Während meiner Reisen in den USA habe ich mir einige Programme persönlich angesehen. Ich will an zwei Beispielen aufzeigen, wie die Bemühungen, Frauenstudien in die Schulen zu bringen, in der Praxis aussehen.
Middleton, Wisconsin: »Eine Lehrerin und 100 Schülerinnen«
Middleton ist ein kleiner Ort mit einer vorwiegend weißen gutsituierten Bevölkerung. Er liegt außerhalb von Madison, der Hauptstadt von Wisconsin. (150.000 Einwohner, davon 10% Schwarze). Madison ist von Landwirtschaft umgeben, beherbergt aber einige Industrien. Dominiert wird die Stadt jedoch von der University of Wisconsin mit ihren 35.000 Studentinnen und Studenten.
Historisch gesehen haben liberale Kräfte sich in Wisconsin häufig durchsetzen können. Ende der 60er Jahre wurde Madison zum Schauplatz einer der militantesten Studentenbewegungen gegen den Krieg in Vietnam. Anfang der 70er Jahre wählte die Bevölkerung einen vorher in der Studentenbewegung engagierten jungen Mann zum Bürgermeister. Dies bedeutet jedoch nicht, daß konservative Kräfte, insbesondere Unternehmer und Großgrundbesitzer keinen Einfluß auf die Bildungspolitik haben oder daß Sexismus im Erziehungswesen weniger existent ist. Die Universität wurde 1972 von der Bundesregierung hinsichtlich der Beteiligung von Frauen untersucht: Frauen stellen z.B. nur 0,5% der Professoren! Und in der Schulverwaltung sowie in anderen Aufstiegspositionen des Schulwesens sind Frauen ebensowenig vertreten wie anderswo.
Sport als Anfang von Frauenstudien
Jeanne Dubois wohnt in Madison, hat sich dort aktiv in Gemeindepolitik engagiert und unterrichtet seit acht Jahren Geschichte und Sport an der Middleton High School.[2] Die unterschiedliche Behandlung von Mädchen und Jungen fiel ihr so stark auf, daß sie sich entschloß, etwas dagegen zu tun. Sie begann mit dem Fach Sport, da hier die Diskriminierung am offensichtlichsten war und die Schülerinnen selbst Veränderungen forderten. 1970 wollten 100 Schülerinnen an der Oberschule Mannschaftssport in Leichtathletik anfangen. Die Bedeutung dieser Entwicklung wird klar, wenn man etwas über die Situation der Sportausbildung für Frauen in den USA.
In vielen Gegenden entwickelte sich Interesse an einer Reform des Schulsports für Mädchen, weil sie bisher viele Sportarten nicht ausüben durften und für sie weit weniger Geld bereitgestellt wurde als für die Sportausbildung von Jungen. Die Einstellung, die hinter dieser Tatsache steht, wird in folgendem Zitat deutlich. Ein Richter in Connecticut begründete 1971 eine Entscheidung, daß Frauen nicht an einem Langlaufteam teilnehmen durften, mit diesen Worten:
Die heutige Generation unserer jüngeren männlichen Bevölkerung ist noch nicht so dekadent geworden, daß sie es als Erfolgserlebnis empfindet, Mädchen in einem Rennen zu besiegen, gleichgültig ob sie Mitglieder des eigenen oder des gegnerischen Teams sind . - . Sportlicher Wettbewerb entwickelt Charakter in unseren Jungen. Wir brauchen diese Art von Charakter nicht in unseren Mädchen, den Frauen von morgen ...[2]
Unter Sportlern drückt sich die Haltung dann, in den Worten des früheren Sportdirektors vom Oberlin College, so aus:
Wie jeder männliche Sportler weiß, gibt es nichts Schlimmeres als »feminin« genannt zu werden, wenn er einen Fehler beim Sport macht... Mit einer solchen »Verdammung« sind Sportlern von 12-jährigen Kindern bis zu 36-jährigen Fußballspielern Tränen in die Augen getrieben worden.[3]
Im Gegensatz dazu soll für Sportlerinnen das höchste Kompliment sein, mit einem Mann verglichen zu werden. Als der Trainer von Micki King, einer der besten Taucherinnen der Welt, sie loben wollte,
... stellte (er) fest, daß sie wie ein Mann tauche ... Dies bedeutete ganz klar, daß Micki King korrekt tauchte; und das wurde als »maskulin« bezeichnet.[4]
Die Argumente, mit denen Mädchen und Frauen von Sportvereinen und -mannschaften abgewiesen werden, nehmen alle möglichen Formen an. So wurde Nancy Winnard in Detroit von einem Sportverein mit der Begründung abgelehnt, daß sie ja nicht einen Jack strap (Genitalschutz) tragen würde - alle Spieler müßten ihn tragen. Nancy's Vater verklagte den Verein, der Nancy schließlich aufnehmen wollte, wenn sie »eine Schutzhose für Mädchen« tragen würde. Damit wird ihr wohl gesagt: »Bei dir stimmt etwas nicht, aber wenn du unbedingt ein Jungenspiel spielen willst, dann mußt du auch Jungenunterhosen tragen.[5] So beschränkte sich bis vor einigen Jahren die sportliche Betätigung der meisten Mädchen auf Sportarten wie Schwimmen und Gymnastik und, in den oberen Schichten Reiten, Tennis und Golf. Ihre Verbindung zu anderen Sportarten und zu Wettbewerben bestand hauptsächlich darin, bei Mannschaftsspielen von Jungen sogenannte »cheerleaders« zu spielen, d.h. in Miniröcken am Rand des Sportfelds gymnastische Kunststücke für jeweils eines der beiden Teams auszuführen. Die »cheerleaders« hatten dann auch die beste Chance, von den Mannschaftsstars zu einem date gebeten zu werden, d.h. Sport nimmt hier eine ganz bestimmte Sozialisationsfunktion für teenage Mädchen an.
Immer mehr Schülerinnen, Trainerinnen und Eltern haben gefordert, daß Mädchen hier gleiche Möglichkeiten angeboten werden. Gleichzeitig entwickelte sich eine Diskussion, ob Sport weiterhin nach Geschlechtern getrennt ausgeübt werden sollte. Da Veränderungen nicht durch einfaches Raisonnieren zu erreichen waren, wurden viele Klagen gegen Schulverwaltungen und Sportvereine eingereicht. Professionelle Organisationen (wie z.B. der American Council of Education) haben die Sportausbildung auch an Hochschulen hinsichtlich der Diskriminierung von Frauen untersucht und Vorschläge formuliert. Hier ist die Situation ebenso katastrophal wie an Schulen: nur ein Bruchteil des Sportbudgets wird für Frauen verwendet, unterbezahlte Trainerinnen mit weitaus schlechteren Arbeitsbedingungen als ihre männlichen Kollegen, Blockierung des Mannschaftssports.[6] Obwohl Bundesgesetze und z.T. Ländergesetze diese Diskriminierung untersagen (auf Bundesebene durch Title IX für Institutionen, die irgendeine Art von Bundesgeldern erhalten), ist sie nur durch äußersten Druck zu verändern. So schreibt Jean L. Ambrose in einer Analyse des Schulsports in New Jersey, daß ein neues Landesgesetz, welches jegliche Diskriminierung im Zugang zu irgendwelchen Schulprogrammen untersagt, sofort in den Sportteilen aller Tageszeitungen zitiert wurde. Und dies nicht ohne Grund, denn
- Da Geschlechtsdiskriminierung im Schulsport leichter als sexistische Curricula und Lehrmittel, sexistische Berufsberatung und Vorurteile gegen Frauen in der Schulverwaltung identifiziert werden kann, scheint es vielleicht leichter zu sein, dagegen Druck auszuüben, aber einflußreiche Kräfte tun sich hier zusammen, um jegliche Veränderung, die nicht nur oberflächlich ist, zu verhindern. Natürlich sind Reformen möglich - sogar unvermeidlich aber es kann gut sein, daß die härtesten Schlachten in dem Kampf für gleiche Erziehungsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Sports geschlagen werden, einem Bereich, wo weibliche Hochleistung eine extreme Bedrohung für das kulturelle Bild des amerikanischen Mannes bedeutet.[7]
Frauen versuchten erfolgreich, die Diskriminierung auf Gesetzesebene anzugehen. So bezieht sich das zuvor beschriebene Gesetz Title IX (des Educational Amendments Act) auch auf die Benachteiligung von Mädchen im Sport. Aktionen auf lokaler Ebene sind jedoch notwendig, um den nötigen Druck auf die Schulbehörden und Sportvereine auszuüben. Solche Aktionen geben Schülerinnen auch die Erfahrung, etwas für sich erkämpft zu haben.
