Aktionen gegen Frauenarbeitslosigkeit

Mit Fünfzehn zu jung - mit Fünfundvierzig zu alt
Aktionen der Demokratischen Fraueninitiative gegen die Frauenarbeitslosigkeit

 

Im November 1977 befragte die Hamburger Gruppe der Demokratischen Fraueninitiative (DFI) vor dem Arbeitsamt arbeitssuchende Frauen und Mädchen nach ihren Erfahrungen bei der Stellensuche.[1] Zum Beispiel Gaby, 16 Jahre alt: Eigentlich wollte sie Verkäuferin werden, doch es wurde nichts draus. Sie landet von der Schule direkt in der Arbeitslosigkeit, denn auch in der Fabrik hatte sie keine Chance. Wie soll es für Gaby weitergehen? »Ich komme gerade vom Arbeitsamt, jedoch konnte man mir keine Stelle nachweisen.« Gaby ist nicht die einzige, der es so ergeht: »Die meisten meiner Klassenkameradinnen sind arbeitslos, nur zwei oder drei gehen weiter zur Schule.«
Nicht nur in der Schulklasse von Gaby und nicht nur in Hamburg sieht es so aus: Ende September 1977 betrug der Anteil der Mädchen an den arbeitslos gemeldeten Jugendlichen unter 20 Jahren 60 Prozent. Daß die wirkliche Zahl viel höher liegt, ist längst kein Geheimnis mehr. Gerade Mädchen, die weder Lehrstelle noch Arbeitsplatz finden und keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung bzw. -hilfe haben, tauchen in der sogenannten »stillen Reserve«2 unter, werden von der Statistik nicht mehr erfaßt. Sie »verschwinden« im elterlichen Haushalt und werden, solange sie noch berufsschulpflichtig sind, in den meisten Fällen automatisch den Hauswirtschaftsklassen zugeteilt.
So werden die Mädchen auf die ihnen zustehenden »natürlichen« Aufgaben in der Familie orientiert und geradezu dahin gedrängt, in einer baldigen Heirat die Lösung »ihres« Problems zu sehen. Daß dahinter Methode steckt, beschrieb die Münchener DFI-Gruppe in ihrem Flugblatt »Arbeits- oder Standesamt«: »Mädchen heiraten ja doch. So hieß es früher und so heißt es auch heute wieder. Ein beliebter Dreh, um den Mädchen das Recht auf eine qualifizierte Berufsausbildung abzusprechen. So rät ein Herr Fauser von der CSU in einer Broschüre zum Thema Lehrstellen:>Außerdem bietet sich für Männer die Bundeswehr und für Mädchen die Familiengründung geradezu an!<«
Wie kommt es, daß die Gruppen der DFI sich mit dem eher trocken erscheinenden Thema »Frauenarbeitslosigkeit« beschäftigen, daß sie heiße Diskussionen über die Frage führen, inwieweit die Berufstätigkeit der Frau Voraussetzung für die Gleichberechtigung ist?

Die Demokratische Fraueninitiative, entstanden aus Aktionen im Internationalen Jahr der Frau 1975, hat von Anfang an die Forderung nach Verwirklichung des Rechts auf Arbeit erhoben. Ihren Kongreß, der im April 1977 mit mehr als 1000 Frauen in Oberhausen stattfand, stellte sie unter das Motto: »Für die Gleichberechtigung der Frau in einer humanen Gesellschaft«. Im Aufruf und in den Thesen zum Kongreß, in den Referaten und den Diskussionen[3] wurde dargelegt, daß von einer humanen Gesellschaft nicht die Rede sein kann, solange das Recht auf Arbeit als grundlegendes Menschenrecht täglich hunderttausendfach verletzt wird. Es wurde nachgewiesen, das Arbeitslosigkeit und Krise die Frauen besonders hart treffen, daß
Frauen dazu gedrängt werden, ihre berechtigten Ansprüche und Forderungen zurückzuschrauben: das Recht auf eine qualifizierte Ausbildung, das Recht auf Berufstätigkeit überhaupt. Die alten reaktionären Ideologien, wonach der eigentliche Platz der Frau in der Familie, an Heim und Herd sei, werden in dieser Situation erneut propagiert.
Viele Frauen, die damit unzufrieden sind, schließen sich in der Demokratischen Fraueninitiative zusammen. Zum Zeitpunkt des Kongresses gab es zehn Gruppen, ein halbes Jahr später waren es schon dreißig, z.Z. (September 1978) sind es 45 in der Bundesrepublik. Die auf dem Kongreß begonnene Diskussion über Ziele und Arbeitsweise der DFI wurde in den Gruppen fortgesetzt, so daß bei einer Tagung im Herbst 1977 - an der 100 Vertreterinnen der 30 Gruppen teilnahmen - eine »Arbeitsgrundlage« mit »Aussagen und Forderungen« der Demokratischen Fraueninitiative verabschiedet werden konnte.[4] Bei dieser Tagung diskutierten wir auch über unsere Arbeitsvorhaben.
Neben den vielfältigen Aktivitäten, die jede Gruppe entsprechend ihren Vorstellungen und Auffassungen durchführt - so gibt es u.a. Arbeitskreise zum § 218, zum Thema Frau und Familie, zur Darstellung der Frau in den Massenmedien, zur Rolle der Frau im Faschismus, zur Geschichte der Frauenbewegung - wollten wir uns einige gemeinsame Schwerpunkte setzen, um so eine größere Wirksamkeit zu erreichen. Wir einigten uns auf folgende Punkte:

  • Vorbereitung auf das Internationale Jahr des Kindes
  • Aktionen gegen die Verschlechterung der Bildungs- und Ausbildungschancen für Mädchen und Frauen
  • Beteiligung an den Friedens- und Abrüstungsbewegungen[5]
  • und - vorrangig - Aktionen gegen die Frauenarbeitslosigkeit.
Viele von uns sind selbst arbeitslos:

Als Angestellte in Büros und Verwaltungen sehen wir die Rationalisierungswelle auf uns zukommen, wodurch viele ihren Arbeitsplatz verlieren werden (oder schon verloren haben); die Tätigkeit der anderen wird sich immer mehr einer Akkordarbeit angleichen.
Als Arbeiterinnen in der Textilindustrie sehen wir unsere Arbeitsplätze bedroht, da immer mehr Unternehmen ihre Produktion in sogenannte Billiglohnländer verlagern.
Als Sozialpädagogen, Erzieherinnen oder Lehrerinnen finden wir - trotz guter Qualifikation - keine Anstellung, weil durch die Sparpolitik der öffentlichen Hand zigtausende von Planstellen gestrichen wurden, obwohl der Bedarf gerade hier sehr groß ist.
Sind wir in einem typischen Frauenberuf ausgebildet worden, müssen wir mit vielen anderen Frauen um eine ausgeschriebene Stelle konkurrieren. Haben wir einen naturwissenschaftlich-technischen Beruf erlernt, müssen wir uns der noch härteren Konkurrenz mit den arbeitslosen Männern stellen.
Und es ist kein Einzelfall, daß verheiratete Lehrerinnen mit der Begründung abgelehnt werden, ihre Bewerbung könne nicht berücksichtigt werden, da sie ja infolge des Verdienstes ihres Mannes nicht in einer wirtschaftlichen Notlage seien. Für diejenigen unter uns, die älter sind, die vielleicht vor Jahren wegen der Erziehung der Kinder aus dem Beruf ausgeschieden sind, wird die Rückkehr in den alten Beruf, aber auch die eventuell geplante Umschulung in einen anderen immer schwieriger:

  • Fünfzehnjährige werden aus der Schule direkt in die Arbeitslosigkeit entlassen; denn wegen der Jugendarbeitsschutzbestimmungen und der Berufsschulpflicht sind sie in den Augen vieler Unternehmer nur ein Kostenfaktor.
  • Fünfundzwanzigjährige werden abgelehnt, weil eventuelle Schwangerschaften ein zu großes finanzielles Risiko für den Betrieb darstellten;
  • und Frauen über 35 oder gar 45 Jahren kriegen bei Bewerbungen immer häufiger zu hören, daß sie für die angebotene Stelle eigentlich schon zu alt seien.

Das alles haben wir in unseren Gruppen diskutiert und haben dabei festgestellt, daß unsere eigenen Erfahrungen und Ängste von vielen anderen geteilt werden, daß es eben nicht ein persönliches Versagen ist, arbeitslos zu sein. Wir haben auch darüber gesprochen, daß viele von uns durch Arbeitslosigkeit oder weil sie sich dazu gezwungen sehen, eine Tätigkeit unterhalb ihrer erworbenen Qualifikation anzunehmen, an Selbstvertrauen verlieren. Frauen berichteten, in welchem Ausmaß die ganze Familie getroffen wird, wenn die Frau - oder auch der Mann oder eins der heranwachsenden Kinder - arbeitslos wird, wie schwer es ist, in einer solchen Situation zusammenzuhalten: durch die materiellen Sorgen, weil plötzlich ein Gehalt fehlt, die psychischen Belastungen, die Zukunftsangst, die schwer zu verkraftende Isolation von langjährigen Arbeitskollegen, die Scheu, sich mit seinen Sorgen jemandem anzuvertrauen. Junge Mütter schilderten ihre Erlebnisse auf dem Arbeitsamt, wo sie - obwohl das angeblich längst nicht mehr sein darf - nachweisen sollen, wer ihre Kinder versorgt, wenn sie eine Arbeit aufnehmen.

Diese Gespräche in den Gruppen über die eigenen Erfahrungen haben uns darin bestärkt, an die Öffentlichkeit zu gehen. Und so haben wir es gemacht: Die Hamburger Gruppe überlegte sich, daß wohl niemand Statistiken zur Frauenarbeitslosigkeit sonderlich aufregend findet, daß aber hinter jeder dieser trockenen Zahlen das Schicksal eines Menschen steht. Dem wollten die Frauen nachgehen. Deshalb führten sie die schon erwähnte Befragung vor dem Arbeitsamt durch. Auszüge aus den Tonbandprotokollen, Fotos der befragten Frauen sowie die Forderung der DFI zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit wurden in einem Flugblatt veröffentlicht, das vor Frauenbetrieben wie z.B. Beiersdorf, in Wohnvierteln und Geschäftsstraßen verteilt wurde. Viele Gespräche wurden geführt, an Haustüren, in Wohnungen, an Informationsständen, auf der Straße. Oft erleichterte das persönlich gehaltene Flugblatt den ersten Kontakt. Im Dezember 1977 machten die Frauen einen Informationsstand mit Fotos, Zeichnungen und Texten. Um sich in dem Vorweihnachtstrubel Gehör zu verschaffen, trugen die Frauen das Problem in der Form einer Moritat vor. Am Abend gab's ein Fest, auf dem viele Gespräche vom Vormittag fortgeführt werden konnten. Das kämpferische Frauenprogramm der Gruppe »Kontrapunkt« aus Bremen gab neuen Diskussionsstoff und Auftrieb, die begonnene Arbeit fortzusetzen.

