Ein kurzer geschichtlicher Überblick
[1]Wie auch immer die Geschichte der Lesben geschrieben wird, ganz sicher ist, daß es von Anfang an lesbische Mütter gab. In den frühen siebziger Jahren wurden lesbische Mütter im Zuge der neuen Frauenbewegung sowie der Lesben- und Schwulenbewegung sichtbarer, als sie begannen, bei Scheidungsprozessen das Sorgerecht für ihre Kinder zu beanspruchen, statt sich damit abzufinden, in Furcht vor dem Verlust ihrer Kinder zu leben, falls ihr Lesbisch-Sein bekannt würde. Über einige Gerichtsverfahren wurde in den tonangebenden Medien und in der feministischen und lesbischen Presse berichtet. In Seattle wurde der Lesbian Mothers Defense Fund (Verteidigungsfonds für lesbische Mütter) und seine Zeitung gegründet, und in San Francisco entstand das Lesbian Rights (Legal) Project (Projekt gesetzliche Lesbenrechte).
Anfang der siebziger Jahre entstand in der Region San Francisco Bay die Lesbian Mothers' Union (Verband lesbischer Mütter) als Kontakt- und Selbsthilfegruppe für lesbische Mütter, ihre Kinder, Geliebten und Freundinnen, die sich außer mit der Unterstützung von Müttern in Sorgerechtsfällen[2] auch mit dem Thema Mutterschaft innerhalb und außerhalb der Lesbengemeinschaft beschäftigte. Wir standen bei Lesbenveranstaltungen auf und forderten Kinderbetreuung. Wir besetzten Büros und verhandelten um kommunal finanzierte pro-lesbische psychologische Beratungsstellen, um endlich die Möglichkeit zu haben, über unsere Probleme zu sprechen, ohne auf Vorbehalte und Ablehnung zu stoßen. Wenn Lesben das Recht forderten, Mutter zu bleiben, dann war es nur ein kleiner Schritt zu der Idee, daß sie auch das Recht forderten, Mutter zu werden. Ab Ende der siebziger Jahre wurden immer mehr Lesben, überwiegend in größeren Städten, durch Spender-Insemination wie auch durch Adoption Mütter. Es war ein historischer Schritt, daß sich immer mehr Lesben entschlossen, Mutter zu werden, und dies als politische Entscheidung verstanden.
Dies war die Zeit, in der Frauen das Recht auf Selbstverwirklichung forderten, in der sie versuchten, Job/Karriere und Mutterschaft zu verbinden. Das heißt, es war nicht die Zeit, in der Frauen gesagt wurde, Mutterschaft sei ihre einzige Aufgabe. Außerdem, und ironischerweise, machte uns vermutlich die Tatsache, daß vor allem in rechten Kreisen die Meinung vertreten wurde, Lesben und Schwule seien ungeeignet, Kinder zu erziehen, die Entscheidung für das Mutter-Sein leichter. Es trug dazu bei daß einige von uns Mutterschaft als progressiven politischen Akt verstanden.
Bereits 1976 rief Cherie Pies die erste Selbsthilfegruppe für Lesben, die Mutter werden wollten, ins Leben. Heute gibt es im ganzen Land ähnliche Gruppen. Nach Cheries und meiner Schätzung haben Lesben in den USA bis heute 3 000 bis 5 000 Kinder durch Spender-Insemination und vielleicht 2 000 weitere durch Adoption bekommen.[3]
Die Samenbank von Nordkalifornien
1982 wurde die feministische Samenbank von Nordkalifornien gegründet, die sich als pro-lesbische Einrichtung versteht. Bevor es diese Samenbank gab, trafen Lesben private Arrangements meist mit schwulen Männern und oft über eine Vermittlerin um die Anonymität zu sichern, oder über die wenigen niedergelassenen Ärztinnen, die bereit waren, Samen für >alleinstehende< Frauen zu besorgen. Sofern letztere nicht pro-lesbisch eingestellt waren, mußten die Frauen ihr Lesbisch-Sein verschweigen. Die nichtmedizinischen Arrangements belegen, daß die Insemination kein kompliziertes Verfahren ist, das nur medizinisch Geschulte durchführen können, sondern daß Lesben es in Zusammenarbeit mit den Spendern selbst in die Hand nehmen können und so den Vorteil haben, nicht vom Staat kontrolliert zu werden. Die Motivation der schwulen Männer, die die ersten Spender waren, war oft ein politisches Bewußtsein über das Recht von Lesben, Kinder auszutragen und aufzuziehen. Eine Bezahlung dafür gab es gewöhnlich nicht.
