31 Tage hat der Oktober
Es gab einmal eine Zeit, da war die Frau noch auf die ungezähmte Rippe eingestimmt, die sie schuf, und im Einklang mit jeder Natter, jedem Löwen, jedem Tiger, jedem Waldgeschöpf, jedem Wasserwicht, jedem Himmelswanderer; jeder Apfel war ihr ein ganzer Aberglaube, und um jenen Knochen zu beschwichtigen und zu zähmen, flüsterte sie: »Herr! Herr!«
Doch ein Weilchen nur, und sie ist greulich schamlos. In dem Maße, wie die Erde ihre Generationen hinabsaugte, Leib um Leib, schwand der Hohlraum für den Zündstoff des HERRN. Jeder geschwätzige Bursche mit einer Laute untendran, einer Handvoll Rüschen, einem abgespreizten Knie und einer wallenden Feder konnte ihr mit einem einzigen Vers die Erdnähe einsingen, und tatsächlich wird das, wessen unsere Minnesänger sich als schuldig betrachten müssen, vielleicht, zusammen mit Cäsars Tibia, einen langen lethalen Äon unverbrieft im Grabmal von keines Mannes Gedächtnis liegen. Er war Herr-Memiger und Sperlingsmännchen ihres Erbebens, er war zugleich Natter im Grase und Pippinapfel auf dem Zweige, er war der unschlüssige Keilluchs und der Riegel vor der Türe und die gewaltige, berstend volle Vorratskammer, darin sie mausend saß, Nagemaus von Pein und wieder Pein.
Und immer noch gingen ein Leib und noch ein Leib unter, und sie verlor gleichermaßen Gott und Mann. Von so verwürztem Appetit, daß keine Speise ihr zur lockenden Mitgift wurde. Gott ging vorbei, und der Mann ging vorbei, und die Mutterschaft ging vorbei, als wär's bloß der Staub unterm Absatz eines elenden Marschierens, und sie sah, wie sie dünner Pfannkuchenteig wurde und Danke-hab-schon-Brot, und sie lehnte sich an ihren Fensterrahmen und weinte aufs Bitterlichste. Sie stieg die Treppe hinab, jede einzelne Klagestufe, und ging hinaus in die Straßen, vorbei an Laternenpfahl und Säule, und sang und schluchzte: » Aupres de ma blonde!« bei Kurzwarenhändler und Fleischer. An jeder Pforte und jedem Pfosten wehklagte sie und summte, die Hände auf den Mauerkappen, im Vorübergehen und unter Beweinen, und ging doch weiter und hörte die Lerche singen und horchte, bis es der Reiher war, der beim Weiher schrie, und die echte aufsteigende nächtliche Nachtigall des Nachtanbruchs. Die Vögel waren fern der Erde, und der Himmel war bedeckt von südwärts ziehenden Krallen, und sie setzte sich nieder, wo der Weizen nicht aufkeimte und nurmehr wiedergekäutes Futter in einem Wintermaul war, und sie sah, daß ihre Jahre stiegen, und sie wandte sich wieder heimwärts, und gottlos und furchtlos machte sie Furcht und Gott aus dem gelben Haar von Dame Musset und wanderte unterdes über die graslosen Soden ihres Gartens und beugte sich hin und wieder über die Sonnenuhr ohne Stunden oder beugte sich über den Springbrunnen, der niemals jenen sanften Sprühregen versprühte, nach dem er und sie lechzten, oder sie ging einfach nur spazieren, die Hände wohlumhüllt von den Falten ihres staubfarbenen Männerbanners oder, wie er ursprünglich registriert und patentgeschützt worden war, ihres Winterwollenen-für-die-Frau-über-Vierzig.
So ließ denn Daisy Downpour, denn so mag sie ebensogut genannt werden wie jede andere auch, ihre mausfarben-ungenügend-hemisphärische Haarmenge herunter, schauderte sich die eine Schulter frei und entblößte so vor dem starren Blick Dame Mussets (hätte die geguckt) die maschinengehäkelte Pracht eines Paars annähernd rosafarbener Unterkleider, die in der Knüpfung bis auf gute vier Dezimalstellen verlockend gelockert waren. »Wenn das«, sagte Daisy, »mir Gott nicht sichert, dann sollte doch eine leinene Rose, zur Stunde, wo mein Lieb des bedarf, hinübergestupst, sie auf meinem Erdboden auftauchen lassen!«
Und indem sie die warf, ging Dame Musset herum und immer herum. Unter den Fuß geriet sie und in die Erde hinab stieg sie und darin abwärts, während Dame Musset immer noch auf und ab schritt und über das Auge eines Mädchens nachdachte, von dem sie die Milch der Liebe abgeschöpft hatte, und darüber, ob sie nun abermals durch die Impasse des deux Anges promenieren und dem bettenlüftenden Drang besagten Mädchens vertrauen, sie herbringen sollte, in der Frauenhaube und eine wahre Juno an Busen, zum äußersten Fenster im dritten Stock, von welchem Ausguck Dame Musset sie zuerst erblickt hatte, wie sie das kleine Küchenmädchen im Spülküchenfenster gegenüber mit einem Hausfrauenzwinkern bedachte, nur daß die Bettenlüfterin ihre Listen und Tücken dann um eines kurzen, aber gedeihlichen Blickes in Richtung Musset willen von dem Mädchen abgezogen hatte - oder sollte sie nicht? Denn Flanke auf Flanke, Jude auf Christe hatten durch ihre gesamten herrschaftlichen Vorfahren hindurch sich gebettet nach der Weise manch einer aristokratischen Arterie, die sich quer über eine rohbürgerliche legt, so daß sie nun die Ungewißheit in den Hufen ihrer Füße hatte, von denen der eine heidnisch und der andere damenhaft war, und doch fischte, ehe sie innehielt, um nachzudenken, und den Köder aus dicken Gewässern zurückzog und aus dünnen, in der einen Vene voller Wohlgefallen an dem Hausmädchen und in der anderen lechzend nach Vornehmheit.
