Initiativen für ausländische Frauen (und Männer)

Für eine Zusammenarbeit mit ausländischen Frauen
Kooperationsversuche der DFI-Hamburg mit ausländischen
Frauengruppen

»Probleme der Frauen gibt es in der ganzen Welt«, sagte uns kürzlich Maria, eine Portugiesin, Mitglied der Portugiesischen Frauenbewegung (MDM) in der Bundesrepublik. Sie meinte damit, daß die Frauen überall um ihre Gleichberechtigung noch kämpfen müssen, und daß sie dort, wo sie aus verschiedenen Ländern zusammenkommen, deshalb zusammen kämpfen sollten.

In der Bundesrepublik leben hunderttausende ausländischer Arbeiter mit ihren Familien. Sie kamen in Zeiten, als wir auf ihre Mitarbeit zur Erhaltung unseres Wohlstandes angewiesen waren. Heute, in den Zeiten der wirtschaftlichen Krise, will man sie wieder loswerden. Die Behörden entziehen ihnen immer häufiger die Arbeitserlaubnis und unternehmen weniger als zuvor, den Ausländern, die bei uns leben, gleiche Rechte zu gewähren.
Wie ist ihre Lage?
Sie leben unter den unwürdigsten Bedingungen in Wohnungen, die keiner von uns freiwillig akzeptieren würde, bei maximaler Ausbeutung durch die Hausbesitzer. Vor etwa einem Jahr gab es einen Brand in einem kleinen Wohnhaus in Hamburg-Eimsbüttel, bei dem sieben Menschen ums Leben kamen. In dem Haus lebten 54 Ausländer -z.T. illegal- auf engstem Raum; keiner hätte bei normaler Belegung umkommen müssen.
Ausländer bekommen im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen weniger Lohn für gleichwertige Arbeit, am wenigsten die Frauen unter ihnen, die auch am ehesten arbeitslos werden. So waren z.B. kürzlich 90% der geplanten Entlassungen der Hamburger Firma Valvo Frauen, die meisten unter ihnen Ausländerinnen.
Hinzu kommt, daß ihren Kindern weniger Kindergartenplätze zur Verfügung stehen. In deutschen Schulen gibt es kaum Lehrer, die Ausländerkinder in der Landessprache unterrichten können. Die Befürchtung der Eltern ist groß, daß die Kinder ihnen und dem Heimatland entfremdet werden. Dabei ist die Situation der Ausländer, vor allem der Frauen doppelt schlimm. Die wenigsten kamen freiwillig. War es bei den Familien aus westeuropäischen Ländern die ökonomische Situation, die sie zwang, ihre Heimat zu verlassen, so ist es bei vielen südamerikanischen und mittelasiatischen Menschen die politische Situation im eigenen Land, die ihnen auferlegt, fern der Heimat zu leben. Sie kommen in ein Land, von dem sie erwarten, es besser zu haben - und leben hier im Abseits, unter entwürdigenden Bedingungen, in ungesicherter Position und unter ständiger Diskriminierung. Darunter leiden vor allem die Frauen und die Kinder.
Eine Chilenin berichtete uns: »Wir kamen hierher, weil wir unser Land verlassen mußten. Wenn ihr uns fragt, ob wir uns in eurem Land eingelebt haben, so lautet unsere Antwort: das ist sehr schwer. Es geht uns so, daß in Chile alles schöner ist als hier, das Land, die Menschen, die Arbeit, trotz der politischen Situation, die bei uns herrscht.«
Die portugiesischen Frauen berichteten uns über die Landreform in ihrem Land. Wir erfuhren, daß die Frauen in Portugal einen großen Anteil an der Landreform haben; in weiten Teilen wird sie fast ganz von ihnen getragen, da die Männer gezwungen sind, in der Industrie zu arbeiten. In der Bundesrepublik kämpfen diese Frauen weiter. Die Portugiesinnen vor allem für die Verbesserung der Schulsituation ihrer Kinder. Sie wollen, daß sie gleiche Rechte haben und ihr kulturelles Erbe des Heimatlandes behalten. Sie kämpfen gegen Rassismus und Neokolonialismus. Die Chileninnen sind, wie die Frauen im eigenen Land, auch in der Bundesrepublik hervorragende Träger des antifaschistischen Widerstandes. Kürzlich reisten fünf chilenische Frauen, Angehörige von Verschwundenen, durch unser Land, um auf die gegenwärtige Situation in Chile aufmerksam zu machen.
Frauen in Chile und im Ausland waren Organisatoren und Träger des weltweiten Hungerstreiks.
Die Arbeit der Demokratischen Fraueninitiative (DFI) Hamburg war bisher bestimmt von diesen Aktivitäten der Ausländerinnen selbst. Wir haben z.B. Gruppenabende organisiert, bei denen die Frauen über die Situation ihres Landes und ihre Lage in der Bundesrepublik berichteten. Durch diese Kontakte ergab sich für uns ganz selbstverständlich, die Frauen zu unterstützen. So haben wir z. B. Briefe an die UNO und das Pinochet-Regime verfaßt, die dieses Regime im Rahmen der weltweiten Aktionen zwingen sollten, Auskünfte über die verschwundenen Chilenen zu erteilen. Wir haben uns in einigen Fällen direkt an die betroffenen Frauen gewandt, um sie unserer Solidarität zu versichern. Den Hungerstreik der Chilenen im Hamburger Gewerkschaftshaus, vom DGB mit organisiert, haben wir mit einem Solidaritätsschreiben unterstützt. Darüber hinaus haben wir uns bei verschiedensten Aktivitäten gegenseitig geholfen.
Den engsten Kontakt hatten wir bisher zu den portugiesischen Frauen, deren Arbeit unserer am ähnlichsten ist. Das Ziel der MDM ist es, den Frauen im eigenen Land und in der Bundesrepublik ihre Lage bewußt zu machen. Auf einem Fest, das die Portugiesinnen veranstalteten, um die Frauen und deren Familien mit den Zielen des MDM vertraut zu machen, haben wir selbst einen Infostand gemacht, der über die Situation der Ausländer in Hamburg und über die portugiesische Landreform informierte. Der Abend war auch der Solidarität mit dieser Landreform gewidmet: es konnten DM 500,- gesammelt und an eine Kooperative überwiesen werden. An diesem Abend wurden uns aber auch die Probleme bewußt, die unsere gemeinsame Arbeit mit ausländischen Gruppen beinhalten. Wir mußten erkennen, daß wir uns zwar mit der Vorbereitung von Veranstaltungen, gemeinsamen Infoständen und Solidaritätsaktionen unterstützen können. Zu einem dauerhaften, kontinuierlichen und vor allem persönlichen Kontakt mit den ausländischen Familien ist es aber bisher nicht gekommen. Ein großes Hemmnis ist dabei das Sprachproblem. Die Mehrzahl der ausländischen Frauen und deren Familien sprechen nur die Landessprache. Es ist für die Frauengruppen der Ausländer auch nicht leicht, ihre eigenen Landsleute, vor allem die Frauen, zu aktivieren und für politische Dinge zu interessieren.
Viele dieser Frauen sind nicht berufstätig und leben in strenger Isolation, der einzige Kontakt geschieht durch die Kinder. Die Familien haben auch untereinander nicht sehr viel Kontakt, da sie z.B. in Hamburg weit auseinander leben und es schwierig ist, sie alle zu erreichen. Das macht andererseits deutlich, wie wichtig es ist, die ausländischen Frauengruppen auch bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Vielfach scheitert die Solidarität auch daran, daß man versucht, Ausländer und uns gegeneinander auszuspielen, um zu verhindern, daß eine gemeinsame Solidarität im Kampf um höhere Löhne und Gleichberechtigung entsteht.

