Eduard III

2. Kapitel

Die unseligen Zustände in Frankreich kamen Eduard III. sehr gelegen. Er brauchte Geld, das heißt Land, das seinen Finanzen aufzuhelfen vermochte. Die sieben Jahre des Waffenstillstands waren noch nicht abgelaufen, als er von Johann die englischen Besitzungen im Südwesten Frankreichs, die noch in vollem Reichtum prangten, nicht mehr als Lehen, sondern als Eigentum der englischen Krone verlangte.
Wie war das? Hatte man recht gehört? Ein Lehensmann, der seinem Lehensherrn die Treue kündigte? Jetzt würde der Krieg erst recht beginnen! Doch mußte Johann sich in seiner Bedrängnis bequemen, die Stände Nordfrankreichs einzuberufen, damit sie den bevorstehenden Krieg finanzierten. Und was taten diese bürgerlichen Leute? Sie diktierten dem König, dem Gekrönten, dem Gesalbten, dem Ritter aller Ritter, ihre Bedingungen!
Es ist nicht schwer, sich Johanns Gesicht vorzustellen, das vor Verblüffung bestimmt nicht geistreicher erschien als zu gewöhnlichen Zeiten. Da saß er auf erhöhtem Thron unter dem Baldachin mit den Lilien, die Krone auf dem Kopf, in langem Gewand, darüber den Hermelinmantel und das Zepter in den Händen. Die Schar der weltlichen und kirchlichen Fürsten, die Professoren und Juristen thronten zur Rechten und zur Linken, ein Bild so schön und farbig, wie fleißige Mönche es in Stundenbüchern zu malen pflegten, und da erklärte sich ein Tuchweber, ein gewisser Etienne Marcel, Prevot der Pariser Kauf leute, in aller Selbstverständlichkeit bereit, Städte und Gemeinden zu veranlassen, Steuern zu erheben, um das nötige Heer aufzustellen: aber seine Bedingung lautete: der König muß ständigen Abgeordneten des Volkes die Überwachung der Verwendung der Gelder gestatten.
Der kluge, fähige Etienne Marcel mußte stehend mit dem König und seinen Höflingen, die in einer unwirklichen Welt lebten, verhandeln, und um ihn drängten sich auf engem Raum die besten Bürger, auch sie stehend wie die Dienerschaft zu stehen pflegte: die Meister der Lohgerber, der Waffenschmiede, der Leinen- und Seidenweber, der Sattler, der Möbelschreiner, die Goldschmiede, die versammelte Macht des Geldes, die Macht der guten fran2ösischen Vernunft, die Macht der Städte.
Das Volk stellte Bedingungen!
Der König durfte nicht das Staatsschwert ergreifen, das der Connetable von Frankreich entblößt auf beiden Händen trug, um dreinzuschlagen, er mußte sich diesen bürgerlichen (Kerlen) fügen. Aber die Guten, sie schufen ihm in diesem Jahr 1355 ein Heer, das größte, das Frankreich je besessen: sechzigtausend wohlausgerüstete Männer, befehligt von der jungen Rittergeneration, und er, König Johann, ritt mit seinen Söhnen, Fürsten und Herzögen, Grafen und Baronen, ein jeder munter und siegesbewußt wie Sankt Georg, selig durch die einst so blühende Gegend von Blois. Nichts hatte die neue Zeit sie gelehrt. Crecy war vergessen.
Wie in der guten alten Ritterzeit, von der sie nicht lassen wollten, flatterten die Liebeszeichen der Damen von der Helmzier oder vom Sattelknauf. Die Wappen verkündeten die gleichen Namen, die schon vor fünfhundert Jahren den wilden Nordmannen entgegen gezogen waren, die gleichen Namen derer, die vor Jerusalem gekämpft hatten, die gleichen jener Ritter, die den Vettern von jenseits der Narrow Seas den französischen Boden verwehrt hatten. Schön würde der Kampf sein, wie früher, so jetzt.
Was tat es, daß geschwärzte Hütten ohne Dach und verwahrloste Felder um sie waren? Das Bauernvolk sollte froh sein, daß es so tapfere Herren hatte.
