Single sein: Sich frei fühlen -
oder emotionale Verwirrung und Bankrotterklärung
an Beziehungen?
»Ich bin gern Single. Wenn man allein lebt, hat man Zeit rumzutrödeln, nachzudenken, zu lesen, Kurse zu machen, ins Kino zu gehen - man sieht mehr von der Welt, statt damit beschäftigt zu sein, jemand anderen kennenzulernen. Man ist seinen Freundinnen näher. Sicher, es hat seine Höhen und Tiefen, aber ohne Leiden gibt es keine Freuden, und wer sich nichts traut, kann keinen Blumentopf gewinnen!«
»Ich habe in Liebesbeziehungen immer die Erfahrung gemacht, daß ich zuerst vierundzwanzig Stunden am Tag völlig beansprucht werde. Das geht ungefähr drei Monate so Seelenqualen bis zum Wahnsinn, intensivstes Engagement. Dann hab" ich so was wie einen Nervenzusammenbruch und mache Schluß. Dann bespreche ich alles am Telefon mit guten Freundinnen und werde langsam wieder ich selbst. Bis zum nächsten Mal.«
Das Leben selbst bestimmen
Frauen aller Altersstufen sind gern für sich. Die meisten haben gern einen großen Freundeskreis und schhätzen es, freie Hand zu haben für Treffen und Kontakte mit anderen, den Job annehmen zu können, den sie wollen, und einer Reihe von Interessen nachzugehen. In einer Zweierbeziehung dagegen kann die Kommunikation begrenzt sein, die Zeit reicht oft nicht, alle Freundinnen und Freunde zu treffen. Frauen bestimmen gern selbst über ihr Leben - ob das nun den Entschluß zu heiraten beinhaltet oder den Entschluß, »allein« zu bleiben.
Die meisten alleinlebenden Frauen beschreiben allerdings verstörend grobe und ärgerliche Beziehungen mit Männern, emotionale Berg- und Talfahrten - erst sind die Männer sehr nett, dann sehr ruppig. Häufig sind die Qualen, die alleinlebende Frauen in ihren Liebesbeziehungen leiden müssen, noch schlimmer als die Schwierigkeiten, denen sie in der Ehe oder in »Ehen ohne Trauschein« begegnen. Der emotionale Vertrag (siehe 1. Teil) ist auch hier wirksam, nur auf noch üblere Weise, was an der »Markt«-Atmosphäre liegt, die in der »Single-Szene« herrscht.
Eine Frau schildert, nachdem sie ein paar solche Berg-und-Tal-Beziehungen durchgemacht hat, ihre innere Verfassung:
»Obwohl meine Liebesbeziehungen eine Tortur waren, versuche ich es immer wieder, wenn ich Ruhepausen und Phasen, in denen ich nie wieder jemanden lieben will, hinter mir habe. Ich entspanne mich, >sortiere~ mich, bin ein Jahr enthaltsam, denke über mich und meine Rolle in Beziehungen nach. Ich frage mich oft, warum ich alles machen muss - Kompromisse, Anpassung, Veränderung, Entwicklung usw. Meine Freundschaften sind oft lohnender und dauerhafter. Aber in meinen Liebesbeziehungen war es immer so, dass ich in gewisser Hinsicht nicht auf einer Ebene mit dem Mann sein durfte - manchmal musste ich sogar unterwürfig sein, damit Friede war. Meine Liebesbeziehungen waren voll von doppelter Moral - Rollenverteilung, beim Sex usw. - und voll von Widersprüchen. Widersprüche zwischen dem, was der Mann sagt, und dem, was er tut. Aber es ist wohl wichtig, sich zu verlieben. Man hat es nicht in der Hand, oder?«
Die meisten Frauen lieben das Gefühl, Single zu sein und ihr eigenes Leben zu haben, aber sie können dieses Gefühl, diesen Zustand nicht unbeschwert genießen, weil das Thema Alleinleben immer mit der Anmutung belastet ist, dass es sich um etwas Vorübergehendes handeln muss, dass keine Frau immer unverheiratet bleiben möchte - denn das würde sie zur Ausgestoßenen machen (besonders »ab einem gewissen Alter«!), würde bedeuten, dass sie »keinen abgekriegt hat«.
Die meisten Frauen glauben das nicht mehr. Doch der gesellschaftliche Druck ist so groß, dass die Ängste bleiben und jederzeit auftauchen können, egal wie sehr man dagegen ankämpft und das tun die Frauen hier.
Tatsächlich befinden sich alleinlebende Frauen momentan mittendrin in einer Phase von durchgreifenden Veränderungen und profunden inneren Debatten. Von allen Seiten wird teils widersprüchlicher - Druck auf sie ausgeübt, sich auf diese oder jene Art zu verhalten. Wie sollen sie sich nun entscheiden? Welchen Weg weist ihnen ihr Gefühl? Wie wird man glücklich? Das sind die Fragen, die die Frauen hier aufwerfen: Sie wehren sich gegen den Druck der Gesellschaft und fragen sich gleichzeitig manchmal, ob sie das, was die Gesellschaft von ihnen will, nicht in Wirklichkeit auch selbst wollen - man muss ja nicht einfach um der Rebellion willen rebellieren. Und woher weiß man so genau, wer man ist? Die Frauen hier sehen sich komplexen Fragen wie dieser gegenüber, stehen vor der Wahl, wie sie ihr Leben leben wollen, und das mitten in einer der verwirrendsten und aufregendsten Umbruchszeiten der Geschichte. Wofür entscheiden sie sich? Das verdient mit großer Aufmerksamkeit angehört zu werden.
4.
Drei alleinlebende Frauen
beschreiben ihr Leben
1
Ich bin zwanzig, habe vor kurzem eine Tochter bekommen und beschlossen, sie zur Adoption freizugeben. Das war meine größte Leistung und meine größte Krise, weil ich meine Entscheidung nach langem Nachdenken getroffen habe. Ich habe beide Seiten abgewogen (ob ich sie behalten oder ob ich sie zur Adoption freigeben soll). Es war die Hölle, aber ich habe die Entscheidung von mir aus getroffen und bin sehr stolz darauf, wie ich die Situation gepackt habe. Mein Baby weggeben war das Schwierigste, was ich je machen mußte. Es hat mich sehr traurig gemacht und mich viel Nachdenken gekostet.
