Frauen stehen immer noch unter
dem Druck zu heiraten
»Manchmal denke ich, selbst wenn ich ein neuer Mozart wäre, wäre es nicht genug. Meine Freundinnen und meine Famtlie würden immer noch sagen: >Und wann heiratest du? Hast du einen Freund?<«
Warum scheint die ganze Gesellschaft zu glauben, daß Frauen, die unabhängig sind und nicht heiraten, kein vollständiges Leben haben und nicht akzeptiert werden können? Die meisten unverheirateten, über dreißig Jahre alten Frauen in dieser Untersuchung sagen, sie hätten oft das Gefühl, nicht als die gesehen zu werden, »die sie sind«. Statt dessen würden sie ständig gefragt, »ob sie heiraten würden«, oder »ob sie jemanden hätten«.
Haben Frauen die Freiheit, unverheiratet zu bleiben?
Der Zustand des »Single«-Seins wird immer als ein Übergangsstadium gesehen: Gewiß werden alle Frauen letztlich doch heiraten, oder wollen sie das nicht? Sind nicht häufig nur jünsere Frauen »single«? Oder ältere, die geschieden bzw. »nicht gefragt« sind? Die jüngeren Frauen, so denkt man, werden heiraten, wenn sie »Glück« haben; bei den älteren unverheirateten oder geschiedenen Frauen ist das »natürlich« weniger wahrscheinlich. Kurz, Verheiratetsein wird als Norm und Notwendigkeit dargestellt; Alleinleben als ein vorübergehender Zustand und - besonders für Frauen über fünfundzwanzig - gilt es als nicht erstrebenswert. (»Was ist denn mit der los? Sie ist nicht verheiratet!«)
Viele Männer, darunter sehr bekannte, sind ihr Leben lang unverheiratet - Firmench.efs, Staatsmänner, berühmte Künstler usw. Ihr Familienstand steht selten zur Debatte. Im Fall einiger »Weltpolitiker« ist man (ohne Recherchen) nie ganz sicher, ob sie verheiratet sind oder nicht. Zum Beispiel sah man Leonid Breschnew im Fernsehen nie mit seiner Frau; man bekam sie erst bei seiner Beerdigung zu Gesicht. War Charles de Gaulle verheiratet? Talleyrand? Beethoven? An solche Fragen wird nicht oft gedacht - Männer sind in erster Linie Männer. Sie haben unabhängig von der Ehe Substanz.
Für Frauen ist es wesentlich schwieriger, auf dieselbe Weise wahrgenommen zu werden. Zum Beispiel verbreiteten sich die Medien oft darüber, daß Golda Meir Großmutter war; auch lassen sie sich häufig über den Familienstand fast jeder berühmten Frau aus.
Es fallen einem ohne weiteres berühmte Männer des zwanzigsten Jahrhunderts ein, die nie verheiratet waren, doch kaum berühmte Frauen, die unverheiratet geblieben sind. Simone de Beauvoir war zwar nicht offiziell verheiratet, aber »jeder« wußte von ihrer Verbindung mit Sartre, wodurch es eine Art Ehe wurde. Greta Garbo war nie verheiratet. Katherine Hepburn war nur kurz verheiratet und blieb dann vierzig Jahre lang »Single«, hatte jedoch eine enge Verbindung mit Spencer Tracy. In früheren Jahrhunderten gab es allerdings berühmte Frauen wie Elizabeth I. von England, Jane Austen, Emily Bronté, Emily Dickinson und Florence Nightingale (von Jeanne d'Arc ganz zu schweigen), die unverheiratet waren.
Die »Heiratschancen« von Frauen
Die patriarchalische Gesellschaft fordert die Frauen auf, sich zu »beweisen«, indem sie heiraten. Noch in den späten achtziger Jahren plusterten die Medien in den Vereinigten Staaten auf geradezu groteske Weise die Ergebnisse einer kleinen Untersuchung auf, die sich mit den »Heiratschancen« von Frauen befaßte. (Mit denen von Männern dagegen nicht.) Es erschienen reißerische Schlagzeilen wie »Eine Frau, die mit fünfundzwanzig nicht verheiratet ist, hat nur noch eine Heiratschance von 5 Prozent!« Die Story machte Furore, schaffte es sogar auf die Titelseite von Newsweek und erboste viele Frauen. ***71-13-1***
In der Art und Weise, auf die diese Story von fast allen Medien aufgegriffen wurde, offenbarte sich ein unglaublich starkes kulturelles Vorurteil: Die »männliche« Kultur, die »männlichen« Medien schienen nichts dabei zu finden, die »Heiratschancen« der Frauen abzuhandeln - von den »Heiratschancen« der Männer war dagegen nicht die Rede. Die Story paßte zum kulturellen Vorurteil, daß Frauen verheiratet sein müssen, sich Gedanken über ihre »Chancen« machen müssen. Es gab keine Diskussion darüber, welche »Chancen« ein Mann hat, wenn er so und so alt ist, weil angenommen wird, daß Männer die Wahl und die Entscheidungen treffen, daß sie immer ein »guter Fang« sind und daß »alle Frauen einen Mann wollen«. Frauen werden, wie es eine Frau formuliert, als »Zierfische im Aquarium« gesehen, und »die hübschesten warten darauf, nach Hause mitgenommen zu werden«.
Doch obwohl wir verborgene Ängste haben mögen, was diese Dinge betrifft, ist es eine Tatsache, daß die Mehrheit der Frauen jetzt anders von ihrem Leben denkt - auch wenn sich die Presse lieber mit einem Punkt befaßt, den die Kultur für uns heikel gemacht hat, statt darüber zu berichten, wer wir Frauen geworden sind.
Wie eine Frau sagt: »Daß uns die Gesellschaft dazu zwingt, uns auf die Frage zu konzentrieren, wer verheiratet ist und wer es nicht ist, all das ist verrückt und drängt uns überflüssigerweise in die Defensive. Wir sind, wer wir sind. Warum ist das nicht genug?«
Die meisten Frauen sind die längere Zeit ihres Lebens
nicht verheiratet - Single sein ist »normal«
In den Vereinigten Staaten ist die Mehrheit der weiblichen Bevölkerung über fünfzehn unverheiratet: 20 Prozent haben nie geheiratet, 33 Prozent sind geschieden oder verwitwet. ***71-13-2*** Wenn also die Mehrheit der Frauen (und der Männer) - 53 Prozent unverheiratet ist, warum wird das dann als »anormal« hingestellt?
Außerdem sind die meisten Frauen weniger als die Hälfte ihres Erwachsenenlebens verheiratet. Wenn wir die Jahre vor der Ehe und die Jahre als Witwe oder nach Scheidungen berücksichtigen, beläuft sich (trotz der hohen Wiederverheiratungsrate) die Zahl der Jahre, die Frauen im Durchschnitt verheiratet sind, auf nicht einmal 50 Prozent ihres Erwachsenenlebens. ***71-13-3*** Wenn eine Frau zum Beispiel siebzig Jahre alt wird und zweimal je zehn Jahre verheiratet war, war sie insgesamt zwanzig Jahre verheiratet - und hat zweiunddreißig Jahre ihres Erwachsenenlebens als »Single« verbracht. ***71-13-4***
Doch trotz der großen Zahl von Jahren, die die meisten Frauen unverheiratet sind, scheint »Verheiratetsein« die ideologische Norm zu bleiben: Wieder und wieder wird uns gesagt, das Single-Dasein sei nur ein Cibergangsstadium - und ein nicht wünschenswertes obendrein, besonders für Frauen über Dreißig, von denen (immer noch!) angenommen wird, sie warteten nur darauf, »geheiratet zu werden«.
Eine Anmerkung zur Sprache
(und zu einer Antwort von Greta Garbo)
In den dreißiger Jahren wurde der Film >Königin Christine< gedreht. Als man Greta Garbo in diesem Film fragte, warum sie den Mann, den der Hof für sie ausgesucht hatte (und den sie nicht liebte), nicht heiraten wollte und sie mit den Worten »Ihr wollt doch gewiß nicht ledig bleiben? Eine alter Jungfer sein? Was wollt Ihr denn?« verspottete, antwortete sie: »Junggesellin sein!«
Warum pflegte man ältere, unverheiratete Männer und Frauen mit verschiedenen Begriffen zu bezeichnen - »Junggeselle« und »alte Jungfer«? Ein »Junggeselle«, so nimmt man wohl an, amüsiert sich außer Hauses, wenn er nicht arbeitet; eine »alte Jungfer« sitzt »verschmäht« zu Hause.
Und warum gibt es zwei Anreden für Frauen, je nachdem, ob sie verheiratet sind oder nicht, aber nur eine f;,ir Männer? Obwohl inzwischen erfreulicherweise viele Leute in den Vereinigten Staaten die Anrede »Ms.« (Sprich Mis, mit stimmhaftem »s«) gebrauchen statt Mrs. und Miss (und im deutschen Sprachgebrauch für unverheiratete Frauen ebenfalls die Anrede »Frau« üblich wird), sagen etliche Menschen immer noch Mrs./Miss (bzw. Frau/Fräulein), um den »Familienstand« von Frauen zu bezeichnen, während Männer schlicht ein Mr. (bzw. Herr) sind, egal welchen Familienstand sie haben. Warum dieser Unterschied? Weil der Familienstand von Männern nach Meinung der Gesellschaft für ihre Identität nicht so entscheidend war und ist, wie es bei Frauen der Fall ist. Der Status von Frauen hing von ihrer Verbindung mit einem Mann ab.
Wie sollen wir Frauen »bezeichnen«, die nicht verheiratet sind? »Selbständige Frauen«? »Single«, also »alleinstehend« oder »alleinlebend«, hat eine etwas diskriminierende Note: »allein« im Sinn von »nicht vollständig«. Vielleicht ist »Junggesellin« ein besserer Begriff, denn er impliziert, mehr als »Single«, daß es sich um einen Stand handelt den man gewählt hat, daß er etwas Feststehendes ist und kein Nichts, aus dem man »erlöst« werden will. Andererseits kann »Junggesellin« leicht schlüpfrig klingen.
Wie sollen wir also Frauen nennen, die nie heiraten - obwohl sie durchaus Liebhaber haben können -, oder Frauen, die weniger als ein Viertel ihres Erwachsenenlebens verheiratet sind? Sollen wir die einen als »Singles~< und die anderen als »Geschiedene« bezeichnen? Oder sind sie alle »Junggesellinnen«?
Tatsächlich gibt es kein adäquates Vokabular zur Beschreibung des Lebens von SingleFrauen, und es ist an der Zeit, daß wir alle Stadien und Ausdrucksformen unseres Lebens neu benennen.
Gemischte Gefühle hinsichtlich der Ehe
Die große Mehrheit der Frauen, die nie verheiratet waren, hat ambivalente Gejühle und ist sich nicht sicher, was sie von der Ehe halten soll. Eine Frau beschreibt es folgendermaßen:
»Single sein ist mies. Eine Single-Frau hat keinen Status . Sie ist Freiwild für jeden Typen, dem sie über den Weg läuft. Sie weiß nicht, ob der Mann sie nur >mitnimmt<, bevor sie nicht anfängt, ihn zu mögen, und dann muß sie oft feststellen, daß es für ihn >bloß Sex~ war oder >noch 'ne Eroberung< - oder daß er eine Heidenangst vor Bindungen hat und leider vergaß, es zu erwähnen. Haben Eltern früher die Augen offengehalten, damit nicht irgendwelche Männer ihre Töchter ausnutzten? Jedenfalls gibt es heute keine Sanktionen, keine Verurteilung von seiten der Gesellschaft, mit der der Mann rechnen muß, wenn er einen auf Liebe macht, die Frau zum Sex drängt und dann verschwindet.
Andererseits ist es vielleicht besser, unverheiratet zu sein und frei und glücklich mit seinen Freundinnen, als jeden Tag von seinem Ehegatten runtergeputzt zu werden - ich weiß es nicht.
Familie und Liebe und gemeinsamer Urlaub, das hört sich alles toll an, und ich habe so lange gewartet; ich würde es gern ausprobieren. Aber was ist, wenn ich die Ehe nicht mag? Kann ich den Mann dann irgendwie loswerden? Oder wird er mir weh tun? Ich habe zwei Männer gekannt, die ich geheiratet hätte, aber sie waren nicht dazu bereit. Ich wollte nie jemanden heiraten, den ich nicht wirklich liebe - mit anderen Männern, die mich heiraten wollten, wollte ich nicht so intim sein - und so kam es, wie es gekommen ist. Vielleicht meine ich auch nur, daß ich heiraten muß, weil >alle< es tun.
Aber das Wort >verheiratet< klingt mir wie ein Synonym für Geliebtwerden, Akzeptiertwerden. Ich glaube, ich würde gern sagen können: >Ich bin verheiratet.<«
Viele andere Frauen haben ähnlich gemischte Gefühle:
»Was ich am meisten im Leben will, ist wohl immer noch >das Glück zu zweit<, aber ich kann jetzt die Vorstellung akzeptieren, daß es sich vielleicht nie ergibt. Ich habe früher von Männern erwartet, daß sie mich unterstützen. Ich bin mit Männern zusammengezogen, aber ich fand es unausstehlich, wie sie lebten - so schlampig - und weiter gearbeitet habe ich sowieso. Wo ist die Unterstützung und wo der Schutz? Die Vorstellung, daß ich eine Altersversorgung für mich werde planen müssen, ist reichlich verblüffend. Wer hätte je gedacht, daß ich das muß?«
»In den letzten zwei Jahren hatte ich oft monatelang keine sexuellen Beziehungen, und die, mit denen ich es versucht habe, waren nicht gerade befriedigend. Ich nehme an, daß ich noch nie jemanden kennengelernt habe, dem ich richtig nahe sein konnte. Ich glaube, ich fühle mich zu Männern hingezogen, die nicht zu mir passen. Ich suche mir immer starke Männer aus und habe anschließend meine liebe Not damit, sie auf Normalmaß zurechtzustutzen. Ich weiß nicht, ob ich es aushalten würde, verheiratet zu sein, aber am glückliclsten war ich in einer sehr engen Beziehung. Was brauche ich von einem Mann? Da bin ich mir nicht sicher. Man kann sich behütet fühlen bei einem Mann, aber das ist oft keine Realität, sondern eine Vorstellung, die einen beruhigt. Ich habe viele gute Freundinnen, die ich seit zehn oder fünfzehn Jahren kenne, und ich mag sie zwar sehr gern -- vielleicht liebe ich sie sogar -, und doch sind die Gefühle oder die Bindung ... nicht ganz dasselbe.«
Warum nicht einfach »zusammen leben«? Zusammen leben, ein unverheiratetes Paar sein, hat Vor- und Nachteile; eine informelle Beziehung ist leichter zu beenden als eine Ehe, aber oft steht die Frage »Was wird daraus? im Raum - und dazu kommt die Vorstellung, daß eine solche Beziehung irgendwie nicht »real« ist. Wie eine Frau sagt: »Vielleicht sind wir beide nicht richtig da es ist nur ein Zwischenaufenthalt, und ich bin disponibel.«
Diese Lebensform ist, statistisch gesehen, nicht besonders populär. Neueren Erhebungen zufolge (Stand: 1985) führen in den Vereinigten Staaten nur 2 Prozent der Bevölkerung eine »Ehe ohne Trauschein«. 6 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung leben länger als ein Jahr unverheiratet mit einem Liebhaber zusammen.
