Beatrix von Brabant

Enkelin König Philipps von Schwaben, Gemahlin Heinrich Raspes

In einem vorangegangenen Abschnitt wurde über Maria, eine der vier Töchter König Philipps von Schwaben und der Irene von Byzanz, und deren Ehe mit Heinrich II. von Brabant berichtet; auch über die unglückliche Tochter Maria aus dieser Ehe, mit dem Herzog Ludwig IL, dem Strengen, dem Oheim Konradins, verheiratet. Nun sei unser Augenmerk auf Beatrix gerichtet, die zweite Tochter aus der Ehe der staufischen Maria mit Heinrich II. von Brabant.

»Die Menschen der mittelalterlichen Geschichte, die wir zu verstehen und zu beleben versuchen, ziehen meist an unseren Augen vorbei wie Schatten, von denen wir nur die Umrisse zu erkennen vermögen.« (Rudolf Maisch)

Das gilt vor allem für die Frauen, gilt auch für Beatrix. Um so deutlicher erscheint uns der Hintergrund zu ihrem Leben. Dadurch, daß sie die Gattin Heinrich Raspes, Landgrafen von Thüringen wurde, geriet sie in die Wirren der beginnenden kaiserlosen Zeit.
Heinrich Raspe (der Rauhe, um 1204—1247) war der Sohn Hermanns I. Pfalzgrafen von Sachsen und Landgrafen von Thüringen, der durch den sagenhaften Sängerkrieg auf der Wartburg in der Erinnerung weiterlebt. Hermanns Mutter war eine Halbschwester Friedrichs I. Barbarossas, Jutta (Claricia). Durch seinen Bruder Ludwig den Heiligen war Heinrich Raspe der Schwager der hl. Elisabeth, die er aus der Wartburg verdrängte; und er maßte sich gegen seinen Neffen und sein Mündel Hermann II. die Herrschaft an. Er war ein Mann, hin- und hergerissen zwischen Machtsucht und Kirchenfrömmigkeit.
Heinrich Raspe war vor der Eheschließung mit Beatrix 1241 bereits zweimal verheiratet gewesen, mit Elisabeth der Tochter des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, und Gertrud, der Tochter Herzog Leopolds VI. von Österreich.
Er lebte und regierte nach seinem Grundsatz: Für Kaiser und Papst. Als einer der getreuesten Anhänger Kaiser Friedrichs II, der ihm hohe Ämter im Reich anvertraute, war er einer der siebzig Fürsten auf dem Hoftag in Mainz 1235 und erlebte die Ehre, daß der Kaiser ein Jahr später an der Feier der Erhebung der Gebeine seiner Schwägerin, der hl. Elisabeth, teilnahm. Immer an der Seite der Staufer, stimmte er 1237 für die Wahl des Sohnes des Kaisers, Konrads, zu dessen Nachfolger.
Die päpstliche Bannung des Kaisers 1239 brachte den kirchentreuen Heinrich Raspe in einen Gewissenskonflikt.
In dieser Zeit vermählte er sich 1241 in dritter Ehe mit der staufisch-brabantischen Beatrix. Er geriet unter den Einfluß von deren wankelmütigem Vater Heinrich II. von Brabant und des päpstlichen Agenten in Deutschland, des Archidiakons Albert Beham von Passau. Nun änderte sich sein Grundsatz in: Kaiser oder Papst. Durch die Absetzung Kaiser Friedrichs II. im Konzil von Lyon 1245 sah er sich gezwungen, sich für den Papst zu entscheiden und mit dem Kaiser zu brechen.
1246 wurde Heinrich Raspe in Veitshöchheim bei Würzburg zum Gegenkönig Friedrichs II. gewählt (»Pfaffenkönig«), obwohl Heinrich Raspe 1237 den Sohn des Kaisers, Konrad, zum König mitgewählt hatte. Gegen diesen, dem er das Herzogtum Schwaben absprach, richteten sich auch die kriegerischen Unternehmungen Heinrich Raspes. Zuerst   erfolgreich, wurde er im Winterfeldzug 1247 durch Konrad gezwungen, die Belagerung von Ulm aufzugeben und sich   krank   nach   Thüringen   zurückzuziehen.   Er stürzte vom Pferd und wurde auf die Wartburg gebracht.
Beatrix erlebte das schwere Sterben und den Tod ihres Gatten am 16. Februar 1247. Die Ehe hatte sechs Jahre gedauert. Heinrich Raspe war etwa 46 Jahre alt geworden. Seine drei Ehen waren kinderlos.
Die Reinhardsbrunner und Erfurter Chroniken geben eine Beschreibung seiner Bestattung. Winterstürme umbrausten die hohe Burg, als sich der Zug mit der Leiche des König-Landgrafen den Wartburgberg herabbewegte. Nur mit größter Anstrengung konnte der Sarg nach dem Katharinen-Kloster in Eisenach gebracht werden. Dort wollte Heinrich an der Seite seiner Eltern ruhen. Das Herz wurde im Dominikaner-Kloster beigesetzt.
Nur ein Jahr lang war Heinrich Raspe deutscher König gewesen. Die kurze Regierungszeit hinterließ keine Spuren.
Beatrix überlebte ihn um 41 Jahre. Sie starb im hohen Alter 1288. Bittere Schicksale ihrer Verwandtschaft blieben ihr nicht erspart. 1256 wurde ihre Schwester Maria von ihrem Gemahl Ludwig II. Herzog von Bayern aus grundloser Eifersucht ermordet; sie erlebte auf der Wartburg die unglückliche und schmachvolle Ehe der Tochter Kaiser Friedrichs IL, Margarete, mit dem Markgrafen Albrecht von Meißen, dessen Mordabsichten sich Margarete nur durch eine heimliche Flucht entziehen konnte. Sie überlebte Sturz und Ende ihrer staufischen Verwandtschaft um zwanzig Jahre.