In England hatte Eduard III. inzwischen beschlossen, drei Armeen aufzustellen, die zugleich in der Normandie, in der Bretagne und in der Guyenne, dem alten englischen Besitz, Fuß fassen sollten, aber die Zeit war zu rasch entflohen und die geplanten Heere noch nicht bis zum letzten ausgerüstet. In Frankreich sei man indessen bereit, so hieß es.
Da wurde Eduard, der Prince of Wales, mit dem Übernamen der Schwarze Prinz, der gefeierte Held von Crecy, eilends mit achttausend Mann über den Kanal gesandt, um in der Guyenne zu halten, was er halten konnte.
Johanns kriegsbereites Heer war begierig, über die Engländer, deren Stärke oder Schwäche man nicht kannte, herzufallen, aber man wußte nicht einmal, wo sie standen. Kundschafter waren nutzlos, die kamen nicht weit, die Männer fanden unterwegs keine Nahrung, wurden von Marodeuren ausgeraubt und totgeschlagen. Nur so viel erfuhr man im französischen Hauptquartier, daß der Schwarze Prinz der Loire entgegenziehe und, wie es schien, geradenwegs auf Paris ziele.
So zog Johann an der Spitze des Heeres in Eilmärschen dem Prinzen entgegen.
Entsetzen packte den jungen Kriegsmann, den (Helden von Crecy >, wie die Welt ihn nannte, als Bauern und Landstreicher von der unübersehbaren Menge der Franzosen erzählten. Die Schlacht zu wagen, würde Selbstmord sein; man mußte sich schnellstens auf Poitiers zurückziehen. Doches war schon zu spät; sechzigtausend Franzosen verlegten ihm den Weg. Der Prince of Wales verlor den Kopf nicht; er war trotz seiner sechsundzwanzig Jahre ein genialer Stratege und wußte zu improvisieren. Hier bei Poitiers war sein Schicksalstag, an diesem 19. September 1356.
Eduard zog sich auf ein Terrain zurück, das über den Feldern bei Maupertuis lag. Rechts und links eines tief eingeschnittenen Weges erhoben sich Rebhügel, von dichten Hecken umzäunt, die etwas Schutz boten. Aber seine Lage erschien trotzdem so hoffnungslos, daß er den König Johann um freien Abzug bat; er, der Schwarze Prinz, werde ihm dagegen die Gefangenen, die er in eroberten Plätzen gemacht hatte, zurückgeben, und in des Königs Hand schwören, sieben Jahre lang das Schwert nicht gegen ihn zu führen.
Mit Spott- und Schimpfreden wurde der Unterhändler zurückgeschickt. Jetzt einen Waffenstillstand schließen, wo man die Engländer sicher in der Hand hielt? Keiner ihrer achttausend sollte entrinnen.
Eduard hatte seine Bogenschützen hinter den Hecken rechts und links des tief eingeschnittenen Weges, Mann für Mann, verborgen. Als nun dreihundert französische Ritter sich anschickten, den schmalen Weg aufwärts zu galoppieren, schwirrte eine solche Masse von Pfeilen hervor, daß sie <wie ein waagrecht geschwungenes Schwert) die Ritter niedermähte. Im Handumdrehen war der schmale Weg von Pferden- und Menschenleichen, von Verwundeten und um sich schlagenden Tieren verstopft; dem nachdrängenden Fußvolk wurde ein gleiches Schicksal bereitet; die nun eingesetzte Hauptmacht geriet schon am Fuße der Weinberge unter den furchtbaren Pfeilregen; sie wich zurück, wurde von neuem vorgeschickt; in das panische Durcheinander ließ der Schwarze Prinz eine Abteilung Ritter zu Roß, gedeckt von der Hecke, den Weinberg hinunterjagen und in die französische Flanke einbrechen, der Prinz selber stürzte sich mit todesverachtender Kühnheit an der Spitze seines Fußvolkes und einem Harst von Rittern auf die Front des Feindes. In dem Chaos, das die Bogenschützen mit der schier nie versiegenden Flut ihrer Pfeile schufen, wurden Johann von Frankreich und sein jüngster Sohn Philipp, der ihn mit seinem Leibe im Kampf gedeckt hatte, gefangen genommen.
