Etwa zur gleichen Zeit wie in Europa und in den USA entstanden neue Frauenbewegungen in der »Dritten Welt«. Uns überraschte es, wie stark der Feminismus alle Kontinente ergriffen hat, da wir anfangs in vielen Ländern überhaupt keine Frauenbewegung vermutet hatten. Statt dessen stießen wir auf eine beeindruckende Vielfeit von Bewegungsprojekten.
In unserem bisherigen, punktförmigen Wissen kennen wir Frauen in der »Dritten Welt« in erster Linie als Opfer extremer und vielschichtiger Ausbeutungsverhältnisse sowie spezifischer Unterdrückungsformen, wie z.B. der Witwenverbrennung in Indien. Angesichts der Übermacht der Weltmarktkräfte und der Allgegenwart von Frauenunterdrückung erstarren sie in unserem Denken leicht zu bloßen Objekten von Bedingungen, und zugleich kapitulieren wir selbst vor der »Übermacht des Faktischen«. Kaum etwas wissen wir dagegen von den Frauen als Handelnde, die widerständig für andere Verhältnisse, für ihre Befreiung streiten.
Da wir nur Autorinnen aus den jeweiligen Ländern selbst zu Wort kommen lassen wollen, weist unsere Anthologie Lücken auf. Z.B. bedauern wir es, keinen Beitrag aus Palästina zu haben, wo die Intifada ja wesentlich von Frauen getragen wird. — Unter den Aufsätzen sind auch Berichte aus Ländern, in denen es keine Frauenbewegung gibt. Die Autorinnen antworten auf die Frage, was Bewegung verhindert, und wo Anknüpfungspunkte liegen könnten. Trotz sehr unterschiedlicher Hintergründe lassen sich doch allgemeine Voraussetzungen ausmachen, die als Boden für die Entwicklung von Frauenbewegungen gegeben sein müssen: zuerst die Möglichkeit, das Private, den Rahmen der Familie, verlassen und sich in anderen gesellschaftlichen Bereichen bewegen zu können (was in besonderer Schärfe in den islamischen Kulturen deutlich wird, in denen die Frauen keinen Ort in der Öffentlichkeit haben); dazu gehören vor allem Arbeit außerhalb des Hauses, Bildung und die Sicherheit, die Kräfte nicht in ständigem Überlebenskampf verzehren zu müssen.
Überraschend sind viele thematische Gemeinsamkeiten. Trotz großer ökonomischer, kultureller und politischer Unterschiede der Länder — untereinander und im Verhältnis zu Europa — finden wir vertraute Kämpfe wie den gegen das Abtreibungsverbot. In den verschiedenen Kontexten wandeln sich jedoch häufig Bedeutung und Form der Kämpfe, so ist z.B. die Frage der Hausarbeit vielerorts zur Dienstmädchenfrage verschoben Frauenfragen überschreiten Ländergrenzen und Kontinente noch auf anderem Wege. Internationale Organisationen wie die Weltbank und vor allem die UNO wenden sich verstärkt den Frauen in der »Dritten Welt« zu, als »Zuständige« für Bevölkerungswachstum, Gesundheit, Organisierung täglichen Überlebens und damit von Entwicklung überhaupt (vgl. Weltbevölkerungsbericht 1989). Staaten der »Dritten Welt« orientieren ihre Modernisierungsprogramme zunehmend auch an Frauen, um auf diese Weise Entwicklungshilfegelder oder Kredite zu bekommen. Das Internationale Jahr der Frau 1975 und die Frauendekade der Vereinten Nationen bewirkten, daß Untersuchungen über Lebensbedingungen von Frauen durchgeführt wurden und Frauenfragen verstärkt Eingang in Staatspolitiken fanden. Diese Internationalisierung der Frauenfragen »von oben« wird als widersprüchlich beschrieben. Präsentierprojekte oder die Verstärkung von Ungleichheit sind die Folge; aber es werden auch alte Formen von Geschlechterverhältnissen durchkreuzt und Widersprüche in Bewegung gebracht, die von Frauen genutzt werden können. Die zunehmende Verstaatlichung von Frauenfragen stellt die Frauenbewegungen auch in der »Dritten Welt« vor das Problem, wie eine feministische Politik aussehen könnte, die sich in Reformpolitik einmischt, ohne ihre revolutionäre Kraft zu verlieren.