Sie waren unter den ersten, die den Mannschaftssport für Mädchen forderten und durchsetzten. Jungen und Männer machten zunächst Witze über die Mädchen, die Leichtathletik anfingen. Die Schülerinnen erhielten keine Ausstattung und benutzten anfangs z.B. Pappstöcke als Staffelstäbe. Auf Leichtathletik folgte eine Tennismannschaft und in den nächsten Jahren entstanden Mannschaften in Volleyball, Basketball, Baseball, Fünfkampf und Crosslauf. An anderen Schulen begannen Schülerinnen nun auch, Teams zu bilden.
Ein weiteres Beispiel, das völlig außerhalb jeglichen institutionalisierten Sports liegt, sind die Aktivitäten von Frauen aus der Chicago Women's Liberation Union. Sie gingen zu öffentlichen Parks, wo Mädchen den Jungen immer beim Fußball oder baseball vom Rande des Feldes aus zusahen. Nach einigen Gesprächen begannen die Frauen, mit den Mädchen Teams zu formen, die nun regelmäßig selbst spielten. Nach den sportlichen Aktivitäten saßen sie häufig noch mit ihnen zusammen. Es ergab sich schließlich, daß sie, in Zusammenarbeit mit den Mädchen, eine Zeitung für junge Frauen mit dem Namen »Secret Storm« veröffentlichten, in der Sport eine wichtige Rolle spielt und alle möglichen Probleme junger Frauen besprochen werden. Zum ersten Mal hatten Mädchen hier auch Idole - diesmal nicht männliche und auch nicht nur Filmschauspielerinnen, sondern Sportlerinnen, wie z.B. Billie Jean King.
Frauenstudien im Geschichtsunterricht
1970 begann Jeanne Dubois, in ihren Kursen über amerikanische Geschichte die Situation der Frau miteinzubeziehen. 1973 stellte sie einen Antrag bei dem Schuldirektor, einen Kurs über die Geschichte von Frauen unterrichten zu können (vergleichbar zu unseren Kursen an Gesamtschulen und im Wahlpflichtbereich anderer Schultypen). Sie erhielt die Erlaubnis und war damit die zweite Lehrerin im Staat Wisconsin, die einen solchen Kurs anbot. Der Kurs ist kein Pflichtkurs, aber die Schüler(innen) erhalten Punkte dafür. Im ersten Jahr nahmen 90 Schüler(innen) daran teil, davon 113 Jungen. In den nächsten Jahren waren es 180. Das Verhältnis von Mädchen und Jungen blieb das gleiche. Es hatte sich herumgesprochen, daß der Kurs gut war und die Jungen wollten mitmachen, obwohl es einigen zunächst vor den Mitschülern peinlich war.
Dubois' Kurs stellt einen historischen Abriß der Entwicklung der Situation von Frauen von der Kolonialzeit bis zum 20. Jahrhundert dar. Anhand von historischen Materialien wird über Bereiche gesprochen, die auch heute für die Schüler(innen) Relevanz haben. So führt z.B. das Gespräch über die Kirche und deren Einfluß auf die Sexualität zu Gesprächen über Lebensstile von Familien und Beziehungen zwischen Frauen und Männern. Dubois zeigt Filme zu diesen Themen (es gibt dazu schon eine ziemlich breite Auswahl guter Filme für verschiedene Altersstufen). Sie beschreibt Aktivitäten der Schüler(innen):
- «Die Schüler(innen) führen Rollenspiele über bestimmte Situationen durch, z.B. warum Mädchen Jungen nicht einladen können. Sie sprechen über Sozialisation und laden Vertreterinnen) von Homosexuellenorganisationen ein. Zu dem letzten Thema treffen sich Jungen und Mädchen getrennt. Bei Gesprächen über Sexualität stellen Mädchen und Jungen (15-18jährig) sich gegenseitig Fragen, die schriftlich verfaßt und dann vorgelesen und diskutiert werden. Eine Frage, die häufiger bei Jungen auftaucht ist: »Warum haben Mädchen Interesse, aber sagen nein?« Und bei Mädchen: »Warum denken Jungen nur an Sex? Was ist ein guter Sexpartner?« Die Gespräche kreisen dabei mehr um Einstellungen als um die Praxis. Wie intensiv ein Thema behandelt wird, hängt von dem jeweiligen Interesse ab.«
In ähnlicher Weise führt die allgemeine Behandlung von Arbeit und Arbeitsbedingungen für Frauen im 18., 19. und 20. Jahrhundert zu Gesprächen über die Arbeitssituation von Frauen und Männern in der unmittelbaren Umgebung. Die Mädchen wollen mit Wissenschaftlerinnen etc. sprechen, die Jungen wollen sich mit Männern unterhalten, die als Krankenpfleger oder in Kindertagesstätten arbeiten. Einige Jungen arbeiten jetzt in Kinderläden.
Darüber hinaus, daß sie etwas »Interessantes« machen möchten, sind die Vorstellungen noch ziemlich verschwommen, obwohl sie mehr als vorher an Beruf und Karriere interessiert sind.
Berufsberaterinnen an der Schule unterstützen Dubois' Bemühungen, indem sie mit Schüler(inne)n kritisch über ihre Zukunftspläne sprechen.
Im Lauf der Zeit entwickelte sich der Kurs dahin, daß fast die Hälfte der Zeit aktuelle Probleme behandelt werden. Dubois lädt viele Sprecher(innen) ein, verwendet Filme und macht Außenbeobachtungen mit den Schüler(inne)n. Sie gehen z.B. zusammen in eine Grundschule, um dort Lehrmittel auf Geschlechtsrollen hin zu untersuchen, die Interaktion zwischen Lehrer(inne)n und Schüler(inne)n und zwischen Mädchen und Jungen zu beobachten. Sie fragen die Kinder, was sie werden wollen und sprechen dann über die meist stereotypen Antworten. Auch ihre eigenen Geschichtsbücher analysieren sie im Hinblick auf die Darstellung der Frau.