Nein, es war unter ihrer Würde! Und ebenso das spähende, hinübergerichtete Auge Daisy Downpours, denn die war im Arrondissement als Korsettmacherin bekannt und eine Frau dermaßen aus dem Volke, daß sie an ihm gehaftet hatte, Handfläche an Handfläche, bis hin zum allerersten, der Orchideen in sein Bohnenbeet zu pflanzen beschlossen und damit den ganzen anstrengenden Unterschied geschaffen hatte zwischen Dame und keineswegs Dame.
»Ach und nochmals ach!« seufzte Dame Musset, »Sich vorzustellen, daß blaues Blut einem so viele unerreichbar macht! War ich doch eine unmittelbar aus lordlichem Geschlecht, dann könnte ich ihr den Knopflochorden verleihen und sie somit, wie ein Kalb am Strick, das nur zögernd weiterwill, an mein Bett befördern, hindurch durch das Land Unbekannt, hinweg über die Hecke Wiedasdenn, schlüpfend und schliddernd vorbei an der Zone Gehörtsichnicht, und hinein wenigstens mit einem Bein, bis dann, durch generative Inkarnation, das Kalb zum Paradiesvogel würde, um die ganze sich mausernde Liebe auf meine spartanische Brust zu legen, dort an der Brünne meines Herzens zu zupfen, bis das Visier gehoben wird - doch nein!« dachte sie, »Jetzt bringe ich meine Rüstung da hinein, das ist jedoch ein anderer Punkt!« Immer noch ging sie auf und ab. »Wenn«, sagte sie, »ich den Topf mehr dem Herzenswunsch entsprechend modeln könnte, dann hätte ich das Auge meines Küchenmädchens im Kopf des Gegurres, dazu die hochmütigen Brüste über den Hüften von Doli auf dem Bein von Moll mit den Schienbeinen von Mazie unterhalb des Auges des Küchenmädchens im Kopf des Gegurres. Das Hinterteil eines Mädchens, das ich ausgleiten und schliddern sah an einem Entblätterungstag im Herbst, als sie auf dem Weg zur Andacht in den Seitenschiffen der Kirche von Saint-Germain-des Pres war, um auf der Rückseite der Hüften von Doli zu liegen zu kommen, auf dem Bein von Moll, deren Schienbeine die Mazies sind, alles unterhalb des Auges des Küchenmädchens etc., dazu die rüpelhaften Teile eines herumtollenden Weibsstücks vom Pluckford Place an der Vorderseite des Rückens, der ein Mädchen war, das an einem Entblätterungstag gesehen wurde, alles unterhalb des Auges des Küchenmädchens, und die hochmütigen Brüste über den Hüften von Doli mit dem Bein von Moll, deren Schienbeine die Mazies sind, unterhalb des Auges des Küchenmädchens im Kopf des Gegurres. Doch die Hand«, sagte sie, »muß die von Queen Anne sein, damit sie das Kleid mit der angemessen eleganten Geste glattstreicht, die notwendig ist, um die dortigen Hüften zu bedecken und den rüpelhaften Teil etc. und die Dinge, die dort getan wurden! Oh monströser Topf!« seufzte sie, »Oh hassenswerter Töpfer, oh raffinierter, raffinierter, raffinierter Spaß, daß er, einmal in Stücke geschmissen, einem auf der Nase herumtanzen, und wenn einmal zusammengebacken, auf ewig die Grille einer andern sein muß! Wir sollten imstande sein, uns unsere Damen zu bestellen, wie es uns gefällt, und nicht, wie sie gerade kommen. Könnte denn irgendein Zufall je so erlesen sein, wie ich auszuwählen und zu bevorzugen verstünde, wenn dieser Liebling, in Stücke zersprungen, auf einem Bein-Tresen und einem Kopf-Regal liegengeblieben wäre? Ah, wie könnte ich auswählen, würde man mir nicht auf Schritt und Tritt einen Aufpasser beigeben und auf die Finger klopfen!« Doch niemals wählte sie bei ihrem Streifzug auch nur ansatzweise wenigstens eine Sehne, ja nur ein Brustbein oder einen Hüftknochen von Daisy Downpour; und durch soviel Gleichgültigkeit, auf Verachtung gegründete, wurde sie erst Gott, dann Gott der Allmächtige, dann Gott der Sprachlosmacher und noch später Gottstehunsbei und schließlich Gottverdammt für Daisy Downpour. Jahraus jahrein lehnte sie in ihrem rosa Häckelmusterunterleibchen und sang »Aupres de ma blonde«, und Herbst für Herbst warf sie eine zerfledderte Leinenrose, und Zeitalter um Zeitalter wurde sie gottbesessener und dämonsuchender, bis Dame Musset, die in gewisser Weise eine pferdlose Amazone war, sie mehr Fürchtete, als sie sie wahrnahm, und sie doch mehr wahrnahm, als sie sie mochte, und sie überhaupt nicht mochte. »Die Frau da«, sagte