»[. . .] und somit ist die Frau eine Art zeugungsunfähiger Mann.«
»Vielmehr hat das Material solches Streben ganz ähnlich, wie wenn Weibliches nach Männlichem, Häßliches nach Schönem strebt. Aber wohlgemerkt: etwas, an dem Häßlichkeit lediglich zusätzliche Bestimmtheit ist.«
»Daß die Weibchen nicht auch, wie die Männchen, einen solchen Samen ergießen, und daß er auch bei der Vereinigung in ihnen nicht entsteht, wie manche behaupten, wird dadurch bewiesen, daß das Weibchen häufig empfängt, ohne in der Begattung Wollustgefühle gehabt zu haben, ebenso aber auch, wenn sie sie gehabt hat. Ein andermal tritt die Empfängnis nicht ein, obwohl Mann und Frau Gleiches fühlten, falls eben der aus dem sogenannten Monatsfluß stammende Saft nicht in passendem Maße vorhanden war.«
»Dies entspricht auch den Tatsachen, da die Natur des Monatsflusses die eines Urstoffes [protehyle] ist.«
Aristoteles
Das Feuer beispielsweise, was ist das? Ein einfacher Körper, eine elementare Substanz, die durch spezifische Qualitäten bestimmt ist. Und das Licht? Die Aktualität der Transparenz für bestimmte Körper, die in ihrer Potentialität Licht sind: die Luft, das Wasser und die zahlreichen festen Körper. Es genügt, das, woran sich in den Anfängen der Episteme* (*Wissenschaft. (Anm. d. Ü.)) der Philosoph begeisterte, in eine strenge wissenschaftliche Analyse einzubinden, um ihm seine Übermacht zu nehmen; ihm einen Platz zuzuweisen, seinen Platz in einer allgemeinen Theorie des Seins, um seine Faszination zu reduzieren.
Aber die »erste Materie«, das Nichterkennbare, das keine Existenz an sich besitzt, was ist es? Könnte das, was sich so der Frage des tode ti** (** Etwas. (Anm. d. Ü.)) entzieht, nicht das Werden des Körpers in der Mutter und des Mutterkörpers selbst sein? Könnte es das Werden der Physis sein, so wie sie immer schon für die Bestimmung der Substanz des Mannes im Hypocheimenon*** (*** Werdeprozeß. (Anm. d. Ü.)) angelegt ist? Diese Co-Körperlichkeit mit der Mutter, die noch keine im strikten Sinn eigene(n) Bewegung(en) kennt, keine bestimmbaren Abstände, keine Zwischengrenzen und, strenggenommen, weder ein Maß des Raumes noch des umgebenden Milieus, noch des Inhalts und ebensowenig ihrer Beziehungen zueinander? Unbestimmbar also in jeder Form. Fusion, Konfusion, Transfusion der Materie(n), der Körper-Materien, wobei das Elementare selbst der festlegenden Charakterisierung entgeht, das Selbe und das Andere ihren Sinn noch nicht gefunden haben?
Unbestimmbarkeit des Seienden des »Anfangs«, aus dem der Seiende hervorgeht, ex-sistiert, indem er sich auf sein männliches Elternteil beruft, das bereits eine spezifische Form besitzt. Verfolgt man diesen Zeugungsprozeß zurück und auch den des Begehrens und der Liebe dieses Vaters zu Gott, so gelangt man zu dem »Ursprung« des reinen Selbstseins, für den das Intelligible identisch mit dem Intellekt sein wird, ohne mögliche Aporie, die aus der Unbegrenztheit einer »ersten Materie« aufgrund ihrer ewigen und vollkommenen Autonomie entstehen könnte. Sein, das fremd gegenüber jeder Genesis ist, von Anbeginn getrennt vom Entwicklungsprozeß seiner Form, doch zugleich aktuelle Fülle, eben weil es sich nicht vom Boden der Vergangenheit abheben muß: Tätigkeit, die ihre Fähigkeit niemals auf ein Ziel hin transformieren müßte - und wäre es nur jenes, das andere sich anzugleichen -, da sie immer schon das in sich vollendete Sein ist, das sich an keinem (noch) natürlichen Ort bewegt, da es eine Ausdehnung, in der sein Körper mit dem seiner Mutter-Materie fortbestehen könnte, nicht in sich einschließt, auch sich nicht in ihr fortbewegt.
