Die Briefform als künstlerischer Ausdruck romantischer Geselligkeit

Der russische Strukturalist Jurij Tynjanov hat in den zwanziger Jahren darauf hingewiesen, daß der Brief, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts »ausschließlich ein Phänomen des Alltags« (Tynjanov: 24) war, durch neue poetische Prinzipien — z.B. durch die »Verknüpfung fernstehender Ideen« (25) zu einer poetischen Gattung wird:

  • »In den Briefen werden die willfährigsten, unbeschwertesten und meistbenötigten Phänomene gefunden, an denen die neuen Konstruktions-Prinzipien mit besonderer Kraft hervortreten konnten. Das Nichtausreden, das Fragmentarische, die Anspielungen, die >häusliche< Form des kleinen Briefes motivierten die Aufnahme winziger Details und stilistischer Mittel, die den >grandiosen< Stilmitteln des achtzehnten Jahrhunderts genau entgegengesetzt sind. Dieses so sehr benötigte Material befand sich außerhalb der Literatur: im Alltag. Jetzt rückte der Brief, bisher ein Milieu-Dokument, in den Mittelpunkt der Literatur« (Tynjanov: 26 f.).

>Kritik< und >Reflexion< sind Grundbegriffe romantischer Poetologie und Poesie. In diesem Sinne ist auch ein Brief oder eine Rezension für die Romantiker ein Kunstwerk. Caroline versteht sich als Kritikerin. Sie hat nicht nur vermittelt und >Harmonie< zwischen den oft sehr ungleichen Freunden hergestellt, sie hat auch Auseinandersetzungen provoziert durch ihre Kritik. So hat sie Friedrich dessen oft »zu lange Fragmente« vorgehalten und ihm damit »die frohe Laune genommen«, und noch zwei Monate später schreibt der empfindliche Friedrich an seinen Freund Novalis aus Berlin (28. 5. 1798): »Mein Verhältnis mit Caroline ist unendlich verletzbar und Jetzt unendlich verstimmt« (Preitz: 116). Erst bei einem folgenden Treffen in Dresden nach dem Besuch der Gemäldegalerie, wo sich der spätere Jenaer Kreis zum ersten Mal traf und Caroline Schelling kennenlernte, versöhnten sich Caroline und Friedrich nach einer langen Auseinandersetzung.
Gerade in diesem Zusammenhang werden die Pläne zum gemeinsamen Leben und Arbeiten zum ersten Mal verbindlich entworfen und der Terminus der >Romantischen Schule< kämpferisch von den Feinden übernommen, gegen sie gewandt. In diesem hier gegründeten »philosophischen Konvent«, deren weiblicher Mittelpunkt Caroline ist, sollen, so formuliert der >Wortführer< Friedrich Schlegel, »alle Absichten und Ziele manifestiert, die Genialität und Bildung gegen Plattheit und Philisterei« (zit. n. Mangold: 97) verteidigt werden. Tun sie sich zu einer »ästhetischen Existenz« zusammen, wie Kierkegaard später ablehnend kritisiert? Fraglos ist Jena der Versuch eines »Lebens in der Poesie«.

  • »Kunst zu leben — Kunst Leben zu construieren« (Novalis III: 311); »... die Poesie bildet die schöne Gesellschaft — die Weltfamilie — die schöne Haushaltung des Universums« (Novalis II: 533).

