Einige der abscheulichsten Symptome gesellschaftlichen Niedergangs werden erst dann als ernstzunehmende Probleme erkannt, wenn sie derartig epidemische Ausmaße angenommen haben, daß sie jeder Lösung zu trotzen scheinen. Zu ihnen gehört die Vergewaltigung. In den Vereinigten Staaten gehört die Vergewaltigung heute zu den am schnellsten anwachsenden Gewaltverbrechen.[1] Nach Jahren des Schweigens, des Leidens und unter falscher Anklage geführter Prozesse werden die sexuellen Anschläge explosionsartig als eine der aussagekräftigsten Funktionsstörungen der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft erkennbar. Das ansteigende öffentliche Interesse gegenüber der Vergewaltigung hat in den Vereinigten Staaten unzählige Frauen ermuntert, über zurückliegende Erfahrungen mit tatsächlichen und versuchten Angriffen offen zu reden. Im Ergebnis ist eine furchterregende Tatsache ans Licht gekommen: Erschreckend wenig Frauen können von sich behaupten, daß sie nicht irgendwann in ihrem Leben Opfer eines versuchten oder durchgeführten sexuellen Angriffs geworden sind.
In den Vereinigten Staaten und in anderen kapitalistischen Ländern waren in der Regel die Gesetze gegen Vergewaltigung ursprünglich zum Schutz der Männer aus den Oberschichten, deren Töchter und Frauen angegriffen werden könnten, erlassen worden. Was mit den Frauen der Arbeiterklasse geschah, war gewöhnlich für die Gerichte von wenig Belang. Eine Folge davon ist, daß bemerkenswert wenig weiße Männer wegen sexueller Gewalt, die sie an diesen Frauen verübten, belangt wurden. Während diese Vergewaltiger selten vor Gericht gebracht wurden, richtete sich die Anklage wegen Vergewaltigung unterschiedslos gegen die Schwarzen - ob sie nun schuldig oder unschuldig waren. Im Ergebnis waren von den 455 Männern, die in der Zeit von 1930 bis 1967 auf Grund von Vergewaltigungsdelikten verurteilt wurden, 405 Schwarze.[2]
In der Geschichte der Vereinigten Staaten ragt unter den Kunstgriffen des Rassismus die betrügerische Anklage wegen Vergewaltigung als einer der schrecklichsten hervor. Wann immer die wiederkehrenden Wellen von Gewalt und Terror gegen die schwarze Gemeinschaft eine überzeugende Rechtfertigung brauchten, wurde der Mythos vom schwarzen Vergewaltiger heraufbeschworen. Daß die schwarzen Frauen sich von der Bewegung gegen Vergewaltigung auffällig abseits gehalten haben, mag teilweise an der Indifferenz dieser Bewegung gegenüber der willkürlichen Anklage wegen Vergewaltigung liegen, die oft genug als Auftakt für rassistische Ausschreitungen herhalten mußte. Zu viele Unschuldige sind in den Gaskammern und den Zellen ftir Lebenslängliche geopfert worden, als daß sich die schwarzen Frauen ohne weiteres jenen anschließen könnten, die so oft bei Polizisten und Richtern ihre Unterstützung suchten. Auch haben sie selbst als Opfer von Vergewaltigung von jenen Männern in Uniform und Robe wenig oder gar keine Sympathie erhalten. Berichte über Angriffe von Polizisten gegen schwarze Frauen - so daß die Vergewaltigungsopfer mitunter eine zweite Vergewaltigung erleiden mußten - hört man zu oft, um sie als Verdrehung der Wahrheit abtun zu können. »Selbst zu der Zeit, als die Bürgerrechtsbewegung am stärksten war, erklärten in Birmingharn« z. B.
- junge Aktivistinnen, daß niemand die schwarzen Frauen davor schütze, von der Birminghamer Polizei vergewaltigt zu werden. Erst unlängst im Dezember 1974 berichtete in Chicago eine Siebzehnjährige, daß sie von zehn Polizisten gemeinschaftlich vergewaltigt worden sei. Einige der Männer wurden vom Dienst suspendiert, aber zu guter Letzt wurde die ganze Sache unter den Teppich gekehrt. [3]
In der frühen Phase der heutigen Bewegung gegen die Vergewaltigung haben nur wenige feministische Theoretikerinnen die spezifischen Umstände untersucht, in denen sich schwarze Frauen als Opfer von Vergewaltigung befanden. Die schwarzen Frauen, die von weißen Männern systematisch mißbraucht und vergewaltigt werden, sind historisch eng an die schwarzen Männer gebunden, die aufgrund rassistischer Manipulationen bei Vergewaltigungsanklagen verstümmelt und ermordet wurden. Dieser Zusammenhang wird erst jetzt langsam in seiner wirklichen Tragweite erkannt. Wann immer die schwarzen Frauen gegen Vergewaltigung kämpften, haben sie gewöhnlich gleichzeitig das abgekartete Spiel der Vergewaltigungsanklage gegen die schwarzen Männer als eine tödliche rassistische Waffe bloßgestellt. Eine besonders hellsichtige Autorin sieht das so:
- Der Mythos vom schwarzen Vergewaltiger der weißen Frauen ist ein Zwilling des Mythos' von der schlechten schwarzen Frau-, beide haben das Ziel, die fortgesetzte Ausbeutung der schwarzen Männer und Frauen zu entschuldigen und zu fördern. Die schwarzen Frauen erspürten diese Beziehung sehr klar und standen früh in der vordersten Front des Kampfes gegen die Lynchjustiz.[4]
Gerda Lerner, die Autorin dieses Absatzes, ist eine der wenigen weißen Frauen, die in den frühen siebziger Jahren systematisch die Vergewaltigung und die kombinierte Wirkung des Rassismus und des Sexismus auf die schwarze Frau in voller Tiefe erforschten. Der Fall der Joann Little5, im Sommer 1975 verhandelt, illustriert Lerners These. Sie war unter der Anklage des Mordes vor Gericht gebracht worden. Die junge Frau wurde beschuldigt, einen weißen Wächter in einem Gefängnis, dessen einzige weibliche Insassin sie war, getötet zu haben. Bei ihrer Aussage erzählte Joann Little, wie der Wächter sie in der Zelle vergewaltigt und,sie ilm in Notwehr mit dem Eispickel, mit dem er sie bedrohte, erschlagen hatte. Im ganzen Land wurde dieser Fall von einzelnen Personen wie auch von den Organisationen der schwarzen Gemeinschaften und der neuen Frauenbewegung leidenschaftlicb unterstützt. Der Freispruch für sie wurde als ein bedeutender Sieg gefeiert, der durch diese massive Kampagne möglich geworden war. Unmittelbar nach ihrem Freispruch gab Fräulein Little verschiedene eindringliche Appelle für einen schwarzen Mann namens Delbert Tibbs heraus, der unter der falschen Anklage der Vergewaltigung an einer weißen Frau verurteilt worden war und in Florida seine Hinrichtung erwartete.
Viele schwarze Frauen antworteten auf Joann Littles Appell, um den Fall Delbert Tibbs zuunterstützen. Aber nur wenige weiße Frauen und noch weniger organisierte Gruppen aus der Bewegung gegen Vergewal tigung - folgten ihren Anregungen, die der Befreiung des schwarzen Mannes galten, der offenkundig ein Opfer des Rassismus der Südstaaten werden sollte.
Selbst als Joann Littles Hauptverteidiger bekanntgab, daß er Delbert Tibbs verteidigen werde, wagten es nur wenige weiße Frauen, für seine Verteidigung einzutreten. Erst 1978, nachdem alle Anklagepunkte gegen Tibbs abgewiesen waren, fingen auch die Aktivistinnen der Bewegung gegen Vergewaltigung zunehmend an, sich für den Fall einzusetzen. Ihr ursprünglicher Widerstand jedoch war eine jener historischen Erfahrungen, die in den schwarzen Frauen den Verdacht erhärteten, daß die Bewegung gegen Vergewaltigung an ihren spezifischen Bedürfnissen weitgehend vorbeiging.
Daß sich die schwarzen Frauen der Bewegung gegen Vergewaltigung nicht en masse angeschlossen haben, ist noch kein Grund zu der Annahme, sie seien überhaupt gegen Maßnahmen gegen Vergewaltigung. Noch vor Ende des neunzehnten Jahrhunderts hatten die bahnbrechenden schwarzen Klubfrauen eine der ersten organisierten öffentlichen Kundgebungen gegen sexuellen Mißbrauch gestartet. Die achtzig Jahre alte Tradition ihres organisierten Kampfes gegen Vergewaltigung spiegelt das tiefe und verbreitete Leid der schwarzen Frauen wider, die mit sexueller Gewalt bedroht wurden. Einer der markantesten historisch gewordenen Züge des Rassismus war immer die Anmaßung der weißen Männer, besonders jener, die ökonomische Macht ausübten, daß sie auf den Geschlechtsverkehr mit schwarzen Frauen ein unbestreitbares Recht hätten.
