Wie diese Einflüsse, die Blinde sehen und Taube hören machen,
Heldenhafte Männer und Frauen auf den Plan rufen
Während der Jahrtausende, die China sich nun schon in dieser elenden Lage befindet, haben die Frauen nie das kleinste bißchen Macht besessen. Heute beginnt man in bezug auf das Verhältnis von Männern und Frauen etwas klarer zu sehen. Ein frischer Wind, der Änderungen verspricht, durchwebt die Literatur. Ich kann mir vorstellen, daß meine Leserinnen und Leser sich von der Geschichte jener Frauen, von denen wir eben sprachen, bewegt fühlen. Ich konnte ihre Leiden nicht in ihrer ganzen Schrecklichkeit darstellen, da mir dazu das notwendige Talent fehlt. Ich weiß nicht, wieviele Einzelheiten mir entgangen sind, aber alles in allem kann man das Leben der Frauen mit dem der Lasttiere vergleichen; sie leiden, sie sind ihrer Freiheit beraubt, sie müssen die schlechte Laune ihrer Ehemänner ertragen und bleiben ihr ganzes Leben lang von diesen abhängig, egal, ob ihnen das Privilegien oder Demütigungen einträgt. Die Menschen in den Ländern des Westens sagen, daß die Frauen in unserem Land mianipuliert sind, daß man sich über sie hinwegsetzt, als seien sie fünfhundertmal geringer als die Männer, daß sie sich nicht von Lasttieren unterscheiden, daß sie keinerlei Ausbildung haben, auf allen technischen Gebieten überhaupt nicht Bescheid wissen und daß sie sich den Männern anbieten, ohne sich über die Sklavenstellung, die man ihnen zumutet, zu entrüsten. Solche Worte schmerzen einen sehr. Ich habe oft aufrichtige Tränen deswegen vergossen. Oh, meine lieben Schwestern, ich kann nicht verstehen, warum ihr es zulaßt, daß man euch wie Sklaven oder wie Vieh behandelt. Ihr solltet euch gegenseitig davon überzeugen, daß ihr ebenfalls vier Gliedmaßen und fünf Sinne besitzt und daß ihr genauso klug und begabt seid, wie die Mäwner. Warum sagt ihr aber im Gegenteil, daß die Frauen vollkommen unnütz seien, warum erstrebt ihr nur eine trügerische Ruhe, wo ihr doch versuchen solltet, unabhängig zu werden. Es hat in unserer Gesellschaft nie eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen gegeben, und die Verfasserin konnte nicht anders, als wegen der Leiden der Frauen in Tränen auszubrechen. Ich bitte meine Leser und Leserinnen inständig um ihre Aufmerksamkeit. Lest dieses Tanci nicht wie einen gewöhnlichen Roman, Es geht darin sehr oft um Leid und Tränen, aber das muß sein, weil ich erreichen möchte, daß meine Schwestern erwachen und sich aus dieser Hölle befreien. Ich möchte, daß meine Schwestern nach Unabhängigkeit streben und endlich mit ihrer völligen Abängigkeit von Männern Schluß machen. Laßt uns nun zu unserer Geschichte zurückkehren. Wir waren gerade bei dem Augenblick stehengeblieben, als Jurui ankam. Xiaoyu wollte ihr gleich entgegengehen, um sie zu begrüßen, aber die drei anderen hielten sie zurück und sagten ihr, sie solle noch einen Moment warten. "Warum schickst du keine Dienerin zu Jurui, um sie zu bitten, hierherzukommen? Wir reden gerade herzlich und offen miteinander, warum willst du ihr auf die konventionelle Weise entgegengehen, um sie zu empfangen?" Xiaoyu antwortete darauf, daß sie fürchtete, ihre Stiefmutter werde ihr deshalb Vorhaltungen machen. Aiqun antwortete ihr: "Es kann uns niemand daran hindern, zu behaupten, meine Mutter habe uns dazu veranlaßt. Dagegen kann meine Tante nichts sagen, und falls sie dich doch bestrafen will, wird meine Mutter zu dir halten." Aiqun ging sogleich zu ihrer Mutter, um diese zu bitten, sie möge Xiurong schicken, um Jurui unverzüglich herbeizuholen. Wenig später traf diese ein, zuerst begrüßte sie Frau Bao im Salon und wandte sich dann den vier Freundinnen zu, die dicht beieinander standen. Man begrüßte sich zwanglos und forderte dann Jurui auf, mit in das Zimmer zu kommen. Frau Bao konnte leider nicht dabeisein, da sie Gäste hatte, sie trug also ihrer Tochter auf, den Freundinnen Gesellschaft zu leisten, da sie selbst weggehen mußte. Die jungen Mädchen wechselten ein paar höfliche Worte miteinander, als sie sich setzten. Dann nahm Jurui Xiaoyu bei der Hand. Sie war überrascht über deren Aussehen und fragte sich, warum sie so hager im Gesicht geworden sein mochte.
"Meine Schwester, warum siehst du so geschwächt aus? Xiurong hat mir gestern nichts von einer Krankheit berichtet."