Und wenn Gott - absolutes Prinzip (seiner selbst) - in der Reinheit seines Zeugungsaktes ist, dann kann er als Paradigma -auch als Paradigma seiner obersten Himmelsregion - der Repräsentation alles Seienden, auch der doppelt apotetischen des Fötus im Mutterleib, dienen. Seine immer schon unterschiedene Form, der Vorrang seiner Differenzierung gegenüber dem (dieser), was (die) ihn trägt, findet eine unwiderlegbare Gewähr in diesem ungezeugten Sein, das ihn auf gänzlich ursprüngliche Weise hervorbringt. Das heißt nicht, daß er nicht immer wieder von neuem anfangen muß, seine Substanz zu bestimmen, insofern sie dem Werden unterworfen ist, insbesondere dem der Art. Doch eine ursprünglichere Bestimmung, und zwar eine archaischere als sein Anfang selbst, wird ihm von nun an in der Beziehung zu seinem Prinzip, zu seinem Telos zugeschrieben — und, letzten Endes, zum ersten Beweger des Universums. Es handelt sich um eine Beziehung, in deren Genuß die »erste Materie« offensichtlich nicht kommt, deren Inkonsistenz wahrscheinlich das ist, worauf sich die radikale Erhabenheit Gottes gründet. Selbst mit ihrem Mangel an jeglicher Prädikation dient sie als das unbestimmte und unendliche Fundament, das ontologisch alles Lebe-n hervorbringt: vollkommen ohnmächtig, was den Logos betrifft, und gleichzeitig, freilich ohne es zu wissen, der allmächtige Boden von dessen Entwicklung. Verkennung, die das Zentrum, das in seiner Undifferenziertheit unbeweglich ist, so als wäre es nur Last und Ballast, aus der Zirkularität seines Prozesses in die Tiefe verdrängt. Sein anerkannter Beweger betätigt sich vielmehr an der Peripherie seiner Umlaufbahn.
Aussagen, Behauptungen können nur dann aufgestellt und bewiesen werden, wenn die zwar verschüttete, aber unzertrennliche Beziehung des Wesens zu seiner Mutter-Materie verdeckt bleibt. Da das Apriori der Mutter-Materie diese Beziehung besiegelt - sie ist als Hypocheimenon (subjectum) aus der präsenten Existenz gestrichen — kann der Mann nach Herzenslust seine von Anfang an getricksten Wortfehden mit der Hyle* (* Stoff. (Anw. d. Ü.)) und der Dynamis** (** Möglichkeit. (Anm.d. Ü.)) ausfechten. Sofern sich übrigens in einer Aussage etwas beharrlich wiederholt, ist der Verdacht der Verleugnung oder Verkennung am Platze. Und einen philosophischen Diskurs, der vorhat (vorzuhaben glaubt), die Materie als solche zu erfassen, muß man besonders aufmerksam prüfen. Sobald er etwas vergißt oder verleugnet, hat eine bestimmte Spekulation das, wovon er spricht, bereits travestiert. Und je weniger die Intervention des Spiegels, den er zu der Physis oder in der Physis hinzusetzt, sichtbar, wiedererkennbar ist, desto mächtiger und hinterhältiger ist die Fiktion am Werk.
