Vorstellungen über Hausarbeit

Im öffentlichen Bewußtsein stehen heute zwei Vorstellungsklischees von Hausarbeit in Widerstreit. Der einen Auffassung nach ist die Hausfrau eine unterdrückte Arbeiterin: sie schuftet sich ab bei einer Arbeit, die minderwertig und unerfreulich ist und letztlich zur Selbstaufgabe zwingt. Der anderen Meinung nach bietet Hausarbeit die Möglichkeit für unendlich schöpferische Tätigkeit und Muße.
Nach dieser Sichtweise ist Hausarbeit keine Arbeit, sondern Gestaltung von Heim und Herd und das Heim ist ein Schatzkästchen "mit unverhofften Freuden ... der köstliche Geruch ihres selbstgemachten Brotes, wenn es knusprig und braun aus dem Ofen kommt, und die Befriedigung, auf ihrer Nähmaschine ein buntes neues Kleid zu nähen ... der Geruch frischer Erde im eigenen Hausgärtchen..."[1]
Die ästhetische Wirkung ist hervorstechend. Aber wie haltbar ist dieses Bild - oder dessen Gegenteil - gemessen an der Wirklichkeit der Lage der Hausfrauen wie diese von ihnen selbst wahrgeinommen wird?
Im Laufe der vierzig Interviews schälte sich eine deutliche Wahrnehmung der Hausarbeit als Arbeit heraus. Die Frauen der Stichprobe erfahren und bezeichnen Hausarbeit als Arbeit, genau wie bei jedem anderen Beruf auch. Ihre Beobachtungen decken sich mit vielen Erkenntnissen der Berufssoziologie; die Gesichtspunkte der Hausarbeit, die als befriedigend oder unbefriedigend angeführt werden, haben ihre Parallelen irn Bereich der Fabrikoder Büroarbeit. Diese Gleichwertigkeit wird weiterhin dadurch unterstrichen, daß die Frauen selbst dazu neigen, ihre Einstellung zur Hausarbeit mit ihren Erfahrungen der Arbeit außerhalb des Hauses zu vergleichen. Mehrere Interviewfragen lieferten Antworten, die diese Verallgemeinerungen begründen. Die ersten beiden davon sind Fragen nach den "besten" und "schlechtesten" Seiten des Daseins einer Hausfrau. Über die Hälfte der Antworten auf die Frage nach den "besten" Seiten beziehen sich auf das, was wir den Arbeitsaspekt der Rolle nennen würden; genauso auch fast alle Antworten auf die Frage nach den "schlechtesten" Seiten- und das, obwohl diese Fragen nicht direkt die Hausarbeit betreffen, sondern auch Antworten zulassen, die sich allgemein auf Heirat, Mutterschaft und häusliches Leben bezieten. (Die Antworten sind aufgeführt in den Tabellen 3.1. und 3.2.) Natürlich könnte man dagegen einwenden, daß die Antworten den Arbeitsaspekt der Hausfrauenrolle nur deswegen herausstellen, weil viele der restlichen Interviewfragen sich um die Hausarbeit drehen. Jedoch stimmt diese Verallgemeinerung mit der Richtung überein, die die Frauen spontan bei vielen anderen Stellungnahmen eingeschlagen haben - ohne dazu vom Interviewer auf gefordert zu werden. Zudem widmen sich einige Fragengruppen den Komplexen der Ehe und Kindervorsorgung, so daß für die Frauen kein Grund bestand anzunehmen, Antworten zu diesen Themen seien unzulässig.
Autonomie ist die am meisten geschätzte Eigenschaft der Hausfrauenrolle, - die Hausarbeit selbst die schlechteste. Joanna Giles, eine ehemalige Computer-Programmiererin, die jetzt mit einem Produzenten von Rundfunksendungen verheiratet ist, beschreibt ihr Gefühl, selbständig zu sein, folgendermaßen: Bis zu einem gewissen Grad bist Du Dein eigener Herr ... Du kannst entscheiden, was Du tun willst und wann Du es tun willst ... es ist nicht so wie sonst auf der Arbeit, daß Dich jemand anruft und du mußt hinuntergehen und Dich drum kümmern oder Du mußt mit diesem und jenem innerhalb einer halben Stunde fertig sein."
Es entsteht der Eindruck, daß Hausarbeit eher negativ geschätzt wird, als Rückzugsmöglichkeit von der unbeliebten Erwerbsarbeit, als daß sie eine wirklich positive Wertschätzung wegen ihrer Autonomie erfahren würde. Hier ein paar typische Antworten: "Was ist Ihrer Meinung nach das beste am Hausfrauendasein?"

  • "Naja, man braucht morgens nicht früh aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, verstehen Sie?" (Die Frau eines Maschinenarbeiters)
  • "Das Schöne daran, Hausfrau zu sein, ist, daß man sich die Zeit selbst einteilen kann - es ist niemand hinter einem her mit der Stopuhr ... du bist dein eigener Herr, sozusagen." (Die Frau eines Malers und Dekorateurs)

In vielen Antworten - insgesamt neunzehn - kommt die Formulierung vor: "Du bist dein eigener Herr"; damit kommt das
Gefühl der Hausfrauen zum Ausdruck, über sich selbst bestimmen zu können?[2] Diese Ausdrucksweise deutet auf eine unmittelbar vergleichbare Erscheinung in der Erwerbsarbeitswelt. Autonomie im Sinne der Freiheit von Aufsicht und der Möglichkeit, den Arbeitsrhythmus selber zu bestimmen, ist bei der Erwerbsarbeit ein wichtiges Merkmal. In einer Untersuchung über 834 staatliche Angestellte in den USA fand Martin Patchen heraus, daß durchweg ein ausgeprägter Zusammenhang bestand zwischen dem Faktor "Kontrolle über die Arbeitsvorgänge" und großer Berufsmotivation.

Tabelle 3.1. Die Antworten auf die Frage:" Was ist Ihrer Meinung nach das Beste am Hausfrauendasein?"

Im Fall der Hausfrau ist Autonomie mehr Theorie als Wirklichkeit. Denn, sein eigener Herr sein, enthält die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß die Hausarbeit getan wird. Die Verantwortung für die Hausarbeit ist einseitig und ein Versagen kann ernste Folgen haben. Wie diese Frauen ausführten, sind solche Folgen z. B. der Zorn des Ehemannes oder das Kränkeln der Kinder (wegen mangelnder Hygiene):[4]

  • " Warum putze ich denn den Küchenfußboden zweimal am Tag? Na ja, ich machs, weil sie immer darauf herumspielt. Es ist doch nicht gut, ein Kind auf einem dreckigen Fußboden krabbeln zu lassen - sie kann sich da was holen." (Die Frau eines Lastwagenfahrers)

Das bedeutet, daß sich die Frau nur ins eigene Fleisch schneidet, wenn sie sich Freizeit gönnt; die Tatsache, daß man sein eigener Herr ist, vergrößert den psychologischen Zwang die Hausarbeit zu tun eher, als daß sie ihn vermindert. Die ehemalige Computer-Programmiererin Joanna Giles führt diesen Punkt weiter aus:

  • "Ich finde, das Schlimmste daran ist, daß man die Hausarbeit machen muß, weil man ja zu Hause ist. Obwohl ich ja schließlich die Wahl hätte, sie einfach nicht zu machen, habe ich nicht wirklich das Gefühl, daß ich sie liegen lassen könnte, weil ich spüre, eigentlich soll ich sie machen."