Die Erfahrungen werden weitervermittelt
Die Hamburger Gruppe berichtete über ihre ersten Erfahrungen in dem monatlich erscheinenden Rundbrief der DFI, stellte auch den anderen Gruppen ihr Flugblatt zur Verfügung, wodurch mehrere von ihnen angeregt wurden, die Sache aufzugreifen. Die Duisburger Frauen, die eine ähnliche Befragung durchführten, wandten sich mit den Ergebnissen an die verschiedenen Parteien und forderten sie auf, ihre Vorschläge zur Veränderung der Situation in einer Podiumsdiskussion mit betroffenen Frauen vorzustellen. Auch in Bonn, Düsseldorf, München und anderen Städten bereiteten die Gruppen öffentliche Veranstaltungen vor, auf denen die arbeitslosen Frauen selbst, aber auch Gewerkschafterinnen, Jugendvertreterinnen, Betriebsrätinnen, Vertreter von Arbeitsämtern, Industrie- und Handelskammern und Parteien zu Wort kamen. Oft mußten die Gruppen jedoch die Erfahrung machen, daß nicht alle der eingeladenen »offiziellen Gäste« bereit waren, in der Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen.
An Enttäuschungen über solche Erfahrungen, an Totschweigen unserer Aktivitäten und Herunterspielen der Frauenarbeitslosigkeit hat es nicht gefehlt. Aber welche Bürgerinitiative, die ein ernsthaftes Problem angreift, hat diese Erfahrung hierzulande nicht machen müssen? Ermutigend war dagegen immer wieder die Zustimmung der Frauen selbst, die wir bei unseren Aktionen und Veranstaltungen spürten - und nicht zuletzt der Erfahrungsaustausch mit anderen Gruppen. Vielfältige Formen wurden erprobt, um das Problem »an die Frau« zu bringen:
Unter dem Motto: »Frauenarbeitslosigkeit... wenn ich das schon höre...! startete die Münsteraner DFI-Gruppe ihre Aktion. Sie listete alle dummen Sprüche auf, die sie selbst hatte anhören müssen, wie z.B. »Eine Frau gehört ins Haus!« - »Die nehmen uns doch nur die Arbeitsplätze weg!« - »Die Arbeitslosen wollen ja gar nicht arbeiten!«. Schon durch die bloße Anhäufung wirkten diese Sprüche lächerlich. Gleichzeitig setzten sich die Frauen mit den »Argumenten« gegen die Frauenerwerbstätigkeit und gegen eine qualifizierte Ausbildung für Mädchen auseinander. Mit dieser originellen Aktion kamen sie bei der Bevölkerung gut an.
Eine weitere Möglichkeit, Frauen anzusprechen und sie zur Mitarbeit zu gewinnen, entwickelte die Münchener DFI-Gruppe mit ihren Frauenfilmtagen.[6] Bei den im Anschluß an die Filmveranstaltungen stattfindenden Diskussionen blieben die Säle gefüllt. Frauenfilmtage oder auch einzelne Filmabende zur Frauenarbeitslosigkeit wurden von den Gruppen in Münster, Bielefeld, Hamburg, Darmstadt und Essen veranstaltet, meist begleitet von Flugblatt-Aktionen, Informationsständen, Diskussionen. Die Gruppen griffen auch öffentliche Probleme auf:
So sorgte die Gruppe von Eschweiler dafür, daß kurz vor Weihnachten die ganze Stadt in Aufregung geriet, weil ein Kaufhaus - sozusagen als Weihnachtsüberraschung -ca.- 40 Verkäuferinnen das Kündigungsschreiben unter den Christbaum schickte. Aufgrund des vor dem Kaufhaus verteilten Weihnachtsmann-Flugblattes sah sich der Geschäftsführer zu verstärkter Pressearbeit genötigt, um das angekratzte Image des Kaufhauses aufzupolieren.
In Düsseldorf richteten Frauen der DFI den Arbeitskreis Kommunalpolitik ein, der kurz darauf die Gruppe auf ein brennendes Problem aufmerksam machte: Die geplante Vernichtung von 1 850 Arbeitsplätzen bei Mannesmann in Düsseldorf-Reisholz. »Und da wurde es lebhaft«, berichtete später die Gruppe. »Wieso sollten wir uns als Frauengruppe mit der Vernichtung von - in erster Linie - Männerarbeitsplätzen beschäftigen? Wir stellten fest, daß es auch um die Existenz des Stadtteils Reisholz ging, der Hausfrauen, der Arbeiter- und Angestelltenfamilien, der Familienangehörigen und Kinder der Kollegen. Denn die Schließung des Werkes bedeutete nicht nur materielle Einschränkungen, sondern auch die Zerstörung des Bekannten-und Freundeskreises und die Isolierung der Hausfrauen in einer neuen Umgebung. Es bedeutet auch vielfache Schwierigkeiten für die Kinder, die sich an eine neue Schule gewöhnen müssen. Wenn materielle Einschränkungen erforderlich sind, geht dies oft genug zu Lasten der Kinder: eine lange Ausbildung oder gar ein evtl. erforderlicher Nachhilfeunterricht sind nicht mehr möglich; Mitgliedsbeiträge für Sportvereine oder Freizeitclubs, Eintrittsgelder für kulturelle und sportliche Veranstaltungen müssen eingespart werden. Außerdem wird ein großer Teil der etwa 200 Kolleginnen durch die Arbeitsplatzvernichtung besonders getroffen, denn sie werden als Zuverdiener diskriminiert und haben kaum eine Chance, in Düsseldorf einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Auch im Sozialplan werden die Frauen diskriminiert: Aufgrund ihrer kürzeren Betriebszugehörigkeit - die Zeit der Kindererziehung wird nicht angerechnet - müssen sie sich mit einer kläglichen Abfindung zufrieden geben.«
So entschloß sich die Fraueninitiative, in der Bürgerinitiative Reisholz gemeinsam mit anderen Gruppen für die Erhaltung der Arbeitsplätze von Frauen und Männern, für das Weiterleben eines ganzen Stadtteils zu kämpfen, und vor allem mit den betroffenen Kolleginnen und den Frauen der Kollegen zusammenzuarbeiten.

Was haben wir aus unseren Aktionen gelernt? Wie soll es weitergehen?
Die wichtigste Erfahrung, die wir gemacht haben, ist wohl die, daß es notwendig ist, Bündnispartner zu finden. Wir können ja nicht davon ausgehen, daß es uns als Frauengruppe gelingen könnte, die Frauenarbeitslosigkeit zu beseitigen. Wohl aber können wir durch unsere Aktivitäten darauf hinwirken, daß die Öffentlichkeit sich mehr mit dem Problem beschäftigt, daß die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik sich gezwungen sehen, Rechenschaft zu geben und Abhilfe zu schaffen.
Die Hannoveraner DFI-Gruppe arbeitet in einer Bürgerinitiative mit, die das Thema Arbeitslosigkeit als gemeinsames Projekt verschiedener Bürgerinitiativen und Gruppen angehen will: Jugendliche werden im Rahmen einer Aktionswoche über die Jugendarbeitslosigkeit und das Lehrstellenprogramm informieren; Bürger aus der Friedensbewegung werden die Frage aufwerfen, ob Rüstung Arbeitsplätze sichert; und die DFI-Gruppe bereitet zusammen mit Frauen aus dem Werkkreis Literatur der Arbeitswelt eine Lesung und anschließende Diskussion vor. Stärker als bisher werden wir uns vor allem um Kontakte zu anderen Frauengruppen und -Organisationen bemühen. In kleinen Gesprächsrunden oder bei Veranstaltungen haben wir unsere Standpunkte diskutiert und dabei herausgefunden, daß uns vieles verbindet, daß es Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktivitäten gibt, wenn wir auch nicht immer einer Meinung sind.
Besonders viele Veranstaltungen, Foren, Filmabende und Feste machten wir anläßlich des Internationalen Frauentages (8. März) (u.a. in Bad Vilbel, Darmstadt, Heidelberg, Nürnberg, München, Düsseldorf, Bielefeld, Siegen, Hannover, Hamburg und Gießen). Im Mittelpunkt standen das Recht auf Arbeit und die Solidarität mit den ausländischen Kolleginnen, die in der BRD leben. Internationale Solidarität, Freundschaft zwischen den Völkern - auch das gehört zu den in unserer Arbeitsgrundlage formulierten Zielen. In Düsseldorf gab es ein gemeinsames Fest der Gruppen aus NRW, das von über 1000 Frauen, Männern und Kindern besucht wurde. Bei dem Fest hatten alle beteiligten deutschen und ausländischen Gruppen Gelegenheit, ihre Probleme und ihre Arbeit vorzustellen. U.a. waren türkische, portugiesische, chilenische, vietnamesische und iranische Gruppen beteiligt. Auch Kolleginnen von der IG Druck und Papier-die zu dieser Zeit in ihrem harten Arbeitskampf standen - waren gekommen und informierten über ihre Situation und ihre Forderungen. Am Vortag der Veranstaltung führte die Demokratische Fraueninitiative gemeinsam mit türkischen Kolleginnen einen Informationsstand »Für das Recht auf Arbeit - für die Gleichberechtigung der Frau« durch. Das hat bei der Bevölkerung großes Aufsehen erregt. Allen beteiligten Frauen hat diese Aktion außerdem viel Freude gemacht, denn endlich lernte man sich einmal näher kennen und besser verstehen. In Zukunft wollen wir Verbindung miteinander halten und weiter zusammenarbeiten.
Für besonders wichtig halten wir die Unterstützung der gewerkschaftlichen Aktivitäten für das Recht auf Arbeit. Deshalb beteiligten sich Gruppen der DFI an den Kundgebungen und Veranstaltungen zum 1. Mai, an den DGB-Demonstrationen gegen die Jugendarbeitslosigkeit sowie an Aktionen der DGB-Kreisfrauenausschüsse in zahlreichen Städten.

Was haben wir mit unseren Aktionen erreicht?

  • Wir haben dazu beigetragen, daß die Frauenarbeitslosigkeit nicht mehr so leicht als nebensächlich abgetan werden kann.
  • Wir haben Frauen dazu angeregt, sich in Organisationen, Parteien und Verbanden zu engagieren und dort ihre Forderungen nach Gleichberechtigung einzubringen und zu vertreten.
  • Wir haben die Kolleginnen und Kollegen in den Gewerkschaften nach unseren Möglichkeiten bei ihren Streiks, Kundgebungen und Demonstrationen unterstützt und dadurch mitgeholfen, sie die Solidarität aus der Bevölkerung spüren zu lassen.
  • Wir hoffen, daß wir so mancher Frau den Rücken gestärkt haben, sich nicht länger mit schönen Sprüchen abspeisen zu lassen, sondern auf dem Arbeitsamt, am Arbeitsplatz für ihre Rechte einzutreten.
  • Wir würden uns freuen, wenn der eine oder andere Mann - nachdenklich geworden - nicht mehr auf den Unternehmer-Spruch »Frauen nehmen den Männern die Arbeitsplätze weg« hereinfiele.
  • Wir sind uns dessen bewußt, daß unsere Fragen und unsere Aktionen für manche unbequem sind. Nicht zuletzt das bestärkt uns in unserer Absicht, weiterzumachen.