Zuvor war ich in einer katholischen Mädchenschule. Als ich schwanger war, habe ich bei meiner Schwester gewohnt. In der Schwangerschaft war mein Freund der Mensch, der mir am nächsten stand. Er war bei der Geburt dabei und hat mir sehr geholfen, als ich meine Entscheidung treffen mußte und Depressionen hatte. Wir sind uns in der Schwangerschaft sehr nahe gekommen. jetzt sind wir dabei, uns zu trennen, weil wir unsere Freiheit brauchen - zumindest für eine Weile. Er ist lieb und ehrlich zu mir, und ich mag das. Er hat mich in drei Jahren nicht einmal betrogen. Ich bewundere ihn, weil er so gutherzig ist, er ist ein wunderbarer Mensch. Wir können nur zusammen nicht wir selbst sein. Wir sind beide nicht so glücklich, wie wir es sein könnten. Ich glaube, wir haben zu früh angefangen, und jetzt will ich einfach eine Weile frei sein. Ich empfinde immer noch sehr viel für ihn,. aber jetzt brauchen wir beide erst mal Luft zum Atmen.
Verliebt sein ist wichtig für mich, aber nicht jetzt. Es ist harte Arbeit, und ich brauche meine Energie jetzt für andere Sachen. Aber später wird es bestimmt wichtig sein. Das größte Problem in unserer Beziehung war - wenigstens für mich - das Gefühl, eingesperrt zu sein, nicht ganz ich selbst sein zu können. Ich wollte die Freiheit haben, mich mit anderen Männern zu treffen, mit ihnen zu schlafen, ohne daß ich mich schuldig oder untreu fühlen mußte. Noch ein Problem war, dass er viel gearbeitet hat und ich ihn nur am Abend gesehen habe. Da konnte man nicht mehr viel machen außer zum Essen gehen oder ins Bett. Das wurde mit der Zeit langweilig, und ich hatte nicht mehr so viel Spaß am Sex.
Am Anfang war der Sex wirklich toll. Er hat sehr zärtlich und intim mit mir gesprochen auf italienisch! -, sehr romantisch, aufregend und sexy. Ich mochte es sehr. Ich konnte immer Orgasmen, beim Geschlechtsverkehr, beim oralen Sex und wenn wir zusammen masturbiert haben. Am Ende haben wir es nur noch mechanisch gemacht, und der Sex war nicht mehr so gut. Wir waren ganz anders als am Anfang. Es ging so weit, dass ich keinen Sex mehr haben wollte, weil ich irgendwie unzufrieden war. Er kritisierte mich dann dafür, dass ich nicht liebevoll und zärtlich war, und ich kritisierte ihn dafür, dass er immer spitz war und Sex wollte und nicht richtig verstand, wie ich mich fühlte.
Nach der Geburt fiel es uns leicht, miteinander zu reden. Er hat mich körperlich und emotional in einem solchen Zustand erlebt, dass danach alles leicht war. Aber nach der Adoption ging es wieder los mit dem alten Trott.
Das Schlimmste, was er mir je angetan hat, war, dass er mit anderen Mädchen rumgemacht hat, als ich schwanger war. Er hatte mit keiner Geschlechtsverkehr, aber er hat unheimlich damit angegeben, wie toll ihn alle fänden. Ich war völlig kaputt, weil ich das Gefühl hatte, dass er mich fertigmachen wollte. Wenn er über die anderen Mädchen sprach, hatte ich das Gefühl, dass er mich mit ihnen verglich - es hörte sich immer so an, als wären sie viel toller als ich. Ich wußte, dass er es nicht ernst meint, und habe ihm gesagt, wie sauer mich das macht, aber er fing immer wieder davon an.
Von einem Mädchen hätte er sich fast einen blasen lassen, aber er war wenigstens so ehrlich, mir jedesmal Bescheid zu sagen, wenn was war. Wenn ich eine richtige Beziehung habe, möchte ich unbedingt, dass mein Partner treu ist. Es tut sehr weh, wenn man weiß, der Partner hat Spaß mit jemand anderem, wo er doch mit dir Spaß haben sollte. Man fühlt sich so betrogen, wird mißtrauisch - und das ist zuviel negative Energie für eine Beziehung. Wenn mein Partner treu ist, weiß ich, er setzt seine Energie dafür ein, dass die Beziehung wächst, er verschwendet sie nicht mit irgendwelchen Aktivitäten außerhalb der Beziehung.
Das Schlimmste, was ich ihm je angetan habe, war, dass ich bei einem Tauchurlaub was mit einem Tauchlehrer hatte. Er war sehr gekränkt und fühlte sich sehr betrogen. Das konnte ich verstehen.
Aber normalerweise haben wir nie gestritten. Wir haben darüber geredet, wie wir uns fühlen und dann versucht, das Problem mit einem Kompromiß zu lösen oder uns mehr dessen bewußt zu sein, was wir tun. Wir fanden, es ist Energieverschwendung, sich zu zanken. Wenn man wütend ist, ist es so schwierig, das Problem richtig zu sehen. Wir haben das alles immer sehr ruhig gelöst. Es hat uns Spaß gemacht, zusammen zu arbeiten, uns zu helfen - beim Abwaschen, beim Kochen, im Garten und im Haus. Ich würde sagen, mein Freund hat mich als ebenbürtig betrachtet. Er bewunderte mich. Ich hatte nie das Gefühl, daß ich anders bin als er, weil er ein Mann ist. Nur wenn es um körperliche Dinge geht, ist er stärker, kann leicht einen Job als Landschaftsgärtner oder Bautischler kriegen - jede Art körperliche Arbeit. Die meisten Männer, die ich kenne, finden die Frauenbewegung toll. Sie macht Frauen einfach interessanter. Diese Männer sehen ein, daß Frauen viele unerfüllte Bedürfnisse haben und daß die Frauenbewegung ihnen hilft.
Am glücklichsten war ich in meiner Zeit im Krankenhaus, vor und nach der Geburt. Ich denke gerne daran. Mein Freund war so wunderbar. Er war immer da und hat mir geholfen. Da habe ich gemerkt, was für ein guter Mensch er ist, und war so glücklich, daß uns das Schicksal zusammengeführt hat und daß ich ihn habe.