Die Samenbank von Nordkalifornien entstand also, als es unter Lesben schon recht häufig den Wunsch nach Kindern gab, und bot einen notwendigen Service. Samen konnte tiefgefroren und in die gesamte USA versandt werden, und es war kein Problem, als Lesbe, die schwanger zu werden versuchte, emotionale Unterstützung zu bekommen. Einige der Samenbank-Spender waren bereit, die Kinder im Erwachsenenalter kennenzulernen. Über eugenische Fragen gab es meines Wissens innerhalb der Lesbengemeinschaft bislang keine größeren oder öffentlichen Kontroversen, obwohl private Gespräche geführt werden. Die Samenbank legt strenge gesundheitliche Maßstäbe an, sucht die Spender jedoch nicht nach Intelligenz oder sonstigen Eigenschaften aus wie die übrigen in den USA. Anerkennenswert ist, daß sie schon sehr früh, noch bevor dies für die Öffentlichkeit Thema war, potentielle Spender einem AIDS-Test unterzog. Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, daß viele Lesben dort arbeiten, die durch ihre Kontakte mit schwulen Männern sehr früh ein entsprechendes Problembewußtsein hatten.
Die häufigste Kritik an der Samenbank betrifft ihre Kosten. Die Voruntersuchungen kosten rund 500 und jede Insemination etwa 100 Dollar. (In Einzelfällen können Ausnahmen gemacht werden.) Obwohl mir diese Preise nicht überhöht erscheinen, bedeutet es trotzdem, daß nur Frauen mit einem bestimmten Einkommen die feministische Samenbank in Anspruch nehmen können.
Noch ein wenig Geschichte
Als Mitte der achtziger Jahre die Lyon-Martin-Klinik begann, Inseminationsprogramme für lesbische Frauen anzubieten, kam die Diskussion auf, ob anonyme oder nicht-anonyme Spender bevorzugt werden sollten. Lesben, die Adoptivkinder gewesen waren, und leibliche Mütter, die ihre Kinder zur Adoption freigegeben hatten, sprachen von den Verletzungen, die sie in dem >geschlossenen< Adoptionssystem erfahren hatten: Die Adoptionsunterlagen waren nicht zugänglich, so daß die biologischen Verwandten, Mütter und Kinder, keinen Kontakt zueinander herstellen konnten. Heute gibt es die Forderung nach einem >offenen< Adoptionsystem, bei dem die Möglichkeit des gegenseitigen Kennenlernens besteht.
In den letzten fünf Jahren ging die Entwicklung dahin, daß Lesben und Schwule sich als Eltern zusammenschließen: in Selbsthilfegruppen, in den von den Kliniken gebildeten Foren, in den von Lesben und Schwulen gegründeten Familien. Manche Lesben entscheiden sich für einen schwulen Spender, der zugleich die Vaterrolle übernimmt. Mir ist beispielsweise ein Fall bekannt, in dem eine Lesbe und ein Schwuler beschlossen, durch Spenderinsemination ein Kind zu bekommen. Beide haben eine Partnerin bzw. einen Partner, die heute auch an der Erziehung des Kindes beteiligt sind, das fast täglich zwischen zwei Haushalten hin- und herpendelt.
Überblick über die Rechtslage
Es hat stetige Fortschritte für lesbische Mütter gegeben, doch die Gesetze und ihre Auslegung unterscheiden sich von Bundesstaat zu Bundesstaat erheblich. In über der Hälfte der Staaten ist es immer noch illegal, lesbisch zu leben. Obwohl Lesben selten für >lesbische Aktivitäten< strafrechtlich verfolgt werden, haben wir dadurch große Nachteile, wenn unsere Sorgerechtsverfahren vor Gericht verhandelt werden.
In den letzten zwanzig Jahren haben mehr und mehr Richterinnen entschieden, daß die sexuelle Präferenz einer Mutter keinen Einfluß auf ihre Erziehungsfähigkeit hat. Andererseits gab es vor kurzem in Michigan ein Gerichtsurteil, bei dem einer Mutter allein aufgrund ihrer lesbischen Lebensweise das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen wurde.