Also ist die Materie allemal schon geformte Materie - und damit von vornherein suspendiert und unter Verdacht gestellt. Die Physis ist stets im Begriff, sich einem Telos anzugleichen. Das gilt von der Pflanze oder von ihrer Blüte, »zum Beispiel«. Es ist demnach unerläßlich, daß ein Logos über Gattung und Art der Pflanze urteile? Über die Qualitäten des Pflanzlichen spekuliere? Etc. Das Urteil über den Konnex der Pflanze mit ihrer Finalität wird von einem anderen gefällt: von einem sprechenden, mehr noch: von einem philosophisch sprechenden Wesen. Sie kann vollkommen sie selbst und vollkommen in sich selbst sein, doch die Entscheidung über diesen Zustand wird von einem anderen ausgesprochen. Sie erleidet also, während sie wird, die Auswirkungen der Prädikation durch einen anderen. Und sollte sie, in einer fernen Zeit, eine noch nicht benannte Entfaltung der Potenz bekunden, würde nicht sie es sein, die über Sein oder Nichtsein dieser unvorhergesehenen Manifestation zu urteilen hätte. Nicht sie würde dieses erste Auftauchen der Erscheinung der Physis als Monstrosität, als Abweichung von der Pflanzlichkeit, als unqualifizierbares Werden der Pflanze, als natürliches Zwitterwesen werten. Oder? Nicht sie würde sich von ihrer eigenen Entfaltung im Sein abschneiden. Und sollte sie sich in einer - im Aristotelischen Sinne des Worts - »unmöglichen« Aktualisierung einer noch unbekannten »Wesensform« an die Stelle des ontologischen Werdens des Mannes setzen oder es zumindest in Frage stellen, indem sie die Prämissen dessen, was seine Logik ausmacht, umkehrte, so ist anzunehmen, daß im Diskurs darüber der Beweis ihrer Mißbildung geführt würde; daß er die Ateleologie einer solchen Bestimmung der Potenz bewiese, die die Grundlagen der Diskursivität ins Wanken zu bringen droht.
Die Substanz der Pflanze (wie die eines jeden oder einer jeden) kann das ontologische Gesetz, unter dem sie antritt, weder übersteigen noch überschreiten und erst recht nicht ersetzen. Ein für alle Mal. Zu mehr oder weniger ist sie nicht fähig. Sie muß in ihrer Individualität und in ihrer numerischen Einheit bleiben: in und durch unwandelbare Kategorien vorschriftsmäßig eingegrenzte Materie-Potenz. Es sind dies Kategorien, die von der Philosophie ausgesprochen grundsätzlich und in jedem ihrer Wissenschaftsgebiete auf die Gattungen und Arten des Seins aus sind, während die Sinne des Seins allem Werden gegenüber gleichgültig sind.
Auch die Feststellungen, die der Arzt beim Studium der Natur getroffen hat, können nicht modifizieren, was in der »Analytik« gesetzt ist. Die Partikularität seines analytischen Feldes ist bereits Vorschriften unterworfen, die seine Entdeckungen reglementieren oder interpretieren. Und will er auf irgendeinen Widerspruch zu den Aussagen des Philosophen hinaus, dann deshalb, weil er die Beschneidung des Seins ignoriert, die bereits stattgefunden hat und die ihn lediglich die Attribute eines seiner Teile ins Auge fassen läßt. Dies geschieht aus Unkenntnis jener Petitio principii, die es verbietet, das Sein anders zu definieren, als habe es immer schon unter den Prämissen der gesamten Syllogistik gestanden.
Diese Rangstreitigkeiten zwischen der Besetzung des Ortes der Urkunde und dem Vermögen der Ortsbestimmung, die in der Theorie jedermann vertraut sind, haben ohne Zweifel mit der Frage des »Unendlichen« und den Aporien zu tun, die sie unaufhörlich wieder aufwirft. Würde der erste Beweger der Regression ins Unendliche nicht einen Riegel vorschieben, bestünde dann nicht die Gefahr, daß alle Substanz in der Undifferenziertheit der ersten Materie versinken würde, ohne Ende, verführt durch die Rückkehr in den Bauch der Erde-Mutter, wo die Sicherheit der Identität des Wesens mit sich selbst zumindest problematisch ist? Der Zutritt zu ihm muß daher durch die Ausarbeitung einer Ontotheologie versperrt werden, die das Vermögen der Zeugung, des Wachstums, der Veränderung, der Expansion alles Seienden reduziert - Gott ausgenommen, dem die Materie fremd ist. So wird in der Tat jeder um die Verwurzelung in seinem Boden, um die ersten Ressourcen seines »Körpers«, um das virtuell Unendliche seiner Ausdehnung gebracht. Zugleich müssen sich alle den so determinierten »Ort« teilen, indem sie sich gegenseitig begrenzen. Daher die Notwendigkeit, daß niemand den Ort oder die Bewegungen durchbricht, die seiner Natur entsprechen, daß kein neues Wesen die Zahl der bereits existierenden vermehren kann, ohne daß es auf den Raum des anderen übergreift und ihn zerstört. Andernfalls würde es den Behälter, den Ort, an dem es sich entfaltet und an dem sie sich entfalten, zum Überfließen bringen, ihn jedenfalls in Bewegung versetzen, so daß er in Wallung geriete, was einem (geziemenden) Raum »unmöglich« ist.
