Die nächsten Schritte

Man kann die Tatsache nicht übersehen, daß sich die Frau noch nicht in beiden Welten »zu Hause« fühlt. Ihre psychologischen Konflikte beruhen auf ihrer wirtschaftlich und sozial unsicheren Stellung. Will man sie vollkommener in unsere Gesellschaft eingliedern, als es bisher geschah, so werden Änderungen in der persönlichen Einstellung von Mann und Frau, Anpassung des Arbeitsmarktes und behördliche Maßnahmen gleichermaßen notwendig sein.
Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, daß in allen drei Bereichen die Angleichung an die sozialen Erfordernisse ständig fortschreitet, wenn auch oft zögernd und nicht koordiniert. Die bereits getroffenen Maßnahmen bilden die beste Ausgangsposition für eine weitere Entwicklung, weil sie oft die rechte Richtung weisen und uns mit einem Vorrat an Erfahrung versehen, aus dem wir schöpfen können. Wir wollen darum über diese Maßnahmen einen kurzen überblick geben.

Die notwendige persönliche Anpassung

Die erforderlichen Änderungen in der Einstellung der Frau sind in vielen Teilen dieses Buches dargelegt oder indirekt berührt worden. Sie können unter den folgenden Punkten kurz zusammengefaßt werden:

  • Planung für die verschiedenen Lebensabschnitte
  • Einstellung zum Beruf
  • Berufswahl

Planung für ein langes und ausgefülltes Leben

In einer so langen Lebensspanne, wie sie die Frau heute unter normalen Umständen erwarten kann, wird das Aufziehen der Kinder kaum mehr als ein Drittel des Erwachsenendaseins in Anspruch nehmen. Die Frau sollte ihr Leben daher als eine Folge von drei Abschnitten ins Auge fassen, deren jeder vorwiegend von einer Aufgabe beherrscht wird: Auf eine Periode der Erziehung und Ausbildung folgen - wenn möglich - Jahre, die dem Aufziehen der Kinder gewidmet sind; diesem wiederum folgt eine Periode, in der die vorangegangene Ausbildung und Erfahrung in größerem Maße für die Gesellschaft eingesetzt wird. Erziehung, Familie und Beruf können in einem Leben zu einem harmonischen Ganzen vereinigt werden, wenn man jedem dieser Bereiche in zeitlicher Folge seinen eigenen Platz zuweist. In der Praxis wird heute oft nach dieser Regel gehandelt, jedoch weniger im Rahmen eines überlegten Lebensplanes als vielmehr aus dem Verlangen nach einer nützlichen und interessanten Betätigung, das Frauen in mittleren Jahren haben. Der Gedanke an eine solche Einteilung des Lebens ist noch zu neu, um als ein natürlicher Rhythmus anerkannt zu werden.
Wenn jedoch die Frau diesen Zyklus von Anfang an vor Augen hätte, könnte sie ihrem Leben einen vernünftigeren Plan zugrunde legen, als sie es jetzt tut. Sie stände nicht mehr unvorbereitet vor der Mitte ihres Lebens. Und sie könnte manche Sorgen und Enttäuschungen vermeiden, wenn sie nicht versuchte, zu viele Dinge auf einmal zu tun - oder fürchtete, wenn sie das eine tue, das andere zu versäumen. Statt dessen könnte sie sich der jeweils vordringlichen Aufgabe widmen, im Bewußtsein dessen, daß sie ein langes Leben zu erwarten hat, in dem sich alle Ziele, in einem Rhythmus, der ihrem Lebensalter und ihrer Konstitution am besten angemessen ist, verwirklichen lassen.

Die Einstellung der Frau zum Beruf

Wenn die Frau in der Gesellschaft einen ihren Fähigkeiten gemäßen Platz einnehmen will, ist es unter anderem wichtig, daß sie eine realistischere Einstellung zu ihrem Beruf hat. Man wird sie in ihrem Beruf nur dann ernst nehmen, wenn sie gelernt hat, ihre Tätigkeit nicht als bloßes Geldverdienen, sondern als ein gagner sa vie zu betrachten, wie die Franzosen es nennen. In einer äußerst interessanten Studie [1] über die berufliche Stellung der Frauen in Frankreich und deren Zusammenhang mit dem Fortbestand der traditionellen Vorstellung von der Aufgabe der Frau erörtern die Verfasser die Tatsache, daß trotz der sehr beachtlichen Mitarbeit der Französin in Industrie, Handel, öffentlichen Diensten und den freien Berufen die meisten Frauen in den untersten Berufsstufen zu finden sind. Sie weisen darauf hin, daß 1950 in den Lehrlingsschulen (centres dapprentissage) die Zahl der Mädchen 55 000 (im Vergleich zu 86 000 Jungen) betrug, und daß von diesen 55 000 Mädchen 35 000 als Schneiderinnen und 11 000 für Büroberufe ausgebildet wurden. In der Metallindustrie, wo die Belegschaften zu 13 vH aus Frauen bestehen, bildet die Zahl der weiblichen Lehrlinge nur 0,37 vH der Zahl der Mechanikerlehrlinge und 0,63 vH der elektrotechnischen Lehrlinge. Somit leisten die Frauen in den meisten Industriezweigen ungelernte oder angelernte Arbeit, und zwar vor allem darum, weil ihre Arbeit und ihr Verdienst als Nebenbeschäftigung zu ihrem Familienberuf angesehen werden.
Ein treffendes Beispiel für die fortlaufende Vergeudung beruflicher Ausbildung liefern in Frankreich die Pharmakologen. An den Studierenden dieser Fachrichtung haben die Frauen den größten Anteil (53,5 vH im Jahre 1950); unter den im Beruf stehenden Apothekern stellen sie nur 22 vH. Selbst wenn die jetzige Generation der Studierenden besser abschneiden sollte, ist es doch sehr enttäuschend, daß auf einem Gebiet von so großer Bedeutung für die Allgemeinheit die Arbeit der Professoren und die Beschaffung teurer Laboratoriumsausrüstungen so wenig bleibenden Gewinn einbringt.
Der erste Punkt, der den jungen Mädchen eindrücklich vor Augen geführt und von den Berufsberatern ganz besonders betont werden sollte, ist folglich der, daß es für sie besser ist, ihren Beruf ernst zu nehmen als ihn unter dem Vorbehalt zu ergreifen: »Natürlich kann ich jederzeit ausscheiden, wenn ich heirate.« Die Frauen würden ein viel wertvollerer Bestandteil des Arbeitsmarktes sein und dementsprechend auch mehr Aussichten haben, wenn es mehr von ihnen gäbe, die den größten Teil ihres Lebens ernsthaft ihrem Beruf widmeten, wobei eine Unterbrechung von einigen Jahren durchaus zugestanden werden kann.