- Hildegard Proft

Unser Selbstverständnis als Frauengruppe und unsere Kampagne
gegen Frauenarbeitslosigkeit

Der Sozialistische Frauenbund ist neben dem Frankfurter Weiberrat eine der ältesten und größten autonomen Frauen-Organisationen, die aus der Studentenbewegung hervorgegangen sind. Die allgemeine Politisierung der Studenten machte vor den Frauen nicht halt. Aber nicht nur die männlichen Studenten waren nicht darauf vorbereitet, die Frauen in der Politik zu akzeptieren, auch die Studentinnen selbst waren weder von ihrer Erziehung her, noch in ihren wenig selbstbewußten Erwartungen dazu in der Lage, als politisch handelnde Subjekte aufzutreten. So wurden sie von den Genossen als Mutterersatz behandelt, als willkommene Hilfe für das bei nächtlichen Sitzungen so notwendige Kaffeekochen; qualifiziertere »Genossinnen« durften auch schon einmal ein Flugblatt tippen und bei der Verteilung einspringen. In Fragen der sexuellen Befreiung, die während der Studentenbewegung eine besonders große Rolle spielte, sollten sich die Genossinnen der ihren Bedürfnissen keineswegs entsprechenden »neuen Moral« unterwerfen. Die Studentinnen selbst wagten es zunächst kaum, der neuen sexuellen Utopie zu widersprechen. Ihr Protest gegen die fehlende inhaltliche Teilnahme an der Politik scheiterte, noch bevor er sich äußern konnte, an ihrer Angst, öffentlich zu sprechen, an ihrer Ungeübtheit, in langen Redeschlachten zu bestehen.
Der erste öffentliche Protest erfolgte 1968. SDS-Genossinnen warfen Tomaten auf die männlichen Genossen bei einer SDS-Versammlung in Frankfurt. Diese »wilde« Form des Protests wies in ihrer demonstrativen, auf jede Argumentation verzichtenden Art zugleich hin auf den Weg, der gegangen werden mußte. Frauen mußten sich allein organisieren, um die vielen Benachteiligungen, die ihnen in dieser Gesellschaft zuteil werden und unter deren Folgen sie leiden, erst einmal konkret aufzuspüren. So bedurfte es mühsamer Arbeit, die Verzweiflung einsamer Abende zu Hause nicht länger als Schicksal oder als persönliche depressive Phase zu empfinden. Die Symptome unserer Unterdrückung und Diskriminierung mußten in einem allgemeinen Bewußtwerdungsprozeß erst herausgefunden werden, um die Befreiung der Frauen selber in die Hand zu nehmen.
Von daher bestimmten sich die Ziele der autonomen Frauenorganisation, die im Prinzip bis heute die gleichen geblieben sind. Erweitert haben sich die Erkenntnisse über die Ursachen, größer wurde das Bewußtsein der Frauenunterdrückung, tiefer das Wissen um ihre Geschichte, vielfältiger die Wege, die zu beschreiten sind. Und vor allem: Die Anzahl der protestierenden Frauen ist ungeheuer gewachsen. Die Frauenbewegung ist eine soziale Bewegung geworden. Sie ergreift immer breitere Teile der weiblichen Bevölkerung im In- und Ausland.

Ziele des Sozialistischen Frauenbunds
Warum organisierten sich die Frauen in reinen Frauengruppen? Was wollten sie erreichen? Viele litten unter der Bevormundung durch ihre Männer, unter der entwürdigenden finanziellen Abhängigkeit von ihnen, die ihre Beziehung vergiftete, unter der Sinnlosigkeit des Hausfrauendaseins, unter ihrer Ohnmächtigkeit gegenüber ihren privaten familiären Beziehungen und Verhältnissen; vor allem aber wollten sie in allen Fragen gesellschaftlicher, beruflicher Betätigung die offensichtliche Ungleichheit nicht länger hinnehmen. Ihre Ziele waren: Vermenschlichung der Beziehungen insbesondere zwischen den Geschlechtern und Gleichberechtigung der Frauen in allen Bereichen.
Zunächst wurde versucht, die Beziehungen zwischen den Frauen zu verbessern, auf jeden Fall die Konkurrenz um Männer abzubauen. Modelle neuen Zusammenlebens und einer alternativen Kindererziehung (im Frauenbund, damals noch »Aktionsrat zur Befreiung der Frau«, entstanden die ersten Kinder- und Schülerläden) stießen immer wieder auf die gesellschaftlich übliche, ökonomische Unmündigkeit der Frauen: Sie hatten kein Geld, weil sie noch lernten, oder keins, weil sie verheiratet waren, oder ganz wenig, weil sie geringer bezahlt in untergeordneten Berufen arbeiteten. Es entging uns nicht, daß solche Fragen der ökonomischen und beruflichen Gleichstellung der Frauen samt der dazugehörigen Bildung eine Aufgabe von Gewerkschaften und Parteien waren; jedoch zeigte ein Blick auf deren Aktivitäten, daß sie die Frauen fast ganz im Stich ließen, und daß dies schon eine lange Tradition hatte. Wir erkannten, daß die Frauenbefreiung nur von den Frauen selber erkämpft werden kann, und daß sie, solange sie nicht selber massenhaft in Gewerkschaften und Parteien waren und zwar dort an maßgeblicher Stelle arbeiteten, von diesen Organisationen wenig bis gar nichts zu erwarten hatten.
Der Sozialistische Frauenbund stellte sich in der Folge die Aufgabe, den Frauen nicht nur in ihren privaten Beziehungen zu helfen, sondern sie auch zu befähigen, sich zu artikulieren, die Zusammenhänge zu verstehen und -wenn möglich - gewerkschaftlich durchzusetzen. (Es gibt im Sozialistischen Frauenbund einen Beschluß, daß jedes Mitglied gewerkschaftlich organisiert sein sollte.) Entsprechend sind die Mitglieder des Frauenbundes in kleinen Arbeitsgruppen zu 10 bis 15 Frauen zusammengeschlossen, damit sie in diesen kleinen Gruppen die Möglichkeit haben, ihre privaten Probleme zu äußern, sich überhaupt zu artikulieren lernen und sich wechselseitig helfen können. Die einzelnen Gruppen erarbeiten zugleich die notwendigen Grundlagen für geplante Aktionen. Das gemeinsame Plenum aller Gruppen ist das oberste Beschlußorgan des Frauenbunds; entsprechend hängt die Frage, welche Aktionen mit wem durchgeführt werden, immer von der Mehrheit der Mitglieder des Frauenbunds selber ab.
Die Emanzipation der Frau in allen gesellschaftlichen Bereichen und die Vermenschlichung der Beziehungen sind Ziele, die der Sozialistische Frauenbund mit allen anderen Frauengruppen teilt. Infolgedessen wurden auch die meisten Aktionen, insbesondere die mehrere Jahre umfassende Kampagne für die Abschaffung des § 218, mit den anderen Frauengruppen der sogenannten neuen Frauenbewegung gemeinsam durchgeführt. Unterschiedlich war im Laufe der Entwicklung der Frauenbewegung die Wahl des Weges zur Erreichung der genannten Ziele. Während die feministischen Gruppen die Befreiung von männlicher Vorherrschaft mehr und mehr in den Vordergrund rückten, sah der Sozialistische Frauenbund den Hauptgrund für die Frauenunterdrückung in ihrem Ausschluß aus der Gesellschaft, also in ihrer weitgehend fehlenden Teilhabe an einem geregelten Berufsleben. Die Agitation für die Berufstätigkeit von Frauen war daher ein wesentliches Kernstück der Arbeit des Frauenbundes. So organisierten wir u.a. eine Anti-CDU-Wahlkampagne mit den Frauen der Aktion 218 und mit einigen Arbeitsgruppen sozialdemokratischer Frauen, weil wir den Programmen der CDU entnahmen, daß sie in ganz besonderem Maße die Isolierung von Frauen in ihren privaten Familien befürwortet, sich gegen die Abschaffung des § 218 mit heuchlerischen Sprüchen über den Schutz ungeborenen Lebens wehrt, während sie ohne weiteres das Leben der vielen Frauen mit ungewollten Kindern und so auch das Leben dieser Kinder der Verzweiflung preisgibt. Wir veranstalteten Tagungen mit kirchlichen und traditionellen Frauengruppen zu Fragen von Familie und Sexualität. Wir demonstrierten für Vietnam und gegen den Militärputsch in Chile zusammen mit den Jugendorganisationen von FDP, SPD, der Humanistischen Union und anderen fortschrittlichen Gruppen. Im »Jahr der Frau« gestalteten wir eine ganze Woche mit Diskussionsveranstaltungen, Vorträgen, Theater, Kinobesuchen und anschließender Diskussion und sandten schließlich 1975 zwei Delegierte auf den »Weltkongreß der Frauen« in Berlin, DDR.
Dies ist nur ein kleiner Teil unserer Aktivitäten. An einer Geschichte des Frauenbunds schreiben wir derzeit; sie soll zum 10jährigen Bestehen 1978 fertig sein. Diese Geschichte wird den politischen und ökonomischen Hintergrund einbeziehen, ohne den die verschiedenen Strömungen in der Frauenbewegung ebensowenig verständlich sind wie unsere Entwicklung.

Die Kampagne gegen Frauenarbeitslosigkeit
Unsere Agitation für die Berufstätigkeit der Frau stieß zunächst im wesentlichen gegen die Schranken traditionalistischen Bewußtseins, das die Frau in die Familie wünscht, und gegen das damit verbundene Fehlen beruflicher Ausbildung. Unsere Bemühungen richteten sich daher immer gleichzeitig auf die Propagierung von besserer Ausbildung oder überhaupt Ausbildung für Mädchen und auf Nachausbildung erwachsener Frauen. Seit etwa zwei Jahren stoßen wir auf einen viel härteren Widerstand: Gibt es überhaupt Arbeitsplätze, die wir den Frauen empfehlen können? Die Zahl der Frauen, die arbeiten wollen oder müssen und arbeitslos werden, wächst ständig. Gleichzeitig wächst wieder einmal die Propaganda vom wahren Glück in der Familie. Die gängigen Illustrierten versuchen, das mögliche Bewußtsein über ihre Lage, das die Frauen zum Widerstand bringen könnte, zu verkleistern. In dieser Situation beschlossen wir eine großangelegte Kampagne gegen Frauenarbeitslosigkeit. Das Recht auf Arbeit muß an allen Orten und von möglichst allen Frauengruppen offensiv vertreten werden. Nur wenn alle Frauengruppen sich in dieser Frage einig sind, kann die große Macht, die die Frauen darstellen, wirksam werden, um ihre Lage zu verbessern. Nach unserer ersten Kontaktaufnahme mit dem Frauenkreis der Jusos, von dem wir zu Recht annahmen, daß auch er das Recht auf Arbeit für ein Grundrecht hält, ließ die SPD-Geschäftsführung diesen wissen, daß man diese Zusammenarbeit verbiete, für unvereinbar hielte mit dem Parteiselbstverständnis: Der Sozialistische Frauenbund, eine Organisation zur Emanzipation der Frauen, sei »kommunistisch gesteuert«. Als Begründung wird angeführt: Dieser Sozialistische Frauenbund versäume es, sich vor der Durchsetzung seiner Forderungen zu schwächen; er achte nicht darauf, nur mit wenigen zusammenzuarbeiten oder mit niemandem - unter seinen Mitstreitern für die gemeinsame Sache wurden sogar Kommunisten gesehen. Fordern nicht auch Kommunisten das Recht auf Arbeit? Sollen wir etwa darum auf diese Forderungen verzichten?
Inzwischen wurde ein Mitglied des Sozialistischen Frauenbundes zur Anhörung geladen, allein aus dem Grunde, weil die oberste Behörde auf die Tatsache stieß, daß sie Mitglied des Frauenbundes ist. Sind also Frauenbefreiung und Grundgesetz unvereinbar?
Wir aber beschlossen, uns nicht einschüchtern zu lassen und starteten eine große gemeinsame Aktion gegen die Frauenarbeitslosigkeit. Im Dezember 1977 fand in West-Berlin das erste Koordinationstreffen zur Aktion Frauenarbeitslosigkeit statt. Vertreterinnen von politischen, gewerkschaftlichen, kirchlichen und feministischen Frauengruppen erklärten ihre Bereitschaft, sich aktiv an der Kampagne zu beteiligen. Davon ausgehend, daß Arbeitslosigkeit ein gesellschaftliches und nicht ein persönliches Problem ist und vor allem die Frauen trifft, konnten die gemeinsamen Forderungen abgeleitet werden. Bezüglich der Arbeitsweise wurde Einigung darin erzielt, daß neben einigen gemeinsamen zentralen Veranstaltungen jede Frauengruppe selbständig eigene Aktionen in der ihr gewohnten Arbeitsform durchführen wird.

