Der wahre Grund der Scheidung Friedrichs I. Barbarossas von seiner ersten Frau Adela von Vohburg ist nicht schwierig zu erraten: Adela genügte seinen wachsenden Ansprüchen nicht. Was sie in die Ehe mitgebracht hatte, war nicht viel: Das Egerland mit der Stadt Eger, das schon Friedrichs Onkel König Konrad III. zum Verdruß der Diepoldinge ans Reich gebracht hatte. Welche Pläne Friedrich hegte, davon zeugen seine Bemühungen um eine zweite Ehe nach der Scheidung von Adela.
Er hätte kein Staufer sein dürfen, wäre sein Sinn nicht auf Festigung und Erweiterung der imperialen Macht gerichtet gewesen. Für eine zweite Ehe steckte er sein Ziel hoch.
Sein Blick richtete sich auf Byzanz. Er warb bei Kaiser Manuel I. um Maria, die Tochter des Sebastokrators Isaak, eines Angehörigen der kaiserlichen Familie und hohen Würdenträgers. In kluger Weise spielte Friedrich auf Italien und vor allem auf das normannische Sizilien an, das die Byzantiner zurückzuerobern sich bemühten. Byzanz stellte zu hohe Anforderungen, auf die Friedrich nicht einging. Als eine neue Botschaft mit ihren Forderungen zurücksteckte, hatte sich Friedrich bereits für Beatrix von Burgund entschieden.
Burgund war eines der politisch und wirtschaftlich wichtigsten Lehensländer des Imperiums gewesen, doch der Zusammenhang mit dem Reich hatte sich in der Zeit der schwachen deutschen Könige gelockert. Verschiedene weltliche Herren und Prälaten, die sich unabhängig gemacht hatten, waren bemüht, den deutschen Einfluß ganz auszuschalten. In den Streitigkeiten der verschiedenen Pfalz- und Markgrafen um die Vorherrschaft in Burgund widersetzte sich die einzige Tochter und damit Erbin des Grafen Rainald III. von Burgund, Beatrix, ihrem Oheim Wilhelm, der sie kurzerhand in einen Turm sperren ließ, wo sie zugrunde gehen sollte, damit ihm das Erbe seines Bruders Rainald zufalle.
»Selbst wenn Beatrix beim Kaiser keine Hilfe suchte, hatte dieser die Pflicht, sich der unschuldig Verfolgten anzunehmen; so beschloß er nicht nur sie zu befreien, sondern die sehr schöne Erbin von Burgund zu heiraten.« (Raumer)
Die Absicht Friedrich Barbarossas ist deutlich: die dem Imperium verlorengegangenen Bausteine zurückzuerwerben und um neue zu vermehren. Das ist der Anfang der Weltreichpläne seines Sohnes Heinrich VI.
So war auch die Heirat mit Beatrix von Burgund eine politische Ehe, aber sie wurde glücklich, vielleicht die glücklichste innerhalb der staufischen Familie.
Viele Chronisten haben das Bild Friedrich Barbarossas überliefert; sie stimmen alle mit Acerbus Morena überein:
»Der Kaiser war mittelgroß und von schöner Gestalt; er hatte gerade und wohlgeformte Gliedmaßen. Die helle Haut des Antlitzes war von rötlichem Schimmer übergossen, die Haare blond und lockig; sein Blick war heiter, so daß es schien, als ob er immer lachen wollte; er hatte weiße Zähne, sehr schöne Hände und einen schönen Mund.«
Einhellig ist auch das Bild, das uns von Beatrix überliefert wird:
»Sie war von mittlerer Körpergröße, ihr Haar leuchtete wie Gold, das Antlitz war sehr schön, die Zähne weiß und wohl gestellt; sie hatte eine aufrechte Haltung, einen sehr kleinen Mund, einen bescheidenen Blick, helle Augen, und war züchtig in sanfter, einnehmender Rede; sie hatte sehr schöne Hände und einen zierlichen Körper.« (Acerbus Morena
Diese Beschreibung ließ sich an dem Skelett der Beatrix im Dom zu Speyer nachprüfen.
Beatrix (geboren zwischen 1143 und 1147, gestorben 1184) war die Tochter des schon genannten Grafen Rainald III. von Burgund und der Agnes, Tochter des Herzogs Simon I. von Oberlothringen. Sie war nicht nur schön, sondern auch gebildet. Sie entstammte einer geistig hochstehenden Familie. Ihre Großmutter Adelheid von Lothringen hatte die Wissenschaften gefördert; die Schwester ihres Vaters, die Gattin des Dauphin von Vienne, war eine ausgezeichnete Lateinerin. Gautier von Arras, ein Zeitgenosse des Chretien de Troyes, hat Beatrix sein Romanepos »Ille et Galeron« (um 1167 entstanden) gewidmet, ein Zeichen ihrer Verbundenheit mit der Dichtung und wohl auch mit den Dichtern ihres Landes und des romanischen Kulturkreises.