Obwohl ich meine Freiheit wollte und mich von ihm trennen wollte, hasse ich den Gedanken, daß er was mit anderen hat. Wir sind uns immer noch nahe, und es würde mir weh tun, wenn ich es wüßte. Ich bin nicht deprimiert oder so was, es wird nur schwierig sein ohne ihn. Dann kriege ich nichts mehr von seinem Leben mit. Aber unsere Beziehung ist etwas Besonderes. Das ist so ein intuitives Gefühl von mir - unsere erste Begegnung war schicksalhaft, die ganzen Umstände waren irgendwie bedeutungsvoll, wichtig. Wir müssen jetzt eine Weile getrennt unsere Wege gehen, aber wenn wir reifer sind, werden wir zusammen eine stärkere Beziehung entwickeln können. Das habe ich im Gefühl - wir werden wieder zusammenkommen. (Nur manchmal habe ich Angst, daß er mich vergißt und eine andere findet, die er mehr liebt und an der ihm mehr liegt als an mir.)
Am allermeisten habe ich meine Tochter geliebt, und deswegen war es so unheimlich schwer für mich, sie wegzugeben. Obwohl ich sie nicht lange hatte, war es eine starke Liebe, und das ist auch jetzt noch so und wird es immer bleiben. Wir sind seelisch verbunden durch diese Liebe, und ich freue mich auf den Tag, an dem wir wieder vereint sind.
Meine Mutter hat keine Ahnung, daß wir uns getrennt haben, und ich weiß nicht, ob es meinen Vater interessiert. Wenn meine Mutter das rauskriegt, wird sie mir zusetzen, weil sie meine Logik sicher nicht verstehen kann. Sie mag ihn wirklich, sie weiß, daß er eine »gute Partie« ist, und sie wird nicht begreifen, warum ich ihn »aufgegeben« habe.
Ich habe definitiv nichts mit einer anderen Beziehung im Sinn. Ich brauche jetzt Zeit, um an mir zu arbeiten, meinen Weg zu finden und mein Ziel zu erreichen. Da darf mir nichts dazwischenkommen. Ich habe nicht das Gefühl, daß ich im Augenblick unter dem Druck stehe, heiraten zu müssen. Ich will einen Beruf haben und dann irgendwann mal heiraten und Kinder haben - aber nicht in naher Zukunft.
Ich gehe gern alleine aus. In meiner Generation ist es nichts Besonderes, Single zu sein. Ich finde, in meiner Altersgruppe ist alles so anders, wenn man es mit den Leuten über Dreißig vergleicht. Die kommen mir irgendwie paranoid vor, und Komplexe haben sie auch. Im Augenblick habe ich Angst, wieder in die Szene einzusteigen und eine sexuelle Beziehung anzufangen. Ich bin da schon so lange draußen.
Ich bewundere Männer, die selbstbewußt sind, selbstsicher, Männer aus den sechziger Jahren - aber die gibt" s wohl nicht mehr. Das ist die Art Mann, die ich mag. Einer, der den Mann nicht so rauskehrt. Ich mag Männer nicht, die sich als Machos aufspielen, die einen anstarren und erwarten, daß man nur so dahinschmilzt, die Chauvis sind und »ihre Frauen« respektlos behandeln. Ich kann eingebildete und arrogante Kerle nicht verknusen. Die verletze ich ganz gern mal in ihrer Eitelkeit, weil sie so eklig sind, und gut tut es ihnen auch - das bringt sie wieder auf die Erde zurück.
Ich bin für die Frauenbewegung und verstehe nicht, warum die notwendigen Staaten nie das ERA ***70–9-1*** ratifiziert haben. Es ist schwachsinnig und irgendwie entmutigend, wenn man sich überlegt, daß manche Leute nicht akzeptieren wollen, daß Frauen gleichberechtigt sind. Ich kann nicht glauben, daß sich Amerika nicht so weit entwickelt hat, um einzusehen, wie wichtig und wertvoll Frauen sind. In Zukunft sollte es auch keinen Unterschied zwischen Mutterrolle und Vaterrolle geben, denn das hat die Geschlechter bis jetzt voneinander getrennt. Wenn beide Partner bei der Erziehung gleichgestellt sind, wird das Kind so aufwachsen, daß es beide als Person sieht und nicht nur, ob sie männlich oder weiblich sind.
Bis jetzt habe ich selbst am meisten dafür gesorgt, mich lebendig zu fühlen. Andere haben mir geholfen, aber es kam vor allem von mir. Das meiste, was ich will, muß erst noch kommen. Ich bin noch jung und muß vieles lernen. Ich weiß, daß ich selbst entscheiden muß, wie etwas laufen soll. Ich habe mein Leben in der Hand.
2
Ich bin aus Haiti. Bin in die Staaten gekommen und habe mir EnglischSingle sein: Frauen und Autonomiesich um jemand kümmert fast allein beigebracht. Ich war stolz darauf. Ich bin siebenunddreißig Jahre alt - weiblich, habe nie mit jemandem zusammengelebt. Habe eine 10jährige Tochter (absichtlich).
Zuerst möchte ich sagen, wie dankbar ich bin, daß mir jemand die Chance gibt, von meinem Leben zu schreiben. Ich habe mit jemand reden wollen. Aber es scheint, die einzige Möglichkeit, daß einem jemand zuhört, ist der Psychiater. Es gibt nicht viele Leute, die einem zuhören, ohne daß sie kritisieren oder einem Ratschläge geben, außer man geht zum Psychiater (aber ich habe mir nie einen leisten können).
Ich habe eine Arbeit (staatlich geprüfte Krankenschwester), die soviel bringt, daß ich finanziell unabhängig bin. Ich habe keinen Mann (war nie verheiratet). Ich habe keine Verwandten, die mich interessieren (außer meiner Tochter). Meine Eltern sind tot, also brauche ich mir keine Sorgen zu machen, daß sie krank werden oder auf mich angewiesen sind. Ich habe nicht soviel Probleme wie die meisten Frauen, besonders Hausfrauen. Aber manchmal bin ich furchtbar einsam. Dann habe ich das Gefühl, ich sterbe innerlich. Ich brauche einen Mann, damit ich lieben kann und geliebt werde, aber ich glaube nicht daß ich ihn bald genug finde.