Das Verhältnis der Frauenbewegungen zur Linken ist anders als in Europa — die Feministinnen haben überwiegend keinen Bruch mit dem Sozialismus vollzogen. Durch die Schärfe sozialer Gegensätze, die die Frauenbewegungen selber durchziehen, stellt sich die Notwendigkeit dringlicher, daß feministische Politik auch eine sozialistische sein muß. Trotz z.T. heftiger Widersprüche zur Linken, die ihre Identität über die Einsperrung der Frauen ins Private festigen kann, gibt es zugleich mehr Anknüpfungspunkte für feministische Politik innerhalb der Linken, da der Imperialismus nicht nur als ökonomische Ausbeutung erfahren wird, sondern die Kämpfe auch kulturelle Ebenen einbeziehen müssen, um z.B. der kolonialen Durchdringung des Bildungswesens Widerstandskulturen entgegensetzen zu können. Auch die Auseinandersetzungen im Feld der Religionen sind ein Kampfplatz feministischer Politik. Nicht zu übersehen ist die Notwendigkeit, daß die Frauenbewegungen alle Fragen vom feministischen Standpunkt bearbeiten und ihre Kämpfe in andere Befreiungskämpfe einbinden müssen, um eine Perspektive verwirklichen zu können, in der alle Herrschaftsverhältnisse überwunden sind.
Das Konzept der Reihe »Frauenbewegungen in der Welt« ist, daß eine Vielfalt von Positionen eines sozialistischen Feminismus vertreten ist. Diese Bandbreite erstreckt sich über die verschiedenen Länderberichte, mit einer Ausnahme: am Beispiel Mexikos werden unterschiedliche Positionen in einem Land vorgeführt. Dies entsprang einer Kontroverse um den Beitrag von Graciela Hierro, die sich an der Bedeutung des Kulturellen entzündete.
Hierro stellt im ersten Teil ihres Aufsatzes vier Frauenfiguren aus der mexikanischen Geschichte vor — eine aztekische Muttergottheit und drei historische Frauenpersönlichkeiten, die sie den Frauen in ihrem heutigen Kampf um ein neues Selbstverständnis als inspirierende und orientierende Vor-bilder vorschlägt.
Eine Position innerhalb der Redaktion war der Auffassung, daß Hierro kulturkritische Arbeit leiste, indem sie versuche, »weiblich dominierte« kulturelle Traditionen und historische Beispiele weiblicher Grenzüberschreitung aus der allgemeinen Vergessenheit zu holen, in die sie infolge einer hegemonial männlichen Geschichts- und Weltsicht geraten seien. Hierro trage damit der Notwendigkeit Rechnung, daß Frauenbefreiung auch auf der Ebene der kulturellen Bedeutungen und sinnstiftenden Symbole erkämpft werden müsse, und daß es alternativer Leitbilder und Utopien sowie der Erinnerung an ermutigende Beispiele bedürfe, um befreiend handeln zu können. Solche Wege der Agitation und Selbstvergewisserung seien um so wichtiger in einem Land, in dem der besonders unter Frauen noch weit verbreitete Analphabetismus eine ausgreifende schriftlich-theoretische Auseinandersetzung nicht zulasse.
Die andere Position lehnte den Beitrag ab (vgl. Seite 10f.). Die Kontroverse wurde in der Weise entschieden, daß dem Aufsatz von Hierro Beiträge zur Seite gestellt wurden, die andere Schwerpunkte setzen, z.B. über lokale Selbsthilfeprojekte in Elendsvierteln berichten, um so allen vertretenen Standpunkten Raum zu geben.
Eva Stäbler, Gisela Stockem
Was können Frauen von den Frauenbewegungen in Lateinamerika lernen?
