Ehe und Arbeitsteilung

Die meisten Hausfrauen sind Ehefrauen. Eine auf nationaler Ebene durchgeführte britische Untersuchung kam zu dem Ergebnis, daß 92% der Hausfrauen verheiratet sind (weitere 6% sind geschieden oder verwitwet).[1] In unserer Kultur binden gesetzliche Bestimmungen den Status der Ehefrau an den einer unbezahlten Haushälterin. Der Ehemann hat einen Rechtsanspruch auf unbezahlte Dienstleistungen seiner Ehefrau. Staatliche Systeme der sozialen Sicherung gehen davon aus, daß verheiratete Frauen finanziell abhängige Hausfrauen sind.[2] Auch Einkommenssteuerregelungen setzen dies voraus: z. B. weil Ehefrau gleichzeitig Hausfrau bedeutet, kann keiner der Partner in einer Ehe eine Haushaltshilfe von der Steuer absetzen.[3] Die rechtsgültigen Einschränkungen werden natürlich unterstützt von anderen wirtschaftlichen, sozialen und psychologischen Zwängen, die die Bestimmung der Ehefrau als Hausfrau aufrecht erhalten.
Diesem freudlosen Bild der Ungleichheit stehen eine Reihe der in den letzten ca. 10 Jahren veröffentlichten Studien über die Ehe entgegen. Ronald Fletchers the Family and Marriage (1962) (Familie und Ehe) sowie Husbands and Wifes (1960) (Mann und Frau in der Ehe) von Robert Blood und Daniel Woolfe sind zwei der früheren Arbeiten dieser Art. Michael Youngs und Peter Willmotts The Symmetrical Family (1973) (Die ausgewogene Ehe) ist eine der erst kürzlich erschienenen Untersuchungen. Im allgemeinen betonen diese Arbeiten die Gleichheit der Partner in der heutigen Ehe, verglichen mit der Situation irn 19. und frühen 20. Jahrhundert. - Sie messen der gesetzlichen Gleichberechtigung und dem Anwachsen der Erwerbstätigkeit von Ehefrauen - heute 50 % gegenüber 20% in den frühen 50er Jahren - große Bedeutung bei. Das Gebiet der Arbeitsteilung im Haus wird vergleichsweise wenig beachtet. Die allgemein vertretene Meinung ist, daß Ehemänner sich heute mehr als früher an der Hausarbeit beteiligen:

"das alte Bild vom Familienleben, in dem der Mann herrscht und die Frau die Familie bedient, ist ... ersetzt worden durch ein neues ausgewogenes Bild ... unsere Familienideologie hat sich unmerklich gewandelt und eine unblutige Revolution geht in Millionen von Haushalten unbemerkt vor sich..."[4]

Diese Vorstellung ist aufregend. Zweifelsohne sprechen die Argumente für eine solche Entwicklung; sicher müßte eine Folge der Frauengleichberechtigung die anwachsende häusliche Hilfe des Mannes sein. Die einzige Möglichkeit diese Behauptung zu prüfen, besteht darin, sich die Tatsachen anzusehen. Dieses Kapitel untersucht die Aussagen der 40 interviewten Frauen über ihre Ehen. Im ersten Abschnitt werden die Aussagen selbst dargestellt und ihre Verbindungen zu anderen, in früheren Kapiteln bereits angerissenen Ergebnissen analysiert, die sich auf die Art, wie die Hausfrau an ihre Arbeit herangeht, bezogen. Der zweite Abschnitt untersucht die von den Frauen beschriebenen Vorstellungen über männliche und weibliche Rollen; diese Vorstellungen sind entscheidend für unser Verständnis ehelicher Rollenmuster. Er beschäftigt sich auch mit der Bewertung von männlichen und weiblichen häuslichen Rollen, die der Sozialforschung zugrunde liegen. Dies ist ein Beispiel für die im ersten Kapitel dieses Buches aufgezeigte übliche Tendenz der Soziologen, die gängige Bewertung der männlichen und weiblichen Rollen in der Gesellschaft ständig zu wiederholen, anstatt sich von ihnen zu lösen. Sozialwissenschaften - zumindest in ihrer allgemein bekannten Fassung - haben dazu beigetragen, die moderne Ehe als eine auf Gleichheit beruhende Verbindung darzustellen. Wenn dieser Schluß auf falschen Voraussetzungen beruht, muß die schwache Stelle des Arguments aufgezeigt werden.

1. Verhalten

a) Arbeitsteilung im Haus

Die Interviews wurden mit den Frauen alleine durchgeführt, nicht zusammen mit den Ehemännern, sodaß Aussagen über sein Verhalten von der Frau stammen. Es könnte eingewandt werden, daß die Darstellung des häuslichen Verhaltens des Ehemannes durch die Frau ungenau ausfällt; z. B. könnten unzufriedene Ehefrauen den Umfang der Hilfe des Mannes unterschätzen. Eine sorgfältige Studie zu diesem Problem von Michael Rutter und George Brown kommt zu dem Ergebnis, daß die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer solchen Verzerrung gering ist, wenn die gestellten Fragen auf die tatsächliche Ausführung einer bestimmten Arbeit während eines genauen Zeitabschnitts abzielen.[5]
Die Fragen, die sich in der vorliegenden Umfrage mit Ehe befassen, berücksichtigen dies.
Die Ehemänner wurden bezüglich ihrer Beteiligung sowohl an der Hausarbeit als auch an der Kinderversorgung als hoch, mittel oder niedrig eingeschätzt. Maßstab für diese Einschätzung war der Anteil, den der Ehemann an der Gesamtheit der geleisteten Hausarbeit und Kinderversorgung hatte. Wie alle Einschätzungen dieser Umfrage, waren auch dies relative Einschätzungen.
Ein Ehemann, dem ein hohes Maß an Beteiligung zugeschrieben wird, macht lediglich mehr Hausarbeit/Kinderversorgung als die unter mittel eingestuften Ehemänner der 40 befragten Frauen. Bei dieser Einschätzung werden die Männer lediglich miteinander verglichen, nicht mit einem absoluten Maß, das "hohe", "mittlere", "niedrige" Grade der Beteiligung festlegt. Die sich aus den Einschätzungen ergebenden Zahlen sind in Tabelle 8.1. und 8.2. dargestellt.
 
Tabelle 8.1. Beteiligung des Ehemannes an der Hausarbeit und soziale Schicht

Tabelle 8.2. Beteiligung des Ehemannes an der Kinderversorgung und soziale Schicht

Drei Hauptschlußfolgerungen können aus den Tabellen gezogen werden:

  1. Lediglich eine Minderheit der Ehemänner leistet soviel Hilfe, d.ß von einer Gleichheit in der modernen Ehe gesprochen werden kann. 150/o haben einen hohen Beteiligungsgrad an der Hausarbeit und 25% an der Kinderversorgung.
  2. Die Beteiligung ist bezüglich der Schicht unterschiedlich.
  3. Es gibt eine größere Bereitschaft der Männer, sich an der Kinderversorgung zu beteiligen, als an der Hausarbeit.

Jeremy Abbatt ist einer der wenigen Männer, deren Beteiligung an Hausarbeit und Kinderversorgung von seiner Ehefrau als beträchtlich beschrieben wurde (in der Tabelle als hoch eingestuft). Unlängst eröffnete er ein eigenes Geschäft mit dem Verkauf von Fertiggerichten; seine Frau war, bevor sie ihr Kind bekam, Phonotypistin. Sie sagt:

  • "Ich helfe ihm bei seiner Arbeit, Maschineschreiben, zusammenrechnen, und solche Sachen und er hilft mir bei meiner. Er ist ein guter Koch und es macht ihm nichts aus, wenn er abends heimkommt und Essen macht. Vergangene Woche kochte er dreimal. Oder wenn ich gerade in einem Zimmer staubsauge und er kommt dazu, hilft er mir beim nächsten. Er putzt regelmäßig die Fenster, leert die Mülleimer und trocknet ab. Er hilft mir, die Hausarbeit fertig zu kriegen, denn er hat es gern, wenn wir zusammensitzen. Er bügelt auch seine Anzüge und Hosen selbst. Wenn er zu Hause ist, kümmern wir uns gemeinsam um das Kind. Er badet es abends. Ich ziehe es an, er gibt ihm die Flasche und legt es schlafen.

"Wechselt er auch die schmutzigen Windeln?"

  • "Er hat nichts gegen schmutzige Windeln, er hat nie etwas dagegen gehabt. Am Wochenende macht er das Kind jeden Morgen fertig, sodaß ich mal ausschlafen kann."

Diese Beschreibung gibt den Eindruck eines arbeitsteiligen häuslichen Familienlebens wider. Keine festen Vorschriften, wer was tun sollte, beherrschen das Muster des häuslichen Arbeitsverhaltens. Im Vergleich dazu zeichnet Eleanor Driscoll das Bild eines absolut ablehnenden Verhaltens ihres Ehemannes (seine Beteiligung in beiden häuslichen Bereichen wird als niedrig eingestuft). Sie sagt, er tue nie irgendwelche Hausarbeit, weder Einkaufen noch Kochen:

  • "Er war früher Chefkoch von Beruf und früher hat er samstags das Mittagessen gekocht. Aber er ist genauso ein Dreckstück wie sein Vater und mag es nicht, wenn Frauen ihn bevormunden. Ersagt "ich arbeite den ganzen Tag, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, bin ich müde.

Das Essen muß im Haushalt der Driscolls zu festgesetzten Zeiten fertig sein, und das Teewasser muß gerade kochen, wenn Larry Driscoll um 6.20 am Abend das Haus betritt. Auf die Frage, ob er den Abwasch mache, antwortete sie ironisch: "Das soll wohl ein Witz sein." Über seine Beziehung zu den Kindern - zwei im Alter von 11 und 14 Jahren, aus einer früheren Ehe und zwei jüngeren Kindern von 2 und 3 Jahren - sagt Eleanor Driscoll:

  • "Er will sich nicht um seine Kinder kümmern. Er liebt Kinder - sie bedeuten ihm sehr viel..., aber er will sich nicht um sie kümmern... Ich wollte neulich zu einer Beerdigung gehen, aber er hat mich nicht gehen lassen. Ich passe nicht auf die Kinder auf sagte er. Wenn ich irgendwo hingehen will, muß Mary, die Älteste zu Hause bleiben. Ich meine, er lehnt es nicht deshalb ab, sich um die Kinder zu kümmern, weil er Kinder nicht mag, sondern weil er diese typische Haltung hat - du bist dafür da, auf sie aufzupassen. Er bringt sie manchmal ins Bett, aber wenn ich ihn darum bitte, hat er keine Lust. Er ist wie sein Vater - Mir wird keine Frau sagen, was ich zu tun habe. Er geht nie mit ihnen weg, er hat noch nie eine Windel gewechselt. Er spielt mit ihnen, aber das hängt ganz von seiner Laune ab. Auf keinen Fall, wenn er von der Arbeit kommt. Ich sage er geht gut mit den Kindern um. Er hält eine Menge von ihnen."

