Anatomie oder Schicksal?

Meine Werke sind weit eher ja gelitten als getan,

Des Vaters und der Mutter Schicksal,

Das euch so entsetzt, ich weiß es ganz genau ...

Selbst wenn ich dies mit Wissen tat,

Bin ich doch nicht gemein,

Nur die mich straften, straften mit Bedacht.

Ödipus auf Kolonos, SOPHOKLES


Wenn die Ödipusreise der beiden Geschlechter so unterschiedlich verläuft, muß man die jedem Geschlecht eigenen besonderen Prägungen wiederfinden können, wenn man den Weg eines Kindes bis zum Erwachsenenalter verfolgt.
Es ist also wichtig, die Frühstadien der Kindheit beider Geschlechter zu untersuchen.
Was sehen wir? Was wissen wir? Was bleibt von dieser ersten Zeit mit der Mutter als Spur im Erwachsenenleben? Was sagen Mann und Frau, wenn sie beim Psychoanalytiker darüber sprechen? Für ihn ist es nicht schwer, in den Worten und Gedanken der Erwachsenen die Prägung aus dieser ersten Beziehung zur Mutter wiederzuerkennen, und er ist einer der wenigen, die feststellen können, wie sehr Ödipus' Spur allgegenwärtig ist, obgleich sie Mann und Frau unterschiedlich zeichnet. Wenn Freud, ein Wort Napoleons aufgreifend, gesagt hat: »Die Anatomie ist das Schicksal«, so hat ein anderer Psychoanalytiker kürzlich geschrieben: »Die Anatomie ist nicht wirklich das Schicksal. Das Schicksal ergibt sich aus dem, was die Menschen aus der Anatomie machen.«[1] Falls Freuds hauptsächliche Entdeckung darin besteht, nachzuweisen, daß die Sexualität des Erwachsenen von der des Kindes abhängt, so besteht sein entscheidendes Versäumnis darin, nicht ausreichend untersucht zu haben, wie das Geschlecht des erwachsenen Erziehers auf das des Kindes einwirkt. Wir haben gesehen, daß die Anatomie dieser beiden eine wesentliche Rolle in der Gestaltung der ersten Beziehung spielt, und wir wissen, daß diese Beziehung im Leben eines Individuums das eigentliche Modell für jede folgende ist. Die Zukunft eines jeden geht also doch über die Anatomie, insbesondere aber über das, was der erwachsene Erzieher (im allgemeinen die Mutter) aus dieser Anatomie macht. Was macht denn diese Erzieherin so Unterschiedliches mit den beiden Geschlechtern? Wie reagiert das Kind ihr gegenüber von seinem frühesten Lebensalter an? Fragen, die sich stellen, Fragen, die nur zu lösen sind , indem wir das Verhalten von Jungen und Mädchen im aller frühesten Kindheitsstadium, dem sogenannten prägenitalen Stadium, untersuchen.