Tausende lagen erschlagen auf dem Feld und in dem engen Weg, Zehntausende flohen vor dem Schwarzen Prinzen, der mit dem Teufel im Bunde sein mußte.
Die Schlacht von Poitiers war zu einem Sieg geworden, der an ein Wunder grenzte. Der Prince of Wales kehrte im Herbst 1356 nach England zurück, das ihm einen frenetischen Empfang bereitete. Er zog dahin in seiner berühmten schwarzen Rüstung, und hinter ihm ritten, in allen Ehren, der gefangene König, Johann II. von Frankreich, und sein vierzehnjähriger Sohn Philipp, dann folgten, von der englischen Ritterschaft umgeben, die Herren des französischen Adels, deren Reichtum man von ihrer und ihrer Gefolgschaft kostbarer Ausrüstung ablesen konnte. Die Lösegelder für die Gefangenen würden den englischen Staatsschatz e rfreulich auffüllen.
Einer der wichtigsten Chronisten der Zeit, Jean Froissart, war als junger Mann der Schützling der Mutter des Schwarzen Prinzen. Wenn er auch während des festlichen Winters 1356-57 noch nicht in London war - er kam ein Jahr später an den englischen Hof -, so darf man doch seinen lebhaften Schilderungen anderer höfischer Festzeiten, denen er später zusah, entnehmen, wie es in London zuging, als der Black Prince und seine fürstlichen Gefangenen gefeiert wurden.
Im White Tower, dem Königsschloß im Towerareal, das die Könige im Winter gern zum Aufenthalt erwählten, wo auch König Johann von Frankreich einquartiert wurde, genossen der Prince of Wales und seine jungen Gefährten, aber auch die gefangenen französischen Herren das bequeme Friedensleben in all seiner Eleganz und Fröhlichkeit.
Zu Ende war das Schlafen in Zelten, in Bauernhütten oder auf der bloßen Erde. Zu Ende das Leben ohne zarte und gepflegte Frauen. Jetzt durfte man sich in den breiten Betten aufweichen Kissen ausruhen, von Pagen bedient; im Kamin brannte das Feuer, und helle Fackeln warfen ihren Schein auf die Wandteppiche und den Goldpokal mit dem Schlummer-trunk.
Und waren die Pagen gegangen, so führten die vertrauten Diener Nacht um Nacht hübsche Frauen und Mädchen aus dem Bürgerstand herein, die sich drängten, die Herren für die lange Zeit des Kriegslebens zu entschädigen.
Am Tage waren es die adligen Damen, die mit den Herren am Schachbrett saßen und dabei zärtliche Worte flüsterten; oder sie sangen zur Laute die alten geliebten Lieder vom Mai, vom Frühling und der Liebe.
Am Abend führten die Herren in ihren langschnabligen Sammetschuhen die Damen mit preziösen Schritten zur Tafel oder zum Tanz, mehr noch als die Frauen mit Juwelen beladen, die geschickte Händler aus Indien, Persien und Arabien nach Venedig verschifften und von dort nordwärts über die Berge bis in die flandrischen Städte brachten. Tagsüber wurden Turniere abgehalten, oder die Herren übten sich nach der neuen Mode im <jeu de la courte paume>. Die italienischen Gäste nannten es <giucco de la corda> und behaupteten, bei ihnen habe man es erfunden. <Tennis > sei auf der Insel noch ein neues Spiel.
Aber der Prince of Wales hatte das Spiel verfeinert, weil er schon vor Jahren feste, harte Rasenflächen hatte anlegen lassen, seine <lawns>, schön geebnet von stampfenden Füßen. Auf ihnen konnte man vom frühen Frühling an im Freien Tennis spielen, in der Sonne, und nicht mehr im düsteren, geschlossenen Tenniscourt.
Freund und Feind führten ein fröhliches, unbekümmertes Leben.
Daß sich jenseits der Narrow Seas das Volk wütend zusammenrottete, weil es für die Auslösung des Königs, seines jungen Sohnes und eines jeden der <Seigneurs> seine letzten Batzen zusammenscharren mußte, das bekümmerte die französischen Herren wenig.