Die letzte Aussage widerspricht den vorhergehenden Klagen von Eleanor Driscoll. Sie deutet das Bild eines guten Vaters an, der mit seinen Kindern spielt, allerdings wenig Verantwortung für die alltägliche Kinderversorgung übernimmt.
Larry Driscolls Verhalten im häuslichen Bereich entspricht dem, was in der Arbeiterschicht scheinbar anerkannte Tradition ist. Die Hälfte der Unterschichtmänner dieser Untersuchung beteiligten sich nur wenig an beiden Bereichen, Hausarbeit und Kinderversorgung. Die Unterschiede bezüglich der sozialen Schicht sind größer bei der Hausarbeit als bei der Kinderversorgung. Die Ehemänner ziehen es ganz allgemein vor, sich mit den Kindern zu beschäftigen, im Unterschied zum Abwaschen, Einkaufen, Kochen oder Putzen. Tatsächlich beteiligen sich 15 der 40 Ehemänner in den beiden Bereichen unterschiedlich stark. Das heißt, in welchem Ausmaß sich ein Mann an der Hausarbeit beteiligt, kann nicht dadurch vorausgesagt werden, in wie weit er sich bei der Kinderversorgung einsetzt oder umgekehrt, kann von seiner Mitarbeit bei anderen häuslichen Tätigkeiten nicht auf seine Beteiligung an der Kinderversorgung geschlossen werden.
Im Fall von Robert Bevan, Bürovorsteher in einer kleinen örtlichen Behörde, wird der deutliche Unterschied in den beiden Bereichen der Hilfe besonders klar veranschaulicht. Zu einem Sohn aus erster Ehe (16 Jahre alt) kommen zwei kleine jungen von 2 und 6 Jahren. Robert Bevan hilft viel bei der Versorgung der Kinder. Sowohl er als auch seine Frau sehen dies als selbstverständlich an. Wenn er zu Hause ist, weckt er den Zweliährigen jeden Morgen, zieht ihn an, beaufsichtigt ihn beim Spielen und bringt beide Kinder abends ins Bett. Während seine Frau über Kindererziehung befragt wurde, kam er für einige Minuten in das Zimmer. Er fragte den Zweijährigen, ob er nicht mit ihm auf die Toilette gehen wolle. Das Kind bejahte und wurde von seinem Vater dorthin gebracht. Dieser kam anschließend zurück und meldete keinen Erfolg. "Es ist ein großes Problem", sagte er und hielt dann einen Vortrag über die Sauberkeitserziehung dieses Kindes. Dieses Problem schien ihn nicht übermäßig zu beschäftigen. Aber die Art seiner Anteilnahme gleicht eher dem Interesse, wie es sonst in unserer Gesellschaft für Mütter bezeichnend ist.
Im krassen Gegensatz zu dieser Beteiligung an der Kinderversorgung steht der Mangel an Bereitschaft, sich an der Hausarbeit zu beteiligen. Seine Frau sagt, er tue "ganz kleine Sachen", die sich darauf beschränken, nach dem Essen den Tisch abzuräumen und während des Tages ab und an auch mal eine Kanne Tee zu kochen. (Er kommt mittags zum Essen nach Hause) Er putzt nicht, kauft nicht ein, wäscht keine Wäsche und spült kein Geschirr. Er wurde bei der Beteiligung an der Kinderversorgung als hoch und bei der Hausarbeit als niedrig eingestuft.
Die in den Tabellen 8.1. und 8.2. dargestellten Ergebnisse zeigen im allgemeinen ein geringeres Maß an häuslicher Beteiligung der Männer, als es von anderen Forschern festgestellt wurde. Ein Grund hierfür kann die Art der benutzten Interviewfragen sein; dieses Gebiet ist heikel und eine gültige Methode überaus wichtig. Zum Beispiel fanden John und Elizabeth Newson bei ihrer Untersuchung über Vierjährige in Nottingham heraus, daß 51 % der Väter einen hohen und 9% einen niedrigen Beteiligungsgrad an der Kinderversorgung aufwiesen.[6] (Diesen Zahlen stehen 25% und 45% bei der vorliegenden Untersuchung gegenüber.) Die Newsons sagen nicht, auf welcher Grundlage die Betelligung der Ehemänner beurteilt wurde (obgleich aus dem Interviewleitfaden klar hervorgeht, daß die Einschätzung noch während des Interviews vom Interviewer selbst vorgenommen wurde). Die gestellten Fragen waren insgesamt sehr allgemein gehalten, z. B.: Wieviel hat Ihr Mann mit... zu tun? Derartige Fragen können Meinungen und Wertungen über die Rolle des Vaters herausbekommen, sie sind aber ungeeignet, etwas über den geleisteten Beitrag zur Kinderversorgung auszusagen. Allerdings fanden die Newsons heraus, daß Mittelschichtväter mehr helfen als Väter aus der Arbeiterschicht; das entspricht der Richtung der vorliegenden Ergebnisse.[7]
Vergleichbare Daten über die Beteiligung an der Hausarbeit sind schwer zu finden. Hannah Gavron kommt in The Captive Wife (die gefesselte Ehefrau) aufgrund von Aussagen von 98 Londoner Hausfrauen zu dem Schluß, daß 21% der Mittelschichts- und 54% der Unterschichtspaare, die Arbeit einfach zwischen sich aufteilen.[8] Jedoch muß man die Art und Weise berücksichtigen, wie diese Folgerungen zustande kamen. Gavron stellt zu diesem Thema lediglich eine gezielte Frage: "Hift Ihr Mann bei der Hausarbeit? (a) wenn ja, würde er (1) saubermachen, (2) Wäsche waschen, (3) bügeln, (4) abwaschen, (5) einkaufen; wenn nein warum nicht?"[9] Diese Frage zielt nicht darauf ab, was die Ehemänner tatsächlich tun, sondern wozu sie eventuell bereit wären.
Blood and Woolfes amerikanische Studie über Husbands and Wives (Ehemänner und Ehefrauen) sagt aus, daß Ehemänner mit höherem Einkommen weniger Arbeit im Haus leisten als die mit niedrigem Einkommen.[10] Durch dieses Ergebnis wird der Tatsache Beachtung geschenkt, daß es mindestens zwei Arten von Einflüssen gibt, die den Grad der männlichen Beteiligung an der Hausarbeit bestimmen - berufliche Laufbahn und die feste Vorstellung von Geschlechtsrollen. Hat der Ehemann einen zeitraubenden und anspruchsvollen Beruf, so wäre es ihm auch bei gutem Willen nicht möglich, sich in großem Umfang an der Hausarbeit zu beteiligen. (Es wäre natürlich angemessen zu fragen, warum ein Mann, der wirklich gewillt ist, sich an Hausarbeit und Kinderversorgung zu beteiligen, diese Art Beruf wählt). In der vorliegenden Stichprobe von 40 Ehemännern neigen die mit anspruchsvollen, leitenden Berufen (hohes Einkommen) in der Mittelschicht zu geringer Hilfe bei der Hausarbeit. Aber diese Gruppe war zahlenmäßig nicht sehr stark vertreten.
James Hollister gehört dazu. Er wird von seiner Frau als "Finanzmanager" beschrieben, seine Ausbildung ist die eines vereidigten Buchrevisors, und seine Stelle überträgt ihm die Verantwortung für das Rechnungswesen einer Gruppe von Firmen. Zur Arbeitszeit ihres Mannes befragt, antwortet Angela Hollister:

  • "Nun, meist von 8 bis 18, aber das wechselt. An manchen Tagen wird es Mitternacht und später - wenn er mit einem Kunden ausgehen muß, was ein oder zweimal in der Woche vorkommt. Er ist auch oft auf Reisen und dann ist er einige Nächte lang fort."

James Hollister arbeitet manchmal samstags und ist gelegentlich das Wochenende über weg. Seine Beteiligung an der Hausarbeit und Kinderversorgung ist gering:

  • "Er tut nichts regelmäßig, aber im Prinzip wäre er zu allem bereit. Theoretisch würde er es schon, praktisch macht er in der Regel überhaupt nichts. Aber er ist keiner von denen, die sagen, das ist deine Arbeit, also mach sie."

b) Ehe im Allgemeinen

Die Arbeitsteilung ist nur ein Bereich des ehelichen Verhältnisses. Auch andere Bereiche können möglicherweise einen Einfluß darauf haben, wie die Hausfrau ihre Arbeit bestimmt und wieweit sie damit zufrieden ist. Das Treffen von Entscheidungen, die Regelung der Finanzen, Freizeitgestaltung und soziale Beziehungen - all dies kann die Arbeitssituation der Hausfrau unmittelbar berühren. Ihre Selbständigkeit als Arbeiterin ist ganz einfach der Einschränkung durch die Ehebeziehung unterworfen.
Eine Möglichkeit, die ehelichen Rollenverhältnisse in Begriffe zu fassen, ist die allgemeine Unterscheidung zwischen
"getrennten" und "gemeinsamen" Rollenverhältnissen. Elisabeth Bott hat in ihrer Untersuchung über 20 Londoner Familien als erste diesen Begriff beschrieben.[11] In den Familien ihrer Stichprobe beobachtete sie zwei Ehemuster - eines war für die Arbeiterschicht typischer als für die Mittelschicht; sie nannte es "getrenntes eheliches Rollenverhältnis". Im Gegensatz dazu stand aber das Muster,das der Mittelschicht zuzuordnen war, und was im weiteren Verlauf "gemeinsames eheliches Rollenverhältnis" genannt wird. Bei dem zuerst erwähnten Begriff werden die Rollen der Ehepartner genau festgelegt und stark unterschieden. Die Arbeitsteilung hierbei trennt zwischen weiblichen und männlichen Aufgaben, ebenso zeigen sich unterschiedliche Freizeitinteressen und -aktivitäten. In einer Ehe mit "gemeinsamem" Rollenverhältnis gibt es im Gegensatz dazu nur eine geringe Trennung der Arbeitsgebiete; Interessen, Aktivitäten und das Treffen von Entscheidungen werden geteilt.
Da die Arbeitsteilung in der vorliegenden Untersuchung gesondert eingeschätzt worden ist, wurde eine zweite davon unabhängige Einordnung der ehelichen Rollenverhältnisse vorgenommen, und zwar in Hinblick auf die beiden Bereiche Freizeitgestaltung und Treffen von Entscheidungen. Die Frauen wurden über finanzielle und andere wichtige Entscheidungen im Zusammenhang mit Haushalt und Kindern befragt. Weiterhin darüber, was sie und ihre Ehemänner abends und am Wochenende machen. Die Unterscheidung zwischen "getrennten" und "gemeinsamen" ehelichen Rollenverhältnissen scheint - wie durch die Antworten sichtbar wurde - eine bestimmte Ausprägung der ehelichen Verhältnisse zu beschreiben. Durch die Antworten auf diese Fragen wurde deutlich, daß sich die Gemeinsamkeiten der Ehepartner nicht nur auf ein Gebiet bezogen, sondern auch andere Bereiche einschlossen. Umgekehrt für die "getrennten" Ehen. Einige Beispiele sollen diese Verallgemeinerungen mit Inhalt füllen.
Elizabeth und David Gould führen eine Ehe mit "gemeinsamem Rollenverständnis". Sie wohnen in einem neuen Haus mit drei Schlafzimmern in einer privat finanzierten Eigenheimkolonie und haben ein vier Monate altes Kind. David Gould ist Apotheker und hat ein eigenes Geschäft. Elizabeth wurde gefragt, was sie am Abend tun würden und ob sie jemals alleine ausgehe:

  • "Niemals. Wir machen alles zusammen. Wir haben alle Freunde gemeinsam, seine Schwester ist meine beste Freundin! Wir haben den gleichen Bekanntenkreis. Wir gehen mindestens einmal in der Woche aus, manchmal auch zweimal - in Clubs zu Freunden, ins Kino oder zum Essen. Wir machen jetzt die gleichen Sachen wie vor unserer Ehe."