Bleibt jedem übrig, auf möglichst vollkommene Weise seine Wesensform zu realisieren, sein Telos voll und ganz innerhalb der ihm gesetzten Grenzen zu aktualisieren. Dies bedeutete einen Kampf auf Leben und Tod zwischen den Individualitäten um die Aneignung der Dynamis, hätte der Philosoph in seiner höchsten Weisheit und seiner interesselosen Großmütigkeit nicht schon für alles gesorgt. Das heißt, daß einzig Gott sich ohne Vorbehalt selbst genießt, allerdings im Himmel und ohne Beziehungen zur Mutter-Materie, die er in der Vollendung seiner Entelechie nicht kennt und niemals gekannt hat. Der Mann hingegen, Sklave von Natur, ist hinsichtlich des Besitzes seiner Form immer im Werden begriffen. Aber der Akt wird sein Privileg im Verhältnis zur Frau bleiben, deren Beziehung zur Substanz indes in der Unterscheidung, die sie einander komplementär und nicht rivalisierend zuordnet, mehr Dynamis ist. Näher der Materie also und weniger fähig, sich ihre Form zu geben, entsprechend der Ordnung des Seins. Ist es am Mann, ihr zu helfen, sie sich anzueignen? Sich sich selbst anzueignen? Sollte er nicht darauf verzichten, die Disponibilität dieser Potenz für andere, ihm eigentümliche Ziele zu nutzen? In der Tat haben diejenigen Aktionen für ihn den größten Wert, in denen sich das Telos mit der Ausübung selbst verbindet, hat er doch kein anderes Werk in Sicht, in dem die Energeia* (* Kraft. (Anm. d. Ü.)) sich in das produzierte Objekt transformieren würde. Zur Vervollkommnung der Weiblichkeit einer Frau beizutragen - selbst wenn wir zugestünden, daß dies einem Mann tatsächlich möglich wäre -, bedeutet für sein ontologisches Werden zwangsläufig einen Umweg, eine Umleitung der Aktivität in eine sekundäre Produktion. Weit besser ist es, zu schauen, zu denken, zu konzipieren - was nicht unbedingt zeugen bedeutet -, zu leben, das Glück, das er sich verschaffen muß, zu genießen: die einzigen Bewegungen, denen das Ziel der Aktion immanent ist und die ausschließlich unter diesem Aspekt als Handeln gelten, wobei der Agent hier zugleich Produzierender und Erleidender seiner Energie ist, die auf diese Weise einem Zurückgehen auf sich selbst und ihn gehorcht, das sie und ihn vor dem Versiegen bewahrt. Dabei vergibt, verausgabt er sie nicht, um eine Substanz zu bewegen, die ihm fremd ist. Dennoch ist er nicht passiv der Aktivität von wem auch immer unterworfen, ausgenommen der des ersten Bewegers, der das gesamte Universum in Erschütterung versetzt. So aktiviert sich der Weise einzig um des Werdens seines Wesens willen, das seine Ursache und sein Ziel ist: Prinzip seiner zirkulären translatio, der einzigen - sagt man -, die in der Natur weder Anfang noch Ende hat. Seine einzige »Passion« wäre somit sein eigenes Wesen. Man könnte sich und ihn fragen, auf welchem Boden er es und sie kultiviert.