War dieser Anspruch zu hoch, scheiterte die Gruppe an ihm und nicht am »Granit« Schelling, der ihnen »ihre« Caroline wegnahm? Geht es ihnen um Vermittlung der neuen Poesie und Kritik? Oder um >geglücktes Dasein<? Daß dies nicht alternativ gesehen, sondern zusammengedacht werden konnte, ist ohne Caroline kaum vorstellbar. Insofern ist sie doch, wenn auch nicht im Susman'schen Sinn, »die geschichtliche Frau der Romantik« (Susman: 9). In ihr glaubten die jungen Frühromantiker ihre eigene Utopie der Verbindung von Kunst und Leben ansatzweise realisiert. Mit ihr wollten sie diese Verbindung weiter antizipieren. Poesie als Modell des geglückten Daseins, die Frau als Einlösung dieses Modells? Eben nicht »die Frau«, auch nicht ein zum Naturwesen reiner Unschuld stilisiertes Musengeschöpf, sondern Caroline — auch in ihrer Launenhaftigkeit, verletzenden Kritik und Widersprüchlichkeit, denn sie realisierte am gekonntesten, wonach alle strebten: »Die Kunst aller Künste, die Kunst zu leben« (Fr. Schlegel K A II: 143). Diese Vorüberlegungen scheinen mir wichtig, um die Frage der Briefform als Kunstform oder als Möglichkeit der eigenen Selbstverwirklichung zu diskutieren.
Caroline hat ihre Briefe nie bewußt als Kunstform deklariert, im Unterschied zu Bettina von Arnim und Rahel Varnhagen (Dischner 1977: 13 ff.), und war im Augenblick der Veröffentlichung eines Briefs oder einer Rezension eher unsicher (Caroline II: 264). Dennoch war ihr die Diskussion über den Brief als Kunstform vertraut, und im Athenäum selbst dokumentiert der »Brief über den Roman« als Teil des »Gesprächs über die Poesie« den programmatischen Charakter, den die schriftlichen Formen der Geselligkeit wie Brief oder Gespräch bei den Jenaern hatten.
Es ist kein Zufall, daß Caroline eine ihrer besten Rezensionen über den Schweizer Historiker Johannes von Müller schrieb, und zwar über dessen 1802 veröffentlichte »Briefe eines jungen Gelehrten an seinen Freund« (Caroline I: 664). Konrad Feilchenfeldt hat in einem Aufsatz über den romantischen Maler Runge dessen Hinweis auf Johannes von Müller (er bezieht sich auf eine spätere Briefauswahl als Caroline) im Zusammenhang der Frage über den Brief als Kunstform erwähnt, es mischten sich ästhetische und ethische Wertungen bei dieser Diskussion — die Frage der >Privatheit< wurde ähnlich diskutiert wie in den Rezensionen der >Lucinde<. Natürlich waren Briefe nicht nur das beliebteste Medium »weiblichen« Umgangs, wie oft behauptet wird. Seit den sechziger Jahren, also der Sturm- und Drangzeit, dient der Brief nicht mehr ausschließlich als »praktisches Verkehrsmittel«, sondern wird, analog zu den sich häufenden Autobiographien im Stil von Rousseaus >Bekenntnissen<, Ausdruck des eigenen Innern, der subjektiven Gefühlswelt, die in der Zeit der Empfindsamkeit unendlich gepflegt wird. Der Einfluß der Empfindsamkeit auf Carolines frühen Briefstil ist unverkennbar, sie gibt sich, durchaus modisch, der Zeitströmung folgend, > süßer < Melancholie und Schwermut hin — der Charakter der Sublimierung ungelebten Lebens und erträumter Existenzweise ist unverkennbar. Die Gefühlsdarstellung ist dennoch, im Vergleich mit anderen »Jungmädchenbriefen« der Zeit, weniger effekthascherisch und übertrieben. Und seit den Mainzer Tagen ist davon nichts mehr zu spüren. Insofern entsprechen die Briefe auch immer ziemlich genau den Stufen ihrer Selbstverwirklichung und sind vor allem in der Jenaer Zeit Ausdruck ihres schöpferischen Symphilosophierens mit den Jenaer Freunden. Der Hinweis auf den >geselligem Charakter des Briefeschreibens als schriftliche Fortsetzung des Gesprächs finden wir schon um die Jahrhundertmitte, in Ch. F. Gellerts »Praktischer Abhandlung von dem guten Geschmack in Briefen« von 1751, wo er den Brief als »eine freye Nachahmung des guten Gesprächs« (zit. n. Bovenschen: 205) definiert und »Natürlichkeit« vom Briefstil verlangt. Freilich stellt sich, wie S. Bovenschen ausführt. Gellert diese »Natürlichkeit«, über welche die Frauen souveräner verfügen als die Männer, innerhalb der konventionellen Rollenzuweisung (die auch die literarischen >Gattungen< unangetastet läßt) vor, die erst mit der Romantik, und zwar von allen Seiten her, aufgesprengt wird. Danach, bis ins 20. Jahrhundert hinein, also »bis zu Virginia Woolf und Gertrude Stein« (Bovenschen: 215) wird dies verschüttet — erst ihnen wird es wieder gelingen, »innovativ auf diese Gattung einzuwirken«. Deshalb sind innerhalb der an die literarische Tradition gebundenen Romanschriftstellerinnen bis hinein ins 20. Jahrhundert die Romantikerinnen eine Ausnahmeerscheinung:

  • »Eine Ausnahme bilden die schriftlichen Aktivitäten der >Romantikerinnen< — deren umfassende Würdigung allerdings nur vor dem Hintergrund einer Untersuchung der poetischen und poetologischen Verschiebungen innerhalb der romantischen Kunsttheorie und -praxis vorgenommen werden könnte. Für diesen Zusammenhang ist zu erwähnen, daß auch sie die Form des Briefes bevorzugten. So wurden ihre Briefe — man denke an die der Rahel Varnhagen oder der Caroline Schelling, vor allem aber an die >Briefbücher< der Bettina von Arnim — zu wahren Sensationen einer ästhetischen Mischform: erinnerte Gespräche wechseln mit philosophischen Diskursen, Klatsch mit Literaturkritiken und Kochrezepte mit der Beschreibung des inneren und äußeren Zustands« (Bovenschen: 215f.).