Xiaoyu erzählte ihr, was vorgefallen war: "Das ist nun einmal mein unseliges Schicksal. Da kann man nichts machen. Aber auch du bist sehr dünn geworden. Ich bitte dich inständig, beruhige dich und versuche, gut auf dich aufzupassen. Auch in deinem Fall kann man nichts machen. Dein Vater und deine Mutter haben es nun einmal so gewollt. Da hilft alles Klagen nichts." Da konnte Jurui eine Geste der Belustigung nicht unterdrücken. Ihre Wangen färbten sich rot, sie lächelte ein wenig spöttisch und sagte: "Meine Schwester, es wird mir künftig schwerfallen, mich wie eine Sklavin behandeln zu lassen. Mein Vater und meine Mutter haben mir das Leben geschenkt, ich bin ihnen Respekt schuldig, und ich versuche, ihnen Freude zu machen, wenn ich mit ihnen zusammen bin. Meine Ehre ist unbefleckt, mein Gewissen rein, und ich habe nie irgendetwas begangen, weshalb sie das Gesicht verlieren könnten. Man kann mir also nichts vorwerfen. Aber auch meine Eltern müssen sich so verhalten, daß es mir an nichts fehlt und ich mich voll entfalten kann. Warum haben sie sich also in einer derart wichtigen Angelegenheit, wie es eine Ehe ist, die ein ganzes Leben lang dauern soll, nicht darum gekümmert, in Erfahrung zu bringen, ob der Ehemann auch ein Mensch ist, der zu mir paßt, sondern nur auf sein Vermögen geachtet? Was könnte wohl lächerlicher sein, als zwei Menschen miteinander zu verheiraten, nur weil ihre Horoskope übereinstimmen? Wenn man das tut, wie kann es einen dann noch verwundern, daß die Frauen ihr ganzes Leben lang wie die Tiere dahinvegetieren müssen? Sie haben den fraglichen jungen Mann nicht einmal selbst gesehen. Sie wissen also gar nicht, wie er ist, ob er eine Erziehung genossen hat, wie er sich verhält. Sie haben überhaupt nichts an der ganzen Sache ernsthaft geprüft und und sich nur auf die wenig vertrauenswürdigen Behauptungen einer Ehevermittlerin verlassen. Wenn ich so darüber rede, weiß ich nicht ob ich nicht eher darüber lachen sollte, als mich deshalb aufzuregen, aber ihr sollt wissen, daß ich nicht gehorchen werde. Ich habe vor kurzem die Gelegenheit gehabt, ein paar Bücher aus Amerika und Europa zu lesen. Sie handeln von den Freiheitsrechten und von der Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Man schreibt darin zu diesem Problem, daß die Rechte der Frauen und Männer gleich sind, weil beide mit den gleichen Eigenschaften geboren werden. Die Kraft einer Nation oder einer Rasse beruht auf der Existenz der Frauen, da sich die Familienerziehung völlig in der Hand der Mütter befindet. In jenen Ländern haben die Frauen die Möglichkeit, ein unabhängiges Leben zu führen, und jedermann findet es richtig, daß sie bestimmte Rechte besitzen. Es gibt unter den Frauen viele wirklich heldenhafte Gestalten, mit denen sich die Männer nicht messen können. Die Mädchenschulen sind dort ebensogut wie die Knabenschulen, und es werden dort alle Fächer unterrichtet. Es gibt dort besondere Kenntnisse auf allen Gebieten, es ist nicht wie bei uns, wo man nur die Bücher der Klassiker und die Geschichte lehrt. Man lernt zu Anfang auf allen Gebieten in einer allgemeineren Weise, darauf wechselt man in eine weiterführende Schule über. An den Universitäten kann man alle Spezialgebiete studieren: etwa Philosophie, Physik und Chemie, die zusammengehören, Handwerk und Kunst, Pädagogik, Technik, Landwirtschaft. Alle Wissensgebiete stehen dort in Blüte, Männer und Frauen wetteifern miteinander auf der Suche danach, sie zu vervollkommnen, und jeder Mensch kann sein Brot verdienen. Der Unabbängigkeitssinn ist dort sehr entwickelt, und die Männer achten die Frauen als besonders edle Wesen. Wenn sie einer Frau begegnen, dann erbeben sie sich und verbeugen sich sehr ehrerbietig.
In den Cafés und Teestuben in jenen Ländern muß beispielsweise ein Mann, der dort sitzt und eine Frau kommen sieht, aufstehen, um sie zu begrüßen. Wenn es dort in den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr voll ist, müssen die Männer aufstehen und ihren Platz abtreten, wenn eine Frau einsteigt. Warum bringt man den Frauen in jenen Ländern soviel Ehrerbietung entgegen? Einmal deswegen, weil sie unabhängig und deshalb nicht auf die Männer angewiesen sind. Andererseits gibt es dort sehr viele berühmte Frauen, weil sie sich ganz der Betätigung auf allen möglichen Gebieten widmen können, und deshalb haben die Männer auch sehr viel Achtung vor ihnen. Schließlich gibt es noch einen weiteren Grund, daß nämlich die Familienerziehung und die Geburt neuer Bürger ohne die Frauen nicht möglich ist. Die aufgeklärten Männer in jenen Ländern haben begriffen, in welcher Beziehung Männer und Frauen zueinander stehen und daß beide gleiche Rechte besitzen.