Die Sklaverei war auf sexuellen Mißbrauch ebenso angewiesen wie auf die Peitsche und die Geißel. Die übermäßigen sexuellen Triebe, ob sie nun bei den weißen Männern vorhanden waren oder nicht, haben dem Wesen nach mit der faktisch institutionalisierten Vergewaltigung nichts zu tun. Die sexuelle Zwangsherrschaft war vielmehr eine wesentliche Dimension in der sozialen Beziehung zwischen dem Sklavenherrn und der Sklavin. In anderen Worten, das Recht, das die Sklavenbesitzer und ihre Agenten auf die Körper der Sklavinnen beanspruchten, war der direkte Ausdruck der von ihnen angemaßten Besitzrechte an den Schwarzen insgesamt. Das verbriefte Recht auf Vergewaltigung entsprang der gnadenlosen wirtschaftlichen Beherrschung, die das furchtbare Markenzeichen der Sklaverei war, und förderte zugleich ihr Fortbestehen.[6]
Das Prinzip des institutionalisierten sexuellen Mißbrauchs an schwarzen Frauen war so stark, daß es die Abschaffung der Sklaverei überlebte. Gemeinschaftliche Vergewaltigung, begangen vom KuKluxKlan und anderen terroristischen Organisationen der Zeit nach dem Bürgerkrieg, wurde zu einer offenen politischen Waffe gegen die Befreiungsbewegung der Schwarzen. Während der Ausschreitungen in Memphis 1866 z. B. wurden die Morde der gewalttätigen Banden durch konzentrierte sexuelle Angriffe gegen schwarze Frauen ergänzt. Später machten viele schwarze Frauen vor dem Komitee des Kongresses Zeugenaussagen über die grausamen gemeinschaftlichen Vergewaltigungen der Banden, die sie zu erleiden hatten. Die folgende Aussage, die sich auf ähnliche Ereignisse während der Ausschreitungen 1871 in Meridian in Mississippi bezieht, stammt von einer Frau namens Ellen Parton:
- Ich wohne in Meridian; ich wohne seit neun Jahren hier; mein Beruf: Waschen, Bügeln und Putzen; Mittwoch nacht war die letzte Nacht, wo sie in mein Haus kamen; mit »sie« meine ich kleinere und größere Gruppen von Männern; sie kamen am Montag, am Dienstag und am Mittwoch; Montag nacht sagten sie uns, sie kämen nicht, um uns Böses zu tun; Dienstag nacht kamen sie, weil sie nach Waffen suchten; ich sagte ihnen, daß keine da seien, und sie sagten, sie glaubten mir; Mittwoch nacht kamen sie und brachen den Kleiderschrank und die Koffer auf und vergewaltigten mich; acht von ihnen waren im Haus; ich weiß nicht, wie viele noch draußen waren . . .[8]
Natürlich hat sich der sexuelle Mißbrauch an schwarzen Frauen nicht immer in einer solch offenen und öffentlichen Gewalttätigkeit manifestiert. Da ist das tägliche Drama des Rassismus in den unzähligen anonymen Zusammenstößen zwischen schwarzen Frauen und weißen Tätern - Männern, die von der Natürlichkeit ihrer Handlungen überzeugt sind. Ideologisch sanktioniert wurden derartige Angriffe von Politikern, Wissenschaftlern, Journalisten und Literaten, die die schwarze Frau als promiskuös und ohne Moral darstellten. Sogar die hervorragende Schriftstellerin Gertrude Stein beschreibt eine ihrer schwarzen Frauenfiguren als im Besitze der ». . . schlichten, promiskuösen Unmoral des schwarzen Volkes«.[9] Daß sich diese Haltung auf die weißen Männer der Arbeiterklasse übertragen hat, war einer der größten Triumphe in der Entwicklung der rassistischen Ideologie.
Der Rassismus hat immer seine Stärke aus der Fähigkeit gezogen, den sexuellen Zwang zu fördern. Zwar waren die schwarzen Frauen und ihre farbigen Schwestern das Hauptziel dieser Angriffe, doch auch die weißen Frauen hatten zu leiden. Da die weißen Männer nun mal davon überzeugt waren, daß sie auf schwarze Frauen ungestraft sexuelle Anschläge verüben durften, konnte das Verhältnis zu den Frauen ihrer eigenen Rasse hiervon nicht unbeeinträchtigt bleiben. Der Rassismus hat immer die Vergewaltigung ermutigt, und die weißen Frauen in den Vereinigten Staaten bekamen zwangsläufig das Echo dieser Angriffe zu spüren. Das ist eine der vielen Formen, wie der Rassismus den Sexismus nährt und die weißen Frauen zu indirekten Opfern der auf ihre farbigen Schwestern gerichteten Unterdrückung macht.
Die Erfahrungen des Vietnamkrieges belegen ein weiteres Mal, in welchern Ausmaß der Rassismus Vergewaltigung provoziert. Weil es in die Köpfe der US-Soldaten gehämmert worden war, daß sie gegen eine minderwertige Rasse kämpften, konnte ihnen auch beigebracht werden, daß die Vergewaltigung vietnamesischer Frauen eine notwendige militärische Pflicht sei. Sie konnten sogar angewiesen werden, die Frauen mit ihrem Penis »zu suchen«.[10] Es war die ungeschriebene Taktik der US-Militärführung, die Vergewaltigung systematisch zu fördern, da sie eine extrem effektive Waffe des Terrors gegen die Massen war. Wo sind die Tausende und Abertausend Vietnamveteranen, die Zeugen oder Teilnehmer dieses Terrors waren? In welchem Ausmaß haben diese brutalen Erfahrungen ihre Haltung gegenüber den Frauen im allgemeinen geprägt? Obgleich es gänzlich irrig wäre, die Vietnarnveteranen als Haupttäter bei Sexualverbrechen auszusondern, so kann doch kein Zweifel daran sein, daß die ungeheuerlichen Rückwirkungen der Vietnamerfahrungen bis heute von allen Frauen in den Vereinigten Staaten wahrgenommen werden.
Es ist eine schmerzliche Ironie, daß einige der Anti-VergewaltigungsTheoretiker, die die Rolle ignorieren, die der Rassismus beim Anreiz zur Vergewaltigung spielt, ohne Zögern behaupten, die farbigen Männer neigten besonders zu Gewalttätigkeiten gegen Frauen. In ihrer außerordentlich eindrucksvollen Studie über Vergewaltigung weist Susan Brownmiller nach, daß die jahrhundertelange Unterdrückung dem schwarzen Mann viele der »legitimen« Äußerungen männlicher Vorherrschaft unzugänglich gemacht habe. Folglich rnüßten sie ihre Zuflucht in der offenen sexuellen Gewalt suchen. In ihrer Beschreibung der »Ghettobewohner« beharrt Brownmiller darauf, daß
- die Speisesäle für Führungskräfte und die Bergtouren zum Mount Everest gewöhnlich für diejenigen nicht erreichbar sind, die die Subkultur der Gewalt bilden. Der Zugang zum weiblichen Körper jedoch - durch Gewalt - ist innerhalb ihres Gesichtskreises.[11]
Als Brownmillers Against Our Will: Men, Women and Rape erschien, wurde es in einigen Kreisen überschwenglich gelobt. Das Time Magazin, das sie zu einer der zehn Frauen des Jahres kürte, nannte das Buch ». . . die rigoroseste und provokanteste wissenschaftliche Arbeit, die bislang aus der feministischen Bewegung hervorgegangen ist«[12]. In anderen Kreisen jedoch wurde das Buch ob seines Beitrages zur Wiederbelebung des alten Mythos' vom schwarzen Vergewaltiger entschieden kritisiert.
Es kann nicht geleugnet werden, daß Brownmillers Buch ein bahnbrechender Beitrag innerhalb der Literatur zum Gegenstand der Vergewaltigung ist. Leider sind jedoch viele ihrer Argumente von rassistischen Vorstellungen durchdrungen. Charakteristisch für diese Sichtweise ist ihre Neuinterpretation des Lynchmordes an dem vierzehnjährigen Emmett Till 1953. Nachdem dieser Junge einer weißen Frau in Mississippi nachgepfiffen hatte, wurde sein verstümrnelter Körper auf dem Grund des Flusses Tallahatchie gefunden. »Tills Handlung«, sagt Brownmiller, »war mehr als nur ein dummer Jungenstreich.« [13]
- Emmett Till wollte seinen schwarzen Kameraden zeigen, daß er, und folglich: daß sie eine weiße Frau bekommen konnten, und Carolyn Bryant war das nächste brauchbare Objekt. Um es deutlich zu sagen, die Zugänglichkeit aller weißen Frauen war im Visier. . . . Und was ist mit dem wölfischen Pfeifen, Tills Gehabe nach Erwachsenen-Bravour? ... Das Pfeifen war kein kleines süßes Hubba-Hubba oder ein melodischer Beifall für einen wohlgeformten Knöchel. . . . Es war eine vorsätzliche Beleidigung knapp vor dem physischen Angriff, und eine letzte Warnung an Carolyn Bryant, daß dieser schwarze Junge, Till, es sich in den Kopf gesetzt hatte, sie zu besitzen.[14]
Obgleich Brownmiller die sadistische Bestrafung von Emmett Till verurteilt, bleibt der schwarze Jugendliche nichtsdestoweniger der schuldige Sexist, der fast genauso schuldig ist wie seine weißen rassistischen Mörder. Im übrigen, argumentiert sie, waren beide Teile, Till und seine Mörder, ausschließlich an ihren Besitzrechten gegenüber Frauen interessiert.