Es ist schwierig, die einzelnen Ebenen überhaupt voneinander zu trennen. Sie lassen sich vielleicht unter dem Begriff der Infragestellung der Norm auf allen Gebieten zusammenfassen. Die >offene< Kunstform von Brief, Briefroman, Fragment, Gespräch kann so als Ausdruck einer neuen offeneren Lebensform verstanden werden, in welcher zum ersten Mal öffentlich die geschlechtsspezifischen Rollenzuweisungen in Frage gestellt und in einem >Rollenspiel< aufgelöst werden: am deutlichsten geschieht dies (trotz mancher Mystifizierung des >Weiblich-Natürlichen<) in der >Lucinde<, und genau das ist der Grund, weshalb sie bis heute — Hörisch gehört zu den Ausnahmen — kaum eine literarische und politästhetische Würdigung gefunden hat. Es zeigt gleichzeitig, wie sehr die Romantikinterpreten von Haym bis Huch und Susman selbst noch in >klassichen< Normen denken und damit die Modernität der Romantik bei aller »Einfühlung« nicht wirklich begreifen. Immer verbirgt sich ja hinter der Frage nach der Gültigkeit literarischer Gattungen (ist der > Brief< eine Gattung der >Kunst<? etc.) die Frage nach der literarischen Norm, die immer eine gesetzte und von der Tradition erhaltene ist, die aber immer von den auf die Zukunft wirkenden Künstlern und Künstlerinnen gesprengt wird. Falscherweise wird sie oft als rein künstlerische Formfrage behandelt, aber gerade die Dialektik der künstlerischen und gesellschaftlichen Norm wäre zu diskutieren. Wenn der Dichter als »transzendentaler Arzt«, wie ihn Novalis definiert, immer über das Bestehende hinausgeht (es >transzendiert<), so geht er ganz konsequent auch über das künstlerisch Bestehende hinaus — das erklärt, weshalb die >großen Künstler< so oft erst von der Nachwelt verstanden werden. Statt der kritisch zu verstehenden Verbindung von Kunst und Leben (das Leben soll Kunst werden), die als künstlerische Kritik des Alltagslebens auf dessen Veränderung abzielt, wurde dieser frühromantische Anspruch nicht nur verdrängt, er wurde verkehrt: der >Realismus< richtete sich nach dem Leben, gedachte es >widerzuspiegeln< — das schlecht Bestehende nochmals im Kunstwerk konserviert! Angesichts dieser konservativen Grundeinstellung, die im sozialistischen Realismus eine (angeblich revolutionäre!) Neuauflage erfuhr, ist manchen Hirnen das (romantische) Konzept der offenen Kunstform heute noch nicht nachvollziehbar. Neue (offene) Kunstformen sind Ausdruck eines neuen, veränderten Lebensgefühls, veränderter Verhältnisse, einer neuen Wahmehmungsweise. Wenn Brief, Fragment, Märchen, ein Stück literarischer Kritik in der Frühromantik zur Kunst-Form erklärt werden, so drückt sich darin aus, daß die »Lüge der Darstellung«, von der Beckett im Hinblick auf den Realismus spricht, durchschaut und nicht mehr akzeptabel ist*. (* vgl. G. Dischner, 1979, S. 324: »Was diese >subversive Tradition< von der Tradition unterscheidet, die von der Klassik zum Realismus führt, ... ist eine Methode, die in Wirklichkeit eingreift, diese verändert und den, der sie anwendet, sie hat nichts mit der Abbildung der Welt zu tun und auch andererseits nichts mit der >Setzung der Welt des schönen Scheins< jenseits der Wirklichkeit.«
Die geschlossene Form entspricht der geschlossenen Weltauffassung, dem Glauben an eine Kausallogik, den bereits Kant erschüttert hatte — auf ihn bezieht sich daher nicht zufällig die ganze nachfolgende Ästhetikdiskussion (negativ oder positiv, gefiltert durch vielerlei Einflüsse — so wird Novalis, indem er zunächst Schiller folgt, indirekt von Kant beeinflußt etc.). Indem die Momente der Setzung, des Vereinbarten über das, was als Norm gilt, durchschaut werden, gerät der Begriff der Wirklichkeit und der Glaube an die ewige Gültigkeit des einmal zum Gesetz Erhobenen ins Wanken: eine neue Geschichtsphilosophie entsteht, eine neue fast schon >operativ< zu nennende Poetik, die in die Wirklichkeit eingreift, indem sie Modelle entwirft von möglichen Wirklichkeiten, indem sie der Setzung der Ge-Setze die von Fichte als befreiend empfundene Setzung des Ich (das in der Frühromantik zum lyrischen wird) entgegenhält. So durchbricht sie den Identifikationszwang, jenen Hang, wie Nietzsche sagt, »das ähnliche als gleich zu behandeln« (Nietzsche II: 119); dieser Hang »hat erst alle Grundlage der Logik geschaffen« (a. a. O.). Mit dem bürgerlichen >Ich< beginnt die Krise der Logik (und des Humanismus).
Dieses >Ich<, das sich als bürgerliches Subjekt< setzte, war zugleich eines, das Geschichte nicht mehr als unabänderliches Geschehen hinnahm, sondern als veränderliches, und sich selbst damit als veränderlich begriff. Es geriet (kaum daß es sich etabliert hatte gegen die feststehende feudale Hierarchie der vorbürgerlichen Gesellschaft) damit aus den >Fugen< der als klares Bewußtsein von der Auf-Klärung definierten Grenzen des Verstandes, es entdeckte in sich ein Unbewußtes, über das es nicht verfügte, das ihm unheimlich war und das es zunächst nach außen projizierte: in die analog zum >Unbewußten< entdeckte >wilde Natur<, die von der Aufklärung als öde und uninteressant (aber auch als gefährliche und zu vermeidende) ausgeklammert wurde. In solchem Zusammenhang entsteht die romantische >Stimmungsnatur<, die eigentlich schon mit Rousseau (in der >Neuen Heloise<) beginnt und die wir im Brief-Roman, in Goethes >Werther< 1774 wiederfinden,  wo sich mit Werthers Seele stimmungsgleich die Natur verfinstert, wild und bedrohlich wird; und besonders eindrucksvoll in Tiecks Märchen, wo die Helden, wahnsinnig werdend, ins >wilde Gebirg< stürzen. Wenn die Wirklichkeit so wenig festgelegt ist wie das Subjekt, das sich in ihr bewegt, dann kann im perfekten, harmonischen aber auch bewußt begrenzten klassischen Kunstwerk dieses Verhältnis keinen adäquaten Ausdruck mehr finden: Dann wird einerseits die »Stimmungsnatur« entdeckt (und der Charakter der Projektion gleichzeitig durchschaut und in romantischer Ironie >aufgehoben<), und andererseits die >innere Seelenlandschaft<, die wilde Natur in uns, die verdrängte, zu Tugenden umgelogene Triebnatur. Dann hat Kunst auch diese Erkenntnisfunktion: uns und die Welt (die wir gleichzeitig verändern) neu zu erkennen und wahrzunehmen, und zwar im Zeichen der Veränderung in Richtung jenes »geglückten Daseins«, für welches Kunst (neben der Analyse des >Bestehenden<, auch des Vergangenen) Modelle entwirft.
Die Blochsche Idee vom Vor-Schein (der konkreten Utopie) in der Kunst findet sich, in anderer Metaphorik, bei den Frühromantikern. Und genau für diese Dialektik von Analyse Entwurf (von Isolation und Zusammenhang, wird Roland Barthes später sagen) eignen sich jene von der Romantik propagierten > offenem Kunstformen so besonders gut, weil sie das Leben und das Lebendige möglichst wenig beschneiden, es vielmehr in der Porosität der Formen zulassen. Wie Friedrich Schlegel vom modernen Romandichter sagt, daß er von »ungefähr sich selbst« darstelle (Athenäum I: 119), wird das Moment des Zufälligen dabei nicht nur bewußt >in Kauf genommene nein es wird, schon in ansatzweiser Antizipation des >objektiven Zufalls< im Surrealismus, als List der modernen Kunst, die Lebendigkeit zu retten, ins Kunstwerk mithineingenommen. Gerade das scheinbar Privateste wird dieses Moment erhalten, weil es nicht dem regulativen Eingriff des Öffentlich-Objektiven unterworfen ist. Das Öffentliche soll vielmehr vor dem Privaten sich verneigen, nicht umgekehrt. Deshalb findet Caroline in den Briefen des Johannes von Müller gerade deren »privaten« Charakter so reizvoll:

  • »Ihr größter Reiz ist, daß sie nicht für einen dritten dastehn, und was der dritte nun darin findet, um so mehr der Grund seiner Seele war. Sie sind wie ächte Liebesbriefe, die zufällig in fremde Hände fallen« (Caroline I: 666).

Diese an Walter Benjamin erinnernde poetische Sensibilität für das Besondere, das, gerade indem es nicht Anspruch erhebt auf ein Objektives, Allgemeines und Allgemeingültiges, seine Lebendigkeit noch nicht eingebüßt hat, offenbart eine utopische Qualität, eine Ahnung von der Möglichkeit gewaltfreier Kommunikation. Im Sinne des Novalis-Satzes: »Der Dichter zeigt, was nicht ist, aber sein soll«, enthält der Brief in der Eigenschaft einer »ästhetischen Mischform« (Bovenschen: 216) Modellcharakter: er weist hin auf die mögliche Aufhebung der Trennung von Kunst und Leben, die der frühe Friedrich Schlegel noch als unmöglich beklagt. Gerade indem der Brief seiner Privatheit >entkleidet<, die häusliche >Intimsphäre< (die zu diesem Zeitpunkt in ihrem Gegensatz zum »öffentlichen« Leben erst im Entstehen begriffen ist) damit aufgebrochen wird, wird sein Umschlag in >private Innerlichkeit verhindert: das >Private< wird damit politisch verstanden, eine Einsicht, die sich erst seit der Studentenbewegung wieder verbreitete. Auch der romantische Maler Runge hat in eben diesem Sinne die Auseinandersetzung um die Veröffentlichung der Briefe des Johannes von Müller politisch verstanden:

  • »Johannes von Müller ist einer der großen Briefschreiber seiner Zeit. Sein Briefwechsel mit den Dichtern Gleim und Heinse, der 1806 erschien, wurde für Zeitgenossen zum sensationellen literarischen Ereignis. Weitere literarische Kreise lasen die Briefe, um deren Veröffentlichtung anschließend eine heftige publizistische Debatte zwischen dem Herausgeber Wilhelm Körte und Friedrich Heinrich Jacobi geführt worden ist. Die Frage nach der Vertraulichkeit von Briefen und ihrer Veröffentlichung nach Ehre, Sittlichkeit und Recht, wie Jacobi in seiner Streitschrift formulierte, beschäftigte auch Runge...« (Feilchenfeldt: 312f.).

Nach dem — nicht nur durch die neuen Medien bedingten — Verfall der Briefkultur kann man sich von deren Ausmaß Ende des 18. Jahrhunderts kaum eine realistische Vorstellung machen. Sicher kann man von einem >Briefkult< sprechen, und sicher trägt dieser auch kompensatorische Züge (beispielsweise für unausgelebte Sexualität). Hier soll es aber um die besondere Frage gehen, ob und inwiefern eine Frau mit Briefen in dieser Zeit die ihr gemäße Form der Selbstverwirklichung gefunden hat und damit auf die Moderne antizipierend vorausweist; wenn dies so ist, dann wäre beispielsweise das >Romanschreiben< überflüssig, es ginge dann um gleichberechtigte Selbstdarstellung (vom >Briefroman< bis zur >Lucinde< finden wir autobiografische Romane!). Im vielzitierten 116. Athenäumsfragment definiert Friedrich Schlegel ausdrücklich den Roman als Form der Selbstdarstellung; keine Form, sagt Schlegel, gebe es, die so wie der Roman geeignet sei,

  • »den Geist des Autors vollständig auszudrücken: so daß manche Künstler, die nur auch einen Roman schreiben wollten, von ungefähr sich selbst dargestellt haben« (Athenaeum 1:119).

Im Briefroman, zumal seit Goethes >Werther< von 1774, sind die beiden Formen der Selbstdarstellung (Brief und Roman) in eine verschmolzen — Bettina von Arnim hat ihre Briefe (an Goethe, an den Bruder Clemens, an die Dichterin Günderode) zu Briefromanen zusammengefaßt. Merkwürdig genug, daß man ihr Stilisierungen, ja gar »Fälschungen« zum Vorwurf machte. Daß Caroline ihre Briefe im Rahmen einer Kleinöffentlichkeit schrieb, bestätigt ein Brief Dorothea Schlegels nach dem Bruch mit Caroline. Im April 1800 schreibt Dorothea an Schleiermacher, sie habe von Caroline nun ihr Herz »vollends abgewandt« und auch an ihren vielgerühmten Geist den Glauben verloren -

  • »Friedrich ist meiner Meinung im Grunde, aber ihren Geist will er doch nicht abschwören, warum hat er eine so geringe Meinung vom Geist? Warum setzt er ihn so tief unter den Verstand, den er ihr völlig abspricht. — Wie das Haupt der Gorgo halten sie mir immer ihre geistreichen Briefe vor; diese erkenne ich an, ich behaupte aber, in diesen Briefen steckt sie eben allen Geist hinein, in ihrer Unterhaltung kommt immer mehr das Messer- und Schwerdtmäßige Zerschneiden zum Vorschein und ihre Urteile sind so voller Vorurtheile, so oberflächlich, berechnet, und absichtlich, daß man nicht weis ob man sie greulich oder lächerlich finden soll?« (Wieneke: 17).

Aus dieser kritischen Formulierung wird deutlich, daß Carolines Briefe um die Jahrhundertwende schon bekannt waren; ja schon zur Mainzer Zeit (1793) bittet Friedrich Schlegel seinen Bruder um die Briefe Carolines; — er lernt sie daraus kennen, bevor er sie sieht, ist aber von ihren republikanischen Ansichten< gar nicht begeistert; erst als er ihr begegnet, wird er unter ihrem Einfluß Republikaner und vermittelt diese Ansichten Novalis. Diese Briefe sind leider verloren, vermutlich nicht zufällig*.
(* Diese Briefe an Luise Wiedemann, die Schwester Carolines, wurden von dieser später angefordert, Schelling, inzwischen mit Pauline Gotter, der Tochter von Carolines langjähriger Freundin, verheiratet, antwortet 1840:

  • »... Was die Briefe von Carolinen betrifft, so schmerzt es mich, aber ich kann für den Augenblick nicht anders, als sie Ihnen versagen. Es ist dieser Briefschaften eine solche Menge, und sie befinden sich ... in solcher Unordnung, daß ich wenigstens 14 Tage brauchen würde, die von Ihnen verlangten auszusuchen; dabey war' es nöthig, fast alle mehr oder weniger zu lesen. Liebste, beste Luise, dazu hab ich schlechterdings die Zeit nicht, auch könnte es ohne mannichfaltige Gemüthsbewegung nicht abgehen...« (Steinberger: 112).