Als es um Geld ging:

  • "Er gibt mir Haushaltsgeld. - Es ist nicht immer der gleiche Betrag. Wenn das Geld alle ist, weil ich mir ein neues Kleid gekauft habe oder sonst irgendwas, gibt er mir mehr, er ist nicht kleinlich.

"Wer entscheidet, wieviel sie haben sollen?"

  • "Früher hat er mir einfach einen bestimmten Betrag gegeben und ich sagte zu meiner Schwägerin: denkst Du, daß das reicht? Und mein Bruder sagte: Daß ist das, was ich Hilary geben werde. "

"Haben Sie eine Summe für sich selbst, getrennt vom Haushaltsgeld?"

  • "Nein. Ich habe ein Bankkonto mit nichts drauf! Ansonsten haben wir ein gemeinsames Konto."

"Ist es wichtig für Sie, Geld zu haben, von dem Sie wissen, es Ist Ihr eigenes?"

  • "Das brauche ich eigentlich nicht. Ich habe nie das Gefühl, daß das Geld knapp ist."

Das Baby wurde von beiden geplant und gewünscht. ihr Haus läuft auf beider Namen und sie suchten es zusammen aus. Die Atmosphäre der Gemeinsamkeit wurde mit einer Antwort von Elizabeth Gould zusammengefaßt. Auf die Frage, was passieren würde, wenn sie etwas Neues für das Haus anschaffen wollte: "Ich würde ihn fragen, ob wir das wollen", sagte sie.
Ein ganz anderer Eindruck der Getrenntheit entstand, als Marylin Thornton ihre Ehe schilderte. Bill Thornton ist Verputzer und seine Frau arbeitet zeitweise im Büro als Putzfrau. Sie haben insgesamt 5 Kinder: Sie sind 9, 7 und 5 Jahre alt und Zwillinge, von 18 Monaten.
"Was tun Sie am Abend?<

  • "Er geht in die Kneipe. Am Donnerstagabend besuche ich meine Mutter - Hin und wieder gehe ich am Sonnabend oder Sonntagabend mit ihm in die Kneipe."

"Was machen Sie an den Wochenenden?"

  • "Er geht zum Fußball am Vormittag und nachmittags und abends in die Kneipe. Ich wünschte, er würde am Sonntagmorgen zu Hause bleiben, daß er an den Abenden weg ist, macht mir nicht so viel aus."

"Haben Sie Haushaltsgeld?"

  • "Er gibt mir das meiste von seinem Geld - etwas behält er. Ich weiß nie, wieviel, doch in der Regel ist er ganz gut. Wenn er eine gute Woche hatte, nimmt er etwas und sagt: Du kannst diese Woche fünf Pfund extra haben. Doch ich denke, er muß ungefähr 15 Pfund für sich behalten, für Benzin und zum Trinken.

" Wer bezahlt die Rechnungen?"

  • "Ich kriege den größten Teil des Geldes um alles zu bezahlen und um einzukaufen. Ich bezahle alles. Mein Mann bezahlt überhaupt keine Rechnungen. Ich muß es machen. Er weigert sich einfach. Aber das stört mich doch, denn manchmal haben wir einen Streit und er sagt zu mir: Ich weiß nicht, was du mit dem ganzen Geld machst. - Doch sobald ich zu ihm sage: gut, hier hast du das Geld, gib mir doch nur das Haushaltsgeid, will er nichts davon wissen. Sie nehmen die Ausgaben gar nicht wahr - wieviel heutzutage die Sachen kosten. Ich zahle die Miete, Gas und Strom, die Versicherungen, den Kredit und die Rente meines Mannes. Ich spare für die Steuer. Ich habe ein Bankkonto, nicht er."

"Wer beschloß hier zu leben?"

  • "Ich bin einfach nach Hause gekommen und habe gesagt, ich habe ein Haus für uns.

"Wenn Sie etwas Neues für das Haus kaufen wollten?"

  • "Es könnte vielleicht sein, daß ich es ihm noch vorher vorschlage, aber ich setze mich doch durch, und es wird gekauft. "

In dieser Ehe ist die Geldeinteilung ein Teil der Rolle der Frau. Es ist interessant, festzustellen, daß diese Rollenverteilung für 13 von 20 Ehen aus der Arbeiterschicht gilt. Es ist üblich, daß der Ehemann den größten Teil seines Lohnes seiner Frau gibt und für sich ein Taschengeld behält. Diese Verfahrensweise ist nicht unbedingt immer befriedigend, und kann auf tiefe Ablehnung bei der Ehefrau stoßen: Jill Duffys Ehemann, z. B., arbeitet erst seit kurzem als Schlagzeuger in einer Kneipenband:

  • "Ich habe die Sorge mit den Rechnungen, nicht er. Seit er Schlagzeuger ist, bin ich in großen Schwierigkeiten, weil er nicht mehr verdient, sondern weniger. Er gibt alles fürs Trinken aus. Das finde ich gar nicht gut. Er gibt mir fast sein ganzes Geld, doch er gibt noch eine ganze Menge für sich selber aus. Und dann sagt er: Was tust du mit dem Geld? Man sieht gar nicht, wo es bleibt. Männer verstehen überhaupt nichts."

Diese Bitterkeit scheint berechtigt zu sein. Jill Duffys Verantwortung reicht bis zu den Verkehrsstrafen ihres Mannes, und diese haben in den letzten zwei Jahren 114 Pfund ausgemacht.
Manchmal weiß die Ehefrau nicht, wieviel ihr Mann verdient; fünf von den 20 Arbeiterfrauen wissen tatsächlich nicht die genaue Lohnhöhe ihres Mannes. Als ein guter Ehemann wird der angesehen, der seiner Frau das Geld regelmäßig übergibt, und der nicht immer alles, was er zusätzlich verdient, für sich behält.
Der Umgang mit Geld ist in diesen Haushalten ein Teil der Rolle der Ehefrau und weit davon entfernt, ein geteilter oder gemeinsamer Bereich zu sein. Dies kann als Zeichen der Getrenntheit gewertet werden. In der Mittelschicht sind die Ansichten darüber, was ein guter Ehemann ist, anders. Er zahlt alle Rechnungen pünktlich und ohne sich zu beklagen, er ist aber auch bereit, jede Seite der Geldangelegenheiten mit seiner Frau zu besprechen. Nur zwei von den Mittelschichtfrauen haben die Geldangelegenheiten übernommen. Vera Rundle wollte dies gerne tun, weil sie vor ihrer Ehe Buchhalterin war. Sie ist zufrieden, wenn die Haushaltsbücher stimmen. Juliet Warrens Grund, die Einteilung des Geldes zu übernehmen ist, einfach weil Tom nicht den Kopf dafür hat.
Im allgemeinen ist eine gemeinsame Ehe unter den Mittelschichtsfrauen üblicher, ein "getrenntes" Verhältnis findet sich dagegen öfter in der Arbeiterschichtgruppe. Über die Verteilung gibt Tabelle 8.3. Aufschluß.

Tabelle 8.3. Soziale Schicht und Getrenntheit/Gemeinsarnkeit im ehelichen Rollenverhältnis

Ein ähnlicher Schichtunterschied wurde von Bott herausgefunden. Er wiederholt sich in einer Anzahl von Studien über das Familienleben, die in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien gemacht wurden (13).
In Bott's ursprünglicher Konzeption beziehen sich diese Ausprägungen der Getrenntheit und der Gemeinsamkeit auf die ehelichen Verhältnisse insgesamt. Das heißt, wenn eine Teilung der Arbeit nach den herkömmlichen Rollenbildern festgestellt wird, könnte angenommen werden, daß auch in den Bereichen der Entscheidungsfindung und Freizeitgestaltung "getrennte" Muster vorhanden sind. Wo "Gemeinsamkeit" besteht, könnte das ebenso verallgemeinert werden. Die Beleuchtung zweier verschiedener Bereiche bei der Analyse des vorliegenden Untersuchungsmaterials - die Beteiligung des Ehemannes an der Hausarbeit und der Kinderversorgung auf der einen Seite - Getrenntheit/Gemeinsamkeit in der Freizeit und beim Treffen von Entscheidungen auf der anderen - gab die Möglichkeit, diese Annahme eines durchgehenden Vorhandenseins von Getrenntheit/Gemeinsamkeit zu prüfen.
Die Ergebnisse (Tabelle 8.4,) zeigen 11 Fälle, in denen die Annahme für den Bereich der Hausarbeit, und 15 Fälle, in denen sie für den Bereich der Versorgung der Kinder nicht zutrifft. Mit anderen Worten: Ehen, die mit dem Begriff Gemeinsamkeit in Freizeitgestaltung und im Treffen von Entscheidungen beschrieben werden, sind nicht notwendigerweise Ehen, in denen der Mann viel im Haushalt und bei der Kinderversorgung hilft. Andererseits kann in getrennten Ehen der Mann im großen Ausmaß am Gesamthaushalt beteiligt sein.
Das ist ein interessantes und wichtiges Ergebnis. Es zeigt die Notwendigkeit auf, das häusliche Aufgabenfeld mit einzubeziehen, wenn Behauptungen über die Gleichheit in der Ehe aufgestellt werden. Moderne Ehen können durch Gleichheit im Status und durch Partnerschaft zwischen den Eheleuten gekennzeichnet sein, aber die Ungleichheit im Bereich der häuslichen Aufgabenverteilung ist damit nicht automatisch aufgehoben. Das heißt, es gibt immer noch zwei Ehen - seine und ihre.[14] Nicht nur, daß in der vorliegenden Stichprobe der Grad der männlichen Beteiligung an häuslichen Aufgaben allgemein niedrig ist, auch erzeugt eine Atmosphäre von Gemeinsamkeit außerhalb der Sphäre von Hausarbeit/Kinderbetreuung in manchen Fällen gerade einen falschen Eindruck. In der Tat ist die Hilfe des Ehemannes gerade bei Ehen mit einem "gemeinsamen" Rollenverhältnis gering.[15]
Von diesen Ehen zeigt die der Rundles, die größte Kluft auf zwischen dem Treffen gemeinsamer Entscheidungen und gemeinsamer Freizeitgestaltung auf der einen Seite und Getrenntheit in den häuslichen Rollen.