Unglücklicherweise ist Brownmiller unter den gegenwärtigen Autoren zum Thema Vergewaltigung nicht die einzige, die unter dem Einfluß des Rassismus steht. So auch Jean MacKellar in ihrem Buch Rape: The Bait and the Trap:
- Die Schwarzen, aufgewachsen unter den harten Bedingungen der Ghettos, lernen, daß sie das, was sie haben wollen, nur bekommen, wenn sie sich dessen bemächtigen. Gewalt ist das Gesetz im Spiel ums Überleben. Frauen sind leichte Beute: Um eine Frau zu bekommen, muß man sie zwingen.[15]
MacKellar ist von der rassistischen Propaganda so vollständig hypnotisiert, daß sie die unerhörte Behauptung aufstellt, 90 Prozent aller in den Vereinigten Staaten gemeldeten Vergewaltigungen seien von schwarzen Männern verübt worden.[16] Da sogar der vom FBI herausgegebene entsprechende Prozentsatz bei 47 liegt,[17] fällt es schwer anzunehmen, daß MacKellars Behauptung nicht als absichtliche Provokation gemeint ist.
Die meisten neueren Forschungen zur Vergewaltigung in den USA haben das Auseinanderklaffen zwischen den tatsächlich begangenen sexuellen Angriffen und den bei der Polizei angezeigten bestätigt. Nach Susan Brownrniller z. B. liegt das Verhältnis der angezeigten zu den tatsächlichen Vergewaltigungen ohne Rücksicht auf den Ort zwischen eins zu fünf und eins zu zwanzig.[18] In einer Arbeit der New Yorker »Radikalen Feministinnen« wird geschlossen, daß die Rate der angezeigten Vergewaltigungen bei nur fünf Prozent liegt.[19] In der gegenwärtigen Literatur über Vergewaltigung ist nichtsdestotrotz oft die Tendenz zu bemerken, den im »Polizeibericht geftihrten Vergewaltiger« mit dem »typischen Vergewaltiger« gleichzusetzen. Wenn sich dieses Denkmuster durchsetzt, wird es praktisch unmöglich sein, die realen sozialen Ursachen der Vergewaltigung aufzudecken.
Diana Russels Politics of Rape verstärkt unglücklicherweise die allgemeine Vorstellung von dem typischen Vergewaltiger, dem farbigen Mann - oder, falls er weiß ist, dem Armen oder dem Mann aus der Arbeiterklasse. Ihr Buch trägt den Untertitel The Victims Perspective und ist auf einer Reihe von Interviews mit Vergewaltigungsopfern aus der San Francisco Bay Area aufgebaut. Von den zweiundzwanzig Fällen, die sie beschreibt, waren in zwölfen - also mehr als der Hälfte - Schwarze, Chicanos oder eingeborene amerikanische Indianer die Vergewaltiger. Es ist aufschlußreich, daß in den ursprünglich fünfundneunzig Interviews, die sie führte, farbige Männer nur zu 26 Prozent als Täter genannt wurden.[20] Falls dieser dubiose Selektionsprozeß nicht genügt, den tiefen Verdacht des Rassismus zu wecken, bedenke man den RatscWag, den sie den weißen Frauen anbietet:
- . . . Wenn einige schwarze Männer in der Vergewaltigung von weißen Frauen einen Akt der Rache oder einen gerechtfertigten Ausdruck ihrer Feindseligkeit gegenüber den Weißen sehen, so glaube ich, ist es für weiße Frauen gleichermaßen angebracht, den schwarzen Männern weniger Vertrauen zu schenken, als es viele bislang tun.[21]
Brownmiller, MacKellar und Russel sind gewiß geschickter als die früheren Ideologen des Rassismus. Aber ihre Schlußfolgerungen legen tragischerweise den Vergleich zu solchen wissenschaftlichen Apologeten des Rassismus wie Winfried Collins nahe, der 1918 ein Buch mit dem Titel veröffentlichte The Truth About Lynching and the negro in the South (worin sich der Autor dafür ausspricht, daß der Süden für die weiße Rasse sicherer werden muß):
- Die zwei wesentlichen Charakterzüge des Negers sind der vollkommene Mangel an Keuschheit und die völlige Unkenntnis dessen, was Wahrhaftigkeit ist. Die geschlechtliche Laxheit des Negers, die in der Zivilisation der Weißen als unmoralisch, ja sogar als kriminell betrachtet wird, mag in seiner ursprünglichen Heimat eine Tugend gewesen sein. Dort entwickelte die Natur starke sexuelle Leidenschaften in ihm, um die hohe Todesrate auszugleichen.[22]
Collins nimmt seine Zuflucht zu pseudobiologischen Argumenten, während Brownmiller, Russell und MacKellar Umwelteinflüsse bemühen, aber letztendlich kommen sie alle in ihrer Analyse zu dem gleichen Ergebnis, daß schwarze Männer in besonders starkem Maße motiviert seien, sexuelle Gewalttätigkeilen an Frauen zu begehen.
Eine der frühesten theoretischen Arbeiten zum Thema Vergewaltigung und Rasse im Rahmen der gegenwärtigen feministischen Bewegung ist Shulamith Firestones The Dialectic of Sex: The Case for Feminist Revolution. Der Rassismus sei als solcher, so behauptet Firestone, eigentlich eine Verlängerung des Sexismus. Ausgehend von der biblischen Vorstellung, daß ». . . die Rassen nichts weiter als verschiedene Eltern und Geschwister der Menschenfamilie«[23] seien, entwickelt sie eine Konstruktion, worin sie den weißen Mann als Vater, die weiße Frau als Mutter und die Schwarzen als die Kinder bestimmt. Indem sie Freuds Theorie vom Ödipuskomplex auf die Ebene der Rassen überträgt, unterstellt Firestone den schwarzen Männern ein unkontrollierbares Verlangen nach sexuellen Beziehungen mit weißen Frauen, als wollten sie den Vater töten und mit der Mutter schlafen.[24] Außerdem müsse der schwarze Mann, um »ein Mann zu werden«,
- ... die Bindung zur weißen Frau lösen, und er wird dann, wenn überhaupt, mit ihr nur noch Kontakt haben, um sie zu erniedrigen. Hinzu kommt, daß er - auf Grund seines bohrenden Hasses und seiner Eifersucht auf ihren Besitzer, den weißen Mann - nach ihr wie nach einem Objekt jagt, nur um diesem Weißen eins auszuwischen.[25]
Wie Brownmiller, MacKellar und Russell erliegt auch Firestone der alten rassistischen Sophisterei, nach der das Opfer schuldig ist. Ob nun bewußt oder unbewußt, ihre Ausführungen haben die Wiederbelebung des schäbigen Mythos vom schwarzen Vergewaltiger gefördert. Ferner hindert sie ihre geschichtliche Kurzsichtigkeit zu begreifen, daß die Cliarakterisierung des schwarzen Mannes als Vergewaltiger die offene Aufforderung des Rassismus an die weißen Männer verstärkt, sich selbst der Körper der schwarzen Frauen geschlechtlich zu bedienen. Das erdichtete Bild vom schwarzen Mann als Vergewaltiger hat immer auch sein untrennbares Gegenstück verstärkt: Das Bild von der schwarzen Frau als chronisch promiskuös. Hat sich erst die Vorstellung verfestigt, daß der schwarze Mann unwiderstehlichen, tierhaften sexuellen Begierden ausgeliefert sei, so ist gleich die gesamte Rasse mit dieser Bestialität behaftet. Wenn die schwarzen Männer nach den weißen Frauen als Sexualobjekte gieren, dann rnüssen auch die schwarzen Frauen die sexuellen Annäherungsversuche der weißen Männer begrüßen. Und da die schwarzen Frauen als »lose Mädchen« und Huren gelten, entbehrt ihr Ruf nach Hilfe gegen Vergewaltigung folglich der nötigen Legitimation.
In den zwanziger Jahren erklärte ein bekannter Politiker aus den Südstaaten, daß es so etwas wie »ein anständiges farbiges Mädchen« über vierzehn Jahren nicht gäbe.[26] Wie sich herausstellte, hatte dieser weiße Mann zwei Familien: eine mit seiner weißen Ehefrau und eine mit einer Schwarzen. Walter White, ein hervorragender Kämpfer gegen die Lynchjustiz und Generalsekretär der NAACP, beschuldigte zu Recht diesen Mann, ». . . seine eigenen moralischen Verfehlungen erklären und entschuldigen zu wollen, indem er die Immoralität der Frauen einer minderwertigen Rasse betonte«[27]
Ein schwarzer Schriftsteller der Gegenwart, Calvin Hernton, ist fatalerweise einer ähnlichen falschen Auffassung über die schwarze Frau erlegen. In seiner Studie Sex and Racism beharrt er darauf, daß ». . . die Negerin während der Sklaverei begann, ein sich selbst herabsetzendes Bild von sich zu entwickeln, nicht nur von sich als Frau sondern auch von sich als Mensch.«[28] Nach Herntons Analyse wurde die Negerin »durch die Erfahrung der unaufhörlichen sexuellen Unmoral im weißen Süden«
- »promiskuös und lose« und konnte »genommen werden«. So kam sie dazu, sich faktisch so zu sehen, wie sie der Süden sah und behandelte, da sie keine andere Moral hatte, mit der sie ihre Weiblichkeit hätte ausstatten können.[29]
Herntons Analyse durchdringt nirgends den ideologischen Schleier, der ein Resultat der Bagatellisierung der an den schwarzen Frauen verübten sexuellen Gewalttätigkeiten ist. Er geht in die Falle, das Opfer für die grausame Strafe, die es jahrhundertelang gezwungen war zu ertragen, schuldig zu sprechen.