Auftakt der Kampagne gegen Frauenarbeitslosigkeit war eine Großveranstaltung zum Internationalen Frauentag am 8. März, die von allen beteiligten Frauengruppen getragen wurde. Eine Frau berichtet:

»Die Massen strömten nicht gerade, und in den weitläufigen TU-Räumlichkeiten sahen auch größere Gruppen noch etwas verloren aus. Der Hörsaal war dann aber doch ganz gut besetzt, als das Info-Programm mit einem kurzen Film über Mädchen auf Lehrstellensuchc begann. Die Akustik war hundsmiserabel, der Film... naja. Meine Bewunderung für die Frauen, die anschließend vorne auf dem Podium die Referate vortrugen - aber hier bekamen wohl nur die etwas mit, die sich sowieso schon mit dem Thema Frauenarbeitslosigkeit auseinandergesetzt hatten. Bei der anschließenden Diskussion kam dann auch keine echte Kontroverse zustande, und die ziemlich müde Reaktion der Zuschauer zeigte, daß nicht alle mehr so vollen Herzens bei der Sache waren. Erleichtert erhob sich das Publikum, um zum nächsten Teil des Abends, dem Kulturprogramm überzugehen.
Da ich mich in den vielen Räumen und Gängen nicht schnell genug zurecht fand, verpaßte ich leider den ersten Teil der Sketche. Aber das, was ich zu sehen bekam, lohnte die Drängelei an der Tür. Ich war fasziniert: Da war doch so vieles berührt von dem, was wir weitergeben wollen: der Wert der Arbeit und der Unwert der reinen Hausarbeit, die Beschränkung menschlicher Beziehungen in menschenfeindlichen Verhältnissen. Alle rings um mich waren offensichtlich ebenso betroffen von einer Problematik, die noch vor einer halben Stunde keine Diskussion hatte auslösen können. Schade, daß so viele Angst hatten, etwas vom Musikprogramm zu versäumen - hier hätte noch viel miteinander geredet werden können. Im zweiten Teil des Kulturprogramms gab es Musik und Dichterlesungen. Schlechte Akustik, sehr lange Texte und das immer unruhiger werdende Publikum ließen mich nicht lange zuhören, obwohl mir viele der Lieder gefielen. (>Der Arbeitsplatz< von Brecht ist eine großartige Geschichte.)
Als dann die Eisler-Band anfing zu spielen, begann sich langsam alles im Lichthof zu sammeln. Auch die Getränke, Salate, Brötchen und Kuchen wurden nach oben geschafft und aus unserer Veranstaltung wurde tatsächlich noch ein Fest!«

So wie dieser Internationale Frauentag nur der Auftakt der Kampagne gegen die Frauenarbeitslosigkeit gewesen ist, war auch die Vorbereitung dieser Veranstaltung nur der Beginn vieler Aktivitäten, die noch auf uns zukamen. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen gingen wir jetzt daran, den 1. Mai vorzubereiten. Wir malten Transparente mit unseren Forderungen und diskutierten die Bedeutung des 1. Mai als Kampftag auch für die Frauen. Im Plenum (Vollversammlung aller im Sozialistischen Frauenbund organisierten Frauen) war entschieden worden, daß der Frauenbund sich als autonome Frauenorganisation dem geplanten Frauenblock anschließen sollte, gemeinsam mit den Frauen der Gewerkschaft HBV und den Juso-Frauen. Da schließlich weder die HBV-Frauen noch die Juso-Frauen im Frauenblock demonstrierten, ist die Entscheidung für den Frauenblock im Zug der GEW-Berlin noch hart umstritten - besonders die vielen in der Gewerkschaft organisierten Frauen des Frauenbundes waren unzufrieden. Die Form, in der wir uns an den Mai-Aktivitäten beteiligen werden, wird immer wieder diskutiert werden - die Notwendigkeit unsererTeilnahme und die Bedeutung unserer Forderungen sind jedoch nicht umstritten:

»Wir sind in einer autonomen Frauengruppe organisiert, um unserer besonderen Unterdrückung bewußt zu werden und daraus Kampfformen für unsere Befreiung zu entwickeln. Das heißt nicht, daß wir in erster Linie außerhalb und vielleicht sogar gegen die Gewerkschaften für unsere Rechte eintreten. Im Gegenteil: Wir wollen durch die Organisierung in eigenen Frauengruppen auch den Kampf in den Gewerkschaften stärken, um eine unserer Hauptforderungen, das Recht auf Arbeit und die Gleichberechtigung der Frau am Arbeitsplatz, durchzusetzen ... Wir wollen nicht länger >das andere Geschlecht sein, das immer sorgend für jene da ist, die die Welt gestalten. Wir wollen nicht unsere ganze Phantasie und unsere Fähigkeiten in persönlicher Dienstleistung verkümmern lassen, wir wollen nicht gierig die Anerkennung unserer Hausarbeit verlangen, da uns die Beteiligung an gesellschaftlich produktiver Arbeit und die Bestätigung darüber versagt bleibt. Wir wollen nicht länger durch die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung ökonomisch abhängig vom Mann sein. Wir fordern das Recht auf Arbeit für alle Frauen! ... Wir wollen unabhängig selber entscheiden können, ob wir mit oder ohne Mann, mit oder ohne Kinder leben wollen. Jeder soll das Recht auf Entwicklung haben, jeder, d.h. auch wir Frauen. Wir fordern qualifizierte Aus- und Weiterbildung und ausreichend qualifizierte Arbeitsplätze für Frauen! ...Wir fordern mehr Dienstleistungsbetriebe, mehr Krippen, Kindergärten und Ganztagsschulen, vor allem aber besser ausgebildete Erzieher und auch das Mitspracherecht bei der Auswahl von Erziehern und pädagogischen Modellen!« (Unsere Forderungen, Rede der »Frauensprecherin« auf der Kundgebung zum 1. Mai.)

Am 3. Mai folgte dann eine Informationsveranstaltung Westberliner Frauengrupen, wo Frauen des Sozialistischen Frauenbundes Theater spielten, über die Kampagne berichteten und mit Frauen aus anderen Gruppen diskutierten.

Als nächstes großes Ereignis im Rahmen der Kampagne gegen Frauenarbeitslosigkeit planen wir jetzt für den 22. Juli 1978 eine Veranstaltung für Schulabgängerinnen: Mit Information, Theater, Film, Kleingruppendiskussionen und Aktionsspielen, aber auch mit Musik und Tanz wollen wir versuchen, die von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Mädchen zu erreichen.

Grundfragen der Emanzipation

»Frauen für Lohn für Hausarbeit«
Lohn für Hausarbeit - Perspektive der Frauenbewegung

Anfang Juni 1978 hat das Bundesverfassungsgericht auf die Klage einer Witwe hin, die nicht nur 60%, sondern 100% der Rente ihres Mannes forderte (»Gleichberechtigung«!), eine Entscheidung getroffen, die nicht nur für die 3,5 Millionen Witwen der BRD, sondern für alle Frauen einen Schlag ins Gesicht bedeutet: die Hausarbeit der Frauen sei zwar ebensoviel »wert« wie die Arbeit der Männer, habe aber kein Anrecht auf »Lohn« bzw.
Rente als dessen Ersatz; Hausarbeiterinnen haben nur das Recht auf »Unterhalt« und sollen sich dafür an den Mann halten, Männer haben ein Recht auf die unbezahlte Arbeit von Frauen.
Soweit »unsere« hohe Justiz. Männerjustiz. Ein offener Angriff auf all die vielen Formen, mit denen seit Jahren Frauen um Geld für all die ebenso vielen Formen ihrer unbezahlten Arbeit kämpfen: Mütter fordern Geld für ihre Arbeit an Kindern; Ehefrauen für ihre Arbeit an Männern, die sie für jeden Arbeitstag wieder fit machen müssen, damit Geld ins Haus kommt; Lesben fordern Geld für die zusätzliche Arbeit, die sie aufwenden müssen, um unter dem Druck der heterosexuellen Norm zu überleben; vergewaltigte Frauen wollen Schmerzensgeld von denen, deren ökonomische Macht erlaubt, sich die Frauen zu unterwerfen. In den vergangenen Jahren haben Frauen ihre unbezahlten Arbeiten - durch ihre Kämpfe dagegen - so sichtbar gemacht, daß von der unsichtbaren Hausarbeit, die die letzten 200 Jahre Frauengeschichte beherrschte, schon kaum mehr die Rede sein kann. Kein Wunder, daß der Staat Gegenmaßnahmen ergreift: vom Angebot kleiner Taschengelder für Frauen (Sozialhilfe, Erziehungsgeld, das »arbeitsfreie« (!) Babyjahr) bis hin zu regelrechten Gegenstrategien. Deutlich genug ist dies an den staatlich geförderten Sozialwissenschaften, d.h. den Wissenschaften zur Ausarbeitung neuer Sozialtechniken für eine rationellere und reibungslosere Beherrschung, abzulesen. Konnte frau noch 1976 sagen, daß »Hausarbeit fast nie Gegenstand der Wissenschaft war, weil Hausarbeit als Arbeit unsichtbar geblieben ist«,[1] so gibt es nun schon eine ganze Reihe staatlich geförderter Untersuchungen und Bücher über das Thema »Hausarbeit« - wie sie aussieht, ob sie »spezifisch weiblich« ist, welch wichtige Funktion sie für die Gesellschaft hat. Nur von Geld, von ihrer Unbezahltheit, kommt darin nichts vor, statt dessen empörte Zurückweisung des »Undings Lohn für Hausarbeit«, das »Frauen fordern, die sich wehren«.[2] Und wozu dient diese Art von Wissenschaft? Die Antwort des Staats auf den Druck von Frauen ist »die bessere Integration der Frauen in die Welt der Arbeit«, die angeblich männliche (keiner spricht von der »Welt des Geldes«). Jene »Wissenschaft« wird z.B. neuen Gesetzentwürfen zugrundegelegt, die von der immensen Hausarbeit nicht sprechen, ein Erziehungsgeld der Person, die zu Hause bleibt, nur als Darlehen gewähren und seine Rückzahlung fordern, wenn diese Person »nach Freistellungszeit nicht an den alten Arbeitsplatz zurückkehrt bzw. grundlos(!) keine Arbeitstätigkeit wieder aufnimmt.«[3] Frauen, die Geld wollen, sollen damit zur außerhäuslichen Arbeit gezwungen werden; »Frauenemanzipation« wird reduziert auf eine Umstrukturierung von Arbeitsplätzen. Mann schlägt gleichzeitig noch eine weitere Fliege mit dieser Klappe: es könnte ja sein, daß es manchem Vater gefällt, zu Hause zu bleiben und seine Frau zum Geldverdienen zu schicken... Die vielfach ausgebeuteten, aber auch kämpferischen Frauen der dritten Welt, einschließlich der Ausländerinnen und Schwarzen in den Industriestaaten, sagen dagegen: »Wir glauben nicht, daß Arbeit uns frei macht. Wir haben sie verdammt lang schon getan... Wir in der schwarzen Frauenbefreiungsbewegung wollen nicht den Männern gleich sein, ebenso wie wir in der Schwarzenbewegung nicht darum kämpfen, dem weißen Mann gleich zu sein. Wir kämpfen um das Recht, anders zu sein und nicht dafür bestraft zu werden. Gleich sein, heißt dasselbe sein. Und warum sollte ich so sein wie etwas, das mir nicht gefällt?«[4]
Aber trotz Gegen- und Reformstrategien kämpfen Frauen weiter. Ein Beispiel unter vielen: In einer Berliner Region haben Prostituierte, die Geld nehmen für eine Arbeit, die andere Frauen umsonst machen, eine Lohnerhöhung durchgesetzt; ausgehend von der Frühschicht haben sie durch gemeinsame Aktion die Preise ihrer Dienstleistungen heraufgesetzt und geschafft, daß das Geld nicht in die Taschen der Zuhälter fließt, wo es normalerweise landet.