Friedrich Barbarossa war ihr an Bildung unterlegen; er verstand etwas Latein, sprach es aber nicht. Doch was zählte das vor seiner imponierenden Lebenskraft und Kunst zu regieren, seiner Leutseligkeit und Daseinsfreude, seinem hochgemuten und unbeugsamen Wesen, das allen Schicksalsschlägen zu trotzen wußte?
Die Hochzeit wurde am 10./17. Juni 1156 in Würzburg gefeiert. 600 Jahre später (1752) entstand Tiepolos Deckenfresko mit der Darstellung der Hochzeit Friedrichs mit Beatrix im Kaisersaal der Würzburger Residenz des Fürstbischofs zur Erinnerung an jene prunkvolle Vermählung.
Soweit ihn Regierungsgeschäfte, Züge nach Italien oder Kriege nicht abhielten, weilte Friedrich bei Beatrix. Auf Reisen begleitete sie ihn, bei allen Festlichkeiten war sie anwesend. Stiftungsurkunden wurden vom Kaiser und von ihr unterzeichnet. Friedrich galt seinen Zeitgenossen als Pantoffelheld.
Bei dem Fest in Pavia, nach der Eroberung und Zerstörung Mailands durch Friedrich Barbarossa (1162), war sie der Stern über dem herrlichen Gastmahl; sie und Friedrich trugen dabei die Kaiserkrone auf dem Haupt. Er wie sie liebten ein festliches Leben, 1177 erlebte Beatrix anläßlich des Friedensschlusses in Venedig den prachtvollen Gottesdienst in der Markuskirche, wo sie der Papst, die Kardinäle und zahlreiches Volk erwartet hatten. Von Venedig reiste sie mit Friedrich und ihrem Sohn Heinrich über Ravenna und Spoleto durch Tuszien nach Pisa, wo sie feierlichst empfangen wurden. Die Reise ging weiter nach Arles, wo Friedrich zum König des Arelats gekrönt wurde, dann nach der Reichsstadt Besancon, wo die burgundischen Angelegenheiten geregelt wurden.
Es könnte verlocken, den Bericht über eine der großen Schlachten Friedrichs I. Barbarossas einzufügen; doch diese haben mit Beatrix wenig zu tun. Barbarossa liebte nicht nur die großen Schlachten, er war gleichermaßen großen Festen zugetan. Zu diesen Festen gehörte als glanzvoller Mittelpunkt Beatrix.
Ein Höhepunkt der Manifestation als Honor imperii, wie Friedrich Barbarossa genannt wurde, war das Reichsfest im Mai 1184 in Mainz, anläßlich der Schwertleite seiner ältesten Söhne Friedrich und Heinrich; Heinrich, der spätere Kaiser Heinrich VI., war schon 1169 vierjährig zum deutschen König gewählt und gekrönt worden. Die Zahl derer, die jenseits der weltlichen und geistlichen Großen und Würdenträger zu dem Fest geströmt waren, betrug fast eine halbe Million. Arnold von Lübeck berichtet:
»Im Jahr 1184, um Pfingsten, hielt Kaiser Friedrich einen sehr berühmten Hoftag zu Mainz. Dahin kamen alle Würdenträger, Beamten und Fürsten, dahin die Erzbischöfe und alle Großen und Edlen, die wetteiferten, dem Kaiser zu gefallen. In der Ebene, die sich in der Nähe von Mainz zwischen Rhein und Main ausbreitet, erhob sich eine leicht gebaute, aber glänzende und prächtige Stadt zur Aufnahme der von stattlichem Gefolge begleiteten Fürsten und Großen. In der Mitte der kunstreich erstehenden Zeltstadt erhob sich in reichgeschmücktem Holzbau der für den Kaiser selbst bestimmte Palast und, mit dem Palast in Verbindung stehend, eine mächtige Kirche. Um diesen Mittelpunkt breiteten sich in weitem Kreise die Zelte aus, welche die einzelnen Fürsten für sich herrichten ließen. Zahllose, in den verschiedensten Farben erglänzende Zelte bedeckten die weite Ebene, auf ihren Spitzen mit Fahnen und Bannern mannigfach geschmückt. Mehr noch staunte man die Vorräte von Lebensmitteln an, die auf des Kaisers Befehl von allen Seiten her, zu Land und zu Wasser, rheinaufwärts und rheinabwärts herbeigebracht wurden. Eine