Der blinde Fleck ...III

Der nachträgliche »Coup« der Kastration

  • Ein Kapitalismus ohne Komplexe. — Der metaphorische Schleier des ewig Weiblichen. - Die Kehrseite der Geschichte. - Eine sklavische Unterwerfung? - Ein Über-Ich, das das weibliche Geschlecht verachtet.

Und siehe da, »nun. fällt uns im Verhältnis des Ödipuskomplexes zum Kastrationskomplex ein Unterschied zwischen den Geschlechtern auf, der wahrscheinlich folgenschwer ist«. Wie das? »Der Ödipuskomplex des Knaben, in dem er seine Mutter begehrt und seinen Vater als Rivalen beseitigen möchte, entwickelt sich natürlich aus der Phase seiner phallischen Sexualität. Die Kastrationsdrohung zwingt ihn aber, diese Einstellung [die phallische?] aufzugeben. Unter dem Eindruck der Gefahr, den Penis zu verlieren, wird der Ödipuskomplex verlassen, verdrängt, im normalsten Fall gründlich zerstört.« Den »normalsten Fall« indes wird es nicht geben. Der kleine Junge wird das Begehren nach seiner Mutter niemals aufgeben. Freud wird - wie wir schon bemerkt haben -nicht müde, darauf zu insistieren. Der Ödipuskomplex wird niemals zerstört. Der Mann wird dessen Szenographie allemal fortbestehen lassen, durch eine List, die man die der Vernunft nennen kann, die man aber auch in jedem metaphorischen Prozeß entdecken könnte. Auf diesem Umweg wird die Frau Komplizin und Stütze sein, ohne das Spiel, um das es geht, zu begreifen und ohne den Preis zu ermessen, den sie zahlt, damit das Begehren des Ödipus sich wiederholen kann.
Nun, beim Untergang des Ödipuskomplexes wird als »Erbe ein strenges Über-Ich eingesetzt«. Was hat es auf sich mit diesem »strengen« Über-Ich, das aus dem Scheintod des Begehrens nach der Mutter hervorgeht? Es ist, laut Freud, verantwortlich für die Idealbildungen, für das Gewissen, die Selbstprüfung. Besser als eine Mutter ist also die Ausarbeitung einer Idee von der Mutter, eines Mutterideals, die Transformation der realen »natürlichen« Mutter in ein Ideal der Mutterfunktion, ein Ideal, das ihnen niemand jemals wegnehmen kann.[88] Und das für jede Frau-Mutter stets ein Dazu ausmachen wird, eine Zusatzmatrix: die der Idee, des Ideals, der Theorie... Rationalisierungs- und auch Kompensierungsmöglichkeit für die Aporien, die in den Beziehungen mit allen Frauen-Müttern zum Vorschein kommen? Besser als der Gehorsam gegenüber einzelnen und daher partiellen, von bestimmten Individuen - den Vätern zum Beispiel — erteilten Befehlen ist die Bildung des »Gewissens«, das, indem es das Wesen und die Universalität der »Dinge« erfaßt, dem Mann das adäquate Verhalten in jeder Situation vorschreibt, Selbst-Vorschrift ist; transzendierende, im »Innern« verankerte Gesetze, die den Mann zum Richter und Kläger über den Gang seines Schicksals, ja das der »Welt« machen. Besser als der Blick des anderen, der durch die Differenz des Blickwinkels notwendigerweise bedrohlich ist, ist die Selbstprüfung, die Selbstbeobachtung, die wie ein Schutzschirm dem Subjekt seinen »eigenen« Blick zurückwirft.
So löst sich der - fiktive- Untergang des Ödipuskomplexes auf in die Möglichkeit der individuellen Verwertung der Ideale, (und dadurch auch) der Mütter oder der Frauen-Mütter, der Gesetze, der Blicke... Ödipus wird alle Mütter haben, die er will, er wird alle Gesetze für sich haben, das Recht des Blicks über alles... Viele, alle. Mütter, Gesetze, Blicke (Blickpunkte zumindest). Ödipus wird reich sein und ohne Komplexe. Er hat lediglich das Begehren nach einer Frau aufgegeben, nach dem Geschlecht einer Frau, und das hat er getan, weil es nichts wert ist. Sein von Idealen, moralischen Regeln, selbstreflexiven — selbstrepräsentativen -Blicken wucherndes »Über-Ich« hat es ihm für immer entzogen und hinter der Idee von der Frau, von der »Weiblichkeit« verborgen. Der metaphorische Schleier des ewig Weiblichen verhüllt dieses Geschlecht, das dem Blick kastriert erscheint. Ein »strenges Über-Ich« wird als sein Erbe eingesetzt. Weil er es nicht gewagt hat, sein Geschlecht, seinen Blick aufs Spiel zu setzen, kommt der Mann zu Ideen und Idealen, insbesondere zu sexuellen.

»Was beim Mädchen geschieht, ist beinahe das Gegenteil. Der Kastrationskomplex bereitet den Ödipuskomplex vor, anstatt ihn zu zerstören, durch den Einfluß des Penisneides wird das Mädchen aus der Mutterbindung vertrieben und läuft in die Ödipussituation wie in einen Hafen ein. Mit dem Wegfall der Kastrationsangst entfällt das Hauptmotiv, das den Knaben gedrängt hatte, den Ödipuskomplex zu überwinden. Das Mädchen verbleibt in ihm unbestimmt lange, baut ihn nur spät und dann unvollkommen ab.«