Orale Phase und Objektbeziehung

Am Anfang seines Lebens scheint das Baby ein vegetatives Leben zu führen, dem uterinen Leben so nahe wie möglich: Es strebt vor allem danach, sich zu füllen und zu schlafen. Es scheint nur einschlafen zu können, wenn es gefüllt ist; als ob es sein langes uterines Leben fortsetzt, während dessen es meistens schlafend gelebt hat, gefüllt und umgeben von der amniotischen Flüssigkeit, in der es damals schwamm. Sein halb geöffneter Mund kannte noch nicht die »Leere«, auch noch nicht sein Verdauungstrakt, von dem wir wissen, daß er bereits in utero arbeitet. Das Kind schluckt und verdaut, und es scheidet bei der Geburt den Inhalt seiner Verdauungsorgane, das Kindspech aus. Das zur Welt kommende Kind kennt also »die Leere« überhaupt nicht, und es wird versuchen, diesen Mangel mit allen Mitteln zu beheben, indem es an seiner Faust lutscht, am Laken nuckelt, ganz gleich, was es ist, wenn nur etwas in diesem Mund ist, der die »Fülle« gewohnt ist. Die Nahrungsaufnahme ist ganz offensichtlich der geeignete Moment, um den ursprünglichen Zusammenhang zwischen außen und innen, wiederherzustellen; sie ist der intensivste Augenblick im Leben des Säuglings. Während er aber saugt, kann er es nicht vermeiden, diesen Vorgang zu verinnerlichen, sich mit dem gesamten mütterlichen Kontext, der das Stillen umgibt, zu füllen. Die ganze mütterliche Gestalt [2] durchdringt ihn: Geruch, Wärme, Klangfarbe der Stimme; das Kind vereinnahmt alles, was von seiner Mutter kommt (oder derjenigen, die sich um es kümmert), denn in diesem frühen Lebensabschnitt unterscheidet es seine »Person« noch nicht von der »des anderen«. Das Baby introjiziert [3] also sehr viel mehr als nur die Nahrung; den Beweis dafür liefert das Phänomen des Hospitalismus, der durch die plötzliche Abwesenheit der vom Kind gewohnten Bezugsperson hervorgerufen wird, während doch an den ihm bekannten Pflegeleistungen nicht gespart wird. Das Kind erkennt »sich« nicht mehr, weil es den mütterlichen Kontext verloren hat, der der seine war. Es scheint einen Teil von sich selbst verloren zu haben und an diesem Verlust zu leiden, der nur scheinbar äußerlich ist. Angesichts der Ernährungsschwierigkeiten bei Kindern im Krankenhaus hat Francoise Dolto mit Erfolg vorgeschlagen, das Fläschchen mit einem der Mutter gehörenden und mit ihrem Körpergeruch behafteten Kleidungsstück zu umwickeln oder ein solches im Bett des Kindes anzubringen, was dem Kind ermöglicht, die »mütterliche Gesamtheit« wiederzufinden und wieder zu saugen. Wir sind vom eigentlichen Thema nur abgewichen, um zu zeigen, wie sehr das Kind in seinen ersten Monaten von der Atmosphäre abhängig ist, die von der Mutter ausgeht. Die Mutter wird, je nachdem, ob sie mehr oder weniger liebevoll, mehr oder weniger begehrend ist, das Kind als mehr oder weniger geliebt, mehr oder weniger begehrt ins Leben treten lassen. Die Qualität der elterlichen Liebe in diesem Lebensabschnitt wird die Qualität der Liebe zu sich selbst, den Narzißmus, einüben, der die Grundlage für das Selbstvertrauen und für die libidinöse Lebensenergie des späteren Erwachsenen ist. Das sich aus ihren eigenen, unbewußten Gefühlen ergebende Verhalten der Mutter gegenüber dem Baby wird das bestimmende Element für das Verhalten dieses Babys sein. Was beobachten wir in dieser ersten oralen Phase im Verhalten der Mütter gegenüber ihren Kindern unterschiedlichen Geschlechts? Ändert sich das mütterliche Verhalten je nach Geschlecht des Kindes? »Die Mädchen werden früher entwöhnt als die Jungen.«[4] »Bei den Mädchen wird das Fläschchen im Durchschnitt im zwölften Monat abgesetzt, bei den Jungen im fünfzehnten ...«[5]»Das Stillen dauert bei Jungen länger: im Alter von zwei Monaten fünfundvierzig Minuten, gegenüber fünfundzwanzig Minuten für Mädchen.[6]Die wissenschaftlichen Untersuchungen der Situation des ganz kleinen Kindes ergeben, daß die Mutter den Jungen gegenüber dem Mädchen begünstigt. Wird das Kind dies fühlen? Wie werden Mädchen und Jungen auf das unterschiedliche mütterliche Verhalten reagieren? »Bei 94 % der kleinen Mädchen einer untersuchten Gruppe wurden Schwierigkeiten bei der Ernährung festgestellt (extrem langsames Essen, Erbrechen, Launenhaftigkeit), dagegen nur bei 40 % der Jungen. Die Schwierigkeiten tauchen bei den Mädchen schon ab dem ersten Lebensmonat auf, deren Appetit bis zum 6. Lebensjahr gering bleibt, während Schwierigkeiten dieser Art bei den kleinen Jungen später in Erscheinung treten und sich dann durch Launenhaftigkeit ausdrücken.«[7] Wir sehen also, daß das kleine Mädchen schon sehr früh mit seiner Mutter im Streit liegt, jedenfalls mehr als der kleine Junge. Wenn wir darauf achten, können wir dieses im Anfang schlecht überstandene Oralstadium als Spur im Leben der Frauen erkennen: Magersucht, Bulimie, Erbrechen - sind dies nicht eher weibliche als männliche Symptome? Bezeichnend für die mit der Mutter durchlebten oralen Schwierigkeiten sind auch die Worte von Frauen auf der Couch des Psychoanalytikers, die sich auf die »Leere« und die »Fülle« beziehen. Hier ein paar Beispiele:


»Ich schlucke, ich verschlinge, ich habe den Eindruck, alles herunterzuschlucken, was meine Mutter mir sagt, ich kann mich nicht gegen sie wehren und auch nicht gegen das, was sie mir an Boshaftem sagt, es ist schrecklich, wie weh mir das tut ...«


»Ich übergebe mich jeden Tag, ich habe mich immer übergeben, seit ich Kind war, ich esse, und sofort danach muß ich mich übergeben, und dann fühle ich mich besser, gereinigt, endlich leer.«


»Ich backe enorme, riesige Kuchen, das wichtigste ist, daß sie tüchtig aufgehen, um riesig groß zu werden, so daß ich sicher bin, da wird so viel sein, wie ich haben will, bis zum Überdruß, damit ich nichts entbehre...«