Bisher hatten wir vorwiegend Kontakt zu den genannten Frauengruppen. Einen erheblich höheren Anteil an der Ausländerbevölkerung aber stellen die Türken, Griechen und Italiener. Hier wäre es wichtig, Kontakte herzustellen und auszubauen. Vor allem in letzter Zeit hat sich sehr deutlich gezeigt, daß gerade die Ausländerinnen mehr und mehr Anteil an der fortschrittlichen Bewegung sowohl in ihrem eigenen Land als auch bei uns haben. Zum Beispiel setzen sich die Türkinnen sehr gezielt für die Verbesserung der Bildungssituation ihrer Kinder ein. Zur Zeit stehen wir in der Vorbereitung des Internationalen Jahres des Kindes. Die Probleme unserer Kinder und die der Ausländerkinder betreffen uns gleichermaßen. Deshalb haben wir einen Arbeitskreis gegründet, in dem je eine Vertreterin aller Ausländergruppen vertreten ist und mit dem wir im Jahr des Kindes gemeinsame Aktionen planen können. Dadurch erhoffen wir uns eine regelmäßige kontinuierliche Zusammenarbeit und vor allem die Entwicklung persönlicher Kontakte mit den Familien. Die Kinder brauchen keine Sprache, um miteinander zu spielen.

Sie lassen sich nicht mehr einfach »wegschmeißen«
Beratung mit ausländischen Frauen

Im Kalkül von Industriekonzernen erscheinen ausländische Frauen und ihre Familien (ebenso wie deutsche Frauen) nur als Quell von Arbeitskräften, die »weggeschmissen« (Emigrantensprache) werden können, wenn sie verbraucht sind. Das Ausländergesetz ist die rechtliche Grundlage, um Ausländerinnen kommen und gehen zu lassen, wie die Konjunktur es gerade erfordert. Reicht das Ausländergesetz nicht aus, um eine unnütz oder unliebsam gewordene Arbeiterin wieder los zu werden, greifen Ausländerpolizei oder Arbeitsamt oft zu Maßnahmen, die nicht rechtmäßig sind. Sie rechnen mit der Unwissenheit und Hilflosigkeit der Frau gegenüber der Behörde.