41 Prozent der Frauen wissen nicht genau, ob sie die Ehe wirklich wollen oder ob bloß Druck auf sie ausgeübt wird, damit sie heiraten:
»Ich bin ein bißchen nervös, weil ich älter werde und keine Kinder habe und nie verheiratet war. Ich will nicht mein Leben lang allein sein. Das größte Glück, so sagen die Leute, ist es immer noch, wenn man mit dem Richtigen verheiratet ist.«
»Intellektuell ist mir völlig klar, daß man sein ganzes Leben unverheiratet bleiben kann. Ich habe einige Rollenvorbilder (Frauen), die unverheiratet waren, und so habe ich das Gefühl, daß ich eine gewisse Bestärkung hätte, wenn ich mich dafür entscheiden würde, uiiverheiratet zu bleiben. Doch emotional scheine ich auf die Ehe konditioniert zu sein. Irgendein Teil von mir möchte nicht immer >Single< bleiben.«
»Liebe?? Ich bin momentan nur verwirrt. Ich hatte oft genug mit Männern zu tun, um zu wissen, daß ich nie hätte glücklich werden können, wenn ich einen von ihnen geheiratet hätte. Aber ich habe das Bedürfnis nach einem >festen< Mann. Brauche ich das wirklich oder liegt es bloß daran, daß man uns dazu erzogen hat, einen Mann zu haben, damit unser Leben vollständig ist?«
Frauen, die nicht heiraten wollen
26 Prozent der Frauen zwischen Zwanzig und Dreißig, ***71-13-5*** die nie verheiratet waren, sagen, daß sie nicht an der Ehe interessiert sind:
»Die Vorstellung, verheiratet zu sein, ist im Augenblick nur erschreckend für mich. Ich bin sicher, daß sich diese Angst mit der Zeit verliert und daß ich dann auch die anderen Seiten sehe. Ich glaube, die Ehe ist für manche Menschen wichtig, aber nicht für alle. ich glaube nicht, daß ich von Natur aus monogam bin!«
»Die Ehe kommt mir maßlos überschätzt vor - die Leute suchen eine Sicherheit, die es einfach nicht gibt. Die Prämissen, die der Ehe zugrunde liegen, sind unrealistisch. Und rein als Vertrag ist sie äußerst unfair. Ich hoffe, daß ich nie heirate.«
»Bin ich gern Single? Da denke ich selten drüber nach, ich bin es eben. Ich habe Zukunftspläne, und wenn ich zufällig jemanden finde, mit dem ich mein Leben teilen möchte und der sein Leben mit mir teilen möchte, ist es okay. Manchmal frage ich mich, ob ich glücklicher wäre, wenn ich mit guten Freundinnen zusammen leben würde. Was ich am meisten will, ist ein Beruf, der mir Spaß macht. Eine liebevolle Familie wäre wunderbar, aber am wichtigsten ist mir der Beruf. Ich finde, Frauen sind zu abhängig von Männern. Ich hasse die Spiele, die zwischen Männern und Frauen laufen. Ich glaube auch, letztlich ist man immer allein. Ich finde nicht, daß wir uns deswegen einsam fühlen müssen, weil wir ja sehr intime Beziehungen mit anderen haben können - auch mit einer relativ großen Sicherheit, denn wenn alle Stricke reißen, können wir uns immer noch auf uns selbst verlassen.«
»In Beziehungen fließt eine Menge Energie von dir weg, zum Partner. Das Beste am Alleinleben ist, daß ich mich kennenlerne und Spaß an meiner Gesellschaft habe. Ich will das nicht beenden, jedenfalls im Moment nicht.«
»Ich bin gern Single, weil ich ziemlich egoistisch bin. Ich brauche viel Zeit für mich, und es wundert mich, wie jemand diese Zeit zwischen einem Partner oder Ehemann und Kindern aufteilen kann. Keine Ahnung, ob ich das könnte. Das mag eine unreife Einstellung sein, aber so empfinde ich nun mal.«
»Nachdem ich sieben Jahre in einer Beziehung gelebt habe, genieße ich es jetzt, wo ich frei bin, daß ich ausgehen und tun kann, was ich will, statt als Paar zu entscheiden. Ich muß mich nur um mich selbst kürnmern und mir nur über mich selbst Gedanken machen. Als Single habe ich mehr Ruhe und mehr Platz für mich und gehe netter mit mir um. Das einzige, was mir fehlt, ist der Sex.«
18 Prozent der Frauen zwischen Dreißig und Fünfzig, ***71-13-6*** die nie verheiratet waren, sagen, daß sie nicht an der Ehe interessiert sind:
»Ich halte viel davon, so intensiv zu lieben wie möglich, wenn es einem begegnet, wenn man jemanden trifft, den man lieben kann - lieben solange es dauert. Ich halte nichts davon, den >einen< zu finden und zu glauben, das sei das Ende davon, andere zu lieben. Das wäre auch der Tod der Liebe zu dem >einen<.«
»Ich bin achtunddreißig. Ich habe es nicht soweit gebracht, um jetzt aufzugeben und zu heiraten, nur weil >man< eben heiratet. Dafür bin ich zu stolz auf mein Leben. Ich habe zuviel reingesteckt. Je älter ich geworden bin, um so stärker wurde mein Selbstgefühl. Ich bin immer weniger bereit, mich mit einer unbefriedigenden Liebesbeziehung abzufinden. Wie viele - zu viele - Frauen (bei Männern ist es vielleicht ähnlich) habe ich mich mit Männern zufriedengegeben, die mich für ihre sexuellen Zwecke ausgenutzt haben, um ein bißchen Zuwendung zu kriegen. Die >Belohnung< war den Kummer nicht wert.«
46 Prozent der geschiedenen und 59 Prozent der verwitweten Frauen wollen nicht wieder heiraten - wenigstens nicht in absehbarer Zeit:
»Ich bin allein, weil ich es so will. Ich versuche, Ordnung in meine Gefühle zu bringen, zu erkennen, was i(-h wirklich vom Leben und von einem Partner will, bevor ich mich wieder auf was einlasse. Ich studiere wieder, genieße die Zeit mit meinen Kindern, sehe mir Filme an, lese und lebe, wie ich leben will. Ich habe im Augenblick zuviel zu tun, um die Energie aufzubringen, die eine Beziehung erfordert.«
»Als mein Mann gestorben war, dachte ich, ich würde gern wieder heiraten, aber inzwischen finde ich es schön, Single zu sein und für mich zu leben. Die Freiheit gefällt mir - ich kann nach Belieben kommen und gehen, ohne jemandem Rechenschaft ablegen zu müssen. Ich gehe sehr gern allein auf Partys. Es ist schwierig, jemanden zu finden, dessen Gesellschaft ich meiner eigenen vorziehe - ein Teil des Problems besteht darin, daß es nicht allzu viele Männer gibt, die genauso gebildet sind wie ich, denn das intellektuelle Gespräch gehört zu den Dingen, an denen mir sehr gelegen ist.«
»Ich erziehe meine Kinder lieber, ohne daß mir jemand dreinredet. Ich vermisse zwar jemand, der mir mal eine Pause ermöglicht, jemand, mit dem ich reden kann - aber ich rede ja mit meinen Kindern, also ist es nicht weiter tragisch. Meine Freunde beneiden mich nicht, weil sie wissen, was es heißt, wenn man alleinerziehende Mutter mit beschränktem Einkommen ist.«
Frauen, die heiraten wollen: Welche Gründe haben sie?
Liebe und emotionale Sicherheit
Nachdem sie verschiedene Beziehungen hinter sich haben, wollen viele Frauen eine langfristige, engagierte Beziehung mit einer Person; sie wollen ohne Angst lieben können:
»Es würde mich sehr glücklich machen, meine ganze Liebe einem Menschen zu geben und mein Leben mit ihm zu teilen. Aber ich will ihm nicht mein Herz schenken und es dann später wieder zurückbekommen. Wenn wir nicht verheiratet sind, kann das passieren, und deswegen fühle ich mich nicht sicher genug, um ihm meine ganze Liebe zu geben, wenn wir nur eine Beziehung haben und nicht verheiratet sind. Wenn ich nicht meine ganze Liebe geben kann, bin ich weniger glücklich, bin ich nicht voll zufrieden. Ich möchte total lieben.«
Viele Frauen, die noch nie verheiratet waren, erhoffen sich von der Ehe die Nähe und Intimität, die, wie es scheint, in nichtehelichen Beziehungen so schwer zu verwirklichen ist. (Siehe 5. und 6. Kapitel)
Der Wunsch nach Kindern
31 Prozent der Frauen sagen, sie hätten geheiratet, weil sie Kinder wollten; ***71-13-7*** die Frauen, die im folgenden zu Wort kommen, haben in den letzten fünf Jahren geheiratet:
»Ich habe geheiratet, weil ich >eine Familie gründen< wollte. Das war vor vier Jahren. Vielleicht hätte ich den Wunsch haben >sollen<, Karriere zu machen, und vielleicht hätte mich das ausfüllen sollen, aber an einem bestimmten Punkt habe ich halt angefangen, an Kinder zu denken - ich wollte unbedingt welche haben. Ich kann es nicht mal erklären. Damals war ich zweiunddreißig.«
»Ich hatte früher ein lustvolles Verhältnis zu meiner Arbeit. Aber eines Morgens dachte ich auf dem Weg zur Firma: >Was tue ich da eigentlich? Soll ich mein ganzes Leben so verbringen?< Ich kam, nebenbei bemerkt, unheimlich gut vorwärts in meinem Job. Aber an diesem Morgen wurde mir plötzlich klar, daß ich das nicht mehr als >Leben< betrachten konnte. Ich bekam eine unwiderstehliche Lust auf Kinder. Meine Verwandlung überraschte mich selbst.«
Nur sehr wenige Frauen, die nie verheiratet waren, nennen Kinder als Grund für ihren Wunsch zu heiraten - ausgenommen eine bestimmte Altersgruppe, die sich im Hinblick auf diese Frage bald entscheiden muß. Es ist wesentlich wahrscheinlicher, daß Frauen als Grund für ihren Ehewunsch die Hoffnung auf Nähe und Intimität bzw. gesellschaftlichen Druck angeben.
Nicht alle Frauen wollen Kinder haben; neuere Daten ***71-13-8*** zeigen, daß doppelt so viele Paare wie vor zehn Jahren beschließen, kinderlos zu bleiben:
»Ich muß keine Kinder haben. Ich verstehe, ehrlich gesagt, auch nicht, warum Frauen unter den üblichen Umständen Kinder wollen sie gehen arbeiten und müssen außerdem den größten Teil der Erziehung allein besorgen!«
»Kinder würden meine Identität bedrohen, die ohnehin fast ständig am Zerbrechen ist.«
Andererseits ist der Kinderwunsch bei Frauen nicht immer mit dem Ehewunsch gekoppelt; schließlich können Frauen jetzt auch alleine Kinder haben (und viele Frauen, die verheiratet sind, müssen, wenn sie ein Kind haben, feststellen, daß sie es trotz Ehe alleine aufziehen). Abgesehen von den häufigen finanziellen Schwierigkeiten empfinden viele Frauen und Kinder diese Lebensform nicht als unerfreulich.
Gesellschaftlicher Druck:
»Warum bist du noch nicht verheiratet?«
»Der Druck zu heiraten oder einen Lebenspartner zu finden, ist riesengroß - vor allem innerlich. Ich habe das Gefühl, wenn ich nicht bald eine Verbindung eingehe, ticke ich nicht ganz richtig. Aber ich will das nicht allzu sehr aufblasen, sonst komme ich mir wie die >typische< Frau mit >Torschlußpanik< vor, die versucht, einen armen, nichtsahnenden Mann zum Altar zu schleifen.«
Auf Frauen lastet nach wie vor ein enormer gesellschaftlicher Druck. Ständig wird ihnen zu verstehen gegeben: »Eine Frau ist nichts ohne einen Mann.« Viele Frauen, die in der Ehe oder in einer Beziehung emotionale Qualen leiden, bleiben auf Grund dieses gesellschaftlichen Klimas. Wie es eine Frau formuliert: »Ich habe trotz körperlicher und seelischer Demütigungen an einem Mann festgehalten, weil ich nicht ohne Freund sein mochte. Ich war emotional zu abhängig, und er hat das ausgenutzt und getan, was er wollte: sich mit anderen Frauen verabredet, mich sexuell mißbraucht, denn er hat gewußt, ich würde ihm nachweinen und ihn bitten, wieder zurückzukommen und lieb zu mir zu sein. Aber schließlich hat er es doch zu bunt getrieben: Er ist in der Pause eines Theaterstücks gegangen, in dem ich mitgespielt habe. Seitdem habe ich kein Wort mehr mit ihm geredet.«
Tatsächlich ist der Grund, den Frauen, die nie verheiratet waren, nach dem Verliebtsein am häufigsten clafür angaben, daß sie ans Heiraten dachten, gesellschaftlicher Druck. Dieser Druck auf Frauen, eine Ehe zu schließen, ist immer noch sehr stark.
Nur eine Minderheit der Frauen (14 Prozent) akzeptiertfraglos das Konzept, daß Identität und Status einer Frau mit der Beziehung zusammenhängen, die sie mit einem Mann hat.
»Wenn eine Frau einen wahrhaft guten Konnex zu einem Mann bekommt, dann ist das, glaube ich, eine Verbindung zu allen Männern auf der Welt, eine sehr wertvolle Verbindung. Ich habe dabei jedenfalls das Gefühl, nicht mehr wurzellos zu sein und im Einklang mit Gottes Plan zu stehen - ich habe das Gefühl von Vollendung.«
»Ich war erleichtert, als ich geheiratet hatte. ich hatte ein Ziel erreicht, das für mich - so hat man es mich gelehrt, das allerwichtigste war: einen Mann zu bekommen.«
49 Prozent der Frauen weisen darauf hin, daß die Liebe zwischen Mann und Frau mehr bedeutet, als daß ein Mensch einen anderen liebt; leider ist diese Liebe auch eine Art GÜtezertifikat von seiten der Gesellschaft, bringt die Bestätigung mit sich, daß die Frau ein akzeptables Mitglied der Gesellschaft ist. Einige Frauen wehren sich gegen die Macht, die diese Vorstellting über sie hat, andere akzeptieren sie als Realität (»so ist es eben«):
»Vor einem Jahr habe ich's endlich begriffen: Ein großer Teil meiner Selbstachtung hat damit zu tun, daß ich einem Mann gefalle. Als mir das klar wurde, habe ich eine fürchterliche Wut bekommen, aber ich konnte mich dieser Konditionierung nicht entziehen.«
»Wenn es den Anschein hat, als wollten Frauen eher heiraten als Männer, dann liegt es nicht am Brutpflegetrieb oder dergleichen, sondern daran, (so schmerzlich es auch sein mag, das zu erkennen), daß die, die >draußen< sind, immer in stärkerem Maße >drinnen< sein möchten als umgekehrt.«
Die Gesellschaft (Eltern, Fernsehen usw.) züchtet Frauen und Mädchen nach wie vor Minderwertigkeitskomplexe an:
»Ich mache mir zuviel Gedanken über meine Kleider, mein Aussehen, mein Gesicht. Ich habe mich immer häßlich gefunden (obwohl ich es nicht bin - nur eben nichts Besonderes). Irgendwie gehört es zur Weiblichkeit, sich nicht zu mögen.«
»Ich schaue mich an und frage mich, wie ich auf die Idee kommen konnte, diesen Mann zu wollen, wo doch hundert Dinge mit mir verkehrt sind und er jeden Tag andere sehen kann, die besser sind als ich.«
Frauen/Mädchen glauben aber auch, daß ihre Angst, »keinen abzukriegen« oder nicht »perfekt« genug zu sein, eine »Schrulle« von ihnen ist oder von einem Mangel an Liebe in ihrer Kindheit herrührt, also in ihrer »persönlichen« Unsicherheit begründet liegt:
»Ich glaube, ich habe ein ziemlich extremes Bedürfnis nach Zuwendung und Aufmerksamkeit. Von meinem Vater habe ich das nie gekriegt. Vielleicht hänge ich mich deswegen an Männer.«
»Ich gerate immer an Männer, die mir sagen, wie minderwertig ich bin, und dann hinzufügen, daß sie mich trotzdem lieben. Ich weiß noch, wie ich mir mal von einem Mann in aller Ausführlichkeit habe erzählen lassen, daß und warum ich seiner Liebe nicht würdig bin und ich habe nicht gewußt, was ich machen sollte. Dieses Schema, daß mir ein Mann mitteilt, wie wenig ich tauge, aber daß er mich trotzdem liebt, ist alt. Mein Vater hat damit angefangen.«
Der Glaube, daß Männer die Kompetenz (das Recht?) haben, über unseren Wert zu bestimmen, kann Frauen großes Unbehagen bereiten:
»Ich bin unsicher, wenn ich verliebt bin, und zweifle an mir - ich bin überhaupt oft unsicher in Gesellschaft von Männern, unabhängig von der Situation.«
Mit Dreißig noch nicht verheiratet: Wie schrecklich...