Die Tendenz zur familiären Zensur enthüllt sich bei nochmaliger Anfrage Luises. Schelling schreibt am 9. März 1840:

  • »Im Betreff der Briefschaften... kann ich Sie versichern, daß alle Anstalten getroffen sind, sie wenigstens nie in fremde Hände kommen zu lassen. Irre ich mich nicht, so sind sie schon vor Jahren verbrannt worden...« (Steinberger: 113).

Am 10. März 1793 schreibt Friedrich Schlegel an den Bruder: »Übrigens bitte ich um einige Demokraten-Briefe von (Caroline)« (Preitz: 18). Vermutlich enthielten die Briefe (wie aus der zunächst negativen Reaktion Friedrichs nach deren Lektüre zu ersehen) zu eindeutige Bekenntnisse zur Mainzer Republik, im Unterschied zu den späteren, ambivalenten Briefen an den konservativen Freund Meyer. Auch Caroline reflektiert viel auf Briefe anderer Frauen, bittet Freundinnen, ihr doch jene >bekannten< Briefe einer bestimmten Person zur Abschrift zu geben etc. Deutlich wird hier, wie sehr Leben und Kunst nicht nur als >Programm< vereinigt werden sollen, sondern im Medium der Geselligkeit vereinigt wurden. Daraus folgt fast konsequent, daß >Gespräche<, >Briefe<, >Reden< oder Tagebücher (seit Rousseaus >Bekenntnissen< von 1761 eine beliebte literarische Form, die im letzten Jahrzehnt bei uns wieder aktualisiert wurde, seit >Subjektivität< nicht mehr als unpolitisch-individualistisch diffamiert wird) als Kunstformen verstanden wurden. Das gelungene Gespräch, auch mündlich schon, war eine Form der Kunst, Teil des »geglückten Daseins«. So ist das 77. Athenäumsfragment zu verstehen: »Ein Briefwechsel ist ein Dialog in vergrößertem Maßstabe« (zit.n. Preitz: 23), und noch unmittelbarer in einem Fragment (1800) aus den >Literary Notebooks< sagt Schlegel: »Poesie muß und kann ganz mit dem Leben verschmelzen« (Eichner: 179). Die >Kunst<, die >Kunst der Geselligkeit^ und die >Kunst des richtigen Lebens< wurden als Synthese angestrebt: Symphilosophie, Sympoesie, Sympraxis waren eins, ja Novalis schreibt am 7. November 1798 (vor dem gemeinsamen Jenaer Sommer 1799) an Friedrich Schlegel von ihrer beiden »innern Symorganisation und Symrevolution« (Preitz: 132). Novalis bezieht sich gerade in diesem Brief auf seinen Brief »an die Schwägerin« Caroline, in dem er von einem gemeinsamen Zusammenleben spricht. Ein Brief von Friedrich ist dann dafür ausschlaggebend:

  • »Dein Brief hat mich in der Überzeugung von der Notwendigkeit unseres Zusammendaseins bestärkt. Wenn Du Dich immer mehr in mich findest, so erkenne ich Dich auch meinerseits immer mehr...« (Preitz: 132).

Schon am Beginn der noch sehr ambivalenten Freundschaft der beiden steht die >Geselligkeit< im Vordergrund. Am 13. April 1792 (ein Jahr, bevor er Caroline kennenlernt) schreibt Friedrich an den Bruder aus Dresden:

  • »hier ist itzt meine Hauptbeschäftigung einen jungen Menschen alle Künste der Geselligkeit zu lehren — zu sprechen ohne zu denken — Freude zu geben, ohne sie zu haben — alles zu einer Zeit sein zu können — die Tiefen des Herzens zu ergründen — schnell in einer neuen Lage, was unser Wesen erfordert, zu bestimmen — geduldig zu tragen — Funken aus Wasser zu locken...« (Preitz: 10f.).