In der gesamten Geschichte dieses Landes gab es Äußerungen eines kollektiven Bewußtseins der schwarzen Frauen von ihrer sexuellen Opferung. Sie haben auch erkannt, daß sie dem sexuellen Mißbrauch an ihnen keinen ausreichenden Widerstand entgegensetzen können, wenn sie nicht gleichzeitig die betrügerischen Anklagen wegen Vergewaltigung als Vorwand für Lynchmorde bekämpfen. Das Vertrauen in die Vergewaltigung als ein Instrumentarium des weißen suprematistischen Terrors ist einige Jahrhunderte älter als die Einrichtung der Lynchjustiz. Während der,Sklaverei waren Lynchmorde an Schwarzen selten - aus dem einfachen Grund, daß die Sklavenbesitzer nicht willens waren, ihren wertvollen Besitz zu zerstören. Sie peitschten, aber sie lynchten nicht. Zusammen mit der Auspeitschung war die Vergewaltigung eine furchtbar effiziente Methode, die schwarzen Frauen wie auch ihre schwarzen Männer in Schach zu halten. Sie war die routiniert angewandte Waffe der Unterdrückung.
In der Zeit vor dem Bürgerkrieg gab es Lynchmorde, überwiegend jedoch an weißen Abolitionisten, für die ja niemand bares Geld ausgegeben hatte. Nach William Lloyd Garrisons Liberator wurden in den beiden auf 1836 folgenden Jahrzehnten über dreihundert weiße Personen gelyncht.« Die Lynchmorde nahmen mit zunehmender Stärke und wachsendem Einfluß der Antisklavereikampagne zu.
- Als die Sklavenhalter sahen, daß trotz ihrer verzweifelten Versuche, diese Kräfte in Schach zu halten, die Schlacht verloren ging, suchten sie um so mehr ihre Zuflucht bei Strick und Scheiterhaufen.[31]
Walter White kommt zu dem Schluß: die Lyncher betraten die Bühne als die strammen Verteidiger der Profite der Sklavenhalter.[32]
Mit der Emanzipation der Sklaven besaßen die Schwarzen für die ehemaligen Sklavenhalter keinen Marktwert mehr, und ». . . das Geschäft mit der Lynchjustiz wurde umgestaltet.« [33] Als Ida B. Wells die ersten Recherchen zu ihrer ersten Broschüre gegen die Lynchjustiz machte, die sie 1895 unter dem Titel A Red Record veröffentlichte, errechnete sie, daß in der Zeit von 1865 bis 1895 über zehntausend Lynchmorde verübt worden waren.
- Es sind weder alle noch fast alle Morde, die während der vergangenen dreißig Jahre von weißen Männern verübt wurden, ans Licht gekommen, aber die Statistiken, die von Weißen erstellt und aufrechterhalten wurden und nicht bezweifelbar sind, zeigen, daß während dieser Jahre mehr als zehntausend Neger ohne formelles Gerichtsurteil und eine gesetzliche Hinrichtung kaltblütig ermordet worden sind. Und als Beweis für die absolute Straflosigkeit, mit der der weiße Mann sich unterstehen kann, einen Neger zu töten, belegen die gleichen Berichte, daß bis jetzt während all dieser Jahre und für all diese Morde nur drei weiße Männer angeklagt, schuldig gesprochen und hingerichtet worden sind. Da kein weißer Mann wegen Mordes an Farbigen gelyncht worden ist, sind diese drei Hinrichtungen die einzigen Beispiele der Todesstrafe, die wegen der Ermordung von Negern über weiße Männer verhängt worden ist.[34]
In Verbindung mit diesen Lynchmorden und ihren zahllosen Barbareien wurde der Mythos vom schwarzen Vergewaltiger heraufbeschworen. Er konnte nur innerhalb der irrationalen Welt der rassistischen Ideologie seine schreckliche Überzeugungskraft erlangen. Wie irrational dieser Mythos auch sein mag, er war keine plötzliche Verirrung. lni Gegenteil, der Mythos vorn schwarzen Vergewaltiger war eine klare politische Erfindung. Wie Frederick Douglass hervorhebt, wurden während der Sklaverei die schwarzen Männer nicht pauschal als Vergewaltiger bezeichnet. Den gesamten Bürgerkrieg hindurch gab es tatsächlich keinen einzigen schwarzen Mann, der wegen der Vergewaltiguiig einer weißen Frau öffentlich angeklagt worden wäre.[35] Wenn die Schwarzen einem animalischen Drang zur Vergewaltigung ausgeliefert wären, legt Douglass dar, dann wären doch sicher diese mutmaßlichen Vergewaltigungsinstinkte aktiviert worden, als die weißen Frauen allein und schutzlos waren, während ihre Männer in der konföderierten Armee kämpften.
Auch in der Zeit unmittelbar nach dem Bürgerkrieg erschien das drohende Gespenst des schwarzen Vergewaltigers noch nicht auf der Bühne der Geschichte. Inzwischen hatte sich jedoch die Lynchjustiz, die während der Sklaverei nur den weißen Abolitionisten galt, als eine politisch wertvolle Waffe erwiesen. Bevor die Lynchjustiz als eine allgemein akzeptierte Einrichtung etabliert werden konnte, mußten ihre barbarischen Schrecken überzeugend gerechtfertigt werden. Dies waren die Umstände, unter denen der Mythos vom schwarzen Vergewaltiger ausgeheckt wurde, denn die Verdächtigung als Vergewaltiger hatte sich als überzeugendster unter allen Rechtfertigungsversuchen für den Lynchmord an Schwarzen erwiesen. Die Lynchjustiz, die ihrerseits durch fortgesetzte Vergewaltigung von schwarzen Frauen ergänzt wurde, entwickelte sich zu einem wesentlichen Bestandteil der Nachkriegsstrategie des rassistischen Terrors. Auf diesem Wege war die brutale Ausbeutung der Schwarzen gewährleistet und ihre politische Beherrschung nach dem Betrug am Wiederaufbau gesichert.
Während der ersten großen Lynchwelle gab es bezeichnenderweise jene Propaganda, die zur Verteidigung der weißen Frau vor den ununterdrückbaren Vergewaltigungsinstinkten des schwarzen Mannes aufrief, noch nicht. Wie Frederick Douglass beobachtete, wurde das ungesetzliche Töten von Schwarzen meist als Präventivrnaßnahrne beschrieben, um einen Aufstand der schwarzen Massen zu verhindern.[36]
In dieser Zeit war die politische Funktion der Bandenmorde noch unverdeckt. Die Lynchjustiz war eine unverhohlene Vorbeugemaßnahme, um zu gewährleisten, daß die Schwarzen ihre Bürgerrechte und die ökonomische Gleichheit nicht erreichten. »Während dieser Zeit«, hebt Douglass hervor,
- ... wurde zur Rechtfertigung der Morde an Negern angegeben, es gäbe Negerkonspirationen, Negeraufstände, Negerpläne, alle Weißen zu ermorden, Negerabsichten, die Stadt niederzubrenneu und überhaupt gewalttätig zu werden ... aber niemals wurde von Angriffen der Neger gegen weiße Frauen und Kinder gesprochen oder geflüstert.[37]
Später, nachdem sich all diese Konspirationen, Komplotte und Erhebungen als Hirngespinste erwiesen hatten, wurde die öffentliche Rechtfertigung der Lynchjustiz modifiziert. Erst in der Zeit nach 1872, in den Jahren des Aufstiegs von Selbstjustiz-Gruppen wie dem KuKluxKlan und den »Rittern der weißen Kamelie«, wurde ein neuer Vorwand ausgeheckt. Die Lynchmorde wurden als eine notwendige Maßnahme gegen eine schwarze Vorherrschaft über die Weißen dargestellt - in anderen Worten, für die Sicherung der weißen Vorherrschaft.
Nach dem Betrug am Wiederaufbau, flankiert vom Entzug des Wahlrechts für die Schwarzen, war das Gespenst der schwarzen Suprematie als Vorwand für die Lynchjustiz überholt. Mit der Herausbildung der Struktur der Nachkriegswirtschaft und der Verfestigung der verschärften Ausbeutung der Schwarzen stieg die Anzahl der Lynchrnorde trotzdem weiterhin kontinuierlich. Frederick Douglass' Erklärung der politischen Motive, die der Herausbildung des Mythos vom schwarzen Vergewaltiger zugrunde lagen, ist die glänzende Analyse eines sich neuen historischen Bedingungen anpassenden ideologischen Prozesses.