88 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung sagen, daß ein großer gesellschaftlicher Druck auf sie einzuwirken beginnt, wenn sie mit Neunundzwanzig oder Dreißig noch nicht verheiratet sind; sie erfahren ihn zum Beispiel in Form von Vorurteilen gegen sie (oder Angst vor ihnen?) in geselligen Situationen - wobei die Leute manchmal gleichzeitig neidisch sind:
»Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, daß Unverheiratetsein immer noch als Resultat von >Abweisung< betrachtet wird, du bist >Ausschuß< ... Jeder Mensch überlegt sich, was mit dir los ist? (>Sie sind doch eine so hübsche junge Frau, warum hat Sie nicht schon längst ein netter junger Mann geschnappt?<).«
»Ich habe definitiv das Gefühl, die Leute denken, ich hätte eine Macke, weil ich keine Beziehung habe - und mitleidig sind sie auch noch. Ihr Neid ist nicht so leicht zu fassen und wird dadurch verschleiert, daß sie Distanz halten.«
»In unserer Gesellschaft - selbst heute, wo so viele Menschen beschließen, allein zu bleiben ist man als Single so was wie ein Bürger zweiter Klasse. Das gilt besonders für Frauen. Wenn eine Frau allein ist, vor allem eine Frau mit Kindern, begegnet man ihr mit der Einstellung, daß sie einen Mann haben sollte, der sich um sie und die Kinder kümmert. Meine Freundinnen sind, mit ein paar Ausnahmen, auch unverheiratet. Weit davon entfernt, mich zu beneiden, betrachten mich Frauen, die in einer Beziehung leben, im allgemeinen mit Mißtrauen, als wäre ich, weil ich keinen Partner habe, automatisch an ihren Männern interessiert!«
Viele Frauen sagen, verheiratete Frauen hätten immer noch mehr Status als Single-Frauen; Single-Frauen sind nach den frühen Zwanzigern von seiten der Gesellschaft immer noch nicht so geschätzt und gesucht wie Single-Männer. In gewisser Hinsicht werden sie aus der Cesellschaft ausgegrenzt:
»Wenn man unverheiratet ist, heißt das immer noch für viele Leute, daß man >nicht normal< ist, unerwünscht - daß man >keinen abgekriegt hat<.«
»Es ist schwierig, als ledige Frau Menschen von Format kennenzulernen. Ledige Frauen werden von dieser Gesellschaft nicht geschätzt Wir sind nicht gefragt, wir sind überflüssig.«
Obwohl das Gegenteil behauptet wird, wird nach wie vor enormer Druck auf Frauen ausgeübt, verheiratet zu sein und nicht nur mit einem Mann »zusammen zu leben«:
»Wir haben geheiratet, weil ich mit ihm ins Bett gehen wollte, und um Selbstachtung zu haben, mußte ich verheiratet sein. Obwohl wir erst vor drei Jahren geheiratet haben und dies die achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts sind, hatte ich - ich weiß auch nicht, warum - das Gefühl, daß die Männer einen nicht respektieren, wenn man nicht verheiratet ist. Oder vielleicht respektiere ich mich nicht, wenn ich nicht verheiratet bin. jedenfalls hielt ich das mit dem Respekt irgendwie für wahr. Also war ich nach der Heirat erleichtert. Jetzt konnte kein Mensch mehr darüber befinden, ob wir Sex haben durften oder nicht.«
»Ich habe geheiratet, um endlich meine Ruhe zu haben. Ich hatte es satt, daß die Leute auf mich runtergeschaut haben, weil ich mit jemand zusammenlebte. Ich habe mich ihm auch so verbunden gefühlt, aber es war schön, eine öffentliche Geste zu machen, die das bestätigt hat.«
»Ich hab erst mit zweiunddreißig geheiratet, vor drei Jahren. Davor war ich zwölf Jahre Friseuse. Ich hab mich gern mit Männern verabredet und fand es toll, daß sie mich gut fanden. Aber wenn wir geknutscht haben, hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, als wäre ich dreckig oder billig und so. Ich fand, daß ich heiraten sollte.«
Obwohl Frauen Anfang der Zwanzig seit den sechziger Jahren erzählt wird, es werde später kein Heiratsdruck auf sie ausgeübt werden, sie seien frei von solchen »alten Zwängen«, hat der Druck in Wirklichkeit nicht nachgelassen. Das bekommen sie spätestens dann zu spüren, wenn sie fünfundzwanzig sind. Viele Frauen haben, so heftig sie auch gegen diese Vorstellung ankämpften, immer noch das Gefühl (urd hassen sich dafür), daß sie heiraten müssen, bevor sie dreißig sind, weil sie sonst »keinen mehr abkriegen« oder nicht in die Gesellschaft »passen«. Die Bezeichnung »männerfeindlich«, die gelegentlich auf unverheiratete Frauen angewandt wird, ist eine neue Variante der »Versagerin« (und beide Begriffe sind lächerlich).
»Was ist, wenn ich nie heirate?«
Ziemlich viele Frauen, die nie verheiratet waren und in den Dreißigern sind, beginnen ernsthaft über die Möglichkeit nachzudenken, daß sie zeitlebens nicht heiraten werden:
»Warum bin ich Single? Nun, hauptsächlich, weil ich mir immer gedacht habe, ich würde schon von selbst jemand kennenlernen, und nie was dafür getan habe, nie gesucht habe, wie es einige von meinen Freundinnen jetzt tun, nie systematisch wo hingegangen bin, wo man Männer kennenlernen kann. Ich habe mich einfach nicht darum gekümmert, und eines Tages habe ich plötzlich gemerkt, daß die meisten meiner Freundinnen ja verheiratet sind, o Schreck, ist mit mir was schiefgelaufen und werde ich immer Single sein? Ich glaube allmählich, daß ich es wirklich immer sein werde, und versuche, damit zurechtzukommen. Man fragt sich natürlich, was wird, wenn man älter ist... Es ist ein bißchen gruselig, aber ich glaube wirklich nicht, daß ich noch heirate. Ich kann schließlich ganz gut selbst auf mich aufpassen.
Ich war nie in Therapie, obwohl ich voriges Jahr mit dem Gedanken gespielt habe. Ich war furchtbar down, bin zu meinem Hausarzt gegangen und habe ihn nach einem guten Therapeuten gefragt. Er hat gesagt, ich soll mich in Arbeit stürzen und eine Weile nicht über mich nachdenken. Nach einer Woche war ich nicht mehr so down, also habe ich ihn nicht noch mal nach einem Therapeuten gefragt. Wenn ich kann, bleibe ich zu Hause und - das verschweige ich sonst jedem lese kitschige Liebesromane! ja, ja, es fällt schon schwer, so was zuzugeben. Ich weiß nicht, ob ich erklären kann, warum ich die Dinger lese. Sie sind ein totales Fluchtmittel, schön überschaubar, reine Phantasie, und es geht immer gut aus. Ich schäme mich wirklich! Eigentlich sollte ich die Klassiker lesen!«
Eine Frau, die nie verheiratet war, beschreibt die Krise, die sie deswegen hatte und das glückliche Ende dieser Krise:
»Ich bin unverheiratet, zweiunddreißig Jahre alt, durchschnittlich attraktiv. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Job, obwohl er mich fordert, erschöpft und einen großen Teil meiner >Freizeit< verschlingt. Meine größte Leistung ist, daß ich einen sehr guten Abschluß an der Uni gemacht habe.
Die bis jetzt größte Krise meines Lebens war fällig, als ich mich damit abfinden mußte, daß ich (durch eigene Schuld) einen Mann verloren hatte, den ich sehr liebte. Ich hatte auch das Gefühl, daß ich mich nicht mehr so treiben lassen durfte, daß ich (dachte ich zumindest) >jemanden finden< und heiraten mußte. Es war eine schlimme Zeit. Ich hatte schwere Depressionen. Weil ich um jeden Preis heiraten wollte, schlitterte ich in eine lange Affäre mit einem Mann, der in keiner Weise zu mir paßte, und dann in andere, die kürzer waren, aber nicht besser.
Ich war todunglücklich. Wenn ich nicht auf der Suche nach >meinem Mann< war, verbrachte ich den Tag unangezogen, ungewaschen, mit ungekämmtem Haar, lag im Dunkeln auf dem Boden und hörte traurige, romantische Musik. Im Rückblick finde ich es erheiternd, daß ein anderer Aspekt dieser dunklen Zeit - natürlich eng verbunden mit meiner Angst, unverheiratet zu bleiben - der war, daß ich fand, ich würde alt. Ich konnte es schlichtweg nicht akzeptieren und dachte allen Ernstes, wenn ich mit Dreißig noch nicht verheiratet wäre, würde ich mich umbringen! Ich bin mir sicher, daß ich mich und meine Situation besser begriffen und die Krise schneller bewältigt hätte, wenn ich richtige Freundschaften mit klugen, selbstsicheren Frauen gehabt hätte. Aber meine damaligen Freundinnen waren entweder verheiratet oder hatten eine ähnliche Einstellung wie ich. Außerdem nahm ich Frauenfreundschaften nicht ernst. Mich beherrschte nur der eine Gedanke: Wie >kapere< ich mir einen Mann? Meine Freundschaften vernachlässigte ich darüber.
Im Rückblick ist mir jetzt klar, daß ich aufgewachsen bin, ohne je in Frage zu stellen, daß >man< sich zu verlieben hat (vielleicht mehrmals, aber früher oder später heiratet >man< den >Richtigen<) und dann mit >seinem Mann< ein >Heim< gründet. Als es so aussah, als würde das vielleicht nicht passieren, konnte ich eine Weile nicht damit fertig werden, bis mir allmählich dämmerte, daß ich an diesen Annahmen zweifelte - ob sie für jeden Menschen richtig waren und insbesondere für mich. Und eines schönen Morgens wachte ich auf (buchstäblich) und begriff auf einmal, daß ich durchaus Freude an meinem Leben gehabt hatte, ich hatte es mir nur durch die Vorurteile und Überzeugungen anderer vermiesen lassen. Danach stand es mir frei, mein wahres Selbst zu entwickeln und mit meinen eigenen Ideen an die Frage heranzugehen, wie mein Leben aussehen sollte.«
Was sind das für Frauen, die nie heiraten wollen?
Was sind das für Frauen, die nie geheiratet haben? Sitzen sie den ganzen Tag im Morgenrock und mit Lockenwicklern zu Hause herum? Oder sind sie »Femmes fatales«, »Nymphomaninnen«, die jede Woche einen neuen Liebhaber haben? Und was ist, wenn sie alt sind?
Bis zu einem gewissen Grad kann die Gesellschaft geschiedene oder verwitwete Frauen akzeptieren, selbst wenn sie den größten Teil ihres Erwachsenenlebens Singles bleiben, doch es scheint ihr wesentlich schwerer zu fallen, Frauen zu akzeptieren, die gar nicht heiraten. Es ist äußerst wichtig, daß wir das Recht fordern, für das, was wir sind, akzeptiert und geachtet zu werden, und nicht nur für unsere Verbindung mit einem Mann. Wie eine Frau sagt: »Ich bin stolz darauf, Junggesellin zu sein.«
Druck von der Familie
Auch von der Familie wird auf Frauen imtner noch Druck ausgeübt, damit sie heiraten. Diefolgenden Antworten stammen von Frauen in den Zwanzigern:
»Meine Mutter rief ihn mehrmals an und fragte, wann er mich denn nun endlich heiraten würde! Sie rief auch mich an und sagte mir, das einzig Wahre im Leben sei, einen reichen Mann zu heiraten. Und mein Vater fragt mich mittlerweile, wann ich mich endlich häuslich niederlasse. Ich sage ihm, daß ich schon viel zu sehr zur Ruhe gekommen bin - ich will leben!«
»Meine Mutter setzt mir ständig zu. >Warum gehst du nicht aus, warum lernst du niemand kennen?< Wenn ich zu Hause bleibe und lieber lese, habe ich Bedenken, ihr das zu sagen. So weit ist es schon gekommen. Sie macht mich nervös.«
Biologischer Druck
Es lastet auch ein großer Druck au Frauen, sich zu entscheiden, ob sie Kinder haben (und damit heiraten?) wollen, bevor es biologisch »zu spät« ist:
»Ich bin es leid, unverheiratet zu sein. Ich lebe allein, weil es nie einen Mann gegeben hat, den ich heiraten wollte und der mich auch heiraten wollte. Ich denke nicht gern daran, daß ich mit jedem Lebensjahr wieder ein Jahr von der Zeit verliere, in der ich Kinder kriegen kann. Ich will Kinder und habe keine. Das ist das einzige am Älterwerden, was mich traurig macht - daß die Zeit immer knapper wird. Ich spüre in mir etwas Nährendes, Fürsorgliches, das sich ausdrücken will, indem ich Frau und Mutter bin. Ich bin es leid, erwachsen zu werden und in der Ausbildung zu sein, und ich möchte zur Ruhe kommen. Ein Job, eigener Herd, ein Kind und ein treuer Liebhaber/Freund/Zimmergenosse/Kamerad (alias Mann) das ist es, was ich jetzt will.«
»Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich betrogen worden bin, daß der Entschluß, allein zu bleiben, falsch war. Alle Paare, die ich sehe, scheinen glücklich zu sein, obwohl ich natürlich weiß, daß es viele Leute gibt, die eine miserable Ehe führen. Mein Beruf ist aufregend, aber er stiehlt mir meine ganze Zeit. Ich frage mich, ob ich schon zu alt bin, um Kinder zu haben.«
»Ich dachte immer, ich wollte keine Kinder. Jetzt glaube ich, es wäre möglich, vorausgesetzt, ich werde mir vorher über meine Gefühle klar. Das Problem ist nämlich, daß ich finde, wenn ich Kinder hätte, müßte und sollte ich in den ersten Jahren viel Zeit mit ihnen verbringen und daß ich Ressentiments gegen sie hätte, wenn ich mich ihretwegen von meiner Arbeit und von der Welt abgeschnitten fühlen würde. Deshalb möchte ich keine Kinder haben. Ich möchte den Groll, den ich sonst vielleicht entwickle, nicht an sie weitergeben.«
Einige Gynäkologinnen/Gynäkologen und Geburtshelferinnen/Geburtshelfer ***71-13-9*** berichten von einer Bewegung unter den Frauen zwischen Mitte und Ende Dreißig, die sich zuvor auf ihre Karriere konzentrierten, keine Kinder hatten und sich jetzt fragen, ob das ein Fehler war. Mehrere von den Frauen, die wir hier gehört haben, halten es für einen Fehler. Das darf man nicht bagatellisieren; vor der Hälfte des Lebens über den Rest des Lebens zu entscheiden - ob man Kinder haben will oder nicht - ist ein schwieriger und bedeutsamer Entschluß, den Frauen fassen müssen, Männer dagegen nicht.