Die Reaktionen der Eltern auf den Kurs sind fast durchweg positiv. Dies mag mit dem Einzugsgebiet zu tun haben. Dubois sieht das Hauptproblem darin, daß ein einzelner Kurs in Anbetracht all der Einflüsse, denen die Schüler(innen) ausgesetzt sind, nur begrenzte Auswirkungen haben kann. Sie meint daher, daß die Thematik in das ganze Curriculum integriert werden müßte. Inzwischen gibt es in mehreren Schulen in Wisconsin ähnliche Kurse.
Jeanne Dubois hat aufgrund ihrer Aktivitäten einen schweren Stand beim Kollegium. Innerhalb der Lehrergewerkschaft Wisconsin Education Association ist von einer anderen Lehrerin eine Gruppe angefangen worden, die sich zum Ziel setzt, unter Gewerkschaftsmitgliedern ein größeres Bewußtsein über Sexismus in der Schule zu schaffen. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der spezifischen Situation von Lehrerinnen. Ein Ergebnis der sich verbreitenden Aktivitäten von Lehrerinnen war eine Konferenz, die der Madison Verband der Gewerkschaft 1974 organisierte. (Der Verband wird von einer Frau geleitet.) Thema war Sexismus in Lehrmitteln und im Curriculum.
Jeanne Dubois' Aktivitäten stehen hier als Beispiel dafür, wie eine Lehrerin auf einer sich entwickelnden Bewegung aufbauend, eigene Initiative ergreifen kann.
Dubois' Inititaitven waren wiederum ein Katalysator für ähnliche Aktivitäten anderer Lehrerinnen, denen sie ihre Materialien und Erfahrungen zugänglich machte, und sie gingen Hand in Hand mit den Bestrebungen von Berufsberaterinnen und einigen Frauen, die in Verwaltungspositionen tätig waren. Hier zeigt sich die kumulative Wechselwirkung von Initiativen auf verschiedenen Ebenen, die alle auf einer Bewegung beruhen und sie gleichzeitig in Institutionen und Bereiche tragen, die bisher nicht von ihr erfaßt wurden. Die relative Leichtigkeit, mit der Dubois ihre Forderungen durchsetzen konnte, liegt allerdings auch in dem lokalen liberalen politischen Klima begründet.
Women studies in den Schulen von Berkeley
Berkeley liegt an der Küste Kaliforniens gegenüber der Halbinsel, auf der sich San Francisco befindet. Die University of California, Berkeley, eine der größten Universitäten des Landes, charakterisiert diese Stadt. Hier begann in den 60er Jahren die Bewegung für freies Rederecht (free speech movement). Student(inn)en übernahmen zum ersten Mal die Taktik des sit in von der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Teach ins wurden hier entwickelt und militante Demonstrationen gegen den Krieg in Vietnam machten den Namen Berkeley in der ganzen Welt bekannt. Berkeley wurde ein Anziehungspunkt für Angehörige linker und anarchistischer politischer Gruppen, für »hippies« und Vertreter(innen) verschiedener Lebensstile, Erziehungsmodelle etc. Eine ganze Reihe experimenteller Programme (z.B. Kindertagesstätten, freie Schulen, freie Universitäten) entstand in den 60er und Anfang der 70er Jahre. Obwohl diese Vergangenheit die Behörden nicht unbedingt offener neuen Ideen gegenüber machte, schaffte sie doch ein Klima, in dem Reformen nicht von vornherein abgelehnt wurden. Inzwischen hat die ökonomische und politische Lage sich in den USA so verändert, daß eine finanzielle Förderung solcher Programme nur noch in ganz begrenztem Rahmen erfolgt. So erhält nur noch eine von einer Reihe experimenteller Schulen öffentliche Gelder.
In Berkeley ist die Entwicklung von Frauenstudien eng mit der Entwicklung von Curricula für Minderheitsgruppen verbunden. Ende der 60er Jahre setzte eine Koalition von Minderheitsgruppen mit Hilfe eines Anwaltsbüros durch, daß die Landesregierung eine Kommission zur Überprüfung rassistischer Lehrinhalte ernannte. Kurse zu Schwarzen Studien wurden dann in den Lehrplan integriert. Dies war ein direktes Ergebnis der Bürgerrechtsbewegung und des Druckes, der von schwarzen Eltern ausgeübt wurde.
Die asiatische Gemeinde konnte auf den Erfahrungen und Erfolgen der Schwarzen aufbauen. Asiatische Studien wurden eingeführt und das Programm erhielt vor kurzem Bundesgelder. Frauenstudien, und als letztes Mexikanische Studien (zur Situation von der mexikanischen Gemeinde) folgten Anfang der 70er Jahre. All diese Gruppen sind durch spezielle Planstellen der Schulverwaltung vertreten. Dies war die Voraussetzung (trotz unterschiedlicher finanzieller Unterstützung der einzelnen Programme) für die Entwicklung eines multikulturellen Curriculums, in dem eine feministische Interpretation der Situation von Frauen integriert ist.
Wie entstand nun das Frauenstudien Programm für Schulen in Berkeley? 1970 forderte eine Gruppe der National Organization of Women (NOW), daß die Schulbehörde eine Untersuchungskommission über Sexismus im Erziehungswesen einsetzen und deren Empfehlungen folgen sollte. Eine Kommission von Lehrerinnen und Universitätsdozentinnen verfaßte 1972 einen Bericht über Sexismus im Schulwesen und verlangte, daß ein Frauenstudien Programm für die allgemeinbildenden Schulen entwickelt werde. Daraufhin stellte die Schulverwaltung eine Lehrerin, Susan Groves, zu diesem Zweck ganztags ein. Sie sollte ihrer Aufgabe mit einem Budget von $ 2.000 ohne Büroräume und ohne Sekretärin nachkommen. Ein Curriculum war nicht vorhanden, noch irgendwelche Zielsetzungen.
Die Entwicklung eines Curriculums für Grundschulen
Groves nahm Kontakt mit Schulleiter(inne)n und Lehrer(inne)n auf. Nach kurzer Zeit unterrichtete sie stundenweise in verschiedenen Schulen. Das erste Ziel war, herauszufinden, in welchen Bereichen sich geschlechtsspezifisches Sozialisation am stärksten im Unterricht äußert. Zu diesem Zweck wandte sie mehrere Untersuchungsmethoden an. So wurde Schüler(inne)n (4.-6. Schuljahr) die Frage gestellt, was sie später werden möchten. Dann sollten sie sich vorstellen, sie seien 35 Jahre alt und einen Wochentag beschreiben.[8] Mädchen hatten durchaus Ideen darüber, was sie werden wollten. So gaben mehrere Berufe wie Tierärztin und Försterin an. Wenn es jedoch dazu kam, einen Tag in ihrem Leben mit 35 zu beschreiben, so erschien die Berufsvorstellung überhaupt nicht mehr und wurde von der Rolle Mutter und Hausfrau ersetzt oder sie nahm eine andere Form an. Z.B. beschrieb ein Mädchen, die eigentlich Tierärztin werden wollte, sich als Ehefrau eines Tierarztes, die ihrem Mann als Assistentin zur Hand ging. In diesem Test wurden zwei Dinge klar: einmal trauten die Mädchen sich nicht zu, den angegebenen Beruf wirklich ausführen zu können. Zum zweiten hatten sie oft auch keine Vorstellung davon, wie der Alltag in einem bestimmten Beruf aussieht und ihnen fehlten jegliche Modelle von Frauen. Der Mangel an Kenntnis eines Berufsbildes traf manchmal auch für Jungen zu. Hier zeigte sich jedoch ein entscheidender Unterschied in den Aufsätzen von Mädchen und Jungen. Die Jungen beschrieben sich alle als Junggesellen und erzählten detailliert darüber, welche Zahnpasta sie benutzten, was für einen Wagen sie fahren und was für einen Anzug sie tragen würden. Keiner sprach von irgendwelchen Familienverpflichtungen. Die Mädchen hingegen beschrieben das Familienleben in vielen Einzelheiten und persönliche Dinge traten völlig in den Hintergrund.