- Die Zeiten haben sich geändert, und die Ankläger der Neger haben es für nötig befunden, sich mit ihnen zu ändern. Um sich diesen neuen Zeiten anzupassen, sind sie gezwungen, sich neue Anklagen auszudenken. Die alten Beschuldigungen greifen nicht mehr. Mit ihnen ist die gute Meinung des Nordens und der Menschheit nicht mehr zu haben. Ehrliche Leute glauben nicht länger, daß es irgendeinen Grund zur Furcht vor der Vorherrschaft der Neger gibt. Die Zeiten und die Ereignisse haben diese alten Zufluchtstätten der Lügen hinweggefegt. Sie waren einst mächtig. Sie leisteten ihre Arbeit zu ihrer Zeit mit furchtbarer Kraft und Wirkung, aber jetzt werden sie als unnütz beiseitegeworfen. Die Lüge hat ihre Fähigkeit zu täuschen verloren. Die veränderten Bedingungen haben eine härtere, stärkere und wirksamere Rechtfertigung der Barbarei der Südstaaten notwendig gemacht, und seitdem müssen wir nach meiner Theorie - mit einer noch schockierenderen und verheerenderen Anklage rechnen, als es die der Vorherrschaft der Neger oder die der Neger-Aufstände war.[39]
Diese noch schockierendere und verheerendere Anklage lautete selbstverständlich auf Vergewaltigung. Die Lynchjustiz wurde nun als eine Maßnahme dargestellt und begründet, mit der Anschläge schwarzer Männer auf weiße Frauen in den Südstaaten gerächt würden. Ein Apologet der Lynchjustiz beharrte darauf, daß es notwendig sei, einen Weg zu finden, um ». . . außerordentlichen Bedingungen mit außerordentlichen Mitteln zu begegnen - deshalb die Lynchjustiz, um die Neger im Süden in Schach zu halten«.[40]
Obwohl der Mehrheit der Lynchmorde noch nicht einmal die Beschuldigung der Vergewaltigung zugrundelag, wurde der rassistische Aufschrei über Vergewaltigungen eine weit verbreitete Erklärung, die wesentlich effektiver war als die beiden vorherigen Versuche, Gewalttätigkeiten des Mobs gegen die schwarze Bevölkerung zu rechtfertigen. In einer Gesellschaft, die ganz und gar von der männlichen Vorherrschaft durchdrungen war, wurden Männern, die sich von ihrer Pflicht leiten ließen, ihre Frauen zu verteidigen, alle Exzesse, die sie dabei begehen könnten, verziehen. Daß ihre Motive lauter waren, galt als eine ausreichende Rechtfertigung der daraus entstehenden Barbareien. So erklärte zu Anfang dieses Jahrhunderts der Senator Ben Tillrnan aus Südcarolina seinen Kollegen in Washington:
- Wenn Männer mit strenger und trauriger Miene eine Kreatur in Menschengestalt töten, die eine weiße Frau entjungfert hat, dann haben sie das schlimmste Unrecht, das schwärzeste Verbrechen gerächt . . .[41]
Solche Verbrechen, sagte er, führen dazu, daß zivilisierte Männer »... in den ursprünglichen Typus des Wilden zurückfallen, dessen Instinkt unter diesen Umständen schon immer töten, töten, töten forderte.«[42]
Die Auswirkungen dieses neuen Mythos waren enorm. Nicht nur, daß die Opposition gegen einzelne Lynchfälle erstickt wurde - wer sollte es schon wagen, einen Vergewaltiger zu verteidigen? - sondern die Unterstützung der Weißen für die Gleichheit der Schwarzen überhaupt begann zu schwinden. Die »Christliche Frauenunion der Abstinenzler« war am Ende des neunzehnten Jahrhunderts die größte Massenorganisation weißer Frauen. Ihre Vorsitzende verleumdete die schwarzen Männer öffentlich wegen vorgeblicher Angriffe auf weiße Frauen. Nicht nur das, Frances Willard ging sogar so weit, die schwarzen Männer als dem Alkohol besonders zugeneigt zu charakterisieren, was wiederurn ihren angeblichen instinktiven Drang zur Vergewaltigung verstärkte.
- Der Schnapsladen ist das Zentrum der Macht des Negers. Besseren Whisky, und mehr davon, ist der gemeinsame Ruf des großen dunkelgesichtigen Mobs. Die farbige Rasse vermehrt sich wie die Heuschrecken in Ägypten. Der Schnapsladen ist das Zentrum ihrer Macht. Die Sicherheit der Frauen, der Kinder, des Heimes ist an tausend Orten in diesem Moment bedroht, so daß es die Männer nicht mehr wagen, außer Sichtweite ihrer Dachfirste zu gehen.[43]
Die Charakterisierung der schwarzen Männer als Vergewaltiger brachte in die Reihen der fortschrittlichen Bewegung eine unglaubliche Konfusion. Frederick Douglass und Ida B. Wells heben in ihren jeweiligen Analysen hervor, daß, nachdem der propagandistische Aufschrei über Vergewaltigungen zu einer legitimen Entschuldigung für die Lynchjustiz geworden war, die früheren weißen Fürsprecher der Gleichheit der Schwarzen sich zunehmend scheuten, den Befreiungskampf des schwarzen Volkes zu unterstützen. Sie verhielten sich entweder still oder sie sprachen sich wie z. B. Frances Willard aggressiv gegen die den schwarzen Männern in verleumderischer Absicht zugeschriebenen Verbrechen aus. Douglass beschreibt den katastrophalen Einfluß dieses konstruierten Vorwurfs der Vergewaltigung auf die Bewegung für die Gleichheit der Schwarzen im allgemeinen:
- Er hat die Freunde (des Negers) kühl werden lassen; er hat seine Feinde erhitzt und zu Hause wie in Übersee gewissermaßen die großartigen Bemühungen angehalten, die gute Menschen zu seiner Entwicklung und Verbesserung eingeleitet hatten. Er hat seine Freunde im Norden und viele gute Freunde im Süden getäuscht, denn fast alle haben bis zu einem gewissen Grad diese Anklage gegen den Neger als wahr akzeptiert.[4]
Was war die Realität, die hinter diesem furchtbar einflußreichen Mythos steckte? Es gab sicherlich einige Beispiele für die Vergewaltigung von weißen Frauen durch schwarze Männer. Aber die Anzahl der tatsächlich verübten Vergewaltigungen war gegenüber der generellen Annahme, die der Mythos beinhaltete, unverhältnismäßig gering. Wie schon angedeutet, ist während des gesamten Bürgerkrieges kein einziger Fall von Vergewaltigung einer weißen Frau durch einen Sklaven berichtet worden. Während faktisch alle weißen Südstaatler an der Front waren, wurde auch nicht ein Schrei über Vergewaltigung laut. Frederick Douglass führt an, daß die Vergewaltigungsanklage gegen die schwarzen Männer als solche schon aus dem einfachen Grund nicht glaubwürdig sein konnte, weil sie eine radikale und plötzliche Veränderung der Mentalität und des Charakters der Schwarzen vorausgesetzt hätte.
- Die Geschichte zeigt uns kein einziges Beispiel einer so extremen, unnatürlichen und vollständigen Transformation des Charakters irgendeiner Klasse von Menschen, wie es diese Anklage unterstellt. Dafür ist der Unterschied zu groß und der Zeitraum zu kurz.[45]
Sogar die Umstände der meisten Lynchmorde widersprachen dem Mythos vom schwarzen Vergewaltiger. Die Mehrheit dieser Bandenmorde war gar nicht mit der Beschuldigung der Vergewaltigung verbunden.
Obwohl das Geschrei über Vergewaltigungen die populäre Rechtfertigung der Lynchjustiz im allgemeinen war, fanden die meisten Lynchmorde aus anderen Gründen statt. In einer Studie der »Südstaatlichen Kommission zur Untersuchung der Lynchmorde« von 1931 wurde offengelegt, daß zwischen 1889 und 1929 tatsächlich nur ein Sechstel der Lynchopfer der Vergewaltigung beschuldigt wurde; 37,7 Prozent wurden des Mordes beschuldigt, 5,8 Prozent verbrecherischer Überfälle, 7,1 Prozent des Diebstahls, 1,8 Prozent der Beleidigung einer weißen Frau und 24,2 Prozent diverser Vergehen - wovon die meisten erstaunlich alltäglicher Natur waren. Nach dem Zahlenmaterial der Kommission wurden 16,7 Prozent der Lynchopfer der Vergewaltigung bezichtigt und 6,7 Prozent der versuchten Vergewaltigung.
Ohne Rücksicht darauf, daß ihre Argumente von den Tatsachen widerlegt wurden, behaupteten die meisten Apologeten der Lynchjustiz, daß es allein die Pflicht der weißen Männer zur Verteidigung ihrer Frauen sei, die sie zu derart grausamen Angriffen gegen die Schwarzen bewegen könnte. In der North American Review von 1904 bürdete Thomas Nelson Paige die gesamte Last der Lynchjustiz den schwarzen Männern und ihrem unkontrollierten Drang zu Sexualverbrechen auf.
- Das Verbrechen des Lynchens wird nicht eher aufhören, als bis das Verbrechen der Vergewaltigung und des Mordes an Frauen und Kindern ein geringeres Ausmaß als jetzt angenommen hat. Und da dieses Verbrechen fast ganz auf die Rasse der Neger beschränkt ist, wird es sich so lange nicht sonderlich verringern, als bis es die Neger selbst in die Hand nehmen und zertreten.[47]
Und die weißen Männer im Süden, sagte Ben Tillman im US-Senat, würden sich nicht damit abfinden, daß (der Neger) seine Lust an unseren Frauen und Töchtern befriedigt, ohne ihn zu lynchen.[48]
1892, als Tillman Gouverneur von Südcarolina war, erklärte er an der Stelle, wo acht schwarze Männer gehängt worden waren, daß er selbst eine Bande anführen würde, um einen schwarzen Mann zu lynchen, der es wagen sollte, eine weiße Frau zu vergewaltigen. In seiner Amtszeit als Gouverneur lieferte er einen Schwarzen an den weißen Mob aus, obwohl die weiße Frau, die ihre Vergewaltigung vorgetäuscht hatte, den Schwarzen öffentlich vom Vorwurf der Vergewaltigung freisprach.[49]
Die Kolonialisierung der Wirtschaft in den Südstaaten durch die Kapitalisten des Nordens gab der Lynchjustiz den stärksten Impuls. Wenn die Schwarzen innerhalb der wachsenden Reihen der Arbeiterklasse durch Terror und Gewalttätigkeit die am schlimmsten ausgebeutete Gruppe blieben, so bedeutete das, daß die Kapitalisten in den Genuß eines doppelten Vorteils kamen. Aus der verschärften Ausbeutung der Arbeit der Schwarzen konnte man Extraprofite ziehen, und außerdem konnte die Feindseligkeit der weißen Arbeiter gegen ihre Herren entschärft werden. Die weißen Arbeiter, die die Lynchjustiz billigten, nahmen zwangsläufig eine Haltung der Rassen-Solidarität mit den weißen Männern an, die in Wirklichkeit ihre Unterdrücker waren. Dies war der kritische Punkt in der Popularisierung der rassistischen Ideologie.