Ich weiß noch, daß ich sehr, sehr glücklich war, wenn ich verliebt war. Es war immer einseitig. Daß zweimal ein Freund mit mir Schluß gemacht hat - das hat mich am meisten aufgeregt in meinem Leben. Ich glaube, es war so ein Gefühl, daß ich versagt habe. Das war ich nicht gewöhnt. Ich war gut in der Schule. Ich habe nicht gewußt, wie mir das passieren kann, daß ich an den falschen Typ Mann komme. Es hat mich furchtbar aufgeregt, als ich gemerkt habe, daß es manches gibt, das man nicht kriegt. Egal, wie sehr man es versucht, man kann nicht das Herz von jemand gewinnen, der einen nicht will.
Manchmal kann man die Liebe überhaupt nicht erklären. Es passiert einfach. Ich habe es gemerkt, als ich Kinder gehütet habe. Du schaust jemand an und bist verliebt. Es ist wie Zauberei. Ich habe mich einmal in ein zweijähriges Mädchen verliebt. Ich habe bei ihrer Mutter im Haus gearbeitet, als Dienstmädchen. Sie war nicht hübsch, aber sie war mein Ein und Alles. Wir haben uns sehr gefehlt, als wir auseinander waren. Seitdem nehme ich es meinen Exfreunden nicht mehr übel, daß sie mich nicht geliebt haben. Sie waren eben nicht gleich in mich verliebt. Es kann auch passieren, wenn man jemand schon lang kennt. Eines Tages wird er etwas Besonderes. Ich will alles von ihm wissen. Will immer in seiner Nähe sein. Aber eigentlich ist Liebe, wenn man sich um jemand kümmert.
Ich war eine bessere Mutter, als ich noch nicht Mutter war. Ich habe mein Baby geplant. Aber als ich dann Mutter war, war ich ein ganz normaler Mensch mit viel Fehlern. Ich war sehr idealistisch und habe viel Geduld gehabt mit Kindern, als ich noch nicht Mutter war.
Vor einem Vierteljahr habe ich einen wunderbaren Mann kennengelernt. Ich will mit ihm leben, aber ich warte noch, daß er sich entscheidet. Ich liebe ihn, weil er ein gutes Herz hat. Er ist freundlich. Ich kann mich darauf verlassen, daß er mir (und überhaupt niemand) mit Absicht weh tun würde. Ich glaube auch, daß er treu ist. Er braucht nicht oft Sex, aber wenn er Liebe mit mir macht, ist es intensiv und sehr schön. Für mich ist er der Lover, den ich brauche. Ich wundere mich, daß ich jedesmal einen Orgasmus mit ihm habe. Ich bin auch gern so mit ihm zusammen. Wir können ehrlich über Geld reden, und ich hoffe, daß unsere Beziehung etwas Festes wird. Wenn wir eine dauerhafte Beziehung beschließen, soll er aber sicher sein, daß er das auch wirklich will.
Er ist jünger als ich (zehn Jahre) und kann sich sehr für die einfachen Dinge im Leben begeistern - ausgehen, sich etwas anschauen usw. Ich mag seine Einstellung zum Leben. Er ist nicht verbittert über das Leben oder die Leute. Es ist eine Erholung, mit jemand zusammen zu sein, der so naiv ist. Was mir im Moment nicht so gefällt, ist, daß er sich mit seiner Arbeit nicht sehr glücklich fühlt. Vielleicht ist er gerade in einem Zustand, wo er sich fragt, wer er ist und was er mit seinem Leben machen soll.
Ich liebe ihn, aber ich glaube nicht, daß ich verliebt bin. Ich bin sehr glücklich, wenn ich an ihn denke, und wünsche mir, daß er auch glücklich ist mit sich selber. Ich weiß nicht, ob er mich liebt und wenn ja, wie sehr. Ich glaube, er weiß selber nicht, wer er ist im Moment. Wenn wir zusammen sind, ist er, glaube ich, sehr glücklich. Er hat eine furchtbare Laune, wenn wir uns trennen müssen. (Wir wohnen 2500 Kilometer auseinander.)
Ich würde meine Arbeit nicht aufgeben, bevor ich nicht sicher bin, welche Gefühle er für mich hat. Wenn ich mit meinem Freund zusammenziehe, muß ich auch arbeiten. Er verdient nicht genug für zwei. (Ich war immer finanziell unabhängig, habe nie viel verdient, aber genug.) Es ist sehr schwer für uns zu sagen, welche Gefühle wir füreinander haben im Moment. Ich glaube, das ändert sich, wenn er geschieden ist. Vielleicht hat er das Gefühl, daß er nicht sagen darf »Ich liebe dich«, bevor er geschieden ist.
Was das Wichtigste ist in meinem Leben, kann ich nicht sagen. Meine Arbeit gibt mir Selbstvertrauen. Ich bin für meine Tochter verantwortlich, und sie war mein Leben, bis ich ihn kennengelernt habe. Er ist die Anregung für mich. Alle drei Dinge sind mir gleich wichtig.
Ich habe geplant, schwanger zu werden, weil ich ein Kind wollte. Ich wollte die Leere füllen, die in mir war. ich wollte meine unglückliche Kindheit ausgleichen dadurch, daß ich meinem Baby eine schöne Kindheit gebe. Es hat funktioniert. Ich bin mit meinem Baby größer, erwachsener geworden.
Ich kann, glaube ich, gut Liebe geben, Leute beruhigen. Manchmal kann ich nicht verstehen, warum die Leute gewisse Dinge machen. Ich gebe das, was ich gern bekommen würde. Aber manche Leute nehmen nur. Ich habe gelernt, mir die Leute auszusuchen, die ich liebe. Denen, die nur nehmen, gehe ich aus dem Weg. Meine Tochter ist sehr liebevoll. Sie zeigt mir ihre Liebe, wenn ich mich abkapseln will von der Welt. Und so kann ich nicht anders als auch liebevoll sein.
Ich bin nicht gern Single. Aber lieber bin ich Single als mit jemand zusammen, den ich nicht liebe oder vor dem ich keinen Respekt habe. Der Vorteil ist, daß man selber entscheiden kann. Der Nachteil ist, daß ich niemand habe, der für mich entscheidet. Manchmal ist es lästig, alles selber zu entscheiden. Manchmal mache ich gern, was jemand will, den ich liebe.