 

  • Die Frau des Lastwagenfahrers: "Das ist es nicht, daß mich wer verprügeln würde, wenn ich die Arbeit nicht machen würde - aber ich weiß, daß ich morgen noch mal so viel machen müßte; also würds nur mich selber treffen."

So ist also Hausarbeit mit allem, was tatsächlich dazugehört, die Kehrseite der hohen Bewertung der Autonomie. Auf die Frage nach dem Schlechtesten« gaben 28 Frauen als Unbeliebtestes die Hausarbeit und deren Eintönigkeit an; weitere sechs Frauen beschrieben das Gefühl als belastend, ständig für Heim und Kinder verantwortlich zu sein.
Mit den Worten Eleanor Driscolls:  "Was ist Ihrer Meinung nach das Schlechteste am Hausfrauendasein?"

  • Man muß jeden Morgen aufstehen ... Man denkt, du liebe Güte, heute muß ich die Wohnung machen und ich muß das Essen kochen- das ist etwas, was ich nicht ausstehen kann, daran denken, daß ich das Essen machen muß." (Die Frau eines Geschäftsführers)

Die Hausfrau ist frei von, aber nicht frei für etwas. Das heißt, sie ist frei von direkter Überwachung, aber nicht so frei, daß sie sich aussuchen könnte, etwas für sich zu tun.
Vorausgesetzt, daß Hausarbeit Arbeit ist, was für eine Art von Arbeit ist sie? Zu diesem Punkt geben die Antworten zu zwei anderen Fragen Auskunft. Die erste forderte die Frauen auf, ihre eigene Arbeit (die Hausarbeit) mit der ihres Mannes zu vergleichen. Dies ist ein empfindlicher Punkt, bei dem viele aufgebracht reagieren. Die ehemalige Schreibkraft Deborah Reyes sagt:

  • "Ich finde, Hausfrauen arbeiten genauso hart. Ich kann die Männer nicht ausstehen, die nach Hause kommen und sagen: Na, du hast den ganzen Tag nichts getan, bloß das bißchen Hausarbeit und um die Kinder kümmern. Aber es ist genau das, wovon ich müde werde, nein, nicht müde, es strengt genauso an wie jeder andere Beruf auch - es ist mir egal, was die Männer dazu sagen ... Mein Mann sagt sowas auch - deswegen rege ich mich auch so sehr darüber auf."

Deborah Keyes hat ein Kind, sie ist verheiratet mit einem Heizungsmonteur und lebt in einer Wohnung in einer Hochhaussiedlung. Sie ist unzufrieden und neigt dazu, teilnahmslos Bemerkungen über ihre Unzufriedenheit zu machen, aber ihre Beobachtungen zu diesem Teil des Interviews waren wirklich sehr lebhaft:

  • "Ich habe zu ihm (Ehemann) gesagt, ich haue auch mal tagsüber ab und du kannst das alles mal einen ganzen Tag lang machen und dann wirst du schon sehen, wie es ist."
  • Von den vierzig Frauen fanden es 26 ganz wichtig zu betonen, daß sie schwerer arbeiten als ihre Männer. Sieben meinten, daß es Jeweils von der Persönlichkeit abhängt oder aber, von der Art des Berufes, den der Mann hat. Es gibt ausdrückliche Vergleiche zwischen zwei Arten von Arbeitsroutine: "Hausfrauen arbeiten schwerer. Mein Mann kommt immer nach Hause und sagt: "Mensch, ich hab heute mit dem sowieso zusammengesessen, oder wir haben heute ein ScHwätzchen gehalten mit dem sowieso... Ich mach das nicht, ich kann mich nie mal so hinsetzen." (Die Frau eines Stukkateurs)

Oder

  • "Ich sage immer, daß es schwerer ist, aber mein Mann meint das ganz und gar nicht. Ich finde, er hat nicht recht, denn bei mir gehts rund um die Uhr - wenn er Feierabend hat, dann ist Feierabend ... Sonntags kann er bis zwölf im Bett liegen, dann steht er auf, zieht sich an und geht einen trinken, aber meine Arbeit ändert sich nie." (Die Frau eines Beifahrers)

Die Frau eines Malers und Stukkateurs brachte zu diesem Punkt einen überzeugenden Hinweis. Sie meint:

  • "Die Männer sehen nie müde aus. Immer sind es die Frauen, die müde aussehen, oder? Wenn sie Feierabend haben, dann sind sie auch fertig ... Sowas wie Straßenbau ist vielleicht anstrengender (als Hausarbeit), aber auch da ist es so, wenn sie Feierabend haben, gehen sie einen trinken und rauchen, und damit hat sichs.

Hausarbeit wird beschrieben als eine Tätigkeit, die endlos ist - wie es in dem Kernsatz heißt: die Arbeit einer Frau hört nie auf! Einige haben gesagt, sie seien erschöpfter, als bei einer bezahlten außerhäuslichen Arbeit, andere meinten, weniger ermüdet zu sein, einige Frauen sagen, sie brauchen mehr emotionale Kräfte, andere sagen, daß sie nicht so stark ausgelaugt werden wie bei einer anderen Arbeit. Die Frauen bezogen sich auf den nicht-schöpferischen Charakter der Tätigkeiten im Haushalt, auf das enttäuschende Gefühl, in einer Tretmühle zu sein, die immer und immer wieder dasselbe zu tun verlangt;

"Hausfrauen haben irgendwie immer etwas zu tun, aber es kommt nie etwas dabei heraus, oder? Na ja, irgendwie kommt schon etwas dabei heraus, aber man sieht wirklich nie etwas davon und es ist alles Routine." (Die Frau eines Statistikers)

  • Die Frauen tragen Berge ab nur um am Ende das Gefühl der ewigen Niederlage zu haben. In den Augen der ehemaligen Krankenschwester Jean Bevan, verheiratet mit einem Büroleiter, ist Hausarbeit richtige Arbeit und die Arbeit eines Angestellten ist es nicht:

"Arbeiten Hausfrauen Ihrer Meinung nach genauso schwer, nicht so schwer oder schwerer als ihre Ehemänner?"

  • "Schwerer. Sehen Sie, er arbeitet ja nicht - er sitzt nur in einem Büro herum und sagt anderen, daß sie arbeiten sollen.