Wenn die schwarze Bevölkerung den Status der politischen und wirtschaftlichen Minderwertigkeit einfach akzeptiert hätte, wären vielleicht die Morde durch den weißen Mob zurückgegangen. Da sich aber die breite Masse der ehemaligen Sklaven weigerte, ihre Träume vom Fortschritt zu verwerfen, geschahen während der drei Jahrzehnte nach dem Krieg über zehntausend Lynchmorde.[50] Wer immer die Rassen-Hierarchie anzweifelte, war schon ein potentielles Opfer des Mobs. Die endlose Liste der Toten enthielt schließlich jede Art von Auflehnung - vom erfolgreichen schwarzen Geschäftsmann angefangen, über den Arbeiter, der mehr Lohn verlangte, bis zu all denen, die sich nicht »boy« nennen ließen, und den stolzen schwarzen Frauen, die sich dem sexuellen Mißbrauch durch weiße Männer widersetzten. Die öffentliche Meinung war aber schon geprägt, und es galt als selbstverständlich, daß die Lynchjustiz eine gerechte Antwort auf die Sexualverbrechen an weißen Frauen war. Aber eine wichtige Frage wurde nicht gestellt: Was war mit den vielen Frauen, die gelyncht wurden - und mitunter vergewaltigt, bevor sie vom Mob getötet wurden. Ida B. Wells nennt
- ... den furchtbaren Fall der Frau aus San Antonio in Texas, die in ein Faß gesteckt wurde, durch dessen Seiten Nägel getrieben waren, und die den Berg hinuntergerollt wurde, bis sie tot war.[51]
Der Chicago Defender veröffentlichte am 18. Dezember 1915 diesen Artikel mit dem Titel »Vergewaltigung und Lynchmord an Negermutter«:
- Columbus, Miss., 17. Dez. - Donnerstag vor einer Woche wurde Cordella Stevenson am frühen Morgen an einem Baum aufgehängt gefunden, ohne Bekleidung, tot ... Sie war dort in der Nacht erhängt worden, nachdem eine blutrünstige Menge in ihre Wohnung gekommen war, sie aus dem Schlaf gerissen und ohne Widerstand durch die Straßen geschleift hatte. Sie schleppten sie an einen weit entfernten Platz, verrichteten ihren Schmutz und hängten sie dann auf.[52]
Bedenkt man die zentrale Rolle, die die Erfindung des schwarzen Vergewaltigers in der Herausbildung des Nachkriegsrassismus spielte, so ist es bestenfalls unverantwortliches Theoretisieren, die schwarzen Männer als die häufigsten Sittlichkeitsverbrecher darzustellen. Schlimmstenfalls ist es ein Angriff gegen die Gesamtheit der Schwarzen, denn dem mythischen Vergewaltiger korrespondiert die mythische Hure. Die schwarzen Frauen erkannten, daß die Beschuldigung der Vergewaltigung ein Angriff gegen die gesamte schwarze Gemeinschaft war, und übernahmen in der Antilynchbewegung schnell die Führung. Ida B. Wells Barnett war die treibende Kraft in der Kampagne gegen die Lynchjustiz, die viele Jahrzehnte andauern sollte. 1892 wurden drei Freunde dieser Zeitungsverlegerin in Memphis in Tennessee vom rassistischen Mob umgebracht, weil das Geschäft, das sie in ihrer schwarzen Nachbarschaft eröffnet hatten, dem Geschäft eines Weißen erfolgreich Konkurrenz machte. Ida B. Wells prangerte in ihrer Zeitung The Free Speech diese Lynchmorde unverzüglich an. Drei Monate später, während sie auf einer Reise nach New York war, wurden die Verlagsräume ihrer Zeitung bis auf den Grund niedergebrannt. Selbst von der Lynchjustiz bedroht, entschloß sie sich, im Osten zu bleiben und ». . . der Welt zum ersten Mal die wahre Geschichte der Lynchmorde an Negern, die an Zahl und an Schrecken zunehmen«,[53] zu erzählen.
Wells' Artikel im New York Age veranlaßten schwarze Frauen, für sie eine Unterstützungskampagne zu organisieren, die im Laufe der Zeit zur Bildung der schwarzen Frauenklubs führte.[54] Das Ergebnis ihrer bahnbrechenden Bemühungen war, daß sich schwarze Frauen im ganzen Land aktiv an der Antilynchkampagne beteiligten. Ida B. Wells fuhr selbst von Stadt zu Stadt und richtete Appelle an Minister, an Angehörige der freien Berufe und an Arbeiter gleichermaßen, sich gegen die Greuel der Lynchjustiz laut und deutlich auszusprechen. Aufgrund ihrer Reisen in Übersee entstand in Großbritannien eine bedeutende Solidaritätsbewegung, die einen bemerkenswerten Einfluß auf die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten hatte. Ihr Erfolg war so groß, daß sie sich den Zorn der New York Times zuzog. Dieser bösartige Leitartikel erschien 1904 nach Wells' Englandreise:
- Schon am Tag nach Fräulein Wells' Rückkehr in die Vereinigten Staaten griff ein Neger in New York City mit dem Ziel von Lust und Raub eine weiße Frau an ... Die Umstände dieses teuflischen Verbrechens mögen dazu dienen, diese halbschwarze Missionarin zu überzeugen, daß die Verbreitung ihrer Theorie über die Greueltaten an Negern im jetzigen Augenblick in New York zumindest nicht opportun ist.[55]
Mary Church Terrell, die Präsidentin der »Nationalen Vereinigung der farbigen Frauen«, war eine weitere hervorragende Persönlichkeit im Kampf gegen die Lynchjustiz. 1904 antwortete sie auf Thomas Nelson Paiges feindseligen Artikel »Das Lynchen der Neger Ursachen und Verhütung«. In der North American Review, wo Paiges Artikel erschienen war, veröffentlichte sie einen Aufsatz unter dem Titel »Die Lynchjustiz aus der Sicht eines Negers«. Mit zwingender Logik widerlegte Terrell systematisch Paiges Rechtfertigung der Lynchjustiz als verständliche Reaktion auf angebliche sexuelle Angriffe gegen weiße Frauen.[56]
Dreißig Jahre, nachdem Ida B. Wells die Antilynchkampagne initiiert hatte, entstand die Organisation der »Kreuzzügler gegen die Lynchjustiz«. 1922 unter der Leitung der NAACP und dem Vorsitz von Mary Talbert gegründet, war ihr Zweck, eine integrierte Frauenbewegung gegen die Lynchjustiz aufzubauen.
- Was wird Mary Talbert als nächstes tun? Was werden die farbigen Frauen Amerikas unter ihrer Führung als nächstes tun? Von farbigen Frauen ist eine Organisation auf die Beine gestellt worden, die aus allen Bereichen und jeder Farbe bis Dezember 1922 eine Million Frauen gegen die Lynchjustiz vereinen will.
Vorsicht, Herr Lyncher!
Diese Klasse von Frauen bekommt gewöhnlich,
was sie haben will.[57]
Es war nicht das erste Mal, daß die schwarzen Frauen die Hände nach ihren weißen Schwestern ausstreckten. Sie kämpften in der Tradition solcher in die Geschichte eingegangenen Giganten wie Sojourner Truth und Frances E. W. Harper. Ida B. Wells hatte wie ihre Zeitgenossin Mary Church Terrell an die weißen Frauen persönlich appelliert. Und die schwarzen Klubfrauen hatten kollektiv versucht, die weiße Frauenklubbewegung zu überzeugen, einen Teil ihrer Kräfte der Kampagne gegen die Lynchjustiz zur Verfügung zu stellen.