Wörtlich werden wir diese Attribute in Friedrich Schlegels Poetik wiederfinden. Es ist nicht erstaunlich, wenn Friedrich Schlegel ein Jahr später, 21jährig, so völlig überwältigt ist von dem Eindruck, den Caroline auf ihn macht. Nach allem, was man von ihr wissen kann, war sie dieser von Friedrich entworfenen Theorie der Geselligkeit näher als irgend jemand, der ihm vorher oder nachher begegnete. Von den männlichen Freunden kam wohl Schleiermacher diesem Ideal am nächsten. Mit ihm wohnte Friedrich in Berlin eine Zeitlang eng zusammen (er beschreibt dieses Zusammenwohnen seinem Bruder gegenüber als >Ehe<); Schleiermacher war, >weiblich<, wie er sich fühlte, der Vertraute vieler Frauen; neben Henriette Herz war er ein vertrauter Freund von deren Freundin Dorothea Veit, der späteren Frau Friedrich Schlegels; an ihn schreibt Dorothea die intimsten Briefe über Caroline, positiv wie negativ, und die Briefe an Rahel Levin-Varnhagen, die wohl berühmteste romantische Briefschreiberin und Salongründerin, wirken daneben beinah distanziert. Caroline hat mit dem Berliner Kreis und dem jüdischen Salon der Heinriette Herz, wo Friedrich Dorothea und Rahel Varnhagen kennenlernte, sehr wenig zu tun, die Jenaer >Gruppe< hat auch eine ganz andere Struktur als der >Salon<.
Schleiermacher hat als Einziger unter den Frühromantikern eine Theorie der Geselligkeit im Großen entworfen. Auch das, was er als eine Art Ehekatalog für die Frauen geschrieben hat, ist nichts anderes als eine Paraphrasierung dieser Theorie. Mit seinen >Monologen< von 1800 wurde er der literarischen Öffentlichkeit bekannt. Dorothea, die sie sogleich liest, kommt wieder auf die Briefform zu sprechen (ganz ähnlich sprach Friedrich von den Briefen Carolines):

  • »Die Monologen studire ich jetzt in heitern Stunden, sie werden mir aber ein wenig schwer... Sie denken sich doch auch gleich Ihren Roman in Briefen? So und nicht anders kann er werden. In Briefen gelingt es Ihnen so vorzüglich gut, die Charaktere zu schildern, kurz, Ihre Briefe sind mir sehr werth...« (Wieneke: 323).