Die wichtigsten Regelungen für Ausländerinnen sind:
Jede, die sich länger als drei Monate in der Bundesrepublik oder
West-Berlin aufhält, braucht eine Aufenthaltserlaubnis. Ohne
Aufenthaltserlaubnis bekommt sie keine Arbeitserlaubnis. Alle
Ausländerinnen (mit Ausnahme von Frauen aus den EG-Staaten),
die in der Bundesrepublik erwerbstätig werden wollen, benötigen
eine Arbeitserlaubnis. Seit 1974 wird eine Aufenthaltserlaubnis
nur noch »nachgezogenen Familienangehörigen« erteilt. Erst nach fünf
Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik können sie eine Arbeitserlaubnis
beanspruchen.
Es gibt zwei Arten von Arbeitserlaubnis. Die eine ist eingeschränkt auf
eine bestimmte Tätigkeit, einen Arbeitgeber und ist nur ein Jahr gültig.
Bei jedem Arbeitsplatzwechsel muß beim Arbeitsamt eine neue Arbeitserlaubnis
beantragt werden. Die zweite Arbeitserlaubnis ist fünf Jahre
gültig, man kann mit ihr überall Arbeit annehmen. Eine solche
Arbeitserlaubnis bekommt, wer fünf Jahre rechtmäßig und nicht länger
als drei Monate unterbrochen gearbeitet hat. Krankheit kann eine
Unterbrechung sein. Auch Familienangehörige, die sich fünf Jahre in der
Bundesrepublik aufhalten, bekommen eine solche Arbeitserlaubnis.
Ist eine Ausländerin länger als ein Jahr arbeitslos, bekommt sie vom
Arbeitsamt keine Unterstützung mehr und ihre Aufenthaltserlaubnis
wird nicht verlängert - ihr bleibt nur die Rückkehr ins Heimatland.
Sie kann auch ausgewiesen werden: Ladendiebstähle oder Verkehrsdelikte
sind Grund genug. Eine Ausländerin, die Sozialhilfe erhält, wird
ebenfalls ausgewiesen. Ledige und geschiedene Mütter, mißhandelte
Frauen sind hiervon am häufigsten betroffen.

Ausländerinnen in Deutschland haben viele Probleme. Offensichtlich sind die Schwierigkeiten mit Behörden. Die Frauen kennen ihre Rechte nicht. Das Amtsdeutsch versteht kaum eine. Viele Ausländerinnen können nicht lesen oder schreiben. Die freien Wohlfahrtsverbände haben die soziale Betreuung der Ausländerinnen übernommen: Die Caritas ist für Arbeiterinnen aus katholisch-romanischen Ländern zuständig, das Diakonische Werk will den Griechinnen helfen, die Arbeiterwohlfahrt den Türkinnen und Jugoslawinnen. Tatsächlich werden fast nur Männer von den Freizeit- und Beratungsangeboten angesprochen. An den Frauen geht ihre soziale Arbeit vorbei. Verständlich, denn die Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände haben keine Gelder, die Sozialhilfe ersetzen und Frauen helfen könnten, Notsituationen zu überbrücken. Finanzielle Not wegen Arbeitslosigkeit und Krankheit ist aber ein Hauptproblem der Frauen. Mit ihren anderen Schwierigkeiten finden die Frauen genauso wenig Unterstützung. Schließlich lasten auf ihnen alle Probleme der Familie: Die Zukunftslosigkeit der Kinder, die Arbeitsplatzunsicherheit der Männer, ihre eigene Angst vor Kündigung, die kulturelle Distanz zwischen Heimat- und Einwanderungsland, die Unmöglichkeit, das eigene Leben planen zu können.
Die ausländischen Frauen leben isoliert. Allein müssen sie mit dem Alkoholismus ihrer kaputt gemachten Männer fertig werden, die die Haushaltskasse in Schnaps umsetzen. Allein müssen sie sich gegen Prügel wehren. Die Kinder, denen durch die Arbeitsemigration der Familie eine glückliche Zukunft gesichert werden sollte, entfremden sich den Müttern und der Kultur des Heimatlandes. Die Vereinzelung in Deutschland ist für die ausländischen Frauen ungewohnt. Im Heimatland leben und arbeiten sie gemeinsam.
Beratung für ausländische Frauen muß diese Probleme aufgreifen. Sie muß gegenseitige Unterstützung und Freundschaft möglich machen, Alleinsein aufbrechen. Arbeitskräftereserve: Ausländerinnen sind mit einer verheiratet, sie haben eine geboren und sie sind es selbst. Das zu verstehen und sich dagegen zu wehren setzt eine Gruppe voraus. Ein Anfang kann eine Gruppenberatung sein, die über das Beratungsthema hinaus Zeit läßt für Unterhaltung und ein Gläschen Tee. Beratung in einer
Gruppe ist Erfahrungsaustausch, Probleme erscheinen nicht mehr als nur individuelle, sondern als allgemeine.
Auch ein Kurs in Lesen und Schreiben bringt Frauen zusammen. Spanierinnen in Remscheid haben ihre Alltagsprobleme zum Thema des Alphabetisierungskurses gemacht. Dabei ist ihnen klar geworden, daß es nicht ihr persönliches Versagen ist, wenn sie die Schwierigkeiten in ihrer Familie nicht mehr bewältigen. In Berlin-Kreuzberg wurde ein »Treff- und Informationsort für türkische Frauen« von türkischen und deutschen Frauen eröffnet. Hier gibt es Beratung, Kurse in Lesen, Schreiben und Deutsch. Die Frauen treffen sich aber auch zum Tee, Kaffee und zum gemeinsamen Frühstück.
Noch müssen die Frauen alles selbst finanzieren. Aber Staat und Sozialverwaltungen werden bald nicht mehr daran vorbei können, Geld für die Arbeit von und mit Ausländerinnen herauszugeben.
......

Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten
deutschen Frauen (IAF)

Eine viertel Million deutscher Frauen sind nach Schätzungen mit Ausländern verheiratet. Sie unterliegen besonderen gesellschaftlichen und juristischen Diskriminierungen.
Besonders gravierend ist die gesellschaftliche Diskriminierung, wenn der Ehemann einer Nation oder Rasse angehört, gegen die verfestigte und unreflektierte Vorurteile bestehen, die die betroffenen Frauen alltäglich erfahren müssen - z.B. durch Meidung ihrer Familie und des alten Freundeskreises oder bei der Wohnungssuche. Diese gesellschaftliche Diskriminierung führt in eine doppelte Isolation, weil auch der Ehemann und dessen Freundeskreis - Fremde im Lande und zumeist Arbeitsimmigranten - diskriminiert sind.
Die juristische Diskriminierung zeigt sich darin, daß eine deutsche Frau, die einen Ausländer heiratet, den Familiengesetzen der Heimat ihres Mannes untersteht (die ausländische Frau, die einen deutschen Mann heiratet, dagegen nicht) und gewissermaßen zur »Ehe auf Probe« verurteilt ist. Ihr Ehemann erhält nur eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis (die ausländische Frau eines deutschen Mannes muß derartige Hürden nicht überwinden), die nach drei oder fünf Jahren in eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis umgewandelt werden kann. So hängt über den binationalen Familien (deutsche Frau - ausländischer Mann) das Damoklesschwert der Ausländerbehörden. Der Ehemann kann abgeschoben werden wegen Verkehrsdelikten, wenn er zum Sozialhilfeempfänger wird oder sich unerwünscht politisch betätigt. Trennung oder Emigration - eine andere
Wahl hat die Ehefrau dann nicht. Die Ehe einer Deutschen mit einem Ausländer steht offenbar nicht »unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung« (Grundgesetz, Art. 6,4), etwa, weil die deutsche Frau, die einen Ausländer heiratet, »ihre Rasse verrät«?[1]
Von diesen Problemen betroffene Frauen schlossen sich im Herbst 1972 zur »Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten deutschen Frauen« (IAF) zusammen. Konkreter Anlaß war die Abschiebung palästinensischer Arbeiter und Studenten in einer jeder juristischen Grundlage entbehrenden »Nacht- und Nebel-Aktion« nach den Ereignissen der Olympischen Spiele 1972 in München.[2] Familien wurden auseinandergerissen; Frauen und Kinder waren allein und ohne Einkommen.
Aus der kleinen Gruppe aktiver Frauen, die sich zusammenschlossen, um sich gemeinsam besser wehren zu können, wurde der bundesweit tätige Verband IAF mit inzwischen 40 Initiativgruppen bzw. Kontaktstellen.

Die IAF-Frauen

  • stellen auf Diskussionsveranstaltungen und an Informationsständen die besondere Problematik der binationalen Familien dar,
  • haben Arbeitsgruppen zum internationalen Familienreeht und kämpfen für dessen Reform,
  • diskutieren in regionalen Arbeitsgruppen die Probleme binationaler Familien und versuchen gemeinsam, Lösungen zu finden,
  • organisieren Kindergruppen,
  • beraten die betroffenen Frauen,
  • vermitteln Anwälte, die mit dem Ausländerrecht vertraut sind.

Schwerpunkt der Arbeit ist die direkte Hilfe für die Betroffenen. Bei der Bundesgeschäftsstelle in Frankfurt gehen pro Woche ungefähr 60 Briefe ein, in denen Frauen um Hilfe oder Auskunft bitten, dazu kommen telefonische Anfragen und Besuche. Die Beratungstätigkeit erfolgt ehrenamtlich. Es gibt keine staatliche oder kommunale Bezuschussung. Versuche, die Beratungsarbeit durch öffentliche Unterstützung zu erleichtern, sind bisher gescheitert.
Es ist den Aktivitäten der IAF zuzuschreiben, daß das Gesetz über die Staatsangehörigkeit von Kindern aus Ehen deutscher Frauen mit ausländischen Männern reformiert wurde. Nach dem 1.1.1975 geborene Kinder aus diesen Ehen erhalten automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Das allein aber löst die besonderen Probleme der binationalen Familien nicht.

So kämpft die IAF seit nunmehr sechs Jahren - unter der Losung Ausländer und Frauen gemeinsam gegen Diskriminierung« - für die Durchsetzung folgender Forderungen:

  1. Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland als Einwanderungsland. Dann kann vorher geplant werden, wieviel Arbeitskräfte zu uns kommen. Dann müssen dementsprechend Schulen, Lehrkräfte, Wohnungen, Krankenhäuser, Ausbildungsplätze usw. vorher zur Verfügung gestellt werden. Die nachher verhängte Zuzugssperre muß aufgehoben werden.
  2.  Aufenthaltsrecht für alle ausländischen Arbeitnehmer nach fünf Jahren legalem Aufenthalt in der BRD.
  3. Ausländische Ehemänner deutscher Frauen müssen sofort nach der Eheschließung das Aufenthaltsrecht erhalten (eine Aufenthaltserlaubnis versetzt die Betroffenen in ständige Existenzangst).
  4. Arbeitserlaubnis für alle legal hier eingereisten ausländischen Arbeitnehmer.
  5. Grundsätzlich Vorrang des Art. 6, Abs. 1 GG (Schutz von Ehe und Familie) vor allen ausländerpolizeilichen und staatlichen Belangen der BRD bei Ausländern, die mit Deutschen verheiratet sind. Deshalb keine Ausweisung eines deutsch-verheirateten Ausländers. Wiedereinreise-Erlaubnis für alle ausgewiesenen Ehepartner Deutscher, um die zerstörten Familien wieder zusammenzuführen.
  6. Ermessensfreie Behandlung der Einbürgerungsanträge für Nichteuropäer wie für Europäer, die mit Deutschen verheiratet sind. Das Gleichbehandlungsprinzip gilt für Jedermann.
  7. Regelung der Militärdienstfrage ausländischer Ehepartner deutscher Frauen. Wir fordern, sofern gewünscht, Freistellung vom heimatlichen Wehrdienst (bei NATO-Staaten, evtl. Ersatzdienst in der BRD).
    Begründung: Die räumliche und zeitliche Trennung der Familie, der Verlust des Arbeitsplatzes und das Fehlen einer Unterstützung der Familie seitens des wehrdienstfordernden Landes bedeuten eine unzumutbare Härte. Deshalb keine Ausweisung wehrdienstpflichtiger Ehepartner deutscher Frauen.
  8. Kommunales Wahlrecht für alle Ausländer nach 5 Jahren Aufenthalt in der BRD.
  9. Freie politische Betätigung für alle Ausländer in der Bundesrepublik im Rahmen unserer Verfassung.
  10. Einrichtung von deutsch-ausländisch besetzten Beratungsstellen für gemischt-nationale Paare.
  11. Freizügigkeit innerhalb der EG für die nichteuropäischen Ehegatten deutscher Frauen.
  12. Reform des >Deutschen Internationalen Privatrechts (IPR)< auf der Basis der Gleichberechtigung der deutschen Frau«.[3]

