sich.

Emotionale Übergriffe und Herabsetzungen von Frauen gehören in der Gesellschaft und in den Liebesbeziehungen vieler Frauen mehr oder weniger zum Regelverhalten. Jeden Moment kann eine demütigende Bemerkung gemacht werden, und zwar gerade dann, wenn es eine Frau am wenigsten erwartet. Das läuft auf eine Art emotionalen Terror hinaus.

Frauen werden durch Erpressung zum Schweigen gezwungen, denn wenn sie sich über etwas beschweren, erwartet sie Etikettierung, dass sie »nörgeln« oder »schwierig« sind. Und so kann eine Frau - egal, wie stark sie ist oder welches Bewusstsein sie hat -, wenn sie über längere Zeit mit diesen Stereotypen leben muss, feststellen, dass ihr Wille langsam und stetig untergraben wird, dass sie Stück für Stück, Tag für Tag um ihre Selbstachtung kämpfen muss ein unaufhörlicher, mühseliger Prozess. Die populären Zeitschriften sagen allerdings, das sei ihr Problem und nicht das der Männer oder der Gesellschaft.
Von geschlechtsspezifischen Vorurteilen getrübte Einstellungen sind innigen, intimen Beziehungen im höchsten Maße abträglich. Wenn ein Fleischer oder ein Verkäufer eine demütigende Bemerkung macht (was, wie jede Frau weiß, immer passieren kann), ist das unangenehm, aber man kann es ignorieren, weil es von einer voreingenommenen Person kommt. Doch wenn die Person, die man liebt, die einem am nächsten steht und auf die man angewiesen ist im Hinblick auf den intimsten menschlichen Kontakt, eine solche Bemerkung macht, steht das auf einem anderen Blatt. Und eben dies geschieht immer wieder. Es ist möglich, dass viele Männer keine Vorstellung haben, was sie anrichten. Die meisten scheinen sich der Stereotype, die sie nach wie vor haben, nicht bewusst zu sein. Sie denken: »Tja, typisch Mary, aber so ist sie nun mal. In ihrer Kindheit hat es ein paar Fehlentwicklungen gegeben ...« Oder: »Sie kennt sich gut mit Kindern aus, aber sie kann natürlich nicht verstehen, was ich, ein Mann, der mitten im Leben steht, alles weiß...«

Wenn solche Einstellungen krass ausgedrückt würden, wäre es leichter, gegen sie zu kämpfen. Doch die subtile Distanzierung und die ebenso subtile emotionale Belästigung, die jahrtausendelang sozial akzeptiert waren und nicht als Herabsetzung von Frauen betrachtet wurden, sondern als etwas Gemäßes, sind viel schwieriger in den Griff zu bekommen und haben heimtückische Auswirkungen.

Was ist die Antwort darauf? Werden Frauen in Beziehungen mit Männern auch weiterhin unverhältnismäßig viel Zeit dafür aufwenden, all das wieder und wieder zu erklären und daneben ihre beschädigte Selbstachtung neu aufzubauen? Oder werden sie ihren Glauben an die Wichtigkeit der Liebe teilweise aufgeben, nicht mehr soviel Energie in sie investieren, einen »Männerstandpunkt« einnehmen und die Liebe auf den zweiten Platz verweisen hinter der Arbeit oder der Karriere? Es ist ohne weiteres möglich, dass sie diesen Weg als den des geringsten Widerstands wählen werden, wenn die Männer sie nicht von gleich zu gleich behandeln, ihnen nicht mit Offenheit begegnen und sie nicht emotional unterstützen kurz, wenn sie nicht Züge entwickeln, die es Frauen ermöglichen, eine hochdifferenzierte, emotionale Innenwelt mit Männern zu teilen, ohne am Ende ausgebrannt und schrecklich allein dazustehen.

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