Sie, die Frau, verharrt eher in der nicht aktualisierten Potenz, zumindest für und durch sie nicht aktualisiert. Sein, durch und für ein anderes von Natur? Und in dieser Aufteilung der Substanz, die die ihrige ist, existiert und ist sie nicht anders als zweitrangig dem Mann gegenüber; doch sie könnte ebensogut sein wie nicht sein. Unvollendet, unvollendbar ihrem ontologischen Gesetz nach. In ihrer eigenen Form niemals gan^. Es sei denn, diese Form könnte -was paradox wäre - lediglich als Beraubung aufgefaßt werden. Aber wie darüber entscheiden, wenn das Weibliche sich weder zum Sein entschließt noch in ihm sich auflöst, sondern in der simultanen Koexistenz der Gegensätze verbleibt: im einen wie im anderen. Das gilt für den Prozeß des Werdens ebenso wie für den des Vergehens, zum Beispiel. Für ihr Verhältnis der Ebenbildlichkeit zum Ewigen (zum Ewigen) läßt das Schlimmes ahnen, wobei der Ewige übrigens nichts mit der Potenz zu tun hat. Aber sie ist auch weder im einen noch im anderen. Zwischen dem einen und dem anderen? Ungreifbarer »Raum« zwischen der Determinierung zweier Körper? Zwischen zwei Aktualisierungen eines Körpers? Das heißt, stets anfällig für Veränderung. Immer anderswo und in ihrer Definition ständig wechselnd. Kehrseite, Rückseite der Möglichkeit des Individuums, seine Verschiebungen innerhalb des Raums vorzunehmen? Also nicht notwendig als solche, sondern nur als nicht subjektives subjectum? Nicht subjektivierbar? Jedenfalls nicht für und durch sich selbst (als Selbst)? Unerläßliche Bedingung, um die Ähnlichkeit des Lebendigen mit sich selbst zu halten, aufrechtzuerhalten und zu vervollkommnen? Trotz der Gefahr des Abgleitens in »das Unendliche«, der unkontrollierbaren Bewegungen in »der Leere«. So sichert dieser »gewisse Mangel an Qualitäten«, der das Weibliche erst wahrhaft zum Weiblichen macht, die Vervollkommnung der Qualifikationen des Männlichen. Um in den Vollbesitz seiner selbst zu kommen, muß er sich sowohl die Potent^ aneignen wie auch in gewissem Umfang den Raum und das, was sich dort als Zwischenräume reproduziert, und zwar in und durch unaufhörliche Transformation des anderen, das noch an sich ist, in das Selbe. Etc.
So fährt er unendlich und auf unbestimmte Weise - die unerkennbar ein (und sein) hysterisches Substrat ist - fort, sich im und
auf dem Körper seiner Mutter zu bewegen, Receptaculum, das er eng begrenzen muß, um sich nicht darin zu verlieren und um zu verhindern, daß der Vater die Vorherrschaft seiner Logik hier nicht mehr behaupten kann. Aber er besteht darauf, sich von ihrer Potenz - undefinierbar auch sie - zu nähren, einem Raum, der (wie einige sagen) das wunderbarste Reservoir ist und der sicherlich auch zu den Prädikaten der räumlichen Ausdehnung der intelligiblen Materie gehört. Hinzu kommt, daß es ohnehin die Mutter-Materie ist, der er ständig das entzieht, womit er seine Form verwirklicht.
Die Frau als solche wäre nicht. Sie existierte nicht, es sei denn im Modus des Noch-nicht (des Seins). In diesen Zwischenräumen im Werden des Seins oder der Wesen freilich könnte sich etwas von ihrem Unspezifischen bemerkbar machen, Zwischenräumen, die die Frage der »Leere« wieder aufwerfen, was zur Folge hat, daß eine entschiedene und entsetzte Zurückweisung and eine Abdichtung durch spekulative »Gewebe« und »Organe« einsetzen, gebührend unterstützt von der natürlichen Evidenz des Bestehenden. Wenn aber das Ganze durch die Aktualisierung der Physis besetzt ist, wird die Frau nicht und nirgendwo existieren, auch nicht in ihrem Mangel an Sein, der in unablässiger dialektischer Arbeit, die ihm keine Vermittlungsschritte erspart, eingeführt und zurückgeführt werden muß in die Fülle des Selbstbesitzes der Substanz.