Hausarbeit wird sichtbar, wenn sie nicht gemacht wird
Schon in der alten Frauenbewegung gab es die Forderung nach Bezahlung von Hausarbeit. Aber sie wurde zurückgedrängt von dem Plan von Staat und Wirtschaft, der die Frauen als Arbeitsreserve vorsah, sie zwischen Krise und Konkunktur, zwischen Hausarbeit und Doppelbelastung hin- und herschob und einigen wenigen Frauen qualifizierte Arbeitsplätze zugestand, um mit ihrer Hilfe die vielen anderen still zu halten. Sie wurde außerdem verschluckt von dem ganz ähnlichen »Emanzipations«-Rezept der Männerlinken, welche die Frauen in »die« Produktion, an die Seite »der« Arbeiterklasse schicken wollte und dabei die Produktion der Hausarbeiterinnen übersah (weil die Linke nämlich von ihr profitierte). Mit der Entstehung der neuen Frauenbewegung, zur Zeit einer Hochkonjunktur von Frauenerwerbstätigkeit, legten Frauen die Tatsache offen, daß die Verheißung von Unabhängigkeit durch einen außerhäuslichen Arbeitsplatz trügerisch war und sie von ihrem häuslichen Arbeitsplatz und ihrer gesamten weiblichen Rolle nicht zu befreien vermochte. Ihr erster Job, die Gratis-Hausarbeit, war weiterhin »Frauensache« und tauchte außerdem am zweiten Arbeitsplatz wieder auf: in der »Frauen«-Arbeit von emsiger Geduld am Fließband, der Opferbereitschaft von Krankenschwestern, bei Sekretärinnen, Verkäuferinnen, Erzieherinnen, Lehrerinnen, Fürsorgerinnen. Vor allem aber tauchte hier die Lnbezahltheit der Hausarbeit wieder auf als Unterbezahltheit außer Haus: weil Frauenarbeit im Haus nichts wert ist, ist sie außer Haus weniger wert; weil für Frauen wenig Geld schon viel bedeutet, kann man sich leisten, sie mit wenig abzuspeisen.
Die Frauen packten das Übel an der Wurzel: Ihre Bewegung wurde eine Bewegung der Verweigerung von Hausarbeit, der Weigerung, sich in die Privatsphäre abschieben zu lassen, der Weigerung, Familie, Weiblichkeitsrolle und Hausarbeit als »privat«, d.h. als nicht-gesellschaftlich, nicht-öffentlich, nicht-politisch, als Nicht-Arbeit zu sehen. Mit ihrer Parole »das Persönliche ist politisch« war sie nur die oberste Spitze eines Eisbergs von Frauenwiderstand. Seit Beginn der 60er Jahre sank die Geburten- und stieg die Scheidungsziffer: statistischer Ausdruck der Ablehnung übermäßiger Arbeit an Kindern und Männern. Die  Kampagne zur Freigabe der Abtreibung hat gezeigt, daß Mutterschaft jahrzehntelange Arbeit ist, in der Frauen mehr geben, als sie zurückerhalten. Die Bewegung lesbischer Frauen und die Kampagne gegen Vergewaltigung zeigen, daß Ähnliches für die Arbeit an Männern gilt. Nicht durch eine neue Theorie, sondern indem sie die Hausarbeit verweigerte, erklärte die Frauenbewegung diese überhaupt erst zur Arbeit, also zu einer Tätigkeit, die Mißvergnügen, Monotonie, Entsagung, Vereinzelung, Entsexualisierung,  körperliche und seelische Berufsschäden mit sich bringt und von der andere profitieren. Die Frauenbewegung hat Hausarbeit nicht nur sichtbar gemacht, sondern sie hat sie zum ersten Mal umfassend definiert. Eine ganz besondere Arbeit: das weibliche Geschlecht wird vom ersten Lebenstag an für sie ausgebildet, qualifiziert; in ihr soll sich die weibliche Natur, das Wesen der Frau verwirklichen; sie soll aus Liebe getan werden, und Liebe sei ihr Lohn. Eine Arbeit, welche die gesamte weibliche Existenz erfaßt: physische, emotionale und sexuelle Hausarbeit, putzen, kochen und einkaufen, trösten und lächeln und geduldig zuhören, beischlafen und vergewaltigt werden.

Sie sagen, es sei Liebe. Wir sagen, es ist unbezahlte Arbeit. Sie nennen es Frigidität. Wir nennen es Arbeitsverweigerung. Jede Fehlgeburt ist ein Arbeitsunfall. Beides: Homosexualität und Heterosexualität sind Arbeitsbedingungen ... Aber: Homosexualität ist Arbeiterkontrolle über, die Produktion, nicht das Ende der Arbeit.
Mehr lächeln? Mehr Geld! Nichts wird die heilsamen Kräfte eines Lächelns gründlicher zerstören.
Neurose, Selbstmord, Entsexualisierung: Berufskrankheiten der Hausfrau.
(Aus: Silvia Federici: Lohn gegen Hausarbeit. Berlin 1977)

Die Frauenbewegung lehnte diese Arbeit, diese Gleichsetzung von Arbeit und Liebe ab. Genau hier aber stieß sie auf eine Grenze: Die Überlebensmöglichkeit von Millionen Frauen hängt weiterhin ab von dieser Liebesarbeit, davon, daß sie Zugang zum Einkommen eines Mannes finden, den sie versorgen, damit er sie und ihre Kinder versorgt; der Staat garantiert diesen Teufelskreis von Abhängigkeit. Immer schon haben Frauen gegen diese Abhängigkeit revoltiert, keineswegs nur aus Liebe gearbeitet, aber sie zahlen meist einen hohen Preis: Armut als alleinstehende Mütter, Armut und Diskriminierung als Lesben, Überarbeitung als Doppeltbelastete, Kinderlosigkeit gegen eigenen Willen, Armut und Einsamkeit im Alter, Verachtung als Prostituierte - kurz: neue Abhängigkeit, neue Hausarbeit.

Lohn gegen Hausarbeit

Seit Ende der 60er Jahre diskutieren und fordern Frauen öffentlich Lohn für Hausarbeit vom Staat, und seit Anfang der 70er Jahre entstand in verschiedenen Ländern - vor allem England, USA, Kanada, Italien, Schweiz, BRD - eine Kampagne für Lohn für Hausarbeit, die durch Öffentlichkeitsarbeit, Aktionen und Kommunikation unter Frauen an diese Forderung anknüpft, sie bekannt machen und durchsetzen will. Hat es anfänglich noch Mißverständnisse gegeben, so ist inzwischen längst klar geworden, daß es dabei nicht um die Umverteilung einer beschränkten Menge Geld geht, was ja doch alles beim alten ließe; vielmehr eröffnet jene Forderung, ausgehend von der Situation und Erfahrung von Frauen, deren Arbeit und Kämpfe lange unsichtbar geblieben sind, eine neuartige Analyse gesellschaftlicher Machtverhältnisse und eine umwälzende Perspektive ihrer Veränderung. Sie entstand als Teil derjenigen Frauenbewegung, die sich in Zentren und Gruppen organisiert hat; aber auch aus der Bewegung und den tagtäglichen Kämpfen von Frauen, die für diese Organisationsform keine Zeit, kein Geld oder keine Neigung hatten.