Bevor Jean Bevans Mann auf die Stelle im Büro befördert wurde, hat er nach der Meinung seiner Frau richtig gearbeitet, d. h. Handarbeit gemacht, genau wie Hausarbeit. Dies ist ein interessanter Gesichtspunkt. Die Beurteilung von Büroarbeit als minderwertige, weil nicht manuelle Arbeit, spielte eine wichtige Rolle, als sich um die Jahrhundertwende die Zuordnung von Büroarbeit vom männlichen zum weiblichen Geschlecht verschob.
Haben wir nicht unsere Männlichkeit verloren? fragt ein schwarzbetuchter Held in einem Roman aus dem frühen 20. Jahrhundert, als er über seine Arbeit nachdenkt: "Was sehen wir vom wahren Leben? Was wissen wir von der Welt? Wir sind keine richtigen Männer. Wir machen keine Männerarbeit. Tintenkleckser, miserable kleine Tintenkleckser - Kerle mit schwarzen Kleidern, mit tintenverschmierten Fingern und mit durchgesessenem Hosenboden das sind wir.[5]
Hausarbeit wird als Handarbeit eingestuft, damit sie in der Rangskala der Berufe eine höhere Bewertung bekommt.
Diese Verteidigung der Hausarbeit ist um so notwendiger, als sie unerwähnt bleibt in dem gängigen Vorurteil von der Hausfrau als müßigem Heimchen am Herd. Ein weiterer Grund dafür, daß die Aussagen der Frauen auf diese Weise ausgedrückt werden, läßt sich ableiten aus dem niedrigen sozialen Rang des Hausfrauenberufes, den die Frauen sehen.
Als sie gefragt wurden, welche Gefühle sie haben, wenn sie in ein Formular "Beruf Hausfrau" eintragen, fühlten sich 21 Hausfrauen "unwohl" dabei und 19 fanden nichts Nachteiliges daran. Die Frau eines Journalisten nimmt bezug auf die sozialen Vorurteile:

  • "Ich denke nur dann daran, daß ich selbst Hausfrau bin, wenn ich ein Formular auszufüllen habe. Manchmal möchte ich gerne etwas Interessanteres eintragen können. Ich finde, es ist eine Sklavenarbeit - die Leute sehen sie so."

Bei diesem Kommentar wird klar, daß die Frage der beruflichen Einstufung eng verbunden ist mit der Selbsteinschätzung: sie dreht sich um den Punkt, ob und in welchem Umfang sich die Frau als Hausfrau sieht. Dies wird in einem späteren Kapitel untersucht.
Aber wie auch immer der Grad ihrer persönlichen Identifikation mit der Hausfrauenrolle sein mag, die Abwertung und das Herunterspielen der Hausarbeit durchdringt derartig alle kulturellen Bereiche, daß die Botschaft in irgend einer Form bei jeder Frau angekommen sein muß. Die Erfahrung der ständigen Mißachtung der Hausarbeit führt zu der Notwendigkeit, sich von einer solchen Einschätzung zu distanzieren.
Die Vorstellungen von Hausarbeit als "stumpfsinniger" Arbeit und der Hausfrau als einer "stumpfsinnigen und langweiligen" Person sind vermischt mit deren niedriger sozialer Einstufung. Die Frau eines Lageraufsehers sagt:

  • "Es stört mich, in ein Formular ,Hausfrau' zu schreiben. Ich würde lieber ,Sekretärin' oder irgendetwas dafür setzen, das klingt besser. Die meisten Frauen sind Hausfrauen. Das klingt geistlos. Sie haben nichts anderes zu tun als zu putzen, staubzuwischen und zu kochen."

Das Bild von der Hausfrau als einem Kohlkopf taucht in einer Reihe von Antworten auf die Frage auf, "Hausfrau" in ein Formular einzutragen (es wurde bei 12 von 40 Frauen erwähnt).[6]
Eine "Kohlkopf"-Hausfrau ist eine, die völlig in ihre häuslichen Aufgaben vertieft ist, eine farblose Persönlichkeit, eine uninteressante graue Maus, eine Gliederpuppe (Automat).
Eleanor Driscoll, eine Arbeiterhausfrau, die unlängst aus einer 2-Zimmer-Wohnung in der Slumgegend in ein behördlich finanziertes Haus umgezogen ist, drückt das so aus:

  • "Ich habe mich selbst für einen Kohlkopf gehalten, als ich noch in der anderen Wohnung war, da habe ich alles mit der Hand gewaschen ... ich hatte keine Erleichterung, kein Geld, ich war geplagt, hatte es satt, hatte nichts, worauf ich mich hätte freuen können. Wenigstens weiß ich jetzt, daß wir vielleicht eines Tages ein Auto haben werden - sogar auf ein Haus hin sparen werden - und das ist etwas, woran man sich halten kann ... deshalb fühle ich mich jetzt nicht mehr als Kohlkopf.

Eine andere Frau beschreibt sich selbst energisch als eine "Schrümpfpackerin" und nicht als Hausfrau. Das ist die Bezeichnung für ihre Teilzeit-Fabrikarbeit, die darin besteht, Büchsen in Cellophanpapier einzupacken. Sie empfindet ein gewisses Vergnügen dabei, sich selbst so zu beschreiben. Doch ihre Selbstdarstellung im Interview hat einen ernsthaften Hintergrund:

  • "Ich sehe mich selbst als Hausfrau, aber ich sehe mich nicht als einen Kohlkopf. Eine Menge Leute denken, sie sind Hausfrauen und damit auch Kohlköpfe; ich mag es nicht, von mir nur als Hausfrau zu sprechen ... Ich sage gewöhnlich, ich bin Ehefrau und Mutter und habe eine Teilzeitarbeit. Die Leute schauen heute auf Hausfrauen herunter."

Nur oder bloß eine Hausfrau ist der allgegenwärtige Satz. Das besagt, daß das Hausfrauendasein in großem Maße minderwertiger ist, als jeder andere Beruf. Es setzt auch die Rollen der Ehefrau und der Mutter herab. Elaine Cawthorne, eine andere Hausfrau aus der Arbeiterschicht, drückt dies gut aus:

  • "Ich bin nicht mit einem Haus verheiratet! Ich hasse dieses Wort Hausfrau. Sie werden gefragt: Was sind Sie? und Sie sagen: Ich habe ein Baby. Ich bin Mutter, Ehefrau und die sagen Ach, nur eine Hausfrau! Die schwerste Arbeit der Welt ... Sie sind niemals nur Hausfrau ... Hier kommt alles rein."