Und wenn es darum geht, zu heiraten, so entscheidet man sich nach seinem eigenen Willen, und nicht nach den Wünschen seiner Eltern. Männer und Frauen können Freunde sein, da man keinen Unterschied zwischen beiden macht. Zwischen ihnen herrscht eine gegenseitige Wertschätzung und nicht eine beiderseitige Verachtung. Im allgemeinen werden dabei keinerlei Entscheidungen leichtfertig getroffen, man beiratet jemanden, den man während seiner Studien kennengelernt bat, So kennt man schon sein Verhalten, sein Bildungsniveau, seinen Charakter und seine Lebensziele. Man geht eine Partnerschaft nur dann ein, wenn man sich sehr liebt. Dieser Brauch unterscheidet sich von dem unseren vollkommen, denn hier heiratet man einen Fremden, den man nicht ein einziges Mal gesehen hat. In ihrem ganzen täglichen Leben herrscht dort zwischen Mann und Frau Liebe und gegenseitige Wertschätzung, auf diese Weise führen sie eine Ehe voller Gemeinsamkeiten und ohne Streitereien. Da die Frauen im Besitz von ziemlich weitgehenden Rechten sind, streben sie alle nach Unabhängigkeit. Es gibt dort Frauen, die in der Wirtschaft und im Handel tätig sind, und in den Schulen findet man zahlreiche Lehrerinnen. Da Männer und Frauen gleich behandelt werden, finden alle Frauen dort eine Arbeit, mit der sie ihr Brot verdienen können. Die Menschen dort lieben ihr Land sehr, auch sind diese Länder sehr mächtig, und die Familien dort kennen keine schwerwiegenden Probleme. Wenn man einmal einen Vergleich zieht, so leben die Frauen dort wie im Himmel, während sie hier die Hölle auf Erden haben. Und trotz allem trennen uns nur ein paar tausend Zhang[1] voneinander. Wie kommt es nur, daß wir unser ganzes Leben lang behandelt werden, als zählten wir gar nicht zur Menschheit? Wahrhaftig, das kommt daher, daß wir es uns gefallen lassen, geringschätzt und wie Sklaven oder Vieh behandelt zu werden. Wir akzeptieren unsere Unterdrückung noch mit Freuden und begnügen uns damit, täglich aufs Neue über Kleider und über Schminken zu debattieren. Wir nehmen unsere Gefangenschaft ohne Murren bin und sinken immer tiefer in diese Hölle hinab, ohne einen Finger zu rühren. Wir machen uns keine Gedanken darüber, wie wir etwas lernen können, um unabhängig zu werden, obwohl uns das allein es ersparen würde, um die Unterstützung anderer zu betteln. Wir fassen keine Mäglichkeit ins Auge, uns aus diesen Banden der Sklaverei zu befreien, und berühmte Frauen zu werden, die großes Ansehen im eigenen Land wie im Ausland genießen, und deren Verdienste noch auf die Nachwelt übergeben würden. Wir träumen nicht davon, uns einen Namen zu machen, der von Tausenden von Menschen geachtet wird, indem wir Dinge vollbringen, von denen alle Welt spricht. Wir denken nicht über die Tatsache nach, daß wir tausendfaches Leid ertragen müssen, und wir setzen es uns nicht zum Ziel, dieser Hölle, in der wir gefangen sind, zu entkommen. Ich für mein Teil bin aus dem träumerischen Zustand, in dem ich mich einst befand, erwacht und bin mir heute sicher, daß meine Ziele sich verwirklichen lassen werden. Niemand empfindet Mitleid mit dem Vogel Phönix, der in seinem Käfig gefangen sitzt, aber eines Tages wird er sich aufschwingen und bis zum Zenit emporfliegen. Ich habe meine Blindheit abgestreift, ich will unabhängig leben und gehe nach Japan, um zu studieren. Deshalb bin ich heute hierhergekommen, um meine Schwester zu fragen, ob sie mit mir kommen will." Jurui hatte ihre Rede beendet. Die anderen waren glücklich und überrascht zugleich über diese Worte.
Sie fragten alle gleichzeitzig: "Gibt es wirklich solche herrlichen Dinge, wie die, von denen du eben gesprochen hast? Das ist für uns, wie wenn man aus einem Traum erwacht. Aber gibt es denn schon Frauen, die nach Japan gegangen sind, um zu studieren?" Jurui bejahte ihre Fragen, sie habe von einer Frau gehört, die dorthin gegangen sei. Da waren die anderen Mädchen erleichtert und sagten. "Wir waren gerade dabei, darüber zu klagen, daß die Frauen sich nicht unabhängig machen können und daß deswegen ihre Begabung zugrunde geht und ihre Zukunft zerstört wird. Das trifft sich ja gut, daß du uns so etwas sagst, aber woher hast du das erfahren?" Jurui antwortete, sie habe einen Lehrer, der sehr fortschrittlich sei, der habe ihr kürzlich Bücher und Zeitschriften gekauft, und ihr einiges über die Lage im Ausland erklärt. Zuhause, sagte sie, hätte sie gewiß nicht die Möglichkeit gehabt, solche Bücher zu bekommen. Da sagte Xiaoyu: "Natürlich möchte ich mit dir geben, aber woher sollen wir das Geld dazu bekommen?" Jurui antwortete ihr, sie solle sich nicht aufregen, sie habe schon an dieses Problem gedacht und habe auch bereits Geld in Aussicht. "Da es die Familie Xun so eilig damit hatte, daß ich ihren Sohn heiraten sollte, sobald ich siebzehn Jahre alt wäre, hat meine Mutter Geld beiseite gelegt, um mir davon Kleider zu kaufen. Dieses Geldes kann ich mich bemächtigen, es ist doch besser, wenn es dazu dient, unsere Studien zu bezahlen, als es diesen Hunden in den Rachen zu stopfen, findest du nicht? Dieser Betrag wird uns für zwei Jahre reichen. Dann will Herr Yu, mein Lehrer, das Weitere für mich regeln. Wir brauchen uns also nicht zu beunruhigen."