sie zu ihrer Tollheit, zu Senorita Fly-About, »weiß, wann ich gehe und komme, wann ich zu Bett gehe und aufstehe, und das einzige, worum sie mich in diesen zehn Jahren gebeten hat, ist, daß ich an dem Tage, wo ich ein Bedürfnis nach ihr verspüre, einen Geranientopf auf meine Fensterbank stellen möge, und dann werde sie im Fluge zu mir kommen, eine Steinfrucht von einer Juno im Flanellunterzeug, um mich zum Schmelzen zu bringen, sollte ich, wie gesagt, diesen Zustand durch ein schlichtes rosa Geranientöpfchen auch nur andeuten, das auf meine Fensterbank gestellt wird und ihr Auge jetzt schon so lange und unermüdlich in diese Richtung gezogen hat, daß ich befürchte, demnächst wird sie sich einbilden, die Blume wüchse dort tatsächlich, und für den Fall einer derartigen Katastrophe«, sagte sie, wobei sie in ihre Pelze sank und eine Duvetinedecke über sich zog, »werde ich Freundinnen brauchen, Freundinnen von noblem Charakter, so herdenstark wie Alsenrogen und sämtlich von unerschrockenem Gemüt und hoch und spitz von Absatz. Alle Frauen«, apostrophierte sie, »sind nicht alles Frauen, und ich befürchte, daß in jenem Busen dort drüben, der sich über ihren Fensterrahmen hinauslehnt, ein Garten der Hoffnung heranwächst und daß sie mich mit dessen Hilfe krönen will und federn mit den Schwingen himmlischen Ruhms, nur um mich mittels eben dieser Vorrichtungen zu zerstören, denn im Gemüt«, sagte sie, »der zweimal verlorenen Frau gibt es nur eine Furche, worin ein Samenkorn aufsprießen kann und viel tote Materie, um es zu ernähren, und ach!, in jenem irdischen Schädel, jener Fontanelle einer Babyladyfrau wächst nur ein Unkraut, ich!«
»Haben Sie keine Angst«, zwitscherte Mazie Tuck-and-Frill, »Sie werden gut umringt sein.«
»Gott steh uns bei«, sagte Patience Scalpel und leerte ihr Glas, »nicht eine tüchtige, hammerwerfende, diskusschleudernde, kecke Vorhaut unter euch!«
»Oh höhnisches Geschick und falscher Wurf! Ist denn der Lendengurt der Venus dazu da, eine Steinschleuder zu knüpfen und mich in mein Verlöschen zu schleudern? Soll ich in mein Grab gehätschelt werden, in der Klemme sitzend und einem Meter warmem Frauenpelz?« schrie Dame Musset, »Alles in den Wohl-oder-Übel-Jahren, wo ich nurmehr die Zollstelle vorfinden sollte, nimmer aber eine gerissene wegelagernde Schlampe im Dunkeln, die Schlingen legen und mich schnappen will, keinerlei verlangendes Lungern an Drehkreuz und Zollschranke, an Türschloß und Schlüsselloch!« »Die Zeit vergeht!«, sagte Patience.
Frühlingsfieber, Liebestränke und Wintergelage
Ja, war das denn dasselbe in der Glücksstunde der Welt, als Wellhornschnecken wisperten am Rande der Nacht, in der Wiege des Zeitmeers schaukelten und ihr Irrlicht annahmen in all dem Fluxus von Tempus und Tide? Die Schlichtheit der Natur hielt sie umfangen, vom Scheitel bis zur Sohle. Was sie ausgaben, war bloß die Erde, die Weile hatte, bis, ein paar Milliarden Verbesserungsjahre später, Königin-Mann und Königs-Frau, nachdem sie für die Verschlimmerung geschuftet und einen Skandal aus der Fortentwicklung gemacht hatten, unter den Glocken der Brautwache und des Leichenschlafs, Butter und Senf auf dem Almosenbrot, dem mildtätigen, in der Vorratskammer ein kaltes Ende höchst merkwürdigen Hammelfleischs nach dem anderen stibitzten, um den Aufstieg zum Dirnendienst fetter zu gestalten oder um ihren Pips aufzumuntern durch das Versprechen der Überfülle, ihren Kitzel zu zügeln durch milde Stränge, das Haarband ein Minütchen zu spät angebracht, das Fäßchen fürs Passah-Mal schmierend - vom Schleim bis hin zum Traum ein einziges langes Mysterium von einem Äonstopf, der da dampft, geschultert vom Lamm, auf daß es vorangehe mit uns, Hand über Hand empor zum Standard, um dort Bäh zu machen übers Blöken, bis, sagen wir, wir in einem Anno Domini auf dem Präsentierteller vorgeführt bekamen, daß die Christen derzeit nichts halten vom Kopfsprung, um den Pippinapfel in Badewasser und Kuhtrog anzubeißen; während nur gerade einen Gedanken rückwärts der Heide in längst vergangener Zeit Mystik auf Magie häufte, um dasselbe Ergebnis herbeizuführen - will sie oder will er nicht?
