Bianca Lancia

Vierte Gemahlin Kaiser Friedrichs II.

Der nun schon dreimal verwitwete Kaiser Friedrich II. plante 1245 eine vierte Heirat, und zwar mit Gertrud, der Nichte des kinderlosen Herzogs Friedrich II. von Österreich und Steiermark. (Die Schwester des Herzogs, Margarete, war mit dem Sohn Friedrichs II., Heinrich [VII.], verheiratet gewesen.) Auch diese Heirat sollte eine politische Verbindung sein, denn Friedrich II. wollte zum staufischen Hausgut Österreich und die Steiermark als Übergang aus der Lombardei nach Deutschland erwerben. Herzog Friedrich II. starb 1246 kinderlos, wodurch das Haus Babenberg in der männlichen Linie erlosch. Doch Österreich besaß das Privilegium minus, das Recht der weiblichen Nachfolge. Die Eheschließung zerschlug sich, Gertrud weigerte sich auf Betreiben des Papstes, den gebannten Kaiser zu heiraten. (Gertrud heiratete 1248 den Markgrafen Hermann VI. von Baden, der schon 1250 starb. Deren junger Sohn Friedrich zog mit Konradin nach Italien und wurde nach ihm hingerichtet.)

Vor dem Abschnitt über die vierte Ehe Kaiser Friedrichs II. steht ein Fragezeichen. Über diese, seine Geliebte oder auch Gattin, bewahrte Friedrich Stillschweigen. Es mag beiderseits eine jener großen Lieben gewesen sein, wie sie in den Versepen jener Zeit oft besungen wurden.
Die drei Frauen, die Kaiser Friedrich bisher aus Staatsraison oder auf Drängen des Papstes geheiratet hatte und die er vor der Hochzeit nicht gesehen, standen ihm von vornherein fern, oder er entfremdete sich rasch von ihnen. Bianca Lancia, die durchweg als sehr schön beschrieben wird, hat er geliebt. Wir kennen weder das Jahr ihrer Geburt noch das ihres Todes.
Sie entstammt dem piemomtesischen Geschlecht der Lancia, wohl durch die Mutter, die vor ihrer zweiten Ehe mit Bonifaz von Anglano mit einem Grafen Lancia vermählt gewesen war. Drei Lancia waren bereits Gefolgsleute Kaiser Friedrichs I. Barbarossas gewesen. Manfred I. Lancia Il Vecchio (gestorben 1215) war Troubadour und verarmte durch Mißwirtschaft. Seine beiden Söhne Manfred II. (geboren um 1195) und Jordanus (Giordanino) (gestorben 1267) standen in der Gunst Kaiser Friedrichs II. und waren seine tüchtigen und getreuen Gefolgsleute. Der Kaiser nannte Manfred II., den Oheim Biancas, »fidelis noster«, vertraute ihm die Überführung seines gefangenen Sohnes Heinrich (VII.) aus Deutschland nach Italien an und machte ihn 1239 zum Statthalter über die Lombardei. Galvano Lancia, der Bruder Biancas, wurde unter Friedrich Generalvikar von Sizilien.
Ob Friedrich Bianca erst durch ihre Verwandten kennenlernte oder diese erst Biancas wegen an seinen Hof kamen, ist nicht feststellbar. Jedenfalls wirft das Verhältnis der Lancia zu Friedrich ein Licht auf das Verhältnis des Kaisers zu Bianca. Sie hielten den Staufern über den Tod des Kaisers und Manfreds, eines Sohnes Friedrichs und Biancas, die Treue und büßten dafür nach dem Tod Manfreds und nach der Hinrichtung Konradins mit ihrem Leben. Konrad Lancia kämpfte noch an der Seite Peters von Aragonien gegen Karl von Anjou und war an der Sizilianischen Vesper vom 30. März 1282 beteiligt, durch die der Herrschaft der Anjou über Sizilien ein Ende bereitet wurde.
Biancas Liebesverhältnis mit Kaiser Friedrich bestand schon vor der Verheiratung Friedrichs mit Isabella von England 1235, denn sie hatte bereits 1230 eine Tochter, Konstanze, zur Welt gebracht. Diese wurde Kaiserin von Byzanz und starb nach einem wechselvollen und leidgeprüften Leben erst 1307 in Valencia. Ihr wird ein besonderer Abschnitt gewidmet.
1232 wurde in Venosa der Lieblingssohn geboren, der nach den Verwandten Biancas Manfred genannt wurde. Er wurde 1266 in der für ihn verlorenen Schlacht von Benevent gegen Karl I. von Anjou getötet.
Wann und ob Friedrich Bianca geheiratet haben soll, wissen wir nicht; ob nach dem Tod Isabellas von England 1241 oder erst kurz vor ihrem oder seinem Tod. Die Trauung soll durch den dem Kaiser treu ergebenen Erzbischof Berard von Palermo vollzogen worden sein, der in den letzten Stunden des Kaisers anwesend war.
Friedrich hatte Bianca mit großen Ländereien ausgestattet, mit den Grafschaften Gravosa und Tricario, Monte Sciglioso und Monte Sant Angelo, das den Königinnen von Sizilien als Mitgift vorbehalten war.
Zwar war Manfred, der nach dem Tod des Kaisers eine so bedeutsame, schließlich unglückliche Rolle im Kampf um das staufische Erbe gegen Karl I. von Anjou spielte, unehelich geboren, wäre aber durch die nachträgliche Eheschließung Friedrichs mit Bianca legitimiert worden; weil die Mutter nicht königlichen Geblüts war, galt er nicht als voll ebenbürtig, konnte daher nach dem frühen Tod Konrads IV., dem Sohn und Nachfolger Kaiser Friedrichs, nicht als Nachfolger und Erbe gelten. Dieser war Konrads IV. Sohn Konradin (1252—1268), mit dem die Herrschaft der Staufer erlosch.