Vorwort

Der Hauptteil dieses Buches bezieht sich auf eine Untersuchung der Einstellungen von Frauen zur Hausarbeit; das Material stammt aus einer Reihe von Interviews mit Londoner Hausfrauen. Diese Forschung wurde für eine Dissertation im Rahmen der Promotion an der Universität London durchgeführt.
Als ich das Material aus dieser Untersuchung zu einem Buch verarbeitete, gehörte es zu einem umfassenden Werk über die Lage der Frau als Hausfrau. Es drohte ausgesprochen unübersichtlich zu werden und wurde daher in zwei Bücher aufgeteilt. Die Kapitel über die Organisation von Arbeit und Familienleben in nichtindustriellen Kulturen, über die geschichtliche Herausbildung der Hausfrauenrolle, über die allgemeine Lage der Frau in der modernen Industriegesellschaft und über die ideologischen Seiten der weiblichen Häuslichkeit wurden nun in einem gesonderten Band veröffentlicht (Arm Oakley: Woman's Work, Pantheon 1974). Wer über Hintergründe und Zusammenhänge mehr wissen will, kann dieses Buch lesen.
Als ich Soziologie der Hausarbeit schrieb, wollte ich zwei Zielgruppen ansprechen. Die eine setzt sich aus Soziolog(inn)en zusammen, die andere aus Personen, die ein allgemeines Interesse an der Lage der Hausfrau, aber keine besonderen Kenntnisse der Soziologie haben. Für diese zweite Gruppe habe ich versucht, den Stoff so einfach und verständlich wie möglich darzustellen. Dennoch könnte es für Leser ohne soziologische Vorbildung leichter sein, Kapitel 1 und 2 zu überschlagen (die sich jeweils mit Sexismus in der Soziologie und mit Methodenfragen der Erhebung befassen) und gleich mit dem 3. Kapitel zu beginnen. Es sollte auch etwas dazu gesagt werden, inwieweit die Studie für Leser außerhalb Großbritanniens relevant ist. Obwohl die Befragten der Stichprobe britische Hausfrauen sind, ist die Lage in anderen industrialisierten Gesellschaften nicht grundsätzlich verschieden. Daher wird z. B. amerikanischen Leserinnen das in den folgenden Kapiteln gezeichnete Bild in vieler Hinsicht vertraut sein. Die im ersten Kapitel erörterte Voreingenommenheit der Soziologie gegenüber Frauen, die auch das ganze Buch durchzieht, ist selbstverständlich nicht auf ein Land beschränkt.
Bei der Forschung und während der Niederschrift dieses Buches habe ich Rat und Hilfe von vielen Seiten erhalten.
Ich bin dem Social Science Research Council für die Unterstützung durch ein Graduiertenstipendium dankbar. Ich möchte George W. Brown, Bedford College, für Hilfe, Rat und Ermutigung während der ganzen Arbeit danken. Anna Davin, Juliet Mitchell und Jan und Ray Pahl haben meine Entwürfe von verschiedenen Kapiteln gelesen, Tessa Blackstone das 1. Kapitel; David Martin (von Martin Robertson Verlag) und Jane Routh haben mir wertvolle Kritik und Hilfe in der Endphase der Produktion des Buches gegeben; ich danke ihnen allen, wie auch Robin Oakley, der mir die ganze Zeit über auf jede denkbare Weise geholfen hat. Selbstverständlich trägt keiner von ihnen für das fertige Produkt die Verantwortung. Auch möchte ich bei dieser Gelegenheit allen Freunden danken, die mir in den letzten Jahren bei meiner eigenen häuslichen Arbeit und der Versorgung meiner Kinder geholfen haben.
Zum Schluß - aber keineswegs an letzter Stelle - schulde ich den Hausfrauen für ihre großzügige Bereitschaft, sich von mir interviewen zu lassen, besonderen Dank.
Ann Oakley

Vorbemerkung der Übersetzerinnen

Wir sind eine Gruppe von Studentinnen an der Freien Universität Berlin. Im Winter 1975 begannen 80 Frauen mit einem Projekt zur Situation der Frau, das von Carol Hagemann-White geleitet wurde. Um Einblicke in Lebensbereiche von Frauen außerhalb der Universität zu bekommen, hospitierten wir während eines Semesters in verschiedenen Institutionen, z. B. beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Gesundheitsämter, beim Jugendsozialwerk, bei den Evangelischen Familienbildungsstätten e. V., in Jugendheimen und Volkshochschulen.
Bei der Nachbesprechung unserer Eindrücke und Erlebnisse entstand bei uns das Interesse, uns gezielter mit Hausarbeit und Kindererziehung zu beschäftigen. Wir gründeten daraufhin im Sommer 1976 die Seminargruppe "Hausarbeit".
Um uns einen Begriff davon zu machen, was Hausarbeit alles umfaßt, haben wir Gespräche mit uns bekannten Hausfrauen geführt und sie tageweise bei der Hausarbeit beobachtet. Interessant war, daß die Aussagen der Frauen über den Umfang der Hausarbeit teilweise erheblich von dem abwichen, was sie tatsächlich leisteten. Sie gaben im Gespräch z. B. für die einzelnen Tätigkeiten wesentlich weniger Zeit an, als sie für diese wirklich brauchten. Diese Selbstunterschätzung ließ uns auch als "Theoretikerinnen" unsere eigene Hausarbeit viel bewußter wahrnehmen. Besonders die Tatsache, daß mehrere Frauen aus unserer Gruppe Kinder haben und zeitweise ausschließlich im Haushalt arbeiteten, führte dazu, daß wir das Thema "Hausarbeit" nicht nur als theoretisches Problem begriffen, sondern mit unseren persönlichen Erfahrungen verknüpften. Hierdurch veränderte sich einerseits unser Verhältnis zur Hausarbeit und andererseits zu wissenschaftlicher Arbeit überhaupt.
Der gemeinsame Erfahrungsprozeß innerhalb der Seminargruppe spiegelte sich auch in unserer Arbeitsweise wider. Ein Resultat hiervon war die kollektive Übersetzung des vorliegenden Buches. Wir entschlossen uns dazu, weil es (unserer Meinung nach) in der BRD keine vergleichbare Untersuchung gibt.
Ann Oakley untersucht nicht nur die Einstellungen von Frauen zur Hausarbeit, sondern sie versucht die Widersprüchlichkeiten zu erfassen, in denen Frauen leben. Auch in ihrer Forschungsmethode unterscheidet sie sich von gängigen Untersuchungen. Sie läßt keine Frage-Antwort-Situation im Gespräch mit den Frauen aufkommen, sondern schafft eine Situation, die den Frauen Raum läßt, ausführlich zu berichten. Hierdurch wird es möglich, Zusammenhänge und Verbindungen zu erfassen, die durch einen computerreifen Fragebogen nicht zum Ausdruck gekommen wären.
Bei ihrer Art der Auswertung ist besonders hervorzuheben, daß sie die auftretenden Widersprüche nicht versucht zu glätten, um eindeutige Resultate zu liefern.
Unser Hauptinteresse bei der Übersetzung war, dieses Buch allgemeinverständlich zu übersetzen; im Soziologen-Deutsch gebräuchliche Fremdworte haben wir soweit möglich vermieden. Manche zentralen Begriffe von Ann Oakley, z. B. norm, specification of norms, standard, routine, haben wir nicht durchgehend gleich, sondern nach Sinnzusammenhang mit verschiedenen Worten übersetzt.

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Vorwort