Berufswahl

Ein zweiter, gleich wichtiger Punkt ist der, daß in Zukunft die Frauen mehr mit dem Herzen dabei sein sollten, wenn sie eine Berufslaufbahn wählen. Ihre Wahl muß natürlich in erster Linie von ihrer Begabung und Neigung sowie den ihnen offenstehenden Möglichkeiten abhängen. Innerhalb dieses Spielraums sollten die Mädchen jedoch mehr als die Jungen ihre Aussichten vor dem Hintergrund ihrer zukünftigen Verantwortung für eine Familie sehen. Diese Forderung wird vom praktischen gesunden Menschenverstand diktiert - obgleich dies für manche Idealistin, die eine vollkommene und unbedingte Gleichberechtigung der Geschlechter erhofft hatte, enttäuschend sein mag. Wenn die Benachteiligung der Frau, der man noch immer in vielen Berufszweigen begegnet, beseitigt werden soll, müssen die Frauen mit den Männern unter gleichen Bedingungen in Wettbewerb treten können. Dabei ist die Fähigkeit, auf lange Sicht Pläne zu machen, einen gewählten Beruf auch auszuüben und für die Zeit und das Geld, die in die Ausbildung gesteckt wurden, eine Gegenleistung zu erbringen, von besonderer Bedeutung.
Die Frauen könnten auf ihrem Wege zur Emanzipation ein entscheidendes Hindernis umgehen, wenn sie Beschäftigungen wählten, die sie nach ihrer Heirat fortführen oder nach einer mehrjährigen Unterbrechung wieder aufnehmen können. Dies braucht nicht auf eine neue Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern hinauszulaufen. Noch weniger würde es den Verzicht auf das weibliche Ideal der Gleichberechtigung bedeuten, denn »gleiche Chancen« gehören untrennbar zu unserer demokratischen Ideologie. Aber es hat keinen Zweck, unsere Augen vor den Tatsachen des Lebens zu verschließen, um einem reinen Ideal nachzujagen. Es kann durchaus sein, daß die weiblichen Ideale nach den Erfahrungen von Vergangenheit und Gegenwart heute gewisser Einschränkungen bedürfen. So wurde zum Beispiel den emotionalen Bedürfnissen der Frau von den ersten Frauenrechtlerinnen nicht genügend Beachtung geschenkt. Ihre Forderung nach dem Recht auf Arbeit und eigenen Besitz für die Frau hat das ebenso wichtige Recht der berufstätigen Frauen, zu heiraten und Kinder zu haben - sofern sie es wollen - überschattet. Es muß erkannt und offen zugegeben werden, daß alle unsere demokratischen Ideale Gefahren mit sich bringen. Untersuchungen von gleichem Wert wie Erich Fromms Fear of Freedom (Die Furcht vor der Freiheit) könnten und sollten über die gesellschaftlichen und psychologischen Probleme geschrieben werden, die den Idealen der Gleichheit und Brüderlichkeit ebenso wie dem der Freiheit innewohnen. Die Folgerung, die man aus der Einsicht in die gegebenen Schwierigkeiten ziehen sollte, besteht gewiß nicht in der Preisgabe dieser Ideale, sondern darin, die Gefahren ins Auge zu fassen und zu versuchen, sie zu überwinden.
Den Mädchen, die eine besondere Begabung und ein überragendes Interesse für die traditionell männlichen Berufe zeigen, darf gewiß nicht der Mut genommen werden, ihren Neigungen zu folgen. Es wäre zum Beispiel falsch, eine Frau, die sich zur Rechtsanwältin berufen fühlt, zu überreden, sich als Fröbelsche Kindergärtnerin ausbilden zu lassen, nur weil sie hoffte, bei passender Gelegenheit zu heiraten und wenn möglich Kinder zu bekommen. Auf diese Weise kann eine Frau, die andernfalls eine brauchbare oder gar ausgezeichnete Rechtsanwältin geworden wäre, für den Rest ihres Lebens dazu verurteilt sein, eine mittelmäßige und innerlich unzufriedene Kindergärtnerin abzugeben, wenn sich ihre Hoffnung auf eine etwaige Flucht in die Ehe nicht erfüllt hat. Und es ist jedenfalls eine grausamere Enttäuschung, alle Hoffnung auf die F-he gesetzt zu haben und sie dann nicht verwirklichen zu können, als eine vielversprechende Karriere im Falle einer Heirat aufgeben zu müssen. Die Mehrzahl aller Mädchen fühlt sich jedoch nicht zu einem bestimmten Beruf gedrängt. Ihre geistigen und manuellen Fähigkeiten können in der Regel auf jedem der mannigfaltigen Gebiete genutzt werden, für das ihr Interesse geweckt wird. Dies sind die Mädchen, die eine Berufsberatung brauchen und dabei in die hier angedeutete Richtung gewiesen werden sollten. Wenn dabei im Endergebnis viele Frauen vernünftigerweise einen der traditionellen weiblichen Berufe wählten würden, schadete dies nach unserer Meinung keineswegs der »Sache der Frau«, wie es manche eifrige Frauenrechtlerin der älteren Schule wohl glauben mag. Offensichtlich eignen sich nicht alle Berufe gleich gut für eine Verbindung mit dem Familienleben. Berufe, die viele Reisen notwendig machen, die lange oder unregelmäßige Arbeitszeiten mit sich bringen oder besonders diffizile Fertigkeiten erfordern, die in Zeiten, in denen sie nicht angewandt werden, verlorengehen können, sind in dieser Hinsicht ungeeignet. Berufe, wie der einer Chirurgin oder Diplomatin, lassen sich nur schwer mit der Verantwortung für eine Familie vereinbaren.
Dennoch bleibt für die Wahl der einen oder anderen Berufsart ein weiter Spielraum. An dem einen Ende dieser Skala steht der Berufstyp, der viele Jahre hindurch tagaus, tagein die Zeit des in ihm Tätigen völlig in Anspruch nimmt. Wenn solche Berufe manchmal von Männern ohne Rücksicht darauf gewählt werden, daß sie dem Familienleben kaum Raum lassen, so können sie auch von Frauen ergriffen werden, aber nur dann, wenn sie bereit sind, unter gleichen Bedingungen wie die Männer zu arbeiten.
Das andere Extrem bilden Tätigkeiten, die so leicht mit Ehe und Mutterschaft zu verbinden sind, daß die Frau, um es bildlich auszudrücken, sie »mit einer Hand an der Wiege« ausüben kann. Das Lehramt zum Beispiel, vor allem in Kindergarten und Grundschule, scheint dem Ideal am nächsten zu kommen, weil die Arbeitszeit für Mutter und Kinder mehr oder weniger die gleiche ist: Sie können zusammen zur Schule gehen, ihre Ferien fallen zeitlich zusammen, und bei ihrer Arbeit kann ihnen ein gemeinsames Interesse wechselseitig helfen.
Nicht viele Berufsarten sind so gut auf junge Ehefrauen zugeschnitten, aber es gibt doch verschiedene Tätigkeiten, die sie ohne Bedrängnis für sich selbst und ohne üble Auswirkungen auf ihre Familie ausüben können, beispielsweise die Betreuung eines privaten Kindergartens, die Leitung eines in der Nähe gelegenen Geschäftes, die Bedienung einer Tankstelle und verschiedene Arten der Heimarbeit - von der Schneiderei, der Anfertigung von Lampenschirmen oder Einzelteilen für die Industrie, von Strumpfreparaturen oder Maschineschreiben bis zum Korrekturlesen, zum Übersetzen und zu literarischem oder künstlerischem Schaffen. Es ist jedoch richtig, daß viele geistige Berufe einen Grad der Konzentration erfordern, den man nur schwer aufbringt, wenn die laufenden häuslichen Verpflichtungen ebenfalls Aufmerksamkeit erheischen. Obgleich die Frau bei schriftstellerischer Tätigkeit oder bei Forschungsarbeit zu Hause mehr als in anderen Berufen Gelegenheit hat, ihre kleinen Kinder zu versorgen, wird sie, sofern sie im Haushalt über keine Hilfe verfügt, eine eiserne Entschlossenheit brauchen, um ihren Arbeitsplan einhalten zu können. Es ist gewiß leichter, die Mutterschaft mit einer Nadelarbeit als mit dem Schreiben von Romanen zu verbinden.
Zum Glück liegen bei den meisten Arbeitsgebieten die mannigfachsten Berufe zwischen den beiden Extremen, so daß die Frauen unter ihnen wählen können, um ihre Zukunftspläne mit ihren persönlichen Verhältnissen in Ein klang zu bringen.
Abgesehen von den vielen traditionell weiblichen Tätigkeiten, wie Sozialfürsorge, Krankenpflege, Schneidern, Kochen, Leitung von Hotels, Restaurants oder Heimen, Kinderbetreuung usw., gibt es einige, in den meisten Ländern als typisch männlich geltende Beschäftigungen, wie die eines Immobilienmaklers, Hausverwalters und andere, die sich relativ leicht mit den Pflichten gegenüber der Familie verbinden lassen und die Kenntnisse verlangen, für die die Erfahrung in der Haushaltsführung einen Gewinn bedeutet. Sie sollten sich daher als Berufe speziell für Frauen mittlerer Jahrgänge gleichfalls empfehlen. Dagegen bietet der Beruf der Stenotypistin, der zur Zeit so viele weibliche Arbeitskräfte aufnimmt, für Frauen mit Heiratsabsichten auf die Dauer nur mäßige Aussichten. Diese Art Tätigkeit ist bei der Haushaltsführung nicht zu verwenden, und die manuelle Fertigkeit leidet unter einer längeren Pause. Und obgleich man einen gewissen Teil an Schreibarbeit nebenberuflich oder in Form einer Halbtagsarbeit leisten kann, wenn eine ganztägige Beschäftigung als Sekretärin nicht mit den häuslichen Verpflichtungen in Einklang zu bringen ist, erscheint die Menge der auf nebenberuflicher Grundlage verfügbaren Arbeit unendlich klein im Vergleich zu der großen Anzahl von Frauen, die sie übernehmen möchten und könnten.

Erhaltung und Verbesserung von beruflichen Fertigkeiten

Die Jahre, die die Frau zu Hause mit der Betreuung ihrer Familie verbringt, braucht man nicht als für die übrige Gesellschaft verloren zu betrachten, sofern die Frau während dieser Zeit zugleich bemüht bleibt, ihre beruflichen Fertigkeiten zu erhalten. Die Zeit, die ihr die Hausarbeit und ihre Kinder übriglassen, kann mit großem Nutzen zu Studien und für die Vervollkommnung ihres beruflichen Könnens verwandt werden. Vorträge, Clubabende, Fachzeitschriften-Abonnements, Radiosendungen, Fernkurse und Lektüre verschaffen dazu nützliche Gelegenheiten, wenngleich bis jetzt nur wenige Frauen davon systematisch Gebrauch machen. Die Gelegenheiten sind aber noch lange nicht umfassend genug, und, was schlimmer ist, die Frauen sind sich noch nicht darüber klar geworden, daß sie sich an der Gesellschaft versündigen, wenn sie das in sie investierte Kapital beruflichen Könnens vergeuden. Eine zunehmende Anzahl von ihnen erwacht jedoch schon zu dieser Erkenntnis und versucht, sich auf jene späteren Lebensjahre, in denen es sie nach einer Zeit und Denken ausfüllenden Beschäftigung verlangen wird, vorzubereiten. Eine von diesen Frauen faßte die Gründe, die sie zum Besuch einer Abendschule bestimmten, wie folgt zusammen.- »Die Aussicht, entweder Verkäuferin zu werden oder meine Tage in Frauenclubs zu verbringen, ist zu schauderhaft, als daß ich sie in Betracht ziehen könnte. Außerdem wird mein Marin, wenn meine Kinder einmal aus dem Gröbsten heraus sind, mir geistig weit voraus sein, wenn ich midi nicht bemühe, durch geistiges Training mit ihm Schritt zu halten.« Wenn eine solche Einstellung zu den »Familienjahren« sich mehr verbreitete und wenn die Frau sich weigerte, »beiseitegelegt« zu werden, sobald sie eine Familie hat, würde das gewiß dazu beitragen, den Hausfrauen und den Frauen ganz allgemein eine weniger beschwerte, zufriedenere und selbstbewußtere Haltung zu geben.
Hier liegt eine Aufgabe für die Frauenorganisationen. Sie nämlich könnten das Berufsethos der verheirateten Frauen durch die Einführung und Organisierung von Übungskursen lebendig erhalten und damit ihre Mitglieder anspornen, ihr Wissen zu vertiefen und ihr berufliches Können nicht verrosten zu lassen. Gleichzeitig würden sie denen, die sich dazu eignen, Gelegenheit geben, das eigene Wissen anderen mitzuteilen. Einige dieser Organisationen sind über das ganze Land verbreitet und haben auch in kleineren Gemeinden Zweiggruppen. Sie vermögen auch gerade jene Frauen zu erreichen, denen die Möglichkeiten der Großstadt nicht zugänglich sind.
Frauenschulen und Fortbildungsschulen könnten ebenfalls dabei behilflich sein - nicht nur, indem sie ihren Schülerinnen ein Berufsethos einprägen, sondern auch durch Übungs- und Wiederholungskurse für »Mütter außer Dienst«, nämlich Frauen, die nach mehrjähriger Pause wieder ihren Beruf aufnehmen wollen. Es bestehen viele Institute für Erwachsenenbildung, die auf allen möglichen Fachgebieten Gelegenheit zu praktischer wie auch theoretischer Ausbildung geben. Sie würden den Frauen und der Gesellschaft einen Dienst erweisen, wenn einige ihrer Abendklassen sich um die besonderen Bedürfnisse verheirateter Frauen bemühten, die sich auf die spätere Wiederaufnahme ihrer erlernten Berufe vorbereiten wollen. Einige Organisationen haben auch erfolgreiche Versuche mit Familien-Sommerschulen gemacht, in denen die Eltern Vorträge besuchen können, während die Kinder von ausgebildetem Personal betreut werden. Das »Sommerinstitut für Familie und Gemeinschaftsleben« (Summer Institute for Family and Community Living) am Vassar College, New York, ist vielleicht das bekannteste und fortschrittlichste dieser Art. Dabei ist es nicht das einzige. Auch in Großbritannien gibt es eine Reihe von Familien-Sommerschulen, die vom Arbeiterbildungsvereinen (Worker's Educational Association) und einer Vielzahl kirchlicher Organisationen aufgezogen wurden. Ähnliche Kurse für Ehepaare gibt es in Schweden; in ihnen werden neben einer Reihe von allgemeinen Fächern auch häusliche und Familienprobleme erörtert.
Solche und andere Lehrgänge bieten Gelegenheiten, die von verheirateten Frauen weitgehend in Anspruch genommen werden sollten, wenn sie Wert darauf legen, geistig beweglich zu bleiben und ihren Horizont zu erweitern. Hervorragende Beispiele liefern die »Weiterführenden Bildungspläne« (Continuing Education Schernes), die viele amerikanische Colleges aufgestellt haben. Diese verbinden Universitätsbildung mit beruflichem und kulturellem Stoff und sind speziell auf die Bedürfnisse von verheirateten Frauen abgestellt, die sich nach einer »zweiten Chance« umsehen.
Die Gewerkschaften könnten ebenfalls eine wichtige Rolle dabei spielen, das Interesse der Frauen an ihrem Beruf wachzuhalten, indem sie für junge Frauen auf »Familienurlaub« Sonderkurse einrichten; auch sollten sie sich zu einer Satzungsänderung bereitfinden und solchen Frauen zu ermäßigten Beiträgen die Mitgliedschaft ermöglichen. Sie könnten so das Interesse der Frauen an der Gewerkschaftsorganisation steigern, das im allgemeinen weit unter dem der männlichen Kollegen liegt, obgleich sich die Zahl der weiblichen Mitglieder seit Kriegsende beträchtlich erhöht hat. Da die Nachfrage nach gelernten Arbeitskräften in allen hochindustrialisierten Ländern ansteigt, ist es kaum zweifelhaft, daß sich die Möglichkeiten der Berufsausbildung nicht nur für Schulabgänger, sondern auch für Frauen in reiferen Jahren ausweiten werden.