Tabelle 8.4. Die Beteiligung des Ehemannes an Hausarbeit und Kinderversorgung und GetrenntheitIGemeinsamkeit im ehelichen Rollenverhältnis

Phillip Rundle ist Journalist bei einer Lokalzeitung. Vera Rundle, eine ehemalige Buchhalterin, widmet sich ganz ihrem Haus und ihren zwei Kindern (6 und 2 Jahre alt). Beide Ehepartner sind aktive Christen, und leiteten, als sie noch auf dem Lande wohnten, zusammen einen kirchlichen Jugendklub. Sonntags gehen sie immer in die Kirche. Einen Abend in der Woche gehen sie aus - zu Freunden oder ins Kino, sonst sehen sie fern. Alle finanziellen Dinge werden von Vera geregelt. Entscheidungen treffen sie gemeinsam: wo sie wohnen, was für den Haushalt gekauft wird, die Namen der Kinder. Probleme der Kindererziehung werden zusammen besprochen: "Wir meinen, man sollte Kindern nicht etwas verbieten, ohne ihnen eine Erklärung dafür zu geben." Doch sobald es um den Haushalt geht, beteiligt sich Phillip Rundle überhaupt nicht mehr. Er hilft sonntags beim Abwasch und unter Protest kauft er auch mal ein Brot ein, doch das ist schon das Äußerste, wozu er bereit ist. Er paßt auf die Kinder auf, wenn sie am Sonnabend einkaufen geht, doch sonst sind die Kinder allein ihre Sache. Obwohl es den Anschein hat, daß innerhalb der Ehe eine enge gefühlsmäßige Beziehung besteht, schildert die Ehefrau die strenge Trennung zwischen den häuslichen Rollen der Ehepartner.
Elizabeth Botts Methode zur Beurteilung von Getrenntheit/ Gemeinsamkeit- in den drei Gebieten Arbeitsteilung, dem Treffen von Entscheidungen und gemeinsamer Freizeitgestaltung - konnte natürlich Widersprüche, wie sie in der Familie Rundle aufgetreten sind, nicht feststellen. In ihrer Untersuchung der 20 Ehen setzt Bott voraus, daß Haushaltsaufgaben und Kinderversoreung in der gleichen Weise geteilt werden wie das Fällen von Entscheidungen und Freizeitgestaltung. Sie stellt nicht die Frage nach einer möglichen Widersprüchlichkeit.[16] Andere Wissenschaftler kritisierten Botts Grundannahme, jede Ehe könne als durchgängig "getrennt" oder durchgängig "gemeinsam" eingeschätzt werden.
Barbara Harrell-Bonds Untersuchung von 85 Ehen aus Oxford kommt zu dem Schluß, daß der Grad der Getrenntheit/Gemeinsamkeit in den 4 Gebieten der Hausarbeit, Kinderversorgung, Freizeitgestaltung und finanzielle Entscheidungen erheblich unterschiedlich ausfallen kann. Ihrer Meinung nach zeigt dies die Wichtigkeit der unterschiedlichen Erwartungen an männliches und weibliches Rollenverhalten, die mit der Ehe als solcher verbunden sind.[17] Eine Analyse der Daten über gutbezahlte Industriearbeiter von Jennifer Platt führte zu Ergebnissen, die, in ihren eigenen Worten, "es zumindest in der von uns untersuchten Gruppe sehr fragwürdig werden lassen, Gemeinsamkeit als einheitliches Merkmal zu betrachten".[18] Ehepaare, die eine gemeinsame Antwort auf eine Frage gaben, haben dies nicht unbedingt auch bei anderen Fragen getan. D. M. Toomey fand einen ähnlichen Mangel an gleichen Antworten auf Fragen über die häusliche Aufgabenvertellung und solche bezüglich des Treffens von Entscheidungen und sozialen Kontakten in seiner Untersuchung über Unterschichtehepaare in Kent.[19]
Eine mögliche Erklärung der Widersprüchlichkeiten zwischen Botts Erhebung und anderen Untersuchungen bezieht sich auf das unterschiedliche Verständnis des Begriffs der Arbeitsteilung- ist damit das tatsächliche Verhalten gemeint, oder bezieht er sich auf die Einstellungen, die die Ehepartner im allgemeinen über die Tätigkeiten des einzelnen im Haushalt haben. Hier verweise ich auf ein schon früher angesprochenes Thema. Mit genauen Fragen, welcher Partner welche Aufgaben wie oft übernimmt, wird man häufig andere Antworten erhalten, als wenn man allgemeine Fragen stellt, die letztendlich erfassen, was eine Ehefrau oder ein Ehemann vielleicht oder unter Umständen zu tun bereit wären. Ehepaare, die der Meinung sind, die Ehe sollte eine auf Gleichheit beruhende Partnerschaft sein, und sich in bezug auf Freizeitgestaltung und das Treffen von Entscheidungen gut verstehen, werden eher sagen, der Mann würde nahezu alles im Hause tun, weil eine solche Antwort einfach dem Partnerschaftsideal entspricht. D. M. Toomey drückt dies einigermaßen vorsichtig in bezug auf seine eigenen Daten aus:
Es mag sein, daß in dieser Frage von Gemeinsamkeit in ehelichem Rollenverhältnis die allgemeine Einstellung beider Gatten gegenüber Ehebeziehung und Gefühle der Gemeinsamkeit, die sie für einander haben, sehr wichtig sind. Diese Gefühle werden wahrscheinlich darin ausgedrückt, daß gemeinsame soziale Kontakte vorhanden sind, gemeinsam Entscheidungen getroffen werden, aber auch, daß aus einer allgemeinen Haltung heraus die Aufteilung der Aufgaben im Haus besonders betont wird.[20]
Es könnte sich fast um eine Art Selbsttäuschung handeln. Beide Ehepartner können fest der Ansicht sein, der Ehemann tue mehr im Haushalt als er tatsächlich macht; in jedem Fall ist es wahrscheinlich, daß ein Unterschied zwischen allgemeiner Einstellung und wirklicher Aufgabenverteilung besteht. Elisabeth Bott scheint in ihrer Untersuchung mehr Wert auf das normative Element zu legen, - was ein Mann zu tun bereit sein würde oder sollte.[21] Dies kann helfen, ihre Schlußfolgerung zu erklären, daß Getrenntheit/Gemeinsamkeit eine allgemeine Ausprägung der Ehe ist. Der Unterschied von Einstellung und Verhalten ist in diesem Bereich ganz klar von großer Bedeutung, da Auseinandersetzungen über die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der modernen Ehe nicht bloß ein Streit um gleiche Einstellungen sind, sondern um die Veränderungen im Verhalten, die neue Lebensweisen ermöglichen. Die Bedeutung der zunehmenden Erwerbstätigkeit verheirateter Frauen muß z. B. im Zusammenhang mit ihrer Rolle in der Ehe allgemein gesehen werden; wenn die Ehemänner sich die Hausarbeit mit ihren Frauen nicht wirklich gleichmäßig teilen, hat sich nur eines geändert, nämlich daß die Fra uen eine neue [22] Arbeitsrolle - die Erwerbstätigkeit - zusätzlich zu ihrer traditionellen häuslichen Arbeitsrolle bekommen haben. in der vorliegenden Untersuchung beteiligen sich nur sehr wenige Ehemänner in dem Ausmaß an der Hausarbeit, das den Begriff der "gleichen" Aufteilung zuläßt. Die fehlende Übereinstimmung zwischen Art der Arbeitsteilung und anderen Gebieten der Ehe macht deutlich, daß in den Ehen, die sonst als "gleichberechtigt" bezeichnet werden könnten, ein großer Bereich häuslicher "Unterdrückung" verborgen ist.

c) Zusammenhänge

Bevor wir zu einer eingehenden Erörterung über die bestimmenden Merkmale des häuslichen Rollenverhaltens in der Ehe übergehen, muß eine wichtige Frage zu den bis jetzt vorliegenden Daten über die Ehe gestellt werden. Hängen das Verhalten des Ehemannes zu Hause oder die Art der Ehe, die die Frau führt, in irgendeiner Weise mit ihrer Einstellung zur oder Zufriedenheit mit der Hausarbeit zusammen?
Die Arbeitsteilung in der Ehe hat in bezug auf die Zufriedenheit mit der Hausarbeit wenig erklärende Bedeutung. Das Ausmaß der Arbeitszufriedenheit wird durch Getrenntheit/Gemeinsamkeit nicht merklich in irgendeine Richtung beeinflußt.[23] Bei Frauen, deren Ehemänner bei der Hausarbeit und Kinderversorgung viel helfen, ist die Arbeitszufriedenheit nicht größer. Andererseits ist die häusliche Arbeitsteilung mit anderen Bereichen der Zufriedenheit verbunden. Die Zufriedenheit mit der Ehe [24] ist bei den Frauen höher, die einen hohen oder mittleren Grad der männlichen Hilfe bei der Hausarbeit angaben; von den 16 Frauen, bei denen der Mann in dieser Weise half, waren 15 (94%) zufrieden mit der Ehe, verglichen mit 12 (50%) der 24 Frauen, deren Männer wenig halfen (p < .005).
Wie schon weiter oben gesagt, kann ein solches Ergebnis nicht einfach mit der Begründung abgetan werden, daß die unzufriedene Hausfrau ihrem Ehemann einen niedrigen Grad der Hilfe zuschreibt, während die zufriedene einen hohen Grad angibt. Das große Gewicht, das auf die gezielten, konkreten Fragen über die Arbeitsteilung gelegt wurde, macht diese Erklärung höchst unwahrscheinlich. Die andere Möglichkeit - daß die Zufriedenheit (Unzufriedenheit) der Frau mit dem Ausmaß der vom Mann geleisteten Hilfe, tatsächlich ein Hauptbestandteil der Ehezufriedenheit/-unzufriedenheit ist -, wird durch die Aussagen der Frauen unterstützt. Die Meinung der Frau über die häusliche Hilfe ihres Mannes ist eng verbunden mit ihren Gefühlen über die Ehe.
"Hilft Ihr Mann gelegentlich oder regelmäßig bei der Hausarbeit?"

  • "Jetzt nicht mehr, was mich sehr betrübt. Als ich noch arbeitete, tat er es. Ich habe mich mit ihm auseinandergesetzt: - "wir arbeiten beide, dann machen wir auch beide den Haushalt". Er hat immer das Gemüse geputzt, er hat staubgesaugt ... aber jetzt faßt er in der Wohnung nichts mehr an. Er ist der Meinung, daß ich ja zu Hause bin, um das zu machen ... das macht mich manchmal schon etwas sauer. Aber er sagt immer: "Ich gehe arbeiten und du hilfst mir auch nicht dabei", was ja irgendwie richtig ist."

"Möchten Sie gerne, daß er hilft?"

  • "Ich weiß nicht, ob ich das möchte. Ich würde gerne hören, daß er seine Hilfe anbietet, wahrscheinlich würde ich dann ablehnen. Allein, daß er mal auf den Gedanken käme ... !" (Frau eines Polizisten)

"Hift Ihr Ehemann ... ?"

  • "Oh nein, nein, nie! Er würde keinen Finger für mich krumm machen... wir haben eine Menge Streit deshalb. Ich finde, er sollte etwas machen, ohne erst gebeten zu werden. Der Mann meiner Schwester ist da besser. Er badet die Kinder und tut alles für sie, er bringt die Babies ins Bett." (Frau eines Beifahrers.)

