Konradin, geboren am 25. März 1252 zu Wolfstein bei Landshut, ist der Sohn König Konrads IV. und der Elisabeth von Bayern.
König Konrad IV. (1228—1254) stand seinem Vater, dem Kaiser Friedrich II, näher als sein erstgeborener Sohn Heinrich, der am Aufstand gegen den Vater zugrundegegangen war. Nach den Erfahrungen mit diesem Heinrich wurde die Erziehung Konrads vom Vater sorgsam überwacht und gelenkt. 1231 wurde Konrad an Stelle seines abgesetzten Halbbruders Heinrich (VII.) zum König gewählt. Bei dem Aufenthalt des Kaisers in Bayern 1235 verlobte er seinen siebenjährigen Sohn mit Elisabeth (geboren um 1227), der Tochter des Herzogs Otto II. des Erlauchten von Bayern, und der Agnes, Tochter Heinrichs I. Pfalzgrafen bei Rhein. Die Vermählung fand 1246 statt.
Konradin wurde das einzige Kind aus dieser Ehe.
König Konrad IV., der seinen Sohn nie gesehen starb schon zwei Jahre nach dessen Geburt.
Nach dem Tod Kaiser Friedrichs II war er nach Italien gezogen, um das sizilische Erbreich zu retten starb aber schon 1254, erst 26 Jahre alt, in Lavello unweit von Melfi an der Malaria und wurde im Dom von Messina beigesetzt, der 1783 durch ein Erdbeben zerstört wurde.
Die neun Ehejahre Elisabeths mit Konrad IV. waren von den Unruhen der Kriege erfüllt, soweit ein Zusammenleben überhaupt möglich war. Nach dem Tod Konrads galt die Sorge ihrem Sohn Konradin und der Aufgabe, ihm das väterliche Erbe zu erhalten.
Elisabeth blieb, vor ihrem Fortzug nach Wasserburg am Inn, mit dem kleinen Konradin zunächst bei ihrem Bruder, dem Herzog Ludwig II, dem Strengen, von Bayern, der der Vormund Konradins war. Die Verhältnisse am Hof des Herzogs, eines jähen und zornigen Mannes, waren nicht erquicklich. Noch war die Ermordung König Philipps von Schwaben 1208 in Bamberg durch den Pfalzgrafen Otto von Witteisbach in böser Erinnerung, als auch dessen Neffe, Herzog Ludwig, einen Mord beging, dessen Zeugen seine Schwester Elisabeth und wohl auch Konradin wurden.
Herzog Ludwig hatte 1254 Maria von Brabant geheiratet, die Tochter Herzog Heinrichs II. von Brabant und Marias, der Tochter König Philipps von Schwaben. Der Bericht über den »Gattenmord von Donauwörth« ist eine düstere Novelle. »Diese Maria von Brabant
...lebte in jeglichem ihres Stands und Geschlechts würdig, der erste Schmuck eines Hofes, an dem sich so manche ehrenwerte Männer versammelten. Unter diesen zeichnete sich durch Tapferkeit und Gewandtheit in Worten und im Umgange aus, Ritter Rucho der Ottlinger. Mehrere Male spielte die Herzogin Schach mit ihm, was sein Zutrauen so erhöhte, daß er bat: sie möge ihn, gleich anderen ihrer näheren Diener, künftighin duzen und nicht mehr ihrzen, oder mit Ihr anreden. Die Herzogin aber schwieg und ließ es beim alten. Bald nachher zog ihr Gemahl ins Feld gen Augsburg und setzte sich so vielen Gefahren aus, daß Maria ihn, obgleich vergeblich, warnte. Da schrieb sie zu demselben Zwecke ein zweites Mal an den Herzog und gleichzeitig an den Ritter: er möge mit Fleiß dahin wirken, daß ihr Gemahl das Feld verlasse; dann wolle sie ihm auch die Bitte gewähren, um welche er sie so oft gebeten habe. — Statt des ersten kam durch Verwechslung dieser letzte Brief in die Hände Ludwigs, welcher (durch Verleumdung wahrscheinlich doppelt aufgeregt) die ihm unklaren Worte sogleich aufs ärgste mißdeutete, in sinnloser Wut den Boten niederstieß und Tag und Nacht reitend unerwartet am Abend des 18. Januars 1256 in Donauwörth anlangte, wo sich seine Gemahlin und seine Schwester, die Königin Elisabeth, aufhielten. Beide empfingen ihn mit ungeheuchelter Freude, er aber rief seiner Gemahlin entgegen: sie sei eine Verbrecherin und müsse sterben! — Diese, fast betäubt von Schreck und Schmerz, bat, wo nicht um Beweise so schwerer Anklage, doch um Frist, damit sie ihre Unschuld dartun könne. Allein weder ihre Bitten noch die dringende Fürsprache der Königin Elisabeth konnten den Herzog erweichen oder auch nur zur Besinnung bringen. Das Fräulein Eilika von Brennberg durchbohrte er — denn sie wisse um den Verrat — mit einem Messer; eine andere ließ er von der Mauer des Turms hinabstürzen, daß sie starb. Jetzo kam die Reihe an seine Gemahlin. Ungerührt durch die steigende Wehklage, durch ihr und der anderen lautes Flehen, durch die Schönheit der Unschuld, die sonst jedes schlafende Gewissen aufweckenden Mordtaten, beharrte er bei der satanischen Verstocktheit, welche er Gerechtigkeit nannte: Maria mußte niederknien und ein Wächter sie enthaupten! —Noch in dieser Nacht der Greuel und des Jammers, so erzählt man, erhielt der Herzog überzeugende Beweise von der Unschuld seiner Gemahlin: — da brach seine angebliche Kraft zusammen, und Mark und Bein wurden ihm durch Gewissensangst so furchtbar erschüttert, daß der erst siebenundzwanzigjährige braungelockte Mann am anderen Morgen, zum neuen Entsetzen aller, mit ganz ergrautem Haupthaare hervorging. — Als Zeichen der Reue erbaute Herzog Ludwig hierauf das Kloster Fürstenfeld.« (Raumer)
Dieser »Gattenmord von Donauwörth« wurde seit dem Minnesänger Stolle dem Jüngeren bis ins 19. Jahrhundert in einigen Gedichten und Dramen gestaltet. Weil sich in Berg bei Donauwörth ein Gasthaus »Zum Eisenhammer« befindet, wurde Schillers Eifersuchtsballade »Der Gang nach dem Eisenhammer« in Verbindung mit dem Gattenmord von Donauwörth gedeutet.