»Die Frauen der IAF verstehen sich als Mittler zwischen der deutschen und der ausländischen Wohnbevölkerung in der Bundesrepublik und möchten dazu beitragen, daß die kulturelle Identität der Ausländer erhalten bleibt unter gleichzeitiger politischer und sozialer Integration, weil wir davon überzeugt sind, daß neue kulturelle Einflüsse bereichernd in die eigene Gesellschaft eingebracht werden können«.[4]
Betroffen von der »Stellung der ausländischen Mitbürger in der Bundesrepublik Deutschland, die sie gewissermaßen teilen« und der »Stellung der Frau in unserer Gesellschaft, die trotz formaler Gleichberechtigung in vielen, vielen Gebieten nach wie vor benachteiligt ist«,[5] haben sie sich organisiert, um ihre Benachteiligung als Frauen, die zudem mit Ausländern verheiratet sind, in Verbindung mit der Problematik der Arbeitsimmigranten anzugehen. Die IAF arbeitet deshalb verstärkt mit Ausländerorganisationen zusammen und sucht den Kontakt zu den sich allmählich bildenden ausländischen Frauengruppen.
War es für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (25. März 1974) »noch nicht ganz ausgemacht, ob sich mit der emanzipiert auftretenden IAF ganz allgemein ein Kurswechsel weg von fraulich-fürsorgerischen Sympathien für Gastarbeiter hin zu streitbarer Identifizierung mit diesen Ungleichberechtigten abzeichnet«, so hat sich inzwischen gezeigt, daß hier konkret daran gearbeitet wird, die Lage der mit Ausländern verheirateten deutschen Frauen - ihre besonderen persönlichen Probleme und deren gesellschaftliche Bedingungen - zu verbessern.
Kontaktanschrift: Bundesgeschäftsstelle der IAF Gerhard-Hauptmann-Ring 410, 6000 Frankfurt a.M. 50

Fraueninitiativen für Frieden und Abrüstung

»Nie wieder Krieg!«

Aktivitäten von Frauen für Frieden und Abrüstung

»Kriege sind den Müttern verhaßt«. Seit der römische Dichter Horaz dieses Wort schrieb, sind zweitausend Jahre Geschichte vergangen. Den Frauen — aber gewiß nicht nur ihnen - ist seither an schmerzlichen Erfahrungen durch Kriegsgeschehen nichts erspart geblieben. Insbesondere die beiden Weltkriege haben die Frauen gelehrt, daß in Zeiten der Kriegsvorbereitung und
des Krieges ihre mühsam erkämpften Rechte keine Gültigkeit mehr haben. Aber Krieg trifft Männer, Frauen und Kinder gleichermaßen; er bestreitet oder schmälert jedem von ihnen das Leben - diese Erfahrung haben wir Heutigen millionenfach gemacht, und Tag für Tag tritt sie uns in fürchterlichen Bildern und Dokumentationen in den Medien erneut entgegen.
Viele Frauen jedoch wissen heute, daß Krieg nicht wie ein Gewitter vom Himmel fällt. Kriege werden gemacht. Sie werden willentlich vorbereitet und zwar ebenso umfassend wie systematisch, denn dahinter steht das aktive Interesse völkerfeindlicher Gruppen; und die haben außer ihren treibenden ökonomisch-politischen Beweggründen allemal auch das Geschick, einen oft schwer durchdringlichen Schleier vorgeblicher »Ideale« um sich zu breiten.
Daher müssen Kriege auf sämtlichen Ebenen bekämpft werden, auf denen ihre Vorbereitung und Durchführung stattfindet. Millionen Frauen haben gelernt, daß es nicht genügt, den Krieg zu verabscheuen, sondern daß man gegen ihn kämpfen muß; dazu müssen sie die Arena der Politik betreten - und viele haben es bereits getan.
Die Geschichte überliefert uns aus alter und neuer Zeit Beispiele namhafter oder namenloser Frauen, die gegen das Völkermorden aufgestanden sind, die für den Frieden gebetet, geschrieben, gedichtet, verhandelt, für ihn
gekämpft haben und für ihn gestorben sind.