Als diese Hausfrau, Janet Gallagher, ihr viertes Kind bekam, war es dem Ehemann so zuwider, sich um die anderen drei zu kümmern, geschweige denn, die Hausarbeit zu machen, daß ihre Schwester mit ihren eigenen fünf Kindern aus einem anderen Stadtteil Londons kommen mußte, um sich um sie zu kümmern.
Die Hausfrauen ärgern sich allgemein über die fehlende häusliche Hilfe ihrer Männer, entsprechend hoch werden die Ehemänner bewertet, die sich stärker an der Hausarbeit beteiligen. Eine Frage zur Ansicht der Hausfrauen über die gesellschaftliche Gleichberechtigung der Frau und zwar: "Glauben Sie, daß Frauen in diesem Land heute in irgendeiner Weise ungerecht behandelt werden?" führte zu der folgenden Antwort von Helen Crane, einer ehemaligen Sekretärin, heute mit einem Werkzeugmacher verheiratet:

  • "Ich glaube, weil ich so gestellt bin, wie im Moment, merke ich nicht, daß manch andere Frau schlechter dran ist ... Ich habe eine Freundin und ich glaube, daß ihr Ehemann sie jämmerlich behandelt. Er ist nicht ein bißchen so wie Peter, er würde nie im Haushalt helfen. Aber als wir beide arbeiten gingen, - wenn ich an die Hilfe denke, die ich von Peter bekam, und die, die sie bekam - das war überhaupt nicht zu vergleichen. Ich glaube, wenn ich schlechter dran wäre, würde ich dafür kämpfen, um dies und das zu verbessern.

Für Helen Cramer ist die Hilfe ihres Mannes, auf die sie sich verlassen kann, eine sehr wichtige Grundlage ihrer Ehe. Bei ihrer Antwort auf die Frage über die Frauenbewegung schnitt sie dieses Thema selber noch einmal an:
"Haben Sie von der Frauenbewegung gehört?"

  • "Ja, ich fürchte, ich kümmere mich nicht darum, sie sind alle etwas lächerlich soviel wie ich davon weiß. Wenn Ehepartner sich über ihren eigenen häuslichen Zustand nicht einig werden können, finde ich es lächerlich, wenn es dazu führt, dem Ehemann nicht mehr ein Essen vorzusetzen, oder ihn mit den Kindern alleine zu lassen. Aber ich glaube, wenn ich einen Mann hätte, der anders wäre, würde ich auch anders über diese Sachen denken."

Die Bedeutung der männlichen Hilfe im Haushalt hängt auch mit den Gefühlen zusammen, die die Frau in bezug auf die Kinderversorgung hat. 14 der 16 Frauen (88%) deren Ehemänner einen hohen oder mittleren Grad der Beteiligung im Haushalt hatten, wurden in bezug auf die Kinderversorgung als zufrieden eingestuft.[25] Der Anteil für die Gruppe mit niedrig beteiligten Männern war 13 von 24 (54%) (p < .05). Dies deutet auf ein Problem hin, das die Rapoports "Überbelastung" nennen.[26] Eine Hausfrau und Mutter, die wenig Hilfe bei der Hausarbeit erhält, ist kaum in der Lage, Freude bei der Kindererziehung zu erleben: Die Kinder werden zu einer Quelle der Enttäuschung der Mutter in ihrer Rolle als Hausfrau. Ein hilfsbereiter Ehemann erleichtert die Lasten des Haushalts und ermöglicht ihr eine ruhigere Beschäftigung mit den Aufgaben der Kindererziehung.[27]
Ein dritter Einflußfaktor auf den Zusammenhang zwischen der Ehe, die die Hausfrau führt und ihrer allgemeinen Zufriedenheit ist das Ausmaß, in dem die Frau mit ihrem Leben in all seinen Gesichtspunkten einverstanden ist.[28]
Es gibt da einen deutlichen Unterschied zwischen der Zufriedenheit der Frauen in Ehen mit getrennten und in Ehen mit gemeinsamen Rollen. Während 13 von 17 Frauen (77%) in Ehen mit getrennten Rollen im allgemeinen unzufrieden waren, waren es nur 7 von 23 (30%), in den Ehen mit gemeinsamen Rollen (p < .005). Emotionaler Gewinn durch gemeinsame Interessen und Aktivitäten helfen wahrscheinlich den Frauen in gemeinsamen Ehen, ihre Unzufriedenheit mit der Hausfrauentätigkeit aufzufangen. Der Mann gleicht mit den Errungenschaften seines Berufes ihre freiwillige Übernahme der Hausfrauenrolle aus. Obgleich die Hausfrauentätigkeit ihre Dienstleistungsfunktion behalten hat, wird diese mit dem Schein der Wahlfreiheit überdeckt und mit einer gewissen Vorstellung von der Ehe als einer gleichberechtigten Beziehung in Verbindung gebracht. Frauen in getrennten Ehen haben diese Ausgleichsmöglichkeiten nicht. Sie sind mehr auf ihre Beziehungen mit anderen zurückgeworfen. In traditionellen Arbeiterwohnvierteln bedeutet das Vorhandensein einer Vielzahl von Hausfrauen für solche Frauen eine starke Unterstützung, aber unter Bedingungen, wo die alten Muster des Gemeinschaftslebens zerstört sind, ist dieser Halt erschüttert. Es ist leicht einzusehen, wie hier Unzufriedenheit entstehen konnte.
Im folgenden Abschnitt wird ein letzter Zusammenhang dargestellt. Wenn in einigen gemeinsamen Ehen die männliche Beteiligung an der Hausarbeit niedrig ist, stellt sich die Frage, ob der häusliche Arbeitseinsatz der Frau in diesen Fällen hoch ist.
In Tabelle 8.5. wird der Zusammenhang zwischen der Identifikation der Frau mit der Hausfrauenrolle und der Getrenntheit/ Gemeinsamkeit in der Ehe aufgezeigt. Die Frauen, die in Ehen mit einem gemeinsamen Rollenverständnis leben, neigen interessanterweise zu einem größeren Arbeitseinsatz im Haushalt.

Tabelle 8.5. Getrenntheit/Gemeinsamkeit des ehelichen Rollenverhältnisses und Identifikation der Hausfrau mit der Hausfrauenrolle

Die Art des Zusammenhanges ist einleuchtend. In gemeinsamen Ehen, in denen der Ehemann berufstätig ist und die Hauptbeschäftigung der Frau darin besteht, Mutter zu sein, ist ein besonders großer Arbeitseinsatz von weiblicher Häuslichkeit eine logische Folgeerscheinung. Das trifft besonders für die Ehen zu, in denen der Mann einen zeitraubenden und anspruchsvollen Beruf hat. In ihrer Studie Managers and Their Wives (Leitende Angestellte und ihre Frauen) beschreiben J. M. und R. E. Pahl viele Ehen, in denen die Ehepartner ihre Entscheidungen gemeinsam treffen und beide die gleichen sozialen Kontakte haben, während jedoch die Trennung auf dem Gebiet der häuslichen Aufgaben fortbesteht. Sie sagen:

"Für die Frauen in dieser Untersuchung... sind die Rollen der Ehefrau und Mutter/Hausfrau von überragender Bedeutung». Ein auffallendes Ergebnis der Fragen, die die unterschiedlichen Rollen abschätzen sollten, war die relative Bedeutungslosigkeit eines eigenen Berufes oder einer eigenen Laufbahn für die Frauen selbst."[29]

Die Pahls weisen darauf hin, daß, wenn die Ehefrau aufhören würde, die unterstützende häusliche Rolle auszufüllen, der Mann wahrscheinlich den beruflichen Anforderungen nicht nachkommen könnte. Die weibliche Häuslichkeit ist hierfür eine notwendige Voraussetzung. Der durch die beruflichen Forderungen an den Ehemann ausgeübte Druck auf die Rollenaufteilung im Haus, zielt auch darauf ab, die Identifikation der Frau mit der Hausfrauenrolle zu erhalten. Die in der Kindheit angelegte Identifikation wird eher verstärkt als aufgehoben. Obwohl die Pahls von Mittelschichtsehen reden, wird die Beobachtung sicherlich auf Unterschichtsehen mit gemeinsamem Rollenverständnis übertragbar sein, in denen der Beruf des Ehemannes ebenso anspruchsvoll ist (5 der 14 gemeinsamen Ehen mit hoher Identifikation der Hausfrau, in der Tafel 8.5. sind Unterschichtsehen). Tätigkeiten mit langen Arbeitszeiten fallen u. a. in diese Sparte.
In der Tat hatten die Ehemänner der Arbeiterschichtfrauen, die diese Verbindung von Merkmalen zeigten, eine tägliche berufsbedingte Abwesenheit, die den Durchschnitt der Arbeiterschicht übertraf.

2. Überzeugungen und Einstellungen

In diesem Abschnitt befasse ich mich mit den Vorstellungen, die zwei verschiedene Gruppen über männliche und weibliche Rollen haben. Die Frauen in meiner Stichprobe bilden die erste Gruppe. Die zweite Gruppe besteht aus einer Anzahl soziologischer Forscher, die sich mit dem Thema der ehelichen Rollenmuster befaßt haben. Diese Verbindung mag etwas merkwürdig erscheinen. Der Hintergrund ist einfach der, daß die Vorstellungen der Hausfrauen über das "richtige" Verhalten von Männern und Frauen im Haus, wichtige Gründe für das häusliche Rollenverhalten in der Ehe zu sein scheinen. Aber die Sichtweisen der Forscher, die dieses Verhalten darstellen, sind oft durch ganz ähnliche Werturteile beeinflußt worden. Das persönliche Element in ihrem Zugang zum Thema trug dazu bei, die später gezogenen Schlußfolgerungen zu gestalten.

a) Hausfrauen

Ich beginne mit den Hausfrauen selbst. Wie im vorhergehenden Abschnitt sichtbar wurde, gibt es eine bedeutende Anzahl von Ehen, wo die allgemeine Atmosphäre von Gleichberechtigung sich nicht auf den Bereich der männlichen Beteiligung an der Hausarbeit und Kinderversorgung erstreckt. Zum Teil ist das durch den hohen Stellenwert zu erklären, den der Arbeitsplatz oder die Berufslaufbahn immer noch im Leben der Männer einnimmt. Aber von der Mehrheit der 40 Frauen wurde eine Ursache der häuslichen Ungleichheit angeführt. Selbst wenn einzelne Männer den Wunsch haben mögen, sich mehr im Haushalt zu beteiligen, könnte dieser unerfüllt bleiben. Denn um ein altes Sprichwort abzuwandeln: "Der Ehemann gehört nicht ins Haus". Genauso spüren Frauen, die vielleicht sich gerne weniger um die häuslichen Angelegenheiten kümmern würden, den Druck der Norm, daß Frauen in den Bereich der Hausarbeit und Kindererziehung "gehören".
Zwei Fragen werfen ein besonderes Licht auf die Wirkung von Normen auf das eheliche Rollenverhalten. Die erste Frage "Wechselt (oder wechselte) ihr Ehemann die schmutzigen Windeln des Babys?" - war absichtlich herausfordernd formuliert. Sie sollte"herauskriegen", wo die Vaterrolle in der Kinderversorgung ihre Grenze hat.[30] Die Antworten lassen annehmen, daß sie genau die Wirkung hatte. Hier sind drei typische Antworten:

  • "Nein! Er lehnt es vollkommen ab! Er sagt, nein, danke, wiedersehn ich geh raus! Wenn ich die Windeln wechsele, rennt er aus dem Zimmer, ihm wird dabei schlecht. Er meint, das sei mein Bier." (Frau eines Apothekers)
  • "Er würde es vielleicht unter Protest tun, aber ich glaube, er meint eher, daß es nicht seine Aufgabe ist." (Frau eines Rundfunkregisseurs)
  • "Sie machen wohl Witze! Er sagt, ich mach das nicht, das ist Frauenarbeit." (Frau eines Lageristen)

Die ersten beiden Antworten kommen von Frauen, die der Mittelschicht (aufgrund des Berufes ihres Mannes) zugerechnet werden. Die dritte stammt von einer Arbeiterfrau. Die Tabelle 8.6 verdeutlicht, daß der Schichtunterschied hinsichtlich der Mitarbeit der Ehemänner bei dieser Tätigkeit nicht sehr groß ist. Etwas mehr Mittelschicht-Männer als Arbeiterschichtmänner sind bereit, schmutzige Windeln zu wechseln.