Doch wenn man nun von »verzweifelten Frauen über Dreißig« spricht, ist das nur ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr die Gesellschaft dazu tendiert, alles, was Frauen tun, als »zu emotional« und »hysterisch« zu sehen. Wenn Männer durch die Biologie zu dieser Wahl genötigt wären, würde ihre Konfrontation damit, ihr Kampf, zu einem Entschluß zu gelangen, zweifellos als edles Dilemma betrachtet werden, eines Shakespeareschen Dramas, ernster Bücher und Filme wert - Prüfstein für der Wert und den Mut eines Mannes! Doch bei Frauen wird es häufig bagatellisiert und ins Lächerliche gezogen.
Zusätzlich zum biologischen Druck im Zusammenhang mit der Kinderfrage gibt es noch Ängste in bezug auf das Älterwerden - dreißig und nicht verheiratet zu sein, (angeblich) »sein gutes Aussehen zu verlieren« usw.:
»Ich war so deprimiert voriges Jahr, als ich zweiunddreißig wurde und etliche Fältchen bemerkte. Meine Freundinnen fangen alle langsam an, alt auszusehen. Das schockiert mich. Ich sehe nicht so alt aus, am College kommt niemand darauf, wie alt ich bin. Wenn ich es selber sage, sind die meisten Leute schockiert. Es macht mich, glaube ich, ein bißchen nervös, daß ich älter werde und noch keine Kinder habe und nicht verheiratet bin.«
Der Kampf gegen die Klischeevorstellungen
Bei all dem Heiratsdruck, der auf Frauen lastet, ist es fast ein Wunder, daß wir immer noch eher klar und rational über dieses Thema nachdenken können.
Eine Frau beschreibt ihren tapferen Kampf gegen die Macht der Stereotype; sie ist entschlossen, ihre Selbstachtung, ihre Kraft und ihre Identität nicht für die Anerkennung durch einen Mann zu opfern oder ihre Selbstachtung von der Meinung einer anderen Person abhängig zu machen:
»Besessen werden. Meine Eltern haben mich als Kind besessen, wie die meisten Eltern ihre Kinder besitzen. Ich hasse dieses Gefühl. Das Problem ist eher, daß man seine Macht an eine andere Person abtritt, als daß sie einem weggenommen wird. Man gewöhnt sich als Kind an den Zustand des Besessenwerdens und neigt als Erwachsener dazu, ihn mit anderen zu wiederholen. Ich möchte das hinter mir lassen diese Kindheitsgeschichten sollen endgültig der Vergangenheit angehören.
Ich glaube nicht, daß ich anormal liebebedürftig bin, aber ich muß lernen, mich selbst mehr zu lieben. Ich fürchte, ich habe die ungute Tendenz, von anderen abhängig zu werden. Die Leute, die mir früher erzählt haben (meine Familie zum Beispiel), ich würde zuviel Zuwendung erwarten, haben mich weggestoßen, weil sie nicht imstande waren, Zuwendung zu geben... und so empfand ich meine Bedürfnisse als infantil und böse. Nachdem ich jetzt mehr über mich und die Menschen weiß, stelle ich fest, daß ich ein ganz normales Bedürfnis nach Zuwendung habe. Wahrscheinlch könnten alle ein bißchen mehr Liebe brauchen.«
46 Prozent der Frauen in dieser Untersuchung haben ähnliche Kämpfe ausgetragen; vi»ele schlagen sich innerlich nach wie vor tagtäglich damit herum:
»Bis ich zwischen zwei Beziehungen ziemlich lange allein war, neigte ich dazu, mich in jeden Mann zu >verlieben« der sich mir anbot. Das war ein echtes Problem. Ich mußte eine Weile Single sein, um zu lernen, daß ich keinen Freund brauche, um ein Mensch zu sein.«
»Ich habe mich sozusagen mit mir geeinigt. Wenn ein Mann sein Leben mit mir teilen will wie schön! Aber wenn ich allein bleibe, werde ich auch nicht sterben. Ich kann solo fliegen oder mit Partner. Ich habe viele Möglichkeiten. Ich kann wählen.«
»Stimmt das, wenn ich sage, daß ich die Liebe eines Mannes vorziehen würde? Ich habe mich sexuell oft zu Frauen hingezogen gefühlt (nicht so stark wie zu Männern, aber das könnte eine rein psychologische Sperre sein), aber nie daran gedacht, mich in eine zu verlieben. Ich nehme an, ich müßte eine viel freiere Einstellung zur Sexualität gewinnen, ehe ich das könnte, und ich glaube nicht, daß ich die Männer ganz aufgeben könnte. Woran es bei Frauen fehlen würde, ist bestimmt nicht der Sex - der wäre phantastisch, da bin ich mir sicher. Aber das Symbol der männlichen Gegenwart würde fehlen, das heterosexuelle Paar, das in unserer Tradition derart glorifiziert worden ist, daß das Leben schwierig wird, wenn du dich dem entziehst.«
»Am einsamsten war ich in der Pubertät. Damals glaubte ich, ich müßte einen Mann haben, sonst könnte ich nicht glücklich sein. Darüber bin ich Gott sei Dank hinaus! Heute weiß ich, der Schlüssel zum Glück liegt darin, daß ich mich selbst liebe.«
Eine andere Frau beschreibt die Phase, die sie durchmachte, ehe sie sich ein neues Selbst schaffen konnte:
»Dieser >Selbst-Mord< scheint der Wendepunkt gewesen zu sein. Ich habe das alte, abhängige Selbst getötet, das recht hatte mit seiner Vermutung, es hielte das Leben nicht mehr aus. Ich nehme an, ich erschreckte mich selbst so sehr, daß ich'mich verändern mußte. Ich erkannte, daß ich den schwulen Mann noch immer liebte, akzeptierte unsere Freundschaft aber so, wie sie war. Doch ich hielt Abstand zu ihm und ließ erst dann wieder Nähe zu, als sich meine Ehe gut eingespielt hatte - ich mußte da raus, ich konnte mein Leben nicht nur mit dem Wunsch verbringen, es möge anders sein zwischen uns. Ich war während dieser emotionalen >Genesung lange Zeiten zu Hause stille Zeiten - machte Handarbeiten, trank Schokolade, hörte Jazz, lernte, allein zu sein und alle Gefühle des Verlusts zu spüren, durch die ich gehen mußte.
Ich war einsam, aber ich hätte meinen jetzigen Stand ohne diese Phase nicht erreicht. Da ich wußte, was ich wollte, konnte ich meinen Mann bei unseren ersten Begegnungen als das erkennen, was er war. Ohne die Phase des Alleinseins wäre ich vielleicht aus lauter Verzweiflung in die nächste schlechte Beziehung gestolpert.«
Viele Frauen sprechen mit großem Stolz von ihrer mühsam errungenen Unabhängigkeit und Stärke:
»Einen Mann anbetteln müssen um ein paar gemeinsame Stunden, um eine Umarmung, ein ermutigendes Wort (oder überhaupt ein Wort) - vergiß es. Ich bin weniger einsam, wenn ich mit meinen Büchern allein bin.«
»Wenn ich den Eindruck habe, daß ich meinen Liebhaber ständig anturnen muß, indem ich schön und verführerisch bin, interessiert er mich nicht. Ich ziehe mehr emotionale Substanz vor. Wenn ich Spaß daran habe, mich schön anzuziehen, und meinem Freund gefalle - das ist was anderes. Aber ich mag mich nicht schön anziehen müssen, damit er mein >Freund< bleibt. Das habe ich echt nicht nötig.«
»Wenn ein Mann gehen will - bitte. Er muß mich so mögen, wie ich bin, und wenn er das nicht tut, werde ich nicht versuchen, ihn zu halten. In dieser Hinsicht bin ich erwachsen geworden- Ich lasse mich nicht auf Spiele ein, um einen Mann am Gehen zu hindern. Ich weiß, daß ich auch ohne ihn leben kann.«
Ist es besser, »den Falschen« zu heiraten,
oder »für alle Zeit unverheiratet« zu bleiben?
Was ist, wenn eine Frau keinen Mann findet, den sie heiraten will und der sie heiraten will (»den Richtigen«)? Soll sie sich dann »bescheiden« und »einfach jemand Nettes« heiraten?
»Ich denke immer, wenn ich ihn nicht heirate, heirate ich vielleicht überhaupt niemand. Vielleicht ist er das Beste, was ich kriegen kann.«
»Der ganze Druck... Er ist so ein netter Kerl, aber... Ich weiß nicht, irgendwie fehlt es an der Begeisterung. Vielleicht, weil er das Leben nicht so toll findet oder weil ich zuviel will; vielleicht bin ich eine hof fnungslose Romantikerin und warte auf den Märchenprinzen... Aber warum muß ich jemanden heiraten, nach dem ich nicht verrückt bin? Andererseits... vielleicht finde ich nie wieder jemanden. Wird es mir dann später leid tun?«
Eine verheiratete Frau kommentiert im Rückblick:
»Es würde viel mehr Spaß machen, Single zu sein, wenn man wüßte, was letztlich passiert - dann könnte man sich entspannen und richtig genießen! Aber so fragt man sich, treffe ich vielleicht mal jemand, der besser für mich ist, oder soll ich mich mit dem zufriedengeben, egal wieviel Probleme wir haben?«
Nur eine Minderheit der Frauen betont, lieber »für alle Zeit unverheiratet« bleiben zu wollen, als »den Falschen« zu heiraten:
»Ich sage meinen Freundinnen, daß es besser ist, alle fünf Jahre eine gute Beziehung mit einem Mann zu haben, als bloß wegen dem, was >die Gesellschaft< denkt, in einer schlechten Beziehung zu bleiben. Ich bewundere Frauen wie Liz Taylor, die nicht aufgeben, sondern weiter versuchen, ihr Glück zu finden.«
Was ist, wenn der Mann, den eine Frau liebt, prinzipiell nicht heiraten will oder sie nicht heiraten will? Soll sie notfalls »für alle Zeit unverheiratet« bleiben, wenn sie niemanden findet, den sie aufrichtig bewundert und liebt? Theoretisch vielleicht ja. Doch die Welt hat dies den Frauen fast unmöglich gemacht, obwohl es nun, da mehr Frauen im Berufsleben stehen, eine Alternative ist, für die sich immer mehr Frauen entscheiden werden. Trotzdem ist der gesellschaftliche und der innere, psychologische Druck nach wie vor da. Wird er nachlassen?
Es ist einem peinlich zuzugeben, daß man heiraten will:
der Druck, »unabhängig« zu sein
»Es fällt mir schwer zuzugeben, daß ich wirklich einen Mann will, daß ich wirklich heiraten will. Unabhängig davon, was ich politisch weiß, unabhängig davon, wie unmöglich oder dumm es zu sein scheint... ich will es trotzdem. Aber ich empfinde einen großen Druck, habe irgendwie das Gefühl, daß ich mich nicht so sehr mit Liebe und Romantik befassen, mich nicht in eine Liebesgeschichte hineinsteigern >sollte<.«
Viele Frauen leiden unter dem Konflikt, daß sie nicht genau wissen, ob sie »unabhängig« sein wollen oder ob sie es lieber hätten, wenn sich ein Mann »um sie kümmert«:
»Solange ich allein war, hatte ich das - vielleicht illusorische - Gefühl, das Stabilste in meinem Leben würde immer ich selbst sein mit meiner Kraft, ich hatte das Gefühl, wieder ein starkes Ich zu haben, das in meiner Beziehung zuvor unterdrückt worden war. Bei meinem zweiten Liebhaber fühlte ich mich dann anfangs sehr stark - aber ab einem bestimmten Punkt begann ich an seiner Liebe zu zweifeln und hatte auch Angst zu gehen. Warum? Zuvor war ich ja gerne für mich gewesen. Werde ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit regredieren, werde ich weiter versuchen, den Mittelpunkt der Welt in jemand anderem zu suchen? Bin ich schwach?«
»Manchmal habe ich das dringende Bedürfnis, daß mich ein Mann in seine Arme nimmt und sagt: >Es ist okay, Baby. Ich beschütze dich vor allem!< (Und wer wird das wohl sein? Vermutlich der Märchenprinz!) Das ist natürlich gefährlich, unrealistisch und außerdem saukomisch!«
Ideologisch »richtig«
Wollen Frauen immer »Gleichheit«? Was wir von der Liebe haben, von der Leidenschaft, ist schwer in Worte zu fassen: Manchmal ist es mit tiefen Sehnsüchten verbunden, die eine andere Person aus irgendeinem Grund in uns weckt. Manchmal erfahren wir auch durch einen Menschen, in den wir verliebt sind, einen Teil von uns, der bis dahin verborgen war. Liebe ist nicht immer erklärbar, Seelenverwandtschaft auch nicht, und einige der dabei beteiligten Gefühle lassen sich vielleicht nicht immer eindeutig in die Kategorie dessen einordnen, »was gut für einen ist« oder »was man empfinden sollte<.
Anders ausgedrückt: sind derartige Feststellungen unvereinbar mit der Unabhängigkeit von Frauen? Oder können Frauen und Männer dann und wann voneinander abhängig und zu anderen Zeiten voneinander unabhängig sein und trotzdem eine Beziehung haben? Wie es eine Frau formuliert: »Ich glaube, mein Partner und ich sind beide ziemlich unabhängig und beide ziemlich abhängig... so ist es wohl in den meisten stabilen Beziehungen. Aber wie soll eine Beziehung glücklich und stabil sein, wenn immer nur auf einen der Partner Verlaß
ist? Wie kann eine Person immer diese Last tragen ohne die Möglichkeit, sich auch mal an den anderen anzulehnen?«
Ständige »Gleichheit« gibt es natürlich nicht. Beziehungen sind Schwankungen unterworfen. Und Männer haben manchmal - wenn sie es zulassen können, wenn sie sich sicher genug fühlen - auch Freude daran, »dominiert« zu werden, behütet zu werden.
Nicht die »Abhängigkeit« als solche ist »verkehrt«; verkehrt ist vielmehr, daß Frauen jahrhundertelan£r abhängig sein mußten und wenig oder gar keinen Status hatten, wodurch ihre Lebensqualität beeinträchtigt wurde und sie manchmal sogar in Gefahr gerieten. »Unabhängigkeit« wurde in den siebziger Jahren (und früher) ein Wertbegriff für Frauen, ein Schlachtruf, weil sie als finanziell »Abhängige« entdecken mußten, daß es ihnen nicht möglich war zu gehen, wenn ihre Situation schlecht war. (Siehe 11. Kapitel.)
Haben Frauen noch ein »Recht« darauf,
finanziell »abhängig« zu sein?
Einige Frauen nehmen Anstoß an der Ideologie, die sagt, der einzige Weg zum »richtigen« Selbst sei der, beruflich außer Haus zu arbeiten, wohingegen zu Hause zu bleiben bedeute, »zurückgeblieben« zu sein. Aber sind häusliche Fähigkeiten nicht mindestens genauso befriedigend wie Büro- oder Fließbandarbeit? Warum sollen Frauen nicht zu Hause arbeiten?
Einige unverheiratete Frauen in den Zwanzigern haben Schuldgefühle, weil sie eigentlich nicht »unabhängig« sein wollen, sondern es vorziehen würden, (ökonomisch abhängige) Hausfrauen und Mütter zit sein:
»Ich wäre lieber abhängig, aber ich habe Bedenken. Schließlich haben Frauen für die Unabhängigkeit gekämpft, auch für meine, und deswegen hätte ich irgendwie Schuldgefühle, wenn ich mich für die traditionelle, häusliche Lebensform entscheiden würde.«
Eine junge Frau (verheiratet, ein Kind, finanziell abhängig) stellt solche Schuldgefülile und den Wert der »Unabhängigkeit« in Frage:
»Ich habe auch mal geglaubt, Frauen müssen arbeiten und es sei wichtig, daß sie sich mit ihrer Arbeit selbst verwirklichen. jetzt frage ich mich, wie ich das habe glauben können. Ich hatte nämlich nie einen Job, der was getaugt hat, eine Arbeit, die irgendwie mit meinen ,Ideen zu tun hatte. Mal war ich Barfrau, mal habe ich Versicherungsformulare ausgefüllt. Ich hatte lauter blöde Jobs, Frauenjobs, und trotzdem hatte ich diese bürgerliche Mentalität wie aus einer Zeitschrift für die aufgeklärte, moderne Frau - die mir sagte, das sei wichtig. Und es ist auch wichtig für einige Frauen, aber für mich und die Mehrheit der Frauen ist es nicht wichtig. Wir finden keine Erfüllung in unseren Jobs.