Groves berichtete über einen weiteren Versuch, die Einstellungen von Mädchen und Jungen herauszufinden:
- Wir ließen die Kinder ein kleines Drama inszenieren, um zu sehen, wie sich Jungen und Mädchen? dabei verhalten: den Kindern wurde gesagt, sie sollten einen Koffer zur Schule mitbringen und all die Dinge einpacken, die sie nach einem Schiffbruch brauchen würden. Dann sollten sie im Spiel aufzeigen, was nach einem Schiffbruch passieren würde. Der Inhalt der Koffer zeigte deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede in der Einschätzung der Situation: die Mädchen hatten Kleidungsstücke und Geschirr etc. mitgebracht, die Jungen Werkzeuge. Der erste Kampf entstand um die Kapitänsmütze: die Jungen nahmen sie den Mädchen weg. Die Mädchen erlaubten den Jungen nicht, sich um ein Baby zu kümmern. Obwohl den Kindern klar war, daß es darum ging zu sehen, ob alle in einer Notsituation zusammenhalten könnten, konnten sie sich nicht entsprechend verhalten. Das Spiel endete mit einer Art Geschlechterkrieg: die Jungen fesselten die Mädchen an Bäume, versteckten sich in den Koffern und gaben vor, als Krokodile aus den Koffern herauszukommen.[9]
Aus diesen Erfahrungen entwickelte Groves zusammen mit Lehrerinnen Lehrprogramme und Unterrichtsmaterialien für die Grundschulen. Sie begannen mit nicht-akademischen Fächern wie Kochen, Fahrradreparaturen, Tischlern, an denen jetzt Mädchen und Jungen teilnahmen. Dazu stellten sie Lehrhefte zusammen, in denen die Mädchen beim Tischlern, Jungen beim Kochen, etc. gezeigt werden.
Das Programm wurde 1972-73 in 30 Klassen (4.-6. Schuljahr) durchgeführt Eine Auswertung wurde in 4 Klassen mittels Tests am Anfang und Ende des Programms vorgenommen.[10] Sie ergab:
- Stereotype Vorstellungen über häusliche Pflichten und Berufe verringerten sich.
- Die Schüler(innen) haben meist uninformierte und unrealistische Vorstellungen über das Leben als Erwachsene. Mädchen beschreiben sich mehr als Jungen in Dienstleistungsberufen und/oder in Berufen mit geringem Status. Diese Stereotypisierung verringerte sich etwas. Dritte Welt Jungen und weiße Mädchen hatten nach dem Programm höhere Berufsvorstellungen. Dritte Welt Mädchen und weiße Jungen hatten unveränderte Vorstellungen.
- Die Schüler(innen) beschrieben sich mit konventionellen geschlechtsstereotypen Adjektiven. Jungen sagten, sie seien stark, schnell, gutaussehend, Mädchen sprachen von sich als glücklich, sanft, freundlich. Jungen und Mädchen beschrieben Männer als stärker und schneller als Frauen. Diese Stereotypisierung verringerte sich etwas.
- Das Selbstbild von Mädchen und Jungen verbesserte sich, das von Jungen jedoch nur wenig.
Im nächsten Jahr wurden schon mehr Materialien eingesetzt und Lehrerinnen hatten an Fortbildungsseminaren teilgenommen. Die Auswertung wurde in 10 Klassen und drei Kontrollklassen vorgenommen. Der Fragebogen sollte jetzt fünf Arten von Einstellungen messen, die mit den Zielvorstellungen des Programms zu tun hatten: Stereotypisierung von Berufs- und Familienrollen, Berufs/Lebensvorstellungen, Selbstbild, allgemeine Geschlechtsstereotypisierung und Geschlechtsrollenkonflikte in Bezug auf Erfolg.[11]
Der Test zeigte folgende Ergebnisse:
- Die Stereotypisierung verringerte sich stark (von 9-19%). In Klassen, die die Materialien intensiver behandelten, verbesserte sich die Einschätzung von Frauen. Die Anzahl der Mädchen, die sich »weigerten«, Frauen und Männer zu stereotypisieren, indem sie auf dem Fragebogen alle Fragen neutral beantworteten, verdoppelte sich, die der Jungen stieg um 50%.
- Das Selbstbild der Kinder, Berufsvorstellungen und Erfolgskonflikte veränderten sich kaum.
Lehrerinnen meinten, daß sich das Verhalten in der Schule verändert habe und wollten sehen, ob dieser Eindruck bestätigt würde, wenn die Schüler(innen) auch am Ende des Jahres das Schiffbruch-Rollenspiel spielen würden. Hierzu wurde ein Beobachtungsbogen entwickelt.
Die Lehrerinnen und die Mitarbeiterinnen des Women's Studies Programms kamen zu folgenden Schlüssen: in der Spielsituation zeigten die Kinder weniger geschlechtsstereotypes Verhalten. Sie schienen kooperativer zu spielen, mehr Dinge dabei zu verwenden und Mädchen übernehmen öfter Führungsrollen oder kämpften um sie.
Die Beobachterinnen fanden, daß Beobachtungsbögen nicht nützlich bei der Auswertung seien, da sie die subtileren Aspekte in den Verhaltensveränderungen nicht erfassen. Sie empfahlen, Rollenspiel-Situationen weiter zu benutzen.
Gleichzeitig entwickelte Groves eine Reihe weiterer Materialien für den Unterricht: Anleitungen zur Auswertung von Büchern, Fernsehprogrammen, Reklame; Spiele; biographische Texte. - Viele der Materialien nehmen auf Minderheiten Bezug und wurden zusammen mit Vertretern der entsprechenden Gruppen erstellt. Die Wichtigkeit dieser Integration der Frauen- und der Rassenthematik ergibt sich schon aus der Zusammensetzung der Schulbevölkerung: ein hoher Prozentsatz der Schüler(innen) sind Schwarze, Mexikaner und Asiaten. In der Berkeley Oberschule sind 50% der Schülerinnen Schwarze. Der Prozentsatz Nichtweißer ist in den öffentlichen Schulen höher als in der Bevölkerung, da viele weiße Eltern ihre Kinder in private Schulen schicken.