Partnerschaft im Haushalt

Die Liste der notwendigen Wandlungen in der persönlichen Einstellung der Ehepartner wäre unvollständig, wenn sie nicht auf einige Änderungen hinwiese, die sich im Denken und in den Gewohnheiten des Mannes vollziehen müssen. Dazu gehört vor allem die Einsicht, daß die patriarchalische Familie, in der die Aufgaben geteilt sind zwischen einem sorgenden, schützenden Vater und einer haushaltenden, ergebenen Mutter, sich überlebt hat - auch wenn sie zu ihrer Zeit noch so befriedigend funktioniert haben mag. Es ist heute nicht mehr das Monopol des Mannes, den Lebensunterhalt zu verdienen, und die Versorgung des Haushalts sollte nicht länger das Monopol der Frau sein.
Die meisten Männer können sich jedoch nur schwer an diesen Gedanken gewöhnen, und man hat sie nicht dazu erzogen, mit den praktischen Folgen fertigzuwerden. Viel zu viele glauben immer noch, ihre Selbstachtung verlange es, daß sie allein ihre Familie ernähren; viel zu viele verlassen sich darauf, daß die Frau ihnen die täglich wiederkehrenden Arbeiten für ihre persönlichen Lebensbedürfnisse abnimmt. Die Jungen sollten in der Schule, ebenso wie die Mädchen, mit den verschiedenen Hausarbeiten vertraut gemacht werden, wie es in Schweden bereits geschieht. Dies ist der Preis, für den sie ihre Unabhängigkeit von Köchinnen, Putzfrauen und jemandem, der ihre Kleidung in Ordnung hält, erkaufen können. Man sollte ihnen tief einprägen, daß für den Haushalt Mann und Frau gemeinsam verantwortlich sind.
Heutzutage glauben wir, daß Eheleute Partner sind; dies ist die einzige Form der Ehe, die mit der demokratischen Gedankenwelt zu vereinbaren ist. Aber die unselige Verbindung des Ideals der Partnerschaft mit dem Fortbestehen der patriarchalischen Familie hat zu vielen Reibungen geführt und die heutige Ehegemeinschaft einer schweren Belastung ausgesetzt. Diese Spannung wird nur dann überwunden werden, wenn zwischen den Eheleuten eine gerechtere Verteilung von Arbeit und Muße erfolgt, wenn sie eine gemeinsame Interessenebene finden, und wenn sie die Verantwortung für Heim und Familie zusammen tragen.
Die psychologischen Voraussetzungen für eine neue Familienform sind bei den jungen Paaren im Wachsen begriffen. Die Berufstätigkeit der Frau, verbunden mit dem Mangel an Haushaltshilfen, hat zahlreiche Ehemänner in Küche und Kinderstube geführt. Das trifft insbesondere auf Akademiker- und Mittelstands-Familien zu. Bei der heutigen Arbeitszeit, die sich oft noch um erhebliche Anfahrtszeiten verlängert, entsteht die neue Partnerschaft im Haushalt weit häufiger im Zeichen von Plackerei und Müdigkeit als in jenem glücklichen Zusammenwirken und einer Art »schöpferischer Familienarbeit«, die wir erhoffen. Diese negativen Verhältnisse sind, wie wir glauben, vorübergehend; sie kennzeichnen die augenblickliche Übergangszeit. In Gebieten, wo die Berufstätigkeit verheirateter Frauen eine lange Tradition hat, wie zum Beispiel in Bezirken mit viel Textilindustrie, sind diese Schwierigkeiten schon heute nicht mehr akut. »Hier jedoch gibt es günstige Gemeinschaftseinrichtungen«, schreibt Dame Mary Smieton, damals Unterstaatssekretärin im Arbeitsministerium.[2] »Das öffentliche und das soziale Leben ist so eingerichtet, daß es den Gegebenheiten Rechnung trägt, denn bei der weitverbreiteten Berufstätigkeit der verheirateten Frauen sind diese sowie ihre Familien unbewußt in rationellen Methoden der Haushaltsführung geübt.« Es liegt nahe, hieraus zu schließen, daß ähnliche Anpassungen überall dort erfolgen werden, wo die Berufstätigkeit verheirateter Frauen sich ausbreitet.

Anpassung auf dem
Arbeitsmarkt

Bei einer Fortdauer der Vollbeschäftigung und der augenblicklichen Bevölkerungsentwicklung wird es nötig sein, auf alle irgend verfügbaren Arbeitskraftreserven zurückzugreifen. Zu diesen gehören in erster Linie die verheirateten Frauen. Viele von ihnen brennen darauf, berufstätig zu sein, und viele andere wären auch dazu bereit, wenn es ihnen erleichtert würde, ihre Familienpflichten mit einem außerhäuslichen Beruf zu verbinden. Man sollte ihnen helfen, sich selbst zu helfen. Auf lange Sicht hinaus wird wahrscheinlich die wirtschaftliche Notwendigkeit eindringlicher als alle in diesem Buch betonten sozialen Argumente die Arbeitgeber und die amtlichen Stellen davon überzeugen, daß etwas geschehen muß in bezug auf Arbeitsstunden, Ausbildungskurse und Einführung von Sozialeinrichtungen, um der verheirateten Frau die Annahme einer Beschäftigung zu ermöglichen. In Friedenszeiten sollte es leichter sein als im Krieg, solche Maßnahmen zu treffen, auch wenn das Bedürfnis nach ihnen weniger dringlich empfunden wird.

Teilzeitarbeit

Im Hinblick auf den sehr verbreiteten Wunsch verheirateter Frauen nach einer Erwerbstätigkeit wird die Teilzeitarbeit von vielen als Lösung dieses Problems befürwortet. Die Teilzeitarbeit bietet den Frauen tatsächlich zahlreiche Vorteile. Sie ermöglicht es ihnen, mit dem Arbeitsgebiet in Verbindung zu bleiben, für das sie ausgebildet worden sind. Sie erlaubt den Müttern, von der Arbeit zurück zu sein, wenn ihre Kinder aus der Schule kommen. Sie unterbricht die Eintönigkeit unablässiger Hausarbeit, ohne dabei das tägliche Arbeitspensum allzusehr zu beeinträchtigen. Sie hilft, eine gewisse Arbeitsdisziplin zu bewahren, an der es im Tagesablauf einer Hausfrau oft fehlt, so daß es ihr später schwer werden könnte, nach jahrelangem Aussetzen die Zeit wieder straff einteilen und mit anderen beruflich zusammenarbeiten zu müssen.
Aus all diesen Gründen scheint die Teilzeitarbeit eine gute Übergangslösung für jene Frauen zu sein, die später wieder ganz in ihren Beruf zurückkehren möchten. Wenn man die Teilzeitarbeit als eine Art von verlängertem Wiederholungskursus betrachtet, mag sie einige Opfer nicht nur seitens der Frau, sondern auch seitens des Arbeitgebers wert sein. Als eine dauernde Beschäftigungsart für verheiratete Frauen erscheint sie uns dagegen weder brauchbar noch erwünscht; es besteht zudem die Gefahr, daß durch eine Überbewertung dieser Beschäftigungsart durch manche Stellen als »die« Lösung des Problems der verheirateten Frau im Beruf, schließlich die Frauen in eine Sackgasse gelockt werden. Denn die meiste Arbeit in unserer Gesellschaft ist so organisiert, daß sie wöchentlich einen 40 bis 48 stündigen Einsatz verlangt. Mit Ausnahme von einigen besonderen Arbeitsgebieten, in denen die Teilzeitarbeit einem echten Bedürfnis [3] entspricht, hat sie nur Hilfs- oder Ergänzungscharakter neben der normalen Arbeitswoche. Es kann natürlich zutreffen, daß bei vielen Beschäftigungsarten - zumal mit Routine-Charakter - zwei Personen, die jeweils eine halbe Schicht arbeiten, jede für sich mehr leisten als eine Person, die den ganzen Tag arbeitet. Es wäre jedoch aus Gründen, die in anderem Zusammenhang genannt wurden, vollkommen unrealistisch, zu erwarten, daß der Arbeitgeber die Arbeit zwischen zwei Arbeitskräften aufteilen wird, solange er eine Person für die volle Arbeitszeit bekommen kann. Die Anzahl der verfügbaren Teilzeitstellen wird zwangsläufig immer begrenzt bleiben. Auch werden die sozialen Anpassungsmaßnahmen, die nötig sind, um der Frau das Verbleiben im Beruf zu ermöglichen, kaum gemacht werden, wenn die Frau weiterhin nur als Hilfskraft und nicht als vollwertige Arbeitskraft angesehen wird. Die Schwierigkeiten jener verheirateten Frauen, die Beruf und Familie zu vereinbaren suchen, werden damit verewigt.

Längerer Urlaub bei Mutterschaft

Es ist eine dringende Forderung an alle Arbeitgeber, die Frauen beschäftigen, sie eine gewisse Zeit vor und nach der Geburt zu beurlauben, und es gibt in allen Ländern die entsprechenden Bestimmungen. Sie werden hier nicht einzeln angeführt, weil die Unterschiede in der Länge der Schutzfrist in den verschiedenen Ländern ohne größere Bedeutung sind. In jedem Falle ist eine Mindestzeit gesetzlich festgelegt, die man als notwendig erachtet, um die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen.
Der Mutterschutz ist vor einiger Zeit wieder im Internationalen Arbeitsamt (I.L.O.) erörtert worden, wobei die Mutterschutz-Konvention von 1919 revidiert wurde. Eine erhebliche Ausdehnung der geltenden Schutzfrist vor und nach der Entbindung wurde nicht vorgeschlagen. Die meisten Regierungen erstrebten eine größere Beweglichkeit bei der Verteilung des Zwölf-Wochen-Urlaubs, der bisher auf Grund der Konvention zu gleichen Teilen vor und nach der Geburt des Kindes zu gewähren ist. Ganz allgemein wurde befürwortet, den überwiegenden Teil des Urlaubs lieber nach der Entbindung zu gewähren als vorher; das beweist einen Wandel in der sozialen Einstellung, weil damit nicht mehr die schwangere Frau, die heutzutage allgemein bei guter Gesundheit ist und vor der Niederkunft freie ärztliche Betreuung genießt, sondern das Wohl des Säuglings im Vordergrund steht. Dieses Wohl sah man jedoch noch im Jahre 1952 hauptsächlich im Stillen, weit mehr jedenfalls als in dem allgemeinen Anspruch des Säuglings auf die Anwesenheit der Mutter, die für die seelische Gesundheit und glückliche Entwicklung des Kindes so sehr zu wünschen ist. Vom Standpunkt der Familie aus sind die heutigen Bestimmungen noch keineswegs ideal. Ein Mutterschaftsurlaub von einem Jahr oder auch von zwei Jahren wäre eher angemessen. Wir schlagen nicht vor, die Urlaubsbestimmungen ganz allgemein gesetzlich zu erweitern oder den Arbeitgebern diese Sonderbelastung aufzubürden; unsere Empfehlung sollte jedoch in einem künftigen Stadium der Gesellschaft, in dem man die Interessen der Familie bei den sozialen Überlegungen im Auge behalten wird, erwogen werden. Wenn man die einzelnen Interessen im Hinblick auf den Arbeitsplatz, das Kind und die Frau sorgfältig gegeneinander abwägt, wird man zweifellos eine längere Unterbrechung der Beschäftigung als die heutige gesetzliche Mindestzeit für durchaus angemessen halten.
In Frankreich sind Bestimmungen über unbezahlten »Sonderurlaub« von unterschiedlicher Länge, über den gesetzlichen Mutterschaftsurlaub hinaus, in zahlreichen kollektiven Abkommen festgelegt worden. Das großzügigste von diesen betrifft Beamtinnen, die bis zu zwei Jahren unbezahlten Urlaub nehmen können, der sich bei jedem Kind erneuert, so daß unter gewissen Umständen z. B. eine Mutter von vier Kindern einen fortlaufenden Urlaub bis zu acht Jahren bekommen kann.
Die Parallele zu dem »Sabbat-Urlaub«[4] könnte in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Man kann aber nicht ehrlich behaupten, daß ein Mutterschaftsurlaub von ein oder zwei Jahren die gleiche anregende Wirkung haben würde - obwohl die Hingebung an diese schöpferische Aufgabe einen vorteilhaften Einfluß auf viele Arbeitsarten ausüben könnte. Der regenerierende Wert eines solchen Berufswechsels oder anderer Ruhepausen müßte noch erforscht werden. Die Annahme, daß Frauen durch das Aufziehen ihrer Kinder nicht nur reiche Erfahrungen gewinnen, sondern auch für spätere Zeiten eine gesteigerte Leistungsfähigkeit erwerben, mag utopisch erscheinen. Es dürfte sich aber eine Erörterung der Frage lohnen, ob nicht die Zeit der Familienpflichten mit der Zeit der Berufspflichten für die Frau in einer Weise in Einklang gebracht werden könnte, die ihre Leistungsfähigkeit und Freude weit mehr steigern würde, als es unter den gegenwärtigen Verhältnissen möglich ist. Das mag dahingestellt bleiben. Wenn es stimmt, worauf neuere Richtungen der Kinderpsychologie hinweisen, daß das Kind ein deutliches seelisches Bedürfnis nach der Anwesenheit der Mutter hat, und zwar während einer längeren Zeit, als es die jetzigen Mutterschutz-Gesetze vorsehen, dann müssen alle, die am Wohl der kommenden Generation interessiert sind, und alle für die Arbeitsbedingungen Verantwortlichen diesen Tatsachen ins Gesicht sehen.