Tabelle 8.6 Antworten auf die Frage: "Wechselt (wechselte) ihr Ehemann die schmutzigen Windeln des Babys?" nach sozialer Schicht

Wenn wir diese Antworten mit den Reaktionen auf andere Fragen bezüglich der Vaterrolle zusammennehmen, schält sich das Bild eines "guten Vaters" heraus. Für die Körperpflege bei der Kindererziehung ist die Mutter zuständig. Väter sind dazu da, um mit den Kindern zu spielen: "Er ist ein sehr guter Vater. Er spielt mit ihnen und geht mit ihnen spazieren", wie es eine Frau ausdrückte. Von einem Vater wird erwartet, daß er der Mutter am Wochenende gelegentlich die Kinder abnimmt, daß er allgemein an ihrem Wohlergehen interessiert ist und daß er sie in Krisenzeiten, wie Krankheit oder der Geburt eines Babys, übernimmt. Diese Unterscheidung zwischen der schweren unangenehmen Seite der Kindererziehung und der angenehmen Seite wurde eindeutig von der Frau eines Polizisten gemacht:
"Wechselt Ihr Ehemann die schmutzigen Windeln?"

  • "Ich habe ihn ein paar mal darum gebeten, als ich beschäftigt war, und er hat es getan, aber er ist nicht allzu begeistert davon... Er will nur gerne mit ihnen spielen, aber alle Arbeit die damit verbunden ist, mag er nicht."

Ein Vater lehnt es ab, die Windeln zu wechseln, weil es ein Mädchen ist. Ein anderer lehnt es ab, weil das Kind ein Junge ist. ("Er hat Angst davor irgendeinen Schaden anzurichten", sagt seine Frau.) Angst wird auch als Grund dafür angeführt; ein Baby nicht zu baden oder zu füttern und es nicht länger als einige Minuten zu halten. Kinderwagenschleben ist eine weitere heikle Sache.[31] Entgegen der weitverbreiteten Annahme, Väter würden heute genauso oft den Kinderwagen schieben wie Mütter, gibt es immer noch einige die sich der Zuständigkeit entziehen:

  • "Ich würde ihm nicht erlauben, das Baby herauszunehmen - ich habe nichts dagegen, wenn die Kinder zwei oder drei Jahre alt sind. Ich würde ihn nicht gern darum bitten, den Kinderwagen zu schieben - er würde Überhaupt keinen Kinderwagen schieben, du lieber Gott, nein! (Frau eines Malers und Dekorateurs)

Sogar Dawn Abbatt stößt bei dem Thema Kinderwagenschieben bei ihrem Ehemann auf Widerstand, der ansonsten in hohem Maße am Haushalt beteiligt ist. (Siehe S. 162):

  • "Nun, er weigert sich mit ihm im Kinderwagen rauszugeben ... Er trägt ihn schon auf dem Arm - er sagt, er will warten, bis es in einem Sportwagen ist. Ich weiß nicht, warum, er will es mir nicht sagen."

Eine zweite Frage, die den Frauen im Zusammenhang mit den Geschlechter-Rollen-Erwartungen gestellt wurde, betraf das Thema des Rollentausches in der Ehe. "Was würden Sie von einer Ehe halten, in der die Frau erwerbstätig ist und der Mann zu Hause bleibt und die Kinder versorgt?" Die Antworten darauf zeigten, daß ein fester Glaube besteht, Frauen seien "von Natur aus" häuslich und entsprechend dazu, die Übernahme häuslicher Aufgaben sei für Männer "unnatürlich". Dreißig der vierzig Frauen lehnten die Möglichkeit eines Rollentausches in der Ehe ab, weil das einen Verstoß gegen die festgesetzten Geschlechts-Rollen bedeutet. (Die restlichen zehn sagten, es hängt von dem Ehepaar ab, ob eine solche Ehe angemessen sei oder nicht. Keine der Frauen hat diesen Zustand ausdrücklich befürwortet.) Die Antworten, die von Olive Brennan, der Frau eines Fabrikarbeiters, und von Vera Rundle, der Journalisten-Frau, gegeben wurden, sind typisch dafür:
"Rollentausch in der Ehe?"

  • "Ach, das ist ja lächerlich. Es ist Sache der Frau, sich um die Kinder zu kümmern und die Hausarbeit zu machen. Das wäre nicht das, was ich mir unter einem Mann vorstelle. Ich meine, ein Mann sollte zur Arbeit gehen, und eine Frau sollte sich um den Haushalt kümmern. Ich bin nicht damit einverstanden, daß Männer Hausarbeit machen - ich meine nicht, daß es Männerarbeit ist ... Ich würde es bestimmt nicht gern sehen, wenn mein Mann sauber machen würde. Ich glaube nicht, daß ein Mann noch männlich ist, wenn er zu Hause bleibt. Ich mag einen Mann gern, der ein richtiger Mann ist."

Der "unmännliche" Mann ist ein "Pantoffelheld".

  • "Ich meine, Männer sollten ihren Teil dazu beitragen, ich finde, sie sollten helfen."

"Rollentausch in der Ehe?"

  • "Oh nein, davon halte ich überhaupt nichts. Ich würde sagen, dann wäre er ein Pantoffelheld. Sie sollten helfen, aber nicht alles übernehmen." (Frau eines Müllarbeiters)
  • "Ich mag keinen Pantoffelhelden, der die ganze Hausarbeit macht und ich immer nur sehe, wie er staubwischt, bohnert und abwäscht und das alles, aber es ist schön, wenn Du es von Zeit zu Zeit gemacht bekommst." (Frau eines Lagervorarbeiters)

Die Behauptung der Unmännlichkeit geht jedoch tiefer. Ein unmännlicher Mann ist überhaupt kein Mann:

  • "Ich habe nichts dagegen, wenn sie (Ehemänner) ihren Anteil machen, aber nicht zuviel. Sie sollen helfen - aber nicht immer. Wie es hier so einen Knaben gibt, der am Sonntag mit der Schürze rausgeht, ich mag das nicht, ich glaube, sie sollten das nicht so in der Öffentlichkeit zeigen, sowas ist doch nicht echt." (Frau eines Malers und Dekorateurs)

Das scheint eine verschleierte Anspielung auf Homosexualität zu sein. Andere Frauen gebrauchen die Worte: "verweiblicht" oder "sissy" oder wie irische Frauen das Wort "molly".
Dem Bild eines richtigen Mannes ist das der richtigen Frau entgegengesetzt. Eleanor Driscoll beschreibt dies in Aussagen über die vorige Ehe ihres Mannes:

  • "Seine erste Frau war eine typische Ehefrau, sie war eine richtige Ehefrau. Sie hielt immer seine Hausschuhe bereit und gab ihm eine Tasse Tee in die Hand. Ich ärgere mich manchmal schwarz, wenn ich daran denke, warum, verdammt noch mal, ich mich an ihr zu messen habe? Er sagt nicht, sie war dies, sie war das, aber sie war eben eine solche typische, gute Ehefrau. Oft erwartet er von mir..., ich meine, verflixt noch mal, wir sind nicht unter Hitlers Regime. Er ist wie sein Vater. Seine Mutter wischte seinem Vater praktisch den Hintern ab, ging meilenweit, um sein Lieblingsgetränk zu kaufen, sie zog ihm die Schuhe aus. Niemand durfte essen, bis er zu Hause war."

Eine richtige Ehefrau ist "typisch" und "gut". Sie ist das unterwürfige Weibchen, das sich der Befriedigung der männlichen Bedürfnisse widmet. Diese Leitbilder sind sehr prägend. Sogar die Frauen, die anfangs auf die Frage nach dem ehelichen Rollentausch aufgeschlossen reagierten, machten etwas später klar, daß auch sie voreingenommen urteilen würden.
Eine Frau mit Hochschulabschluß sagt:

  • "Das wäre in Ordnung, wenn er (Ehemann) es wünscht. Aber ich denke, er hätte es selbst herausgefordert, wenn manche Leute ihn für überspannt hielten. Ich würde nicht - na gut, wahrscheinlich würde ich in gewisser Weise doch. Ich würde nicht danach fragen, warum er es tut, aber ich glaube, es würde sein Leben schwer machen, weil die Leute denken würden, er wäre seltsam ..."

Von einigen Frauen wurden nähere Gründe angegeben, warum Männer unfähig seien, die heutige Rolle der Hausfrau zu übernehmen. Die häufigsten sind die angenommene größere häusliche Leistungsfähigkeit der Frau und die Unmöglichkeit für Frauen, soviel zu verdienen wie Männer. Beides wird als unüberwindbares Hindernis angesehen. Keine Frau ging davon aus, daß die häusliche Unfähigkeit von Männern ein Ergebnis ihrer Unerfahrenheit sein könnte, oder daß das Problem der finanziellen Ungerechtigkeit durch einen gemeinsamen Vorstoß seitens der Frauen beseitigt werden könnte. (Es sollte daran erinnert werden, daß die Interviews 1971 stattfanden, bevor "womens Lib" regelmäßig in den Medien aufzutauchen begann; einige dieser Frauen würden heute vielleicht anders antworten.)
Aber die Vorstellungen von weiblicher Häuslichkeit gehen letztlich auf die Vorstellungen über die Mutterschaft zurück. Die Mutter-Kind-Beziehung ist eine "natürliche" Einheit. Frauen haben einen Mutterinstinkt und stehen von daher den Kindern viel näher, als es Männer je vermögen: Kinder brauchen ihre Mütter mehr als ihre Väter.[32] Dies war die Ansicht der Frau, die als einzige in dieser Stichprobe, ein Universitätsstudium abgeschlossen hatte, Joanna Giles; ihre Ansichten über die Frage des Rollentausches wurden weiter oben dargestellt.
Über das Thema der Elternschaft sagt sie: "Ich glaube, das einzige ist, daß Frauen die Kinder besser erziehen können als Männer. (Warum?) Ich glaube, es ist wirklich ein Instinkt; es hängt damit zusammen, daß sie das Kind geboren haben und sie ängstlicher und besorgter darum sind. Deshalb werden sie es eher merken, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Es gibt eine Anzeige in unserer Lokal-Zeitung, die lautet: Medizin-Student verfügbar als BabySitter! Nun, ich vermute, die Tatsache, daß er Mediziner ist, würde ein Vorteil sein; aber die Tatsache, daß er ein Mann ist, hieße, daß ich ihn niemals beschäftigen würde, weil ich glaube, daß ein Mann nicht so ein Gefühl dafür hat, was ein Kind meint, wie eine Frau. ich glaube, es ist eine körperliche Sache, es ist nichts, was man lernen kann, oder nur sehr wenige Männer könnten es lernen."
Der Gedanke, daß Männer nicht "mütterlich" sind und auch nicht sein können, ist keine eigensinnige Einzelmeinung. Helen Crane, die Mutter eines acht Monate alten Babys, beschrieb ein Ereignis, das an einem Nachmittag geschah, als der Ehemann auf das Baby aufpaßte:

  • "Er nahm es mit auf die Straße hinunter, nur so auf dem Arm, ohne einen Sportwagen oder so. Er setzte sich für einen Moment hin, um eine Pause zu machen und er hörte zwei Frauen sagen: das ist ungewöhnlich, man sieht nicht oft einen Mann, der mit seinem Baby so nach draußen geht und er sagte: es ist mein Baby! Warum sollte ich nicht mit ihm rausgehen?"