Die Analysen der Frauenbewegungen in Lateinamerika unterscheiden sich in Fragestellungen und methodischer Herangehensweise und daher auch in ihrer Wahrnehmung der Ziele und Forderungen dieser Bewegungen. Auch wenn sich Frauenbewegung als Einheit darstellt und ihre Einheit betont, kann sie sich doch entweder vor allem um die Rekonstruktion der (nationalen) Geschichte der Frauenbewegung bemühen oder sich auf die allgemeinen politischen und sozialen Bedingungen, mit denen sich Frauenbewegung auseinandersetzen muß, konzentrieren oder sich vor allem als Arbeit in lokalen Frauenprojekten darstellen.
I. Zur Rekonstruktion der nationalen Geschichte der Frauenbewegung verfolgt die Mehrheit der Autorinnen die historische Organisation von Fraueninteressen durch Frauen (Uruguay: Rios; Brasilien: Sarti; Mexiko: Alvarez Casas, Lamas; Chile: Cleary) und stößt dabei auf den Einfluß des Sozialismus auf die emanzipatorische Frauenbewegung sowie die grundsätzliche Diskriminierung von Frauen, aber auch von Indios und nach Lateinamerika verschleppten Schwarzen, als sozialstrukturelle und kulturelle Folge der Kolonialherrschaft, die auf dem Papier schon im vorigen Jahrhundert zu Ende gegangen ist (die Republik Mexiko wurde 1822 gegründet, Kuba wurde als letztes Land Lateinamerikas 1898 unabhängig). Das Geschlechtsspezifische ist eine besondere Seite dieser Kolonialgeschichte. Die Eroberer waren ausschließlich Männer, deren einziges Ziel darin bestand, das Land möglichst rasch auszurauben. Lateinamerika galt den Eroberern als das »El Dorado«, das goldene Land, aus dem sie als reiche Männer zurückkehren würden. In dieser Kolonialgesellschaft sind die Rolle der Frauen als Sexualobjekte und der machismo (Männlichkeitswahn) sehr früh angelegt. Unterstellt wird die biologische und gesellschaftliche Überlegenheit des Mannes im Geschlechterverhältnis.
Die Autorinnen unterscheiden feministische Bewegung von Frauenbewegung. Dies muß erklärt werden, da die Autorinnen auf diese ihnen geläufige Unterscheidung meist gar nicht eingehen. In Lateinamerika steht Frauenbewegung als der allgemeine Begriff für Gemeinsamkeiten im Kampf um die Beseitigung gesellschaftlicher Diskriminierung von Frauen. Feministische Bewegung ist der engere Begriff für organisierte Frauen, die gemeinsam ihre Situation verändern wollen. Frauen, die sich in Frauengruppen organisieren, fühlen sich meist linken Parteien oder Gruppen verbunden oder gehören ihnen an. Die Autorinnen bestimmen mit der Unterscheidung von Frauenbewegung und feministischer Bewegung ihren Standpunkt in der Organisationsfrage; es handelt sich also nicht um die Kennzeichnung linker oder rechter »Flügel«. Jene Unterscheidung ist in der Bundesrepublik unüblich, so daß sich die Frage stellt, welcher Wirklichkeit sie entspricht und aus welchen Gründen Frauen in Lateinamerika sie treffen.
Die lateinamerikanischen Gesellschaften sind im Vergleich zur Bundesrepublik sehr viel ausgeprägter ungleich. Die Frauen teilen einerseits die Diskriminierung als Frauen, andererseits können alle übrigen Merkmale ihrer sozialen Lage verschieden sein. Frauen, die sich unter diesen Bedingungen extremer sozialer Ungleichheit organisieren, teilen immer außer der Diskriminierung als Frauen weitere Gemeinsamkeiten. In den Gruppen, die sich als Teil der feministischen Bewegung begreifen, treffen sich Frauen ähnlicher oder vergleichbarer sozialer Schicht und politischer Überzeugung. Die Diskriminierung als Frauen ist kein hinreichendes Merkmal dafür, daß sich Frauen in einer sozialen Bewegung organisieren. Feministische Gruppen scheinen häufig eher von Frauen gegründet worden zu sein, die zu den relativ Privilegierten gehören — Frauen, die schon über eine gewisse Unabhängigkeit oder Selbständigkeit verfügen oder die gelernt haben, nicht zu gehorchen.