Nachschulung der Frauen über Vierzig für die Wiederbeschäftigung

Wenn uns die Teilzeitarbeit nur als eine vorübergehende Lösung erscheint, welche anderen Möglichkeiten gibt es dann unter den jetzigen Bedingungen?
Da ist einmal die fortgesetzte Ganztagsbeschäftigung, die nur kurze Unterbrechung erfährt, wenn ein Kind geboren wird. Zu einer solchen Verhaltensweise werden viele Frauen aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sein. Auch scheint es in manchen Gegenden unter den Industriearbeiterinnen eine überlieferte Gewohnheit zu sein, die Arbeit nach der Geburt des ersten Kindes fortzusetzen und sie erst aufzugeben, wenn sie das zweite Kind bekommen. Ferner gibt es Frauen, die so sehr an ihrem Beruf hängen, daß sie unglücklich und manchmal sogar verbittert sind, wenn sie ihn aufgeben und sich auf die Häuslichkeit beschränken müssen. Diese Frauen sollten, in ihrem eigenen wie im Interesse ihrer Kinder, sich lieber eine geeignete Vertretung für den Haushalt besorgen und weiter berufstätig bleiben. Sonst könnten die Kinder das Opfer der mütterlichen Ressentiments werden.
Von diesen Fällen abgesehen, hält man es allgemein für wünschenswert, daß die Mutter ihre Zeit ausschließlich den Kindern widmet, zumindest bis sie in einen Kindergarten gehen, und vielleicht sogar länger. Dies würde bei der Durchschnittsgröße der heutigen Familie und bei dem durchschnittlichen Heiratsalter bedeuten, daß die meisten Frauen an die vierzig Jahre alt sein werden, ehe sie ihre unterbrochene Berufslaufbahn wieder fortsetzen können. In diesem Alter ist es jedoch selbst heute ziemlich schwierig, eine neue Arbeit zu finden, obwohl Fachkräfte gesucht und die Arbeitgeber von offizieller Seite angeregt werden, die Altersgrenze dem dauernden Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung anzugleichen. Mit diesen Schwierigkeiten haben Männer wie Frauen zu kämpfen, aber vielleicht sind die Frauen in einem stärkeren Maße davon betroffen. Die Befürchtung, daß mit Frauen mittleren Alters schwer umzugehen sei, ist weitverbreitet; und die Tatsache, daß sie ziemlich lange aus der Übung sind, ist neben ihrem Alter noch ein weiteres Handikap.
Eine Antwort hierauf wäre die Einrichtung von Schulungs- und Nachhol-Kursen für ältere Jahrgänge, die wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden wollen.
Das Britische Gesundheitsministerium hat gezeigt, daß es sich dieses Bedarfs wohl bewußt ist, Veranlaßt durch den gegenwärtigen Mangel an Hebammen, hat es die Altersgrenze für die Hebammenausbildung von 40 auf 50 Jahre heraufgesetzt und Wiederholungskurse eingerichtet. In Schweden hat man solche Sonderlehrgänge für Säuglingsschwestern, Kindergärtnerinnen und Volksschullehrerinnen eingeführt. Was bei Lehrerinnen und Hebammen möglich ist, wäre natürlich auch bei anderen Berufsgruppen möglich, selbst wenn man es bisher noch nicht in einem größeren Umfange versucht hat. Auch wo es keine Altersgrenze für die Zulassung von Studenten gibt, sind die vorhandenen Lehrgänge oft so übersetzt, daß ältere Bewerberinnen bei der Auswahl möglicherweise ihres Alters wegen nicht angenommen werden. Das ist vor allem auf dem Gebiet der Sozialarbeit zu beklagen, wo reifere Frauen mit häuslichen Erfahrungen von besonderem Nutzen sein könnten. Heute, da sich der Wohlfahrtsstaat immer weiter ausbreitet und die freien Wohltätigkeitsorganisationen immer mehr an Bedeutung verlieren, werden für die meisten Zweige der Sozialarbeit Fachkenntnisse verlangt; es ist daher für jeden, der auf diesen Gebieten arbeiten will, äußerst wichtig, die vorgeschriebene Ausbildung zu haben. Wenn nun Frauen im vorgerückten Alter von einer solchen Fachausbildung ausgeschlossen werden, hindert man viele Menschen mit sonst ausgezeichneten Qualifikationen daran, die notwendige und nützliche Arbeit zu leisten. In zwanzig Jahren wird dieses Problem vielleicht nicht mehr bestehen, weil dann die meisten Frauen von vierzig Jahren eine ordnungsgemäße Berufsausbildung haben werden und ihre Kenntnisse nur noch einer Auffrischung bedürfen; gegenwärtig aber ist dieses Problem von großer Bedeutung.
Was für Sozialberufe gilt, gilt entsprechend auch auf anderen Gebieten. Für die Einstellung von Personal im Staats- und Kommunaldienst, und ebenso in großen Geschäfts- und Industriekonzernen, gibt es feste Vorschriften, die keine Ausnahmen zulassen. Bürokratismus und Gleichförmigkeit lassen dieses System leicht erstarren. Die gegenwärtige Entwicklung zu immer größeren Organisationen gewährt zwar jungen Leuten günstige Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, läßt aber kaum Möglichkeiten offen für den Eintritt von älteren Menschen.
Andere gegen eine Einstellung älterer Leute sprechende Umstände sind hinreichend bekannt: die relativ hohen Grundgehälter, Pensions- und Ruhestandsgelder; die Furcht, daß Menschen, die über ihre erste Jugend hinaus sind, sich nur schwer auf die neuen Verhältnisse und auf neue Gesichtspunkte einstellen könnten; außerdem zögert man, was die Schlüsselpositionen anbelangt, neue Leute dem alten Personal vor die Nase zu setzen und so den Aufstieg der Nachwuchskräfte zu blockieren. Mit diesen Schwierigkeiten haben insbesondere die Frauen zu kämpfen, da unter ihnen eine vergleichsweise größere Anzahl als unter den Männern im Alter von 40 Jahren und mehr neu beginnen will. Diese Tatsachen werden deutlich durch die folgenden amerikanischen Erfahrungen illustriert.[5]
»Als beispielsweise die Amerikanische Studiengesellschaft für das Kind (Child Study Association of America) zu Beginn des zweiten Weltkrieges die Einrichtung eines Lehrgangs zur Ausbildung von freiwilligen Hilfskräften für die Kinderbetreuung bekanntgab (für Frauen mit mindestens höherer Schulbildung und etwas Erfahrung mit Kindern), hoffte man, 25-30 Hilfskräfte anzuwerben. Am festgesetzten Tage erschienen über 300 ehemalige Lehrerinnen, Fürsorgerinnen, ausgebildete Pflegerinnen und eine Frau mit dem Dr. med. Viele davon hatten Kinder, die die Mutter nicht mehr den ganzen Tag brauchten, und alle waren rührend bemüht, irgend etwas Nützliches zu leisten. Von einer Bezahlung war keine Rede.«
In Großbritannien meldeten sich unlängst über 300 Personen mit wissenschaftlicher Berufsausbildung auf eine Zeitungsanzeige, in der Forschungsarbeit angeboten wurde, die sich zu Hause tun ließ. Mehr als die Hälfte der Bewerber waren verheiratete Frauen.