Also Liebestränke und Schnapsschlucke und wohin, woher für Maiden, gänzlich verloren in den Lumpen der Liebeshoffnung. Schlucken sie nicht Schlucke vom vorjährigen Schnee, vom vorjährigen Bitter, befleckt von Sassafras und geelendet von Shag, um den holprigen Fahrweg zu wachsen, auf dem die Liebe scheut im Handgalopp, um sie zum warnenden Beispiel von sie liebt mich, er liebt mich zu machen und des nicht zu nicht? Manche gehen in Achketten und Wehankern, halsgebunden und nachtgeschunden, Daumen besorgt und Lippen zerborgt, um des Guten willen, das dies auf den Knien des Morgen abwerfen könnte oder an den steifen Hals des Glücksgotts. Doch Liebestrank auf Stammelmund, und Hoffnung auf Zuckung und umso mehr über die Schulter fortgeworfene Schalen, desto mehr einem Mädchen verfallen. Und daß man sagt: Enträtsel mir dies oder vermuschel mir das, und denk dir das Gebräu, wie immer du magst, hicks hie jacet, gar nichts bringt es zutage als eine Null mit nem Schatz auf dem Buckel.
War da ein Flüstern von Ellen oder Mary, von Rachel oder Gretchen, von Tao oder Hedda oder Bellorinabella oder Tankred von Injen in den alten Winden oder von Ehefrauen, die der Ehefrau eins wisperten? Was steckt vor Christus denn in einem Namen? Waren alle Verrichtungen eines Giganten die eines Mannes und keine Berggipfelmauserungen eines gut an die Hacken gepappten Gobelins? Um nichts und weniger von den Mythen zu sagen, die zungenverschwistert waren mit Mädchenrede oder ein Blütenblatt vom Hundefenchel, das eine doppeltverhängnisvolle Brise sucht? Landein blasend um der Spur willen und landaus um des Dufts willen und mit der Nase zum Boden tauchend, um der Spur ihres Begehrens willen? Hupf über Bluff und hops über Moor die Wasserrinne hinabstolzierend zur Zierde einer Allee. Wirbelnd und johlend kündend von einer Miss mit ihrer Misses? Keine Zeit ohne Gott, kein Ende ohne Christus!
Im Maul der Höhle wurde es gerüchtweise verbreitet als Liebe-ums-Haar, als der Schenkelknochen der Mutter der Tochter die Leviten las und das Brustbein der Wünsche Schwachschwestern Wohlbehagen verschaffte.
Wir haben es herausgeschnippelt aus einer Grasbrise und herausgesammelt aus der Braue eines Bluffs, Blatt für Blatt, unglaubliche Herbste tief, vergessen von jedermann bis auf die Bluthunde der Herleitung, daß gar Priscilla zu einem Spinnrocken bereit war und ihren Johannes nur durcheinanderbrachte, denn ihre Johanna im Küchenschrank wäre keinem Hund einen Knochen wert gewesen.
Wintergelage auf Sommerhungern bringt alle Bücher zum Mahlen, und gieß die Molke ab, wie du willst, deine Hände werden den Butterfleck aufs Konzeptpapier der Beichte drucken. So iß denn deinen Wintersalat und sag deine Frühlingsperlen auf, such deinen Spiegel oder steh zur Mitternachtsstunde in der Kälte oder leg dir was du willst unters Kopfkissen, um was du kannst im Morgengrauen davon zu wissen, oder sieh den Mond über deiner Schulter an, wie er herumstreift und die Welt jagt um eines Omens willen, du kriegst sie schon, du bekommst sie schon, und wirst sie schon nehmen und verlieren, du wirst sie um ein Tüttelchen verfehlen und um eine Klafter darüber hinauslangen, unterbewerten, überschätzen, heißen Bettes oder kalten! Der Zweig biegt sich nicht, es sei denn, um jemanden durchzulassen, und einige müssen vorangehen, und manche müssen danach kommen. Und wieso ist der Dschungel so zweigig und im Weg, wenn nicht deshalb, weil ein Bison und ein Bison und ein Bison vorbeikamen?
So nimm also das erste Haar von deinem Kopf und kochs mit Stutenmilch und wickels in eine Serviette und bring die Geiß von drinnen nach draußen, und dann pflüg der alten Mutter sechs Pfannen ihrer Erde durch und hart an der pelzigen Seite leg den Flor über die Enden der Hörner, und darüber wirf den Spähblick einer zweifelsfreien Sappho, herausgezwinkert aus den Eintöpfen der Geheimen Griechenkraftbrühe und irgendeiner Reinette von Lesbos, um ein Hochkommen bei der nahbevorstehenden Wiederauferstehung zu erzwingen, und zieh dir ein Hufeisen an, damit du die Glücksstute beim Galopp im Trab reiten kannst, und wenn die Masse blubbert und an der Lippe des Flusses bebt, nenn sie den lieben Cyprian und nimm sie auf der warmen Seite unter deine Flügel und abere ihr keine Abers hin!
Oder hättest du gern weniger Probleme?
Hinweg mit dir, Mädchen!
30 Tage hat der November
Ebbe
Kan man sagen, auf welchem Pfad, unter welchem Busch, neben welchem Graben, unter welchem Berg, durch welche Menschenmühe und Sklavenarbeit der Mann auf die Fuchslöcher der Weisheit und bisweilen gar auf ihre ureigenste Haut stieß? Nein, das läßt sich nicht sagen, weil etliche ihre strahlende Jugend damit verbringen, sie zu suchen, während die Frau ihre strahlende Jugend damit verbringt, sie strahlend zu meiden. Und mit fünfzig, was hat der Mann da, wenn nicht lauter Weisheit, und was hat dann die Frau, als auf plötzlichere und folglich angenehmere Weise ebenfalls diese Weisheit, denn zum Mann kommt sie mit der Heimlichkeit eines tiefen Schlafs, und in einem Schlaf befindet er sich, wenn er nickt, daß er sie eingesackt hat, doch zur Frau kommt sie, wenn sie keine Veranlassung zu Kindern hat und nicht säuglingstauglich ist. Dann ist sie weise!