Die Empörung wird noch verstärkt, weil Hausfrau gleichzeitig Ehefrau und Mutter beinhaltet. Die gesellschaftliche Geringschätzung der Hausarbeit überträgt sich sogar auf die von den Frauen selbst noch höher eingeschätzten Berufe der Ehefrau und Mutter. Infolgedessen müssen Frauen diese verschiedenen Rollen auseinanderhalten. Ein Weg in diese Richtung ist der Protest, daß das ganze Bild nicht stimmt. Dabei wird außerdem die Notwendigkeit klar, die verschiedenen Aufgaben, die Hausarbeit ausmachen, auseinanderzuhalten. Hausarbeit ist nicht eine einzige Tätigkeit. Es ist eine Ansammlung von verschiedenen Aufgaben, die eine Fülle von Fertigkeiten und Arten von Tätigkeiten umfassen.
Es ist schon etwas anderes, einen Fußboden zu schrubben, als Lebensmittel einzukaufen; Kartoffelschälen ist etwas anderes als schmutzige Socken zu waschen oder die Mahlzeiten für eine Woche zu planen. Alle diese Arbeiten mit dem gleichen Namen zu bezeichnen, heißt, ihre Unterschiede zu verhüllen, sie alle auf den gleichen Nenner zu reduzieren. In der Tat werden einige Arbeiten lieber gemacht als andere, manche wiederholen sich öfter, manche sind ermüdender, manche bieten mehr schöpferische Möglichkeiten u.s.w. jede der Aufgaben, die einer Hausfrau zukommen - kochen, Wäsche waschen, saubermachen u.s.w. - kann überdies für sich genommen, eine bezahlte Arbeit ausmachen. Die drei Rollen der Küchenchefin, Wäschereiarbeiterin und Putzfrau sind sehr unterschiedlich.
Die sechs Grundtätigkeiten der Hausarbeit - saubermachen, einkaufen, kochen, abwaschen, Wäsche waschen und bügeln kann man in einer Art Tabelle von beliebten und unbeliebten Tätigkeiten einordnen, wie es Tabelle 3.3. zeigt. Sie stellt den Prozentsatz der Frauen dar, die auf die direkte Frage zu jeder Tätigkeit sagen, sie mögens, mögens nicht oder - es macht ihnen nichts aus.
Tabelle 3.3 Antwort auf die Frage über verschiedene Aufgaben in der Hausarbeit

Zwei Prozentsätze werden für jede Tätigkeit gezeigt: der erste betrifft die Frage Mögen Sie ...? und der zweite alle Antworten. Ich fragte die Frauen, was sie bei den in Frage stehenden Aufgaben möchten oder nicht, und ob sich ihre Haltung unter bestimmten Umständen verändert. Dadurch war ich in der Lage, ein vollständigeres Bild ihrer Erfahrungen mit jeder Tätigkeit zu bekommen und darüberhinaus etwas über die unterschiedlichen Merkmale zu erfahren, die diese verschiedenen Hausarbeitsaufgaben in der Wahrnehmung der Frauen haben.
Von den sechs Aufgaben wird Bügeln am meisten gehaßt. Dreiviertel der Stichprobe gibt darauf eine eindeutige Antwort. Es wird deshalb nicht gemocht, weil es physisch anstrengend ist. Bügeln besteht, mehr als andere Arbeiten, aus immer wiederkehrenden Handgriffen mit wenig Abwechslung.

  • "Ich verabscheue Bügeln. Das ist nur dastehen, ein Kleidungsstück vom Haufen nehmen, es auf das Bügelbrett legen, es bügeln, es falten und runterlegen, das nächste nehmen - und du fühlst dich, als wenn es nie zu Ende ginge." (Frau eines Maurers)
  • "Was ich nicht daran mag, ist so über dem Brett zu stehen und das Bügeleisen vor und zurück zu bewegen." (Frau eines Beifahrers)
  • " Bügeln - das ist langweilig. Die ganze Zeit das Bügeleisen hin und her zu bewegen." (Frau eines Fabrikarbeiters)

Die sich dauernd wiederholenden Handgriffe beim Bügeln beanspruchen nur bestimmte Muskeln, ohne daß die Aufmerksamkeit des Gehirns oder die konzentrierte Energie des ganzen Körpers eingesetzt wird.
Passend wäre hier der Vergleich mit dem Fließbandarbeiter in der Fabrik, der wie eine Maschine an eine gedankenlose und sich immer wiederholende Arbeit gefesselt ist. An keinem Punkt der Hausarbeit drängt sich diese Parallele so auf wie hier. Im Gegensatz dazu erklärt nur eine von 40 Frauen eindeutig, daß sie gerne bügelt. Sie sagt, sie weiß, daß sie sich hierin von anderen Frauen unterscheidet, gerade auch, weil ihr das Bügeln von Hemden Befriedigung verschafft, eine Arbeit, von der viele andere Hausfrauen sagten, daß sie diese am allerwenigsten aushalten könnten. Die Hausfrauen, die auf die Frage nach dem Bügeln sagten, macht mir nichts aus, machten klar, daß sie diese Aufgabe an sich auch nicht mögen, für sich aber Bedingungen geschaffen haben, unter denen es für sie erträglich ist. Ein solcher Trick ist, Radio oder Fernsehen laufen zu lassen. Ein anderer, zu bügeln, wenn der Mann am Abend dabei ist. Ebenso kann unter bestimmten Bedingungen eine negative Einstellung zum Bügeln zu einer gleichgültigen Haltung werden. Z. B. wenn die zu bügelnden Sachen an sich weniger langweilig sind. (in diesem Zusammenhang wurde Babykleidung genannt.)
Abwaschen ist die Tätigkeit, die in dieser Tabelle an zweiter Stelle abgelehnt wird. Wenn man erste Antworten mit späteren Aussagen verbindet, haben 70% der Frauen eine negative Einstellung zum Abwaschen. Es hat einen ähnlichen Fließbandcharakter wie bügeln, auch wenn dies nicht so ausgeprägt ist.

  • "Man steht nur da und wäscht Teller nach Teller." oder "es ist so ermüdend". Auch ist es eine schmutzige Arbeit; mit den Worten eines ehemaligen Mannequins:
  • "Ich hasse es. Mir graut davor. Ich kann es nicht ertragen in schmutzigen, fettigen Sachen zu wühlen."

Die Unbeliebtheit wird noch dadurch verstärkt, daß Abwaschen normalerweise einer angenehmen Beschäftigung folgt: einer Mahlzeit. Nach jedem Essen folgt der Abwasch: abwaschen ist ein wiederkehrendes Übel:

  • "Es ist niemals zu Ende. Kaum bist du mit dem einen Berg Abwaschfertig, hast du schon einen neuen, und so geht es weiter, den ganzen Tag." (Frau eines LKW-Fahrers)
  • "Wenn man nur Pappgeschirr benutzen könnte manchmal sieht es aus, als wenn man saubere Teller aus dem Schrank nimmt, von ihnen ißt, sie abwäscht, und sie anschließend gleich wieder aus dem Schrank nimmt ... manche Tage sieht es so aus, als wenn du den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigt bist." (Frau eines Lebensmittelhändlers)

Anders als beim Bügeln, ist den Frauen beim Abwaschen der Zwang des Unausweichlichen bewußt. Diejenigen, die sagen, sie würden gerne abwaschen, meinen nicht die Aufgabe selber, sondern mehr die Bedingungen. Eine Frau mag es, weil sie einen Geschirrspüler hat, eine andere, weil sie gerade eine Spüle aus rostfreiem Stahl gekauft hat und eine dritte freut sich einfach, es aus dem Weg zu bekommen.
Antworten auf die Frage nach dem Saubermachen - an dritter Stelle in der Unbeliebtheitsskala - sind ein bißchen weniger ablehnend: 20 der 40 Frauen mögen es nicht oder hassen es, acht Frauen macht es nichts aus, zwölf mögen bzw. lieben es. Typische Antworten sind:

  • "Ich mag nicht gern saubermachen. Ich weiß nicht genau warum. Wahrscheinlich denke ich, es gibt ja auch noch etwas anderes, was ich gerade tun könnte und es scheint niemals aufzuhören." (Frau eines Tischlers)