Eigentlich habe ich das Gefühl, daß ich versagt habe, weil ich nicht verheiratet bin. Ich fühle mich nicht gut genug, vernachlässigt, um etwas gebracht, das jeder haben sollte. Vielleicht kommt es davon, daß ich mich einsam gefühlt habe, als ich Kind war, und früh von zu Hause fortgegangen bin. Ich wünsche mir so sehr ein warmes, liebevolles Familienleben.
Mit zwei Männern war es mir sehr ernst. Aber es hat nicht lange gedauert, da sind sie kalt geworden. Ich habe beschlossen, daß ich nicht mit jemand leben will, der nicht warmherzig und zärtlich ist. Als ich mir überlegt habe, was geworden ist aus der wunderschönen Beziehung, habe ich viel geweint - viel Kummer, viel Depressionen. Aber dann habe ich mir gesagt: »Der ist es nicht wert, daß du wegen ihm weinst!« Und dann habe ich mich besser gefühlt. Ich wollte mit jemand reden. Aber die meisten von den sogenannten Freundinnen, die mit ihren Problemen zu mir gekommen sind, wollten nicht zuhören. Sie wollten, daß ich den Mund halte. Aber eine Freundin hatte ich, die hat mir zugehört und mich beruhigt. Ich bin ihr sehr dankbar. Ich vergesse ihr nie, daß sie versucht hat, mich zu trösten.
Ich bin drüber weggekommen, weil ich meinen Respekt vor mir selber wieder aufgebaut habe. »Ich habe jemand Besseren verdient als ihn.« Ich habe mich wirklich gut gefühlt, als ich ihm »Auf Wiedersehen« gesagt habe. Der zweite Mann war schwieriger aufzugeben, weil ich das Kind von ihm hatte. Wir hatten immer ganz gute Kommunikation. Es hat vier Jahre gedauert, bis ich ihn innerlich aufgegeben habe. Vier Jahre habe ich mich für keinen anderen interessiert. Meine Arbeit hat mir sehr geholfen. Ich habe mich auf die Arbeit konzentriert. Nur an die Arbeit gedacht und härter gearbeitet.
Ich bin gern verliebt. Ich finde es ein großes Geschenk, wenn man verliebt ist. Ich bin der höheren Macht dankbar, daß sie mich verliebt sein läßt. Ich traue mir mehr zu, wenn ich verliebt bin. Es gibt mir ein gutes Gefühl. Ich fühle mich von innen heraus schön.
Ich habe einmal gewollt, daß mein (früherer) Lover alles von mir weiß. Aber er war nicht interessiert. Wenn mein jetziger Freund alles von mir wissen will, wür'de ich es ihm sagen. Aber ich würde es ihm nicht sagen, wenn er mich nicht fragt. Wir (oder er) brauchen noch Zeit, bis unsere Beziehung so eine richtige Beziehung wird, wie ich sie haben will (alles miteinander teilen - nicht nur Hoffnung, auch Angst). Er sagt, Männer wären besser als Frauen, aber ich glaube, das sagt er nur, damit er sich besser fühlt. Ich war einmal in einen Mann verliebt, der »Frauenhasser« war. Ich wollte ihm helfen, aber das war so, wie wenn man einem Alkoholiker helfen will - er will, daß man ihm hilft, aber er will sich nicht selber helfen. Ich habe den Respekt vor mir selber verloren. Dann war es aus. Mein Exfreund wollte mich schlagen. Es war mehr Spaß als Ernst, hat er gesagt. Aber ich war böse und zornig. Es hat mich an meinen Vater erinnert. Der ist manchmal brutal geworden, wenn er zuviel getrunken hat. Ich habe meinem Exfreund gesagt, er soll das nie mehr machen, sonst gehe ich sofort. Er war überrascht, aber er hat es nie mehr gemacht.
Die Beziehung zwischen meiner Mutter und meinem Vater war sehr traurig. Ich habe beschlossen, unabhängig zu sein, wenn ich erwachsen bin, damit ich nicht verheiratet bleiben muß, wenn ich den Mann nicht mag. Der Vater meiner Mutter hat meine Mutter gezwungen, meinen Vater zu heiraten. Er hat die Ehe ausgehandelt. Meine Mutter hat meinen Vater nie geliebt oder gemocht. Ich habe gemerkt, daß sie mich liebt, wenn sie versucht hat, mir das zu geben, was die anderen Kinder hatten. Wir hatten manchmal nicht genug zu essen. Aber irgendwie hat sie sich Geld geborgt und am Mittag Essen in die Schule gebracht. An besonderen Tagen (Feiertage, Geburtstag) hat sie versucht, etwas Besonderes zu kochen. Ich weiß, daß sie sich von jemand Geld geborgt hat.
Mein Vater war nicht zärtlich. Wir Kinder sind ihm immer aus dem Weg gegangen, wenn er betrunken nach Hause gekommen ist und alle geplagt hat. Er hat sich auch geschämt, weil er eine schlechte Bildung hatte (8. Klasse). Es hat ihn wütend gemacht, daß wir mehr gewußt haben als er. Ich habe mich gefürchtet vor ihm. Er war oft brutal. Die Polizei und alle haben damals nicht aufgepaßt auf Familienstreit. Ich hatte das Gefühl, wir haben niemand, der uns hilft. Als ich fünf Jahre alt war, habe ich mir gedacht, ich bringe ihn um, opfere mich, damit die Familie in Frieden leben kann. Aber ein richtiger Mord - das habe ich mich nicht getraut.
Meine Mutter hatte irgendwie alles aufgegeben. Sie hat selten etwas gesagt. War ihr alles egal. Sie war sehr verschlossen in den letzten fünf, sechs Jahren, die sie gelebt hat. Sie ist mit zweiundvierzig gestorben. Heute tut mir mein Vater leid (er ist tot). Ich finde, er war auch ein Opfer seiner Zeit. Er war Macho, aber das Traurige war, daß er kein richtiger Macho sein konnte (er war klein, keine Bildung, kein Geld). Er hat einfach nicht zärtlich und verständnisvoll sein können.