»Plötzlich packt es mich, ich muß essen, irgendwas, egal, wie, ich muß mich füllen, bis ich nicht mehr kann, nachher schäme ich mich, aber während ich fresse, fühle ich mich nicht mehr angsterfüllt, ich komme aus der Fresserei nicht raus.«


»Hier weiß ich nicht, was ich sage, aber was ich weiß, ist, daß ich mich nähre, das ist es, bei Ihnen habe ich den Eindruck, mich zu ernähren, von was? Von der Luft des Zimmers? Von Ihnen?«


»Ich werde Sie nie ausreichend bezahlen, für all das, was ich bei Ihnen nehme.«


»Wenn Sie zu mir sprechen, bin ich so sehr zufrieden, ich trinke Ihre Worte, ich nehme etwas in mich auf, manchmal bemerke ich, daß ich nicht einmal weiß, was Sie gesagt haben, ich habe nur Ihre Laute gehört.«

Dies sind die Worte von sieben Patientinnen mit völlig verschiedenen Symptomen, von unterschiedlichem Alter und aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten. Nichts verbindet sie, außer diesem dramatischen, in alle möglichen Formen gekleideten »oralen« Hunger bis hin zum Wiederhergeben, aus Furcht, etwas Schlechtes zu sich genommen zu haben. Derartiges habe ich bei Männern nicht festgestellt, denn sie haben mir so etwas nie gesagt. Die »orale« Verzweiflung ist nicht ihre Sache, scheint es, denn sie haben ein vollkommenes Fläschchen bekommen, in dem das Begehren die nährende Milch würzte. Der Mann wird sich anderswo mit der »analen«, Wut einbringen, um seine Person zu verteidigen. Warten wir auf ihn da, wo er sich befindet: in der kämpferischen Auseinandersetzung. Das Zuviel an »Leere« und das Verlangen nach der »Fülle« wird also die Frau in die Küche führen, wo sie sich zwischen Kühlschrank und Herd einrichten wird, wobei sie auch am Ausguß vorbeikommt ... Hier werden, glauben Sie mir, alle »Bravo!« rufen und die Frau wegen ihrer Oralität loben. Niemand wird versuchen, sie da wegzubringen, ganz im Gegenteil, man wird ihr versichern, daß des für alle Ewigkeit ihr Platz sei, ihr wirkliches Reich, ihre gesicherte Herrschaft über die Ihren. Welch ein Schwindel, welch höllischer Kreis, in dem die Mütter ganze Familien ernähren, um endlich auf Umwegen das kleine ausgehungerte Mädchen zu nähren, das in ihnen wohnt! In einer Art Projektion stellt sich jede Frau die anderen wie sich selbst vor, also ausgehungert, und sie, die unersättlich ist, glaubt sich verpflichtet, die anderen bis zur Übersättigung zu nähren. Das Leben der Frauen ist die seltsame Verbindung eines verarmten, entleerten Innern mit einem großzügigen Äußern. Es scheint, daß Frauen »Lieben« und »Nähren« durcheinander bringen. Woher mögen sie diese sonderbare Gleichstellung haben? Doch wohl aus der Tatsache, daß sie sich schlecht genährt glauben, weil von einer Mutter schlecht geliebt, die sie nicht begehrte. Das Fläschchen war leer, denn es hatte nicht das Aroma des »Begehrens«, und damit sind wir wieder bei diesem Fläschchen, gefüllt mit Milch, aber leer von Begehren, da es von einer Frau gegeben wird, die das gleiche Geschlecht hat wie das kleine Mädchen. Nach dem, was die Frau uns freimütig über ihr Leben im Bett berichtet, ist es vom Schlechtgenährt-Sein bis zur schlechten Liebe, wie wir sehen werden, nur ein kleiner Schritt:

»Sein Geschlecht macht mir angst, ich habe Angst, daß es zu dick ist, ich finde es bedrohlich, ich habe Angst, daß er zu weit in mich dringt und mir weh tut.«
»Ich mag gerne das Vorspiel, ich möchte am liebsten, daß sich alles auf der Oberfläche abspielt, denn sobald er eindringt, verkrampfe ich mich, und es tut mir weh.«

»Ich verstehe es nicht, die Selbstbefriedigung, wenn ich es mache, das geht sehr gut, wenn er es macht, tut es mir weh, ich komme zu nichts, ich fühle, daß ich ihm deshalb böse bin, und dann geht gar nichts.«


»Er beklagt sich, daß ich keine Lust auf ihn habe, daß ich nie etwas von ihm verlange, aber ich, ich habe niemals irgendwas verlangt, weder von meiner Mutter noch von jemand anderem, ich bin gewöhnt, selbst klarzukommen, und ich brauche ihn nicht.«


»Ich kann nicht Liebe machen, wie er es will: ohne etwas zu sagen, ohne Zärtlichkeit. Ich brauche Worte, Streicheln, muß mich geliebt fühlen, der Rest ist mir scheißegal, das ist für ihn.«