 

  • "Ich mache gerne sauber - Bohnern, Staubwischen, eben alles. Ich habs gerne, wenn alles glänzt." (Frau eines LKW-Fahrers)

Das waren die ersten Antworten darauf. Doch auf nachfolgende Fragen erhöhte sich die Anzahl der Frauen, die mindestens einen negativen Aspekt angaben auf 27, d. h. 68% der Stichprobe. Viele Frauen sagen, Saubermachen sei langweilig: Du hast es an einem Tag getan und am nächsten Tag mußt du es schon wieder tun. Ein Haus sauber zu machen ist:
 

  • "Wie in der Fabrik zu arbeiten - du machst jeden Tag dieselben Sachen sauber und nie wird es gewürdigt. Ich meine, ich könnte die ganze Wohnung tadellos sauber haben, und wenn die Kinder von der Schule heimkommen, sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen - und niemand nimmt es zur Kenntnis, anders als wenn Du z. B. dekorierst oder Kinder unterrichtest, wo doch wenigstens was bei rauskommt ... Was die Hausarbeit selbst betrifft, kann ich nicht verstehen, wie irgendjemand das gerne machen kann. Das ist doch langweilig, ich komme mir vor wie ein Roboter." (Frau eines Ladenmanagers)

Hier wird der Vergleich mit der sich ständig wiederholenden Industriearbeit angesprochen. Dieser Vergleich ist nicht beschränkt auf die Hälfte der Stichprobe, die der Mittelschicht angehört. Es handelt sich vielmehr um eine Beobachtung, die auch Arbeiterfrauen machen. Eine Arbeiterfrau, die mit einem Maschinisten verheiratet ist, erklärt:

  • "Hausarbeit ist langweilig. Die gleichen alten Geschichten immerzu die gleichen Sachen zu säubern - das ist es, was mich fertig macht. Wenn ein Mann arbeiten gebt, er mag nur irgendwelche Dinge herstellen, sind diese Dinge am Ende wenigstens unterschiedlich ..."

Während eine Mittelschichtfrau, die Frau eines Verlagsdirektors, dazu sagt:

  • "Ja, ich glaube, ich finde Hausarbeit eintönig. Wenn du daran denkst, du mußt jeden Tag aufstehen, jeden Tag die Betten machen, jeden Tag abwaschen, jeden Tag Staub wischen - ich meine, das ist doch eintönig, nicht wahr?"

Ganz anders als beim Einkaufen, handelt es sich beim Saubermachen um eine Aufgabe, bei der man allein ist. Die Einsicht in die Notwendigkeit, sauber zu machen, steht im Widerstreit zu dem Bedürfnis nach Gesellschaft; man kann bügeln oder vielleicht kocht, während man sich mit einer Nachbarin oder einer Freundin unterhält, doch man kann nicht staubsaugen und gleichzeitig ein Gespräch führen. Der Konflikt wird in einern Interview mit Marilyn Thornten, der Frau eines Maurers mit fünf Kindern ganz deutlich. Sie erledigt ihre eigene Hausarbeit an den Vormittagen und verbringt jeden Nachmittag damit, in der Fernfahrergaststätte eines Freundes die Schlafräume zu säubern. Sie nimmt ihre 18 Monate alten Zwillinge dahin mit. Während der Hauptgrund für ihre Arbeit außer Haus darin besteht, Geld zuverdienen, tut sie es auch, um aus dem Haus zu kommen und mit anderen Leuten zu sprechen. (Wenn sie ihre eigene Hausarbeit macht, hat sie zur Gesellschaft immer das Radio an.) Weil sie diesen Nachmittagsjob hat, muß sie mit ihrer Hausarbeit am Vormittag fertig werden; aber sie wird deshalb auch mit ihrer Hausarbeit am Vormittag fertig, damit sie Zeit für den Job hat. Bezeichnenderweise erwähnt eine andere Hausfrau die Tatsache, daß die Hausarbeit nicht bezahlt wird, als Grund, sie nicht zu mögen; sie sagte, sie wäre zufriedener, wenn sie die Hausarbeit gegen Bezahlung für jemanden anderen leisten würde, als wenn sie ihre eigene Arbeit macht.
Das Beispiel der Marilyn Thornton hebt deutlich die enge Beziehung von Hausarbeit und sozialer Isolation hervor. Der Stellenwert von sozialer Isolation in Verbindung mit Arbeitszufriedenheit wird im Kapitel 5 erörtert. Zwei weitere häufige Gründe für eine Abneigung gegen das Saubermachen betreffen technische Bedingungen der Arbeitsumgebung sowie die jeweilige Laune. Sagt eine Hausfrau, sie hätte einen alten, schlecht saugenden Staubsauger, dann ist das eine Aussage über die Unzulänglichkeit des Werkzeugs. Oder sie beschreibt die Einrichtung des Hauses als schwierig zu säubern:

  • "Ich habe meinen Mann gebeten, diesen Raum mit Teppichboden auszulegen, denn dieses Linoleum macht mich verrückt. Es wird so schnell schmutzig und wenn es nicht täglich gebohnert wird, sieht es auch dauernd schmutzig aus." (Frau eines Polizisten)
  • "Dieser dunkelblaue Teppich ist fürchterlich, man sieht jeden Fussel. Er muß wieder und wieder sauber gemacht werden. Mache ich einmal nichts, kommt garantiert jemand. Ich fühle mich wohler, wenn ich ihn jeden Tag sauber mache." (Frau eines Apothekers)

Häufig wird behauptet, daß das Saubermachen nur langweilig wäre, wenn man keine Lust dazu hat. Andersherum, in der richtigen Laune kann Saubermachen sogar Spaß machen und schnell von der Hand gehen. Vielleicht wird hier ein Umstand angesprochen, der generell für jegliche Arbeit gelten könnte. Oder ist es eine typisch weibliche Antwort? Man fühlt sich an Reklame erinnert, die erschöpfte Hausfrauen zeigt, wie sie, während sie mit den Ansprüchen von Mann und Kindern kämpfen, von plötzlichen Kopfschmerzen befallen werden. Die Stimmung wird dann mit schmerzstillenden Mitteln oder Vitaminpillen verbessert und die Hausfrau kann wieder glücklich mit ihrer Arbeit fortfahren. Auf einer mehr grundsätzlichen Ebene spiegelt wahrscheinlich diese Zuordnung - die Abneigung wird einer persönlichen Unzulänglichkeit (der falschen Laune) zugeschrieben - ein zutiefst persönliches Verhältnis der Hausfrau zu ihrer Rolle wider. In einer wichtigen Hinsicht lassen sich die Hausfrau und ihre Arbeit nicht trennen, d. h. sie selbst ist ihre Arbeit. Folglich ist die Unterscheidung zwischen subjektiven und objektiven Bestandteilen ihrer Situation von vornherein besonders schwierig. Dies ist ein wichtiger Punkt, der für die ganze Frage der Haltung zur Hausarbeit und damit verbunden der Zufriedenheit, entscheidend ist:

  • "Ich mag Hausarbeit. Ich bin wirklich ganz häuslich. Ich bin immer dazu erzogen worden, häuslich zu sein, - die Hausarbeit zu tun, Staub zu wischen und abzuwaschen und zu kochen , sodaß es ein richtiger Instinkt ist." (Frau eines Supermarktleiters)

Das Verwachsensein der Hausfrau mit ihrer Arbeit schafft, wenn überhaupt, einen Antrieb dahin, zufrieden zu sein - sei es mit dem Saubermachen insbesondere, sei es allgemein mit den gesamten Haushaltstätigkeiten.[7]
Was das Waschen betrifft, das an vierter Stelle der am meisten abgelehnten Arbeiten steht, so sind die Einstellungen hierzu stärker gestreut zwischen einer positiven, negativen und gleichgültigen Ausprägung. Dreizehn Hausfrauen sagen, sie mögen gerne waschen, vierzehn "es macht mir nichts aus" und dreizehn mögen es nicht oder hassen es. Obgleich abwaschen und waschen beides Arbeiten sind, bei denen Dreck von Dingen entfernt wird, scheint das Waschen mehr Spaß zu machen. Vielleicht, weil mit Kleidung etwas persönliches verbunden wird. Die zu waschende Kleidung gehört zu jemandem, wird von ihm benutzt, normalerweise von der Hausfrau, ihrem Ehemann oder den Kindern. Das hängt natürlich von dem Kleidungsstück ab. Elaine Cawthorne sagt:

  • "Ich wasche seine (des Babys) Sachen gerne, doch ich hasse es, seine Windeln zu waschen. Das finde ich ermüdend... Nicht, daß es seine Windeln sind und er sie naß macht, damit hat es nichts zu tun - es ist nur, weil es so endlos ist. Anders als wenn du seine Kleidung wäschst, du wäschst einen Strampelanzug und es ist nicht der gleiche wie der nächste; Windeln sind ein Quadrat nach dem anderen, wie ein Alptraum..."

Wenn Waschen in dieser Weise ständige Wiederholung bedeuten kann, so vermittelt der Auszug aus dem Interview mit der Frau eines Supermarktleiters ein entgegengesetztes Bild:

  • "Wenn die Wäsche erst einmal auf der Leine ist, das finde ich hübsch - hübsch und sauber. Ich glaube, das ist eine sehr befriedigende Sache, wenn du weißt, du bist jetzt damit fertig, und da hängt sie, schön und sauber. Es ist immer ein schönes Bild, Wäsche im Wind flattern zu sehen."

Warum ist eine Leine voll Wäsche ein schönes Bild? Massenmedien wiederholen die Botschaft von weißer Wäsche, die freundlich im Wind flattert, das Gefühl vermittelnd, daß leuchtendes Weiß bzw. Sauberkeit eine moralische Verpflichtung der Hausfrau gegenüber ihrer Familie ist.[8] Perfekte Sauberkeit ist das Leitbild des Verkaufs, aber die Wäsche muß außerdem gesehen werden, damit sie richtig sauber ist. Die öffentliche Sichtbarkeit ist erreicht, wenn die Kleider im Garten hängen. Das Reklamebild fügt dem Ganzen noch den wolkenlosen Himmel hinzu und dazu passend das wolkenlose Lächeln auf dem Gesicht der Hausfrau und den unvorstellbar tadellosen Zustand der weißen Wäsche, auf die ihre volle Aufmerksamkeit gerichtet ist. (Gemäß diesen Anzeigen trägt ein großer Teil der Bevölkerung weiß von Kopf bis Fuß, ganz besonders bei den etwas schmutzigeren Arbeiten. Ist dein Sohn ein Meister im schmutzig werden? So kleide ihn in weiß und benutze Sonnenschein-Seifenflocken, um den Schmutz wieder herauszuwaschen.) Sieben der 40 Frauen berichten ausdrücklich von der Freude, die sie beim Anblick einer Leine voll sauberer Wäsche empfinden. Einige erklären diese Freude damit, daß sie die stille Bewunderung der Nachbarn für diese (so kurzlebige) Leistung erwarten. - Andere er-wähnen die mögliche Anerkennung durch andere nicht und haben auch anscheinend keine Ahnung, warum sie dieses Bild so anziehend finden oder einen inneren Antrieb verspüren, sich dem anzupassen.
Hier gibt es, je nach dem Grad der technischen Ausstattung des Haushalts, große Unterschiede. 11 der Arbeiterfrauen und 14 der Mittelschichtfrauen haben eine Waschmaschine.[9] Die Benutzung einer Waschmaschine im eigenen Haushalt erleichtert die Arbeit. Elenor Driscoll erinnert sich:

  • "Früher hatte ich diese Schrubbürste und ich verbrachte den ganzen Tag mit schrubben. Ich hatte einen großen Topf, darin kochte ich meine Sachen - das machte mich ganz verrückt ... Ich habe jetzt diese Waschmaschine, gottseidank! Eine Waschmaschine macht die Hausarbeit wirklich weniger. "

"Ich weiß nicht, wie ich früher ohne sie auskam" ist die allgemeine Auffassung. Es gibt einen Unterschied zwischen vollautomatischen Waschmaschinen, die den gesamten Waschvorgang übernehmen, und kombinierten Maschinen, bei denen die heiße nasse Wäsche mit der Hand in eine Schleudertrommel gelegt werden muß. Die Hausfrauen, die diese Art von Maschinen haben, beklagen sich über den beträchtlichen Arbeitsaufwand der noch immer von ihnen verlangt wird und das Wasser auf dem Küchenboden, der hinterher aufgewischt werden muß. In ähnlicher Weise verändert auch der Waschsalon nicht die Schufterei des Waschens. Die Hausfrau muß erst einmal die Wäsche hinbringen, dann muß sie sie ausladen, sie sortieren, sich hinsetzen und zugucken wie sie wäscht und trocknet (oder in der Zwischenzeit schnell zum Einkaufen gehen) und dann wieder alles herausnehmen. Das alles mit einem Baby im Kinderwagen und einem zu beaufsichtigenden 2- oder 3jährigen Kind zu bewerkstelligen, ist wirklich ein Kunststück.
Gegen den Waschsalon muß auch gesagt werden, daß er nicht dem von den Medien verbreiteten Bild der perfekten Hausfrau entspricht. "Ich halte nichts vom Waschsalon", sagt eine Arbeiterhausfrau. "Da scheinen mir die Sachen nicht sauber zu werden wenn du nach Hause kommst, mußt du sie noch einmal kochen." Einesteils ist dies eine Klage über die schlechten Dienstleistungen, die diese Einrichtungen bieten. Doch es ist auch eine ideologische Aussage: Der Platz der Hausfrau ist nicht im Waschsalon, wo für sie gewaschen wird, sondern zu Hause, wo sie ihre Wäsche selbst wäscht und aufhängt. Die Moral von der kleinen Frau in ihrem trauten Heim wird heimlich untergraben, denn Waschsalons sind Treffpunkte, wo sich Hausfrauen begegnen und gemeinsam über ihre Arbeit diskutieren und wer weiß, was sonst noch?
Im Gegensatz zu all diesen Aufgaben ist die Rolle der Hausfrau als Verbraucherin mehr öffentlich. Sie verlangt die Abwesenheit von ihrem Arbeitsplatz - dem Haushalt. Größtenteils aus diesem Grund sind die Antworten auf diese Frage nach der Beliebtheit des Einkaufens überwiegend positiv. Viele Frauen schildern, aus dem Haus zu kommen oder Leute zu treffen als Vorteil des Einkaufens. Die Frau eines Tischlers und die eines Polizisten beschreiben ihre Empfindungen:

  • "Ich gehe gerne einkaufen, du siehst Leute, wenn du rausgehst - es ist eine Abwechslung von zu Hause. Icb glaube, ich mag es, weil ich dann draußen bin. Ich sehe mich in den Geschäften um und manchmal laufen mir Leute über den Weg, die ich kenne, es ist eben eine kleine Unterbrechung..."