Ein methodisch ganz anderer Weg zur Rekonstruktion der Geschichte ist, die Geschichte einzelner Frauenpersönlichkeiten nachzuzeichnen. In diesem Band steht hierfür die Arbeit von Hierro. Im Vordergrund des Interesses von Hierro ist, allgemeine, zeitlose Vor- und Leitbilder zu schaffen, mit denen sich alle Frauen Mexikos identifizieren können. Als »weibliche Spiegelbilder für die mexikanische Frau von heute« wählt Hierro drei Frauenfiguren aus: die »große Mutter«, die als Göttin verehrt wurde (die aztekische Göttin Coatlicue), die Dichterin, die als Nonne lebte (Sor Juana In6s de la Cruz, die im 17. Jahrhundert lebte) und die Malerin Frida Kahlo, die vor allem in den USA und Europa der Frauenbewegung bekannt wurde. Die große Bedeutung der Mutterrolle für mexikanische Frauen erklärt Hierro beispielsweise aus der Rolle als »Erbinnen einer Göttin« oder der Abstammung aus einer verdrängten »weiblich-aztekischen Kultur« im Unterschied zu einer »spanischmännlichen Kultur«. Dieser Versuch der Rekonstruktion der Geschichte aus der Sicht von Frauen ist m.E. ideologisch, weil die Geschichte auf die Geschichte von großen Persönlichkeiten reduziert wird, deren exemplarische Rolle für alle mexikanischen Frauen nicht überzeugt. Gleichzeitig ist die Methode von Hierro, Geschichte als Geschichte von Ideen, die sich vererben, zu interpretieren, wenig überzeugend angesichts des Tatbestandes, daß das Wissen um aztekische Gottheiten etc. heute in Mexiko nur in Teilen der Gesellschaft verbreitet — bei großen Teilen, die keine Schulen besucht haben, aber völlig unbekannt ist. Ganz abgesehen von dieser Kritik an den Frauenfiguren, die Hierro ausgewählt hat, erscheint es fraglich, ob überhaupt die Identifikation mit Leitbildern ein Schritt zur Emanzipation und zur Entwicklung einer eigenen Identität sein kann.
Der Identifikationsbegriff hat in nationalen Bewegungen immer eine große Rolle gespielt, weil er über objektive ökonomische und soziale Interessenunterschiede hinwegtäuschen kann. Wenn das Problem der feministischen oder Frauenbewegung darin gesehen wird, daß feministische Gruppen sich eher als geschlossene Gruppen darstellen, dann kann das Identifikationsproblem tatsächlich als ein Thema aufgegriffen werden, das feministische Gruppen auch für unbeteiligte, fernstehende Frauen attraktiv machen kann. Diese Strategie, Frauen für die Frauenbewegung oder feministische Bewegung zu gewinnen, ist aber eine ganz andere als die der aktiven Solidarität, wie sie z.B. in Selbsthilfegruppen von Frauen geübt und gelernt wird.