Solche Ansichten zeichnen ein Bild von ziemlich rückständigen männlichen und weiblichen Rollen. Dieses Bild steht in starkem Gegensatz zu dem Eindruck von ehelicher Gleichberechtigung, der aus anderen Quellen stammt. Eine Erklärung mag z. T. darin liegen, daß während einiger Ehephasen mehr Gleichheit herrscht, als zu anderen Zeiträumen. Wenn Frauen erwerbstätig sind, helfen Männer wahrscheinlich mehr im Haushalt: Das wird von verschiedenen britischen und amerikanischen Untersuchungen über die Ehe und weibliche Erwerbstätigkeit bestätigt. Lois Hoffmann, eine amerikanische Expertin in bezug auf die Erwerbstätigkeit von Frauen und deren Auswirkung auf die Familie, berichtet von einer Tendenz, daß die Männer mehr helfen, wenn die Frauen außerhalb des Hauses arbeiten - ganz gleich, ob das Ehepaar ausdrücklich die Gleichberechtigung in der Ehe für gut hält oder nicht.[33] Die 40 Frauen in der vorliegenden Stichprobe unterstützen dieses Ergebnis, daß die verstärkte männliche Hilfe im Haushalt eine Antwort auf die weibliche Erwerbstätigkeit darstellt:

  • "Er war sehr tüchtig als ich arbeitete. Er leistete den gleichen Anteii. Ich sagte, Du mußt das und das und das machen und er sagte: na gut." (Frau eines Werkzeugmachers).
  • "Er will einfach nicht im Haushalt helfen; und er tut es auch nicht gern. Er meint, ich wäre den ganzen Tag zu Hause und deshalb sollte ich es machen; und ich meine auch, daß er recht bat. Wenn ich arbeiten würde, wäre es anders; damals hat er mir tatsächlich etwas mehr geholfen." (Frau eines Journalisten)

Wie diese und andere Interviews zeigten, bedeutet das vorübergehende Anwachsen der männlichen Beteiligung an der Hausarbeit, solange beide erwerbstätig sind, keine grundlegende Anschauung zugunsten der Gleichberechtigung. Es gibt einen Bruch zwischen der Arbeitsteilung einer Ehe, bevor Kinder da sind, und der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau, wenn die Frau nicht mehr erwerbstätig ist. Wo die Frau aufhört, außer Haus zu arbeiten, nimmt die Bereitschaft des Mannes zur Beteiligung an der Hausarbeit ab und die Arbeitsteilung entspricht wieder dem herkömmlichen Muster. Die grundlegenden Vorstellungen der Ehepartner über männliche und weibliche Rollen haben sich nicht geändert.
Bei diesen Interviews fällt auf, daß keine der Frauen die ihnen vorrangig zugewiesene Pflicht und Sorge um Haushalt und Kinder als weibliche Aufgabe in Frage stellte. Dies spiegelte sich in der von ihnen benutzten Sprache wider. Von Hausarbeit wird gesprochen als meine Arbeit ("Ich kann mich nicht hinsetzen, bevor ich meine Arbeit beendet habe.") Von der Wohnungseinrichtung wird gesprochen, als sei es das Eigentum der Hausfrau. ("Ich mache mein Schlafzimmer am Montag sauber." "Ich putze mein Waschbecken jeden Tag") Das Haus ist der Bereich der Frau. Wenn diese Frauen über den Beitrag ihrer Männer zur Hausarbeit sprechen, gebrauchen sie alle das Wort "helfen": er "hilft mir abends abwaschen"; "sonntags hilft er mir,-Fle Kinder ins Bett zu bringen." Ehemänner sind die Hilfskräfte der Hausfrauen. Die Verantwortung dafür, daß die Arbeit gemacht wird, liegt bei der Hausfrau, nicht bei ihrem Mann. Die anteilige oder austauschbare Erledigung von Arbeiten ist eine Sache, aber antellige oder austauschbare Verantwortung ist eine ganz andere.[34]
Sogar in Ehen mit einem gemeinsamen Rollenverständnis, wo der Ehemann an der Hausarbeit sehr stark beteiligt ist, bleibt es trotzdem bei der einseitigen Verantwortung. Sarah Maddison, deren Ehe als "gemeinsam" eingestuft wird, und deren Ehemann sich an der Hausarbeit in größerem Umfang beteiligt, beschreibt dies in ihrem Interview. Morgens ebenso wie abends spielt der Mann beim täglichen Arbeitsablauf im Haus eine Schlüsselrolle.

  • "Wir stehen um 7.30 Uhr auf. Ich wasche mich, ziehe mich an und schminke mich - das muß ich machen, bevor ich runtergehe. Um 8.00 Uhr fängt mein Mann an, Frühstück zu machen. Ich decke den Tisch am Abend vorher. Er kommt um halb sechs von der Arbeit und übernimmt die Kinder. Wir bringen sie gemeinsam ungefähr viertel nach sechs ins Bett."

Hier beschreibt sie das Verhalten des Ehemannes bei der Hausarbeit:

  • "Er ist großartig. Er ist ein sehr guter Koch. Manchmal sagt er: "Ich mache heute das Abendessen" und wenn er es tut, übertrifft er mich immer, weil immer etwas ganz Ausgefallenes dabei herauskommt. Er macht dabeieine schreckliche Schweinerei, müssen Sie wissen, die ich dann wegmachen muß. Er kann zwar bügeln, aber er tut es nicht oft. Er macht ein heißes Getränk für mich, bevor wir ins Bett geben - das sind diese kleinen Dinge, wissen Sie? Das kommt alles daher, daß er eine Wohnung mit drei jungen Männer geteilt hat, nachdem sie alle die Universität abgeschlossen hatten und das würde ich anderen Männern sehr empfehlen. Es macht das Leben für ihre zukünftigen Frauen viel leichter.

Das erklärt sich auch aus seiner Arbeit als Lebensmittelchemiker:

"Gibt es irgendetwas im Haushalt, wo ihr Ehemann besonders pingelig ist?"

  • "Er möchte, daß die Sachen, die wir essen und die zum Essen gebraucht werden, sauber sind, ich nehme an, weil das sein Beruf ist. Er sieht eine Menge Gefahren, die eine gewöhnliche Hausfrau nicht sieht. Als Sally ein Flaschenkind war, legte ich gewöhnlich die Flasche ins "Milton"-Bad. Aber er bürstete sie immer, kochte sie aus und das machte mich wahnsinnig! ... Ich bin sehr genau in bezug auf Bügeln, deswegen hat er keinen Grund gehabt, sich darüber aufzuregen. Blödsinnige kleine Dinge können ihn stören - so was, wie wenn ich das Abtauen des Kühlschrankes hinauszögere."

Die Regelung finanzieller Angelegenheiten, das Treffen von Entscheidungen und Freizeitgestaltung sind in der Ehe der Maddisons durch eine sehr enge Beziehung zwischen Mann und Frau gekennzeichnet. Sie wechseln sich ab, um zum Elternabend in die Schule ihrer Kinder zu gehen usw. An den Abenden sehen sie meistens fern, aber sie gehen 1-2 mal pro Woche zusammen aus. An den Wochenenden fährt die ganze Familie zusammen raus, gewöhnlich zum Baden; und sie gehen alle zusammen in die Kirche. Aber ihren ganzen Bericht über das gemeinsame Familienleben hindurch macht Sarah Maddison klar, daß die Kinder und das Haus ihr Verantwortungsbereich sind. Er "hilft" ihr dabei. Er ist in bezug auf den Haushalt aktiver als die meisten Männer; anstatt sich bloß über mögliche fehlende Hygiene beim Flaschengeben zu beklagen, unternimmt er selbst etwas und macht die Flasche selber steril. Aber wenn sie es hinausschiebt, den Kühlschrank abzutauen, stört es ihn. Wenn er kocht, beseitigt sie das Durcheinander. Es gibt keine gleichberechtigte Zuweisung der Verantwortung, sondern die Teilung einiger Pflichten.
Diese Frage der Verantwortung ist eine kritische Frage. So lange die Schuld für eine leere Speisekammer oder ein schmutziges Haus der Frau zugeschoben wird, ist es nicht sinnvoll, von der Ehe als einer "gemeinsamen" oder "gleichberechtigten Partnerschaft" zu sprechen. Das gleiche gilt für Elternschaft. So lange Mütter und nicht Väter nach dem Aussehen und dem Verhalten ihrer Kinder beurteilt werden (und es in Ehen, in denen beide erwerbstätig sind, die Aufgabe der Frau ist, die Kinderversorgung zu regeln), bleibt Ausgewogenheit eine Legende.

