Die Frauen König Enzios

Enzio (Heinrich) (um 1220—1272), der natürliche Sohn Kaiser Friedrichs II. und des nur dem Namen nach bekannten deutschen Edelfräuleins Adelheid, war eine  so  schöne und erfreuliche Erscheinung, daß selbst die Stauferfeinde ihm nicht feindselig sein konnten. Wegen seiner Anmut und Geschmeidigkeit bekam er den Kosenamen Falconello (junger Falke). Tapfer und unerschrocken, nahm er schon früh als bewährter Heerführer an den Kriegszügen teil und schlug einige bedeutsame Schlachten. 1241 gelang ihm bei der Felseninsel Meloria die Gefangennahme von drei päpstlichen Legaten und an die hundert Erzbischöfe und Bischöfe, die auf genuesischen  Schiffen  zum  stauferfeindlichen  Konzil  in Rom gelangen wollten. Er, der hart und grausam gegen Feinde und Verräter sein konnte, war ein hervorragender   Dichter   gefühlvoller   Kanzonen.   Er herrschte im Auftrag des Vaters in der mittleren Lombardei, während im Nordosten der gefürchtete Ezzelino, ein Schwiegersohn des Kaisers, das Regiment innehatte.
Die Geschichte kennt und verzeichnet die Laufbahn des jungen kühnes Kriegsmannes zu Lande und zur See, seine Taten und Untaten; sein vielfaches Ehe- und Liebesleben bleibt undeutlich.
Auch diesem, vom Vater sehr geliebten Sohn wurde die Gattin bestimmt, wobei wiederum politische und territoriale Interessen ausschlaggebend waren.

  • Enzios erste, mehr als zehn Jahre ältere Frau war Adelasia, die Witwe und Erbin des Herrn von Torre und Galiura, zweier bedeutender Judikate der Insel Sardinien. Der Kaiser verlieh daraufhin Enzio den Titel eines Königs von Sizilien (Enzo Re). Die Ehe wurde im Oktober 1238 geschlossen, nachdem Enzio zum Ritter geschlagen worden war.
    Der Papst, der die eigenen Interessen und die Genuas an Sardinien vertrat, widersprach der Heirat, die dem sizilischen Königreich eine Gebietserweiterung einbrachte, ja er verbot sie. Adelasia mochte mit dem Papst gegen die Staufer in Verbindung gestanden sein. Schließlich wurde die Ehe auf Drängen des Papstes wegen Ehebruchs des Gatten geschieden — derselbe Scheidungsgrund hätte sich für viele Ehen der großen Herren jener Zeit heranziehen lassen.
  • Anfang 1249, wenige Monate vor seiner Gefangennahme, heiratete Enzio zum zweiten Male, und zwar eine Nichte seines Schwagers Ezzelino da Romano.

Aus einer der beiden Ehen ist ein Sohn, Heinrich, bekannt; Enzio erwähnt ihn in seinem Testament nicht. Die Mutter von Enzios natürlicher Tochter Helena ist eine nicht weiter bekannte Frascha. Die beiden anderen außerehelichen Töchter Magdalena und Konstanze mögen in der Gefangenschaft gezeugt worden sein. Helena wurde mit dem Grafen Guelfo von Donoratico vermählt; von ihren drei Söhnen nennt Enzio in seinem Testament Heinrich und Ugolino als seine Erben in Sardinien. Der Graf Guelfo Donoratico war ein Gefolgsmann Peters III. von Aragonien, der nach der Sizilianischen Vesper König in Sizilien geworden war.
Kurze Zeit nach der zweiten Eheschließung geriet Enzio im Kampf gegen Bologna beim Bach Fossalto in Gefangenschaft. Die Bologneser hielten, trotz der Drohungen und hohen Angebote des Kaisers, ihr Wort:

»König Enzius, jetzt erst 24 Jahre alt, soll bis zu seinem Tode im Gefängnis bleiben.«

Enzios Einzug als Gefangener in Bologna glich einem Triumph, die von seiner Schönheit und Jugend begeisterten Frauen jubelten ihm zu. Sie hatten später die Möglichkeit, ihn zu besuchen. Zwischen Enzio und Lucia Viadagola entspann sich ein Liebesverhältnis, mit dessen Kindern das Geschlecht der Bentivoglio (Ich will dir wohl) begründet wurde.

Enzios erste Frau Adelasia verheiratete sich nach der Scheidung mit Michele Zanchi, der zur Zeit Enzios Statthalter in Sardinien gewesen war. Er wurde von seinem Schwiegersohn Branca d'Oria ermordet. Dante hat ihn in seiner »Göttlichen Komödie« als Erzbetrüger in die Hölle verbannt.
Ein Fluchtversuch Enzios nach dem Untergang Konradins mißlang. Eine blonde Locke aus dem Spundloch des Fasses, in dem verborgen der riesengroße Küfer Filippo Enzio aus dem Palazzo di Podestá, seinem Gefängnis, heraustrug, soll ihn verraten haben.
Enzio starb etwa 50 Jahre alt, die halbe Lebenszeit war er gefangen. Er starb am 11. März 1272. Er wurde mit fürstlichen Ehren in Scharlach und mit Krone und Zepter in der Kirche des hl. Dominikus beigesetzt.
In seinem Testament vermachte Enzio seine fragwürdig gewordenen Besitzungen, darunter auch Sardinien, das längst in anderen Händen war, seinen Nachkommen, auch die Handschriften seiner Gedichte. Sie sind der Schwanengesang seines Geschlechts: Tempo vene ki sale ki discende... Bald kommt die Zeit zu steigen, bald zu fallen.