Ich muß allerdings noch gegen diese zwiespältige Einstellung kämpfen, daß das, was hier in meinem Haus passiert, nicht so wichtig ist, wie das, was >draußen in der Welt< oder am Arbeitsplatz meines Mannes passiert. Diese Einstellung habe nicht nur ich, die haben auch meine Freundinnen.«
»Die Frauen haben die >Gleichberechtigung< satt - sie bedeutet doch nur,
daß du alles machen mußt!«
17 Prozent der Frauen sagen, es sei kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt, daß von Männern nicht mehr erwartet wird, daß sie Frauen unterstützen oder ernähren:
»Ich finde es bedauerlich, daß die Frauenbewegung nötig ist. Natürlich sollten Frauen einen Beruf ausüben können, wenn sie das wollen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekommen und nicht nur als Sekretärin, Krankenschwester, Lehrerin oder Friseuse tätig sein dürfen. Aber wenn ein Mann und eine Frau die Entscheidung treffen, daß sie zu Hause bleibt und sich um Haushalt und Kinder kümmert, dann sollte es für ihn nicht so einfach sein, sich das anders zu überlegen und sie hängenzulassen mit Hypothekenzahlungen von 900 Dollar und ohne die Möglichkeit, sehr viel mehr als 15 000 Dollar pro Jahr zu verdienen, zumal wenn sie es 15 Jahre lang gewohnt war, 75 000 Dollar zur Verfügung zu haben, aber keine richtige Ausbildung hat und auch keine großen Berufsaussichten, weil sie >schon< fünfundvierzig Jahre alt ist. Ich bin aus moralischen Gründen gegen die Scheidung, aber ich bin auch aus ökonomischen Gründen dagegen. Die Frauenbewegung ist so ziemlich unser einziger Schutz gegen das VerlassenwerJen. Ich finde es bedauerlich, daß meine Töchter n-tehr oder weniger genötigt sein werden, sich einen lukrativen Beruf zu suchen und sich in diesem Beruf zu bewähren, um finanziell abgesichert zu sein.«
Und eine Frau resümiert, was viele glauben: daß Frauen, auch wenn sie »abhängig« sind, gewiß nicht »geringer« sind; sie leisten, indem sie sich um das Wohl der Familie kümmern, einen mindestens ebenso bedeutenden gesellschaftlichen Beitrag, wie wenn sie jeden Tag außer Haus ihre Arbeit verrichten:
»Was für einen Beitrag haben wir Frauen für die Gesellschaft geleistet? Das weiß ich nicht genau. Aber mir ist nicht unwohl bei dem Gedanken, daß wir >nur< Sanftheit und Wärrne beitragen und nicht das Allheilmittel gegen den Schnupfen erfunden haben. Ich glaube, Frauen halten die Familie zusammen. Das geht nicht ohne Mühe ab, und manchmal sind auch die Vorgaben schlecht - wenn sie >unmögliche< Männer haben, wenig Geld, kein großes Interesse am Hausfrauendasein. Und trotzdem stellen sie sich ständig der Herausforderung. Ich finde, was das betrifft, habe ich meine Sache gut gemacht, und ich bin stolz darauf.«
Wie wir gerade gesehen haben, verteidigen ziemlich viele Frauen ihr Recht, zu Hause zu bleiben und Hausfrau zu sein, statt als »Karrierefrau« ihre »Unabhängigkeit« oder ihren »Wert« unter Beweis stellen zu müssen. Und diese Frauen haben recht: Der Feminismus wollte eine Welt, in der Frauen viele Wahlmöglichkeiten haben, und wenn sie angesichts all dieser Optionen beschließen, zu Hause zu bleiben, die Kinder zu versorgen und die Familie zu fördern, ist das eine völlig legitime Entscheidung.
Doch es gibt auch eine gegenläufige Argumentation, eine anhaltende Unterströmung, die fragt, ob hier nicht zumindest teilweise gesellschaftlicher Druck bzw. verinnerlichter Druck im Spiel ist - mit anderen Worten: der Glaube, daß eine Frau keine »richtige« Frau ist, wenn sie nicht verheiratet ist und Kinder hat. Wird mit dem Einwand mancher Frauen, daß es legitim oder ökonomisch notwendig ist, von einem Mann abhängig zu sein, bloß die Auffassung kaschiert, daß Frauen nur dann Status haben können, wenn sie »einen Mann haben«?
»Unabhängigkeit« und »Abhängigkeit« sind in viel stärkerem Maße individuelle Probleme, als frühere Analysen vermuten ließen. Tatsächlich ist eine der Grundfragen der Debatte zwischen »Konversativen« und »Radikalen« über das Wesen der Familie folgende: Ist die Unabhängigkeit der Frauen für sie selbst wichtig und nötig, oder ist sie bloß nötig, weil die Männer Frauen, die Mütter sind, nicht so achten und unterstützen, wie sie sollten? Eine Frau meint: »Die Männer müssen zu einer neuen Vorstellung von Männlichkeit erzogen werden, in der auch die Vaterschaft ihren Platz hat. Ich bin von meiner Mutter zur Unabhängigkeit erzogen worden. Ehe ... das war nicht wichtig. Aber als ich schwanger war, hat sich meine Auffassung von der Ehe geändert, auch meine Auffassung von dem, wie ein Mann sein soll. Ich habe nicht gewußt, was ein guter Mann ist, habe nicht gewußt, daß er tatsächlich finanziell Verantwortung übernehmen sollte - und daß ich einen solchen Mann finden konnte.«
Doch eine andere Frau erinnert uns an die Kehrseite der Geschlechterbeziehungen alten Stils: »Etliche Männer aus meiner Bekanntschaft, die verheiratet sind oder stabile Beziehungen haben, sagen, sie glaubten, daß Männer gegenüber Frauen gewisse Verpflichtungen haben, daß Frauen Männer brauchen und daß ein richtiger Mann Verantwortung übernimmt und die Frau ernährt. Daß Frauen Männer brauchen, überrascht mich nicht, aber es irritiert mich, daß es nicht gegenseitig ist.«
Der Haupttrend geht heute dahin, daß Frauen die finanzielle Unabhängigkeit vorziehen; die meisten Frauen mögen nicht finanziell abhängig sein oder sich sagen lassen, was sie tun sollen; ***71-13-10*** viele sind sehr zornig über die Zeiten, die sie ohne Alternativen zu Hause verbracht haben:
»Ich bin sechsundvierzig und mittendrin in einer höchst unerfreulichen Scheidung, die sich schon über zwei Jahre hinzieht. Ich gehe wieder aufs College; meine Kinder sind erwachsen und brauchen mich nicht mehr, und ich habe es satt, nett und geduldig zu sein. Es hat mir absolut nichts gebracht; es hat mich nur daran gehindert, ich selbst zu sein und Spaß zu haben.«
23 Prozent der unverheirateten Frauen in den Zwanzigern, die jetzt arbeiten, sagen, daß siefür die Ehe und eine Familie ihren Beruf oder ihre Karriere aufgeben würden:
»Ich verdiene seit zehn Jahren mein eigenes Geld. Meine Arbeit war für mich immer die Hauptsache - zumindest habe ich erwartet, daß sie mich glücklich macht. Sie befriedigt auch einen großen Teil meiner Bedürfnisse, aber nicht das Bedürfnis nach Liebe. Obwohl ich verschiedene Jobs hatte und mehr als nur eine abgeschlossene Ausbildung, sehe ich das nicht als richtiges Erfolgserlebnis. Für eine tolle Beziehung würde ich meine Karriere aufgeben, wenn auch mit Bedauern.«
»Ich liebe meine Arbeit und habe das hinter mir, was man einen >steilen Aufstieg< nennt. Trotzdem habe ich das Gefühl, daß mein Leben noch nicht richtig angefangen hat. Es wartet noch so viel auf mich -. wenigstens hoffe ich das. Ich sage nur mit größtem Widerwillen, daß ich im Moment recht unglücklich bin, denn ich habe reizende Eltern und Geschwister, einen Traumjob und liebe Freundinnen. Ich weiß, wie gut ich dran bin. Aber was ich am meisten will im Leben, ist ein Mann, der mich liebt und braucht, zwei, drei Kinder und ein süßer kleiner Hund - ein altmodischer Traum, nicht wahr?«
»Die Leute denken, ich wäre karrieregeil, aber ich würde den Job sofort sausen lassen, wenn mir der richtige Mann begegnete. Ich mag meinen Job, aber ich arbeite, seit ich sechzehn bin und gehe nebenher noch zur Schule, und jetzt bin ich müde - nicht richtig ausgebrannt, aber müde. Ich würde gern einen Mann kennenlernen und heiraten.«
32 Prozent der Single-Frauen führen ökonomische Unsicherheit und Finanzprobleme auf manche haben Angst, in diesem Bereich ihr Leben lang auf sich gestellt zu sein:
»Ich kann es einfach nicht fassen, daß ich allein durchs Leben gehe. Ich will das nicht. Aber wenn die einzige Alternative darin besteht, mit verheirateten Männern ins Bett zu springen oder mit Männern, die keinen Respekt vor einem haben und einem weh tun, bleibe ich besser enthaltsam. Das Ganze hat auch eine ökonomische Seite. Kann ich mich tatsächlich mein Leben lang allein durchschlagen, ohne jemanden, der mir notfalls unter die Arme greift?«
Die Mehrheit der Frauen in den Vereinigten Staaten betrachten die Ehe keineswegs als Versorgungsinstitut. Die meisten arbeiten außer Haus, und den meisten ist klar, daß sie sich und ihre Kinder (und vielleicht sogar ihre Männer) lange Zeiten ihres Lebens wahrscheinlich selbst ernähren werden.
19 Prozent der Frauen in den Zwanzigern sagen, sie würden »nie heiraten«. Interessanterweise haben, zumindest in den letzten drei Generationen, etliche Frauen in den friihen Zwanzigern gesagt, sie würden nie heiraten, der Heiratsdruck sei ein Problem der »älteren Generation« - doch dieser Druck scheint immer noch zuzunehmen, wenn eine Frau dreißig wird; jede Frauengeneration in den Zwanzigern stellt verblüfftfest, daß dieser »altmodische« Druck noch nicht verschwunden ist:
»Ich dachte, heute gebe es weniger sozialen Druck, aber meine Schwester macht das gerade durch, und so war sie noch nie (>Torschlußpanik< usw.). Es ist alles andere als lustig - sie tut mir leid. Außerdem frage ich mich, ob es mir bald auch so geht.«
Die Statistik zeigt, daß die meisten Frauen in den Vereinigten Staaten (und in fast allen anderen Ländern) mit siebenundzwanzig heiraten (oder bereits geheiratet hatten und geschieden waren). Und was ist mit den Frauen, die sagen, sie würden »nie« heiraten? Heiraten sie doch, weil sie sich verlieben, Familie haben wollen und weil das »natürlich« ist? Wegen des enormen Drucks, den die Gesellschaft auf Frauen ausübt, wenn sie um die Dreißig sind? Wegen des Drucks, der von der »biologischen Uhr« ausgeht? Dieselbe Frage kann bei Männern gestellt werden, die auch seit den sechziger Jahren verkündet haben, sie seien gegen die Ehe und wollten »nie« heiraten - trotzdem ist die Mehrheit der Männer in den Vereinigten Staaten mit siebenundzwanzig ebenfalls verheiratet.
Mitte der achtziger Jahre »berichteten« die Medien von der angeblichen Desillusionierung, die Frauen im Hinblick auf Beruf und Karriere empfänden. Die Zweifel der Frauen wurden fehlinterpretiert auf die Bedeutung hin: »Frauen sind im Grunde ihres Herzens Mütter und nicht für die Welt der Männer und des Wettbewerbs gemacht, wo man hart sein muß!« Tatsächlich haben Frauen gefunden, die Arbeitswelt sei mit Mängeln behaftet, aber sie haben nicht den Eindruck, daß die Patentlösung darin besteht, »alles aufzugeben~~. (Mehr Frauen denn je arbeiten außer Haus, und die meisten sagen, sie wollten es so.) Es zeichnet sich keine Rückkehr zu den fünfziger Jahren ab; die meisten Frauen glauben, daß es neben dem Entweder-Oder, in die Männerwelt hinauszugehen oder zu Hause zu bleiben, noch eine Möglichkeit geben muß. Frauen versuchen, diese dritte Alternative zu schaffen.
Die meisten Frauen in den Zwanzigern (56 Prozent) sagen, sie könnten sich nicht für die Arbeit oder aber für die Ehe entscheiden - sie wollen beides:
»Ich möchte eine liebevolle, fürsorgliche Mutter sein und arbeiten, aber mir schwant schon, daß ich nicht die Superfrau bin, die das unter einen Hut kriegt. Es wird schwierig sein, einen perfekten Partner zu finden, der sich die Hausarbeit mit mir teilt und sich um die Kinder kümmert. Das ist mein größtes Problem. Wenn ich wählen müßte, würde ich mich wohl für Kinder entscheiden, aber ich würde sie so spät wie möglich bekommen, damit ich nicht das Gefühl habe, ich hätte was verpaßt im Leben.«
»Ich will nicht >wählen< müssen. Theoretisch würde ich mich, wenn mir jemand die Pistole auf die Brust setzen und >Mann oder Beruf<! sagen würde, für beides entscheiden, aber in der Reihenfolge >Beruf und Mann<.«
Viele Frauen weisen verärgert darauf hin, daß esfür Männer dieses EntwederOder nicht gibt und daß die meisten Männer die erste Zeit mit Kindern auch dann nicht zu Hause verbringen, wenn sie es könnten:
»Wenn mehr Männer bereit wären, zu Hause ihren Teil beizutragen, wenn es ums Großziehen der Kinder geht, oder zeitweise mit dem Beruf auszusetzen, stünden die Frauen nicht so unter Druck, sich für das eine oder das andere zu entscheiden. Aber bei den herrschenden Verhältnissen sieht es so aus, daß eine Frau, wenn sie einen Beruf haben will (und nicht nur einen Job zum Dazuverdienen), die übliche Doppelbelastung auf sich nehmen oder ihren Wunsch nach Kindern auf unbestimmte Zeit vertagen muß.«
»Es ist schlichtweg sexistisch. Niemand macht sich Gedanken darüber, daß die Männer >nicht in der Lage sind<, Beruf und Familie in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Wenn die Männer mehr Verantwortung für ihre Kinder übernehmen würden, wären die Frauen nicht in einer so ausweglosen Situation. Wie mein Vater denken die Männer immer noch (viele jedenfalls), daß ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Kindern abgegolten sind, wenn sie Geld mit nach Hause bringen. Es ermutigt mich allerdings, daß jetzt mehr Männer im vollen Sinne des Wortes Väter sein wollen. Offensichtlich ist unser System nur rein äußerlich für die Emanzipation, denn gute, billige Kindertagesstätten sind und bleiben rar. Das ist eine großartige Methode, Frauen ans Haus zu fesseln - abhängig und machtlos.«
Was bedeutet »Unabhängigkeit«?