Außerhalb dieses Prozesses ist (nicht) Niclits: die Frau. Die als einzige - vielleicht? - in der Lage ist, ihre Funktion in dieser allmächtigen »Maschine«, die die Metaphysik nach wie vor repräsentiert, in dieser omnipotenten »Technik«, die die Onto-Theologie noch ist, zu befragen. Die sie - noch - ^or die Wahl zwischen einer männlichen Lust und ihrer Rolle als »Werkzeug« der Zeugung stellt, eine Wahl, die jedoch immer schon durch die »Natur« entschieden ist. Sicherste (?) Manifestation, der Zeugung ist der »Monatsfluß«, dessen »Natur [. . .] die eines Urstoffes [prote hyle] ist«. Zurückzukommen auf den Zyklus der Mutter, wenngleich nur der Potentialität nach, bedeutet die Rückkehr zur ersten Materie und ihren Mysterien, auf die zu regredieren das männliche Individuum sich hüten muß, denn für seine Form springt hier nichts Profitables heraus. Die Identität seiner selbst wird er weit eher in der Distanz und der Trennung behaupten können.
Aber worin besteht die Materie, wenn sie »erste« ist? Diese Frage, mit der Aristoteles in einem quasi ständigen Handgemenge mit der Materie fertig zu werden sucht und die er nur durch die Behauptung einer »Immanenz« löst, die auf das Problem der Immanenz des Logos verweist und die noch Freud in zuweilen widersprüchlichen Aussagen bedenkt, hätte jetzt eine tadellose Antwort gefunden: in dem (den) Namen des Vaters. Transzendente), immanent(e) gegenüber seinem (quasi) natürlichen Werden? Das setzt jedoch voraus, daß die Physis ihre Geltung behält. Zumindest, daß man innerhalb bestimmter Grenzen nicht erkennt, daß sie immer schon tra(ns)vestiert war. Phantasmatischer Stoff, auch als geschlechtlicher, der einer logischen Ordnung gemäß zerteilt und zerstückelt wird. Dabei bringt die Aporie der Identifikation des »Ersten« mit dem »Weiblichen« diesem Stoff unaufhörlich Risse bei, auch wenn sie verdeckt bleiben.
Das »Weibliche«, das also in einer Inkonsistenz, in einem Mangel an Form belassen ist, würde das »Männliche« begehren wie »das Häßliche das Schöne«. Das braucht nicht so verstanden zu werden, daß das Weibliche »in seinem Wesen« häßlich sei - eine solche Konzeption wäre zu ateleologisch; es ist es nur »durch Akzidenz«. Aber reduziert sich seine Existenz nicht auf ein »Akzidenz«? Auf einen »Unfall« der Zeugung, eine genetische Monstrosität? Denn das menschliche Geschöpf empfängt seine Form nur durch seinen Vater, genauer: durch den männlichen Samen. Das Produkt der Kopulation wird ja nicht durch die Mischung von Sperma und Ei gebildet. Wie also wird ein Mädchen gezeugt, wenn nicht durch eine Anomalie der Chromosomen? Jedenfalls könnte es auf keinerlei Substanz Anspruch erheben. Als einfaches, zufälliges, anstößiges, »akzidentelles« Anhängsel - oder als Mangel - der Substanz kann das Mädchen sich modifizieren oder auflösen, ohne daß die »Natur« sich dadurch verändert.
Bleibt, daß das Mädchen sich allem angleichen, sich alles aneignen will, denn es ist von Grund auf beraubt. Davor muß man sich hüten. Was es so verführt und sich einverleibt hat, wird auf den Reflex, den Schatten, das Phantasma, den Mangel dessen reduziert, was es einmal in seiner natürlichen Vollständigkeit war.