Ich war als Kind das unattraktivste von allen Kindern in der ganzen Nachbarschaft. Ich hatte nie Kleider, die gepaßt haben. Habe selten gelächelt. Wir hatten Hühner, und ich hatte immer Angst vor dem Hahn. Als ich ungefähr zehn Jahre alt war, habe ich meinen Körper entdeckt. Eines Nachts bin ich aufgewacht mit einem starken, hellen und schönen Gefühl. Ich hatte die Hände (die eine auf der anderen) in meiner Schamgegend. Irgendeine Macht ist plötzlich über mich gekommen! Ich hatte keine Kontrolle über das, was passiert. Ich habe nie gedacht, daß es so etwas Schönes gibt auf der Welt.
Mit neunzehn habe ich es zwei- bis dreimal am Tag gemacht. Ich mußte einfach. Aber ich habe mich schuldig gefühlt. Ich habe gebetet, daß ich das nicht wollen soll. Ich habe Gott jedesmal um Verzeihung gebeten, wenn ich masturbiert habe - bis vor kurzem.
Als ich in der vierten Klasse war, hat eine Lehrerin versucht, die Menstruation zu erklären. Es war ihr peinlich, und sie hat es dann gelassen. Ich habe es aus Büchern gelernt. Ich habe gewußt, eines Tages kommt es. Aber ich habe nicht gewußt, daß wir die Blutung nicht kontrollieren können. Ich habe gedacht, ich könnte es ausspritzen wie Urin. Als es einfach so rausgeronnen ist und ich es nicht kontrollieren konnte, war ich zornig auf die Welt.
Ich bin von zu Hause fort, weil ich Angst hatte, dort nicht mehr sicher zu sein. Meine Mutter war tot. Mein Vater hat sich für mich interessiert. Mir ist ganz schlecht geworden, weil ich meinen Vater nicht gemocht habe. Ich gehe heute noch Männern aus dem Weg, die mich an meinen Vater erinnern. Bin mit keinem Mann ausgegangen, bis ich vierundzwanzig war.
Mein jetziger Mann ist genau das, was ich immer wollte. Er ist beim Geschlechtsverkehr genau so, wie ich immer wollte. Ich habe immer Orgasmus, und das ist wirklich eine Überraschung für mich. (Er war sehr nervös beim ersten Mal.) Das Schlimmste ist, daß er sich nicht ganz sicher ist mit seiner Fähigkeit, er macht sich auch Sorgen wegen seiner Penisgröße (mittel oder durchschnittlich). Seine untreue Frau ist schuld an seiner Unsicherheit. Ich hoffe, daß ich sein Selbstvertrauen wieder aufbauen kann, wenn unsere Beziehung etwas Festes wird. Über Sex reden - ich glaube, da hat er Hemmungen- Er hat mich nicht viel Persönliches gefragt.
Es ist gut, wenn man Männern über klitorale Stimulierung Bescheid sagt. Aber ich mag keine vor, während und nach dem Geschlechtsverkehr. Ich mag Cunnilingus, wenn der Rhythmus gleichmäßig ist. Der Mann, mit dem ich die letzten Jahre eine Beziehung hatte, hat nicht viel über Sex von sich gegeben. Ich habe ihm einmal gesagt, wie ich es will (schneller, gleichmäßiger Rhythmus, nichts ändern, auch die Stellung nicht, wenn ich kurz vor dem Höhepunkt bin). Da war er beleicligt. Er hat gesagt: »Schnell - nein, so macht man das nicht.« Er hat nichts lernen wollen.
Meine Freundschaften mit Frauen sind alle kostbar. Es geht sogar weiter, wenn sie sich scheiden lassen und wieder heiraten. (Ich habe es aufgegeben, Männer als Freunde zu suchen. Sie wollen immer nur mit mir schlafen, aber das will ich nicht.) Ich mag die positive Einstellung, die meine beste Freundin zum Leben hat. Sie ist freundlich zu den Leuten. Sie hält viel von ihnen (ich nicht). Manchmal ist sie jähzornig. Aber sie entschuldigt sich, wenn sie im Unrecht war. Sie tut nicht so, als würde sie Bescheid wissen, wenn sie nicht Bescheid weiß. Sie kann andere bewundern. Sie ist eine gute Zuhörerin und kann auch gut reden. Sie versteht ihren Mann. Sie findet, er hat Glück, daß er jemand zum Freund hat. Ich habe Glück, daß ich sie als Freundin habe.
Frauen haben, glaube ich, nicht soviel Respekt vor sich selber wie Männer, brauchen viel Bestätigung. Sind aber nicht so eingebildet wie die meisten Männer. Manchmal nehmen Frauen Kritik zu persönlich, aber sie hören besser zu.
Frauen sind daran gewöhnt, anderen zuzuhören, wissen, daß die Leute manchmal reden wollen, jemand haben wollen, der ihnen zuhört, wissen, daß man nichts machen braucht - einfach zuhören, das ist das Wichtigste. Männer meinen vielleicht, daß sie etwas machen müssen, wenn jemand mit seinen Problemen zu ihnen kommt.
Ich bewundere Männer und Frauen, die etwas Besonderes sind. Die sich von den Ideen her und in der Kleidung von anderen unterscheiden. Ich mag Leute, die selbstsicher sind, auch wenn sie nicht mit der Masse mitgehen.
Als ich jünger war, wollte ich eine leidenschaftliche Beziehung. jetzt bin ich älter, reifer und klüger. jetzt will ich eine feste Beziehung. Wenn zwei Leute dieselbe Auffassung haben, können sie die Beziehung verbessern, können das Leben lohnender machen. Ich will den Menschen finden, der das Beste aus mir herausholen kann.
3
In einem Monat werde ich geschieden - endlich! Ich habe zwei Kinder. Ich bin sehr glücklich. Was mich am glücklichsten macht? Wow! Meine Arbeit, meine Liebhaber, Musik, Reisen, meine Kinder. Mein Ziel? Völlig autonom zu werden. Worauf ich mich am meisten freue? Die Welt zu entdecken und dazu zu gehören.