Um ein erfolgreiches Programm zu entwickeln, war es notwendig, soviel Lehrer(innen) wie möglich zu erreichen. Zu diesem Zweck boten Susan Groves und ihre Mitarbeiterinnen Fortbildungskurse für Lehrer(innen) und Schulleiter(innen) an. In sechs Sitzungen wurden folgende Themen behandelt: Forschung über geschlechtsspezifische Unterschiede; Lehrereinstellungen und -erwartungen; Unterrichtsmaterialien und ihre möglichen Veränderungen; geschlechtsspezifische Aspekte des Lehrerberufs. So fragte man Lehrer(innen) in Arbeitsgruppen, was sie von einem nicht-sexistischen Curriculum erwarteten. In der Diskussion wurden auch Curricula mit feministischen aber auch rassistischen (und umgekehrt) Inhalten vorgestellt.
Frauenstudien kommen an die Oberschulen
1975 begann Groves, der jetzt zwei weitere Lehrerinnen bei der Arbeit halfen, mit der Entwicklung von Unterrichtseinheiten für die Oberschule. Sie hatte inzwischen selbst an der Schule Kurse über die Rolle von Frauen in der Geschichte der USA unterrichtet. Ein Kurs war speziell über Frauengeschichte. Groves sagte:
Dieser Kurs entwickelte sich dahin, daß wir bald viel über Sozialisation machten, weil ein solches Bedürfnis danach da war. Die Schülerinnen wollten alle möglichen Fragen besprechen, die in ihrem täglichen Leben auftauchten: »Was soll ich tun, wenn ein Junge mich angrapscht?« »Warum sind nur Bilder von männlichen Sportlern am schwarzen Brett?«
Die Klasse war, wie die ganze Schulbevölkerung in Berkeley, rassenmäßig stark gemischt, Gespräche über Schulerlebnisse sowie über Dinge, die sich in der Familie und in der Gemeinde abspielten, führten daher zu einem vergleichenden Verständnis von Sozialisation: was bedeutet es, als weiße, schwarze, mexikanische oder asiatische Frau aufzuwachsen? Groves meinte hierzu:
Eines der wichtigsten Dinge ist, Mädchen eine Vorstellung der verschiedenen Möglichkeiten, die sie haben, zu geben. Ein Weg dahin ist, die unterschiedlichen Bedingungen, unter denen Frauen aufwachsen, zu verstehen. Beziehungen zwischen schwarzen und weißen Schülerinnen haben oft eine negative Dynamik. Dadurch, daß asiatische und mexikanische Schülerinnen ihre Erfahrungen einbrachten, wurden die Gegensätze zwischen schwarzen und weißen Mädchen weniger extrem und gleichzeitig komplexer. So kam ein konstruktiver Erfahrungsaustausch zustande.
In dem zweiten Kurs versuchte Groves, Frauengeschichte in einen Überblickskurs über Geschichte der USA zu integrieren. Aufgrund dieser Erfahrung entwickelte sie ein Projekt, in dem ein solcher Geschichtskurs mit einem multikulturellen Ansatz zusammengestellt wird.
Die Initiativen von Groves und ihren Mitarbeiterinnen haben breite Kreise gezogen. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Kursen zu frauenspezifischen Fragen und immer mehr Lehrerinnen greifen Frauenthemen im Geschichts- und Sozialkundeunterricht auf. Mädchen nehmen an Sportarten teil, die vorher Jungen vorbehalten waren und zunehmend werden Fächer wie Kochen und Werken von beiden Gruppen belegt. In einigen Fällen ist die Organisation solcher Kurse dem Women's Studies Programm aus den Händen genommen worden. So hat eine Schuldirektorin Unterricht im Tischlern für Schülerinnen eingerichtet. Groves bewertet dies positiv wie auch negativ. Sie sagte:
Die Rektorin begeisterte sich für Kurse im Tischlern, hat aber Angst, sonst etwas auf dem Gebiet der Frauenstudien einzuführen. Sie weigert sich, die gesellschaftlichen Ursachen für die begrenzten Berufsmöglichkeiten von Mädchen zu sehen. Der Tischlerunterricht wird mit Hilfe von Geldern, die sie beantragt hat, von einem Tischler ausgeführt. Ich hatte gehofft, daß Lehrerinnen selbst dafür trainiert würden, um so auch eine größere Kontinuität zu gewährleisten.
Anfangs kamen frauenspezifische Kurse durch Kontakte individueller Lehrerinnen mit Susan Groves zustande. Im Sommer 1976 trafen sich jedoch alle Lehrerinnen, die Klassen vom 7. Schuljahr an unterrichten, zu einem Informationsaustausch darüber, wieviel Interesse an frauenspezifischen Kursen besteht und wie sie am besten organisiert werden können. Lehrerinnen dieser Gruppe tauschten dann regelmäßig Erfahrungen und Materialien aus und organisierten gemeinsame Aktivitäten.
Ein Beispiel für solche Aktivitäten ist die Organisation der Woche vor dem Internationalen Frauentag. Auf Forderung von Susan Groves und Lehrerinnen erklärte die Schulverwaltung diesen Tag, den 8. März, zu einem schulweiten Feiertag. Auch der Geburtstag von Susan B. Anthony, einer Führerin der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert, ist ein solcher Feiertag. (Hier konnten sich die Frauen auch wieder darauf stützen, daß auf Druck von Schwarzen die Todestage von Martin Luther King und Malcolm X als Schulfeiertage deklariert wurden.) Grund- und Oberschullehrerinnen planten nun zusammen mit Susan Groves Aktivitäten innerhalb und außerhalb des Unterrichts für die Tage vor dem Feiertag. Im Januar 1977 war ich bei einem dieser Treffen dabei. Die Lehrerinnen diskutierten, welche Filme gezeigt werden sollten, wie bestimmte gesellschaftliche Situationen durch Rollenspiel und Theater dramatisiert werden könnten. Sie hatten vor, Frauen und Männer, die einen für ihr Geschlecht ungewöhnlichen Beruf ausübten, einzuladen. Und sie wollten lokale Arbeitskämpfe, die Frauen betrafen, von Arbeiterinnen darstellen lassen, z.B. asiatische Arbeiterinnen bei »Snowline« (eine Firma, die bei Schüler(inne)n sehr populäre Wattejacken herstellt), die kürzlich ihre Forderungen bei Tarifverhandlungen nicht durchsetzen konnten. Feministische Sängerinnen und Musikgruppen sollten in den Schulen spielen. In der Grundschule sollten Spiele gemacht werden, deren Schwerpunkt nicht Wettbewerb sondern Kooperation ist.
Ein multikulturelles Programm für Frauenstudien entsteht
Als Susan Groves von einem Professor der Harvard Universität gefragt wurde, was das Besondere an ihrem Programm sei, sagte sie: »Es ist multikulturell.« Der Professor antwortete: »Oh, das brauchen wir nicht.«
Groves fand diesen Kommentar sehr bezeichnend: der Professor meinte, in seiner Gemeinde brauchten sie kein multikulturelles Programm, da sie hauptsächlich mit weißen Schüler(inne)n zu tun haben. Für Groves ist jedoch dieser Aspekt des Frauenstudienprogramms von ausschlaggebender politischer Bedeutung, auch unabhängig davon, wie die Zusammensetzung der Schulbevölkerung aussieht.