Die Beschäftigung von älteren Frauen

Die Arbeitsvermittlungsstellen sehen sich vor die Aufgabe ,gestellt, ältere Personen, und insbesondere ältere Frauen, unterzubringen. (In den USA und in Schweden wurden besondere Abteilungen bei den Arbeitsämtern speziell für diesen Vermittlungszweig eingerichtet.) Unter den Frauenberufen gibt es eine ganze Anzahl, die »altersgebunden« sind, denn manche eignen sich ausgesprochen für junge Frauen (z. B. Säuglingsschwester, Kindergärtnerin, Stenotypistin, Luftstewardeß, Friseuse usw.), bei anderen werden dagegen die älteren Jahrgänge bevorzugt. Zu diesen gehören viele leitende Stellen in Hotels, Restaurants und Wäschereien; das gleiche gilt für die Tätigkeit als Herbergsmutter, Vorsteherin eines der zahlreichen Heime, Küchenleiterin für die Schulspeisung, Kantinen- und Hausverwalterin, Eheberaterin und andere. Viele der Sozialberufe, die jetzt geschaffen werden, erfordern Fähigkeiten, über die die reife Frau mit hauswirtschaftlicher Erfahrung am stärksten verfügt. Es ist ein glückliches Zusammentreffen, daß der Bedarf an solchen Sozialeinrichtungen gerade zu einer Zeit auftritt, da so viele ältere Frauen vorhanden und auch bereit sind, eine Stellung anzunehmen. Auch in den herkömmlichen Berufen in Fabriken, Büros und Geschäften gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Frauen; man sollte ihnen jedoch Arbeitsplätze zuweisen, für die man die nötige Eignung erst mit den Jahren erwirbt; wo Ordnungssinn, Zuverlässigkeit und organisatorische Begabung mehr zählen als Schnelligkeit, Beweglichkeit und jugendlicher Charme. In einem Bericht über »Die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmerinnen«, der im Jahre 1955 auf der g. Tagung der sich mit der Lage der Frau befassenden UN-Kommission vorgelegt wurde, stellte das Internationale Arbeitsamt eine »Bilanz« mit den Gewinn- und Verlustposten auf, die sich mit fortschreitendem Alter ergeben. Natürlich gilt diese Aufstellung für beide Geschlechter, auch wenn sich der Bericht speziell mit der Frau befaßt.
Auf der Verlustseite fällt der ältere Mensch in physischer und »psychomotorischer« Beziehung am stärksten ab. Das Nachlassen der Beweglichkeit, Ausdauer, körperlichen Kraft und exakten Schnelligkeit wird nur durch eine größere Verläßlichkeit wettgemacht. In »moralischer« Beziehung verhält es sich dagegen umgekehrt. Verlustpunkte gibt es hier überhaupt nicht, und als Gewinn erscheinen Pünktlichkeit, Wertschätzung einer zu Ende geführten Arbeit und Sorgfalt im Kleinen. Auf »geistiger« Ebene sollen sich Qualitäten wie Gedächtnis, Phantasie, Schaffenskraft und Anpassungsfähigkeit verschlechtern, während sich die Konzentration, die Umsicht und die planmäßige Arbeitseinteilung verbessern.
In der Spalte »Charaktereigenschaften« stehen verminderte Kontaktfähigkeit, Initiative, Eifer, Tatkraft, Vitalität auf der Sollseite des Hauptbuches - auf der Habenseite dagegen erhöhte Willigkeit, Geduld, Disziplin, Bedachtsamkeit, Zuverlässigkeit und Beständigkeit.
Zur Erläuterung dieser Gegenüberstellung verweist der Bericht des Internationalen Arbeitsamtes auf den »weiten Spielraum« für die Beschäftigung älterer Frauen in gelernten und verantwortlichen Tätigkeiten und bemerkt, daß die Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen viel begrenzter sind als für Männer, und daß »infolgedessen weibliche Arbeitnehmer weniger Gelegenheit haben, ihre für das mittlere Alter charakteristischen Qualitäten beruflich voll einzusetzen«.
Man versucht - wenn auch zunächst behutsam -, den schon langwährenden Trend zu einer frühzeitigen Pensionierung ins Gegenteil umzukehren. Die Regierungen der hier behandelten Länder sind bemüht, der Öffentlichkeit die Dringlichkeit dieses Problems klarzumachen und die Arbeitgeber zu ermutigen, ältere Leute einzustellen. Es ist anzunehmen, daß sich unter dem Druck der bevölkerungspolitischen Veränderungen ein entsprechender Wandel in der altersmäßigen Zusammensetzung der erwerbstätigen Bevölkerung vollziehen wird. Wenn dies eintrifft, wird das Problem der Beschäftigung von älteren Frauen als Teil eines allgemeinen Anpassungsvorganges gelöst werden.
In diesem Zusammenhang muß gesagt werden, daß eine frühere Pensionierung der Frauen als der Männer, wie sie in den meisten Ländern gesetzlich verankert ist, ungerechtfertigt ist. Diese Bestimmungen stammen aus einer Zeit, als die »Schwachheit des Weibes« einer allgemein geltenden Vorstellung entsprach, und als die Arbeitsbedingungen wesentlich schlechter waren als heute. Die Arbeitsplätze sind heute nicht mehr so ungesund und unfreundlich wie in den Anfängen der Industrialisierung; und der Mythos des »schwächeren Ges&echtes« ist von der Statistik widerlegt worden. Obwohl die Frau an Körperkraft oder in einzelnen Kraftleistungen wie Gewichtheben, Hochsprung und Leichtathletik im allgemeinen schwächer ist, zeigen die Zahlen doch, daß sie die Männer an Ausdauer, an Widerstandskraft gegen Krankheit und in der Fähigkeit zum Oberleben übertrifft. Ihre Aussichten, bei guter Gesundheit ein hohes Alter zu erreichen, sind daher weit größer als die des Mannes, und es ist nicht einzusehen, warum sie früher in den Ruhestand treten sollte. in 15 Jahren wird ein Viertel aller Frauen über 6o Jahre alt sein. Dies allein ist ein hinreichender Grund, die Verlängerung ihres arbeitsfähigen Alters auf 65 Jahre zu einer Angelegenheit von dringlichem öffentlichem Interesse zu machen.

Die Lage des Arbeitsplatzes

In der Vergangenheit hat man sich nicht viele Gedanken darüber gemacht, wo die Frauen von Arbeitern eine Beschäftigung finden könnten. Man wählte die Bauplätze für Fabriken ohne Rücksicht auf menschliche Bedürfnisse, und es bestand die Neigung bei den einzelnen Industriezweigen, sie jeweils in bestimmten Gegenden anzusiedeln, z. B. Stahlwerke in dem einen und Textilfabriken in einem anderen Gebiet. Während des letzten Krieges förderten die Regierungen jedoch eine rationellere Verteilung der Fabriken, und eine Reihe von Industrien wurde dorthin verlagert, wo man Arbeitskraftreserven erwarten konnte. Dies war eines der Hauptmittel, die Frauen zum nationalen Einsatz zu bringen. Die Zahlen der Kriegsproduktion in verschiedenen Gebieten zeigen, daß der Anteil der weiblichen Beschäftigten an der Zahl der versicherten Arbeitnehmer stets in direktem Verhältnis zu den verfügbaren Arbeitsmöglichkeiten für Frauen in dem betreffenden Gebiet steht.[6]
Wenn man also die Frauen zu außerhäuslicher Arbeit ermutigen will, dann werden ihnen die Arbeitgeber im Frieden nicht weniger als im Kriege halbwegs entgegenkommen müssen. Ferner wäre es wünschenswert, wenn - wie in Frankreich gesetzliche Bestimmungen gewährleisteten, daß im öffentlichen Dienst, im Lehrberuf usw. der Ehemann oder die Ehefrau einer in einem bestimmten Bezirk bereits beschäftigten Person bei der Stellenbesetzung in dieser Gegend einen gewissen Vorrang erhalten. In Ermangelung solcher Vorschriften haben viele Frauen, die sonst gern ihren Beruf beibehielten, keine andere Wahl als darauf zu verzichten, um nicht von ihrem Ehemann getrennt zu sein. Ein beträchtliches Hindernis für die Erwerbstätigkeit verheirateter Frauen ist auch die zunehmende Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz, die durch das gewaltige Wachstum der Städte und Industriezentren verursacht wird. Die Entwicklung des motorisierten Verkehrs hat die Tendenz begünstigt, die Wohnbezirke von den Arbeitszentren zu trennen, so daß häufig noch lange Fahrzeiten zu den normalen Arbeitsstunden hinzukommen. Das erschwert natürlich das Leben der Frauen, die neben ihrer Arbeit im Büro oder in der Fabrik noch einen Haushalt zu führen haben.
Als einen Weg zur Überwindung dieser Schwierigkeiten hat man vorgeschlagen, daß die Entwicklung des modernen Verkehrs nun auch zur Dezentralisierung der Produktion dienen sollte, nachdem sie zuvor so viel zum Entstehen der Vororte beigetragen hat. Diese Verteilung der Produktion ließe sich erleichtern, wenn man kleine elektrisch betriebene Maschinen, die sich in Privatwohnungen aufstellen lassen, in verstärktem Maße einsetzen würde. Damit könnten Frauen, bei sich zu Hause verschiedene Artikel oder Teile von Artikeln herstellen; zugleich könnte es die Einrichtung von örtlichen Werkstätten fördern, die man genossenschaftlich betreiben kann.[7] Die technischen Möglichkeiten, einen solchen Plan auszuführen, sind tatsächlich vorhanden, es ist jedoch unwahrscheinlich, daß er jemals im Großen verwirklicht werden wird. Die Schwierigkeiten der Organisation und der wirksamen Kontrolle eines solchen Programms sind beträchtlich, ebenso wie die Kosten seiner Durchführung. Zudem würden die Gewerkschaften zweifellos diesen Plan mit dem gleichen Mißtrauen wie jede Art der Heimarbeit betrachten. Und obwohl der Handwebstuhl in den letzten Jahren wieder einen gewissen Modewert bekommen hat, verläuft doch die allgemeine Entwicklung heute in Richtung billiger Massenartikel.
Die Lösung unseres Problems scheint daher auf dem Gebiet der Stadtplanung zu liegen. Ihr Ziel ist, um mit den Worten eines Stadtplaners zu sprechen, »die Schaffung von Einrichtungen für die gesamten Lebensbedürfnisse, nicht nur eines guten gesellschaftlichen Lebens, sondern auch eines glücklichen und gesunden individuellen Leben«.[8] Aus diesem Grunde muß die heutige Planung die charakteristische Entwicklung der letzten 100 Jahre ins Gegenteil umkehren: Nämlich fort von den riesigen Großstadtgebilden, die sich in funktionell aufgeteilte Bezirke gliederten in Geschäfts-, Bank- und Theaterviertel, in Elendsquartiere, Vorstädte mit reinem Wohncharakter usw. -, die sich alle auf die Leistungsfähigkeit der modernen Verkehrsmittel verlassen, aber dabei den Zeitverlust und die Nervenbelastung übersehen, die mit deren häufiger Benutzung verbunden sind. Aber dieses Thema gehört nicht in das Kapitel »Anpassungen auf dem Arbeitsmarkt«, sondern zu dem weiteren Gebiet der Verantwortung öffentlicher Stellen.

Soziale Anpassungen

 

Wohnungen für berufstätige Frauen

Die Städteplaner haben endlich die soziologische Tragweite ihrer Aufgaben begriffen und sind zu der Erkenntnis vorgedrungen, daß ein Gemeinwesen ohne einen für seine Entwicklung günstigen Standort nicht bestehen kann. Die neuen Städte, die man in den vergangenen Jahren gebaut hat, um die Ballungsgebiete zu entlasten, werden heute nicht mehr als reine Gartenvorstädte, sondern als geschlossene Wohnbezirke geplant. Sie umschließen Gemeinschaftseinrichtungen, schulen, Spielplätze, Läden und kleine Gewerbebetriebe, ebenso wie Wohnhäuser. Die ideale Stadt sollte verschiedene Häusertypen für verschieden große Familien umfassen, wie es einige der besten Stadtplanungen verwirklicht haben: Einfamilienhäuser für größere Familien; Reihenhäuser mit dazugehörigen Gärten und einem Kindergarten am Ende der Straße für Familien mit kleinen Kindern; Häuserblöcke mit abgeschlossenen Mietwohnungen, in denen Gemeinschaftseinrichtungen, wie Wäschereien usw. vorhanden sind, und wieder andere, in denen es Appartements mit Bedienung sowie Restaurants und Speiseaufzüge gibt. Die Abhängigkeit der Familie von der Frau und Mutter als ganztägig in ihrem eigenen Haushalt Tätige würde sich dementsprechend wandeln. Die meisten und selbst die besten Pläne werden sehr stark beeinflußt von dem traditionellen Bild der Frau, die sich -ausschließlich den häuslichen Pflichten widmet und den lieben, langen Tag zur Verfügung steht. »Servicehäuser«, in denen fertige Mahlzeiten, Wäschereien, Tageskindergärten usw. zu einem erschwinglichen Preis für die dort lebenden Familien zur Verfügung stehen, werden in den meisten großen Städten gebaut, aber sie sind noch nicht in ausreichender Zahl vorhanden, um den bestehenden Bedarf zu decken. Es hat keinen Sinn, die Tatsache zu übersehen, daß jede dritte verheiratete Frau einer Arbeit außerhalb ihres Heims nachgeht. Auch sind nicht alle Frauen gute Hausfrauen oder finden an der Häuslichkeit Vergnügen, so anziehend der Anblick eines gut geführten und mit liebevoller Sorgfalt geleiteten Haushalts immer sein mag. Offensichtlich sind Mietblöcke und Gemeindehäuser nicht nach jedermanns Geschmack, aber sie sind auch nicht für jeden gedacht. Wichtig ist nur, daß Wohnungen zu haben sind, die den besonderen Bedürfnissen der verschiedensten Menschen gerecht werden, und daß Architekten und Städteplaner die Frauen nicht weiterhin zwingen, in überlebten Rollen zu verharren.
Natürlich ist es schwieriger, in den bestehenden alten Städten einen modernen Wohnungsbau nicht nur unter gesundheitlichen, sondern auch unter sozialen Gesichtspunkten zu planen und Wohn- und Geschäftsviertel vernünftig zu verteilen. Es kann jedoch auch hier viel getan werden, und es wird auch viel getan. Vielen Stadtverwaltungen ist es jetzt klar geworden, daß man zumindest bei der zukünftigen Planung die Fehler der früheren zufälligen Entwicklung vermeiden sollte, und sie werden hierin von den Regierungen unterstützt.