Zur Zeit bin ich mit mehreren Männern liiert. Sie sind verheiratet, aber ich sehe sie so oft wie möglich. Mit dem einen dauert es schon vier Jahre, mit dem anderen drei und mit dem dritten zwei. Ich liebe sie aus vielen Gründen. Weil wir gemeinsame Vorlieben haben, weil wir miteinander lachen können, weil sie sich dafür interessieren, wie ich mich fühle, weil sie immer da sind, um mir zuzuhören, weil sie aufmerksam sind mich glücklich machen wollen, gute Liebhaber sind und weil ich bei ihnen nicht gehemmt bin. Es ist wunderbar, mit ihnen zusammen zu sein, und sie sind eine Quelle der Freude. Ich bin sehr froh, daß ich drei solche Männer gefunden habe, und hoffe, noch mehr zu finden. So sehr ich sie liebe, ich würde nicht den Rest meines Lebens mit einem von ihnen verbringen wollen - genausowenig wie ich jeden Tag Steak essen möchte. Kann sein, daß ich es eine Weile genießen würde, aber alles wird langweilig oder verliert seinen Reiz, wenn man es übertreibt. Wenn es nach mir geht, werden wir uns immer nahestehen, aber ich nehme an, daß ich auch etwas »Freiraum« haben will.
Ich war achtzehn Jahre verheiratet, aber es war das Letzte. Entsetzlich. Die finanzielle Sicherheit war noch das Beste daran. Aus Gewohnheit so lange in einer Beziehung zu leben hatte keine Bedeutung für mich - ich dachte ursprünglich, es wäre anders. Ich schäme mich nicht, weil meine Ehe gescheitert ist. Ich bin sehr erleichtert und fühle mich wunderbar frei.
Zu meinen drei Liebhabern war ich immer sehr herzlich und fürsorglich, und sie zu mir auch. Wir hatten immer viel Spaß, haben immer viel gelacht. Wir sprechen nicht von Liebe, manchmal gibt es eine Art Ausruf in der Richtung, weil wir im Moment soviel Freude aneinander haben. Sie sagen hübsche Dinge zu mir - daß ich wunderbar bin, schön bin, daß sie Spaß mit mir haben usw. - daß sie Sex mit mir haben wollen, mich nicht sehen und nicht an mich denken können, ohne mehr zu wollen - alles mögliche - wir lachen viel, albern herum, und sie sprechen zärtlich mit mir. Zwei von ihnen singen zärtliche Lieder. Ich fühle mich sehr wohl und geliebt und bin glücklich und möchte ihnen diese Gefühle auch geben.
Das Schlimmste, was sie mir angetan haben, alle drei, ist, daß sie mir Versprechen gemacht, aber sie nicht gehalten haben. Ich glaube, das ist so eine Konditionierung bei Männern - sie meinen, sie müßten mir was versprechen, das mir gut tut, und dabei wissen sie genau, daß es nie passieren wird. Ich habe sie in letzter Zeit darauf hingewiesen, und zunächst waren sie etwas betreten, aber dann haben sie gelacht und gemeint, ich hätte recht. Ehrlichkeit ist mir lieber als schöne falsche Versprechen.
Ich habe mal sehr an die Monogamie geglaubt. »Außereheliche Verhältnisse« habe ich erst angefangen, als meine Ehe unerträglich wurde. Wie viele? Drei feste über zwei bis vier Jahre und fünf, sechs sehr kurze jedes Jahr. Während meiner Ehe lag der Grund darin, daß ich Liebe und Fürsorge und Respekt gesucht habe. Jetzt bin ich aus einem anderen Grund nicht monogam, und zwar, weil ich verschiedene Dinge bei verschiedenen Leuten genieße. Das Resultat ist wunderbar für mich - ich hatte noch nie soviel Freude am Leben. Meine Affären haben meine Ehe nicht beeinträchtigt. Die war schon tot. Was meine Partner betrifft, weiß der eine Bescheid und macht keine Schwierigkeiten; die beiden anderen wissen, daß ich nicht monogam bin, und da sie ein bißchen besitzergreifend sind, ist ihnen nicht wohl dabei. Es hat unsere Beziehung eine Weile gestört, weil sie auch Freunde waren und böse und eifersüchtig aufeinander wurden. Da ich keine Ausschließlichkeit von ihnen erwarte, haben sie sich darauf eingestellt. Mit ihrer Freundschaft - die wohl nur oberflächlich war - ist es allerdings vorbei. Ich nehme an, sie haben jetzt das Gefühl, daß sie Konkurrenten sind. Sind sie aber nicht. Das habe ich ihnen auch gesagt.
Ich bin sicher, daß einer der Männer sehr gekränkt war, als er vom anderen erfuhr. Da ich sie beide liebte und keinen von ihnen aufgeben wollte, meinte ich erst, ich könnte es geheimhalten. Hat natürlich nicht geklappt. Es tut mir leid, daß ich ihn gekränkt habe. inzwischen hat er die Beziehung wieder aufgenommen. Da keiner von ihnen über den anderen sprechen will, glaube ich, sie wissen, daß ich sie beide liebe und mich mit beiden treffe, aber sie reden sich vielleicht ein, daß der andere von der Bildfläche verschwunden ist. Ich hoffe, dadurch entsteht nicht wieder eine schmerzliche Situation, aber ich war jetzt ehrlich und liebe sie beide gleich, also liegt es wohl nicht an mir, wenn das noch mal passiert.
Meine Liebhaber sind verheiratet und treffen sich vermutlich auch mit anderen Frauen. Mir soll's recht sein, und ich würde die Verantwortung nicht wollen, die damit verbunden ist, daß man ausschließlich ist. Das einzige Problem ist, daß wir diskret sein und die Affären geheimhalten müssen. Zum Beispiel können wir nicht mit gemeinsamen Freunden zum Essen gehen oder uns mit ihnen in einer Bar treffen. Ab und zu ärgere ich mich darüber. Aber wir finden genug Zeit und genug Orte, an denen wir öffentlich und privat unseren Spaß haben können - es ist also kein richtiges Problem.