Aiqun sagte sofort: "Was du da sagst, macht mich eifersüchtig. Du willst nur Xiaoyu mitnehmen. Sind wir drei denn keine Menschen? Ich weiß wohl, daß wir keine großen Gaben besitzen, und daß unsere Intelligenz mittelmäßig ist, aber wir können allemal genug, um in den Spuren derer zu wandeln, die klüger sind als wir. Wie könnten wir noch gerne hierbleiben wollen? Nur brauchen wir einen Mann, der uns begleitet, weil wir Schwierigkeiten haben werden mit all den Dingen, die neu für uns sind, und ich fürchte, wir würden uns verlieren oder verirren." Jurui antwortete sogleich: "Ich will wirklich nicht, daß ihr hierbleiben sollt. Aber einerseits fürchte ich, daß es euch schwerfallen würde, euch von dem Einfluß eurer Familien freizumachen, und zum anderen haben wir nicht viel Geld. Was das Problem angeht, daß wir uns verirren könnten, so seid unbesorgt. Wir müssen die ganze Strecke mit dem Schiff zurücklegen, die Reise wird ohne Schwierigkeiten vonstatten gehen. Warum sollten wir dazu Zuflucht nehmen und uns von einem Mann beschützen lassen? Ich kann sehr gut allein mit der Situation fertig werden. Ich erkläre mich bereit, allein die ganze Verantwortung auf mich zu nehmen, und ich bin mir vollkommen sicher, daß ich euch nicht auf falsche Wege führen werde. Ich habe das ganze Unternehmen schon in allen Einzelheiten vorbereitet und weiß jetzt, daß man entkommen kann. Aber wir müssen uns etwas einfallen lassen, weil ohne Geld für die Reise das Ganze nicht gut zu verwirklichen ist."
Xinghua und Zhenhua sagten gleichzeitig: "Wir haben auch einige Kleider und Schmuckstücke, die wir verkaufen können. Schwierig wird es nur sein, jemanden zu finden, der sofort daran interessiert ist." Darauf antwortete Jurui, daß das kein Problem wäre, sie werde heimlich ihrem Lehrer die Sachen geben, und dieser würde sich um den Verkauf kümmern. Für die Reise würden sie alles, was sie besäßen, zusammenlegen. Die beiden Mädchen waren damit sehr zufrieden, sie fanden diese Lösung sehr gut, Xiaoyu fragte Aiqun, was sie davon halte. Diese sagte: "Ich'kann ziemlich viel Geld und Schmuck von meiner Mutter nehmen. Wenn wir alle fünf unsere Habe zusammenlegen, werden wir alles in allem mehrere tausend Goldstücke haben, und es wird uns während drei Jahren Studiums an nichts fehlen. Aber wir müssen zusammenhalten, und es darf keinen Unterschied zwischen mein und dein geben."
Alle stimmten zu und sagten, Aquin habe vollkommen recht. Wenn sie nicht einer Meinung wären, nicht einmütig alle Freuden und Leiden teilten und sich nicht die Treue hielten, würde die Sache ein böses Ende nebmen. Zhenhua fragte, wie sie es anstellen sollten, sich alle zu treffen, und wie man die Flucht antreten wolle. Daraufhin antwortete Xinghua: "Am achten Tag des fünften Monats hat die Frau meines Onkels mütterlicherseits Geburtstag. Wir sollten diese Gelegenheit nutzen, um uns zu treffen, das kommt uns sehr gelegen, da wir zu diesem Anlaß viel Schmuck tragen können. Aber wie wir fliehen sollen, muß Jurui sagen." Jurui antwortete, daß sie schon alles vorbereitet habe. Sie flüsterte ihnen etwas ins Ohr und fragte sie, ob sie damit einverstanden seien. Alle stimmten ihr leise zu und sagten, das sei ein wunderbarer Gedanke. Jurui fügte noch hinzu, daß sie alles daransetzen müßten, sich an jenem Tage zu treffen, was auch immer sich dem in den Weg stellen mochte. "Wenn eine von uns nicht da ist, so können wir nicht auf sie warten." Alle nickten zustimmend mit dem Kopf. Dann sprach Jurui davon, daß sie die Bandagen an ihren Füßen lösen sollten, und alle waren einverstanden, mit Ausnahme von Zhenhua, die ein wenig zögerte, weil sie fürchtete, das sei nicht elegant. Jurui erklärte ihr die bösen Folgen der bandagierten Füße.