Es hat Fälle gegeben, in denen nicht-anonyme Samenspender Vaterschaftsrechte einklagten, obwohl zuvor etwas anderes vereinbart gewesen war. Vor zehn Jahren erstritt sich in Kalifornien ein nicht-anonymer Spender das Besuchsrecht. Ein Gericht in Oregon dagegen verweigerte vor kurzem einem Spender alle Vaterschaftsrechte.
Kürzlich sprach ein Gericht in Vermont einer nicht-biologischen Mutter die Vormundschaft für ein Kind zu, nachdem dessen biologische Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, und wies damit die Klage der biologischen Großeltern ab. Diese Entscheidung stützte sich weitgehend darauf, daß die biologische Mutter die Co-Mutter in ihrem Testament zum Vormund bestimmt hatte. Es ist also wichtig, daß lesbische Mütter schriftlich über die Vormundschaft verfügen, obwohl dies vor Gericht nicht rechtsverbindlich ist. Auf dem letzten riesigen Frauenmusikfestival, das ich besuchte, gab es ein extra Zelt, in dem Lesben Hilfe bei der Abfassung eines Testaments und anderer rechtsgültiger Papiere bekommen konnten.
In manchen Teilen des Landes ist es Lesben gelungen, als Alleinerziehende Kinder zu adoptieren, obwohl das Kind in Wirklichkeit von einem lesbischen Paar betreut werden würde. Zur Zeit laufen Anträge, in denen eine nicht-biologische Mutter das Kind ihrer Geliebten zu adoptieren versucht, ohne daß die biologische Mutter das Sorgerecht aufgeben muß, um so dem Kind zwei legale Elternteile zu geben.
Mittlerweile kommen auch schon >Sorgerechtsfälle< bei >lesbischen Scheidungen< vor. Wenn ein lesbisches Paar durch Spender-Insemination ein Kind bekommt, die Beziehung jedoch später zu Ende geht, muß über die Rechte der nicht-biologischen Mutter entschieden werden. Bei einer Entscheidung in Kalifornien wurde kürzlich einer nicht-biologischen Mutter das Umgangsrecht abgesprochen. Während ich dies schreibe, stelle ich überrascht fest, wie restriktiv das Rechtssystem immer noch ist. Dennoch habe ich oft den Eindruck, daß der juristische Status zwar wichtig und die schwer erkämpften Siege entscheidend sind, die Gesetzesrealität sich jedoch in unseren Diskussionen bedrohlicher ausnimmt als alles andere.
Lesbische Mütter und die Lesbengemeinschaft
Nach den Anonymen Alkoholikerinnen und ihrem Zwölf-Schritte-Programm, mit dem enorm viele von uns clean und trocken werden und sogar von Kaffee und Zigaretten wegkommen, ist die größte Bewegung innerhalb der Lesbengemeinschaft die lesbische Mütterbewegung. Während in den siebziger Jahren viele Lesben dachten, sich mit ihrem Coming-out von einem Leben mit Kindern verabschieden zu müssen, ist es heute in jeder lesbischen Beziehung üblich zu überlegen, wie die Partnerinnen zur Frage von Kindern stehen.
Nicht jede hat Kinder, aber mehr und mehr Lesben in den Dreißigern spüren, daß sie eine Entscheidung treffen müssen, ob sie Mutter werden wollen oder nicht, und viele haben eine Freundin, die ein Baby hat oder bekommt. Ist es zu glauben, daß vor dreizehn Jahren keine von uns wußte, was sie dem Baby einer Lesbe schenken sollte?
Anfang der siebziger Jahre wurden Lesben, die erwogen, Mutter zu werden, des öfteren kritisiert, all ihre Energie den Kindern zukommen zu lassen, anstatt den anderen Lesben in der Gemeinschaft. Für mich trifft das zum Teil zu, ich gehe zu weniger Treffen und Veranstaltungen, aber ich habe auch den Eindruck, daß mein Politikverständnis sich durch das Mutter-Sein vertieft und gefestigt hat. Ich bin zorniger geworden.