Bedeutet »unabhängig« sein nicht verheiratet zu sein? Oder in der Ehe selbständig zu denken? Sich seinen Lebensunterhalt verdienen zu können? Was es wirklich bedeutet, ist, die Wahl zu haben - und viele Frauen, die Kinder haben und es genießen, gehören einer neuen Generation an, die diese Möglichkeit gewählt hat.
Ursprünglich - das sollte hervorgehoben werden - betonte die Frauenbewegung das Recht der Frauen auf Arbeit nicht nur wegen der Befriedigung, die einem eigene Arbeit geben kann, sondern wegen des verzweifelten Bedürfnisses nach finanzieller Unabhängigkeit, das viele Frauen hatten. Weit davon entfernt, Arbeit nur als Zeitvertreib zu betrachten, ermutigte die Frauenbewegung dazu, sie als Mittel zu sehen, durch das sie einigen der eklatantesten Formen männlicher Dominanz im Haus entgehen konnten - und über diese Dominanz beschweren sich Frauen immer noch.
Die ökonomische Unabhängigkeit bleibt für Frauen die Basis, die ihnen die Wahl ermöglicht. Obwohl die Arbeit außer Haus vielleicht nicht mehr das einzige »Kennzeichen der Freiheit« ist, gründet sich das, was wir jetzt haben - der etwas verbesserte Status von Frauen -, auf diese ökonomische Basis, auf die Fähigkeit der Frauen, finanziell unabhängig zu sein. Und deshalb ist es so wichtig, dafür zu kämpfen. Das Recht auf Arbeit steht symbolisch für das Recht von Frauen, ein Leben außerhalb des Hauses zu haben.
FAZIT
Ungebunden und unabhängig sein: Sein eigenes Leben leben
Zur Feier unseres eigenen Lebens
Warum Frauen gern Single sind
»Jede Frau sollte die Chance haben, mindestens einen Teil ihrer Erwachsenenjahre allein zu leben!«
93 Prozent der Single-Frauen, die nie verheiratet waren, sagen, unbeschadet etwaiger Probleme, sie lieben ihre Freiheit und Unabhängigkeit, das Für-sichLeben, den Spaß, Leuten zu begegnen, Leute zu kennen, und das Vergnügen, ihr Leben ihr Eigen zu nennen: ***71-13-11***
»Ich liebe es, zu tun, was ich will und wann ich es will - und außerdem bin ich gezwungen, selber auf andere Menschen zuzugehen.«
»Reisen und allein ausgehen, unbehindert von einem Partner... ich genieße das. Ich kann machen, was mir gefällt, ohne mich dafür verteidigen oder jemandem Rechenschaft ablegen zu müssen. Ich habe die Möglichkeit, alles zu machen! Ich habe noch niemanden gefunden, den ich genug liebe und achte, um den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen.«
»Es ist wunderbar, für niemanden verantwortlich zu sein als für sich selbst. Mir gefällt es, daß ich mit jedem flirten kann, mit dem ich flirten will, nicht angebunden bin, eine Wohnung habe, die meinem Geschmack entspricht, und daß ich niemandem Rede und Antwort zu stehen brauche.«
»Ich bin sehr gern Single - aber ich bin nicht gern allein. Wahrscheinlich habe ich deswegen zwei Männer statt einen. Das Beste am Singlesein ist, daß man keine Verpflichtungen hat.«
»Ich treffe mich gern mit Männern, bin gern mit ihnen zusammen. Obwohl es vielleicht nicht immer klappt wie gewünscht, ist es eine gute Erfahrung. Ich habe die Aufmerksamkeit von verschiedenen Männern gern. Die Nachteile? Tage wie der Valentinstag, wenn deine Zimmergenossinnen alle einen Freund haben und du gerade keinen hast oder eine Weile mit niemand geschlafen hast.«
Die meisten Frauen, die nach einer Scheidung Singles werden, lieben es ebenfalls, für sich zu sein, unabhängig zu sein:
»Single sein ist himmlisch! Egal, welche Probleme der Tag bringt, ich blicke zurück, und im Vergleich damit ist der Tag ein rauschender Erfolg!«
»Wie ich mich fühle? Gut! Es gefällt mir, mich frei zu fühlen, gefühlsmäßig in keiner Weise angebunden - das frißt mich nämlich immer auf. Ich hätte nie gedacht, daß ich es alleine schaffe, aber ich merke inzwischen, daß ich meine Liebe auf viele Leute verteilen und viele befriedigende Beziehungen haben kann.«
»Ich bin echt lieber Single als Teil eines unglücklichen oder mäßig unglücklichen Paars! Manchmal fehlt mir jemand, mit dem ich zuverlässig was zusammen machen kann, aber das hatte ich in meiner Ehe ja auch nicht.«
»Der große Vorteil: Freiheit. Ich gehe gern allein essen, allein einkaufen. Aber ich glaube, daß die Welt paarweise reist und über Einzelwesen konsterniert ist, vor allem wenn es sich bei solchen Einzelwesen um Frauen handelt. Der große Nachteil: Die vielen verheirateten Männer, die einen anmachen, wenn man geschieden ist. Und je unabhängiger und unnahbarer man ist, desto mehr phantasieren sie von einem, denn das ist für den Macho eine echte Herausforderung.«
»Allein zu leben hat nur den einen Nachteil, daß man nicht regelmäßig Gesellschaft und Sex hat. Aber sonst ist das Leben viel erfreulicher. Ich kann mir die Leute aussuchen, mit denen ich befreundet sein will, kann das Gesellige und das Private planen, in meinen vier Wänden sagen und tun, was ich will, mein Zuhause als MEIN Zuhause gestalten (in dem sich etwas von mir widerspiegelt), und ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, brauche niemandem zu erklären, was ich tue. Ist es nicht seltsam, daß es so lange dauert, bis man entdeckt, daß die Freiheit so schön ist? Warum heiraten wir so schnell? Oder gibt mir bloß mein Alter das Gefühl, daß mir meine Freiheit mehr Vorteile bringt als die Ehe oder eine Bindung? Ich hatte ein starke Bindung, und jetzt vermisse ich sie nicht? Ich will meine Vorurteile nicht meinen Töchtern aufdrängen - es wird schwierig werden, sie nur zu beobachten und sie sonst ihre eigenen Wege gehen zu lassen.«
»Ich bin durchaus offen für eine Liebesbeziehung, aber das ist für mich jetzt nicht so furchtbar wichtig. Mein eigenes Selbst, meine Arbeit und meine Freundinnen kommen an erster Stelle. Ich liebe es, Junggesellin zu sein. Ich bin enthaltsam. Ich finde es nicht nötig, was mit einem Mann zu haben. Ich studiere wieder, habe ein Stipendium. Es ist aufregend. Unabhängigkeit! Ich bin frei! Ich liebe es, allein zu Partys, zum Essen, zum Einkaufen und ins Kino zu gehen. Manchmal habe ich Lust, mit anderen loszuziehen, also unternehme ich was mit meinen Freundinnen, aber manchmal muß ich einfach allein sein, und da ich in meiner Ehe nie allein sein konnte, genieße ich es immer noch. Ab und zu kommt es vor, daß Leute versuchen, mir einzureden, mit mir wäre was verkehrt, weil ich allein bin, aber das ist ihr Problem.«
Die meisten Frauen jeden Alters leben gern allein, ob sie nun zu Hause sind, lesen, fernsehen, Kaffee trinken, oder ein sehr geselliges Leben führen, Leute zum Essen einladen, ins Theater und ins Konzert gehen, so viele Freundinnen haben, daß sie nicht mit allen Kontakt halten können, und so viele Liebhaber, wie sie wollen - oder beides.
Nur ein paar Frauen leben überhaupt nicht gern allein:
»Mein erstes Jahr als Single war eine einzige Qual, das schlimn-tste Jahr meines Lebens. Mit der Zeit habe ich mich dann etwas wohler gefühlt, aber ich bin auch jetzt noch einsam. Wenn ich von einer Party oder von der Arbeit nach Hause fahre, wünsche ich mir immer, ich hätte jemand, mit dem ich über das reden kann, was ich erlebt habe.«
»Das Junggesellinnendasein hat mir nie gefallen. Keine emotionale Sicherheit, keine Stabilität, keine finanzielle Sicherheit, keine Gesellschaft, keine Nähe, keine Liebe, kein Austausch usw... Ich bin nie gern allein weggegangen und habe es auch nie getan, und mein SexLeben als Junggesellin war gleich Null.«
Allein Kinder haben:
Frau und Kind als Familieneinheit
Soll sich eine unverheiratete Frau Mitte Dreißig, die Kinder will, für die Möglichkeit entscheiden, alleinerziehende Mutter zu sein?
Familien, die aus alleinerziehenden Müttern und ihren Kindern bestehen, sind nicht traurig und deprimiert - wie es dem Klischee entspricht - sondern meist glücklich und zufrieden und funktionieren durchaus:
»Ich hatte zwar wochenlang nachgedacht, sogar gegrübelt und gewissermaßen Zwiesprache mit meinem Bauch gehalten, aber als die Sprechstundenhilfe in der Praxis meines Arztes sagte >Der Test ist positiv!<, durchrauschte mich ein Strom von Energie! Ich hatte Tränen in den Augen und empfand überall eine ungeheure Wärme, als ich dachte: > Wow, da ist wirklich ein Baby drin!< Ich mußte einen Komprorniß machen für die Entscheidung, mein Kind zu haben. (Ich bin unverheiratet, war auch nie verheiratet.) Ich beschloß, meinen Job aufzugeben, um mit dem Kind zusammen zu sein (was kein großes Opfer war) . Mein Sohn sollte meine volle Aufmerksamkeit haben und seine erste Ze~it, die ja so wichtig ist, nicht mit Babysittern verbringen müssen - ich habe ihn schließlich nicht bekommen, damit ihn andere aufziehen! Für alles, was ich aufgegeben habe, habe ich Ersatz gefunden.
Daß jemand da ist, für den ich denken und planen muß, hat mir geholfen, besser mit mir selbst umzugehen. Als ich gesehen habe, wie abhängig Kinder von ihren >Bezugspersonen< sind, stieg meine Horror-Kindheit wieder aus meinem Unterbewußtsein auf, und ich bin jetzt in Therapie, um all diese Gefühle durchzuarbeiten. Daß ich ein Kind habe, das ich liebe, wirklich liebe, hat mir gezeigt, daß ich zu starken Gefühlen fähig bin, ein Risiko eingehen und mich wirklich um jemanden kümmern kann. Ich kann es auch annehmen, daß mich jemand braucht - es ist nicht dasselbe wie eine Liebesbeziehung mit einem Erwachsenen, aber es öffnet einem die Augen.«
Eine Frau befürchtet, es sei nicht recht, Kinder ohne Mann großzuziehen:
»Ich bedauere nur, daß ich die Kinder allein habe großziehen müssen. Sie haben nicht mitgekriegt, wie eine Beziehung zwischen Mann und Frau aussehen kann. Andererseits ist ihnen zwar das Positive entgangen, aber vom Negativen sind sie auch verschont geblieben. Ob das gut für sie war oder nicht, muß sich erst noch zeigen.«
Doch andere Frauen erinnern uns daran, daß viele verheiratete Mütter entdecken müssen, daß sie praktisch »Alleinerziehende« sind:
»Das Beste an der Ehe sind die Kinder. In den vierziger Jahren war eine alleinstehende Mutter ein Problem für das Kind. Aber wenn ich heute noch mal Kinder bekommen würde, würde ich sie allein haben wollen. Mein Mann war den Kindern kein Vater, er war nur, wenn man so sagen kann, ein Gehalt. Ich hatte Freude an meinen drei Söhnen - und ihre Frauen sagen, daß ich sie zu guten Ehemännern erzogen habe. Aber sie haben meinen Mann und mich auseinandergebracht, weil er nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Rausgeredet hat er sich immer mit seiner Arbeit. Ich habe den Haushalt gemacht und auf Vollzeitbasis gearbeitet (als die Kinder in der Schule waren), und ihre Bedürfnisse sind für mich trotzdem immer an erster Stelle gekommen. Ihr Vater hat sich kaum um sie gekümmert. Er war selten da.«
Würden es nicht viele Frauen, die arbeiten und Kinder haben, vorziehen, ohne einen Mann zu leben?
Eine Frau erklärt, auf welche Weise sie als alleinerziehende Mutter in ein Beziehungsgeflecht eingebunden ist, das aus Fainilie, Freunden, Freundinnen, Arbeit besteht und ihr eine Hilfe iin Leben ist:
»Ich bin geschieden, schwarz, fünfunddreißig Jahre alt. ich bin Mutter und >Karrierefrau< . Ich lebe zusammen mit meinem zwölfjährigen Sohn. Ich habe ihn seit der Trennung von meinem Mann bei mir behalten. Was ich durch meinen Sohn geschenkt bekommen habe, war mir eine große Hilfe. Es hat meinen Glauben bestätigt, daß Liebe nicht Besitz ist. Er ist er selbst; ich gebe ihm Anleitung, wenn er sie braucht, gebe ihm Wärme und Unterstützung. Ich habe Spaß mit ihm und seinen Freunden, und er hat Spaß mit mir und meinen Freunden. Die Eltern seiner Freunde sagen, daß er einer der liebevollsten, kreativsten Menschen ist, die sie kennen. Ich habe ihn nicht so >gemacht<, er ist es von sich aus.
Das Beständigste in meinem Leben sind meine Familie und ein paar besonders gute Freundinnen und Freunde. Familie heißt: meine Mama und meine drei Schwestern, mein Sohn natürlich, meine Nichte und meine zwei Schwager. Sie sind mir eine Stütze und verhelfen mir zu der Freiheit, ich zu sein. Wir haben ein sehr enges Verhältnis, und Liebesbeziehungen haben jetzt eine geringere Bedeutung als in meinen >jungen Jahren<. (Haha ... )«
Diese Untersuchung hat interessanterweise ergeben, daß Kinder, die nur bei ihren Müttern aufgewachsen sind, sowohl im Beruf als auch in zwischenmenschlichen Beziehungen recht gut vorankommen. Dem Hite Report über Männer zufolge haben Männer, die den größten Teil ihrer Kindheit allein mit ihren Müttern verbrachten, später meist bessere Beziehungen zu Frauen und sind in Beziehungen kommunikativer und wei-iiger wettbewerbsorientiert als Männer, die ihre Kindheit mit beiden Elternteilen verbrachten.
Sind »ältere« Single-Frauen glücklich oder einsam?
Haben manche Frauen auch Angst vor der Ehelosigkeit wegen des Stereotyps, das »alt und allein« mit »alt und unverheiratet« gleichsetzt, haben sie Angst vor der Vorstellung, daß »niemand eine alte Frau will«? Wie sieht das Leben älterer Frauen wirklich aus? ***71-13-12***
Daß ältere Single-Frauen als »unglücklich« gelten, wird durch keinerlei empirische Untersuchungen darüber bestätigt, wie sich diese Frauen nach eigener Einschätzung fühlen. Die meisten über sechzig Jahre alten alleinstehenden Frauen in dieser Untersuchung sind nicht »unglücklich« - jedenfalls gewiß nicht unglücklicher als andere Frauen. 67 Prozent von ihnen stufen sich, wenn sie gefragt werden »Wie glücklich sind Sie?«, auf einer von eins bis zehn reichenden Skala über sechs ein. ***71-13-13***
Eine siebzigjährige Frau lebt allein und genießt es:
»Ich bin eine siebzigjährige Großmutter, die allein lebt und sehr lebendig ist. Ich habe zwei Hunde. Studiere gern und liebe Kinder, ganz besonders meine Enkel. Im Moment bin ich glücklich. Und morgen? Wer weiß? Am glücklichsten bin ich, wenn ich etwas tue - reite, studiere, wandere, tanze, nach Maine reise, um meine zwei jüngsten Enkel zu besuchen.