"Die bandagierten Füße sind zu allen Zeiten etwas Schändliches gewesen. Frauen quälen ihren eigenen Körper, um kleine Füße zu bekommen! Beim Geben können sie sich überhaupt nicht frei bewegen, weil die zerquetschten Knochen und verkümmerten Muskeln so sehr schmerzen. Bandagierte Füße sind die Ursache dafiir, daß sie sich immer müde fühlen, und sie begünstigen die Tuberkulose. Wenn man keine Kraft hat, kann man nicht studieren. Was könnte es schlimmeres geben? Frauen können sich nicht mehr mit sich selbst beschäftigen, für jeden Schritt sind sie auf eine Dienerin angewiesen, die ihnen hilft, das Gleichgewicht zu halten. Wenn sie weiter als ein paar Meter gehen, haben sie Schmerzen in den Beinen, als würden ihnen Eiterbeulen geöffnet. Sie sitzen den ganzen Tag unbeweglich herum wie eine Tonfigur, und in Gefahrensituationen sind sie ohnmächtig wie ein Gefangener, denn sie können nicht fliehen, weil sie sich ja nicht bewegen können, Sie können sich nur noch in die schlechte Behandlung fügen, die sie erfahren, aber sie haben es sich auch selbst ausgesucht. Es gibt auch Frauen, die überhaupt keine Selbstachtung besitzen. Sie lieben die kleinen Füße selbst ebenso wie ihre Ehemänner, sie schnüren die Bandagen, die sie zusammenhalten, immer noch enger, und können sich auf diese Weise schmeicheln, es geschafft zu haben, daß ihre Füße einer dreizollgroßen Lotosknospe gleichen. Wenn sie gehen, sehen sie aus wie die Zweige einer Trauerweide, und sie bilden sich ein, daß das sehr schön ist. Wenn sie sich an ihre Tür anlehnen müssen, so halten sie sich für schön und anziehend. Anstatt sich zu wehren gegen ihre Lebensbedingungen, sind sie mit sich zufrieden und begnügen sich damit, die Sklavinnen ihrer Söhne und Ehemänner zu sein. Aber wissen sie denn nicht, daß es eine Gewohnheit der Männer ist, ihre alten Frauen aufzugeben, und sich um neue zu kümmern? Glauben sie etwa, daß ihr Mann sie nicht verlassen wird, weil sie kleine FÜße haben? Er wird sich trotzdem eine jener verführerischen Geliebten zulegen und einen dicken Strich unter ihre Liebe von einst ziehen. Die Konkubine wird seine Lieblingsfrau werden, und man wird noch weitere junge Mädchen kaufen, auf daß er all seine Tage in Freude und Zärtlichkeit zubringen kann. Und das allerlächerlichste an der Sache ist, daß jene Frauen sich dann noch so sehr anstrengen können, um zu gefallen, es ist niemand mehr da, den sie verführen könnten. Sie werden nur noch als vereinsamte Gefangene eines Hauses, das keiner mehr betreten wird, ihr Leben fristen. Welch trauriges Schicksal, all jene Launen ertragen zu müssen. Und hilft es einem etwa in dieser Verzweiflung, wenn man kleine Füße hat? Und glaubt ihr etwa, daß ein Paar kleiner Füße jene Männer im Hause zurückhalten wird, die sich gerne in der Gesellschaft von Freudenmädchen aufhalten und ihre Familie dafür im Stich lassen? Das ist es wahrhaftig nicht wert, auf das Wohlbefinden, das man mit unverkrüppelten Füßen genießt, zu verzichten. Denn wenn man die Füße nicht bandagiert, braucht man beim Geben, auch auf schwierigen Wegen, nie mehr vor Schmerzen das Gesicht zu verziehen. Man wird kräftig, da man Sport treiben kann, und es ist Schluß mit der Schwächlichkeit und hinfälligen Schönheit von einst. Man kann sich allen möglichen Tätigkeiten widmen und braucht nicht länger die Hilfe eines Mannes, wenn man einmal ausgeben will, Da man sich einer Ausbildung unterziehen kann, ist es einem dann möglich, ein Handwerk oder irgend eine andere technische Tätigkeit auszuüben und so seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. An einer Schule zu unterrichten, ermöglicht einem ebenfalls sein Brot zu verdienen, und Handel zu treiben ist auch nicht weiter schwer. Wenn man erst