Die weißen Frauen antworteten auf diese zahlreichen Appelle erst, als sich 1930 unter dem Vorsitz von Jessie Daniel Ames die »Vereinigung der Frauen aus den Südstaaten zur Verhütung von Lynchmorden« bildete.[58] Die Vereinigung legte ausführlich dar, daß sie die Behauptung, die Lynchjustiz sei zum Schutz der Frauen in den Südstaaten notwendig, ablehnte:
- Das Programm der Südstaatlerinnen hat zum Ziel, die Behauptung, daß die Lynchjustiz zu ihrem Schutz notwendig sei, als falsch zu entlarven und die wahre Gefahr der Lynchjustiz für Heim und Religion zu beschwören. [59]
Die kleine Gruppe von Frauen auf der Zusammenkunft in Atlanta, der Gründungsversarnmlung der Vereinigung, diskutierte die Rolle der weißen Frau bei den Lynchmorden der jüngsten Vergangenheit. Wie sie hervorhoben, waren bei den Zusammenrottungen gewöhnlich Frauen dabei, und in einigen Fällen waren sie sogar ein aktiver Teil des Mobs. Außerdem indoktrinierten diejenigen Frauen, die ihre Kinder Augenzeugen der Morde an Schwarzen werden ließen, diese mit den rassistischen Auffassungen des Südens. Walter White meinte in seiner Untersuchung über die Lynchjustiz, die ein Jahr vor dem Frauen-Treffen herauskam, eine der schlimmsten Folgen dieser Morde durch den Mob sei, daß die Seelen der weißen Kinder in den Südstaaten verdorben würden. Als White zur Untersuchung eines Lynchmordes nach Florida reiste, erzählte ihm ein neun-bis zehnjähriges Mädchen von dem ». . . Spaß, den wir beim Verbrennen der Nigger hatten.[60]
Jessie Daniel Ames und die anderen Gründerinnen der »Vereinigung der Frauen aus den Südstaaten zur Verhütung von Lynchmorden« beschlossen 1930, die weißen Südstaatlerinnen massenhaft für die Bewegung zu werben, um dem rassistischen Mob, der auf das Töten von Schwarzen aus war, das Handwerk zu legen. Tatsächlich brachten sie über vierzigtausend Unterschriften unter das Gelöbnis der Vereinigung zusammen:
- Wir erklären, daß das Lynchen ein unentschuldbares Verbrechen ist, zerstörerisch für alle Prinzipien von Regierung, abscheulich und feindlich gegenüber jedem Ideal der Religion und Humanität, verderblich und erniedrigend für jede darin verwickelte Person. . . . Die öffentliche Meinung hat allzu leicht die Behauptung der Lyncher und Gangster akzeptiert, daß sie nur zur Verteidigung der Frau so handelten. Angesichts der Tatsachen wagen wir es nicht, diese Behauptung länger unangefochten stehen zu lassen, noch erlauben wir jenen, die aus persönlicher Rache und Barbarei nicht davon ablassen wollen, im Namen der Frauen Akte der Gewalt und Gesetzlosigkeit zu begehen. Wir geloben feierlich, für eine neue öffentliche Meinung im Süden zu wirken, die die Handlungen des Pöbels und der Lyncher, was immer ihre Gründe seien, unverzeihlich macht. Wir werden unsere Kinder zu Hause, in der Schule und in der Kirche eine neue Auslegung des Rechts und der Religion lehren; wir werden allen Personen des öffentlichen Lebens helfen, ihre Amtseide zu halten, und schließlich werden wir uns mit jedem Minister, Redakteur, Schullehrer und patriotischen Bürger in einem Erziehungsprogramm verbinden, um die Lynchjustiz und den Mob für immer aus unserem Lande zu tilgen.[61]
Diese mutigen weißen Frauen stießen auf Widerspruch, Feindseligkeiten und auch auf die physische Bedrohung ihres Lebens. Ihr Beitrag war innerhalb des gesamten Kreuzzuges gegen das Lynchen von unschätzbarem Wert. Ohne ihre nicht abreißenden Unterschriftensammlungen, ihre Briefkampagnen, ihre Versammlungen und Demonstrationszüge wäre die Flut der Lynchmorde nicht so schnell zurückgegangen. Trotzdem war die »Vereinigung der Frauen in den Südstaaten zur Verhütung von Lynchmorden« eine Bewegung, die rund vierzig Jahre zu spät kam. Denn die schwarzen Frauen hatten schon vierzig und mehr Jahre die Antilynchkampagne geführt und ebenso lange an ihre weißen Schwestern appelliert, sich mit ihnen zu verbinden. Eine der wesentlichen Schwächen von Susan Brownmillers Arbeit zur Vergewaltigung ist die absolute Mißachtung der Pionierarbeit der schwarzen Frauen in der Antilynchbewegung. Während Brownmiller zu Recht Jessie Daniel Ames und die »Vereinigung der Frauen aus den Südstaaten zur Verhütung von Lynchmorden« lobt, streift sie Ida B. Wells, Mary Church Terrell oder Mary Talbert und die »Kreuzzügler gegen die Lynchjustiz« nicht einmal beiläufig.
Während die »Vereinigung der Frauen aus den Südstaaten zur Verhütung von Lynchmorden« eine späte Antwort auf die Appelle ihrer schwarzen Schwestern war, illustrieren die weitreichenden Leistungen dieser Frauen auf dramatische Weise die Funktion der weißen Frau im Kampf gegen den Rassismus. Als Mary Talbert und ihre »Kreuzzügler gegen die Lynchjustiz« sich an die weißen Frauen wandten, glaubten sie, daß die weißen Frauen sich durch die eigene Erfahrung der Unterdrückung eher mit der Sache der Schwarzen identifizieren könnten. Überdies diente die Lynchjustiz selbst, dieses furchtbare Werkzeug des Rassismus, auch zur Stärkung männlicher Dominanz.
- Wirtschaftliche Abhängigkeit, kein Verhältnis zu anderen als »artigen, feinen, fraulichen« Beschäftigungen, geistige Betätigung auf keinem anderen Feld als dem des häuslichen Lebens alle diese vom Mann auferlegten Restriktionen haben auf den Frauen im Süden schwerer gelastet und sind rigider aufrecht erhalten worden als in irgendeinem anderen Teil des Landes.[62]
Während des gesamten Kreuzzuges gegen die Lynchjustiz hatten die Kritiker der rassistischen Manipulation der Vergewaltigungsanklage nicht die Absicht, jene einzelnen schwarzen Männer zu entschuldigen, die tatsächlich das Delikt des Sexualverbrechens begangen hatten. Schon 1894 warnte Frederick Douglass, daß seine Erklärungen gegen den Mythos vom schwarzen Vergewaltiger nicht als eine Verteidigung der Vergewaltigung an sich zu verstehen seien:
- Ich behaupte nicht, daß Neger Heilige oder Engel sind. Ich leuge nicht, daß sie des Verbrechens, dessen sie beschuldigt werden, fähig wären, jedoch bestreite ich aufs Äußerste, daß sie mehr als jede andere Art der menschlichen Familie zur Begehung eines solchen Verbrechens neigen. . . . Ich bin nicht der Verteidiger irgendeines dieses scheußlichen Verbrechens schuldigen Mannes, sondern der Verteidiger der Farbigen als Klasse.[63]
Das Wiederemporkommen des Rassismus nach 1970 wurde von der Wiederauferstehung des Mythos vom schwarzen Vergewaltiger begleitet. Unglücklicherweise ist dieser Mythos wiederholt durch weiße Frauen legitimiert worden, die im Kampf gegen die Vergewaltigungen stehen. Man bedenke z. B. den abschließenden Absatz des Kapitels »Eine Frage der Rasse« in dem genannten Buch von Brownmiller:
- Heute muß das Auftreten der vollzogenen Vergewaltigung in Verbindung mit der ständig drohenden Figur des Vergewaltigers in der Vorstellung - insbesondere der mythischen Figur des schwarzen Vergewaltigers, zu dessen Existenz der Schwarze im Namen seiner Männlichkeit heutzutage beiträgt - als ein Kontrollmechanismus gegen die Freiheit, die Beweglichkeit und gegen die Bestrebungen aller Frauen, weiß oder schwarz, verstanden werden. Die Kreuzung der Wege von Rassismus und Sexismus mußte zu einem gewalttätigen Treffpunkt werden. Es hat keinen Sinn, so zu tun, als sei dem nicht so.[64]
Brownmillers provokatorische Verdrehung solcher historischer Fälle wie dem der »Neun von Scottsboro«, Willie McGees und Emmet Tills, sind dazu angetan, jede Sympathie für die Schwarzen, die Opfer betrügerischer Vergewaltigungsanklage wurden, zu zerstreuen. Im Falle des Emmett Till fordert sie unmißverständlich zu der Schlußfolgerung auf, daß dieser vierzehnjährige Junge, weil er einer weißen Frau nachgepfiffen hatte, wahrscheinlich eine andere weiße Frau mit Erfolg vergewaltigt hätte, wenn er nicht in den Kopf geschossen und in den Tallahatchie-Fluß geworfen worden wäre.
Brownmiller versucht ihren Lesern einzureden, daß die absurden und vorsätzlich reißerischen Worte von Eldridge Cleaver - der die Vergewaltigung einen »revolutionären Akt [61] gegen die »weiße Gesellschaft« nannte - repräsentativ seien. Es scheint, als wolle sie absichtlich in den Köpfen ihrer Leserinnen ganze Armeen von schwarzen Männern aufmarschieren lassen, die mit eregiertem Penis und Volldampf voraus auf die nächstbeste weiße Frau zustürzten. In den Reihen dieser Armee marschieren der Geist von Emmett Till, der Vergewaltiger Eldridge Cleaver und Imwuu Baraka, der einst schrieb: »Komm herauf, schwarzer Dadanihilismus. Vergewaltige die weißen Mädchen, Vergewaltige ihre Väter. Schneide ihren Müttern die Kehle durch.« Brownmiller geht jedoch noch weiter. Sie bezieht nicht nur Männer wie Calvin Hernton ein - dessen Buch eindeutig sexistisch ist -, sondern auch u. a. George Jackson, der nie versucht hat, die Vergewaltigung zu rechtfertigen. In Eldridge Cleavers Theorie, behauptet sie,
- ... spiegelt sich die Denkungsart der schwarzen männlichen Intellektuellen und Schriftsteller wider, die Ende der sechziger Jahre ziemlich in Mode kam und mit erstaunlichem Enthusiasmus von den weißen männlichen Radikalen und Teilen des weißen intellektuellen Establishments als eine durchaus akzeptable Entschuldigung für die Vergewaltigungen seitens schwarzer Männer aufgenommen wurde.[65]
Susan Brownmillers Diskussion über Vergewaltigung und Rasse legt eine unglaubliche Parteinahme an den Tag, die an Rassismus grenzt. Unter dem Vorwand, alle Frauen zu verteidigen, zieht sie sich mitunter auf einen Standpunkt zurück, von dem aus sie, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, die besondere Sache der weißen Frau vertritt. Ein aufschlußreiches Beispiel hierfür ist ihre Untersuchung des Falles der Neun von Scottsboro. Wie Brownmiller selbst betont, mußten diese Männer, die der Vergewaltigung angeklagt und schuldig gesprochen worden waren, viele Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbringen, weil zwei Frauen im Zeugenstand Meineide geschworen hatten. Trotzdem hat sie nichts als Verachtung für diese schwarzen Männer und die Bewegung zu ihrer Verteidigung über. Ihre Sympathie gilt allein den zwei weißen Frauen.