Das ist der Weg in die Frigidität: die Ablehnung dessen, was vom »anderen« kommt, vergleichbar dem, was von einer schlechten Mutter kam und was schädlich und gefährlich erschien. Werden hier nicht das Geschlecht und derjenige, der es verkörpert, als »wesensmäßig schlecht« angesehen? Diese Frigidität, die man »orale Frigidität« nennen könnte, finden wir häufig bei den Frauen, die ihren Mann nicht als gute Mutter annehmen konnten, die alle zerstörenischen Phantasmen auf ihn übertragen. Für sie gibt es keine andere Möglichkeit, ihre katastrophale Vergangenheit auszulöschen, als sich in der Gegenwart einer Analyse zu unterziehen. Das eine Geschehnis kann das andere verblassen lassen, aber ein so tief verankertes, so altes Bild läßt sich nicht ohne Mühe austauschen. Der Kampf wird lange dauern, denn wenn diese Frau als Säugling zunächst gegen ihre Mutter schlecht gesaugt hat, dann gegen ihren Mann schlecht geliebt hat, dann wird sie sich lange weigern, da herauszukommen, gegen ihren Analytiker. Bevor jedoch die erste Beziehung mit der Mutter nicht in Ordnung gebracht ist, kann eine zweite Beziehung - mit wem auch immer - nicht gelingen, und die dem Leben des kleinen Mädchens fremde Heterosexualität bleibt häufig auch dem Leben der Frau fremd. Zwischen der Wiege und der Hochzeitsnacht sind die Magersucht des jungen Mädchens (die Weigerung, sich zu ernähren, sich zu füllen) und die Bulimie (exzessives Eßbedürfnis, um sich nicht leer zu fühlen) oft vorprogrammiert. Alle diese besonders bei Frauen anzutreffenden Symptome weisen auf eine konflikthafte Beziehung zur Nahrungsaufnahme hin, die in mancherlei Formen wiederkehren kann und die beim Mann mit einer solchen Häufigkeit nicht vorkommt, weder beim Kind noch beim Heranwachsenden noch beim erwachsenen Mann.

Erscheinen der Sprache

Zwischen dem zehnten und dem zwölften Monat beginnt das Kind zu kommunizieren. Dieses Stadium folgt unmittelbar auf die Spiegelstufe (siebenter bis achter Monat), in deren Verlauf das Kind sich schließlich von seiner Mutter unterscheiden lernt und in der es endgültig die Symbiose mit ihr verläßt: dadurch, daß es die Mutter gleichzeitig mit sich in einem Spiegel oder einer Glasscheibe sieht, entdeckt es, daß sie zu zweit sind, daß es nicht sie ist, daß es allein und unabhängig von ihr ist. Es wendet sich zu ihr, die es in den Armen hält, es befühlt ihr Gesicht, berührt ihre Nase und begreift, daß dies nicht es selbst ist. Das Kind wird nie wieder zur Einheit mit der »Mutter« zurückkehren (ausgenommen im Fall einer Psychose). Wenn das Kind sich darüber klar wird, daß es allein ist, wird es auf die Abwesenheit seiner Mutter oder derjenigen, die sich um es kümmert, sehr viel stärker reagieren: es weint, wenn man es in die Wiege zurücklegt, und es weint noch mehr, damit man es wieder in die Arme nimmt; das Kind wird eigensinnig und lernt, durch Schreien seinen Willen kundzutun, nämlich die andere Person herbeizurufen. Wenn das Baby zu Beginn seines Lebens schreit, weil es Hunger hat oder sich unwohl fühlt, lernt es von der Spiegelstufe an, zu weinen, weil seine Mutter nicht da ist und es darunter leidet. Das Wort wird bald folgen, zunächst als reine Nachahmung von Lauten, später immer deutlicher und geprägt von der familiären Umgebung. Schließlich wird das Kind lernen, sein Verlangen in Worten auszudrücken. So wird das Kind, vom Schrei als dem Ausdruck physischer Unzufriedenheit ausgehend, schnell die höhere Stufe der Kommunikation erreichen: die Sprache. Auch hier wieder eine offensichtliche Ungleichheit zwischen den beiden Geschlechtern, denn das Mädchen. gleichen Alters und gleicher Intelligenz spricht sehr viel früher als der Junge - diese Tatsache wird in allen Abhandlungen über die Kindheit als die Norm angesehen, aber ist das so selbstverständlich? Und worauf ist es zurückzuführen? Wenn der Ruf und das Schreien die Funktion haben, die wahrgenommene Entfernung von der Mutter auszudrücken und die Verbindung mit ihr wiederherzustellen, dann fangen Mädchen, nachdem sie in den ersten Monaten ihres Lebens mehr geweint haben, früher an zu sprechen und bekunden damit eine Abwesenheit, einen Abstand, den es zu überwinden gilt, um wieder bei der Mutter zu sein, was für Jungen gleichen Alters nicht gilt. Der Junge wird nämlich nicht von dem starken Gefühl der Angst vor der Einsamkeit geplagt, die er nicht kennt, da er seit seiner Geburt durch das von der Mutter ausgehende Ganzheitsphantasma abgesichert ist, die aus ihm ein narzißtisches Objekt macht. Er fühlt sich behaglich da, wo er ist, wie er ist. Wenn also das kleine Mädchen früher spricht, dann deshalb, weil es nicht in das gleiche Behagen getaucht ist, weil es niemand hat, den es als eigene Vervollständigung ansehen könnte, denn im allgemeinen ist der Vater nicht seine Pflegeperson. Es spricht früher, denn es fühlt sich allein, und es möchte eine Verbindung mit der Mutter wiederherstellen, die innerlich nicht empfunden wird. Es wird also das Bedürfnis haben, zu ihr zu sprechen, um eine Antwort von außen zu bekommen, die seinen Mangel an einem inneren narzißtischen Bild beheben könnte. Schon in der Kindheit können wir die Unterschiede sehen, die dereinst die Sprache des Mannes und die der Frau kennzeichnen werden: Die eine, früh gesprochene, hat die Aufgabe, die Verbindung zu schaffen und den als unerträglich empfundenen Abstand zum/zur anderen aufzuheben; das ist die weibliche Sprache, die die Leere überspringt, Ähnlichkeit anstrebt und immer wieder Zustimmung sucht (die vom Vater hätte kommen können, dem kleinen Mädchen aber gefehlt hat). Man sagt gern von den Frauen, daß sie sehr mitteilsam sind. Die andere Sprache, spät gesprochen, drückt den Abstand aus, der gegenüber dem/der anderen gewahrt werden soll. Die männliche Sprache ist meistens bar von Gefühlen und Angst. Der Mann hält sich an sehr allgemeine und wenig verpflichtende Banalitäten. Wir beobachten es immer wieder: er sucht nicht nach der tief gehenden Kommunikation, von der er, wie es scheint, seinen Teil mit der Mutter gehabt hat, für den Rest seiner Tage ... Wir kommen aber noch zurück auf dieses wichtige Problem der Sprache bei beiden Geschlechtern, denn es lohnt sich, darüber noch mehr zu erfahren, es anders zu erklären als nur durch die bloße Weigerung des jeweiligen Geschlechts, das andere anzuhören. Wir halten hier also einfach fest, daß die frühe Sprache beim kleinen Mädchen nicht unbedingt eine glückliche Entwicklung anzeigt. Übereilung war nämlich noch nie das Zeichen von Selbstsicherheit, ganz im Gegenteil!