Es ist eingewandt worden, Lesben mit Kindern würden heterosexuelle Privilegien genießen. Es ist so, daß Fremde uns und unsere Kinder oftmals anlächeln weil sie annehmen, wir seien heterosexuell, aber zugleich ist es hart, nicht als das angesehen zu werden, was wir sind: lesbische Mütter. Wenn wir einen gemeinsamen Nenner mit anderen Eltern finden - denn alle Eltern brauchen ja Unterstützung -, dann leisten wir wichtige Arbeit für die gesamte Lesben- und Schwulengemeinschaft: Wir werden zu Dolmetscherinnen und Trainerinnen für die heterosexuelle Welt. Dies ist politische Arbeit, und wir leisten sie in unserem Wohnviertel, an den Schulen und unseren Arbeitsplätzen. Obwohl es heute so viele lesbische Mütter in der Bay-Region gibt, daß keine Lesbe von diesen Fragen unberührt bleibt, nehme ich an, daß Lesben mit Kindern und Lesben ohne Kinder immer noch einen unterschiedlichen Lebensstil haben. Zum Beispiel kann ich mich kaum erinnern, seitdem ich Mutter geworden bin, morgens einmal bis zehn Uhr geschlafen zu haben: Ich stehe jeden Tag spätestens um sieben Uhr auf. Wenn ich um zehn Uhr eine kinderlose Freundin anrufe, um gemeinsame Pläne zu machen, ist mein Tag bereits in vollem Gange. Ich finde es jedoch notwendig, meine Kraft so einzuteilen, daß ich abends noch genug Energie habe, um die Kinder ins Bett zu bringen.
Söhne erziehen
Anfang der siebziger Jahre hatten die Söhne von Lesben und auch von heterosexuellen Feministinnen oft unter gedankenlosen männerfeindlichen Bemerkungen zu leiden. Es war schwer für sie, als die Frauen in ihrer Umgebung versuchten, sich aus den traditionellen, unterdrückerischen Frauenrollen zu lösen. Als ich Mitte der Siebziger beschloß, schwanger zu werden, zogen sehr viele lesbische Mütter Mädchen vor. Auch ich wünschte mir eine Tochter. Es wurde viel davon gesprochen, eine Amniozentese zu machen, um zu sehen, ob es ein Mädchen oder ein Junge sein würde, und einen Abbruch vornehmen zu lassen, wenn es ein Junge wäre.[4] Viele machten den Test, aber ich habe niemals gehört, daß eine einen Jungen abgetrieben hätte.
Vielleicht haben es die durch künstliche Befruchtung entstandenen Söhne leichter gehabt als andere, weil die meisten Mütter zu der Zeit, als sie schwanger wurden, wirklich sicher waren, daß sie ein Kind wollten, auch einen Jungen. Als mein Sohn gerade geboren war, wurde mir oft hintenrum über die Enttäuschung von Freundinnen berichtet. Einige Freundinnen verschwanden aus meinem Leben, andere änderten ihre Meinung und finden heute meinen ältesten Sohn wunderbar. Seit Anfang der siebziger Jahre hält sich das Gerücht, daß es wahrscheinlicher ist, durch künstliche Befruchtung einen Jungen als ein Mädchen zu bekommen. Meines Wissens sind mindestens 40% der durch künstliche Befruchtung entstandenen Kinder Mädchen. Ich nehme an, das Gerücht ist eher Ausdruck unserer Angst, Jungen aufzuziehen, die sich gegen uns wenden könnten - was uns sicher das Herz brechen würde.
Gestern sagte ich meinem ältesten Sohn (13): »Wenn ich all die Arbeit, die ich mache, bezahlt bekäme, könnten wir uns mehr leisten.« Ich dachte dabei an die viele unbezahlte Arbeit als Fotografin. Er meinte: »Ja, zum Beispiel, wenn du all dein Bemuttern bezahlt bekämst.« Es sind Bemerkungen wie diese, die mir das Gefühl geben, als Mutter etwas richtig gemacht zu haben. Könnte irgendjemand Jungen besser zur Achtung vor Frauen erziehen als Lesben?