Die Zusammenarbeit mit dem Black Studies Programm, das einzige, das einen männlichen Leiter hat, war zunächst schwierig: er war nicht an der Frauendidatik interessiert. Dennoch entstanden mit Hilfe von Lehrerinnen und Schülerinnen eine Reihe von Materialien, mit dem Schwerpunkt, das Selbstbewußtsein von Schülerinnen als schwarze Frauen in einer weißen Gesellschaft zu stärken. Ein Unterrichtspaket über asiatische Frauen existiert schon, eins für mexikanische Frauen wurde 1977 zusammengestellt.
Seit 1976 wird das Institute for Instructional Materials (die Instanz, die für die Auswahl von Lehrmitteln verantwortlich ist) von einer Frau geleitet. Sie setzte sich für ein multikulturelles, feministisches Lehrprogramm ein, und zwar zunächst für das 4. bis 6. Schuljahr. Groves versprach sich viel von diesem Plan:
Bisher hing es vom Interesse und Engagement einzelner Lehrer(innen) ab, ob sie das Curriculum verändern wollten. Wenn jedoch eine Direktive für alle Lehrer(innen) besteht, ein solches Programm zu entwickeln, werden sie Materialien, die vorhanden sind, verwenden, da ihr Curriculum auch dahingehend ausgewertet wird.
Inzwischen entschied die Schulverwaltung, daß schwarze Studien im fünften Schuljahr, Chicano und asiatische Studien im vierten und sechsten Schuljahr unterrichtet werden. Frauenstudien sollten integriert werden.
Zum ersten Mal wurde hier also ein multikulturelles feministisches Unterrichtsprogramm entwickelt. Dies ist ein äußerst wichtiger Schritt, da es noch vorkommt, daß Vertreter(innen) dieser verschiedenen Programme in Konkurrenz zueinander stehen und da es bisher kaum Lehrmittel gibt, die sich nicht schwerpunktmäßig entweder auf Frauen oder auf ethnische Studien festgelegt haben.
Ein Blick in die Praxis
Während meiner Besuche war es mir möglich, an ein paar Unterrichtsstunden teilzunehmen und mit Lehrerinnen und Schülerinnen zu sprechen.
Linda, Doris und Merle (drei junge Frauen) unterrichten an der Odyssey Schule (1. bis 6. Schuljahr) und gehören der Lehrerinnengruppe an, von der ich zuvor berichtete. Die Odyssey Schule ist keine gewöhnliche Schule. Sie gehört zu den experimentellen Schulen, die in den 60er Jahren mit öffentlichen Geldern entstanden. Die meisten anderen fielen der wirtschaftlichen Depression der 70er und der Nixon-Ford-Politik zum Opfer.
Die Schule besteht aus mehreren z.T. barackenähnlichen Flachbauten, die um ein freies Feld gruppiert sind. Ungefähr 300 Schüler(innen) verschiedener Rassen- und Klassenherkunft kommen hierher. Schüler und Schülerinnen gehen in den Verwaltungsräumen aus und ein, ungezwungene Gespräche laufen zwischen ihnen und den Lehrer(inne)n ich bin beeindruckt von der lockeren und freundlichen Atmosphäre.
Das Klassenzimmer, in dem Doris ihren Kurs über Frauengeschichte abhält, ist mit Frauenplakaten und Ausschnitten aus Zeitschriften und Zeitungen geschmückt. Heute wird eine Produzentin von Fernsehreklamefilmen erwartet. Doris erklärt mir:
- Ich habe festgestellt, daß wir nicht nur historische Materialien verwenden können, sondern auch immer einen Bezug zur gegenwärtigen Situation herstellen müssen. Erst dann ist es auch möglich, daß die Mädchen ihre persönlichen Belange im Unterricht einbringen. So verwende ich Filme über verschiedene Themen und lade Frauen ein, die über ihre Arbeit berichten und die Schwierigkeiten, aber auch die Möglichkeiten in verschiedenen Berufen darstellen.
Die Besucherin erzählt zunächst etwas über ihre persönliche Entwicklung - wie sie von ihrer Hausfrauentätigkeit zu der einer Filmproduzentin gekommen ist. Dann zeigt sie einige der Reklamefilme, an denen sie gearbeitet hat. Die Fragen der Schülerinnen (der Kurs ist freiwillig, kein Junge nimmt daran teil) beziehen sich mehr auf die technischen Einzelheiten ihres Berufs als auf ihre Situation als Frau in dem Medium. Dies hängt sicher auch mit der Altersstufe zusammen; die Mädchen haben noch einige Jahre vor sich, bevor sie sich für eine bestimmte Ausbildung entscheiden müssen.
In der Mittagspause sitze ich mit einigen der Schülerinnen auf dem Hof bei einem sehr stereotypen amerikanischen Schullunch zusammen. Die Mädchen erzählen mir, daß sie froh sind, frauenspezifische Kurse zu haben, da sonst wenig über Frauen im Curriculum auftaucht. Sie beklagen sich über das ethnische Unterrichtsprogramm, das von einem asiatischen Lehrer geleitet wird: »Er behandelt Frauen überhaupt nicht. Der Unterricht ist auf umgekehrte Weise rassistisch.« Ich frage, wie es mit dem Werkunterricht aussieht. »Er ist für Mädchen und Jungen zusammen und wir fühlen uns dort akzeptiert. In einigen Schulen wird er für Mädchen getrennt angeboten, aber da lernen die Mädchen auch wieder andere Sachen als die Jungen. Das ist dasselbe mit dem Hausarbeitsunterricht (home economics).« Und wie ist das Verhältnis zwischen Mädchen und Jungen an der Schule? Ich bin erstaunt über die sehr bewußte sprachliche Ausdrucksweise, in der die Mädchen darüber sprechen. Die Beschäftigung mit Frauenthemen hat hier doch einiges hinterlassen.
«Der Druck von Mitschülern ist ganz schön groß. Die Mädchen sollen hübsch aussehen und männerorientiert sein. Manchmal geht es ganz brutal zu, aber die Mädchen lassen sich nichts gefallen. Hier sind nicht so viele Schüler. Du kannst dich ganz gut verteidigen und die Jungen hören auf wenn du, wirklich sauer wirst. In großen Schulen schlagen sie dich und rennen und wissen, daß du sie nie wieder zu fassen bekommst.«
Nachmittags gehe ich zu dem »woodshop«, d.h. der Werkstätte, wo Holz- und Tischlerarbeiten gemacht werden. Merle Burnick, die sich auf diesem Gebiet in den letzten zwei Jahren ausgebildet hat, gibt den Unterricht. Ungefähr sieben Mädchen und drei Jungen sind heute dabei. Die Arbeit verläuft intensiv in kleinen Gruppen oder auch allein. An der Tafel hängen verschiedene Konstruktionsanleitungen, unter anderem für den Bau eines Musikinstruments sowie Instruktionen über Vorsichtsmaßregeln beim Gebrauch der Maschinen. Merle erzählt mir, wie wichtig es für ihre eigene Entwicklung war, diese technischen Dinge zu erlernen und daß sie vorhat, sich auf dem Gebiet weiterzubilden. Susan Groves hat recht: Lehrerinnen müssen trainiert werden, diesen Unterricht selbst geben zu können, anstelle eines außenstehenden Fachmannes.