Es ist im übrigen aufschlußreich, was Frauen darüber selbst sagen:

»Wenn ich aufhöre zu sprechen, habe ich Angst, daß Sie sehen, daß ich nichts bin.«


»Ich rede, ich mache Geräusche, aber innerlich habe ich Angst, es ist leer.«


»Wenn ich wieder die Stille eintreten lasse, könnte ich nicht mehr die Distanz zwischen Ihnen und mir überwinden, die mir Furcht einflößt.«

Bei Männern hört man dagegen:

»Ich weiß nicht, warum ich hier bin, ich habe Ihnen nichts zu sagen, nichts, an dem ich Lust hätte, Sie teilnehmen zu lassen.«


»Schweigen, um den Abstand zu wahren: in der Liebe hasse ich es, zu reden, ich will keine Gefühle einbringen, ich kann die Nähe nicht ausstehen, die meine Frau fordert.«


»Wie soll man sich verhalten, damit sie es nicht weiß? Unmöglich, selbst wenn ich nichts sage, errät sie es, ich kann ans Ende der Welt gehen, sie wird immer alles über mich wissen, es ist grauenvoll, was mir da auf der Haut klebt.«

Der Unterschied zwischen dem Bedürfnis des Mannes und dem der Frau besteht in der »Distanz«, die der Mann gewinnen will und vor der die Frau flieht: Jokastes Spur in der Sprache von uns allen. Der Vater wäre auch hier wieder unentbehrlich gewesen, sowohl für seinen Sohn wie für seine Tochter, denn er hätte das Gleichgewicht wiederherstellen können, durch seine Nähe zur Tochter, durch seine Distanz zum Sohn. Die Notwendigkeit der Bevaterung[8] ist nie aufgezeigt worden, während das Bemuttern in unendlich vielen Zeitungen und Publikationen die Spalten füllt!