»Welch Glücksfall von einem Augenblick!« sagte Dame Musset, als sie mit gut fünfzig ein langes Stück Strand um sich erblickte. »Was für eine Droschkenfahrt, wenn man keine Adresse hat, was für Stecken in der Hand, wenn die Hügel herabgekommen sind. Nun«, setzte sie hinzu, »da dieser gemarterte alte Weinschlauch das Ausplündern nicht länger leiden kann, werde ich mich allerdings um die Welt herumdrehen und -tändeln, was das Zeug hält! Doch«, so sinnierte sie, »was ist diese Sicherheit und Weisheit wert, wenn sie vor dem Pferd dahergeritten kommt? Die Frauen müssen davon wissen, ehe sie können! Und hol's der Kuckuck!« sagte die wackere Dame, »Ich werde die Glocken von Basan läuten ob dieser Entdeckung und durch meine ganze Stadt hindurch ein solches Ächzen und Gebimmel erzeugen, daß jede Frau die Korsettstangen lösen und sie vor lauter Ergötzen ans Fenster hängen wird!«
Folglich machte sie sich auf, um durch die Stadt zu gehen, den Stecken in der Hand, die Bärenfellmütze tief über das eine Auge gezogen, und während sie so umherging, sprach sie mit Frauen, inhäusig und aushäusig, und gab ihnen über viele Dinge Bescheid, von denen sie noch ganz lange Zeit nichts zu erfahren gehofft hatten.
Manche weinten um der Liebe willen in Tücher, und andere wieder schwammen hinaus in einem Schluck Grabenwasser und holten sich ihre Tode durch Ertrinken oder hingen baumaufwärts an Galgenstricken und Brunnenseilen und Drachenschnüren und an Wassertrossen, und noch andere starben in schwarzen Handschuhen, oder aßen köstliche Schmankerl, in aller Eile zusammengerührt mit Schierling aus einer Vorratskammer, die niemals mehr knarren würde unter ihrem Saum, und wieder andere bohrten, Asche durch Staub und Kies durch Steinwaage, nach einem Grab, hinabtauchend zwecks völliger Bedeckung, oder knieten über schräggestellten Spiegeln und fragten die weltweise Lüge oder gingen in ihren hübschen Kleinigkeiten Rumpf hoch, Herz runter um des Kummers und des Schmerzes der Verlorenenliebesmüh willen, während Dame Musset auf dem Holz eines Dornstrauchs saß (und nimmer um irgendetwas weiser), auf daß sie vielleicht ein Mädchen retten könnte oder etwas dergleichen, ehe es in der üppigen Welle gebadet oder sich einen Mundvoll vom Wirrwarr der Versuchung einverleibt hätte.
»Mädel!« sagte sie zur ersten, die sie nahen sah, »Das Fleisch auf deinen Knochen kündet schreiend vom Frühling im Fett, doch könnte ich dich vergiften mit dem Fangzahn des Wissens, dir in deinen Zwanzigern ein Bein stellen, so daß du tief im Morastigen zu äsen kämst, das ist Alte-Mädchen-Weisheit, wie gern täte ich das nicht, hochgemut und mit Vergnügen, also«, sagte sie, »rat mir dies: So lahm wie eine Gans, so reglos wie ein Stillstand, so rasch wie eine Uhr und so naß wie ein Bach, so weich wie ein Mausestiez, so hart wie ein Herz, so salzig wie eine Speckseite, so bitter wie Galle, so süß wie der Weg hinein, so sauer wie alter Cidre, so lieb wie ein Liebling, so gemein wie ein Furunkel, was immer da ist und nicht in Sicht, was so hell ist wie ein Kopftuch und so dunkel wie eine Krähe? Das«, sagte sie, »ist die Liebe, doch«, fügte sie hinzu, »rat mir dies andere: Was so kühl ist wie ein Kuheuter, so gescheit wie ein Page, so ruhig wie ein Groschen, so selbstgewiß wie Ganz-wie-Sie-meinen und Recht-wie-Sie-haben. Weisheit. Und was willst du haben?«
Doch das Mädchen wollte nicht zuhören und sagte Hüh! zu seinen Ochsen. Darauf ging Dame Musset in die Petticoat Lane, gleich bei der Breach-String-Alley, wo der Spülicht der Welt in einem Dutzend Schubladen im viktorianischen Stil enthalten ist, Bein um Bein und eine prächtige Lücke zum Umspannen. Und als sie ein junges Ding sah, das vom Markt kam mit nur wenig in seinem Korb, um es vor dem Verhungern zu bewahren, außer einem ganzen Ochsen mit herausgestreckter Zunge, ein einziges Steißstück bis zum Bruststück mit einer Rosette in der Falte und einem ganzen Überblick über den Himmel im matten Licht seiner Augen, ganze Faden tiefer Weisheit in seinen Augäpfeln vom lieben Eden, anderthalb Ries Kaldaunenfleisch, das drei Mägen weit zurückreichte, und dazu einer schweinsblonden Blase fürs Baby, um das Vieh nach Hause zu rufen, und einer Runde Hasenfell, um Papa einen Mantel zu machen, dazu einem Futtersack voll Mohrrüben und einer Kumme Roggen und einer Mühle auf dem Rücken, um die Äpfel in ihrem Winteracker zu worfeln zu Fäßchen von Hausgebrautem für einen Gast und einem Geheimnis für den ganzen langen Winter - zu dieser also sagte die Musset, während die Gänse sich linkisch zusammenscharten: »Halt, Mädel, du hast noch viel zu lernen, ehe du jenes Futter die Kehle zu deinen Eingeweiden hinunterstopfst, und das dreht sich um die Liebe und ihren Kummer, welche, meinen neusten Befunden zufolge, in eine Angelegenheit weder der Tränen noch der Schüttelfröste verwandelt werden können, so hör also zu und sag ja, während ich dich, für Keingold, so weise wie deine Mutter mache, also rat mir dies -«
Doch das Mädchen wollte nicht zuhören und sagte: »Kzzt!« zu seinen Gänsen, und Dame Musset ging weiter und in die Highhip Road hinein und erblickte dort auf den Stufen des Palastes Mädchen aller Arten inmitten ihrer Lautensaiten und Samtstoffe, ihrer Krethis und Pletis von Sodom und ihrer Rockschöße von Gomorrah, und alle verbargen sie einen Brief, und keine von ihnen war zwanzig, und alle hatten sie das Auge des Jagdhunds und das vernagelte Herz und das Taumelige derer, die in den Weidegründen der Hoffnung eingepfercht sind, bereits weit vorangekommen auf dem Weg zur Schlachtbank des Alles-wissen-und-alles-probieren, und Dame Musset wurde außerordentlich traurig, obgleich keine Ader blutete, denn das Wissen hatte sie abgekühlt vom Perron bis zum Schornstein.