So überrascht es nicht, daß die Frauen dazu neigen, täglich einzukaufen. Wie die Tabelle 3.4. zeigt, gehen die meisten Frauen 6-mal in der Woche einkaufen, nur 4 gehen 2 oder 3-mal in der Woche und keine Hausfrau erledigt ihre Einkäufe nur einmal wöchtentlich. Dabei spielt der Schichtunterschied keine wesentliche Rolle.

Tabelle 3.4. Häufigkeit des Einkaufens und soziale Schicht Soziale Schicht Häufigkeit des Einkaufens innerhalb einer Woche

Die häufigeren Einkaufsausflüge werden als Erleichterung der häuslichen Gefangenschaft empfunden.

  • "Ich mache meinen Großeinkauf am Dienstag, doch ich gehe für dies und das täglich. Ich mache diese Gänge nur, um mal aus dem Haus zu kommen. Wenn ich das nicht tate, wäre ich die ganze Zeit nur zu Hause." (Frau eines Polizisten)
  • "Ich gehe fast täglich einkaufen - obwohl das eigentlich nicht nötig wäre. Aber ich mache das so, weil ich das mit einem Spaziergang mit ihr (dem Kind) verbinden kann. Und es tut mir gut, aus dem Haus zu kommen." (Frau eines Journalisten)

Wie aus einer vorangegangenen Äußerung hervorgeht, liegt ein weiterer Vorteil darin, daß der Einkauf zu einem Schaufensterbummel ausgedehnt wird, oder überhaupt als solcher angesehen werden kann. Das ist eine bewußte Flucht aus dem Alltag. Ihr Grund besteht darin, die sorgfältige Einteilung des Geldes und die Pfennigfuchserei, die das Einkaufen mit sich bringt, zu umgehen.
Wenig Geld oder unerschwingliche Preise sind deshalb Gründe dafür, nicht gerne einzukaufen. Es wird eine klare Unterscheidung zwischen den beiden Arten des Einkaufens gemacht:

  • "Mir macht das Einkaufen am Samstag, wenn ich gerade Geld gekriegt habe, nichts aus, doch während der Woche mag ich es nicht. - Für gewöhnlich bin ich am Montag blank - deshalb beschränke ich den Einkauf auf das Notwendigste. Ich gehe wirklich nicht gerne, wenn ich immerfort denken muß, das würdest du gerne kaufen - dann gehe ich lieber gar nicht." (Frau eines Maschinisten)

Natürlich könnte begrenztes Haushaltsgeld auch als Herausforderung angesehen werden. Tatsächlich aber sehen nur zwei Frauen dies ohne Vorbehalte so; Dorothy Underwood, die Frau eines Kinoleiters und Mutter von drei Kindern unter vier Jahren, sowie Sandra Bishop, die Frau eines Malers und Dekorateurs, Mutter eines Kindes:

  • "Ich genieße es einzukaufen. Es ist eine Abwechslung von der Hausarbeit - aus dem Haus herauszukommen - und ein bißchen ist es auch wie eine Herausforderung, Geld einzuteilen und zu versuchen, immer das billigste von allem zu kriegen." (Dorothy Underwood)
  • "Ich mag es. Doch ich gehe nie nur zu einem Geschäft und ich kaufe nie etwas, ohne auf den Preis zu achten. Darin bin ich furchtbar. Manche Leute sagen, du bist verrückt, kaufe doch nur in einem Geschäft, doch ich kann das nicht. Normalerweise gehe ich mindestens in drei. Wie zum Beispiel beim Tee - wir haben jede Woche die gleiche Marke - doch wenn ich weiß, es gibt ihn woanders billiger, gehe ich in dieses Geschäft, nur wegen dieser einen Sache. Diese Woche habe ich ihn für 7 p gekriegt, normalerweise kostet er 9 p. Ich will das Beste haben, aber besonders billig." (Sandra Bishop)

Andere Klagen über das Einkaufen betreffen die praktischen Schwierigkeiten, Kinder mitzunehmen, was eine körperliche als auch seelische Belastung bedeutet. Da ist das Problem, die Kinder und den Einkauf gleichzeitig zu bewältigen. Die Aufmerksamkeit der Hausfrau ist beim Einkaufen abgelenkt, wenn sie zugleich ihr schreiendes Kind beruhigen muß, oder wenn sie weiß, ihr Baby ist im Sportwagen außer Sichtweite abgestellt. Sie wird folglich weniger umsichtig, dafür unzufriedener beim Einkauf sein. Schlange-Stehen oder lange Wartezeiten werden gescheut, sowie bestimmte Arten von Geschäften - in einigen Fällen der große Supermarkt, in anderen das kleine Geschäft an der Ecke. Je mehr das Einkaufen als Arbeit erscheint, desto unbeliebter wird es. Kleine, weniger wichtige Einkäufe werden als Flucht vor der sozialen Isolation und der Arbeit im Haushalt geschätzt. Doch die Hauptgänge für Lebensmittel werden ungerne erledigt. Alle, außer 2 dieser 40 Frauen, machen ihren Großeinkauf einmal in der Woche - d. h. Vorräte auffüllen wie zum Beispiel Zucker und Mehl etc.... Es ist allgemein üblich, diesen Einkauf mit dem Wochenendeinkauf zu verbinden. In der Ablehnung dieser Art von Einkäufen stimmen nahezu alle überein. Die psychische Beanspruchung, sich trotz kleiner Kinder auf den Einkauf zu konzentrieren, ist erheblich; ebenso die körperliche Anstrengung, alles nach Hause zu schaffen. Nur 5 von 40 Frauen stand für den Einkauf oder andere Unternehmungen regelmäßig oder zeitweilig ein Auto zur Verfügung.
Von den sechs Grundtätigkeiten der Hausarbeit ist Kochen, zumindest der Möglichkeit nach die angenehmste Aufgabe. Darin stimmen die befragten Frauen überein. Sie stellt eine Herausforderung dar, sie kann eine Art Kunst sein:

  • "Kochen ist nicht so langweilig wie Saubermachen. Ich genieße es: ich genieße es, neue Rezepte auszuprobieren." (Frau eines Kinoleiters)
  • "Ich habe es satt, immer die gleichen Gerichte zu kochen. Mir macht es Spaß, wenn ich experimentieren kann. Wir (sie selber und ihre Nachbarin) probieren neue Rezepte aus der Jimmy Young-Show aus und sehen, was dabei herauskommt." (Frau eines Lastwagenfahrers)

Ohne Zweifel ist dieses Bewußtsein, Kochen als Möglichkeit der Kreativität anzusehen, auch durch Werbung beeinflußt. Ebenso durch den Stellenwert, den Frauenzeitschriften und ähnliche Literatur dem Kochen beimessen. Die Vorführungen in den Massenmedien haben nicht den Zweck, wie man ein möglichst nahrhaftes Gericht in denkbar kürzester Zeit herstellt, sondern im Gegenteil, wie man über den herkömmlichen Rahmen hinaus mit zeitraubendem Erfindungsgeist und kulinarischem Pfiff eine Mahlzeit anrichtet. Bezweckt wird nicht simple Tüchtigkeit. Stattdessen beabsichtigt die besondere Hervorhebung diese Aufgabe aus dem Bereich Arbeit herauszunehmen und ihr die Bedeutung von kreativem Vergnügen zu geben. Die Art der Behandlung des Themas Kochen, wie sie sich in den Aussagen der Hausfrauen wiederspiegelt, ist eine besonders klare Darstellung, wie die gesellschaftliche Verleugnung des Arbeitscharakters der Hausarbeit funktioniert.
Sie sagen, kochen könne kreativ sein, doch ist es das wirklich? Die Frau eines Lastwagenfahrers:

  • "Ich koche gerne, wenn ich die Zeit dazu habe, es anständig zu machen. Doch auf die Art, wie ich es jetzt tue, mag ich es nicht. Früher liebte ich es, die Mahlzeiten erfindungsreich zusammenzustellen ... liebte ich wirklich. Doch jetzt ist das schnellste und nahrhafteste Gericht der Renner."

Beschränkungen von Zeit (und Geld) bremsen den Spaß am Kochen. Die Hausfrau ist nicht nur ein Küchenchef, sondern gleichzeitig Abwäscherin, Putzfrau, Kinderschwester und Erzieherin:

  • "Ich kann doch meine Hände nicht voll Zucker, Eier und Mehl haben, wenn er anfängt zu schreien und ich ihn hochnehmen muß, nicht wahr?" (Frau eines Lastwagenfahrers)
  • "Ich glaube, wenn man mich beim Kochen in Ruhe ließe, hätte ich auch Freude daran. Doch so wie es ist,... wenn ich Pasteten mache, ist gewöhnlich das ganze Haus voller Pastete, weil die Kinder natürlich immer etwas abhaben müssen und am Ende fragst du dich, ob sich der Aufwand lohnt." (Frau eines Lebensmitteltechnikers)

In der Wirklichkeit verlangen Männer ihre Mahlzeiten zu festgelegten Zeiten, kleine Kinder schreien, wenn sie gerade Hunger haben. Die Stunde, die dem Kochen gewidmet werden könnte, steht im Widerstreit mit der Zeit, in der der Fußboden gewischt oder die Bettwäsche gewechselt werden müßte. "Überlegen, was es zum Essen geben soll" ist eine endlose Pflicht, so kreativ sie auch immer sein mag. Durch die unterschwellige Wirkung des Ideals der kreativen Kochkunst wird Unzufriedenheit erzeugt. Es gibt Maßstäbe für Vollkommenheit, die der Hausfrau immer bewußt sind. Doch sie kann nicht hoffen, ihnen zu genügen, ohne andere Ansprüche zu vernachlässigen.
Im Endergebnis könnte man eine Liste bestimmter Merkmale von Hausarbeitsaufgaben aufstellen, des Zusammenhanges, in dem sie gemacht werden, oder der Herangehensweise der Hausfrau an sie. Diese Merkmale tauchen in den Antworten zu dem Teil des Interviews immer wieder auf, wo es darum geht, was die 6 Grundaufgaben der Hausarbeit beliebt oder unbeliebt macht.
Eigenschaften, die als Gründe für eine positive Haltung aufgeführt wurden, umfassen (in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit):

  1. Die Möglichkeit, bei der Arbeit mit anderen zu reden;
  2. In der richtigen Stimmung sein;
  3. genügend Zeit haben;
  4. Die richtige Arbeitsumgebung oder das richtige Arbeitswerkzeug haben;
  5. Genügend Haushaltsgeld haben;
  6. Anerkennung der geleisteten Arbeit bekommen.

Folgende Eigenschaften sind als Gründe für eine negative Haltung angeführt worden (wieder in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit):

  1. Monotonie und ständige Wiederholung;
  2. ungünstige Arbeitsumgebung und falsches Werkzeug;
  3. in schlechter Stimmung sein;
  4. Kinder kommen dazwischen;
  5. nicht genug Zeit haben;
  6. soziale Isolation
  7. wenn man über die Arbeit nachdenken muß.

Diese Punkte verstärken die Verallgemeinerungen, die am Anfang des Kapitels gemacht wurden; nämlich, daß Hausfrauen an die Hausarbeit als Arbeit herangehen, jeder bezahlten Tätigkeit vergleichbar. Ihre Aussagen über die besten und schlechtesten Aspekte des Hausfrauendaseins bezieheri sich überwiegend auf den Arbeitsaspekt dieser Rolle. Auf der Liste der positiven Eigenschaften wird die Freiheit von Beaufsichtigung an erster Stelle genannt, während die Arbeit selbst als der negativste Aspekt bezeichnet wird. Hausarbeit wird verteidigt, als wirkliche und harte Arbeit. Eine Verteidigung ist um so notwendiger, als der Hausarbeit herkömmlicherweise nur ein geringer Stellenwert zugestanden wird. Während das gängige Klischee der Hausarbeit den Anschein erzeugt, als bestünde sie aus einer einzigen Tätigkeit, sehen die Frauen in ihr viele verschiedenartige Aufgaben. Die Einstellung zu diesen Aufgaben scheint nicht in erster Linie von dem Temperament oder der persönlichen Lebensgeschichte abzuhängen. Es wird vielmehr deutlich, daß die Art der Umstände, unter denen die Arbeit geleistet wird, diese Haltung gegenüber der Hausarbeit beeinflußt.
Das so gezeichnete Bild steht im krassen Widerspruch zu der verbreiteten Ansicht, Hausfrauen seien eine Schicht der Müßiggängerinnen. Weder kann Hausfrauen vorgeworfen werden, daß sie "den ganzen Tag nichts tun", noch kann gerechterweise gesagt werden, ihre Arbeit sei, schöpferisch und das sei ja in sich befriedigend. Was diese andere Einschätzung der Hausfrau als unterdrückter Arbeiterin betrifft, müssen wir das Ausmaß der Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit der Hausfrau mit der Hausarbeit insgesamt näher ansehen. Der bislang vermittelte Eindruck, daß die interviewten Hausfrauen im Großen und Ganzen ihre Hausarbeit nicht genießen, wird im nächsten Kapitel auseinandergenommen und eingehender untersucht.