Unvergessen ist die Pazifistin Bertha von Suttner,[1] die vor dem Ersten Weltkrieg ihr Buch »Die Waffen nieder« veröffentlichte und eine Friedensgesellschaft begründete, die heute noch existiert und sich für weltweite Abrüstung einsetzt.
Unvergessen bleibt auch, daß sich 1915 Frauen aus 12 europäischen Ländern mit Amerikanerinnen unter Leitung von Jane Addams[2] im Haag trafen, um gegen den Krieg zu protestieren und Frieden zu fordern. Als man sie mit dem Hinweis, die Meere seien vermint, an der Fahrt hindern wollte, antworteten sie: »Dann wird die Welt sehen, was Frauen für den Frieden zu tun imstande sind«. Aufgerufen zu diesem Treffen hatte Hollands erster weiblicher Doktor der Medizin, Aletta Jacobs. Es wurden Nationale Frauenausschüsse für dauernden Frieden gebildet, die 1919 auf ihrem ersten Kongreß in Zürich sich den Namen Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF)[3] gaben.
Ihre bekanntesten deutschen Vertreterinnen waren Anita Augsburg und Lida Gustava Heymann.
Unvergessen sind die bedeutenden Sozialistinnen und Kämpferinnen gegen Militarismus und Krieg Rosa Luxemburg[4] und Clara Zetkin;[5] nicht zuletzt die Malerin Käthe Kollwitz,[6] die ihr künstlerisches Schaffen in den Dienst des Friedens gestellt hat. Ihr berühmt gewordenes Plakat »Nie wieder Krieg«, ihr Mahnruf - nach einem Goethewort - »Saatgut darf nicht vermahlen werden«, ihre Bilder gegen den Hunger rüttelten die Menschen auf. In der Weimarer Republik kämpfte sie gegen erneute Aufrüstung, gegen den Bau der Panzerkreuzer.
Unvergessen bleiben uns die tapfere Studentin Sophie Scholl[7] von der christlichen Widerstandsbewegung Weisse Rose - enthauptet am 22. Februar 1943 - und die junge Kommunistin Lilo Herrmann,[8] Mutter eines dreijährigen Kindes, die von dem berüchtigten Volksgerichtshof der Nazis zum Tode verurteilt und 1938 als erste Frau enthauptet wurde.

Alle die genannten und ungenannten Frauen, die für den Frieden kämpften, taten es nicht allein für einen Zustand ohne offene kriegerische Handlungen sondern zugleich für eine humane Gesellschaft, die ihre Kinder schützt und zur Völkerfreundschaft erzieht, eine Gesellschaft, die den Frauen das Recht auf Selbstverwirklichung ermöglicht und sie einbezieht in die politischen Entscheidungen ihres Volkes. Wir von der »Demokratischen Fraueninitiative« verstehen uns in der Tradition dieser Frauen. In unserem heutigen Kampf wüßten wir sie an unserer Seite.
Bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges zeigte sich, was die Frauen zu erwarten hatten. Am 4. August 1914 trat ein Notgesetz in Kraft, das sie und Jugendliche besonders hart traf, weil es die ohnehin kümmerlichen Arbeitsschutzbestimmungen aufhob. Da die Männer »ins Feld zogen«, mußten die Frauen alle diejenigen Arbeitsplätze einnehmen, die vorher als typische Männerberufe gegolten hatten. In der Rüstungsindustrie, in Steinbrüchen und beim Straßenbau mußten sie schwerste körperliche Arbeit verrichten, erhielten jedoch ganz selbstverständlich nicht die Löhne, wie sie vorher den Männern gezahlt wurden, sondern 30 bis 50 Prozent weniger. Während die Rüstungsindustrie ungeheure Gewinne scheffelte (die Firma Krupp während der Kriegsjahre z.B. 800 Millionen Mark) und es den »besseren Kreisen« an nichts mangelte, darbte und hungerte das Volk. Infolge von Unterernährung breiteten sich Tuberkulose und Rachitis aus; zahllose Kinder gingen elend zugrunde. Die Unterstützung für die Familien der Soldaten war zum Leben zu wenig, zum Sterben zuviel. Dessen ungeachtet schrieb der Generalfeldmarschall von Hindenburg: »Es gibt ungezählte Tausende von kinderlosen Kriegerfrauen, die den Staat nur Geld kosten.« Diese Frauen sollten in die Rüstungsindustrie einbezogen werden. Widersetzten sie sich der Zwangsarbeit in den Rüstungsbetrieben, wurde ihnen die kärgliche Familienunterstützung entzogen.
Solches Unrecht nahmen die Frauen nicht widerspruchslos hin. Obwohl dem Volk das Streik- und Demonstrationsrecht genommen worden war, kam es im Verlauf des Krieges immer häufiger zu Hungerdemonstrationen, die oft von Frauen mit ihren Kindern angeführt wurden. Neben der Forderung nach Brot wurde zunehmend der Ruf nach Frieden laut, die Hungerdemonstrationen wurden zu Manifestationen des Wunsches nach Frieden.
Wenn schon der Erste Weltkrieg gezeigt hatte, daß Militarismus und Krieg die Frauen entrechten, so wurde dies während der Zeit des Faschismus und des Zweiten Weltkrieges in unvorstellbarem Maße überboten. Das Frauenleitbild wurde nach der nazistischen »Blut- und Bodenideologie« bis zur Groteske verzerrt: ein von allen welschen Lastern gereinigtes teutsch-germanisches Gattenweib und Muttertier.
Etwa so: Das ährengelbe Haar zum Flechtkranz ums Haupt gewunden, bietet Mutter ihrem goldblonden Kind mehr oder weniger von ihrer Brust dar. Die einschlägigen Schlagworte: Deutsche Frau, rauche nicht! Trinke  nicht! Trage keinen Bubikopf! Schminke dich nicht! Ohne Tand und Flitter - so will dich der deutsche Mann.
Ich erinnere mich noch genau meines stillen Vergnügens, als eines Tages jemand unter diesen ganzen Quark geschrieben hatte:

»Deutsche Frau
rauche nicht! Deutsche Frau, prieme!«
Die deutschen Mädchen wurden geistig darauf vorbereitet, Kinder zu kriegen - natürlich arische - und möglichst viele, wofür sie mit dem Mutterkreuz dekoriert werden sollten. Eine Ehe ohne Kinder galt als total verfehlt und war ein Scheidungsgrund. Dem Führer zur Aufzucht der nordischen Rasse in den Lebensbornhäusern der SS ein Kind zu schenken, sollte Mädchen und Frauen zur Ehre gereichen.
Ist eine schlimmere Erniedrigung der Frauen, eine gröbere Verletzung der Menschenwürde denkbar? Aus ganz Europa wurden sie zu Tausenden gedemütigt, in Sippenhaft genommen, gefoltert und ermordet — in Ravensbrück, Maidanek, Birkenau und anderen Konzentrationslagern. Trotz alledem haben die Frauen zu kämpfen verstanden. Sie verfertigten und verteilten Flugblätter, was, wenn sie gefaßt wurden, das Todesurteil bedeutete; sie gaben Nachrichten ausländischer Sender weiter und versuchten,
durch Sabotage in der Rüstungsproduktion ein schnelleres Ende des Krieges herbeizuführen.
Frauen, die in der Widerstandsbewegung gekämpft oder im Krieg ihre Männer und Söhne verloren hatten, vereinigten sich in den Nachkriegsjahren. »Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!« war ihre Devise. 1945 wurde in Paris auf dem ersten Weltkongreß der Frauen die Internationale Demokratische Frauenföderation (IDFF)[9] gegründet, die heute die größte internationale Frauenorganisation ist und Konsultativstatus bei den Vereinten Nationen hat. Ihre unvergessene erste Präsidentin war die französische Pädagogin und Wissenschaftlerin Eugenie Cotton.
Auch deutsche Frauen schlossen sich zusammen. 1947 wurde auf dem Deutschen Frauenkongreß in Berlin der Demokratische Frauenbund Deutschlands gegründet, der 1957 - während der Zeit des Kalten Krieges in der Bundesrepublik verboten wurde. Als die Pläne Dr. Konrad Adenauers zur Remilitarisierung der Bundesrepublik bekannt wurden, rief dies den leidenschaftlichen Protest vieler Frauen hervor, die gerade erst den furchtbaren Krieg mit allen seinen Folgen hinter sich gebracht hatten. Am
14. Oktober 1951 versammelten sich im rheinischen Velbert christliche Frauen und Mütter zu einem großen Frauenfriedenskongreß,[10] aus dem die Westdeutsche Frauenfriedensbewegung (WFFB) hervorging, der als
unvergessene, hochverehrte und unermüdliche Präsidentin Klara Marie Fassbinder[11] bis zu ihrem Tode 1974 vorstand.
Fast tausend Frauen protestierten damals gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik, weil sie zu Recht befürchteten, daß dies die Teilung Deutschlands zur Folge haben und Unglück für unser Volk bedeuten würde.
Am 22. Mai 1952 äußerten nach einem aufrüttelnden Referat der Bundestagsabgeordneten Helene Wessel[12] 1623 Frauen der WFFB ihren Protest gegen Generalvertrag und Verteidigungsbeitrag.
Über 20 Jahre lang setzten sie ihre Arbeit gegen Rüstung und Krieg, für Völkerverständigung und Frieden, gegen Atomwaffen, für friedliche Koexistenz, gegen Notstandsgesetze und Abbau der Demokratie fort. Im Oktober 1962 rief eine Gruppe von Frauen in der Bundesrepublik, inspiriert von der amerikanischen Frauenbewegung Women strike for peace (WISP)[13] zum Feldzug der Frauen für Abrüstung und Frieden auf. Zu den Initiatorinnen gehörte Prinzessin Olga zur Lippe, die spätere Ehrenpräsidentin der WFFB. Vom 12. bis 14. Mai 1964 trafen sich im Haag 700 Frauen der WFFB mit Amerikanerinnen von WISP zu einer viel beachteten Demonstration,[14] um mehr als 15 000 Unterschriften gegen die multilaterale Atomstreitmacht (MLF) zu übergeben, über die die Außenminister der NATO-Staaten im Haag berieten. Bis heute ist die MLF übrigens nicht zustande gekommen. In der Folgezeit sind Frauen gegen den verheerenden Vietnamkrieg aufgetreten und haben das vietnamesische Volk durch Aufklärungsarbeit, Geld- und Sachspenden unterstützt. Heute üben sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten Solidarität mit dem unterdrückten Volk von Chile.