- Die Linke focht hart für ihr Symbol der rassistischen Ungerechtigkeit und machte wundersame Helden aus einer Handvoll pathetischer, kaum des Lesens mächtiger Burschen, die in die Mühlen der Rechtsprechung der Südstaaten geraten waren und nur darauf warteten zu entkommen.[66]
Auf der anderen Seite waren die weißen Frauen, deren falsche Zeugenaussage die Neun von Scottsboro ins Gefängnis brachte,
- ... umringt von einem Aufgebot an weißen Männern, die fest davon überzeugt wären, daß eine Vergewaltigung stattgefunden hatte. Verwirrt und ängstlich ordneten sie sich unter.[67]
Niemand kann leugnen, daß die Frauen von den Rassisten in Alabama manipuliert wurden. Es ist jedoch falsch, die Frauen als unschuldige Geiseln darzustellen, die kein Vorwurf treffen darf, mit den Kräften des Rassismus zusammengearbeitet zu haben. Da sie sich ohne Rücksicht auf die Umstände auf die Seite der Frauen schlägt, kapituliert Brownmiller selbst vor dem Rassismus. Ihr Versäumnis, die weißen Frauen über die Notwendigkeit aufzuklären, eine mutige Herausforderung des Rassismus mit dem Kampf gegen den Sexismus zu verbinden, ist für die gegenwärtigen Kräfte des Rassismus zu einem bedeutenden Vorteil geworden.
Der Mythos vom schwarzen Vergewaltiger dient weiterhin der heimtückischen rassistischen Ideologie. Er trägt ein gut Teil der Verantwortung dafür, daß die meisten Theoretiker zum Thema Vergewaltigung versagt haben, weil sie es versäumten, nach der Identität der enormen Anzahl von anonymen Vergewaltigern zu suchen, die nicht angezeigt, nicht verhört und nicht schuldig gesprochen werden. So lange, wie sich ihre Analysen auf die angezeigten Vergewaltiger stützen, die überführt und inhaftiert worden sind, sich also nur auf einen Teil der tatsächlich verübten Vergewaltigungen konzentrieren, werden die Schwarzen und auch die anderen Farbigen - unausweichlich als die Schurken dastehen, die für die gegenwärtige Epidemie von Sexualverbrechen verantwortlich sind. Die Anonymität, die die große Mehrheit der Vergewaltigungsdelikte umgibt, wird folglich als ein statistisches Detail behandelt - oder als ein Geheimnis, dessen Wahrheit unzugänglich bleibt.
Warum aber stehen an erster Stelle so viele anonyme Vergewaltiger? Könnte diese Anonymität nicht ein Privileg sein, das diejenigen genießen, deren Status sie vor Verfolgung schützt? Obwohl von weißen Männern in den Positionen des Unternehmers, leitenden Angestellten, Politikers, Doktors, Professors etc. bekannt ist, daß sie Frauen, die sie als gesellschaftlich niedriger stehend betrachten, »mißbrauchen«, kommen ihre sexuellen Missetaten nur selten vor Gericht zu Tage. Wäre es deshalb nicht durchaus denkbar, daß diese Männer aus der Klasse der Kapitalisten und des Mittelstandes zu einem bedeutenden Teil für die nicht gemeldeten Vergewaltigungen in Frage kommen? Von vielen dieser nicht gemeldeten Vergewaltigungen sind zweifellos schwarze Frauen betroffen. Ihre historische Erfahrung ist, daß die rassistische Ideologie eine offene Einladung zur Vergewaltigung enthält. Wie während der Sklaverei die wirtschaftliche Macht des Sklavenhalters sein Freibrief zur Vergewaltigung der schwarzen Frauen war, so beinhaltet auch die Klassenstruktur der kapitalistischen Gesellschaft den Anreiz zur Vergewaltigung. Es scheint in der Tat so zu sein, daß die Männer aus der Klasse der Kapitalisten und des Mittelstandes gegenüber Verfolgungen immun sind, weil sie ihre sexuellen Anschläge mit derselben unangefochtenen Autorität begehen, die die täglichen Anschläge auf die Arbeit und die Würde der arbeitenden Menschen legitimiert.
Die Existenz der weitverbreiteten sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz ist noch nie ein Geheimnis gewesen. Und es ist gerade am Arbeitsplatz, daß Frauen - besonders wenn sie nicht gewerkschaftlich organisiert sind - am ungeschütztesten sind. Ist erst ihre ökonomische Herrschaft über die weiblichen Untergebenen errichtet, mögen die Unternehmer, die Manager und die Vorarbeiter sich diese Autorität auch auf sexuellem Gebiet zu sichern versuchen. Daß die Frauen der Arbeiterklasse stärker als ihre Männer ausgebeutet werden, kommt zu der Schutzlosigkeit vor sexuellem Mißbrauch noch hinzu, während gleichzeitig der sexuelle Zwang ihre Schutzlosigkeit gegenüber der wirtschaftlichen Ausbeutung verstärkt.
Die Männer der Arbeiterklasse, welcher Hautfarbe auch immer, können zur Vergewaltigung vielleicht in dem Glauben motiviert werden, daß ihre Männlichkeit ihnen das Privileg der Herrschaft über die Frauen gewährt. Da sie jedoch nicht die gesellschaftliche und ökonomische Autorität besitzen - es sei denn, ein Weißer vergewaltigt eine Farbige - die ihnen Immunität vor Verfolgung garantiert, ist der Anreiz nicht annähernd so stark wie für die Männer der kapitalistischen Klasse. Wenn die Männer der Arbeiterklasse der Aufforderung zur Vergewaltigung folgen, die ihnen von der Ideologie der männlichen Überlegenheit nahegelegt wird, so lassen sie sich bestechen durch eine illusionäre Kompensation für ihre Machtlosigkeit.
Die Klassenstruktur des Kapitalismus ermutigt die Männer, die auf dem ökonomischen und politischen Sektor die Macht haben, routinierte Agenten der sexuellen Ausbeutung zu werden. Die gegenwärtige Vergewaltigungsepidemie ereignet sich zu einem Zeitpunkt, da die Kapitalistenklasse angesichts der globalen und internen Herausforderungen ihre Autorität wutentbrannt zu verteidigen versucht. Da beide, der Rassismus wie der Sexismus, für die innere Strategie der erhöhten ökonomischen Ausbeutung einen zentralen Stellenwert haben, erhalten sie auch eine beispiellose Förderung. Es ist kein bloßer Zufall, daß einerseits die Fälle von Vergewaltigung gestiegen sind und andererseits sich die Lage der Arbeiterinnen sichtbar verschlechtert hat. Die ökonomischen Verluste der Frauen sind so stark, daß ihre Löhne im Vergleich zu denen der Männer niedriger sind als vor zehn Jahren. Die Zunahme der sexuellen Gewalt ist das brutale Gesicht der allgemeinen Intensivierung des Sexismus, der diese wirtschaftlichen Anschläge notwendigerweise begleitet.
Auf eine Weise, die vom Rassismus vorgegeben ist, spiegeln die Angriffe gegen die Frauen die Verschlechterungen der Lage der farbigen Arbeiter, den steigenden Einfluß des Rassismus im Rechtswesen, in den Bildungseinrichtungen und in der Haltung der Regierung gegenüber der bewußten Vernachlässigung der schwarzen und der übrigen farbigen Bevölkerung. Das dramatischste Zeichen des gefährlichen Wiederauflebens des Rassismus ist das erneute Sichtbarwerden des KuKluxKlan und die damit verbundene Epidemie gewalttätiger Angriffe gegen Schwarze, Chicanos, Puertoricaner und Indianer. Die gegenwärtige Vergewaltigungsepidemie hat sehr viel Ähnlichkeit mit der Gewalttätigkeit, die der Rassismus entfacht hat.
Bei der Komplexität der gesellschaftlichen Bedingungen von Vergewaltigung heute ist jeder Versuch, sie als isoliertes Phänomen zu behandeln, zum Scheitern verurteilt. Eine wirksame Strategie gegen Vergewaltigung muß mehr zum Ziel.haben, als nur die Ausrottung der Vergewaltigung - oder gar des Sexismus. Der Kampf gegen den Rassismus muß ein dauerndes Thema für die Antivergewaltigungsbewegung sein, die nicht nur die farbigen Frauen verteidigen muß, sondern auch die vielen Opfer der rassistischen Manipulation der Vergewaltigungsanklage. Das krisenhafte Ausmaß der sexuellen Gewalt zeigt eine der Facetten der tiefen und andauernden Krise des Kapitalismus. Wie das gewalttätige Gesicht des Sexismus wird auch die Drohung mit Vergewaltigung so lange bestehen bleiben, wie die Unterdrückung der Frauen überhaupt eine wesentliche Stütze des Kapitalismus ist. Die Bewegung gegen Vergewaltigung muß, ebenso wie ihre wichtigen gegenwärtigen Aktivitäten von der seelischen und juristischen Unterstützung bis zur Selbstverteidigung und zu Aufklärungskarnpagnen -, in einen strategischen Kontext gebracht werden, der die endgültige Niederlage des Monopolkapitalismus im Auge hat.