Konstanze, Kaiserin von Byzanz



Tochter Kaiser Friedrichs II.

Über dem Leben Konstanzes, der Tochter Kaiser Friedrichs II. und der Bianca Lancia, steht die Frage, wie sie ihr langes und hartes Leben durchgestanden und überstanden hat. Es ist wie ein Wunder und zeugt für sie, daß sie in dem gefährlichen politischen Spiel und Gegenspiel und vom Strudel der Leidenschaften nicht verschlungen wurde.
In der Verkehrung der Idee und des Ziels der Kreuzzüge, Jerusalem und das Heilige Land zurückzugewinnen, wurde, zumeist von Franzosen, am 13. April 1204 Byzanz (Konstantinopel) erobert, rücksichtslos geplündert und erbarmungslos zerstört. An die Stelle des byzantinischen trat ein lateinisches (fränkisches) Kaiserreich unter Balduin I. Das neue Reich wurde französischen Fürsten und der römisch-katholischen Kirche unterstellt.
Inzwischen regierte Johann Dukas Vatatzes als griechischer Kaiser in Nikaia (Nicäa) — also eine Exilregierung —, mit der Absicht, Teile des alten Reiches, schließlich das ganze byzantinische Reich zurückzuerobern und dort die alten Verhältnisse wiederherzustellen.
Papst Innozenz IV. empfand es als Herausforderung der westlichen Christenheit und als Angriff auf das Papsttum und ihn selbst, daß Kaiser Friedrich II. seine Tochter Konstanze mit dem Schismatiker und Rom- und Papstfeind Johann Dukas Vatatzes 1244 verheiratete, sich also mit einem Ketzer verschwägerte. Das war dann einer der Gründe, derentwegen Friedrich II. auf dem Konzil von Lyon 1245 abgesetzt wurde.
Johann Dukas Vatatzes, dessen erste Frau Irene Laskaris 1241 gestorben war, war bei seiner zweiten Verheiratung 52 Jahre alt, Konstanze, die nach byzantinischem Brauch einen anderen Namen — Anna — annahm, vierzehn Jahre. Die Hochzeit wurde mit dem üblichen byzantinischen Prunk in Brussa gefeiert.
Die Ehe brachte nur ein kurzes Glück.
Im Gefolge, das Konstanze nach Nikaia begleitet hatte, befand sich ein bildhübsches Mädchen, das Vatatzes seiner Frau vorzog. Bald trug jene Marquise genannte junge Dame die kaiserlichen Insignien, die purpurnen Schuhe, purpurrot waren die Schabradse und die Zügel ihres Pferdes, und sie wurde vom Gefolge, das der Kaiserin zustand, begleitet. Konstanze wurde in den Hintergrund gedrängt. Dem wagte niemand zu widersprechen, denn die Marquise flößte Angst und Schrecken ein. Der sittenstrenge und dreiste Schriftsteller und spätere Abt Nykophoros Blemmydes nannte sie »Königin der Schamlosigkeit, Schandflecken der Welt, Ärgernis des Universums, tödliches Gift, wollüstiges Weib, Mänade, Hure«.
Der Vater Konstanzes unterhielt zu seinem Schwiegersohn die besten Beziehungen, als wüßte er von nichts oder wollte er von nichts wissen, nahm von Vatatzes geldliche und militärische Hilfe an, so daß sich im Heer Friedrichs griechische Truppen befanden, und belobigte Vatatzes wegen seiner Erfolge und Fortschritte im Kampf gegen die Lateiner.
Plötzlich trat ein, was als unmöglich gegolten. Der politische Wind schlug um. Der Papst kam in ein gutes Verhältnis mit dem ketzerischen Schismatiker Vatatzes und ließ die Lateiner im byzantinischen Reich fallen, wofür Vatatzes eine Wiedervereinigung der byzantinischen Kirche mit der römischen in Aussicht stellte.
Friedrich II. konnte nur noch Vatatzes vor dem Papst als »Vater der Lüge« warnen. Durch die neuen Verhältnisse war Konstanzes Stellung bei Hofe vollkommen untergraben.
1255 wurde sie Witwe.
Der Nachfolger Theodor II. Laskaris, ein Sohn aus der ersten Ehe des Vatatzes, behandelte seine Stiefmutter, die ihm im Wege stand, nur noch als gefangene Geisel. Theodor regierte nur drei Jahre. Konstanze geriet nach so tiefen Demütigungen nun in die blutigen Thronwirren, aus denen Michael Palaiogolos als Kaiser von Byzanz hervorging.
Welches Schicksal sollte nun Konstanze erwarten? Michael Palaiologos eroberte 1261 Konstantinopel, vertrieb die Lateiner aus dem byzantinischen Reich, und der Hof konnte aus Nikaia nach Konstantinopel zurückkehren. Auch Konstanze.
In jener Zeit schrieb ein Chronist über sie:

»Sie schmückte ihr Dasein mit der Schönheit ihrer Tugenden, und die Keuschheit ihrer Sitten ließ die Anmut des Gesichts noch strahlender erscheinen.«

Der neue Kaiser Michael Palaiologos, der mit der vornehmen Theodora verheiratet war und drei Söhne hatte, verliebte sich in Konstanze und wollte sie zu seiner Gefährtin machen. Konstanze wies das Ansinnen entrüstet zurück. Der Kaiser versuchte die Scheidung von seiner Frau Theodora zu erreichen und trug seinen Wunsch im Staatsrat vor, doch der Patriarch von Konstantinopel, das Oberhaupt der byzantinischen Kirche, drohte dem Kaiser mit Bann und Exkommunikation. Davor schreckte Michael Palaiologos zurück.
In ihrer Heimat und bei ihren Verwandten konnte Konstanze keinen Halt und keine Hilfe mehr finden. Dort hatten sich inzwischen die Verhältnisse grundlegend verändert. 1250 war ihr kaiserlicher Vater gestorben, 1254 ihr Halbbruder König Konrad IV., ihr Bruder Manfred stand feindselig zum byzantinischen Kaiser, weil dieser die von Konrad IV. verbannten Lancias aufgenommen hatte.
Die Lage Konstanzes war verzweifelt.
Der byzantinische General Alexios Strategopulos, der Wiedereroberer Konstantinopels, befand sich im Gewahrsam Manfreds. Er war dem Schwiegervater Manfreds, dem Fürsten von Epirus, in die Hände gefallen und Manfred übersandt worden. Um mit Manfred in ein besseres Einvernehmen zu kommen, schlug Kaiser Michael Palaiologos einen Austausch des Generals gegen Konstanze vor. Er wurde vollzogen.
Konstanze, die so viele und schreckliche Thronwirren am byzantinischen Hof miterlebt hatte, kam daheim durch den Kampf ihres Bruders Manfred mit Karl von Anjou in nicht geringere Verwirrungen und Gefahren. Nach der Niederlage Manfreds von Benevent 1266 geriet der größte Teil ihrer Angehörigen und Verwandten in die unbarmherzigen Hände des Anjou. Konstanze entkam zu ihrer Nichte Konstanze, die mit Peter von Aragonien vermählt war.
Sie war der politischen Irrsal und kriegerischen Auseinandersetzungen, in die die Staufer in den folgenden Jahren noch verstrickt wurden, ledig, dem Leid der in der Gefangenschaft des Anjou jahrzehntelang hinsiechenden Verwandten war sie entgangen.
Sie trat als Nonne ins Kloster der hl. Barbara in Valencia.
Dort starb sie 1307, nahezu achtzig Jahre alt. Sie ruht in Valencia, in der kleinen Kirche St. Johann vom Hospital, in der der hl. Barbara gewidmeten Kapelle. Die spanische Inschrift auf dem Holzsarg meldet, daß in ihm Donna Konstanze ruhe, Augusta Imperatrix von Griechenland.