einmal seinen Unterhalt selbst verdienen kann, dann kann man auch ein selbständiges Leben führen, und dann gelten die Frauen natürlich auch mehr. Was kann man denn schon mit einem Paar kleiner, spitzer Füßchen anfangen? Eines Tages wird sich die westliche Zivilisation und Kultur hier in unserem Lande ausbreiten, und dann wird ganz sicher alle Welt die verkrüppelten Füße ablehnen und voller Verachtung auf die Frauen herabsehen, die sich soweit erniedrigen, ihre Füße zu bandagieren." Alle stimmten den Worten Juruis zu, und Zhenhua sagte lebhaft: "Wenn du nicht durch meine irrigen Worte dazu angeregt worden wärst, hätten wir niemals diese glänzende Rede gehört. Du hast mir gezeigt, wie blind ich war, und ich bin dir dafür dankbar. Ich will das, was du soeben gesagt hast, weiterverbreiten, um meine Schwestern in den Frauengemächern wachzurütteln, die so denken, wie ich bisher gedacht habe. Ich möchte, daß sie jene schädlichen Bräuche, die sie bisher geübt haben, aufgeben und etwas unternehmen. Ich möchte, daß sie ein für alle Mal ihr Sklavenbewußtsein ablegen, daß sie sich aus ihrem Gefängnis befreien und mit ihren Studien beginnen. Dann werden sie erfahren, daß die Frauen keine unnützen Wesen sind, und daß das Streben der Frauen nach einem eigenständigen Leben ebenso groß ist, wie das der Männer. Um die Dinge zum Besseren zu wenden, brauchen wir keine Waffen, aber wir müssen uns in Zukunft von dieser Geisteshaltung freimachen, die uns im Elend festhält. Wenn wir einen Beruf erlernen, werden wir unabhängig leben können, und wir brauchen uns dann nie mehr Sorgen zu machen, wie wir Unterstützung finden. Heute geht es uns wie der Schwalbe und dem Spatz[2], und die Lage, in der wir uns heute befinden, ist gar nicht zu vergleichen mit dem, was eines Tages sein wird, denn dann werden wir sein wie der Vogel Phönix. Die Blumen der Freiheit werden blühen, die Zivilisation wird hell erstrahlen, und wir werden die höchsten Höhen erklimmen. Nun, da ich meinen Traum von einem süßen Leben aufgegeben habe, ist mein Wunsch nach Unabhängigkeit noch größer geworden. Ich werde dafür kämpfen bis auf den Tod, wie heftig man sich auch immer bemühen mag, mich daran zu hindern." Da sagten alle voller Bewunderung, daß Zhenhua ein wahrhaftig heldenmütiges Mädchen sei. Von diesem Augenblick an verstummten ihre unablässigen Klagen, wie sie alle Mädchen in den Frauengemächern äußern. Nun, da sie alle einen Entschluß gefaßt hatten, waren sie sehr zufrieden. Aber wer von ihnen hätte gedacht, daß Xiurong sie durch die Wand belauschte.
Da die junge Dienerin sehr begierig war, zu erfahren, warum die jungen Mädchen so bestürzt waren, hatte sie sich auf Zehenspitzen ins Vorzimmer geschlichen und heimlich zugehört, wovon geredet wurde. Und eine Erklärung hatte sie ja nun wahrhaftig bekommen! Sie konnte ihre Gefühle nicht mehr beherrschen. Sie dachte sich: meine Herrin liebt ihre Tochter sehr, warum sollte ich nicht versuchen, ihr von dieser ganzen Sache zu erzählen, um einmal zu hören, was sie davon hält. Wenn sie mit ihren Plänen einverstanden ist, so würde das bedeuten, daß man den Schmuck nicht versetzen müßte. Wenn sie dagegen ist, muß ich es auf mich nehmen, ihnen heimlich zu helfen. Da meine Herrin hier hergreist ist, um für den jungen Herrn ein Amt zu kaufen, hat sie über zehntausend in Geldscheinen mitgebracht. Ich bin die einzige, die weiß, wo sich dieses Geld befindet. Wenn ich es für die Kosten des Studiums der Mädchen an mich nehme, dann werden sie für mehrere Jahre genug Geld haben. Die Familie meiner Herrin ist ohnehin sehr reich, und eine derart kleine Summe wird kein großes Loch in ihren Reichtümern hinterlassen. Ich riskiere ein paar Vorhaltungen und Schläge, aber weiter nichts.