Mit der Forderung nach Bezahlung der unbezahlten Frauenarbeit wird die erwähnte Grenze, an welche die Frauenbewegung des vergangenen Jahrzehnts gestoßen ist, überschritten: die ökonomische Abhängigkeit der Frauen von Männern, die ihrer Arbeitsverweigerung, ja oft sogar der Bewußtwerdung ihrer Ausbeutung, einen Riegel vorschiebt. Nicht zufällig war jahrelang das Thema »Geld« in den Selbsterfahrungsgruppen tabu, die ansonsten das Persönlichste ins schonungslose Licht der Öffentlichkeit rissen; hätten diejenigen, die in Frauenhäusern Zuflucht suchten, je eigenes Geld für ihre Arbeit gesehen, so hätten sie weder ein Frauenhaus gebraucht noch müßten sie anschließend in so großer Zahl wieder zu ihren Männern zurück. Den Machtverhältnissen in unserer Gesellschaft (und nicht nur in unserer) liegt ein zentrales Machtverhältnis zugrunde: dasjenige zwischen entlohnter und nicht entlohnter Arbeit, zwischen Männern und Frauen (und Kindern); ihm entspricht eine doppelte Arbeitsmoral - Arbeit für Geld/Arbeit aus Liebe. Liebesdienste Arbeit zu nennen, sie als Gratisarbeit nicht mehr für selbstverständlich zu nehmen und ihre Bezahlung zu fordern, ist der ebenso zentrale Angriff auf diese Machtverhältnisse. Schon allein eigenes Geld zu fordern, stellt, noch bevor wir es haben, diese Machtverhältnisse in Frage; es heißt, ohne Schuldgefühle die Arbeit auch ablehnen zu können. (Welcher Mann kann die Schuldgefühle von Ehefrauen gegenüber »seinem' Geld, Gegenstück der »weiblichen« Opferbereitschaft, nachempfinden? Und doch baut er auf sie in seiner Hoffnung, daß sie es »weise« ausgibt.) »Es ist die Forderung, bei der unsere Natur aufhört und unser Kampf beginnt, denn Lohn gerade für Hausarbeit haben zu wollen, heißt, diese Arbeit als Ausdruck unserer Natur zu verweigern, heißt, genau die weibliche Rolle zu verweigern, die das Kapital uns aufgedrängt hat ... Wenn wir für Lohn kämpfen, kämpfen wir unzweideutig und direkt gegen unsere gesellschaftliche Rolle. Es ist derselbe grundsätzliche Unterschied wie zwischen den Kämpfen der entlohnten Arbeiter und den Kämpfen der Sklaven für einen Lohn gegen die Sklaverei. Es sollte jedoch dabei ganz klar sein, daß wir mit unserem Kampf um Lohn nicht darum kämpfen, in kapitalistische Verhältnisse einzutreten, denn wir standen nie außerhalb dieser Verhältnisse. Wir kämpfen, um den kapitalistischen Plan für Frauen zu zerstören…«.[5]
Wird der Hausarbeit erst einmal ein Preisschild angeheftet, so kann sie nicht mehr selbstverständlich, natürlicherweise, zugemutet werden. Diese Entdeckung, das Sichtbarmachen der nicht entlohnten Arbeit der Frauen, hat Konsequenzen von enormer Tragweite:  Sie macht deutlich,  wie diese Gesellschaft eigentlich funktioniert. Die Produktivität der unbezahlten Hausarbeit ist die Quelle der Produktivität aller entlohnten Arbeit und damit aller Profite, denn sie produziert die entlohnten Arbeiter/innen von heute und morgen und außerdem die nächste Generation von Frauen, die der gleichen Aufgabe entgegengehen (sollen). »Die Familie als Keimzelle des Staats« - das heißt, der Staat ist auf dem Fundament der Löhne von Männern organisiert; abhängig von ihnen, arbeiten Frauen un- und unterbezahlt für sie und ihre Arbeitsfähigkeit, und über sie nützt diese Gratisarbeit den Unternehmern und dem Staat. Keine Arbeitskraft, die nicht umsonst durch Frauen geschaffen ist, kein Einkommen, das nicht durch unbezahlte Frauenarbeit entsteht, keine Werte und Profite, die nicht auf den Schultern von unbezahlten Frauen Zustandekommen. Welche Arbeit aber tatsächlich produktiv ist (die Linke pflegt mit entwaffnender Männerlogik zu sagen: Hausarbeit sei nicht produktiv, da sie nicht entlohnt wird; sie dürfe aber auch nicht entlohnt werden, da sie ja nicht produktiv sei), ist nicht nur eine theoretische Frage, sondern eine Frage gesellschaftlicher Macht. Wenn in Wirtschaft und Politik, bei Progressiven wie Konservativen, Arbeit immer nur gesehen wurde, wo sie außerhäuslich und entlohnt war, so haben Frauen dem ein Ende gesetzt. Die Frage, »was ist produktive Arbeit?« und »was ist Hausarbeit?« beantworten sie mit der Analyse dessen, wogegen sie sich wehren. Was Frauen als produktive Arbeit empfinden und erfahren, als Arbeit, die ihnen Abhängigkeit und anderen den Nutzen bringt, demonstrieren sie nicht durch eine »theoretische Ableitung«, sondern durch die Verweigerung - den Streik. Dies hat spätestens der Generalstreik der Frauen in Island im Oktober 1975 gezeigt: wenn Frauen nicht produktiv sind, ist niemand produktiv.
Die Forderung richtet sich an den Staat, der seit einigen Generationen immer mehr die Rolle des Arbeitgebers der Hausarbeiterinnen übernommen hat. Er reguliert den Arbeitskräftemarkt, organisiert die Familien-, Sozial-, Schul- und Steuerpolitik, und er weiß, was er an ihnen hat: Staatliche Instanzen haben errechnet, daß Hausfrauenarbeit meist weit über 2000 DM pro Monat wert ist-»natürlich« nicht in bar, sondern als »ideeller Wert«. Bis dahin mag noch ein weiter Weg sein, aber wichtig ist: Die Lohn-für-Hausarbeit-Kampagne knüpft an den Punkten an, wo Frauen sich schon Geld vom Staat erobert haben und es zur Verringerung ihrer Arbeit benützen können. Es wurde nicht Lohn genannt, weil ihre Liebesdienste verborgen blieben, und weil es in der Tat meist dazu benutzt wurde, Frauen an das Männereinkommen zu binden: Steuerfreibeträge für Verheiratete, Ehestandsdarlehen usw. Diese staatlichen Gelder an Frauen (Erziehungs- und Kindergeld, Renten, Sozialhilfe) sollen erhöht, von der Bindung ans Männereinkommen gelöst und der Kreis der Anspruchsberechtigten soll erweitert werden. Gewiß, diese Gelder sind - wie auch die Lohnhierarchie und Akkordsysteme an außerhäuslichen Arbeitsplätzen - als Leistungsprämie gedacht; aber es wird Sache der Frauen, ihrer Kämpfe und ihrer Solidarität sein, aus dem Almosen ein Recht, aus der Beihilfe einen Lohn, aus der Produktivitätsprämie ein Mittel ihrer Autonomie zu machen.
Solidarität von Frauen - hier liegt eine weitere Aufgabe der Lohn-für-Haus-arbeit-Kampagne. Denn wir Frauen sind, obwohl wir alle für die »Arbeit aus Liebe« sozialisiert wurden, nicht nur im Haushalt isoliert, sondern auch voneinander isoliert in unseren verschiedenen Situationen und Kämpfen, in den unterschiedlichen Graden von Macht und Geld, die wir uns haben erobern können. Die Forderung nach Lohn für Hausarbeit greift diese Spaltung zwischen Frauen an, indem sie ihren gemeinsamen Bezugspunkt offenlegt und die Verbindung zwischen ihren Kämpfen aufzeigt. Alleinstehende Mütter werden so lange nur ein Almosen erhalten, als andere Frauen sich nicht in ihrem Bemühen um Bezahlung eines Stückchens Hausarbeit wiedererkennen; der Kampf um Freigabe der Abtreibung wird so lange blockiert bleiben, wie er nicht den Kampf um die Möglichkeit einschließt, Kinder zu haben, ohne finanziell abhängig zu sein und ohne sie bloß zu einer disziplinierten Arbeitskraft erziehen zu müssen. Der Kampf lesbischer Frauen, ohne sexuelle Dienste an Männern ungestraft leben zu dürfen, bleibt isoliert und geschwächt, solange er sich nicht verbindet mit demjenigen von Prostituierten, die für diese Dienste Geld verlangen und sich nicht an einen Mann binden, und mit demjenigen von Frauen, die eine solche Bindung eingehen und ihre Auseinandersetzung um Geld und Sexualität »privat« führen: mit dem Frauenkampf gegen Vergewaltigung in- und außerhalb der Ehe. Die Forderung deutscher Frauen nach mehr Kindergeld und Sozialhilfc wird geschwächt, solange der Staat sich erlauben kann, den ausländischen Frauen Kindergeld und Sozialhilfe zu verweigern. Frauenkämpfe bleiben voneinander isoliert, wenn nicht die gemeinsame Grundlage gemeinsam in Frage gestellt wird: die Machtlosigkeit, die daher kommt, daß Frauen die meiste Arbeit verrichten und den meisten Reichtum schaffen, aber das geringste eigene Recht auf diesen Reichtum haben.
Innerhalb der Lohn-für-Hausarbeit-Kampagne sind in den vergangenen Jahren viele Gruppen entstanden, unter Frauen aus unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen. Öffentlich und in Selbsterfahrungsgruppen wurde diskutiert; Radio, Fernsehen und Presse haben sich damit beschäftigt; unzählige Frauen haben den Männern vorzurechnen begonnen, was sie durch »ihre« Hausfrau einsparen (Steuern, Ausgaben); die Diskussion um Hausfrauenrente und Erziehungsgeld verschärft sich (die meisten Frauen lehnen das von SPD und CDU vorgeschlagene Erziehungsgeld deshalb ab, weil es zu wenig ist). Durch den Druck dieser dezentralen, vielgestaltigen Kampagne wurden Frauen und Männer auf allen Ebenen der Gesellschaft ermutigt oder gezwungen, sich mit dieser verborgenen Arbeit zu beschäftigen.
Die Berliner »Frauen für Lohn für Hausarbeit« sind keine feste Gruppe mit regelmäßigen Terminen; seit drei Jahren treffen sie sich zu gemeinsamen Aktivitäten und versuchen, die Perspektive Lohn für Hausarbeit in ihren verschiedenen Lebensbereichen umzusetzen: als Lesben und Prostituierte, als Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialarbeiterinnen, in Schule, Volkshochschule und Universitäten, in den Medien und in der Kunst. - Gisela Bock

mathematik der frauenbewegung: zweimal frau gleich frau?

wenn eine frau,
die zum manne x im Verhältnis arbeiterin - chef steht,
soviel wut in ihrem bauch angesammelt hat,
daß sie ihn in die luft sprengt,
und wenn dann frau,
die zu dem selben mann x
im Verhältnis ehefrau-ehetyrann steht,
nach dem tode ihres mannes die firma übernimmt,
in welchem Verhältnis steht dann frau zu frau?

- Siegrid Weigel

Berufstätigkeit und Emanzipation

Mißverständnisse
Die Erkenntnis, daß ein wesentlicher Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit der Frau und ihren Befreiungsmöglichkeiten bestehen muß, ist so alt wie die Frauenbewegung selbst. Ebenso betagt sind einige Mißverständnisse, die diese Erkenntnis beiseite zu schieben versuchen und von daher den mühsamen Weg aus der Unterdrückung heraus noch steiniger und unbegehbarer machen. Der folgende Beitrag will versuchen, einige der Hindernisse wegzuräumen.
Berufstätigkeit der Frau war im letzten Jahrhundert der Schnittpunkt, an dem sich bürgerliche und proletarische Frauenbewegung trafen, wenn auch aus anderen gesellschaftlichen Antrieben heraus. Die bürgerliche Frauenbewegung nahm die Parolen der Revolution von 1848 - Menschenrecht und Menschenwürde - zum ideologischen Rüstzeug, den Eintritt der Frau in die Gesellschaft zu bahnen. Wenn jeder das Recht auf freie Entfaltung haben sollte, so konnte es nicht länger hingenommen werden, daß die Töchter der Mittel- und Oberschicht nervös auf eine standesgemäße Heirat warteten, und - wenn dies nicht zustande kam - als »alte Jungfer« ihr Gnadenbrot bei mildtätigen Verwandten aßen. »Das Recht der Frauen auf Erwerb« oder die »Brotfrage in der Frauenreformation« war deshalb auch Hauptanliegen des 1865 gegründeten Deutschen Frauenvereins, dessen erster Programmpunkt lautete: »Die erste deutsche Frauenkonferenz erklärt die Arbeit, welche die Grundlage der ganzen neuen Gesellschaft sein soll, für eine Pflicht und Ehre des weiblichen Geschlechts, sie nimmt das Recht der Arbeit in Anspruch und hält es für notwendig, daß alle der weiblichen Arbeit im Wege stehenden Hindernisse entfernt werden«.[1] Dies klingt vernünftig, durfte aber nicht Nahrung für die angemessene Hoffnung sein, Frauen seien damit als gesellschaftlich Gleiche und somit Gleichberechtigte akzeptiert. So war etwa für W. A Lette, den Begründer des Berliner Vereins zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts, das Feld gesellschaftlicher Betätigung der Frau unumstößlich abgesteckt: »Was wir nicht wollen und niemals, auch nicht in noch so fernen Jahrhunderten wünschen und bezwecken, ist die politische Emanzipation und Gleichberechtigung der Frau. ...Der alte Satz der christlichen Kirche >Mulier taceat en ecclesia< (Das Weib schweige in der Kirchengemeinde) gilt für alle Zeit, nicht bloß für die kirchliche, sondern auch für die politische Gemeinde«.[2]
Die proletarische Frauenbewegung mußte sich mit Menschenwürde und Berufstätigkeit auf anderer Grundlage auseinandersetzen. Ihre Frauen standen bereits an Webstühlen, wirkten an Spinnmaschinen, beugten sich in Bergwerkstollen. Seit Einführung der Maschinerie und Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise mußten diese Frauen nicht für das Recht auf Arbeit kämpfen, sondern gegen eine Pflicht, die ihnen sechzehn Stunden am Tag die Kräfte raubte. In diesen unwürdigen Zuständen, gegen die die Frauenbewegung die Forderung nach Arbeitsschutz setzte, ein Element von Befreiung zu entdecken, das Männer und Frauen gleich macht, war im wesentlichen das Verdienst von Clara Zetkin. Ihr unermüdliches Agitieren dahingehend, daß es nicht darum gehe, die Frauenarbeit als solche zu bekämpfen, sondern die Bedingungen, die Frauen und Männer in solche Lage treibt, umzuwälzen, wurde erst 1891 (und dann nur für kurze Zeit) zum Konsens in der deutschen Arbeiterbewegung.
Diese war in ihren Anfängen durchaus überfordert, die Frau als gleichberechtigte Kämpferin an der Seite ihres Mannes anzuerkennen. So erschien angesichts des Elends der Arbeiterinnen, der vernachlässigten Familien und verwahrlosten Kinder und des Lohndrucks, den die weibliche Konkurrenz ausübte, eine Verbesserung der Lage des Proletariats nur möglich durch ein Verbot der Fabrikarbeit der Frau und ihre Rückführung ins Haus. Diese Konzeption vertrat hauptsächlich der 1863 von Lassalle gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein. Die Lassalleaner forderten statt Fabrikarbeit der Frauen Erwerbsarbeit im Haus (Heimarbeit). Die Männer sollten den Frauen die Fabrikarbeit sogar verbieten und selbst in Abwehrstreiks treten. Sie erwarteten von der Ausschaltung der Frauen aus der industriellen Produktion eine vermehrte Beschäftigung männlicher Arbeitskräfte (Verminderung der Arbeitslosigkeit) und eine Erhöhung der Männerlöhne. Ausschlaggebend für die Ablehnung der Frauenarbeit war jedoch noch ein anderes Moment: Es ging nicht nur gegen die Frauenarbeit unter kapitalistischen Verhältnissen, sondern vor allem für die Beschränkung der Frau auf die »weibliche Sphäre«. Diese Haltung, sich mit objektiven Argumenten subjektiv der Befreiung von männlicher Vorherrschaft zu widersetzen, bezeichnet Thönnessen zutreffend als »proletarischen Antifeminismus«.[3]
Der von Lassalleanern und Eisenachern so mühsam gefundene Konsens, nach dem unterschieden wurde zwischen der Frauenarbeit als solcher, die es zu fördern, und den kapitalistischen Arbeits- und Produktionsverhältnissen, die es zu bekämpfen gelte, schien nach 1900 von der Arbeiterbewegung wieder verdrängt worden zu sein.
Den Auftakt zur Abkehr von der »alten« Emanzipationstheorie gaben zwei Artikel von Edmund Fischer, erschienen im Jahre 1905 in den »Sozialistischen Monatsheften« (seit 1899 das Organ der Revisionisten). Fischer schreibt:

»Der alte Emanzipationsstandpunkt, der immer noch in vielen Köpfen spukt, läßt sich meiner Ansicht nach heute nicht mehr aufrecht halten. Die Entwicklung geht bei der Frauenarbeit nicht den Weg, den man bisher annahm, und die Staatsküchen und Hauswirtschaftsgenossenschaften bleiben ein utopischer Traum, der an der psychologischen Beschaffenheit des Menschen, des Weibes, wie des Mannes, allezeit scheitern wird ... Die sogenannte Frauenemanzipation widerstrebt der weiblichen und menschlichen Natur überhaupt, ist Unnatur und daher undurchführbar«.[4]

Und:

»Die allgemeine Berufstätigkeit der Frauen, und damit ihre völlige wirtschaftliche Selbständigkeit, ihre Emanzipation vom Manne, und infolgedessen die Übernahme der gesamten Pflege und Erziehung der Kinder durch die Gesellschaft und die Auflösung der Einzelhaushalte, der Familie, ist ein Traum - und keineswegs ein schöner! - aus den Kinderjahren der sozialistischen Bewegung«.[5]

Krise, Arbeitslosigkeit, Elend und daraus resultierend Geburtenrückgang waren der politische Nährboden für die Rückkehr zu reaktionären Wesensklischees in der ersten Phase der Weimarer Republik, der sich auch die Sozialdemokratie nicht versagte. Seit 1921 beherrschte der Gedanke von der »besonderen weiblichen Wesensarbeit« die Diskussion der Frauenpolitik und war wesentliche Ursache für die »Wandlung der proletarischen Frauenbewegung zur Schulungsorganisation sozialer Nothelferinnen«.[6] Als Prophetin der Lobpreisung und Verklärung weiblicher Sozialarbeit tat sich Dr. Sophie Schöfer hervor, die zudem den von der Sozialdemokratie gehegten Gedanken der Humanisierung in den der »Menschenökonomie« vulgarisierte. Auf dem Reichsfrauentag in Görlitz 1921 fand sie: »Menschenökonomie ist die Einsetzung des Menschen als Wertfaktor in die Wirtschaft... Die Frau hat neben der Aufgabe, die Menschenleben zu vermehren, die Aufgabe, das einzelne Menschenleben möglichst produktiv und glücklich zu gestalten«.[7]

»Indem wir der Frau die Aufgabe der Hüterin des Menschenlebens zuweisen, bejahen wir zugleich die Frage, ob die Frau überhaupt eine Aufgabe in der Politik hat. Eignet der männlichen Art mehr der Kampf, so hat die Frau mehr Verständnis dafür, Menschenleben zu hüten und zu bewahren. Hat der Mann mehr Verständnis für Güterwirtschaft und Güterproduktion, so eignet sich die Frau mehr für die Vertiefung in Menschenschicksale«.[8]

Die SPD hat zehn Jahre gebraucht, um in diesen Verwirrungen aus den eigenen Reihen die Gefahr zu erkennen, das eigene Lager in Frauen und Männer mit so unterschiedlichen Wesen, Fähigkeiten, Bedürfnissen aufzuspalten, daß eine gemeinsame Kampffront gegen den sich massierenden Faschismus nur noch mit Mühe aufzubauen war. Die Faschisten hatten Mutterschaftswahn und Spaltung der Arbeiterklasse schon viel wirksamer vorbereitet, als daß die Resolution zur Frauenerwerbsarbeit vom Leipziger Parteitag 1931 dem noch hätte Widerstand leisten können. Angesichts der brillanten Höhepunkte der von Engels, Bebel und Zetkin formulierten Emanzipationstheorie liest sich diese Resolution ebenso kläglich wie rührend:

»Der Kampf um die Behebung der Arbeitslosigkeit ist von Unternehmertum und Reaktion dazu benutzt worden, um die Kampfbasis zu verschieben und die Massen von den eigentlichen Ursachen der Arbeitslosigkeit und von den wirksamen Möglichkeiten, sie zu bekämpfen, abzulenken. Die SPD bekämpft aufs schärfste die Hetze gegen die arbeitende Frau - gleichviel ob sie ledig oder verheiratet ist ... Wir wenden uns aufs schärfste gegen die Versuche, auf diesem Weg einen Kampf der Arbeiter untereinander zu inszenieren. Unsere Forderung heißt nicht >Kampf gegen die Erwerbsarbeit der Frau<, sondern >Kampf gegen das kapitalistische System, das allein die Schuld an der wachsenden Arbeitslosigkeit trägt«.[9]

Und heute, wo die Frauenbewegung die Chance hätte, die klassischen Positionen von ihrem Pathos zu entstauben, um den ursprünglichen und richtigen Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit und notwendiger Umwandlung der Familienstruktur wiederherzustellen, flüchten sich einige Gruppen in das irrsinnigste aller Mißverständnisse: sie fordern Lohn für Hausarbeit. Weil diese Position so ungeheuerlich ist und ein Schlag ins Gesicht aller Frauen bedeutet, die seit über hundert Jahren sich aufgerieben haben für ein würdiges, menschliches Nebeneinander der Geschlechter, soll auf sie ausführlicher eingegangen werden. Vorher ist es jedoch notwendig, den Stellenwert der Berufstätigkeit der Frau im Hinblick auf ihre Emanzipation als Springpunkt aller weiblichen Befreiungsstrategien noch einmal darzustellen, auch wenn es sich so viel unbequemer liest als die platte Forderung »Lohn für (oder gegen) Hausarbeit«.