Mein Liebhaber ist dieses Frühjahr gestorben. Er fehlt mir sehr. Aber in mancher Hinsicht bin ich auch erleichtert! Seine Herabsetzungen vermisse ich nämlich nicht. Seit er tot ist, vertreibe ich mir die Zeit mit dem Lesen von Groschenromanen. Meine Ziele? Ein bißchen schreiben, angeln, Entwürfe machen. Dem Tod mit Humor ins Auge blicken!
Richtig nahe steht mir eigentlich niemand. Ich habe eine Jugendfreundin, der ich vor Jahren wieder begegnet bin und die ich immer noch mag. Am einsamsten fühle ich mich, wenn ich in Gesellschaft von verliebten Paaren bin. Ich nehme an, daß ich zuviel Schmerz erfahren habe und Angst davor habe, jemandem nahe zu sein. Die Liebe ist etwas Ambivalentes, aber auch etwas Allumfassendes, ungeheuer Wichtiges - trotzdem bin ich froh, daß ich nichts mehr damit zu tun habe.
Im Moment genieße ich es, >Single< zu sein. Normalerweise sind wenn ich nicht >Single< bin alle anderen wichtiger als ich. Aber jetzt bin ich wichtig und habe meine Freude daran! Außer daß ich für meine vierte Tochter da bin, wenn sie mich braucht. ich habe immer Liebe gesucht, auf Liebe gehofft. Jetzt bin ich alles, was ich habe, aber es ist mir egal, ich mag das. Allein kann man tun, was man will. Muß aber nichts tun. Ich kann studieren (ich interessiere mich für Geschichte). Es ist nicht schlecht, >Single< zu sein, wenn man etwas zu tun hat - aber der Gedanke, daß man allein stirbt und sich niemand um einen kümmert, ist nicht schön. Und manchmal mag ich Gesellschaft. Ich gehe nicht gern allein aus, deswegen lasse ich es. Im Moment habe ich auch zuviel anderes zu tun. Ein Geschlechtsleben habe ich nicht (außer Masturbation).
Am verliebtesten war ich in meiner letzten Beziehung. Er war älter als ich (und sehr intelligent und attraktiv). Manchmal waren wir sehr glücklich. Es hat mir gefallen, gewollt und gebraucht zu werden und mich lieimisch zu fühlen. Das blieb so, bis er starb, meine Hand in seiner. Ich habe mich ihm am nächsten gefühlt, wenn er mich in seinen Armen hielt (nicht unbedingt beim Geschlechtsverkehr). Manchmal haben wir auch nur vor dem Kamin gesessen und geredet. >Meine Liebste< - das hat er oft zu mir gesagt. Aber meistens finden ältere Männer, daß Gefühle Quatsch sind.
Ich war achtundzwanzig Jahre verheiratet. Nach den Flitterwochen ging es erst mal bergab, aber ich bereue nichts. Unsere erste Zeit war ziemlich schlimm, wir haben uns sogar geprügelt. Ich hatte gern Kinder (fünf), aber sie konnten mich fix und, fertig machen. Die ersten drei haben mich furchtbar angestrengt, aber dann wurde es besser. Die Ehe war schwierig - er war ein richtiger Chauvi! Vielleicht habe ich mir auch mit meinen Kindern mehr Mühe gegeben als mit meinem Mann.
Ich hatte Beziehungen neben der Ehe und kam mir deswegen wie ein Scheusal vor. Die Hauptsache war dabei der sexuelle Reiz. (Ich wollte, ich hätte jetzt so eine Beziehung - aber zu extrem sollte sie nicht sein.)
Die Scheidung war hart, ich bin mir als Versagerin vorgekommen. Ich habe die Ehe beendet. Sie ging in die Brüche - dafür habe ich gesorgt. Ich hatte Schuldgefühle, kam mir, wie gesagt, als Versag2rin vor, aber ich war freier. Und am Rande des Nervenzusammenbruchs war ich außerdem. Therapeuten haben mir geholfen, da rauszukommen, diese Gefühle auszutreiben. Ich habe gelernt, daß man das, was man als Kind nicht bekommen hat, auch als Erwachsener nicht bekommen kann! Das zu >durchfühlen< und den Schmerz abzubauen, hat mir das Leben gerettet. Die Therapeuten haben nicht versucht, mir das zu geben, was ich nicht bekommen habe. Sie haben mir meinen Schmerz gegeben. In gewisser Hinsicht habe ich zehn Jahre darüber geweint, über all die Verluste in meinem Leben. Aber jetzt geht es mir wieder gut. Die alten Wunden sind vernarbt, und ich bin froh darüber.
Leidenschaft macht die Banalitäten des Lebens erträglicher, und ich mag das. Es fällt nicht allzu sehr ins Gewicht, wenn man keinen Orgasmus hat. Ich komme am leichtesten durch Masturbation. Ich habe zum erstenmal mit vierzehn masturbiert. Später habe ich gelernt, auch mit Penetration zu kommen (wenn ich oben war). Mit oralem Sex habe ich mit sechzehn angefangen! Die meisten Männer mögen das. Ich habe mir auch schon überlegt, wie es wäre, den Körper einer Frau zu >erforschen<. Was ich bei dem Gedanken empfinde, ist eine Mischung aus Sehnsucht und Abscheu. Ich glaube, vaginale Penetration ist mir am liebsten wenn jemand oralen Sex bei mir macht, ist es mir immer ein bißchen peinlich. Und ich habe keinen Orgasmus dabei.
Bin ich wie meine Mutter? Sie hat Geige gespielt. Sie hat gern ihre Röcke in einen Baum gehängt und ist dann in der Unterho.-,e raufgeklettert! Das war kurz nach der jahrhundertwende. ja, ich bin wie sie, wie sollte ich sonst sein? Ich habe vier Töchter und drei Enkelinnen. Über Sex habe ich nie mit ihnen gesprochen.
Ich bewundere Frauen, die etwas zuwege bringen in der Welt. Sally Shelton, Gloria Steinem, Eleanor Roosevelt, Indira Gandhi, Margaret Thatcher, Margaret Mead, jackie Onassis, Elizabeth Cady Stanton. Ich halte viel von der Frauenbewegung. Ich bin Feministin. Die Frauenbewegung hat mir gezeigt, was ich versäumt habe. Ich bin Krankenschwester, aber ich hätte Anwältin werden sollen.
Ich genieße es, flott auszusehen. Weiblichkeit bedeutet, Männern sexuell zu gefallen und trotzdem seine eigenen Vorstellungen zu haben. Mir hat immer vor maskulinen Frauen gegraust. Ich mag gern schöne Kleider - obwohl ich auf einer Farm lebe und in jeans rumlaufe. Ich füttere die Pferde, aber ich kann sehr gut aussehen, wenn ich schön angezogen bin. Ich schminke mich nicht (wie meine Mutter). Die meiste Zeit sehe ich ziemlich verboten aus, also bin ich wohl nicht sehr weiblich. Habe aber Spaß. Und wenn Sie mich fragen, wie ich nun wirklich aussehe mit siebzig, dann müßte ich wahrheitsgemäß sagen: Entsetzlich!
Den heutigen Frauen rate ich: Liebt eure Kinder und macht ihnen Mut. Und dann kümmert euch um eure Sachen. Was die Liebe angeht, macht euch keine Gedanken über das Happy-End das gibt es nicht im Leben! Aber ihr könnt es trotzdem genießen.«
Haben »ältere« Frauen tatsächlich Probleme damit, Männer zu »finden«? Frauen in mittleren Jahren und geschiedene Frauen sprechen zwar davon, daß sie sich oft »unsichtbar« fühlen oder befangen sind, aber dieser Untersuchung zufolge finden Frauen aller Altersstufen neue Liebhaber und gehen neue Beziehungen ein, obwohl viele nicht an der Ehe interessiert sind und lieber Singles bleiben. ***71-13-14***
31 Prozent der Single-Frauen über fünfundfünfzig berichten, daß sie mit erheblich jüngeren Männern Kontakt haben oder mit jüngeren Männern zusammenleben und Freude daran haben, wie zum Beispiel die folgende Frau:
»Ich habe eine positive Einstellung dazu, wie ich aussehe. Ich finde mich lebhaft und energisch, und es gefällt mir sehr, daß ich auf interessante Leute anziehend wirke. Ich wende nicht viel Zeit für meine Frisur und mein Make-up auf. Ich arbeite in einem Kaufhaus.
Es fällt mir leicht, Männer kennenzulernen, die ich mag, zu denen ich mich hingezogen fühle und die ich respektiere. Sie sind meistens viel jünger als ich. Ich bin dreiundsechzig, und sie sind zwischen vierunddreißig und fünfundvierzig. Ich finde mein sexuelles Verlangen verdammt gesund und meine, es sollte genossen werden - wenn die Männer in meinem Alter bloß mehr solches Verlangen hätten!
Ich habe ungefähr jedes halbe Jahr Sex. Ich weiß, daß das nicht gut so ist, aber manchmal mag ich Zeiten ohne Sex mit einer anderen Person. Mein sexuelles Verlangen mag ich aber auch. Ich finde es schade, daß ich nicht mehr so aktiv bin und daß mein Körper gealtert ist. Ich tausche gern verbale Zärtlichkeiten aus, auch Anfassen, Küssen und Streicheln mag ich gern.
Wenn ich den Frauen heute was sagen könnte, dann würde ich sagen: >Macht euch eine schöne Zeit, habt viele Interessen, seid aktiver und tut, was euch gefällt.<«
Eine andere Frau -fünfundsechzig Jahre alt - räumt mit der Vorstellung auf, daß alle älteren, unverheirateten Frauen zu Hause sitzen und stricken:
»Ich bin seit zwei Wochen nicht mehr berufstätig. Ich war staatlich geprüfte Krankenschwester auf einer Entbindungsstation, habe sehr gerne dort gearbeitet. Ich bin fünfundsechzig Jahre alt und habe vier erwachsene Kinder.
Ich habe eine Beziehung mit einem zweiundsiebzigjährigen Mann, der mich heiraten will, wenn ich geschieden bin (meine zweite Ehe, achtunddreißig Jahre). Am liebsten vertrödle ich meihe Zeit damit, daß ich einkaufen gehe und mit ihm im Auto durch die Gegend fahre.
Wir sind glücklich und zufrieden, kennen uns bald zwei Jahre. Seit ich nicht mehr arbeite, leben wir zusammen - bei ihm. Ich hole meine Sachen so nach und nach aus meiner Wohnung und bringe sie auf seine Farm. Im Juli wollen wir heiraten. Wir sind zu alt, um Kinder zu haben, aber er hat mir oft gesagt, wenn es ginge, hätte er gerne ein Kind von mir. Ich hätte auch nichts dagegen.
Das Wichtigste an der Beziehung sind sexuelle Intimität, das tägliche Zusammensein, gemeinsame Arbeit, Saubermachen, die Tiere füttern, den Garten in Schuß halten, Pläne wie einen Kräutergarten anlegen, ein paar Schafe und Schweine kaufen, eine Grube für den Gastank graben.
Am besten gefällt mir an der Beziehung, daß ich geliebt und umsorgt werde. Am wenigsten gefällt mir seine Eifersucht - er denkt, ich treffe mich mit anderen Männern. Er liebt mich mehr als ich ihn. Ich würde sagen, ich mag ihn sehr und achte ihn. Ich glaube, wir brauchen uns, wir wären einsam ohne einander. Ich fühle mich geliebt. Was ich zu geben habe, ist dauerhafter als Liebe.
Mein Partner sagt mir oft, daß er mich liebt. An meinem Geburtstag und an Weihnachten sagt er es mir schriftlich. Er liebt mich auch, wenn meine Zähne nicht vollständig sind (ich habe eine Teilprothese) und wenn ich nicht gekämmt bin. Ich fühle mich wohl und begehrt. Er sagt, er würde mich noch genauso lieben, wenn ich eine Brust durch Krebs verlieren würde. Oder wenn wir keinen Sex zusammen hätten, weil ich gesundheitlich nicht kann.
Er kritisiert mich dafür, wie ich andere Männer ansehe und wie ich zu ihnen bin. Er war einmal sehr böse, weil ich mich umgedreht habe, als wir von einer Party weggingen, und mir ein Mann nachgewinkt hat und ich zurückgewinkt habe. Ich kritisiere ihn für seine Grammatikfehler und seine schlechten Manieren bei Tisch. Außerdem trägt er im Bett seine Unterwäsche vom Tag, statt einen Schlafanzug anzuziehen.
Seine Eifersucht ist wirklich ein Problem. Sie ist völlig unbegründet. Aber er hat es immer >selber gesehen<. Es wäre schön, wenn er mir endlich vertrauen würde. Das Schlimmste, was er je getan hat, war, daß er unter den Buchstaben R und W Seiten aus meinem Adressenbuch rausgerissen hat, weil er dachte, da würde die Adresse von einem ehemaligen oder jetzigen Liebhaber von mir stehen. Er kann mich nicht gut kennen, denn würde er mich gut kennen, dann wüßte er, daß es keinen anderen Mann in meinem Leben gibt. Er will nicht, daß ich meine Schwester in Indiana besuche, weil er denkt, da wartet ein Liebhaber auf mich. Er weiß nicht, daß ein Mann (er) genug für mich ist, aber ich sage es ihm immer wieder.
Ich glaube, Männer - besonders ältere Männer - brauchen viel Liebe. Wenn sie ihre Frau durch Tod oder durch Scheidung verloren haben, sprechen sie sehr auf Liebe und Zuwendung an. Meine Beziehung mit meinem Partner ist sehr wichtig für mich. Ich versuche, über das hinwegzusehen, was mich an ihm stört - sein Übergewicht- Ich will, daß unsere Beziehung ohne Streit läuft. Er redet mehr als ich. Ich höre mir an, was er sagt, obwohl ich mir oft dabei denke: Also, ich würde das nicht sagen, lohnt nicht. Ich finde, wenn ich was sage, ist er nicht aufmerksam genug. Er kriegt vieles nicht mit, sagt, daß er schlecht hört. Er mag es nicht, wenn icii von meinen Problemen spreche. Er will eine Frau, die keine Probleme hat, die immer lächelt und immer gute Laune hat. Ich sage ihm, daß ich ein ganz normaler Mensch bin, der mal gute und mal schlechte Laune hat, und daß er das akzeptieren muß.
Ich finde es schön, zusammen zu kochen, Sex zu haben, Ausflüge mit dem Auto zu machen, was im Garten zu pflanzen, zusammenzusitzen, zu lesen - den gemeinsamen Alltag. Was an Arbeit anfällt, machen wir zusammen. Holz hacken und heizen tut er allein. Ich will Ordnung in seinen Junggesellenhaushalt bringen. Wenn er was sucht, findet er es nie. Und ich glaube, dann hat er mich in Verdacht!
Ich erwarte von meinem zukünftigen Mann, daß er mir freie Unterkunft und Verpflegung bietet. Dafür arbeite ich für ihn und bin seine Freundin und Sexpartnerin. Ich habe vor, für mein Auto, Versicherung, Reparaturen, Benzin, Zahnarzt, meine Kleider und Schuhe, die Reisen, die ich ohne ihn mache, und die Hälfte unserer gemeinsamen Reisen selbst zu zahlen. Wir werden jeder ein eigenes Konto haben. So habe ich es in letzter Zeit auch mit meinem Mann gehalten. Es ist wichtig, in der Ehe als gleichgestellter Partner gesehen und in allen wichtigen Angelegenheiten gefragt zu werden.
Für mich spielt Sex eine sehr wichtige Rolle in unserer Beziehung. Sex und Intimität haben in meiner Ehe zweiundzwanzig Jahre lang gefehlt. (Wir hatten siebzehn Jahre von den achtunddreißig ein sehr gutes Sexualleben, mein Mann hat mich immer sehr erregt. Wenn er seinen zweiten Höhepunkt hatte, hatte ich meinen ersten. Das war nie langweilig.)