Indem sie so für sich diesen Entschluß faßte, trat sie ins Schlafzimmer ihrer Herrin. Die Gäste waren gegangen, es war ruhig im Zimmer. Sie sagte, daß die jungen Mädchen weinten. Frau Bao fragte überrascht nach dem Grund. Xiurong antwortete ihr: "Sie weinen wegen der Leiden, die die Frauen ertragen müssen, weil sie keine Erziehung erhalten und keinerlei Rechte haben. Weil sie, wenn sie verheiratet sind, unter der schlechten Behandlung von Seiten ihrer Schwiegereltern leiden müssen, und sie haben Angst davor, selbst einmal schlecht verheiratet zu werden und dadurch den Rückhalt in ihrer eigenen Familie zu verlieren, Denn wenn ein begabtes Mädchen mit einem Taugenichts verheiratet wird, dann muß sie mit Gewißheit viel leiden deswegen. Das ist es, was sie quält, was ihr Herz bedrückt und sie weinen läßt." Frau Bao sagte, daß das lächerlich sei: "Aber sie sind ja dumm! Frau Zuo und ich werden unsere Töchter nie des Geldes wegen verheiraten, wir werden selbstverständlich einen Schwiegersohn aussuchen, der große Geistesgaben besitzt, auf daß ihre Ehe glücklich werden möge. Wir werden es nicht so machen wie die Eltern Huang, die wirklich mangelndes Urteilsvermägen bewiesen haben, als sie beschlossen, ihre Tochter mit dem jungen Xun zu vermählen. Es gibt überhaupt keinen Grund, heimlich dazusitzen und zu weinen, das ist wirklich lächerlich. "Xiurong antwortete: "Das ist noch nicht alles. Da ist noch etwas anderes. Fräulein Huang, die zu Besuch gekommen ist, hat erzählt, daß man im Ausland keinen Unterschied in der Behandlung gegenüber Frauen und Männern macht. Alle besuchen die Schule und beide Geschlechter werden gleich erzogen. Sie hat gesagt, daß man selbständig werden kann, wenn man etwas erlernt hat, und daß die Frauen in der westlichen Welt auch einen richtigen Beruf ausüben können. Viele von ihnen sind im Handel oder an Schulen tätig. Es gibt dort Straßenbabnfahrerinnen, Fabrkartenverkäuferinnen auf den Bahnhöfen, und im Pressewesen und in den Krankenhäusern sind die Frauen noch zahlreicher vertreten. Die Frauen haben dort die Möglichkeit, jede Art von Handelstätigkeit auszuüben. Man findet sie dort auch in Banken und allen möglichen Gewerbezweigen vertreten, Frauen können Philosophie, Physik oder Chemie unterrichten, Dozentinnen an Hochschulen werden, allgemein findet man viele Frauen im Unterrichtswesen, Sie haben es nicht nötig, von irgend jemand abhängig zu sein, in ihrer wirtschaftlichen Unabbängigkeit liegt ihre Stärke. Fräulein Huang hat erzählt, daß man in einer amerikanischen Untersuchung festgestellt hat, daß sechzig Prozent aller qualifizierten Lehrer Frauen sind. Überall besitzen die Frauen weitgehende Rechte. Männer und Frauen sind gleich, man macht keinen Unterschied zwischen beiden. Es ist dort nicht wie bei uns, wo die Frauen viel leiden müssen und ihr ganzes Leben lang auf Gedeih und Verderb von ihrem Mann abbängig bleiben. Das alles hat die jungen Mädchen zutiefst beieindruckt, und sie spielen mit dem Gedanken, ins Ausland zugeben, um zu studieren.
Sie befürchten, Ihr könntet damit nicht einverstanden sein. Das stimmt sie sehr traurig. Ich wüßte nicht, warum Ihr Eurer Tochter nicht erlauben solltet, für drei Jahre zum Studium nach Japan zu geben, und anschließend wiederzukommen. Damit erfüllt Ihr ihr einerseits ihre Wünsche, außerdem verhütet Ihr dadurch, daß sie vor Traurigkeit krank werden und dieser kostbare Leib dadurch Schaden nehmen könnte. Das würde Euch doch genauso beunruhigen, wie wenn ihr zusehen müßt, wie sie weggeht, andererseits wird sie sich einen Namen machen, der auch Euch Ehre machen wird, wenn es ihr gelingt, dort eine Ausbildung zu absolvieren.
Eure Tochter hat schon immer eine sehr große Entschlossenbeit besessen, sie ist immer wütend darüber gewesen, daß sie kein Mann ist. Sie ist sehr begabt, aber wenn es ihr nicht gelingt, das Halseisen ihres Sklavendaseins als Frau abzuschütteln, das von Tag zu Tag schwerer wird, wird ihr ihre Begabung nichts nützen. Als sie heute die Worte Fräulein Huangs hörten, war das für sie, wie wenn die Blumen und Pflanzen im Frühling oder bei Neumond zu sprießen beginnen. Es war für sie ein Gefühl, als wäre sie tot gewesen und würde von neuem geboren, als würde sie plötzlich erleuchtet. Gleichberechtigung bedeutet für Männer und für Frauen die gleiche Freiheit, etwas zu lernen und einen Beruf zu ergreifen. Glück bedeutet, aus dieser Hölle hinauszukommen, und ein himmlisches Dasein zu beginnen, indem alle Fesseln abgestreift und den Leiden ein Ende gemacht werden. Heute trägt sie die Keime zukünftiger Früchte in sich. Wie könnte sie es also zulassen, daß ihre Gaben hier im Keime erstickt werden, wie könnte sie den Versuch unterlassen, den anderen voranzugehen. Wenn Ihr sie daran hindert, wegzugehen, befürchte ich etwas Schlimmes. Ihr liebt eure Tochter sehr, überlegt Euch die Sache wohl, und erwät die Frage in allen Einzelheiten."
Frau Bao antwortete: "Du erzählst dummes Zeug. Wenn junge Mädchen lesen und Gedichte schreiben können, so ist das genug, wozu müssen sie dann ins Ausland geben und studieren? Meine Tochter ist noch nie von mir weggegangen. Glaubst du etwa, ich werde mich von ihr trennen und sie soweit wegschicken?"