Für die Berufstätigkeit der Frau!
Hinter der so rigoros formulierten Forderung nach Berufstätigkeit an die männliche Arbeiterbewegung standen zwei Vorstellungen. Zum einen das Leitbild der Frau, die nicht mehr ausschließlich in der Familie tätig ist, dem Mann somit ökonomische Unabhängigkeit und unabhängigen Willen entgegensetzen kann, zum anderen das Eintreten für die Umwälzung einer die Menschen hindernden Gesellschaftsordnung, die von den Frauen mitgetragen werden muß, um gegen die herrschende Männlichkeit Menschlichkeit durchzusetzen. Für diese Frauen war die so häufig und besonders heute diskutierte Alternative »Hausfrau oder Berufsfrau« gegenstandslos. Sie existierte nicht, weil diese Frauen auf Erwerbstätigkeit nicht verzichten konnten, aber auch, weil sie es - aufgrund der Einsicht in ihre historische Potenz - gar nicht mehr wollten.
Es soll bereits an dieser Stelle eingestanden werden, daß sich in der Hausarbeit unendlich mehr Freiräume auftun können (als in der oft als Abschreckung zitierten Fließbandarbeit), wenn man darunter die relativ beliebige Arbeitsaufteilung versteht oder auch das Beschäftigen mit schönen Dingen, Blumen in Vasen zu arrangieren, den Tisch liebevoll zu decken, das Komponieren lukullischer Köstlichkeiten usw. Daneben mag die Berufsarbeit, nämlich die, welche Frauen vorbehalten zu sein scheint, sich wie der Gipfel von Unfreiheit ausnehmen. In der Behauptung, daß selbst in der idealisiertesten Vorstellung von Hausfrauen-Autonomie (etwa beim Backen des Brotes oder Batiken von Vorhängen) nicht der richtige Weg liegen kann, um aus dem Schatten der Nebenrolle herauszutreten - und dies angesichts der menschen-, frauenverachtenden Situation von Akkordarbeit, der Arbeiterinnen meistenteils ausgesetzt sind -, liegt schon eine gewisse Ungeheuerlichkeit. Denn diese Behauptung impliziert zugleich, das auch die »geringsten« Erwerbstätigkeiten eher geeignet sind, Frauen unabhängig zu machen, als das erfüllteste Hausfrauendasein dies jemals vermocht hätte. Den Frauen als Inhalt von Befreiung vorzugaukeln, Arbeitshetze, Streß, Monotonie besser ertragen zu können als je ein Mann, war nie Anliegen der Frauenbewegung. Ihre Bejahung der weiblichen Erwerbsarbeit war stets gekoppelt mit einem umfassenden Katalog zum Arbeitsschutz, zum Mutterschutz, zur Gesundheits- und Arbeitslosenvorsorge, zur qualifizierten Ausbildung und zum freien Vereins-, Versammlungs- und Streikrecht. Insofern ist die Berufsarbeit der Frau nicht identisch mit ihrer Befreiung, sondern zunächst nur wesentlicher Schritt dahin.
Dies kann aber nur begriffen werden, wenn die Persönlichkeits- und geschichtsbildende Funktion der Arbeit, ohne die die Menschen mit ihren heutigen Bedürfnissen und den von ihnen geschaffenen Staats- und Gesellschaftsformen undenkbar wären, zugrunde gelegt wird.
Es ist besonders das Verdienst von Marx, diese Erkenntnis formuliert zu haben. Die Verausgabung von Muskel- und Geisteskraft, die als Ergebnis etwas Nicht-Nützliches hervorbringt und damit keinerlei allgemeine Bedürfnisse befriedigt, kann nicht Arbeit sein. Eine solche Tätigkeit, die zum Spaß geschieht, wäre etwa Spiel oder Hobby. Wenn also Arbeit zweckgerichtete Tätigkeit ist und Frauen an ihr teilnehmen, leisten sie damit einen Beitrag zur Ökonomie ihres Landes. Doch daneben ist Arbeit zugleich menschliche Tätigkeit, die entscheidende Bedingung, die den Menschen aus dem Tierreich ausgesondert hat. Marx sagt hierzu in seinem berühmten Vergleich: »Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen jeden menschlichen Baumeister. Was aber von vorne herein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut«.[10]
Der Mensch arbeitet, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Dabei sind zunächst die Grenzen durch die Natur gesetzt. Aber die menschlichen Bedürfnisse, die nicht statisch sind, sondern sich im Verlauf der Geschichte ständig entwickeln und sich vervielfältigen, sind zugleich der Motor, die natürlichen Grenzen zu überwinden. Der Mensch wirkt auf die Natur ein, macht sie sich zueigen und erwirbt zugleich neue Fertigkeiten und Erfahrungen. Indem er die Natur ändert, ändert er sich selbst. Schon in der frühen Menschheitsgeschichte stellte sich heraus, daß ein Mensch allein zu wenig ist, seine Bedürfnisse zu erfüllen. Kooperation, d.h. das Zusammenwirken mehrerer Menschen zur Erzeugung eines Produkts, Arbeitsteilung, d.h. die Zergliederung des Arbeitsprozesses und die Entwicklung der Arbeitshilfsmittel von den primitiven Werkzeugen bis heute hin zu modernen Automaten waren die Folge. Wenn also ein Mensch nicht mehr isoliert arbeitet (wie heute noch Hausfrauen), sondern einer für alle und alle für einen, ist Arbeit nicht nur menschliche, sondern gesellschaftliche Tätigkeit.
Der Entwicklung der Produktivkräfte (dem Zusammenwirken der lebendigen Arbeitskraft des Menschen mit den von ihm geschaffenen Produktionsmitteln) sind an sich keine Schranken gesetzt, wohl aber in einer Klassengesellschaft. Hier ist der arbeitende Mensch von den Produktionsmitteln - die ihm nicht gehören - getrennt und wird erst durch den Verkauf seiner Arbeitskraft (an den Eigentümer von Produktionsmitteln) wieder mit ihnen zusammengefügt. Unter diesen Bedingungen erscheint Arbeit als äußerer Zwang »und ihr gegenüber die Nichtarbeit als >Freiheit und Glück<«.[11] Unabhängig aber von jeder Gesellschaftsordnung bleibt die Hauptproduktivkraft der Mensch, was naturgemäß Männer und Frauen umfaßt. Anders ausgedrückt heißt dies, daß alles, was Frauen von dieser Bestimmung fernhält, nicht natürlich ist. Wenn heute in Folge der Industrialisierung der Ort der gesellschaftlichen Arbeit außerhalb der Familie liegt (ganz im Gegensatz zur vorindustriellen Gesellschaft), verlangt die Auffassung, auch Frauen als menschliche Produktivkräfte zu begreifen, geradezu den Beitrag der Frauen an der Erschließung des Fortschritts und gibt ihnen den Auftrag, an der Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums gleichrangig mitzuwirken. Auf der anderen Seite verbietet ein solcher Standpunkt - theoretisch - ein Dasein als Vollhausfrau. Dies wäre nämlich ein Beharren auf traditioneller Arbeitsteilung, in der der Mann die gesellschaftlichen Werte erschafft und sie der Frau im Austausch für ihre privaten Dienste im Haushalt -Kinderversorgung, kochen, putzen, waschen, einkaufen usw. - zukommen läßt. Es geht also darum, daß Frauen nicht länger »das andere Geschlecht« sind, das neben den produktiven Männern existiert, sondern sie gleichermaßen an Wissen, Bildung, Technik, Fortschritt und Gesellschaft teilnehmen zu lassen.
Um Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit beider Geschlechter zu gewährleisten, ist allerdings stets mit Konsequenz zu überprüfen oder einzurichten, daß den Frauen im Arbeitsprozeß die gleichen Positionen wie Männern offenstehen; ihre Arbeit gleich bewertet wird; sie mit gleicher Bildung  ausgestattet  werden  wie  die männlichen  Produzenten; ihnen Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung offen stehen; Lösungen angeboten werden zur Verringerung von Hausarbeit, um ausschließen zu können, daß Erwerbsarbeit vornehmlich zur Doppelbelastung von Frauen wird. Es muß noch auf die Unterscheidung von Arbeits- und Verwertungsprozeß hingewiesen werden, oder auf die Unterscheidung von Allgemeinem und Besonderem. Der Arbeitsprozeß ist die allgemeine menschliche Auseinandersetzung mit der Natur, die im Verlauf der Menschheitsentwicklung unterschiedliche Formen angenommen hat. War er ursprünglich nur sinnvoll zur Herstellung von Gebrauchswerten, d.h. nützlichen Dingen schlechthin, fällt er heute in kapitalistischen Systemen mit der Produktion von Waren und der dazugehörenden Verwaltungs- und Dienstleistungsarbeit zusammen. Die ursprünglich private Produktion von Dingen, die nützlich waren zum Leben, ist heute überführt worden in die vom Kapital beherrschte Produktion von Dingen, die nützlich sind, das Kapital zu vermehren. Wie jedes Ding, das den Namen Ware verdient, in zweierlei Hinsicht zu betrachten ist - nämlich nach Befriedigung irgendwelcher Bedürfnisse und nach Tauschmöglichkeiten -, ist jetzt auch der Prozeß, der notwendig war, dieses Ding herzustellen, doppelseitig anzusehen: Um nützliche Dinge herzustellen, müssen die Menschen wie eh und je arbeiten, um aber diese Dinge für den Tausch fähig zu machen, müssen sie wertbildend arbeiten, d. h. nicht mehr irgendwie und privat, sondern unter dem Kommando dessen, dem diese Dinge gehören und der sie auf den Markt bringt. Dadurch erfährt die Bedürfnisbefriedigung der Menschen zunächst eine erhebliche Einschränkung. Indem sie nämlich arbeiten, d.h. Produkte erzeugen, die nicht ihnen selbst, sondern den Besitzern der Produktionsmittel gehören, schaffen sie täglich eine Welt, aus der sie - im Verhältnis zu den Kapitaleignern - ärmer hervorgehen, als sie hineingegangen sind. Die zwei Erscheinungsformen dieses Zustands sind relative Verelendung und zunehmende Entfremdung. Doch nicht die Verweigerung der Arbeit kann Entfremdung aufheben, sondern zunächst das Infragestellen der Bedingungen, die Entfremdung erzeugen.
Somit kann eine begriffliche Vermischung von privater und gesellschaftlicher Arbeit nicht mehr zulässig sein. Wenn Frauen in den Familien arbeiten - und daß sie das tun, ist nicht bestritten - so arbeiten sie privat. Sie stellen ihre Potenzen und Fähigkeiten in einem Bereich zur Verfügung, wo Entfremdung noch ausgespart sein mag, aber eben um die Preisgabe der gesellschaftlichen Arbeit und Erfahrung. (Daß dies so ist, nämlich Frauen die Hausarbeit und Kinderversorgung - unbezahlt - machen zu lassen, ist zwar eine Zumutung, die der Gesellschaft Unmengen an Geld und Leistungen erspart, doch läßt sich diese Zumutung nur auflösen, indem diese Arbeiten als Privatarbeiten aufgekündigt und in gesellschaftliche Bereiche überführt werden.) Wenn unsere Gesellschaft Arbeit schlechthin koppelt mit dem Verwertungsinteresse des Kapitals, kann es für Frauen keinen Königsweg geben, ihre Arbeit dieser brutalen Wirklichkeit zu entziehen. Die Lösung kann nur sein, die gesellschaftliche Arbeit von Männern und Frauen ihrer eigentlichen Bestimmung wieder zuzuführen, nämlich ihren Ertrag allen gleichmäßig zukommen zu lassen und nicht, eine ebenso zornige wie hilflose Rechtfertigungskampagne zu führen, dergestalt, daß private Frauenarbeit energisch zur gesellschaftlichen erklärt wird.

»Lohn für Hausarbeit« - ein Rückfall hinter die Anfänge der Frauenbewegung

  • Die Forderung berührt nirgends die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die dem Mann die Welt draußen und der Frau ihren Platz drinnen zuweist. Selbst wenn Frauen die Hausarbeit entlohnt bekämen, würden sie weiterhin aus zweiter Hand (er)leben, wegen Isolation und Unausgefülltsein in Depressionen und andere psychische Krankheiten getrieben werden. Ihren Aufenthalt im Müttergenesungsheim müßten sie dann vielleicht vom eigenen Lohn bezahlen. Bisher gibt es kein Indiz dafür, daß selbst Männer, die an den »untersten« Rängen der Berufshierarchie schuften, durch einen Lohn für Hausarbeit auf Dauer einem Rollentausch zustimmen würden. Und was würde der auch nützen?
  • Lohn für Hausarbeit soll schließlich nicht gezahlt werden, um die Frauen noch besser funktionieren zu lassen, sondern soll eine Kampagne »Kampf gegen die Arbeit« entfachen. »Denn wir haben schon genug gearbeitet. Wir haben Millionen Tonnen von Baumwolle geerntet, Millionen von Tellern abgewaschen, Millionen von Fußböden geschrubbt, Millionen von Schreibmaschinenseiten getippt, Millionen von Radiogeräten montiert, Millionen Windeln mit der Hand oder der Maschine gewaschen«.[12] Und damit soll jetzt dank Bezahlung dieser Arbeiten Schluß sein. Zu fragen wäre, was geschehen würde, wenn alle Hausfrauen in Streik träten. Die Ehemänner blieben hungrig, die Wäsche wäre schmutzig, den Kindern drohte Verwahrlosung. Spätestens an diesem Punkt würde sich die Gesellschaft auf ihre Pflicht besinnen und erkennen, daß ihr Fortbestand letztlich doch sinnvoller ist als die Verpulverung von Milliardenbeträgen zu ihrer abstrakten »Verteidigung«. (Als sich herausstellte, daß die Familienerziehung die Kinder nicht mehr ausreichend auf die Arbeitswelt vorbereiten konnte, wurde auch schleunigst die allgemeine staatliche Schulpflicht eingeführt.) Aber zu dieser totalen Verweigerung von Frauenarbeit wird es nicht kommen, weil jede Hausfrau für sich ihr kleines Reich verteidigt und kaum vorstellbar ist, daß die Mütter massenhaft zusehen, wie ihre Kinder verkommen. Die Drohung der männlichen Arbeiter: »Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will« war immer schon geeigneter, dem Gegner Entsetzen einzuflößen und Zugeständnisse abzuringen, weil dahinter eine organisierte gesellschaftliche Macht steht und nicht privater, ohnmächtiger Unwille. Arbeitszeitverkürzung insgesamt durchzusetzen, wäre dagegen eine vernünftige Perspektive, aber die läßt sich nur am Arbeitsplatz entwickeln.
  • Eine weitere Begründung für »Lohn für Hausarbeit« geht dahin, Liebesdienste zu Hause endlich als das zu bezeichnen, was sie angeblich seien: Arbeit am Ehemann. Wieviel bequemer wäre es dann doch, sich nicht einen solchen unbequemen »Arbeitsplatz Ehemann« zu wählen, sondern direkt in die Produktion zu gehen. Was sollte Geld hier helfen? Das Servieren einer Tasse Kaffee z.B. könnte mit fünfzig Pfennig entlohnt werden, das Lächeln dazu mit einem Aufpreis von dreißig Pfennig extra. Über Tarife beim ehelichen Verkehr soll erst gar nicht spekuliert werden. Menschlich und befreiend kann doch nur sein, die Beziehung zwischen den Geschlechtern so zu gestalten, daß Zuneigung und Liebe ohne Abhängigkeit entstehen können und nicht, daß offene Prostitution gefordert wird. - Angesichts der Krise, zunehmender Frauen- und Mädchenarbeitslosigkeit und der immer lauter werdenden Werbung »Zurück ins Haus, weg mit dem Doppelverdienertum« scheint es unfaßbar, daß manche Feministinnen sich weigern, die gesellschaftlichen Ursachen und Zusammenhänge, die doch historisch nicht neu sind, zu sehen und mit ihrer Forderung »Lohn für Hausarbeit« völlig bewußt der Reaktion in die Hände arbeiten. (So lehnen sie Erziehungsgeld und andere Trostpreise nicht wegen der dahinterstehenden Konzeption ab, sondern nur, weil dabei zu wenig Geld herausspringt.) Wie sollen junge Mädchen, denen es gewiß schwer fallen muß, angesichts der Situation auf dem Arbeitsmarkt einen kühlen Kopf behalten, wenn er ihnen derart vernebelt wird? Da wird die Hoffnung auf den tollen Mann, der irgendwann kommt und sie versorgt, vielleicht doch stärker als der verbissene Kampf um einen Ausbildungsplatz, der aber die einzige Garantie dafür ist, daß sie sich eines Tages von dem Mann mit Anstand wieder trennen kann, wenn sich herausstellt, daß er so toll doch nicht ist. Solcher Weiblichkeit, verbunden mit derart skurrilen Forderungen, sollten wir nicht aufsitzen. Sicher ist das Ziel, das wir ansteuern, nicht die geschlechtslose Arbeitsbiene, die sich in einem stupiden Acht-Stunden-Tag erschöpft. Endziel der Befreiung von Frauen und Männern kann doch letztlich nur die Abschaffung von Lohnarbeit überhaupt sein. Und da kommen Frauen und wollen sie erst noch einführen! - Jutta Menschik