ganze Flotte von Schiffen lag längs des Rheinufers, die unerschöpfliche Massen Weins aus der weinreichen Landschaft herbeigeführt hatten. Und nicht anders war es mit Getreide, Brot, Schlachtvieh und Geflügel. Damit man sich aber von dem unbeschreiblichen Aufwande einen Begriff machen kann, will ich nur eins der geringsten Dinge anführen, um davon auf die größeren schließen zu lassen. Es waren dort zwei große Häuser errichtet, in welchen sich große Räume befanden, die durchweg mit Querstangen versehen waren. Diese Häuser waren von unten bis oben mit Hähnen und Hennen angefüllt, so daß kein Blick durch sie hindurchzudringen vermochte, zur größeren Verwunderung vieler, welche kaum geglaubt hatten, daß soviel Hühner überhaupt vorhanden wären. Wohl bedurfte man so gewaltiger Vorräte, denn drei Tage lang sollte die Masse der Fürsten und Edlen, der Einheimischen und Fremden als Gäste des Kaisers bewirtet werden. Und welche Menschenmassen waren außer den geladenen Gästen noch zu erwarten! Fahrende Sänger und Dichter, Spielleute und Gaukler wurden durch die Festlichkeiten aus weiter Ferne herbeigelockt, in der Hoffnung, von der Freigebigkeit des Kaisers und der Fürsten reichen Gewinn zu haben. Auf siebzigtausend schätzte man die Zahl der Ritter und Krieger, und dazu kam noch das Heer der Geistlichen und der Leute niederen Standes. Am ersten Pfingstfeiertage schritt Kaiser Friedrich mit seiner Gemahlin Beatrix im Schmucke des kaiserlichen Stirnreifes in feierlicher Prozession und geleitet von einem glänzenden Gefolge zu der in der Mitte des Lagers errichteten Kirche. Mit der königlichen Krone auf dem Haupte folgte ihnen König Heinrich. In ebenso
stattlichen Prozessionen verließen sie auch nach der Messe die Kirche. Glänzende Gastmähler schlossen den ersten Festtag, bei welchen den Dienst des Mundschenken und des Truchseß, des Marschalls und des Kämmerers die Fürsten des Reiches in eigener Person bei dem Kaiser versahen. Am folgenden Tage fanden nach der Frühmesse glänzende Ritterspiele und Waffenübungen statt, bei welchen des Kaisers Söhne, König Heinrich und Herzog Friedrich von Schwaben, ihre Gewandtheit in der Führung der Waffen bewiesen. Etwa 20 000 Ritter wetteiferten da nicht bloß in allen ritterlichen Künsten, sondern auch in Kostbarkeit der Rüstung, Glanz der Waffen und in Schönheit der Rosse. Kaiser Friedrich selbst erschien in ihrer Mitte und nahm an ihren Kämpfen teil. Als das glänzende Schauspiel beendet war, wurden des Kaisers Söhne feierlich mit dem Schwerte umgürtet und zu Rittern geschlagen. Zur Feier des frohen Ereignisses ließen sie dann den in Scharen zusammengeströmten Dienstmannen, Sängern, Gauklern und armen Leuten Gold und Silber, Pferde, Gewänder und andere Gaben austeilen.«
Es bedarf nicht vieler Phantasie, sich in diesem Bild der Zeit und staufischen Lebensart die Anwesenheit der Kaiserin als Glanzpunkt vorzustellen.
Bei dem ebenso prächtigen Reichsfest in Mailand, das zwei Jahre später stattfand und an dem die prunkvolle Hochzeit Heinrichs VI. mit Konstanze von Sizilien gefeiert wurde, war Beatrix nicht mehr zugegen.
Sie war nicht nur eine schöne, gebildete und liebenswürdige Frau, sondern auch eine gute Mutter; sie hatte acht Söhne und zwei Töchter zur Welt gebracht. Sie starb am 15. November 1184, etwa vierzig Jahre alt, wohl in ihrer Heimat. Das Schicksal hatte ihr gegönnt, vor dem Tod ihres Gatten 1190 während des Kreuzzugs zu sterben. Sie wurde mit ihrer letzten vierjährigen Tochter, die wenige Wochen vor ihr gestorben war, 1185 in der Gruft des Domes von Speyer beigesetzt.