Der Sex mit meinem Partner ist erfreulich. Meistens bringt er mich mit der Hand zum Orgasmus. Wenn wir nicht zusammen sind, masturbiere ich. Ich orgasme am leichtesten durch Masturbation, aber wenn es nicht sehr schneil geht, gebe ich auf und lasse es. Meistens klappt es aber. ich finde, die Östrogenspritzen, die ich mir jedes halbe Jahr gegen klimakterische Symptome geben lasse, verbessern mein Sexualleben. Der Hite Report über weibliche Sexualität - ich meine den Teil, in dem klargestellt wurde, daß nur sehr wenige Frauen durch >Rein und Raus< orgasmen, sondern klitorale Stimulierung brauchen war die reine Wahrheit, was mich betrifft. Ich habe früher Orgasmen vorgespielt, aber jetzt nicht mehr.
Mein Partner hatte vor sieben Jahren eine Prostata-Operation - Er hat sexuelle Gefühle, aber nicht immer eine Erektion. Er ejakuliert nicht, der Samen tritt beim Höhepunkt in die Harnblase ein. Er nimmt Medikamente gegen seinen hohen Blutdruck, und das beeinträchtigt die Erektion ebenfalls. Es hat keinen Sinn, wenn ich meine Leidenschaft zeige, denn wenn er keine Erektion hat, gibt es auch keinen Sex für mich. Sollte ich das ändern? Ich glaube ja.«
Nur 24 Prozent der Single-Frauen über sechzig sind unzufrieden mit ihrer Situation:
»Ich bin dreiundsiebzig. Mein Mann ist vor zwei Jahren gestorben. ich bin nicht gern allein. In meinem Alter ist es sehr schwierig, jemand kennenzulernen. Obwohl er ein Jahr krank war, bevor er gestorben ist, war ich verzweifelt. Unsere gemeinsamen Unternehmungen fehlen mir entsetzlich.«
Natürlich werden gegenüber Frauen ständig altersdiskritninierende Bemerkungen gemacht:
»Was das Älterwerden angeht, so muß ich mit meinen fünfzig Jahren feststellen, daß die Männer imstande sind, mit vollem Ernst >Sie sehen aber gut aus für Ihr Alter< zu mir zu sagen.«
Eine »obdachlose Frau« nahm sich die Zeit zu schreiben:
»Ich bin siebenundfünfzig, attraktiv. Ich habe mit sechzehn geheiratet. Da hatte mein Vater angefangen, sich an mich ranzumachen, wenn er betrunken war. Dann war mein Mann immer gewalttätig und hat mich mit seinem Jagdgewehr bedroht, wenn er betrunken war. Meine Mutter ist im ersten Jahr meiner Ehe gestorben, und so hatte ich sonst keine Familie.
Ich bin lang verheiratet geblieben, aber am Ende habe ich mich doch scheiden lassen. Ich habe mich eine Weile mit Männern auf nichts eingelassen, dann hatte ich einen Freund. Wir haben uns vor zwei Jahren getrennt, weil er elf Jahre jünger war und ich die erste Frau war, die er außer seiner Exfrau gekannt hat und wir uns nicht sicher waren, ob wir verliebt waren oder bloß abhängig voneinander und uns nicht getraut haben, es mit anderen zu versuchen. Ich habe viel geweint. Habe die Arbeit aufgegeben, war viel krank.
Wenn ich mich nicht um den Hund von meiner Mutter hätte kümmern müssen, hätte ich wahrscheinlich alles >hingeschmissen<. Es war, wie wenn man im Finstern steht, und es interessiert niemand, ob man noch lebt oder schon tot ist. Ich hätte sterben können, und niemand hätte es gemerkt, bis ich angefangen hätte zu stinken oder der Hund was gemacht hätte, damit jemand aufmerksam wird.
Aber ich habe es nicht hingeschmissen, wahrscheinlich weil ich arbeiten mußte, um was zum Essen zu haben, oder halt eine leere Garage zum Schlafen finden. Ich hatte mal viele gute Freundinnen, aber die haben ihr eigenes Leben und Familie haben sie auch, also, was soll's. Ich versuche immer noch, mit meiner Beziehung fertig zu werden. Ich bin nicht viel unter Leute gekommen in letzter Zeit.
Ich mache mir Sorgen wegen der Zukunft. Ich habe dieses Jahr bloß 6000 Dollar verdient. Das geht alles fürs Essen fort und für die Unterkünfte, wo ich schlafe. Ich weiß nicht, was werden soll.«
Eine andere Frau, zwelundsechzig Jahre alt, beschreibt, wie sie nach dein »Ausstieg« aus ihrer Ehe nur einen schlechtbezahlten Job in einem Copyshop (mit einem jungen, »rotznasigen« Chef) bekommen konnte doch sie ist immer noch froh über ihre Entscheidung und stolz darauf.
»Meinen ersten Job, nachdem ich >entheiratet< war, machte ich in einem Copyshop. Die Bezahlung lag geringfügig überm Mindestlohn. Als ich nach drei Monaten um eine Gehaltserhöhung von 10 Cent bat, hechelte der Besitzer - mein Chef - zwei Stunden meine sämtlichen >Mängel< durch. Dabei konnten wir durchs Ladenfenster seine Frau sehen, die ihn abholen wollte und wahrscheinlich keine Ahnung hatte worum um alles in der Welt es bei diesem Gespräch ging. Er ließ mich noch einen Monat auf meine traumhafte Gehaltserhöhung von 10 Cent warten. Ich war sechsundfünfzig damals. Ich hätte ihn erschlagen können.
Trotzdem fehlen mir die Worte, um zu schildern, welche Lust es war, alleine zu schlafen, nachdem ich dreißig Jahre lang das Bett mit ein und demselben Mann geteilt hatte. Es war paradiesisch! Ich brauchte Monate, um mich an dieses reine, ungetrübte Vergnügen zu gewöhnen. Als er gegangen war, stellte ich fest, was für eine Anspannung sich in mir angestaut hatte, wann immer ich mich meinem Haus näherte, solange er dort noch wohnte, welche Beklommenheit und Angst. Er ist jetzt an die zehn Jahre fort, und wenn ich am späten Abend nach Hause komme, könnte ich immer noch jubeln, weil ich keine Angst mehr habe, sondern mich freue. Ich bin jeden Tag glücklich darüber, daß ich gewonnen habe.
Der Nachteil dieses gesegneten Zustands ist, daß ich in einer Arche Noah lebe - so nenne ich das. Früher war es eine >Schlafstadt~, ein Ort, an dem sich Pendler ihre Frauen und Kinder hielten, aber jetzt hat eine große Firma ihre Zentrale hierher geklotzt. Früher konnte ich zu jeder Tageszeit allein oder mit meinen Kindern ins Zentrum gehen und sah keine Männer bis auf die Ladenbesitzer. Wenn man jetzt mittags ins Zentrum geht, wimmelt es auf der Straße von Männern mit Schlips und Kragen, die einen in ihrer Arroganz praktisch in den Rinnstein stoßen.
Einerseits ist es also ein Familienvorort, andererseits das patriarchalische Hauptquartier einer großen Firma, und da gibt es wenig gesellige Möglichkeiten für eine alte Frau. (Ich bin jetzt zweiundsechzig.) Ich habe wenig Freundinnen. Aber ich bin nicht einsam oder unglücklich. Meistens bin ich zufrieden - das heißt, wenn ich nicht hart rangenommen werde, weil ich >es< nicht schaffe. Was, weiß ich auch nicht genau.
Nachdem ich den drastischen, furchterregenden Schritt, nicht mehr vor meinem Mann zu katzbuckeln, vollzogen hatte, durchschaute ich ihn als brutales Monstrum. Aber seinerzeit schien er besser zu sein als die meisten, und alle sagten zu mir: >Hast du ein Glück!< Die romantische >Liebe< ist ein Mythos, der in unserer Gesellschaft immer wieder beschworen wird, um Frauen zu versklaven - dauernd sind sie auf der Suche nach einem Partner, um sich überhaupt als >Mensch< zu fühlen. Dieses Konzept wird durchgedrückt von patriarchalischen Filmbossen, von Werbefritzen und dergleichen - von einer verschworenen Männerclique.
Bei meinem zweiten Job schlug die Berufsberaterin vom YWCA die Hände überm Kopf zusammen, als sie sah, daß ich so gut wie keine Referenzen hatte. Hausarbeit, zehn Jahre freiwillige Tätigkeit für diesen Verein und der Job im Copyshop.
Letzten Endes mußte ich mir einen Untermieter ins Haus nehmen, um finanziell über Wasser zu bleiben. Wie sich dann herausstellte, war das die große Wende für mich! Er zog mit seinem Computer ein und brachte mir bald mit unendlicher Geduld bei, wie man damit umgeht, brachte es mir so gut bei, daß ich jetzt einen freiberuflichen Job habe, der kein schlechtes Geld bringt - ich erstelle Charts. Das macht mir am meisten Spaß von allem, was ich seit 1978 getan habe. Ich glaube immer, ich sollte schneller lernen und mehr arbeiten. Ich kenne keine Frau, die soviel exzellente Computertechnik im Haus hat und über das Wissen verfügen kann, das er und seine Freunde haben. Es macht Spaß, ihn zu kennen.
Nachdem ich fünf Kinder zu freien Menschen erzogen habe, habe ich mich mit sechsundfünfzig Jahren zum ersten Mal auf den Arbeitsmarkt gewagt, und ich kann mich dort halten, habe es >geschafft~! Am meisten brauche ich jetzt Beschäftigungen, mit denen ich mir und anderen meine Intelligenz bestätigen kann. Meine Ziele sind, mein Haus zu behalten, finanziell unabhängig zu bleiben und genug Geld zu verdienen, daß ich was unternehmen kann - Shows, Konzerte, Reisen, Urlaub. Ich sehe, daß das jetzt alles in greifbare Nähe gerückt ist - noch ein, zwei Jahre, dann geht es - und ich kann stolz darauf sein, daß ich es selbst geschafft habe.«
Das Stereotyp »alt und allein« ist im wesentlichen unzutreffend: 81 Prozent der SingleFrauen über fünfundsechzig, die an dieser Untersuchung teilnahmen, genießen ihr Leben (auch wenn sie etwas mehr Geld brauchen könnten). Die meisten haben Freude an ihren Freundinnen, ihrer Arbeit, ihrem Garten, ihren Liebhabern - kurz, an allen Facetten des Lebens. Tatsächlich sagen viele Frauen, daß sie »alt und allein« glücklicher sind.
Warum halten sich diese Negativ-Klischees in bezug auf ältere Single-Frauen so hartnäckig? Vielleicht kann das Material, das wir hier vorgelegt haben, etwas daran ändern.
Unser Recht auf uns selbst
»Wenn ich allein lebe, mache ich in meiner Entwicklung gewaltige Schritte vorwärts. Es scheint in mir eine Fülle von schöpferischer Energie freizusetzen. Ich glaube, ich bin ein besserer Mensch dank der Zeit, die ich allein verbringe.«
Die meisten Frauen sind zeitweise gern allein
Obwohl immer angenommen wird, Alleinleben sei gleichbedeutend mit Einsamkeit, sind die meisten Frauen gern allein, haben gern Zeit für sich. Wenn sie allein sind, können viele Frauen mehr sie selbst sein als sonst.
Viele Frauen sagen, daß sie sich in einer Beziehung ohne echte Nähe einsamer fühlen, als wenn sie Singles sind (und fast keine sagt, sie fühle sich einsam, weil sie Single ist - siehe 1. Kapitel). Frauen betonen immer wieder, daß sie viele gute Freundinnen haben, manchmal Freundinnen fürs Leben, und daß die Kommunikation mit ihnen die vertrauteste ist, die sie haben. Allein leben und verschiedene Beziehungen ausprobieren kann wegen der damit verbundenen Höhen und Tiefen, der mangelnden Stabilität und des ständigen »Wieder von vorne-anfangen-Müssens« eine »einsame« Sache sein. Das Zerbrechen einer Beziehung oder eine schlechte Beziehung sind oft deprimierend, das tatsächliche »Alleinsein« dagegen ist es nicht.
Die meisten Frauen in dieser Untersuchung, unverheiratete wie verheiratete, sagen, daß sie gern mehr Zeit für sich hätten. Wenn sie gefragt werden »Was ist Ihre liebste Tätigkeit, wie vertreiben Sie sich am liebsten die Zeit?«, nennt die überwältigende Mehrheit der Frauen Aktivitäten, denen sie allein nachgeht: ein Bad nehmen, lesen, spazierengehen (vielleicht mit Hund), einfach dasitzen und eine Tasse Tee trinken usw.
In Beantwortung der Frage »Wie vertreiben Sie sich am liebsten die Zeit?« geben 92 Prozent der Frauen Tätigkeiten an, denen sie allein nachgehen:
»Ich höre gern Musik und tanze gern. Ich bin eine Leseratte und liebe Filme . Ich sitze gern still da und meditiere so vor mich hin. Das ist wichtig für mich, sehr, sehr wichtig. Ich denke über nichts Spezielles nach, konzentriere mich auf nichts Bestimmtes - ich mache nur eine Rundreise durch den Kosmos in meinem Kopf. Ich brauche diese Zeit, um zu entspannen, um zur Ruhe zu kommen. Wie aus einer Art Brunnen schöpfe ich daraus Inspirationen - was immer es sein mag, ich brauche es, um mein Leben weiterführen zu können... und meine Liebesbeziehungen auch. Ich nehme an, es ist ein Zusammensein mit mir selbst, eine Erneuerung der Beziehung zu mir und die Entdeckung dessen, was ich geworden bin. Es erinnert mich daran, daß ich mich lieben und Spaß an meinem Leben haben soll. Ich sein soll.«
»Am liebsten >vertue< ich meine Zeit, indem ich rumlaufe - irgendwo - und da Pause mache, wo ich will - meistens allein.«
»Wie ich mir die Zeit am liebsten vertreibe? Mit Nichtstun. Ich sitze in meinem Wohnzimmer, schaue die Wand an, blättere in Illustrierten, streichle eine Katze - oder ich masturbiere! Manchmal treibe ich irgendwelchen Unfug mit meinem Computer. Ich lese auch, aber das betrachte ich nicht als Zeitvertreib.«
»Alleinsein« ist also nicht »trostlos« und »schlimm«, sondern oft sehr belebend und aufbauend - Gefühle können aufsteigen, man kann sich besinnen, sich auf das eigene Selbst konzentrieren. »Alleinsein« gibt einem auch Gelegenheit zur Kreativität, zu Zukunftsplänen, zum Träumen. Single sein bedeutet selten »allein leben«; tatsächlich bedeutet es für viele Frauen: weniger allein leben.
Eine Frau plädiert auf denkwürdige Weise dafür, Single zu sein:
»Wenn eine Frau Single ist, hat sie tatsächlich eine Chance, die Welt zu verändern. Das männliche Denken hat sich in Schablonen festgefahren, und es ist ziemlich schwierig für eine Frau, sich da rauszuhalten, wenn sie mit Männern zu tun hat. Aber als Single wird man von niemandem kontrolliert und eingeschränkt - wir wollen es zumindest hoffen. Das ganze Leben ist flexibler. Die Nachteile sind wohl hauptsächlich die Sicherheits- und Bestätigungsbedürfnisse, die man hat. Im momentanen Entwicklungsstadium werden Frauen mehr über Liebesbeziehungen definiert als Männer. Frauen wollen Bestätigung, weil das ein Gebiet ist, wo sie arm dran sind, also suchen sie welche bei der Gruppe, die die Macht hat - bei den Männern - und bringen sich damit in Gefahr. Wir suchen zu verzweifelt Bestätigung. Aber das müssen wir nicht.«