Der Sex mit meinen Liebhabern ist wunderbar! Ich genieße es sehr. Das einzig schlimme ist, daß es bei zweien von ihnen - und das ist überhaupt meine größte Beschwerde über Männer nach ihrem Orgasmus immer abrupt endet. Zugegeben, sie bringen mich erst mehrere Male zum Orgasmus, aber eine halbe Stunde Zärtlichkeit nach dem Sex wäre doch ganz hübsch. Vielleicht ist es nicht fair, ihnen das als ständiges Vorkommnis anzukreiden. Ich war mit beiden von ihnen auch schon zwölf bis fünfzehn Stunden ununterbrochen im Bett hatte Sex mit ihnen oder habe mit ihnen rumgespielt - abrupt kann ich das wohl nicht nennen! Sie hatten ihren Orgasmus, haben sich ausgeruht und rumgespielt und dann wieder angefangen. Trotzdem hasse ich es, wenn sie abrupt aufhören. Andererseits nimmt mich mein dritter Partner fest in die Arme, und das ist schön - aber schließlich wird es mir lästig, weil ich nicht einschlafen kann.
In meiner Ehe wurde der Sex mit der Zeit eine fade Sache, die ich mied und die nur seiner Lust diente. Er benutzte Sex als Mittel zur Kontrolle - ihn zu befriedigen war meine einzige Möglichkeit, an ihn ranzukommen. Unsere Ehe war legalisierte Prostitution - das war ein Teil der Probleme, die zur Scheidung führten. Mein baldiger Exmann wollte Alleinernährer sein - mit allen Kontrollmöglichkeiten.
Meine Liebhaber sehen mich als ebenbürtig. Mein Mann hat mich immer so behandelt, als wäre ich minderwertig, wichtige Entscheidungen im Alleingang getroffen und sich als der weit Überlegene aufgespielt. Er hatte auch immer was Abschätziges über die Frauenbewegung zu sagen, und als ich vor kurzem zum Ausdruck brachte, daß ich Rechte habe, meinte er: »Ihr Emanzen seid doch alle gleich, und lesbisch seid ihr obendrein.« Der Gedanke an eine Welt, in der die Frauen gleichberechtigt sind, hat ihn offenbar in seiner Männlichkeit bedroht.
Es tut weh, wenn jemandem so wenig an einem liegt, daß es ihn nicht interessiert, wer man ist. Die Männer in meinen gegenwärtigen Beziehungen wollen wissen, wer ich bin und was ich empfinde und was in mir vorgeht. Wir sprechen die ganze Zeit über Gefühle, und deshalb liebe ich sie wohl auch und werde sie immer lieben. Es gibt einige Dinge, die sie nicht hören wollen, und wenn ein Mann bestätigt haben will, daß er der Größte ist - hat dann jemand was davon, wenn man in eine Diskussion darüber einsteigt, daß er bei dem und dem der Größte ist, bei dem und dem aber nur der Zweitgrößte usw.? Wenn das Manipulation ist, manipuliere ich vermutlich.
Ich bin jetzt »älter«, über Vierzig, und es ist ein wunderbares Gefühl, die Werte sausen zu lassen, die mir die Gesellschaft aufgezwungen hat. Ich bin reif genug, um mir mein eigenes Wertesystem zu schaffen und daran zu glauben - egal wie nonkonformistisch das die Leute finden. Jetzt, wo ich in die mittleren Jahre komme, nehme ich mir zum ersten Mal in meinem Leben die Freiheit, ich selbst zu sein. Ich mag mich endlich und habe Selbstvertrauen und interessiere mich sehr für andere Menschen. Wie ich mich selbst beschreiben würde? Warum habe ich da gleich das Gefühl, daß ich aufpassen muß, nicht angeberisch zu klingen? Okay, also ganz ehrlich... ich bin attraktiver als die meisten, körperlich toll in Form, gesund, intelligent, habe Humor, bin eine hervorragende Mutter, habe am meisten Freude daran, neue Leute kennenzulernen, habe ungeheuren Spaß am Leben, bin freundlich, nehme Anteil an den Gefühlen von anderen, kann herzlich lachen, kann ab und zu aber auch sehr niedergeschlagen sein und schließlich bin ich sehr sexy (»sinnlich< ist das bessere Wort).
»Endlich frei, endlich frei!« Mit diesem Martin-Luther-King-Zitat sind meine Gefühle am besten zusammengefaßt. Die Scheidung ist jetzt, wo sie in die letzte Runde geht, eine sehr häßliche Sache. Vor fünf Jahren habe ich viel geweint. Als die Ehe auseinanderbrach, habe ich oft mit Freundinnen gesprochen. Ich brauchte ihre Hilfe. Es hat lange gedauert, bis ich meine Entscheidung traf - ungefähr fünf Jahre . jetzt bin ich glücklicher als je zuvor. Es ist eine schmerzliche Erfahrung, und man verschwendet eine Menge Zeit und Energie mit negativen Gefühlen. Deshalb würde ich nie wieder heiraten - aber ich habe immerhin gelernt, daß ich unabhängig sein und es genießen kann. Vermutlich empfinde ich Haß gegen den Mann, von dem ich mich scheiden lasse - aber da geht es eher um Dinge, die er getan hat -, ich bin nicht sicher, ob es Haß gegen ihn als Person ist. Ich möchte bloß, daß er ein für allemal aus meinem Leben verschwindet, möchte ihn und das, was er getan hat, vergessen.
Ich habe diesen Fragebogen aus verschiedenen Gründen ausgefüllt - einmal weil es dringend nötig ist, daß Männer und Frauen irgendwie miteinander kommunizieren. Auch um viele Frauen »anzusprechen«, die in entwürdigenden, lieblosen Ehen gefangen sind. Es ist nicht leicht, da rauszukommen, aber immerhin gibt es draußen eine Welt mit einigen sehr netten Männern, und wir können es schaffen, egal wie schwierig es scheint. Wenn Frauen aus Liebe heiraten, wenn das wirklich ihre Wahl ist, dann ist es vermutlich ideal. Aber laßt uns diese Wahl haben, indem wir erst mal unabhängig und für uns allein glücklich sind. Wenn wir einen Mann nicht verzweifelt zum Überleben und zur Selbstbestätigung brauchen (»Wenn er mich okay findet, bin ich' s wohl«), können wir ihn aus all den richtigen Gründen brauchen Liebe und Freundschaft von und mit einem anderen Menschen.
Die Frauenbewegung hat mich dazu gebracht, daß ich völlig aufgehört habe, mit anderen Frauen zu konkurrieren, auf sie eifersüchtig zu sein und an ihnen herumzumäkeln. Wir sitzen alle in einem Boot und dürfen keine Zeit damit verschwenden, gegeneinander zu kämpfen.