Anale Phase und grundsätzliche Ambivalenz

Indem wir unsere Untersuchung der verschiedenen Kindheitsstufen fortführen, kommen wir ganz natürlich zur Analphase: Während ihres Verlaufs wird das autoerotische Vergnügen, die Ausscheidungen herauszupressen oder zurückzuhalten, dem Verlangen des erwachsenen Erziehers nach Sauberkeit weichen müssen, wobei das persönliche Lusterleben geopfert wird. Ein Kampf ohne Gnade zwischen der Forderung des Erwachsenen und dem Widerstand des Kindes. Das eigene Gesetz wird zugunsten des Gesetzes des/der anderen geopfert, was als soziale Pflicht erkannt und als eine erste Frustration akzeptiert wird, um in den »Kreis der Großen« aufgenommen zu werden. Die Zwiespältigkeit des Kindes in bezug auf dieses herzugebende Gut ist unermeßlich: da es seine Stoffe hergibt, glaubt es im Anfang, sich selbst zu geben und dadurch gleichzeitig zu verschwinden. Daher die analen Spiele, in denen wir das Kind damit beschäftigt sehen, ein winziges Gefäß zu füllen und wieder zu entleeren. Das Kind richtet seinen Blick auf das weglaufende Wasser, dann dreht es den Becher aufmerksam um: Es stellt fest, daß dieser immer noch in seiner Hand ist, obwohl das Wasser verschwunden ist. Auf diese Weise begreift es die Beständigkeit des Behältnisses, denn der Behälter in dieser Reinlichkeitsaffäre mit der Mutter ist es selbst, das Kind. Die Mutter verlangt von ihm nur den Inhalt. Es ist schon dabei, vor unseren Augen zu »symbolisieren«, und es bedarf nur noch eines kleinen Schrittes, um zu »sublimieren«. Das Kind wird aus dieser Phase mit Hilfe der Sublimierung herauskommen, die es ihm erlauben wird, die anale Lust wiederzufinden, in anderen, eher tolerierten Formen, zu denen es sogar von den Erwachsenen ermuntert wird. Dies ist das Alter der Schmutzspiele mit Erde, Wasser, Sand, mit allen Materialien, die man dem Kind als »Ersatz« für die Exkremente zur Verfügung stellt. Dies ist auch das Alter, in dem wir das Kind mit zu vielen Sachen im Arm umher gehen sehen. Wenn etwas davon herunterfällt, ist es traurig, hält inne, legt all die anderen Sachen hin, um das erste wieder aufzuheben: sein ganzes Verhalten signalisiert seine Besorgnis, nichts zu verlieren. Ein Ausgleich für den »Verlust« seiner Ausscheidungen. Hier wieder ein erstaunliches Faktum: das Mädchen ist früher sauber als der Junge. Offensichtlich spielt auch hier die mütterliche Konditionnierung eine Rolle, so wenig man das auch beachten mag: »Den Jungen gegenüber sind die Mütter viel nachsichtiger, wenn sie ihre Hose vollmachen (man weiß ja, daß die Jungen größere »Schmutzfinken« sind, auch als Erwachsene!), aber von Mädchen wird erwartet, daß sie sauberer sind.«[9] Dazu haben Brunet und Lezine festgestellt: »Die Schwierigkeiten mit dem Töpfchen treten bei den kleinen Mädchen früher auf als bei den Buben, und sie sind auch von kürzerer Dauer (fünfzehn bis achtzehn Monate bei den Mädchen, vierundzwanzig Monate bis vier Jahre bei den Buben). Bei kleinen Jungen zeigen sie sich durch erbitterten und lang anhaltenden Widerstand, begleitet von endlosen Sitzungen und Ritualen.«[10] Es ist klar und deutlich, die Analschlacht, das ist die Angelegenheit des Jungen; der Widerstand, das ist die Angelegenheit des Mannes. Es scheint, daß das Mädchen hier einen gewissen Vorsprung gegenüber dem Jungen hat. Da es frühzeitig die »Einsamkeit« der Spiegelstufe erfährt, erreicht es schneller die Sprache und die Symbolisierung, die ihm helfen werden, zu verstehen, daß es »das da« hergeben und dabei doch den Rest der Person bewahren kann; dem Jungen dagegen fällt es schwer, diese Vorstellung in die Tat umzusetzen, so sehr ist er in diesem Alter noch in der symbiotischen Beziehung mit der Mutter verhaftet. Beim kleinen