In einem Gespräch mit den Lehrerinnen erfahre ich, daß Sexualität ein großes Problem an der Schule ist. Es kommt immer wieder vor, daß Mädchen mit 13 oder 14 Jahren schwanger werden und dann z.T. auch das Kind austragen. Einerseits zeigen sich die Mädchen in ihrem täglichen Verhalten sehr stark, andererseits unterliegen sie doch wieder dem Druck, der von Jungen und der Gesellschaft allgemein auf sie ausgeübt wird.
Jean Wilkinson unterrichtet an der Berkeley Junior High School (7. bis 9. Schuljahr). Diese Schule macht einen völlig anderen Eindruck als die Odyssey Schule. Es ist ein großer Backsteinbau an einer Hauptverkehrsstraße in der Nähe der Hafengegend. Auf den Fluren liegen Papiere und Abfall, die Wände sind mit politischen und anderen Sprüchen bemalt. An wieviel Schulen mich diese Treppen und Flure erinnern - die kasernenhafte Atmosphäre ist international.
Dies ist nicht das erste Mal, daß ich mit Jean Kontakt habe. Vor einem Jahr rief ich sie an und wollte gern ihren Unterricht besuchen. Sie sagte mir, daß es leider unmöglich sei. Die Mädchen seien während des Unterrichts so in Streit geraten, daß es zu einer Schlägerei gekommen sei. Sie müsse die nächste Stunde dazu benutzen, dieses Verhalten zu diskutieren und wolle lieber keine Außenstehenden dabei haben. Jean ist auch in der Lehrerinnengruppe für Frauenstudien und Susan Groves berichtete mir, daß sie phantastische Arbeit mit dieser Mädchengruppe geleistet habe.
Jean ist Anfang 60, eine kleine, zarte, weißhaarige Frau, die aber in Bewegungen, Sprache und Blick Stärke und Bestimmtheit ausstrahlt. Sie stellt mich kurz den Schülerinnen vor, die an locker gruppierten Tischen sitzen. Ich verziehe mich an einen Tisch im Hintergrund. Auch dieser Raum ist mit Zeitungsausschnitten und Plakaten von und über Frauen geschmückt. Die Gruppe besteht aus ungefähr zwölf Mädchen, von denen nur zwei oder drei weiß sind, die anderen schwarz. Zunächst macht sie einen ziemlich chaotischen Eindruck auf mich. Jean erklärt mir, daß diese Stunde zur Vorbereitung eines Tests dienen soll. Es scheint jedoch wenig Interesse dazusein, die Hefte mit Biographien von schwarzen Frauen, die Jean an die einzelnen Tische verteilt, zu lesen.
Das Ende des Semesters und der bevorstehende Test hat wohl einiges mit der Stimmung zu tun. In einer der folgenden Stunden bringen jedenfalls mehrere Schülerinnen Interviews in den Unterricht, die sie mit ihren Müttern oder Großmüttern gemacht haben. Es läßt sich viel an diesen Lebensgeschichten aufzeigen und Jean freut sich, daß die Mädchen hier etwas unternommen haben, was Eigeninitiative erfordert und sie auch in einen anderen Kontakt mit Frauen in ihrer Familie gebracht hat. In einem Kurs über »Frauen in der Geschichte« kann so eine »mündliche Geschichtsschreibung« Dinge über das Leben von Frauen in verschiedenen Epochen, Kulturen und Klassen sichtbar machen, die in keinem Geschichtsbuch zu finden sind (siehe Anleitung für solche Interviews im Anhang).
In einem Gespräch erzählt Jean mir, wo sie die Schwierigkeiten und Erfolge in ihrem Unterricht sieht:
Natürlich habe ich in meinen Kursen versucht, nicht nur historische Materialien zu verwenden, sondern auf verschiedenen Wegen die eigene Betroffenheit der Mädchen zur Sprache zu bringen. Z.B. haben die Schülerinnen einen autobiographischen Fragebogen ausgefüllt, dessen Ergebnisse wir dann zusammen diskutierten (siehe Anhang). Und wir lesen Texte und Zeitungsartikel über Frauen, mit denen die Mädchen sich identifizieren können oder die ein Vorbild für sie sind. Ich habe jedoch festgestellt, daß es besser ist, erst einen allgemeinen Einstieg zu finden und einen gewissen Hintergrund zu dem Thema zu erarbeiten, bevor man sehr persönliche Fragen bespricht. Im nächsten Semester werden wir über afrikanische und asiatische Frauen arbeiten und ich werden den persönlichen Bezug erst später anregen.
Viele der Schwierigkeiten rühren daher, daß die Schülerinnen einen sehr großen Bildungsrückstand haben. Im vorigen Semester hat die Klasse sehr stark auf die Diskussion der Unterdrückung der asiatischen Frau reagiert. Am Ende des Kurses wollten die Mädchen über Frauen in Europa, die Auswirkungen der industriellen Revolution auf Frauen etc. sprechen. Das Problem ist, das sie kaum historisches Hintergrundwissen haben. Manche können nicht einmal auf der Karte zeigen, auf welchem Kontinent sie leben. Das ist dem Schulsystem von Berkeley anzukreiden, es hat die schwarzen Kinder verkauft. Als es in den 60er Jahren um Integration und Veränderungen der Curricula ging, haben weiße Verwalter eine Karriere für sich daraus gemacht und stellten Schwarze ein, die z. T. inkompetent waren.
Trotz aller Probleme meine ich, daß die Schülerinnen durch die Kurse einen gewissen Grad an Bewußtsein erlangt haben - sie wehren sich mehr gegen Rollenerwartungen und denken mehr darüber nach, was ihre eigenen Interessen sind. Und sie haben eine andere Vorstellung davon, welche Rolle Frauen in der Geschichte gespielt haben.
Phyllis Koppehnan unterrichtet in der Berkeley High School. Z.Zt. hat sie einen Kurs über Frauen in der Geschichte und Gegenwart, in dem sie Materialien für ein multikulturelles, feministisches Curriculum testet. In der Klasse sind ungefähr 20 Schülerinnen, etwas mehr als die Hälfte Schwarze, und ein Junge. Autobiographien und Biographien sind auch hier ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts. Die Schülerinnen lesen einen autobiographischen Roman, wie z.B. Ossie, the autobiography of a black woman. Dann entwickeln sie ein Raster über die politische, ökonomische und persönliche Macht, die Frauen in dem Buch haben bzw. nicht haben. Sie vergleichen die persönlichen Erwartungen der Frauen mit dem, was sie dann wirklich mit ihrem Leben anfangen und identifizieren die Umstände und Personen, die ihre Wahlmöglichkeiten bestimmten.
Am Vortag war in der Klasse eine sehr alte schwarze Frau, deren Eltern noch in der Sklaverei lebten. Heute hören die Schülerinnen ein Tonband, auf dem eine Frau über ihre Ehe, ihren Entschluß, sich scheiden zu lassen und die Veränderungen in ihrem Leben nach der Scheidung spricht. Die Atmosphäre ist hier offensichtlich anders als in Jean Wilkinsons Klasse. Die Mädchen hören alle intensiv zu, machen sich Notizen für den Kommentar, den sie zu Hause schreiben sollen, bitten die Lehrerin ab und zu, das Tonband auszuschalten, um Fragen zu stellen oder kurz über einen Punkt zu sprechen. Phyllis meint, der Unterschied rühre daher, daß die Schülerinnen etwas älter sind und in der Oberschule doch eine andere Motivation haben.