Xiurong wandte sich von Neuem an ihre Herrin: "Darf ich Euch noch einmal um die Geduld bitten, mir zuzuhören? Ihr fürchtet, daß Ihr Euch nicht entschließen könnt, Euch von Eurer Tochter zu trennen. Und doch wißt Ihr sehr wohl, daß Ihr sie werdet verheiraten müssen, und daß sie dann zu einer anderen Familie gehören wird. Es wird dann für Mutter und Tochter schwierig sein, weiterhin zusammenzuleben. Wenn sie je an böse Schwägerinnen gerät, oder an einen Mann, der ihr wenig zugetan und so gefühllos wie ein Stein ist, dann werdet Ihr darüber sehr bestürzt sein, aber Ihr werdet nichts tun können, außer daß jede von Euch für sich allein weinen und leiden wird. Es wäre viel besser, Ihr würdet Eurer Tochter die Gelegenheit geben, sich unabhängig zu machen und zu leben, ohne auf irgend jemanden angewiesen zu sein. Wenn man von keinem Menschen abhängig ist, so gibt einem das eine hohe Selbstachtung, darin besteht nämlich der Fortschritt, und davon hängt das Glück ab. Wenn sie später einmal zur zivilisierten Welt gehören wird, so wird sie die Klugheit ihrer Mutter für immer weiterleben lassen. Indem Ihr ihr gestattet, Ihre großen Pläne zu verwirklichen, beweist Ihr, daß Ihr sie wirklich liebt." Nachdem Frau Bao diesem ganzen Wortschwall zugehört hatte, schwieg sie einen Augenblick und sagte dann:
Aber du bist ja närrisch. Meine Familie ist sehr wohlhabend, und es kommt gar nicht in Frage, daß meine Tochter Ihren Lebensunterhalt selbst verdient. Wenn sie eines Tages heiraten wird, so habe ich vor, einen Schwiegersohn auszuwählen, der in der Familie seiner Frau leben wird. Meine Tochter wird nicht aus dem Haus geben, um zu heiraten, also wird es auch unmöglich sein, daß sie schlecht behandelt wird. Sie äußert jetzt nur ein paar Befürchtungen in dieser Hinsicht, weil sie unter dem augenblicklichen Einfluß Fräulein Huangs steht. Und dann sag mir doch nur, wie ein paar Mädchen allein solch eine lange und schwierige Reise machen könnten. Nun ist es aber genug mit dem dummen Zeug! Geh schnell und bereite das Essen."
Xiurong zog sich schweigend zurück, konnte aber einen Seufzer der Enttäuschung nicht unterdrücken. Sie dachte im Stillen: "Frau Bao weiß nicht, daß sie nicht so verstockt sein darf. Ich muß es also ertragen, daß die Mädchen einfach so weggehen, ganz auf sich selbst gestellt. Ich muß heimlich alles für sie in die Wege leiten. Das will ich einerseits für Aiqun tun, die mich immer gut behandelt bat, andererseits aber auch für Fräulein Huang, ich will ihr meine Dankbarkeit beweisen, weil sie so gut zu mir war und mich wie eine Freundin behandelt hat. Indem ich ihnen auf diesem Umweg einen Gefallen tue, kann ich ihnen meine Zuneigung beweisen. Und vor allem sind diese edlen jungen Mädchen Frauen wie ich, wie sollte ich ihnen da nicht helfen, solange ich irgend kann? Außerdem ist es die Pflicht aller Frauen, die das gleiche Vaterland haben und aus dem gleichen Volk stammen, sich untereinander zu helfen. Jetzt wollen wir für einen Augenblick unsere Erzählung von der jungen Dienerin, die so große Ziele verfolgt, unterbrechen. Was wird geschehen? Ich kann es noch nicht sagen. Halten wir einen Augenblick inne. Wer wissen will, wie die Geschichte weitergeht, wird das im folgenden Kapitel erfahren.
Menschen, die zum Sieg entschlossen sind,
schütteln alle Bindungenan ein bestimmtes
Tätigkeitsfeld ab und brechen nach Japan auf.Wie mutige Menschen voll gerechter Empörung gegen
die Tyrannei großartige Vorhaben verwirklichen
Zusammenfassung
Als sich die jungen Mädchen aus Anlaß des Geburtstages von Frau Bao treffen, erbitten sie die Erlaubnis, zu der Göttin Guan yin beten zu dürfen. Beim Tempel erwartet sie schon Herr Yu mit mehreren Sänften, die sie zum Schiff bringen sollen.
»Nach einer ruhigen Überfahrt kommen sie in Japan an, wo sie schon von Landsleuten, die aus derselben Provinz stammen, erwartet werden«, die ihnen dabei helfen, sich in Japan häuslich einzurichten. Sie bitten eine Lehrerin, ihnen japanisch beizubringen, schreiben sich bei einer Schule ein und nehmen an allen Aktivitäten der chinesischen Gemeinde teil. Sehr bald werden sie allgemein bewundert, besonders Jurui, die sich als eine hervorragende Rednerin erweist. »Dank ihrer hochgesteckten Ziele war sie allen überlegen, sie hatte zu allen Fragen eine prompte und wohlgefaßte Ansicht.« Eines Tages werden sie von zwei »schönen jungen Männern« aufgesucht, die von der revolutionären Partei gesandt sind.
Nachdem diese den jungen Mädchen kurz die politische Lage Chinas dargelegt haben, äußern alle den Wunsch, sich der Guangfu hui Partei anzuschließen.