Mädchen geht darüber hinaus der Weg in die hysterische Richtung weiter, und es trifft auf die Forderung, Beweise der Weiblichkeit zu erbringen, egal, welche ... während der Junge sich noch auf der psychotischen Seite befindet und große Mühe hat, sich nicht bedroht zu fühlen, nicht aufgezehrt zu werden vom Begehren der Mutter. Und weil er irgendwie spürt, daß es sein Geschlecht als Junge ist, das seine Mutter so besonders an ihn bindet, glaubt er, sie wolle mit seinen Ausscheidungen auch sein Geschlechtsteil. Er glaubt, daß sie es ihm rauben, es ihm amputieren, ihm seine Potenz als Junge stehlen will, was weiß ich mehr ... Freud hat dies »Kastrationsangst« genannt, und »die Männer« nennen die Frau eine »Kastrierende«. Auf jeden Fall stellt sich beim kleinen Jungen im Analalter Panik ein, er widersetzt sich, lehnt ab, verzögert, er glaubt, man wolle mit seinen Exkrementen auch seine Haut. Er macht ins Bett, kackt in die Hose (sehr viel eher männliche als weibliche Symptome): Er will nichts von dem geben, was »sie« von ihm fordert, er glaubt sich verfolgt, heimgesucht, bedroht (kastriert?) ... Wenn er später die gleiche Situation wieder erlebt, wird er impotent sein, an vorzeitigem oder verzögertem Samenerguß leiden: er wird ihr nicht geben wollen - wird ihr nicht geben können, was »sie« verlangen wird. Eine weitreichende Folge aus dem Kampf des Sohnes mit der Mutter! Hier beginnt der Krieg gegen die Frau, hier wird die Frauenfeindlichkeit geboren, über die sich so viele Frauen beklagen, von der sie aber nicht wissen, daß ihr Ursprung eine andere Frau ist, die ihrerseits an ihrem Privileg als »Mutter« festgehalten hat und die dem Sohn mit ihrem weiblichen Begehren die unausrottbare Furcht vor der »Kastration« eingepflanzt hat. In der Analphase spielt der kleine Junge Krieg; mit den Soldaten erfindet er sich Feinde und Freunde, und er stellt sich Siege vor. Er droht, er tötet - in Übertragung dessen, was er fühlt: er ist mit seiner Mutter in einen Krieg verwickelt um ein Objekt, das ursprünglich ihm gehörte (seine Ausscheidungen) und um die man ihn berauben will. Aber ist es nicht zu gefährlich, den Krieg zu gewinnen, indem er dem Begehren der Mutter nicht gehorcht? Riskiert er dabei nicht, diejenige zu verlieren, die er liebt?
Von daher kommt die Ambivalenz gegenüber der Frau. Tut doch der Mann nichts anderes, als sie an einem Ort zu entthronen, um sie an anderer Stelle zur »Königin« zu krönen! Kann der Mann es sich erlauben, diejenige »zu vergöttern«, die er sonst aus der Höhe seines phallokratischen Reichs beherrscht? Frauenfeindlichkeit und Ambivalenz stehen hier zum erstenmal Seite an Seite, und sie werden immer wieder gemeinsam das Herz des Mannes besetzen. Es scheint, daß der Mann in seinem langen analen Widerstand gegen die Mutter auf jeden Fall gelernt hat, sich maximal vor äußeren Angriffen zu schützen, was ihm im übrigen auch an anderer Stelle als nur in seinem Hause dienlich sein wird. Wird er nicht der hartnäckige Verteidiger seiner Rechte, seines Besitzes und seiner Freiheit sein? Hat nicht der Mann bei seiner Mutter, die er als »Kastriererin« empfand, angefangen, sich so energisch, so aggressiv zur Wehr zu setzen, sobald man irgend etwas berührt, das ihm gehört? Zunächst durchlebte er den Kampf gegen die »Symbiose«, darauf dann den Kampf gegen ihr spürbares Begehren. Der Mann wird sich schmerzvoll daran erinnern, daß man ihm zunächst sein Geschlecht wegnehmen wollte und dann alles mögliche andere. Er hat daraus die Gewohnheit entwickelt, sich der Forderung zu entziehen, sich zurückzuhalten, zu schweigen, nichts zu geben, um nicht den Verlust zu riskieren. In der Analyse kommt dies wiederum Vorschein; hören Sie, was auf der Couch gesagt wird:

»Da haben wir's, nicht reden, um Sie zu nerven!? Ich habe bezahlt für das Recht zu schweigen!«


»Ich komme zur Analyse, weil ich weiß, daß Sie Schweigepflicht haben und in der Klemme sind, meine Mutter, die hatte immer irgend etwas zu sagen ...
»Scheiße«.«


»Ich kann es nicht ertragen, daß Sie reden, das engt mich ein, ich habe den Eindruck, Sie versperren mir den Weg.

»
Eine Analyse mit einer Frau? Um zu sehen, wer von uns beiden schließlich gewinnen wird?«


»Reden-Abstand, Reden-Mauer, um sich zu schützen, sich der Worte bedienen als Wall, um den anderen zu hindern, weiterzukommen.«


»Ich will ja bezahlen, aber ich kann nicht ertragen, daß Sie den Genuß von diesen Moneten haben, die mir gehören. Ich kann es nicht ertragen, Ihnen etwas zu geben, für Sie ...«


»Sich nicht an seine Träume erinnern, um dem Analytiker keine Freude zu machen.«

.....Dieser hier hat gar nichts gesagt, so ist er wenigstens sicher, nichts bei mir gelassen zu haben. Die Zwangsvorstellung des Mannes: mir nichts geben, mich als tot hinstellen, als inexistent, sich mit mir auseinanderzusetzen über Jahre hinweg, um über mich zu siegen. Ist das nicht das genaue Gegenteil von dem, was vor einigen Augenblicken die Frauen sagten, die zu mir kamen, um sich zu nähren, zu nehmen, zu zahlen usw.? Alle diese negativen, aggressiven Worte höre ich am häufigsten beim Mann, sehr viel seltener bei der Frau (denn es geschieht ihr nur ganz ausnahmsweise, daß sie von der Mutter als sexuelles Objekt angenommen wird). Das ganze anale Spiel des Mannes zusammengefaßt: wie verhindern, daß die andere existiert, wie ihr Begehren verschwinden lassen? Wie sie stellvertretend umbringen? Diese Todeswünsche werden jedesmal auftreten, wenn der Mann sich der Frau gegenübersieht, und insbesondere gegenüber »seiner« Frau. Er kommt und beklagt sich, daß seine Frau von ihm Sachen verlangt, die zu persönlich sind. Während die Sexualität für ihn die Stätte seiner Vergeltung ist, der Ort seiner Herrschaft, beklagt er sich, daß sie sich da etwas für sich holen will. Er beklagt sich daß sie ein »Begehren~, hat. Er findet es empörend, daß sie anders leben will, als er entschieden hat. Aber hören Sie lieber selbst:

»Ich mag es nicht, daß sie sich bewegt, während wir Liebe machen, und daß sie spricht, das macht für mich alles
kaputt ...«


»Ich kann mit meiner Frau nur Liebe machen, wenn ich mir einen gewissen Abstand sichere, sonst geht es schief.«
»Das Ideale für mich, das wäre, mit einer Frau zu schlafen, von der ich nichts wüßte und die nichts verlangen würde, vor allem keinen Austausch von Gefühlen, nur den Körper ...«


»Sexualität = Vergeltung = Vergewaltigung, das ist es doch! Ist doch klar: soviel wie möglich vögeln, um sich soviel wie möglich zu rächen ...«


»Sie hätte es gern, wenn ich nach der Liebe still bei ihr bliebe, aber ich, ich kann das nicht, ich fühle mich ganz komisch, ausgeraubt - ich muß dieses Gefühl loswerden, ich muß essen oder trinken, muß mir irgendwas rein ziehen.«


»Sie möchte gern, daß ich ihr Liebesworte sage, ich kann aber nicht, wegen des Abstands, den ich von ihr brauche, ich fühle sehr gut, daß sie möchte, daß wir einander nahe sind.«

Scheint der Mann in diesen Äußerungen, die aus einer langen Litanei männlicher Vorwürfe ausgewählt sind, nicht besessen von der »Distanz«, dem »Schweigen«, dem »Verlust«? Fürchtet er nicht vor allem die Verschmelzung, obwohl er doch mit derjenigen, die er liebt, den Koitus sucht? Finden wir hier in der sexuellen Beziehung die anale Dialektik wieder? Etwas geben, aber »sich« dabei erhalten, »sich« dabei schützen, - vor dem/der anderen und seiner/ihrer Forderung? Versucht nicht der Mann im Bett meistens nur sein Sperma zu geben und sonst nichts? Für den Mann geht es darum, ja nichts von sich herzugeben, welche Technik auch immer er anwenden mag. Ist es das, was die Frauen von ihren Partnern erwarten. Was für ein Liebhaber kann der Mann schon sein, solange er nicht seine Mentalität verändert, das heißt, solange er nicht weniger Angst vor dem Verlangen der Frau hat? Welche Resonanz kann die Frau bei ihm finden, die im Gegensatz zu ihm von Nähe und Intimität besessen ist?

Die enthüllende Couch

Die Couch hat uns hier als Vergrößerungsglas gedient, denn auf sie legen sich nur diejenigen, bei denen die üblichen Symptome der so genannten Normal Individuen die Stärke 2 oder 3 erreichen. Und das, was ich als Analytikerin höre, ist das, was sie, die Frauen, zu sagen imstande sind, obwohl die meisten es verschweigen, und ist das, was sie, die Männer, in diesem Zusammenhang empfinden, wenngleich die meisten von ihnen einen nahezu perfekten Grad an Unempfindlichkeit erreicht haben. Die Aussagen all dieser Patienten können, zumindest teilweise, von jedem und von jeder von uns übernommen werden; sie (die Patienten) dienen hier als Vorsänger des sexistischen Klageliedes. Sie haben als Tänzer in einer Choreographie mit streng geregelten Figuren fungiert, in der Männer und Frauen sich von Grund auf verschieden entwickeln. Das Ballett der Worte war vollkommen: das, was der Mann sagt, wie das, was die Frau sagt, könnte ihnen (von einigen Übergängen abgesehen) mit verbundenen Augen zugeschrieben werden. Wenn man Ödipus' und Jokastes Kind ist, braucht man keine Augen mehr, um seine Tanzschritte auszuführen, die Wirklichkeit hat sich im tiefsten Innern des Selbst eingegraben. Deshalb hat sich Ödipus die Augen ausgerissen, allerdings zu spät, er hatte schon zuviel gesehen, um zu vergessen, und wir manchmal auch ...