»Mädels, Mädels«, sagte sie, »jetzt haltet inne, um zuzuhören, ich bringe keine andere Trompete als die meiner Botschaft. Ich bitte euch, laßt euch am Rande jenes Palastes nieder, wie die Tauben auf der Brüstung, bis ihr mit mir gesprochen habt, denn ich bin gekommen, um euch von der Liebe und der Torheit der Liebe zu erlösen und den großen Anfällen von Bedauern, die sich zusammenbrauen wie der Donner und entrollen zu schrecklichen Bannern, um euch zu verdammen. So ratet mir dies-«
Doch die Mädchen wollten nicht zuhören und lupften fegend die Röcke und wandten sich ab, und Dame Musset ging noch weiter, bis in den Brambelly Grove, wo Frauen Frauen sind und sämtlich damit beschäftigt, den Kummer zu geißeln, der der anderen daraus erwuchs, daß sie mit X-Beliebigem vorliebnahm, wie Leintücher lagen sie über Buchshecke und Rosenstrauch, ein einziges entehrtes Geschrei, das da kreuchte.
»So hört doch auf!« rief Dame Musset, »Obgleich das ein seltener Anblick ist und einer, den ich nicht für Schenkel noch Schienbein hätte missen mögen, doch ich hab's ja gesehen, und das genügt, also erhebt euch, herunter mit dem Arm, ich bin gekommen, um euch etwas mitzuteilen, das aus diesem Geschäft ein läppisches Prügeln machen wird statt des Beweinenswerten, so ratet mir dies -«
Doch sie wollten nicht zuhören, und die Peitsche fiel, und die Mädchen weinten, alles in den Hecken von Brambelly Grove.
So ging Dame Musset denn weiter, bis sie zum Wellover Square kam, wo sie eine Madame in Fäustlingen sah, die gerade bei den Pforten der Regierung ihren Tee nippte. Sie blieb stehen, und als wäre sie ein Ausrufer von Alt-London gewesen, sagte sie zu ihr auf nämliche Weise: »Madame, ich werde Ihre Zeit nicht damit verschwenden, daß ich welche von Ihnen erbitte. Heute morgen, gerade als die Uhr die dritte Dämmerstunde schlug, kam ich herab von den kreischenden Winden der Lebensturbulenzen, ein Wimpel in keiner Brise, und ich erkannte, wie und aufweiche Weise ich der Welt all ihre Prüfungen und Mißhelligkeiten ersparen könnte, und zwar selbst denen, die albern genug sind, in einen Mann verliebt zu sein und noch einen Mann. Diese Weisheit kam wie die Schafe aus dem Pferch, und der Jagdhund der Pein sprang von der Brust einer frischgebackenen Braut. Ich habe freilich, wie alle über fünfzig, Vergnügen daran, zu wissen, worin ich geirrt habe. Nur, hätte ich dies Wissen gehabt, als ich zehn war und noch nicht einmal zehn, ich hätte doch prächtigere Nächte gekannt und die Tränen hätten nicht meine Leintücher vergeudet und mit schlimmem Duft erfüllt, also schenke ich sie Ihnen: Wünschen Sie sich nie etwas anderes, als was Sie haben, haben Sie nie etwas anderes, als das, was übrigbleibt, und lassen Sie nichts übrigbleiben. Weisheit ist Gleichgültigkeit, das einzig Lästige daran ist«, sagte sie und schwieg einen Augenblick, »die ungewöhnliche Weise, wie sie das Bett füllt. Denn heute morgen, noch keine halbe Stunde, nachdem meine Weisheit auf mich gekommen war, rissen zehn Mädchen, um die ich mich vor nur einem Monat flüchtig bemüht hatte, an meinen Jalousien —«
»Ach ja«, sagte die Madame und tat noch ein weiteres Stück Zucker in ihren Tee, »ich bin sechzig, und in meinem Alter sind sowohl die Jugend wie die Weisheit vorüber, und man bringt eine dritte Saat zum Reifen.«
»Gott bewahr uns«, rief Dame Musset, »ist da immer noch etwas zu lernen in dieser Welt?«
»Aber ja«, sagte das alte Weib, »das eine und andere. Mit sechzig ist man bereits zehn Jahre seines Wissens überdrüssig.«
Daraufhin kehrte Dame Musset auf dem Weg zurück, den sie gekommen war, und widerrief en route ihren Auftrag, daß die Glocken geläutet werden sollten.