 

1973 hatten fünf Frauen einen Appell[15] an die Frauen in der Bundesrepublik gerichtet, sich für Senkung der Rüstungslasten einzusetzen. 3 800 schlossen sich dem Ruf an und veröffentlichten ihre Forderung in einer Annonce in »Die Zeit«. Als die UNO das Jahr 1975 zum »Internationalen Jahr der Frau« erklärte und dieses unter das Motto stellte: »Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden«, als sie forderte, die Frauen mehr als bisher in gesellschaftliche Entscheidungen, in das Ringen um den Frieden einzubeziehen, erkannten viele der Jungen, wie untrennbar der Kampf um die
Emanzipation der Frau mit der Frage des Friedens und der weltweiten Abrüstung verknüpft ist und arbeiteten gemeinsam mit älteren in der eben gegründeten Initiative Internationales Jahr der Frau '75. Achtzehn von ihnen nahmen teil am Weltkongreß der Frauen, der im Oktober 1975 in Berlin/DDR stattfand. Trotz unterschiedlicher Weltanschauung, sozialer und politischer Herkunft waren sich die 2 000 versammelten Frauen aus allen Erdteilen darin einig, daß man nicht auf Frieden und Abrüstung warten kann, sondern etwas dafür tun muß. Sie verabschiedeten einen Appell an die Frauen der Welt, in dem es heißt: »Abrüsten statt Aufrüsten - mehr Geld für die legitimen Rechte der Frau«.
Die Mitarbeiterinnen der »Initiative Internationales Jahr der Frau '75«, an Selbstvertrauen und Erkenntnissen reicher, wollten auch nach dem »Jahr der Frau« weiterarbeiten und schlossen sich zur Demokratischen Fraueninitiative (DFI) zusammen. Nach ausführlichen Diskussionen haben wir beschlossen, im Rahmen unserer Möglichkeiten eigene Aktionen für Frieden und Abrüstung durchzuführen, oder uns an Demonstrationen für den Stopp des Wettrüstens zu beteiligen. In unserer Arbeitsgrundlage heißt es:
»Gegenwärtig werden (nach Sipri)[16] in der Welt 350 Milliarden Dollar pro Jahr in die Rüstung gesteckt (wenn dieses Buch erscheint, werden es 400 Milliarden sein), während keine Mittel vorhanden sind, um Hunger und Krankheiten einzudämmen. In der Bundesrepublik verschlingt der Rüstungshaushalt nach NATO-Kriterien jeden Tag 85 Millionen Mark. Welche
Möglichkeiten eröffneten sich, würde - wie von der UNO gefordert - eine Senkung der Rüstungskosten um zunächst 10 Prozent vorgenommen! Längst fällige Reformen, wie erweiterter Mutterschutz, Babyjahr, Errichtung von mehr und besseren Schul- und Kindertagesstätten, kleineren Klassen Spielplätzen, könnten durchgeführt werden; Maßnahmen, die den Familien das Leben erleichtern würden.«

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne des amerikanischen Präsidenten zur Massenherstellung der Neutronenbombe und ihrer Stationierung in Europa haben wir in Pressemitteilungen und Briefen unserer Bestürzung darüber Ausdruck gegeben, daß eine Waffe, die das Leben vernichtet Sachwerte dagegen schont, überhaupt in Betracht gezogen wird, haben unseren Protest dagegen erhoben und von den Vereinten Nationen Ächtung dieser Vernichtungswaffe gefordert. Von Bundesregierung und Parlament verlangten wir als Staatsbürgerinnen, daß sie dem Ansinnen, Neutronen-Sprengköpfe in unserem Lande zu lagern, entschiedenen Widerstand entgegensetzen.

Auch die Gruppen der Demokratischen Fraueninitiative im ganzen Bundesgebiet handelten unverzüglich. An Informationsständen, in Fußgängerzonen und auf Marktplätzen, in Veranstaltungen und Seminaren klärten sie Passanten und Gäste über ihre Beweggründe auf und sammelten Unterschriften gegen die Neutronenbombe z.B. in Nürnberg, Duisburg, Köln, wo die größten Aktionen stattfanden.
In manchen Fällen, wie kurz vor Weihnachten 1977 in Köln, unterschrieben drei Generationen die Forderung der Frauen nach Verzicht auf diese furchtbare Waffe. In kurzer Zeit waren über 300 Unterschriften gesammelt.
In Anbetracht der Datenspeicherung und Bespitzelung von Bürgern, die sich engagieren, ist dies nicht hoch genug einzuschätzen.
Anläßlich der großen Friedensdemonstrationen der 70 000, die im Mai 1977 stattfanden, sah man viele DFI-Gruppen, unverwechselbar durch unser Plakat »Wir Frauen«, im Einsatz für den Stopp des Wettrüstens. Dies wird fortgeführt werden.

In tausenden von Frauen ist die Erkenntnis gewachsen, daß sie sich einschalten müssen in den Kampf um eine bessere, friedlichere Welt. Diese Einsicht wachzuhalten, sie durch neue Erkenntnisse zu vertiefen, die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu ziehen, und auch den uns noch Fernstehenden nahezubringen, daß es im Zeitalter der Massenvernichtungsmittel keine Alternative gibt zu Abrüstung und Frieden, halten wir für unerläßlich. Dazu sind auch internationale Kolloquien, Seminare und Kongresse notwendig. In unserer Arbeitsgrundlage sagen wir: »Gemeinsam mit den Frauen anderer Länder wollen wir uns zu Beratungen und geeintem Handeln zusammenfinden. Auf diese Weise werden wir dem Auftrag der Vereinten Nationen gerecht, auch über die Grenzen unseres Landes hinaus einzutreten für mehr Gerechtigkeit, mehr Menschlichkeit, mehr Frieden und die Erde bewohnbarer zu machen.«