II. Die zweite Gruppe von Arbeiten beschäftigt sich mit den sozialen Tatbeständen, mit denen sich Frauenbewegungen in Lateinamerika, aber nicht nur dort, auseinandersetzen müssen. In allen Beiträgen aus Lateinamerika wird der machismo als zentrales Problem einer sozialen Bewegung von Frauen betont. Doch die Infragestellung des machismo in der Praxis scheint schwer erreichbar zu sein, weil diese Einstellung auch unter Männern, mit denen Frauen sonst gut zusammenarbeiten, verbreitet ist und weil Frauen auch bei sich selbst z.T. Spuren dieser Ideologie entdecken. Das wird an vielen Textstellen deutlich: wenn Frauen sich in eigenen Produktionsgenossenschaften zusammenschließen (Alvarez Casas; Moctezuma Torre) oder wenn sich Frauen in Gruppen organisieren, um für mehr Demokratie zu kämpfen (Cleary; Danziger; Sarti; Rios). Der zweite Tatbestand, mit dem sich Frauenbewegungen in vielen lateinamerikanischen Ländern auseinandersetzen müssen, sind Militärdiktaturen. In den Beiträgen wird deutlich, daß eine Mehrheit der Frauen, die sich der Frauenbewegung zurechnet, sich auch als Teil der politischen Linken fühlt. Frauen sind aktive Mitglieder in Oppositionsbewegungen und Widerstandsgruppen z.B. in Argentinien, Brasilien, Uruguay und heute vor allem in Chile. In Mexiko, einem Land ohne die Tradition von Militärdiktaturen, aber mit einer stark autoritären Innenpolitik, ist eine gemeinsame Forderung der verschiedenen linken Frauenorganisationen, den Kampf um mehr Demokratie und gegen Wahlbetrug zu unterstützen. Die dritte Gemeinsamkeit der lateinamerikanischen Frauenbewegungen ist die Auseinandersetzung mit der Mutterrolle. Um Frauen als Gebärerinnen und Erzieherinnen der Kinder rankt sich auf der einen Seite ein besonderer Mythos, andererseits werden Frauen in ihren Entfaltungsmöglichkeiten beschränkt. Medina Rios sieht historische Parallelen zur europäischen Entwicklung. Cleary zeigt in ihrem Beitrag, daß gerade die Mutterrolle und ihre Verherrlichung ein wichtiges strategisches Instrument der autoritären, konservativen Familienpolitik ist, und daß unter dem Vorzeichen der Mutterrolle sogar ein staatlich organisierter Jubelverband für Pinochet fungiert.
III. Einige Beiträge befassen sich mit der Arbeit von Frauen in lokalen Selbsthilfeprojekten (Moctezuma Torre; Ahumada), die ursprünglich keine frauenspezifischen Fragestellungen verfolgten. Im Laufe der Zeit erkannten die beteiligten Frauen, daß sie ihre traditionellen Rollen in Frage stellen müssen, wenn sie etwas verändern wollen, und daß sie neue Rollen für Frauen zuerst in praktischen Auseinandersetzungen entwickeln und erlernen müssen. Diese Berichte können vielleicht etwas zur Diskussion über die Rolle von Intellektuellen in der Frauenbewegung beitragen.
Eine mögliche Antwort auf die Frage, was wir von den Frauenbewegungen in Lateinamerika und in der »Dritten Welt« lernen können, ist, sinnvolle Fragen zu formulieren und sie künftig weiter zu verfolgen:
Wie gelingt es armen Frauen auf dem Land, die keine Vorbildung haben und in der Situation sind, nur das Überleben sichern zu wollen, daß sie trotzdem versuchen, sich von der patriarchalen Bevormundung zu emanzipieren, ohne überhaupt den Willen oder die Chance zu haben, ihre Familien verlassen zu können? Welche Widerstände erleben sie? Welche Unterstützung müssen sie bekommen?
Welche Dimensionen von Hilfe zur Selbsthilfe kommen in Projekten der Bewohnerinnen von städtischen Elendsvierteln zum Vorschein? Welche Rolle spielen Intellektuelle und Außenstehende in diesen Prozessen und welche Voraussetzungen müssen sie mitbringen und auf was müssen sie verzichten können, wenn sie in solchen Gruppen arbeiten? Welcher Wissenschaftsbegriff spielt hier überhaupt eine Rolle? Was sind die Mindestvoraussetzungen, um in diesem Rahmen glaubwürdig zu handeln?
Ist die Bewahrung bzw. Rekonstruktion von Kultur und Sprache, die während der Kolonialzeit zerstört wurden und weitgehend in Vergessenheit gerieten, überhaupt möglich? Welche methodischen Wege könnten beschritten werden? Wer hat Interesse an diesen Fragen?
Frauen klagen in Chile und Argentinien öffentlich die Militärs an, ihre Familienangehörigen verschleppt oder ermordet zu haben. Woher nehmen diese Frauen den Mut?
Diese Fragen sind auch für die Frauenbewegung in der Bundesrepublik relevant, wenn sie entsprechend »übersetzt« werden.
Gisela Hänel-Ossorio