Es ist übrigens derselbe >Brief<, in welchem sie das härteste und vernichtendste Urteil über Caroline fällt.
Mit dem Zusammenbruch der Gruppe um 1800 war nicht nur das Ende der gemeinsamen Zeitschrift »Athenäum« absehbar, sondern auch die Synthese von Leben und Kunst infrage gestellt (das >Leben< beeinflußt die Theorie, und das Scheitern der Gruppe änderte die >Programme< und politischen Ansichten). Caroline, die die Gruppe, vor allem Friedrich Schlegel, in der Kraft zur Utopie bestärkt hatte, indem sie den jungen Männern als Verkörperung der Idee erschienen war, >verließ< die Gruppe mit dem jungen, alle überstrahlenden Philosophen Schelling; die beiden >lyrischsten< Gestalten der Gruppe, die vierzehnjährige, alle bezaubernde Tochter Auguste und der Dichter, dem die Verbindung von Kunst und Leben als völlig natürlich erschien, Novalis, starben beide während der Auflösung der Gruppe (Auguste 1800, Novalis am 25. März 1801).
Was Friedrich Schlegel vor der Begegnung mit Caroline mit Selbstmordgedanken erfüllte und ihn in der Zerrissenheit des Hamlet (in Gefühl und Verstand) die eigene spüren ließ, und was wie ausgelöscht war, als er Caroline traf, das kam jetzt wieder hervor. Der junge Friedrich hatte geschrieben: »Trostlos und ungeheuer steht die Lücke vor uns: der Mensch ist zerrissen, die Kunst und das Leben sind getrennt« (Minor I: 22). Die Utopie nicht nur ersehnt und erahnt, sondern etwas von ihr realisiert zu haben, und es dann wieder zu verlieren, ist meiner Meinung nach der tiefere Grund der Resignation und Regression Friedrich Schlegels, der Regression schließlich in die katholische Kirche. Hier ist auch das andere Moment, das mich an Caroline und der Jenaer Gruppe fasziniert: Ein Moment der Realisation der Idee des richtigen Lebens, das es ja, nach Adorno, im falschen nicht geben kann; ein Moment und eine Momentaufnahme der Geschichte, die an den Pariser Mai 68 erinnert, obwohl es im ersten Fall >nur< um eine ästhetische Revolution ging. War diese >Symrevolution< eine ästhetische? Wenn die Idee des >neuen Menschen< ästhetisch genannt werden kann, was vielleicht im Hinblick auf die Definition des >Spieltriebs< bei Schiller, der Novalis und Schlegel beeinflußte, zu überlegen wäre, vielleicht — ja. Wenn der Mensch nach Schiller nur dort ganz Mensch ist, wo er spielt, dann war Jena vielleicht ein >Sandkasten<, in dem die Menschen zur zweiten Unschuld vor- und zurückfanden, — solange sie beisammen waren.
Im digitalen Zeitalter gibt es keine Briefkultur mehr. Sie wird abgelöst von neuen Formen der Kommunikation: Das Bloggen, Twittern und E-Mailen gewinnt, neben dem Informationsaustausch, bei poetischen Gemütern auch poetische Formen; So gibt es bereits E-Mail-Romane. Sie unterscheiden sich vom alten Briefroman durch größere Authentizität auch wegen der Schnelligkeit der Kommunikation: Innerhalb von Minuten kann sie stattfinden. Für eine (vorher vielleicht nicht intendierte) Veröffentlichung kann das Ausgedruckte dann noch korrigiert, auf Wesentliches verkürzt oder assoziativ erweitert werden. In gewisser Weise hat Bettina von Arnim diese Methode in ihren Briefromanen antizipiert. Janet Altman wies darauf hin, dass den Frauen im 18. Jahrhundert die Briefkultur auch als Mittel zur Selbstreflexion und Selbstsuche diente*.(* Altman, Janet: Epistolarity. Approaches to a Form. Columbus, Ohio State University 1982: 212)
Die digitalen Medien haben diese Tendenz verstärkt, sie dienen heute oft einem Kult der Selbstinszenierung; der Anteil der Frauen an diesem Kult ist hoch, auch jener der bei Youtube zu sehenden originellen Filme. Meine These eines Paradigmawechsels vom homo oeconomicus der Arbeitsgesellschaft zum homo aesteticus einer zukünftigen Mußegesellschaft** (** Dischner, Gisela: Muße als Voraussetzung des Denkens, in: Gernot Böhme (Hrsg.) Kritik der Leistungsgesellschaft, Bielefeld (Aisthesis) 2010; und dies.: Ocio creativo Müßiggang und freie bewusste Tätigkeit, in: Aufgang, Jahrbuch für Denken, Dichten, Musik, 8, 2011, Der Siebte Schöpfungstag, Hrg. Jose Sanchez de Murillo u. Martin Thurner, Stuttgart 2011, 9) findet hier eine Bestätigung. Die Bedingungen einer Mußegesellschaft sind durch die zeitraubende Arbeitsgesellschaft und ihre allgemein gewordenen Hektik gegenwärtig nicht günstig. Sie müssen erkämpft werden.
Hier wäre von der Salon- und Gesprächskultur der romantischen Geselligkeit in Jena am Ende des achtzehnten Jahrhunderts viel zu lernen. Ein geistvolles Gespräch, das in der Briefkultur seine Fortsetzung fand, setzte immer auch ein liebendes Miteinander-Sein voraus. Carolines vorurteilfreie und zugleich auch urteilskompetente Haltung, ihre Aufmerksamkeit und Konzentration im gemeinsamen Bemühen mit den anderen, Dinge bis auf den Grund zu durchdenken, war vorbildlich für den Kreis dieser Wohngemeinschaft. Caroline war darin der Mittelpunkt, eine Art Muttergöttin inmitten der »unsichtbaren Kirche« dieses Bundes, von der Außenwelt der »Bildungsphilister« als Madame Luzifer dämonisiert. In der Krisensituation nach dem Tod Augustes (siehe Vorwort) vergleicht sich die Muttergöttin mit der Muttergottes, die Schelling körperlich zurückweist und ihn gleichzeitig als Sohn an ihre „Brust" schließt, »gleich der Jungfrau, die Mutter ist und Tochter ihres Sohnes...« (199). Als sie dies schreibt, hat die Jenaer Gruppe sich schon aufgelöst.- Der einstige Republikaner Friedrich Schlegel flieht nach dem Tod Augustes und Novalis' und der durch Dorothea geschürten Hassreaktion auf Caroline und Schelling nicht nur in die »Arme« der katholischen Kirche, sondern wechselt auch als Metternich-Diener noch in das Lager der politischen Reaktion.
Nur August Wilhelm Schlegel bleibt Caroline und Schelling freundschaftlich verbunden und besucht sie in München. -
Waren die Jenaer im Sinne Nietzsches »zu früh Gekommene«, die dem Druck der feindlich gesinnten »Bürgerwelt« auf die Dauer nicht standhalten konnten in der durch Liebe (Caroline zu Schelling) und Tod verschärften Krisensituation?
Solche Reflexionen drängen sich im Nachhinein auf - im Blick auf die regressiven Tendenzen nach dem angeblichen Scheitern der 68er Bewegung: In der fortschrittlich orientierten Kausallogik wird »Scheitern« auch deshalb registriert, weil die unter-oder überirdischen Wirkungen, die von den zu Früh-Gekommenen ausgehen, nicht erkannt werden.
Für die poetischen Gemüter von heute sind sie Ermunterung und Ermutigung. Wenn sie von den Status-Quo-Fetischisten als utopische Schwärmerei abgetan werden, ändert dies nichts an ihrer zukunftsweisenden Wirkung. Wie antwortet Caroline den feindlich gesinnten Bildungsphilistern?

  • »...ich bin keine Schwärmerin, keine Enthusiastin, meine Gedanken sind das Resultat von meiner, wenn's möglich ist, bei kaltem Blut angestellten Überlegung«.

Autor(en)

Texttyp

Literarischer Essay