Die Warenverteilung

Eine bessere Planung ist auch auf dem Verteilungssektor sehr vonnöten. Während man in der Produktion durch Zeit- und Bewegungsstudien sowie durch die Anpassung der Maschinen Sekunden einspart, verschwendet man ganze Stunden bei der Verteilung. Hat man jemals die Zeit ermittelt, die vor allem die Frau aufwenden muß für den Weg zu den Geschäften, für die Wartezeit, das Auswählen der Ware und das Heimtragen? Niemand hat sich bisher die Mühe gemacht, weil die Zeit der Hausfrau kein Geld kostet, und weil den Frauen angeblich das Einkaufen an sich schon großen Spaß macht.
Viel Zeit und Arbeitskraft könnte gespart werden, wenn die Hausfrau sich angewöhnte, ihre Einkäufe für den hauswirtschaftlichen Grundbedarf auf eine einzige »Tour« je Woche zu beschränken. Das würde vollkommen genügen, sie mit dem Warenangebot und den letzten Preisen vertraut zu machen. So könnte sie eine Liste der benötigten Waren aufstellen und sich diese ins Haus liefern lassen. Selbstbedienungsläden sind eine weitere Möglichkeit, um bei Haushaltseinkäufen Zeit zu sparen. Viel Ärger und manche Schwierigkeiten in den Hauptgeschäftsstunden ließen sich vermeiden, wenn die Läden zu den Zeiten offen wären, in denen die arbeitende Bevölkerung dienstfrei ist. Das würde nicht nur den Verbrauchern zugute kommen, sondern auch den Interessen der Geschäftsleute dienen. Augenblicklich sind die meisten Läden geschlossen, wenn die Berufstätigen frei sind, wodurch das Geldausgeben überwiegend auf dic Hausfrauen beschränkt wird. Nur unter großen Schwierigkeiten kommt ein Mann dazu, seiner Frau beim Aussuchen eines neuen Möbelstückes oder einer Tapete für die gemeinsame Wohnung zu helfen. Die Friseure sind während der Tischzeiten nicht genügend verfügbar, um alle die berufstätigen Frauen zu bedienen, denen die Haare geschnitten und gewaschen werden müssen. Es ist für eine berufstätige Frau geradezu eine Staatsaktion, sich einen Mantel oder einen Hut zu kaufen, denn meist muß sie mehrmals ohne Mittagessen auf die Stiche gehen, sich mühsam einen Weg durch überfüllte Warenhäuser und Straßen bahnen, oder sie muß sich eigens dafür freinehmen.
Es werden jetzt Versuche unternommen, dieses Problem zu lösen: Die Geschäfte im Londoner Westend sind einmal wöchentlich bis 19 Uhr geöffnet (und wie überfüllt sind sie in dieser Extrastunde!), und einige kleine Lebensmittelläden und Waschsalons schließen zweimal wöchentlich ein bis zwei Stunden später als gewöhnlich. In Frankreich sind die Läden zu ganz unkonventionellen Zeiten, wie abends und Sonntagmorgens, geöffnet und stattdessen an einem Wochentag geschlossen. Und in den Vereinigten Staaten, wo die Supermärkte neue Möglichkeiten der rationellen Lebensmittelverteilung erschlossen haben, sind viele Lebensmittelgeschäfte bis in den späten Abend geöffnet. Das sind alles willkommene Zeichen der Einsicht, daß sehr viele potentielle Kunden zu den üblichen Geschäftsstunden an den Schreibtisch oder die Werkbank gebunden sind. In einer Zeit des Sozialschutzes und mächtiger Gewerkschaften braucht man heute nicht mehr zu fürchten, daß beweglichere Verkaufsstunden zugleich eine längere Arbeitszeit für die Verkäufer nach sich ziehen müßten.

Die Rationalisierung der Hausarbeit

Die vergangenen Jahrzehnte brachten fortlaufend neue Erfindungen, die die Hausarbeit verkürzen sollten. Ein wahres Füllhorn von Industrieerzeugnissen ergoß sich und wurde bereitwilligst aufgenommen: Waschmaschinen und Staubsauger, elektrische Mixer und Tauchsieder, eine Vielfalt von Konfektionskleidung in allen Preislagen, Textilien, die nicht gebügelt und kaum gestopft zu werden brauchen; eingedoste, tiefgekühlte und getrocknete Lebensmittel in hervorragenden Qualitäten; geputztes, hygienisch verpacktes Gemüse; halb gebackenes Brot, das nach wenigen Minuten im Backofen gar und knusperig ist; Dampfdrucktöpfe, fertige Kuchenteige, Reinigungsmittel usw. Diese Dinge und unzählige andere kleinere Haushaltsgeräte und Zubehör sollten es möglich machen, einen Haushalt in einem Bruchteil der früher benötigten Zeit angemessen zu versorgen.
Wir haben jedoch in einem früheren Kapitel festgestellt, daß das Ergebnis anders aussieht, und daß die Durchschnittshausfrau immer noch mehr als 60 Stunden in der Woche arbeitet. Ein Teil dieser Zeit läßt sich nicht -vermindern, vor allem soweit es sich um die Betreuung kleiner Kinder handelt, obwohl auch hier die Zusammenarbeit mit Nachbarinnen ab und an den Müttern einen freien Nachmittag verschaffen kann. Solche Fälle von organisierter Gemeinschaftshilfe unter den Frauen sind uns aus Schweden und den USA bekannt, wo sie sich zu jederma-nns Zufriedenheit bewährt haben. Eine stärkere Zusammenarbeit der Hausfrauen könnte auch eine Peihe von anderen häuslichen Problemen lösen, jedoch wird dies verhindert, weil man in unserer Gesellschaft der Abgeschlossenheit des Heims einen so hohen Wert beimißt.
Die Hausarbeit im engeren Sinne kann jedoch bei guter Einteilung ohne Schaden für das Heim verkürzt werden. Berufstätige Frauen bringen es gewöhnlich - und oft ohne häusliche Hilfe - fertig, ihren Haushalt in sehr viel kürzerer Zeit als die Voll-Hausfrau zu besorgen. Wenn keine kleinen Kinder zu versorgen sind, ist die Zahl der benötigten Hausarbeitsstunden vor allem zu einer Frage der richtigen Organisation geworden. Natürlich spielt außerdem auch eine gute Ausstattung des Haushalts eine Rolle, wozu Warmwasserversorgung, Elektrizität, Zentralheizung, moderne Fußböden und eine arbeitsparende Kücheneinrichtung gehören. In den letzten Jahren ist auf diesem Gebiet eine Menge wissenschaftlicher Forschungsarbeit geleistet worden, und die Propaganda mittels Anzeigen und amtlicher Aufklärung hat das Interesse der modernen Hausfrau an den Möglichkeiten, die Hausarbeit zu rationalisieren, geweckt. Allerdings findet man heute dieses Interesse vor allem in jenen Kreisen, die nicht mehr wie früher die gewohnten hauswirtschaftlichen Arbeitskräfte bekommen können.
Die Möglichkeiten für eine wesentliche Verringerung der Hausarbeitszeit sind heute also vorhanden, aber es wird von ihnen nur dann Gebrauch gemacht, wenn dafür ein bestimmter Anlaß vorhanden ist. Eine Hausfrau mag noch so sehr über die vielen Stunden klagen, die sie mit Waschen, Saubermachen, Bohnern, Einkaufen, Kochen usw. zubringen muß, sie wird nur dann etwas dagegen tun, wenn sie ein festes Ziel hat, für das es sich lohnt, Zeit zu sparen, sei es Tennisspielen, ins Kino gehen oder einen Beruf ausüben. In den Augen vieler Frauen wäre es nicht nur sinnlos, sondern unvertretbar, die Arbeitszeit einzuschränken, ohne eine bessere Verwendung für ihre Zeit zu haben. Da die Werte unserer Gesellschaft nach dem Nützlichkeitsprinzip gemessen werden, gilt bei den meisten ein Gewinn an Muße nicht als Selbstzweck; im Gegenteil, man neigt dazu, diesen Gewinn moralisch zu mißbilligen. In der Regel wird eine Hausfrau es als Pflicht betrachten, eher Geld als Zeit zu sparen, und sie wird die höheren Kosten für halbfertiges Essen und andere zeitsparende Erfindungen vermeiden, solange sie durch den Einsatz eigener Kraft und Arbeit die gleichen Ergebnisse erzielt.
Aus diesen Gründen ist es falsch, die vielen Arbeitsstunden, die die Hausfrauen gegenwärtig für die Hausarbeit aufwenden, als Argument gegen die Berufstätigkeit der verheirateten Frauen ins Feld zu führen, wobei man davon ausgeht, daß die derzeitige durchschnittliche Arbeitswoche als Minimum nötig ist, um einen Haushalt angemessen zu führen. Wie eine Tabelle an anderer Stelle dieses Buches gezeigt hat, ist die Zahl zusätzlicher Arbeitsstunden berufstätiger Hausfrauen im Vergleich zu denen von Voll-Hausfrauen sehr gering, Das erläutert recht anschaulich, wieweit die Hausarbeit verringert werden kann, wenn sie rationell und nach einem bestimmten Zeitplan getan wird.
Eine merkliche Verkürzung der Hausarbeitsstunden wird daher aus den vorgenannten Gründen nicht automatisch eintreten, selbst wenn noch mehr und immer bessere Haushaltsgeräte erfunden würden. Denn die Hausfrau wird eher das Hauptgewicht von einer hauswirtschaftlichen Arbeitsart auf die andere verlagern, oder das Gesamtniveau ihres Haushalts heben, als daß sie weniger Zeit auf die Hausarbeit verwenden wird.
Wie keine andere Beschäftigung verleitet Hausarbeit schon an sich zu einer Vergeudung von Zeit und Kraft. Frauen, die sich nie an einen strengen Stundenplan gewöhnen mußten und die nicht das Beispiel anderer, die das erfolgreich taten, aus der Nähe erlebt haben, ahnen gewöhnlich gar nicht, was man alles bei richtiger Organisation in weit kürzerer Zeit schaffen kann.
Dennoch wird sich eine stärkere Rationalisierung der Hausarbeit durchsetzen, die sich vor allem aus einer für unsere Zeit charakteristischen neuen Einstellung zur Arbeit ergibt und die sich auch schon im Haushalt bemerkbar zu machen beginnt. Mag dies gut sein oder schlecht - wir denken heute wirtschaftlich, und das heißt, wir möchten mit jeder getanen Arbeit den höchstmöglichen Ertrag erzielen. Denn anders als unsere Vorfahren halten wir Geschäftigkeit an sich nicht mehr für eine Tugend, sondern wir beurteilen jede Arbeit nach ihrem Erfolg.
Mit der Einführung von Maschinen in den Haushalt - die durch die Mithilfe des Mannes bei der Hausarbeit - gefördert wurde und die ihrerseits mithilft, den Mann an der Hausarbeit zu interessieren -, greift das Leistungsprinzip von der Werkstatt und der Fabrik auch auf den Haushalt über. Die Idealhausfrau verbringt nicht mehr den größten Teil des Tages mit Saubermachen und Kochen, sondern erreicht das erstrebte Ergebnis mit einem Minimum an sichtbarem Aufwand. Als Folge hiervon hat der Nimbus der Hausarbeit als Ganztagsbeschäftigung eine weitere Einbuße erlitten. In dieser niedrigen Einschätzung und in der geringen Produktivität ihrer Arbeit ist nicht zuletzt die heutige Unzufriedenheit der Hausfrauen begründet. Sie fühlen, daß sie im Vergleich zu den vielen Stunden der Plackerei zu wenig aufzuweisen haben. Viele von ihnen hoffen, in einer Erwerbsarbeit die Befriedigung zu finden, die ihnen nicht mehr aus der häuslichen Arbeit erwächst.