b) Soziologen

Betrachtet man die Wertungen der soziologischen Forscher über die Stellung von Männern und Frauen in der Ehe, wird sofort klar, daß die Tatsache der ungleichen Verantwortlichkeit in den meisten bisherigen Untersuchungen verschwiegen oder übersehen wird. Hinter der Unterscheidung zwischen getrenntem und gemeinsamem Rollenverständnis bei Elisabeth Bott steht z. B. die Aussage (die sie in ihrem Buch, gleich im ersten Kapitel macht, wo die Untersuchungsergebnisse behandelt werden), daß "zwischen den Paaren der Untersuchung einige allgemeine Ähnlichkeiten in der Art der Organisation bestanden, die jeweils für bestimmte Tätigkeiten kennzeichnend waren ... So gab es in allen Familien eine grundlegende Arbeitsteilung, nach der der Ehemann hauptsächlich für den finanziellen Unterhalt der Familie verantwortlich war und die Frau für den Bereich der Hausarbeit und Kinderversorgung. jeder der Partner lieferte seinen eigenen unterschiedlichen aber ergänzenden Beitrag zum Wohlergehen der ganzen Familie.[35]
Bott macht diese Feststellung, als sie die Verschiedenheit der Organisationsweisen zwischen den Paaren ihrer Stichprobe erörtert. Offenkundig stellt sie fest, daß während die Paare sich bei der Art und Weise, wie manche Aufgaben zugeteilt werden, unterscheiden, diese Paare aber alle die gleiche grundsätzliche Arbeitsteilung haben, wonach der Mann das Geld nach Hause bringt und die Frau sich um Haus und Kinder kümmert. Das bedeutet dasselbe wie, daß "Gemeinsamkeit" in der Arbeits- und Rollenzuordnung nur die Bandbreite unterschiedlicher Ausgestaltung einer grundlegenden Arbeitsteilung mißt, die allen Familien gemeinsam sein "muß".
Jennifer Platt macht Beobachtungen ähnlicher Art, wenn sie die Merkmale erörtert, die in der Untersuchung über gutverdienende Arbeiter zwischen "gemeinsamen" und "nicht gemeinsamen" ehelichen Aktivitäten unterscheiden sollten. ("Nicht-gemeinsam" bedeutet das gleiche wie "getrennt", zusätzlich einiger Fälle, in denen das Treffen einer Entscheidung oder die Ausführung einer Aufgabe von einer dritten Person vorgenommen wurde).
Platt sagt, ihr Vorgehen war "alle Fälle als gemeinsam einzustufen, in denen eine Tätigkeit von beiden Ehepartnern gemeinsam oder von beiden gleichberechtigt ausgeführt wurde, und alle Fälle als gemeinsam einzustufen, in denen der Ehemann etwas tut, was herkömmlicherweise als Frauenarbeit angesehen wird (z. B. Abwaschen, Kinder ins Bett bringen).[36]
Indem Platt alle Fälle als gemeinsam einstuft, in denen der Ehemann "Frauenarbeit" macht, sagt sie in Wirklichkeit, daß Getrenntheit/Gemeinsamkeit nur eine Art des Teilens oder des Nicht-Teilens in der Ehe mißt - das Ausmaß, in dem Paare die traditionelle Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Rollen festhalten oder davon abweichen. Der gleiche Einwand gilt für die Einschätzung von Getrenntheit/Gemeinsamkeit in anderen Bereichen. Die Fähigkeit der Frau, das gemeinsame Auto zu fahren, wird von Platt z. B. als ein Zeichen der Gemeinsamkeit genommen (wohingegen natürlich die Fähigkeit des Ehemannes, den Wagen zu fahren, keine Beachtung erfährt).
Die einzigen Fragen nach Haushaltsaufgaben in Platts Untersuchung waren "wer wäscht ab?", "wer macht den Haupt-Einkauf?" "Wer geht mit den Kindern raus?" "Wer bringt die Kinder ins Bett?". Das sind höchst selektive Fragen, die auslassen, daß jemand putzen, täglich einkaufen, waschen, bügeln, kochen und die alltägliche Kinderversorgung machen muß. Vielleicht ist vorausgesetzt, daß dies alles weibliche Aufgaben sind, genau wie Abwaschen und Kinder zu Bett bringen als eine weibliche Verantwortung gelten. Wenn dem so ist, warum sind nur diese beiden letzteren als angemessene Fragen ausgesucht worden? Eine Reihe von Untersuchungen (die vorliegende eingeschlossen) machen deutlich, daß von allen häuslichen Arbeiten die Männer am ehesten bereit sind, die Kinder zu Bett zu bringen, sie aus dem Bett zu nehmen, abzuwaschen und groß einzukaufen.[37] Diese Aufgaben scheinen gerade deshalb ausgesucht zu werden, weil bei ihnen ein hoher Grad der männlichen Beteiligung weniger anstößig ist als auf anderen Gebieten. Es wäre durchaus möglich, daß der Forscher ein ganz anderes Bild im Kopf hat: nicht das Bild einer traditionellen Ehe, sondern das Bild davon, wie eine "gemeinsame" Ehe aussehen "sollte".
Eine dritte in diesem Kapitel schon früher erwähnte Untersuchung über die Ehe wurde von D. M. Toomey anhand von Daten einer Stichprobe von Ehepaaren aus Kent ausgeführt. Toomeys Verfahren, um die Rollen von Ehemännern und -frauen bei der Arbeitsteilung abzuschätzen, war die Frage an Frauen, inwieweit sie die traditionell als Männersache geltenden Tätigkeiten selbst machen (Streichen im Haus, Tapezieren, leichte Arbeiten im Garten?) Die Fragen an den Mann betrafen "Frauenarbeit" ("Saubermachen, Abwaschen, Wäsche waschen, Kochen, Bügeln, die Kinder beaufsichtigen").[38] Toomeys Einordnung der Antworten ist sogar noch stärker beeinflußt von der Vorstellung des eigentlichen Geschlechtsrollenverhaltens als es seine Fragenauswahl schon war. So bewertet er die Antwort einer Frau als gemeinsam, die besagt, daß sie "sehr oft" bzw. "oft" tapeziere. Zu den Antworten des Ehemannes bezüglich Frauenarbeiten: "Folgende Antworten werden als gemeinsam eingestuft:

  • sehr oft bzw. oft Saubermachen und Abwaschen,
    sehr oft, oft oder manchmal Bügeln und Kochen,
    sehr oft, oft, manchmal oder selten Wäsche waschen
    und sehr oft auf Kinder aufpassen."[339]

Wenn ein Ehemann selten auf die Kinder aufpaßt, ergibt das keine "gemeinsame" Antwort. Doch wenn ein Ehemann selten wäscht, ergibt das eine "gemeinsame" Antwort. Der Verdacht ist schwer auszuräumen, daß Toomey meint, Männer sollten zwar auf die Kinder aufpassen, nicht aber waschen. Dieses Werturteil weist, wie auch in anderen Untersuchungen, über die Hausarbeit hinaus. Ehemänner und -frauen werden gefragt, ob die Frau das wöchentliche Einkommen ihres Mannes kennt (eine bejahende Antwort wird als "gemeinsam" eingestuft); sie werden aber nicht gefragt, ob der Mann das Einkommen seiner Frau kennt. Das wirft die interessante Frage auf, wie eine Umkehrung der Geschlechtsrollen wohl eingeschätzt worden wäre. Insofern, als das überkommene eheliche Rollenverständnis aufrecht erhalten würde (wenn auch jeweils für das andere Geschlecht) wäre die Einschätzung logischerweise die eines "getrennten" Rollenverhältnisses. Jedoch wenn die "Frauenarbeit" den Männern und die "Männerarbeit" den Frauen zugewiesen würde, könnte man eine solche Ehe ebensogut als "gemeinsam" einstufen.
In solchen Untersuchungen wie der von Bott, Platt und Toomey erscheint die Übernahme geschlechtsspezifischer Rollenvorstellungen als eine Art Ausgangsbasis, von der aus Fragen gestellt und Einschätzungen gemacht werden. Die Benutzung einer solchen Grundlage führt eindeutig zu Verzerrungen in der Datenerhebung und in der Analyse der Untersuchungsergebnisse. Immerhin untersteht sich keiner dieser Forscher, seine Schlußfolgerungen in grobe Behauptungen über eine vorherrschende Gleichheit in der modernen Ehe zu verallgemeinern. Michael Young und Peter Willmott tun genau dies in The Symmetiical Family (Die ausgewogene Familie).
Young und Willmott sagen über die Männer in ihrer Londoner Untersuchung:

"Ehemänner arbeiten auch eine ganze Menge im Haushalt, einschließlich solchen Arbeiten, die man nicht unbedingt als herkömmliche Männerarbeit bezeichnen kann ... Es gibt heute keine Tätigkeit im Haushalt, die ausschließlich den Frauen vorbehalten ist, selbst Waschen und Bettenmachen, was im Allgemeinen immer noch als "Frauenarbeit" angesehen wird, wird häufig von den Ehemännern als Tätigkeiten erwähnt, die auch sie übernehmen. Die Erweiterung der Beteiligung wird wahrscheinlich zunehmen."[340]

Die Gleichheit im Haushalt ist nach Young und Willmott ein Zeichen von erwarteter Gleichberechtigung in der modernen Ehe. Die Entwicklung führt in Richtung auf vier Arbeitsplätze in der Ehe, für jeden der Partner je einen innerhalb und außerhalb des Haushalts. Worauf gründen diese Aussagen über die häusliche Beteiligung der Männer? Das 113-Fragen-lnterview enthält nur eine Frage nach der Arbeitsteilung. Diese war "Helfen Sie/hilft Ihr Ehemann mindestens einmal in der Woche bei Hausarbeiten wie Abwaschen, Bettenmachen (Mithilfe bei den Kindern), Bügeln, Kochen, Saubermachen?"[41]
Die Antworten wurden wie folgt bewertet: Nein 0, abwaschen = 1, Bettenmachen = 2, hilft bei den Kindern 3, bügeln 4, kochen = 5, saubermachen = 6. Die Bewertung durch die Forscher scheint auf der Vorstellung dessen zu basieren, was gesellschaftlich anerkannt ist: abwaschen gilt als annehmbar und bekommt eine niedrige Bewertung, saubermachen ist schon ungewöhnlicher und erhält eine hohe Bewertung. Eine Antworttabelle der Gesamtuntersuchung zeigt, daß 15% der Männer überhaupt keine Hausarbeit tun. Weitere 13 % waschen nur ab, während 72% etwas machen, was verschwommen und beschönigend mit"andere Aufgaben" bezeichnet wird.[42] Die 72% klingen eindrucksvoll, doch wenn man bedenkt, wie sie zustande kommen, schwindet der Eindruck schnell wieder. Ein Mann, der einmal in der Woche bei der Versorgung der Kinder hilft, ist darin ebenso enthalten wie (vermutlich) einer, der am Samstagnachmittag seine eigene Hose bügelt. Der Grad der Beteiligung an der Hausarbeit, wie er auch nur aus den Antworten auf diese eine schlecht formulierte Frage hervorgeht, ergibt kaum ein überzeugendes Bild der häuslichen Beteiligung des Mannes. Und, natürlich, wie Young und Willmott selbst bemerken, wird die Verantwortung doch bei der Frau bleiben, wieviel ein Mann auch immer helfen mag. Eine solche Teilung zwischen dem Bereich der Männer und dem der Frauen in der Ehe scheint doch ziemlich weit von einer Ausgewogenheit entfernt zu sein. Es wird noch ein weiter Weg sein, bis die Gleichberechtigung auch nur am Horizont erscheint.
Das also ist die Aussage dieses Kapitels. Nur in einer kleinen Anzahl der Ehen beteiligt sich der Ehemann merklich an der Hausarbeit und auch dort gibt es eine grundlegende Trennung: Haushalt und Kinder sind die Hauptverantvortung der Frau. Bei der Auffassung, die Ehe sei eine gleichberechtigte Beziehung, sind Zweifel angebracht.
Die wichtige Frage dabei ist: Was meint man überhaupt mit "Gleichheit"? Eine enge seelische Beziehung zwischen Mann und Frau, eine Vermischung ihrer sozialen Welten und eine gerechtere Verteilung der Macht in der Ehe sind zweifellos Bereiche, in denen sich die Ehe im allgemeinen geändert hat. Doch die Bedeutung der fortbestehenden Frauenrolle als Hausfrau und Haupterzieherin der Kinder setzt sich fort. Ungleichheiten werden auf diesem Gebiet sehr oft übersehen, und die Soziologen, die die Ehe untersuchen, sind keine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel. Sie übertragen auf ihre Daten ihr eigenes Werturtell über den Platz, den Männer und Frauen im Haushalt einnehmen, Wertungen, die bestehende Geschlechtsunterschiede wiederholen.