Es ist verständlich, daß die Mutter ihren Sohn diesem Vormund entzog. Er kam in die Obhut des Bischofs Eberhard von Konstanz, wo er eine glückliche Kindheit verlebte, eine vorzügliche Erziehung genoß und in den ritterlichen Übungen wie im Minnesang unterwiesen wurde. Der Bischof war ein streitbarer geistlicher Herr mit diplomatischem Geschick.
War schon Konradins Vater als schön wie Absalom beschrieben worden, übertraf ihn der Sohn noch an Anmut und Leibesschönheit, an Vornehmheit und Würde.
»In dem Jüngling Konradin endete das edelste Geschlecht, das je die deutsche Krone getragen. Wenig nur wissen die Zeitgenossen über die Persönlichkeit des Sohnes Konrads IV. und der Elisabeth, doch darin sind sich Deutsche und Italiener einig, seine jugendliche Schönheit zu preisen. Wenn er als sehr groß bezeichnet wurde, so weicht das Längenmaß überraschend ab von der überlieferten Mittelgröße der Staufer. Ob sich hier das Witteisbacher Erbe der Mutter oder die Körpergröße des Urgroßvaters Johann von Brienne auswirkte, ist nicht zu entscheiden.« (Erich Maschke)
Elisabeth ging fünf Jahre nach dem Tod ihres ersten Gatten (Konradin war sieben Jahre alt) 1259 eine zweite Ehe mit Meinhard II. Grafen von Görz und Tirol ein. Konradin schien in jener Zeit in Konstanz geblieben zu sein — er soll später die nicht standesgemäße Ehe der Mutter mißbilligt haben.
Sie verteidigte hartnäckig das Recht ihres Sohnes als Nachfolger Konrads IV. gegen Manfred, der das sizilische Erbe der Staufer gegen den vom Papst nach Italien gerufenen Karl I. von Anjou behaupten wollte, sich aber selbst die Nachfolge anmaßte. Schließlich begnügte er sich damit, Statthalter für Konradin in Sizilien zu sein. Nach Manfreds Tod in der Schlacht von Benevent 1266 entschloß sich Konradin nach reger Tätigkeit in Deutschland selber nach Italien zu ziehen und um das staufische Südreich zu kämpfen. Nach einem glänzenden Hoftag in Augsburg 1266 legte Konradin seinen Zug nach Italien für den Spätsommer 1267 fest. Die Mutter riet dringend, er möge sich mit einem friedlichen und ruhigen Leben in seinem Herzogtum begnügen, der Vormund und Oheim riet zu dem Heerzug nach Italien. Um diesen ausrüsten zu können, mußte Konradin viele Hausgüter verpfänden. Besonders der Herzog von Bayern nahm ausgiebig in Pfand, unter der Bedingung, daß die verpfände-nen Gebiete ihm zufallen sollten, falls Konradin kinderlos stürbe.
Am 22. August 1267 verabschiedete sich Konradin in Hohenschwangau von seiner Mutter.
In Schloß Tirol, wo Elisabeth nun lebte, mochte sie die Nachrichten über den glücklich verlaufenden Heereszug ihres Sohnes erhalten haben, über seinen festlich-freudigen, begeisterten Empfang in Rom — »allüberall Jubel und Lobgesang der Menge, die ihre Häupter mit Blumen und Laub bekränzt hatte« —, über das schlimme Ende der für Konradin schon gewonnenen Schlacht bei Tagliacozzo, in der schließlich Karl von Anjou siegte, die mißglückte Flucht, schließlich die Hinrichtung in Neapel am 29. Oktober 1268.
Die Berichte darüber, wohin der tote Konradin gebracht wurde, widersprechen einander. Einer lautet dahin,
»daß Elisabeth nach Neapel eilte, kam aber zu spät und erhielt bloß die Erlaubnis, eine Kapelle über seinem Grabe zu bauen«. (Raumer)
Dieser Bericht erscheint wenig glaubwürdig.
1272 ließ Elisabeth in Stams, zwischen Telfs und Motz bei Innsbruck, an Stelle einer hölzernen Wallfahrtskapelle inmitten alter Eichenwälder, die Johannes dem Täufer geweiht war und von zwölf Mönchen betreut wurde, zum Gedenken an Konradin ein Kloster errichten.
Aus der zweiten Ehe Elisabeths gingen vier Söhne und zwei Töchter hervor.
Elisabeth starb 1273 auf der Burg Gojen über Meran, bevor das Kloster fertig war. Sie wurde zunächst auf Schloß Tirol bestattet, dann 1284 feierlich in Stams beigesetzt. An ihrer Seite wurde 1298 ihr Gemahl bestattet. Dort ruhen auch vier Kinder Meinhards und Elisabeths und deren Nachkommen. Das Geläut einer Glocke und eine tägliche Totenmesse — so hatte es Elisabeth bestimmt — sollten dem Seelenheil Konradins dienen und das Gedächtnis an ihn bewahren.