In den Städten Frankreichs wollte sich die Empörung über die Niederlage bei Poitiers nicht legen. Der Regent, der für Johann II. eingesprungen war, sein Sohn Karl, der erste Dauphin, hatte einen schweren Stand. Er war ein liebenswerter, kluger und vom besten Willen beseelter Fürst, aber gegen die entfesselte Wut der Städter und der Bauern fühlte er sich machtlos, war er doch nicht der Mann, um das Volk mit erbarmungsloser Härte zur Unterwerfung zu zwingen.
In diesem Herbst 1356, als in London ein Fest das andere an Pracht und verschwenderischer Üppigkeit übertraf, rotteten sich die Städter zusammen. Etienne Marcel, der Sprecher des Volkes, und der Bischof von Laon beriefen eine Ständeversammlung von achthundert Männern ein und verlangten den vom König versprochenen Anteil an der Regierung.
Nein, sagte Karl, der Regent, denn das bedeute eine gefährliche. Schwächung des Königtums; man nutze seines Vaters Notlage aus. Der Dauphin Karl war bei aller Klugheit nicht geneigt, die Autokratie der Krone mit Tuchmachern und Ackerbauern zu teilen. Er befahl den Bürgern, nach Hause zu gehen und baldigst das Lösegeld für den König und die Seinen - eine Summe, die weder in den Kronländern noch in Paris aufzutreiben war — abzuliefern.
Da brach ein Tumult aus. Zwei Räte des Königs wurden vor Karls Augen erschlagen. Unter drohendem Gebrüll setzte man dem Dauphin die blau-rote Mütze der Pariser auf den Kopf und führte ihn als Gefangenen des Volkes davon.
Um diese Zeit war in Nordfrankreich ein Bauernaufstand ausgebrochen, die Jacquerie. Die entfesselte Bauernschaft fiel über die Schlösser des Adels her, dieses Standes, der sie aussog und verachtete und der nicht einmal zu siegen wußte.
Jetzt verödeten auch die Äcker, Wiesen, Wälder und Weinberge der Seigneurs; ihr Vieh wurde geschlachtet und die adligen Jagd- und Fischereirechte, auf deren Übertretung durch die Bauern bisher die Todesstrafe gestanden, wurden furchtlos mißachtet.
Hungersnot und Chaos dehnten sich bis zu den Städten aus, sogar sie schienen im Strudel der allgemeinen Auflösung untergehen zu sollen. In dieser Zeit wandte sich die Aufmerksamkeit der Abgeordneten und Gildenführer vom Regenten, ihrem Gefangenen, ab, um die eigenen Landgüter außerhalb der Tore vor der Vernichtung durch die Bauern mit Waffengewalt zu schützen.
Karl gelang es, in der allgemeinen Unordnung zu entfliehen, und der Adel, der über die verwilderten Volksmassen, wie über die aufsässigen Städter herfiel, schlug den Aufstand in blutiger Grausamkeit nieder.
Auch Marcel, eine starke Persönlichkeit, die das knarrende Rad der Zeit gewaltsam hatte drehen wollen, wurde im Kampf getötet. Karl, der Dauphin, kehrte 1358 nach Paris zurück; über die Mitregierung der Stände wagte niemand mehr zu sprechen.
Doch war Karl voll guten Willens, die Wunden des Volkes zu heilen; er befahl, es solle Korn zur Saat verteilt und Vieh von den königlichen Domänen den Bauern überlassen werden. Aber ehe die Hilfe wirksam werden konnte, schlug das Verhängnis von neuem zu.
1359 landete Eduard III. zu seinem langgeplanten Kriegszug in der Normandie. Er fand sich einem verödeten Land gegenüber.
«Die Hungersnot ist unsere beste Verteidigung», sagte Karl seufzend, «die Engländer werden nichts für ihre Truppen finden, keine Nahrung und keinen Feind.»
So war es. Da bot Eduard III. von den Schiffen aus dem Dauphin Karl den Frieden an.
Im Mai 1360 wurde der Friede von Bretigny, <in Gottes Namen >, unterzeichnet, doch der himmlische Segen fehlte diesem Vertrag, nur neue Kriegslust wurde gestiftet.