Zum Ende der Stunde hin gibt es eine kleine Plakatausstellung: die Schülerinnen zeigen Plakate, die sie für den bevorstehenden Internationalen Frauentag gemacht haben, und die in der Schule ausgehängt werden sollen. Dazwischen sind auch einige Poster, die einen Kurs für das nächste Semester über Frauen in anderen Kulturen ankündigen. Es entwickelt sich eine Diskussion darüber, ob extra erwähnt werden soll, daß Jungen auch teilnehmen sollen. Der Kompromißvorschlag, mit dem auch der männliche Schüler übereinstimmt, ist, »Jungen willkommen« zu vermerken. In der nächsten Stunde wollen die Schülerinnen verschiedene Aktivitäten für die Woche vor dem Internationalen Frauentag planen.
Nach der Stunde bestärkt Phyllis eine schwarze Schülerin in ihrem Vorhaben, sich an einem Universitätsinstitut für »creative writing« (Ausbildung zukünftiger Schriftsteller) zu bewerben. Ich frage ein paar Schülerinnen, wie sie diese Kurse über Frauenstudien für sich auswerten:
Ich hab viel über Frauen in der Geschichte gelernt, von denen ich gar nicht wußte, daß es sie überhaupt gab. Und wir haben Interviews mit unseren Müttern oder Tanten gemacht. Das hat auch mein Verhältnis zu den Frauen in meiner Familie verändert. Ich sehe sie jetzt nicht mehr nur als Mutter, die alles für die Familie zu tun hat. Ich verstehe jetzt auch besser, was in ihr vorgeht und wie sie ihr Leben sieht.
Eine andere sagt:
Erst haben sich viele an der Schule über uns lustig gemacht. Und die Jungen trauen sich nicht, zu den Kursen zu kommen, auch wenn sie möchten. Aber uns war das egal. Und jetzt halten wir auch immer mehr zusammen, in vielen Situationen. Und die anderen merken das. Wir lassen uns nicht mehr gegeneinander ausspielen. Sie nehmen uns und die Kurse immer ernster.
Eine dritte:
Vorher haben wir immer Sachen im Unterricht behandelt, die uns nicht direkt angingen. Oder es wurde z.B. über »das Rassenproblem« und »die Schwarzen« gesprochen. Jetzt sprechen wir über schwarze und weiße Frauen und Männer, da können wir auch zum ersten Mal wirklich über uns sprechen.
Die Lehrerinnen bestätigen den letzten Kommentar. Auch für sie ist dies eine Gelegenheit, sich durch den Unterricht mit Fragen auseinanderzusetzen, mit denen sie vorher wenig zu tun hatten. Das Problem, wie weit eine Lehrerin sich als Frau persönlich im Unterricht einbringen kann, bleibt allerdings weiterhin bestehen. Aber es scheint mir, daß hier zumindest ansatzweise gelingt, die eigene Betroffenheit der Schülerinnen im Unterricht herauszubringen, obwohl sie hier zum Unterrichtsthema wird.
Die Ergebnisse eines solchen Unterrichtsprogramms werden nie eindeutig meßbar sein. Bei vielen Schülerinnen wirken sich die Gespräche vielleicht erst in ein paar Jahren aus, wenn sie vor einer Entscheidung wie Ehe oder Beruf stehen. Es steht jedoch fest, daß der Unterricht einen verändernden Einfluß auf das Selbstbild, das Selbstvertrauen und die Berufspläne der Schülerinnen hat. Dadurch, daß auch die Berufsberaterinnen den Unterricht unterstützen, leben die Mädchen nicht nur mit Phantasien von Berufen, die sie ergreifen möchten und dann doch später nicht verwirklichen, sondern arbeiten ernsthaft auf ein Ausbildungsziel hin.
Im Frühjahr 1978 kam die schockierende Nachricht, daß trotz (oder wegen?) all dieser Erfolge die Schulverwaltung beschlossen hatte, die vier Programme nicht mehr zu fördern, d.h. sie aufzulösen. Als Grund wurden zunächst finanzielle Probleme angegeben. Da die vier Programme zusammen nur 16.000 Dollar im Jahr erhielten, kann dies nur als ein Vorwand angesehen werden. Was sagen die Mitarbeiterinnen des Women's Studies Programms dazu? »Erst in den letzten zwei Jahren hat sich unter den vier Programmen eine enge Zusammenarbeit bei Curriculumentwicklung und Lehrerfortbildung entwickelt... Politisch haben wir auch gerade erst begonnen, eine Art Einheitsfront zu bilden. Unsere Ziele ähneln sich, ebenso wie unser Widerstand gegen Versuche der Verwaltung, unsere Programme zu kooptieren oder zu umgehen. Vorher waren wir uns nicht einig. Jetzt, wo wir zusammenarbeiten, werden die Programme abgeschafft.«[12]
Offensichtlich war ein von women's studies und ethnic studies gemeinsam, vertretener politischer Stand eine zu große Bedrohung. Die Schulbehörde (Board of Education) wies diese Vermutung zurück und argumentierte, daß man das Programm nur erweitern wolle, indem eine Bibliothek eingerichtet werden sollte und die Materialien einer größeren Anzahl von Lehrer(inne)n zugänglich gemacht werden sollte. Dazu die Mitarbeiterinnen von women's studies:
«Offensichtlich sollen die Materialien in ein multikulturelles Programm für den ganzen Schuldistrikt integriert werden und von Leuten des Establishment gehandhabt werden.... Unsere Modellprojekte waren teilweise unabhängig von der Verwaltung in dem Engagement für den Kampf gegen Frauen- und Rassendiskriminierung und sie waren aus Forderungen der Gemeinde entstanden. Dieser Druck war zu groß für die Verwaltung.«
Diese Einschätzung scheint korrekt zu sein: Mitglieder des Board of Education haben inoffiziell geäußert, daß das women's studies Programm durch den Druck der Frauenbewegung der frühen 70er Jahre entstand. Jetzt, da der Druck nicht mehr so groß sei, könne es leicht abgeschafft werden.[13]
Dieser Rückschlag muß im Zusammenhang mit zwei Faktoren gesehen werden: dem gegenwärtigen allgemeinen Vorstoß der Rechten in den USA und der Geschichte von Berkeley. Berkeley hatte eine liberale Stadtverwaltung aufgrund einer starken (Studenten)bewegung, die heute kaum noch vorhanden ist. Auch die aktive Teilnahme der nichtstudentischen Gemeinde am politischen Geschehen hat nachgelassen.
Somit können sich konservative Elemente wieder durchsetzen. Florence Howe meinte: »Vor ein paar Jahren wäre dieser Schritt der Schulbehörde nie möglich gewesen.«[14]
Trotz einer Flut von Protestbriefen aus dem ganzen Land bleibt die Schulbehörde bei ihrer Entscheidung. Susan Groves geht jetzt als Lehrerin in die Schule zurück. Gleichzeitig setzen sie und ihre Mitarbeiterinnen den Kampf fort. Sie beenden die Curricula in Frauenstudien, an denen sie gearbeitet haben, und sie versuchen, Stiftungsgelder zu bekommen, um außerhalb des Schulsystems an der Entwicklung von Lehrmitteln und der Lehrerfortbildung in Frauenstudien weiterzuarbeiten.