Öffentliche Einrichtungen zur
Erleichterung der häuslichen Arbeitslast

Die moderne Hausfrau wird bei ihren gewohnten Aufgaben von einer Reihe fremder Stellen unterstützt. Früher waren dies zumeist nur gewerbliche Unternehmen, wie Wäschereien, Fensterreinigungsinstitute, Bäckereien, Reparaturwerkstätten und die verschiedensten Industriebetriebe, die gebrauchsfertige Lebensmittel und Bekleidung herstellten. Die vom Staat oder den Kommunen geschaffenen öffentlichen Einrichtungen, die einige häusliche Funktionen übernehmen, sind eine verhältnismäßig neue Erscheinung (abgesehen von der Müllabfuhr, der Wasserversorgung und den Schulen, um auch diese hier mit aufzuführen). Die Anzahl der kommunalen Einrichtungen, die besonders dazu bestimmt sind, der Familie zu helfen und der Hausfrau einen Teil ihrer Last abzunehmen, hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, vor allem in und nach dem zweiten Weltkrieg. Die wichtigsten von ihnen sollen hier kurz angeführt werden, um zu zeigen, was getan werden kann.

Einrichtung von Kantinen

Um Zeit zu sparen, Fahrten in der Mittagszeit zu vermeiden und in einer Zeit des Mangels und der strengen Lebensmittelrationierung die häusliche Speisekammer zu ergänzen, förderte die britische Regierung während des Krieges in großem Maße die Einrichtung von Werks- und Bürokantinen. Jede Firma, die Regierungsaufträge hatte und mehr als 250 Leute beschäftigte, konnte auf Grund der Vorschriften für kriegswichtige Betriebe (Essential Works Orders) verpflichtet werden, eine Kantine einzurichten. Aber auch viele kleinere Betriebe und Büros, in anderen Ländern ebenso wie in Großbritannien, haben für ihre Belegschaft Kantinen geschaffen, die sich für alle Betroffenen als bequem erwiesen und darum meistenteils nach dem Kriege [10] beibehalten wurden. Sie helfen der Familie sowohl durch die Verabreichung eines billigen außerhäuslichen Mittagessens an zumindest ein Haushaltsmitglied als auch gegebenenfalls durch eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit, weil die Mittagspause dadurch eingeschränkt werden kann.

Schulspeisung

In ähnlicher Weise können jetzt auch die jüngeren Familienmitglieder kostenlos oder für einen Anerkennungsbetrag in der Schule zu Mittag essen, so daß zu Hause nur noch für die Hausfrau selbst und die Kleinkinder ein Mittagessen zubereitet werden muß; falls sie keine kleinen Kinder hat und einem Beruf nachgehen möchte, ist sie von einer Pflicht befreit, die sonst sehr ins Gewicht fiel.
Die Bereitstellung von Schulmahlzeiten hat ihre längste Geschichte in Frankreich, wo bereits im Jahre 1870 die erste Schulkantine eingerichtet wurde. Zunächst war sie dazu bestimmt, die bedürftigsten Arbeiterfamilien zu unterstützen; jedoch breitete sich diese Einrichtung seit 1881 nicht nur in Paris, sondern auch in der Provinz ständig aus und ist jetzt reich und arm gleichermaßen zugänglich. Das frühzeitige Bedürfnis nach derartigen Einrichtungen beruht auf der langen Tradition, die die Berufstätigkeit verheirateter Frauen in Frankreich hat.
In anderen Ländern erkannte der Staat erst später die Notwendigkeit, Kinder in der Schule aus öffentlichen Mitteln zu verpflegen, um die zu Hause oft unzulängliche Ernährung zu ergänzen. In den Vereinigten Staaten wurde der Grundstein zu dem staatlich geförderten Schulspeisungsprogramm durch ein Gesetz von 1935 gelegt, das das US-Landwirtschaftsministerium ermächtigte, für diesen Zweck landwirtschaftliche Erzeugnisse zur Verfügung zu stellen. Der Anlaß zu dieser gesetzlichen Regelung war zunächst nicht so sehr die Sorge für das Wohlergehen der Kinder, sondern eher die Notwendigkeit, eine bessere Verteilung der Agrarüberschüsse zu erreichen. Trotzdem hat sich das aus Staatsmitteln geförderte Schulspeisungsprogramm, das aus diesen Anfängen entstand,[11] für alle Familien mit Kindern als äußerst wertvoll erwiesen, besonders in Gebieten mit einer beträchtlichen Zahl von berufstätigen Müttern, denn es erspart diesen wenigstens zum Teil die Mühe, für ihre schulpflichtigen Kinder ausreichende Mahlzeiten zu bereiten.
In Großbritannien wie auch in Schweden haben die Regierungen allen Schulen die Ausgabe von Mittagessen zur Pflicht gemacht. Das englische Schulgesetz von 1944 überträgt die Durchführung den lokalen Schulbehörden und sieht Schulmahlzeiten als Ergänzung der häuslichen Kost vor. Da jedoch die Schaffung geeigneter Räumlichkeiten, die Knappheit an Baumaterial, der Mangel an Arbeitskräften usw. Schwierigkeiten bereiten, verfügen noch nicht alle Schulen des Landes über Kantinen, aber die meisten sind bereits für diesen Zweck ausgerüstet. Ähnlich -verhält es sich in Schweden, wo es schon vor dem Kriege verschiedene Aktionen zur Abgabe von Schulmahlzeiten an bedürftige Kinder gab, die während des Krieges auf alle Kinder in »bedürftigen Gemeinden« ausgedehnt wurden. Im Jahre 1946 beschloß das Parlament, täglich kostenlos an jedes Kind in jeder Schule ein warmes Mittagessen zu verabreichen, das die Hälfte des täglichen Kalorienbedarfs und den vollen Tagesbedarf an bestimmten Vitaminen und Mineralien liefern soll. Die Schulbezirke verfügen zu diesem Zweck über Subventionsmittel für die Errichtung von Gebäuden. In den meisten Schulen wird dieses Programm bereits durchgeführt.

Tageskrippen und Kindergärten

Obgleich man sich allgemein darüber einig ist, daß Kleinkinder nach Möglichkeit zu Hause unter der persönlichen Pflege ihrer Eltern aufwachsen sollten, wird doch schon lange, bevor das Kind für normale Schulerziehung alt genug ist, ein Stadium erreicht, in dem es nach der Gesellschaft anderer Kinder verlangt und daraus Nutzen zieht. Bei der heutigen Familiengröße ist der Umgang mit anderen Kindern nur möglich, wenn sie täglich für ein paar Stunden das Haus verlassen. Um ihnen dazu unter der Aufsicht von Fachkräften Gelegenheit zu geben, hat man eine große Anzahl Kindergärten gegründet und ferner an die Grundschulen Säuglings- und Kinderkrippen angeschlossen.
Kinderkrippen und Tageskindergärten haben verschiedene Aufgaben. Sie erfüllen bestimmte soziale Bedürfnisse und müssen in diesem Zusammenhang gesehen werden. Zweifellos bedeuten sie für berufstätige Mütter eine große Hilfe, und das wurde berücksichtigt, als man im Kriege dem Einsatz der Frauen eine überragende Bedeutung beimaß. In Großbritannien und in den Vereinigten Staaten wurden diese Tagesstätten zur Betreuung noch nicht schulpflichtiger Kinder während des zweiten Weltkrieges entwickelt und staatliche Mittel dafür bereitgestellt. Bei Kriegsende wurden die Bundesmittel in den Vereinigten Staaten gestrichen, und in Großbritannien kürzte man die den Lokalbehörden gewährten Zuschüsse auf die Hälfte. Die Zahl der Tageskrippen hat sich infolgedessen beträchtlich verringert. Es sind uns jedoch in beiden Ländern Fälle bekannt, wo örtliche Unternehmer oder Frauenorganisationen auf den rettenden Gedanken kamen, solche Krippen zusammen mit den Kommunalbehörden weiterzuführen. Das Gesetz betreffs Kindergärten und Kinderbetreuer (Nurseries and Child Minders Regulation Act) von 1948 hat es den örtlichen Gesundheitsbehörden zur Pflicht gemacht, Kindergärten und Kinderbetreuer (das sind Personen, die Kinder unter 5 Jahren tagsüber oder jeweils bis zu höchstens 6 Tagen in ihrem Hause aufnehmen und betreuen), zu registrieren und eine entsprechende Aufsicht auszuüben.
In ähnlicher Weise hat in Schweden die Sozialbehörde einen Plan für Kinder-Tagesheime gefördert, nach dem Privathäuser, die eine gewisse Anzahl von Kindern aufnehmen, registriert und unter die Aufsicht der örtlichen Kinder-Wohlfahrtsbehörden gestellt werden. Eine 1948 in Stockholm vorgenommene Untersuchung, die die Betreuungsmaßnahmen für Kinder berufstätiger Mütter ermitteln sollte, brachte die folgenden Ergebnisse: Die Untersuchung erstreckte sich auf 11 000 Mütter noch nicht schulpflichtiger Kinder; von diesen hatten 24 vH irgendeine Erwerbsarbeit, aber nur 15 vH unter ihnen übten einen ganztägigen Beruf aus. Von den berufstätigen Müttern wußten 41 vH ihre Kinder zu Hause in der Obhut von Verwandten oder Hausangestellten, 23 vH hatten sie tagsüber bei Verwandten oder anderen Leuten, und weitere 23 vH brachten ihre Kleinkinder in Tageskrippen unter. Die restlichen 13 vH sind Mütter, deren Kinder sie zum Arbeitsplatz begleiten, in einem Kinderheim untergebracht sind, täglich ein paar Stunden im Kindergarten verbringen oder vor dem normalen Schulalter (das in Schweden sieben Jahre ist, aber für frühentwickelte Kinder auf sechs Jahre herabgesetzt werden kann) in die Schule aufgenommen wurden.
In Frankreich gibt es für noch nicht schulpflichtige Kinder mannigfache Einrichtungen. Kinderkrippen und Säuglingsheime, die der Aufsicht des Gesundheitsministeriums unterstellt sind, nehmen Kleinkinder unter zwei Jahren in Obhut. 1949 betreuten annähernd 650 solcher Anstalten 20 000 Kleinkinder (von insgesamt 1305 000 Kinder im Alter von 0 bis 2 Jahren); zur selben Zeit gab es 3653 Kindergärten für Kinder zwischen 2 bis 6 Jahren, die als öffentliche Einrichtungen der Aufsicht des Erziehungsministeriums unterstanden; insgesamt hatten sie etwa 404 000 Kinder in ihrer Obhut. Außerdem bestehen Privatkindergärten, von denen es im Jahre 1949 allein im Departement Seine 108 mit 4400 Schülern gab (die Gesamtzahl der Kinder von 0 bis 7 Jahren betrug damals 2600 000).[12]
Daß diese Einrichtungen notwendig sind, ergibt sich aus den Meinungsbefragungen von Frauen noch deutlicher als aus der Zahl der Mütter, die sich ihrer bedienen. Eine dieser Befragungen [13] zeigte, daß die große Mehrheit der französischen Frauen (72 vH) Kinderkrippen schätzte und mehr davon wünschte. Bezeichnenderweise wurden die Krippen mehr von solchen Frauen befürwortet, die selber davon Gebrauch gemacht hatten, als von denen, für die das nicht zutraf (14 vH benutzten sie zur Zeit der Befragung, 12 vH hatten sie früher benutzt, und 74 vH hatten damit keine Erfahrungen). Unter sozialpolitischem Aspekt ist vielleicht das folgende Ergebnis am interessantesten: 51 vH der befragten berufstätigen Mütter wären gezwungen, ihren Beruf aufzugeben, wenn es nicht Kinderkrippen gäbe; und 22 vH der nichtberufstätigen Mütter würden daran denken, ihren Beruf wieder aufzunehmen, wenn Krippen für sie erreichbar wären.[14]
Da es gewöhnlich nicht der Regierungspolitik entspricht, junge Mütter zur Berufstätigkeit zu ermutigen, wird es oft der örtlichen Initiative - z. B. von Industrieunternehmen, Frauenorganisationen oder anderen interessierten Stellen überlassen bleiben, Tageskrippen oder Spielzentren dort, wo ein nachweislicher Bedarf dafür besteht, einzurichten. So sind zum Beispiel infolge der vielen Studentenehen Kinderkrippen an den schwedischen Universitäten geschaffen worden. Wenn solche Initiative entfaltet wird, werden ihr die örtlichen Verwaltungsstellen in der Regel nicht ihre Unterstützung versagen.