Alleinerziehende Mütter und Mütterpaare
Es gibt einen bemerkenswerten Unterschied zwischen den lesbischen Müttern, die alleinerziehend sind, und denen, die beschließen, als Paar ein Kind aufzuziehen. Die Situation kann sich natürlich verändern, ganz gleich wie jemand anfängt. Es ist verblüffend, in welchem Maße selbst in der Lesbengemeinschaft das Kernfamilienmodell als Norm für die >richtige< Familie im Hintergrund lauert - selbst unter Lesben, die förderndere Strukturen für ihre Kinder schaffen wollen als die, in denen wir selbst aufgewachsen sind. Ich meine, daß zwei Leute in keinem Fall reichen, um ein Kind aufzuziehen. Alle Eltern brauchen Freundinnen und unterstützende Gruppen der verschiedensten Art. Das Elternforum der Lyon-Martin-Klinik hat vor kurzem ein Treffen für alleinerziehende Eltern veranstaltet. Es war sehr bestätigend und stärkend mit etwa hundert Lesben und eine paar Schwulen zusammenzutreffen, die alle alleinerziehend sind. Es mag sein, daß manche von uns sich besser zur >alleinerziehenden Mutter< eignen, natürlich mit Unterstützung anderer, und manche von uns als Teil eines Paares besser zurechtkommen. Ich entschied, mein erstes Kind als alleinerziehende Mutter zu bekommen. Später, in den acht Jahren, in denen ich die Kinder zusammen mit meiner Geliebten aufzog, wurde mir bewußt, daß ich nicht von der Vorstellung lassen konnte, ich sei die einzig Verantwortliche. Schließlich kam ich zu dem Ergebnis, ich könne mich selbst als die letztlich Verantwortliche sehen, und die Kinder könnten zwei Mütter haben. Es ist ein bißchen widersprüchlich, aber es funktioniert. Heute ist die Co-Mutter meiner Kinder meine Ex-Geliebte, und ich bezeichne mich als >Teilzeit-Alleinerziehende<. Die Kinder wechseln alle zwei Tage zwischen ihren beiden Müttern hin und her. Wenn sie bei mir sind - zwei, die von einer müden Mutter Aufmerksamkeit wollen, fühle ich mich sehr alleinerziehend.
Mutter-Sein und Isolation
Ich liebe meine Jungen leidenschaftlich und würde mir kein Zurück zu einer anderen Entscheidung wünschen, was mir aber immer wieder zum Problem wurde, ist die Isolation. Was hat es nur mit dem Mutter-Sein auf sich, daß es selbst Lesben mit vielen Kontakten in die Isolation treibt? Können es einfach die vielen Stunden Arbeit im Haus und außer Haus sein? Oder ist es der allgemeine Mangel an Unterstützung für Eltern in der gesamten Kultur?
Als mein ältester Sohn im Krabbelalter war, hatten wir drei Jahre lang Kontakt zu anderen lesbischen Müttern und ihren Kindern, mit denen wir uns zu einer Selbsthilfegruppe zusammenschlossen.
Wir trafen uns alle vierzehn Tage; die Mütter in einem Haus, die Kinder mit einer bezahlten Betreuerin in einem nahegelegenen anderen Haus. Dann gingen die Kinder in verschiedene Schulen, einige Familien zogen aus der Stadt fort, und die Gruppe löste sich auf. Danach hatte mein ältester Sohn jahrelang abgesehen von seinen Schulkameradinnen kaum Freundinnen in seinem Alter.
Mit einiger Wachsamkeit können wir uns jedoch gegen den unterschwelligen Sog der Isolation wehren. Vor kurzem hat eine der Mütter aus der alten Gruppe eine Gruppe für 11-13jährige Kinder von Lesben ins Leben gerufen. Sie gehen zum Bowling, treiben sich auf der Straße herum und reden darüber, wie es ist, mit lesbischen Müttern aufzuwachsen. Mein Sohn ist darüber hinaus in der Jugendgruppe der Unitarierkirche aktiv geworden. Mein zweiter Sohn ist halb Euroamerikaner von mir und halb Afroamerikaner von seinem Samenspender. Meine Entscheidung für einen afroamerikanischen Spender ist Ausdruck und Erweiterung meines Lebens mit afroamerikanischen Menschen.
Letzten Herbst gründeten wir eine Selbsthilfegruppe für Lesben in multikulturellen Familien. Die Teilnehmerinnen waren vier alleinerziehende Mütter und fünf Paare mit fünf Kindern durch Adoption, acht durch Spenderinsemination und zwei aus Ehen. Vier der Mütter waren Afroamerikanerinnen, vier Euroamerikanerinnen, drei jüdische Euroamerikanerinnen, eine japanische Amerikanerin, eine Latina, eine amerikanische Ureinwohnerin. Die Kinder rannten und kletterten und tobten und aßen miteinander. Obwohl sie einander kaum jemals zuvor gesehen hatten, spürten sie offenbar, daß sie durch gemeinsame Erfahrungen miteinander verbunden sind.
Aus dem Amerikanischen von C. E. Kahler