31 Tage hat der Dezember
In diesem kalten und kühlen Dezember, dem Monat des Jahres, wo der Gottesbeweis starb, starb die Hl. Musset, der Erdenbeweis, denn sie war auf dem Liebespfad, auf dem sie so lange gediehen war, schütter geworden und hatte sich entwurzelt. Und sie fand ihren Tod auch nicht mit Hilfe irgendeiner fremden Krankheit, sondern als eine, die in gewichtigem Auftrag unterwegs war und vom Botschafter abberufen wurde.
Sie hatte geblüht nach dem Bedürfnis des Lebenssafts, und als der Saft des Bedürfnisses im Jahre des Herrn 19- solch leichten Fluß fand, was blieb da für sie noch zu tun? Aber wenn ihr Leben auch abgeschlossen sei, so habe sie doch noch allerhand Transaktionen bezüglich ihres Endes vor sich, so sagte sie, flach auf dem Rücken liegend, und ihr tüchtiger Zinken von einer Nase hatte unterdessen noch päpstlichere Ausmaße angenommen. »Ich habe irgendwo gehört, daß es soviele Beerdigungen und so verschiedene geben soll, wie es Geburten gibt, ja noch darüber hinaus, denn ein Baby kann auf zwei Weisen geboren werden, Kopf voran oder Fuß voran, doch ein Leichnam kann im Ganzen hinabgehen oder Stück für Stück, seitwärts oder längsseits oder Schienbein am Kinn. Da ist das Kleinstadtbegräbnis und das Staatsbegräbnis und das Erntebegräbnis und das Frostbegräbnis. Da gibt es das Knochenbrechen und Einsargen, wie sie es im Gangesbezirk verstehen, und es gibt das aufrechte und das in Rückenlage und von Kopf bis Fuß, gibt es das Urnenbegräbnis oder die Feuerbestattung, da ist der fleischfressende Stein, der Sarkophag, da ist das Einbalsamieren und Strecken der Eingeweide, da ist das Wehklagen und das Lachen, da sind die, die in Schützengräben begraben liegen, und die in Grabkammern und die auf den Hügeln und die im Tal, die durch flaches Graben und die durch tiefes Graben Beerdigten. Manchen folgt man zu Fuß und manchen in Kutschen, und manchen folgt man nur im Geiste, und manchen folgt man überhaupt nicht; manche kriegen ein christliches und manche ein heidnisches Ritual, und manche werden in Kirchen für eine Stunde verschluckt, und andere werden mit Wein und Gesang begleitet und mit den Blättern vom Tage bedeckt, während der Esel auf dem Marktplatz iaaht und das Geräusch der Weinpresse sich anhört wie der Erguß eines ersten Mädchenkummers.
Nun hinterlasse ich denen, die folgen sollen, oder ich mißdeute meine Meisterschaft in diesen reifen Tagen meines Lebens (da sie reichliche neunundneunzig Jahre erreicht hatte), viele Trauernde von vielen Nationen und Temperamenten, und da sie mich im Leben auf verschiedenartige Weise liebten, so möchte ich auch, daß sie für mich im Tode verschiedenartige Pläne fassen. Denkt euch also soviele Rituale der Bestattung und des Endes, des Verbrennens und Knochenbrechens aus, wie es unschuldigerweise nur geben kann, nur«, sagte sie mit jener mäßigenden Logik, die sie zu jeder Stunde ihres Lebens als bedeutende Politikerin hatte handeln lassen, »plant unter dem Gesichtspunkt der Vielfalt, denn wie wollt ihr, wenn ihr mich zuerst verbrennt, mich zum späteren Zusammenschrumpfen erhalten, und wie, wenn ihr mich in den Ozean werft, könnt ihr mich ebenfalls der Erde anheimgeben? Nein, ihr müßt euch der Sache mit Vorbedacht und ohne Eifersüchtelei annehmen, so daß ich nicht allzu lange in jenem Zustand verweile, der, wenn man ihn der Natur überläßt, höchst unziemlich ist, wie viele ihrer groben Tricks. Sorgt also für einen Rat und plant weidlich und bringt eine so gute Sache zustande, wie weiblicher Scharfsinn sie nur ersinnen kann.«
So geschah es also, daß es, als sie zum Sterben kam, viele gab, die waren so ausgelaugt vom Wehklagen und manche so übersättigt von Vergänglichkeit und andere so verschroben im Kopfe, daß volle achtundvierzig Stunden ein Gezanke zu hören war, während sie behaglich dalag, so als verspürte sie an ihnen ein wenig vom Brauch alter Tage.