Hilfe im Haushalt

Die überlieferte Art der Entlastung von den häuslichen Pflichten ist oder war vielmehr die Beschäftigung einer Haushälterin oder eines Mädchens. Für berufstätige Frauen könnte dies die ideale Lösung sein. Auch vom allgemeinen Standpunkt aus würde es eine befriedigende Arbeitsteilung bedeuten, weil sich die Frauen jeweils auf dem Gebiet spezialisieren könnten, für das sie die meiste Begabung und das größte Interesse haben. In der Praxis ist das heute jedoch kaum durchführbar. Es ist in allen Industrieländern eine verbreitete Erfahrung, daß Hausangestellte immer schwerer zu finden sind. Obgleich sich die Bezahlung und die allgemeine Behandlung heutzutage sehr gebessert haben, machen die niedrige soziale Stellung und der Mangel an Unabhängigkeit die Hausarbeit wenig anziehend im Vergleich zu anderen Berufen, die jungen Mädchen offenstehen. Versuche, diese Situation durch die Vereinbarung fester Löhne und Arbeitszeiten sowie durch die Einrichtung von Ausbildungskursen und die Erteilung von Zeugnissen zu verbessern - all dies zielt auf eine Hebung der Hausarbeit auf das Niveau eines qualifizierten Berufes -, haben die Abneigung gegen eine Beschäftigung im Haushalt nicht ins Gegenteil zu verkehren vermocht. Sie haben jedoch erfolgreich die Nachfrage nach Hausangestellten durch die Erhöhung ihrer Unterhaltskosten vermindert. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß die Hausangestellten, die es noch gibt, lieber in kinderlose Familien gehen, weil dort sowohl die Entlohnung besser als auch die Arbeit leichter und oft die Arbeitszeit kürzer ist. Selbst wenn man die Verhältnisse ändern und die häuslichen Dienste zu einer Tätigkeit machen könnte, die im Wettbewerb um die Arbeitskräfte günstig liegt (was zur Zeit eine rein theoretische Annahme ist), bleibt die Frage offen, ob unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit die Arbeit im Haushalt bei den gegenwärtigen technischen Verhältnissen produktiv genug ist, um ihre Kosten zu decken. Es kann gut sein, daß die Abstellung einer Arbeitskraft für die Hausarbeit in einer einzelnen Familie sich als eine unwirtschaftliche Maßnahme erweist, wenn die benötigten Dienstleistungen überwiegend auch mit anderen verfügbaren Mitteln erreichbar sind.
Man kann natürlich dagegen einwenden, wenn die Hausarbeit die Zeit und Kraft einer Hausfrau wert ist, dann sollte sie auch die Arbeitskraft jeder anderen Frau wert sein. Unter den heutigen Bedingungen ist die Arbeit im Haushalt an sich aber kaum eine Ganztagsbeschäftigung, mag sie nun von einer Hausfrau oder einer bezahlten Hilfskraft geleistet werden. Im Falle der Hausfrau sind jedoch wirtschaftliche Erwägungen von untergeordneter Bedeutung. Neben der Verrichtung der vielen alltäglichen Aufgaben beruht der Wert ihrer Arbeit auf den ungreifbaren Qualitäten schöpferischer Art, die einen Haushalt erst zu einem Heim machen. Solche persönlichen Funktionen können nicht auf eine dritte Person übertragen werden, und die Frau außerhalb unseres Wirtschaftssystems sie sind es, die bisher ...gestellt haben. Gerade weil ihre Arbeit »unbezahlbar« ist, wird der wirtschaftliche Wert der Hausfrauen - so widersinnig dies auch klingen mag - oft so niedrig eingeschätzt. Die Stundenhilfe im Haushalt, die wohl das Außerste ist, was eine berufstätige Frau heute gewöhnlich erwarten kann, scheint alles in allem die am ehesten befriedigende Lösung zu sein. Und das nicht nur, weil man sich diese Art der Haushaltshilfe am leichtesten beschaffen kann; sondern weil es die produktivste Verwendung dieser Arbeitskraft ist, denn so kann eine Frau zwei und manchmal mehr Haushalte versorgen.
Während heute normalerweise jede Frau - ob berufstätig oder nicht - sich bei der Lösung ihres persönlichen Problems häuslicher Hilfe auf ihre eigene Findigkeit verlassen muß, stehen in vielen Ländern öffentliche Einrichtungen für plötzliche oder besondere Notfälle zur Verfügung. In allen hier behandelten Ländern besteht ein Hauspflegedienst, der ausgebildete Kräfte zur Betreuung alter und kranker Menschen ins Haus schickt, und der bei Todesfällen, bei vorübergehendem Ausfall oder Abwesenheit der Mutter die Hausarbeit übernimmt, um den Haushalt für die Kinder in Gang zu halten. In den Vereinigten Staaten hatten 1947 50 bis 60 Wohlfahrtsstellen einen solchen Dienst als Teil ihres Familienbetreuungswerkes. In Großbritannien, Frankreich und Schweden wurde die organisierte Hauspflege, die zunächst ebenfalls von privaten Stellen entwickelt worden war, ausgedehnt und bildet jetzt einen Teil des sozialen Sicherheitssystems. Diese Hilfsdienste werden entweder von Lokalbehörden oder anerkannten Wohlfahrtsorganisationen, die unter öffentlicher Kontrolle stehen, getragen und einheitliche Richtlinien für Tätigkeit, Ausbildung, Arbeitsbedingungen und Vergütung sind festgelegt worden.[15]
Wenn diese Dienste auch gegenwärtig vor allem für Notfälle gedacht sind, so ist doch im Prinzip nicht einzusehen, warum nicht eine moderne Organisation des Haushaltsdienstes auf ähnlicher Basis geschaffen werden könnte, die den berufstätigen Müttern einen Kreis von gut ausgebildeten, professionellen, angemessen bezahlten Haushaltshilfen zur Verfügung stellt. Dies klingt vielleicht, als schlüge man vor, die Frauen sollten einander gegenseitig ihre Wäsche waschen. Aber in Wirklichkeit würde eine solche Rationalisierung der Hausarbeit es den Frauen erlauben, sich dem Tätigkeitsgebiet zu widmen, das ihrer Eigenschaft und ihren Neigungen entspricht - und gleichzeitig würde dies ganz allgemein zu einer höheren Produktivität führen.

Wissenschaftliche Erforschung der Sozialprobleme
von Frau und Haushalt

Wir haben einen Überblick über die Hauptarten der sozialen Einrichtungen gegeben, die heute zur Verfügung stehen, um Mütter von einigen ihrer häuslichen Sorgen zu entlasten; überdies weisen diese Darlegungen auf die wunden Punkte hin, wo die Familie am dringendsten der Hilfe von außen bedarf. Sie zeigen zugleich, daß die Gemeinschaft immer dort eingesprungen ist, wo die Not am größten war. Die Gesellschaft hat tatsächlich die Aufgaben naher Verwandter übernommen, die früher in den meisten Familien vorhanden waren, es aber heute nicht mehr sind.
Die bestehenden Einrichtungen reichen aber kaum aus, um den gegenwärtigen dringendsten Bedürfnissen gerecht zu werden, und unter den heutigen Verhältnissen bleibt nur ein sehr geringer Spielraum, um den ständig wachsenden Anforderungen zu entsprechen. Sie bergen jedoch Ansätze zu einer weiteren Ausdehnung und können bei der Schaffung ähnlicher Einrichtungen als Muster dienen, wenn das unzweifelhaft vorhandene Bedürfnis danach deutlicher zutage tritt.
Welcher Art solche Bedürfnisse sind und in welchem Maße ihnen Rechnung getragen werden soll, ist eine Frage, die mit der allgemeinen Politik gegenüber der Erwerbstätigkeit verheirateter Frauen verbunden ist. Diese Politik ist bisher zwiespältig und im großen Ganzen schlecht unterrichtet gewesen.
Beim Schreiben dieses Buches war es eine ständige Quelle der Überraschung und des Bedauerns, daß wir praktisch bei jedem Punkt der Erörterung vergeblich nach Material Ausschau halten mußten, das wissenschaftlich gesammelt und ausgewertet gewesen wäre. Man verfügt über immer mehr reine Zahlen-Statistiken, aber es gibt kaum umfassende soziologische Studien, die allein die notwendigen Grundlagen für die Bewertung von Einzelerscheinungen liefern können. Es gibt z. B. sehr wenige Unterlagen, mit deren Hilfe man beurteilen könnte, ob ein Zusammenhang zwischen der Berufstätigkeit der Frau und der Geburtenziffer besteht.
Selbst in der umfangreichen Untersuchung von Indianapolis,[16] in der dreiundzwanzig Hypothesen bezüglich der sozial-psychologischen Faktoren, die sich auf die Kinderzahl auswirken, eingehend untersucht und ausgewertet wurden, hat man der Frage keine Beachtung geschenkt, ob etwa die derzeitige Berufsarbeit der Frau oder ihr Wunsch nach Beibehaltung des Berufes von Einfluß gewesen sein könnten. Wäre diese variable Größe in Verbindung mit den anderen untersucht worden, so hätten sich vielleicht manche wichtigen Parallelen ergeben, und die innere Einstellung der Frau zu dieser Frage wäre deutlich geworden. Es gibt keine zuverlässigen Erhebungen darüber, wie verbreitet der Wunsch der Frau nach einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit ist. Auch der Einfluß der Erziehung auf die Einstellung der Frauen zum Beruf müßte noch erforscht werden. Desgleichen scheint es an der Zeit zu untersuchen, ob - und in welcher Weise - die Töchter erwerbstätiger Mütter eine andere Einstellung zum eigenen Beruf haben als Mädchen mit einem traditionellen mütterlichen Vorbild vor Augen. Darüber, wie Frauen zwischen 50 und 65 Jahren im allgemeinen, und Witwen im besonderen, ihr Leben verbringen, gibt es keinen Bericht. Dringend vonnöten ist auch eine Untersuchung über den Einfluß, den die Berufstätigkeit der Mutter auf die Entwicklung ihrer Kinder ausübt, und wie sie auf andere Faktoren des familiären Bereiches einwirkt.[17] Wir wissen nicht, in welchem Ausmaß Kinder der verschiedenen Altersstufen die Zeit und Aufmerksamkeit der Mutter brauchen; oder ob ein Unterschied in der Ermüdbarkeit von Mann und Frau bei verschiedenen Berufen besteht, und wenn ja, ob er mit den häuslichen Verhältnissen zusammenhängt.
Diese und eine Menge anderer Fragen bedürfen einer Beantwortung, wenn man die Bedeutung der heutigen Strömungen richtig verstehen will, und wenn die vorhandenen Spannungen, die sich aus ungeordneten Entwicklungen in den verschiedenen Teilen unseres Sozialwesens ergeben, vermindert werden sollen.