Eduard III. nahm die früheren Lehen, Guyenne, Gascogne und Poitou, endgültig in eigenen Besitz, ebenso Guines und Calais im Norden des Landes. Am Lösegeld für den gefangenen König Johann II. wurde festgehalten, obgleich beide Partner wußten, daß die französischen Städte und die Landbevölkerung durch die Auszahlung der Riesensumme vollends verelenden mußten. Aber, großes Lösegeld, große Ehr!
Als Gegenleistung verzichtete Eduard III. auf seine Ansprüche auf die französische Krone, auf die Lehenshoheit über Flandern, das er ohnehin dank der engen Handelsbeziehungen so gut wie <besaß>, auf die Normandie, Anjou und die Touraine - wie er im stillen gedacht haben wird: bis auf weiteres.
König Johann und sein Sohn Philipp wurden gegen den alten Ritterschwur, in die Gefangenschaft zurückzukehren, falls das Volk ihr Lösegeld nicht aufbringe, aus dem Towerpalast nach Frankreich entlassen.
Gleich nach seiner Heimkehr in ein Land, das ihm in seiner Armseligkeit gar nicht gefiel, beging Johann den größten Fehler seiner Regierung, der die schwersten Konflikte nach sich ziehen sollte. Er verschenkte Burgund, das soeben an die Krone zurückgefallen war, an seinen geliebten Sohn Philipp, der ihn so tapfer verteidigt und die Gefangenschaft mit ihm geteilt hatte.
Welch eine Bereicherung wäre das große, reiche Burgund für das verarmte Frankreich gewesen. Jetzt war eine Art zweites Königreich innerhalb der französischen Grenzen entstanden. 1363 bestieg der einundzwanzigjährige Philipp, <Le Hardb genannt, den burgundischen Thron.
Dem neuen Herzog von Burgund, der einer der reichsten Fürsten der Christenheit war, wurde es nicht schwer, sein Lösegeld aufzubringen, aber die übrigen Adligen, die mit König Johann entlassen worden waren, hatten Mühe, ihre Schuld aus den Bauern herauszupressen; sie waren ja erst jetzt, nach jahrelanger Gefangenschaft, heimgekehrt. <Les tard venus< wurden sie genannt, die Spätheimkehrer.
Viele fanden ihre Burgen zerstört, ihre Felder, Dörfer und Wälder von der Jacquerie vernichtet. Einst hatten sie ihre Bauern spöttisch (Jacques Bonhommo genannt und die Armen, kaum bewaffnet, mit auf die Schlachtfelder geschleppt. Nun hatten sich die >Jacques< gerächt. Aber wenn die Bauern Rache zu nehmen wußten, wieviel mehr die Herren! So schlössen sich viele besitzlose Ritter den Scharen arbeitsloser, plündernder Söldner an; sie wurden deren Führer, durchzogen raubend und mordend das Land, vernichteten Bauernhöfe und ganze Städte und lauerten den Kaufmannszügen auf, die,über die große linksrheinische Straße von Süden kommend, nach Flandern zogen.
Johann II hatte Grund, von seinem verarmten Hof und dem jämmerlichen Zustand seines Landes enttäuscht zu sein. Immer noch herrschte Hungersnot, und die Pest brach von neuem aus. Der Hof stob auseinander, um der Gefahr der Ansteckung bei Johanns Riesenfesten zu entgehen. Ein höchst langweiliges Leben! So benutzte der König die Aussichtslosigkeit, das Lösegeld aufzubringen, um, seinem Schwur getreu, nach London zurückzukehren.
Dort wohnte er nun wieder im White Tower und konnte sein fröhliches Leben fortsetzen, aber nur drei Monate noch durfte er sich seiner vergnüglichen Gefangenschaft freuen, dann nahm der Tod ihn mit, einen Phantasten und weltfremden Mann, aber was schwerer wog, einen König ohne Herz für sein Volk. Eine Kostbarkeit hinterließ er jedoch dem französischen Reich: seinen Sohn Karl, einen der weisesten und besten Herrscher, die Frankreich besitzen sollte.