Zuerst rasierten sich vierzig Frauen die Köpfe (alle, bis auf Senorita Fly-About, die für keine Frau, tot oder lebendig, ihrem Liebreiz verändernd zu nahe träte) und trugen sie in einem monströsen Katafalk einzeln. Und sie gruben ihr viele Gräber, und viele Sprüche und viel Poesie wurden für sie ersonnen, und am Ende legten sie sie auf einen großen Scheiterhaufen und verbrannten sie bis ins Innerste und wärmten ihr die Urne mit den Händen vor wie ein rechter Weinsüffler sein Weinglas. Und als sie dann vor der Asche standen, die von ihr übrigblieb, war alles verbrannt bis auf die Zunge, und die flammte und wollte keine Asche dulden und spielte über die Handvoll hinweg, die wirklich sie gewesen war. Und als man das mitansah, entstanden eine gewaltige Unruhe und das Geräusch von hastig gerafften Röcken und das Klappern von vielen laufenden Füßen, doch Senorita Fly-About war als erste an jener Urne, und Glückseligkeit spielte und flackerte über ihr Gesicht, und unter ihren Röcken drang langsam ein Rauch hervor, obwohl nichts brannte, und die Trauernden kläfften begierig um sie herum, und die ganze Nacht hindurch, so wurde verbreitet, habe das Gekläff angehalten, wie das klagende Bellen von Jagdhunden in den Hügeln, wenn auch bei Morgengrauen kein Ton zu hören war, und als der Tag kam, sah man die etlichen hundert Frauen im Gebet gebeugt. Und noch ein bißchen später hoben sie die Asche und das Feuer in ihrer Urne hoch hinauf in ihrer Mitte und setzten sie auf den Altar im Liebestempel. Dort züngelt sie angeblich bis zum heutigen Tage, und man kann immer noch die Zeilen unterhalb ihrer Henkel entziffern: »Oh ihr Kleingläubigen«.
durch die Stadt, und dann gingen diese vierzig Frauen in der Dunkelheit der katholischen Kirche in vierzig Höhenabstufungen in die Knie, und dann wurde sie auf viele Tage in einer Grabkammer versiegelt, und die Frauen zwitscherten um die Grabkammer herum wie die Vögel unmittelbar vor einem Unwetter; und dann trugen sie sie zum Kreuzweg, und an jeder Kreuzesstation wurde die Totenbahre abgesetzt. Und ein Vogel kam und krähte im Vorüberfliegen erbärmlich, obwohl gerade in dem Augenblick ein Haferkorn in die Finsternis seines Kropfs hinabgestiegen war, und ein wenig später an einer anderen Kreuzesstation kam ein Hase, und indem er auf dem Sargdeckel stand, schlug er, entsprechend seiner Gewohnheit des Hinterlauftrommelns, dreimal dagegen, und noch weiter kam eine Bergziege des Wegs und warf ihren Bart hoch und wehklagte bitterlich zwischen der ebenmäßigen Zahnreihe hindurch, die doch nur das einwärts wandernde Gras kannte und kein Wort darüber, und ein wenig später (da gingen viele Forken hin und her, denn der Frühling im Gras hatte viele Herden nach allen Himmelsrichtungen gehen sehen, und da die Liebe für eine Saison eine kommune Grasspeise abgab, was war das für ein Gemuhe und Iaahen, und Huf und Ferse stampften, um Bericht zu geben) kam eine Nachteule und setzte sich am einen Ende auf eine prächtige schwarze Troddel und sagte, oder jedenfalls behaupten die Dorfbewohner das: »Ach! Gott!«, als sei das ihr dringendstes Herzensbedürfnis, und noch später kam ein Erdwesen, das bis zum heutigen Tag nicht indentifiziert ist, aus der Erde empor und stand am Rand, und immer noch halbblind und lidlos, schüttelte es seinen Pelz von der Kehle bis zum Schwanz in einer einzigen langen Wellenbewegung des Unglücks und stieg wieder hinab. Und nun kam ein Bär, der noch so blutjung war, daß er sich vorwärtsrobbte, und hob die Gottesgabe seiner Schnauze und sagte: »Baaaah!« Und so kam es, daß sie weitereilten und sie in die Erde eines Dörfchens legten und sie danach in einer großen Stadt niedersenkten, und manche beerdigten sie flach und manche tief, und Frauen, die ihren Gatten nicht alles erzählt hatten, schlössen sich ihnen an. Und da gab es nach unten gekehrte, verschleierte Gesichter und nackte emporgewandte Gesichter, und manche wehklagten seitwärts und manche vorwärts und manche verschränkten die Hände ineinander, und andere trugen sie einzeln. Und sie gruben ihr viele Gräber, und viele Sprüche und viel Poesie wurden für sie ersonnen, und am Ende legten sie sie auf einen großen Scheiterhaufen und verbrannten sie bis ins Innerste und wärmten ihr die Urne mit den Händen vor wie ein rechter Weinsüffler sein Weinglas. Und als sie dann vor der Asche standen, die von ihr übrigblieb, war alles verbrannt bis auf die Zunge, und die flammte und wollte keine Asche dulden und spielte über die Handvoll hinweg, die wirklich sie gewesen war. Und als man das mitansah, entstanden eine gewaltige Unruhe und das Geräusch von hastig gerafften Röcken und das Klappern von vielen laufenden Füßen, doch Senorita Fly-About war als erste an jener Urne, und Glückseligkeit spielte und flackerte über ihr Gesicht, und unter ihren Röcken drang langsam ein Rauch hervor, obwohl nichts brannte, und die Trauernden kläfften begierig um sie herum, und die ganze Nacht hindurch, so wurde verbreitet, habe das Gekläff angehalten, wie das klagende Bellen von Jagdhunden in den Hügeln, wenn auch bei Morgengrauen kein Ton zu hören war, und als der Tag kam, sah man die etlichen hundert Frauen im Gebet gebeugt. Und noch ein bißchen später hoben sie die Asche und das Feuer in ihrer Urne hoch hinauf in ihrer Mitte und setzten sie auf den Altar im Liebestempel. Dort züngelt sie angeblich bis zum heutigen Tage, und man kann immer noch die Zeilen unterhalb ihrer Henkel entziffern:
»Oh ihr Kleingläubigen«.