Warum interpretiert man die Entwicklung des kleinen Mädchensund insbesondere seine Beziehung zum Ödipuskomplex in Begriffen des »Gegenteils« - es fehlt wenig, »beinahe« - zu der des kleinen Jungen? Gegenteil, Kehrseite, Umkehrung der männlichen Ödipussituation. Ein Negativ? Namentlich ein photographisches?[89] Ein spiegelbildliches?[90] Bedient man sich des selben Blicks, des selben »Spiegels«, der selben Spekulation und Spiegelung und versucht so eine zu dem fraglichen Prozeß konträre Vorstellung zu entwickeln?
Gegenteil oder das, »was, ausgehend von derselben Art, die größte Differenz darstellt«. Gegenteil oder »kontradiktorisch« oder »umgekehrt« oder »entgegengesetzt«, »was den Gang der Dinge behindert« und daher »widrig«, »hinderlich«, »nachteilig« wäre... Wie es im Lexikon* (*Hier im Petit Robert. (Anm. d. Ü.)) steht.
Das entscheidende Moment der sexuellen Strukturierung tritt demnach beim Mädchen als »Gegenteil« seiner (sogenannten) männlichen Ökonomie auf. So will es Freud, der die sexuelle Differenz innerhalb des Bereichs des Selben denkt, »ausgehend von derselben Art«, und für den das seinem eigenen »entgegengesetzte« Geschlecht alle (Dis-)Qualifizierungen aufweist, die oben aufgezählt wurden.
Das heißt, »der Kastrationskomplex [beim Mädchen] bereitet den Ödipuskomplex vor, anstatt ihn zu zerstören«. Aber der weibliche Ödipuskomplex kann nicht als der »selbe« Komplex gedacht werden wie der des Jungen. Er setzt immer schon ein Aufgeben, ein Zurückweisen, »Haß« auf die primären Besetzungen, die primären »Tropismen« voraus, einen Bruch der Kontiguität des ursprünglichen Objekts, eine Verkehrung des Urbegehrens (nach dem Ursprung) - jedenfalls den Aussagen Freuds zufolge. Und diese Prozesse sind das Resultat des »Kastrationskomplexes«, der für das Mädchen nicht im gleichen Sinn ein »Komplex« ist wie für den Jungen, da es sich beim Mädchen darum handelt, einfach (wenn man das sagen kann) eine Tatsache oder ein »biologisches Schicksal« zu konstatieren: eine »vollzogene Kastration«. Diese »vollzogene Kastration«, für die Freud die »Natur« oder die »Anatomie« verantwortlich macht, könnte man ebensogut oder besser als für die Frau — zumindest innerhalb der gegebenen Geschichte - geltendes Verbot interpretieren, sich ihre Beziehung zum Anfang vorzustellen, (sich) ein Bild davon zu machen, sie (sich) zu repräsentieren, zu symbolisieren, etc. (Keiner dieser Begriffe ist adäquat, da sie alle einem Diskurs entstammen, der selbst zu dieser Unmöglichkeit, diesem Verbot gehört.) Man müßte sie als Unmöglichkeit, als das Verbot verstehen, eine Ökonomie des Urbegehrens (nach dem Ursprung) herzustellen. Daher die Spalte, das Loch, der Mangel, die »Kastrierung«, die den Zugang des Mädchens als Subjekt zu den repräsentativen Systemen eröffnen. Nur unter dieser Voraussetzung kann es auf den Schauplatz der »Präsenz« gelangen, auf dem weder seine Libido noch sein Geschlecht ein Recht auf irgendeine »Wahrheit« haben, es sei denn auf die, »weniger« zu sein, die »geringere«, die Kehroder Rückseite der sich dort perpetuierenden Repräsentation.
Im übrigen wird der Wunsch nach Repräsentation, der Wunsch, sich zu repräsentieren, sich auf diesem Schauplatz zu repräsentieren, der Frau von Anfang an genommen: durch die radikale Entwertung ihres »Anfangs«, die man ihr beibringt, zuschreibt und in die sie sich fügt: von einer kastrierten Mutter geboren, die nur ein kastriertes Kind hervorzubringen imstande war, obwohl sie (für sich) die Träger eines Penis vorzieht. Diesen beschämenden Anfang gilt es zu vergessen, zu »verdrängen«. Aber kann man schon von einer Verdrängung sprechen, wenn die Prozesse, die diese Verdrängung möglich machen, noch gar nicht eingesetzt haben und bei ihr aufgrund dieses »beschämenden Anfangs« vielleicht niemals einsetzen werden? Daß die Frau sexuell verdrängt wird, impliziert nicht, daß sie selbst die Agentin dieser Verdrängung ist.[91] In jedem Fall unterwirft sie sich einer Repräsentation des Ursprungs, der Geltung, die Wert hat. Das Mädchen schließt sich von einer primären Metaphorisierung seines weiblichen Begehrens aus oder wird davon ausgeschlossen, es fügt sich statt dessen in die phallische des kleinen Jungen ein. Und wenn es schon kein Junge ist, weil es sieht - sagt er, sagen sie —, daß es »ihn« nicht hat, dann will es einer werden, will ihn imitieren, ihn verführen, immer in dem Versuch, sich »ihn« anzueignen: »Durch den Einfluß des Penisneides wird das Mädchen aus der Mutterbindung vertrieben und läuft in die Ödipussituation wie in einen Hafen ein.« Ein am Ankerpfahl fest vertäutes Boot, ohne Chance, sich noch einmal aufs offene Meer zu wagen. »Mit dem Wegfall der Kastrationsangst entfällt das Hauptmotiv, das den Knaben gedrängt hatte, den Ödipuskomplex zu überwinden.« Das Mädchen hat in der Tat nichts mehr zu fürchten, da es ja nichts zu verlieren hat. Da es keinerlei Vorstellung hat von dem, was zu verlieren es fürchten könnte. Da das, was es eventuell verlieren könnte, keinerlei Wert hat. Es wird deshalb keine Furcht haben, sein kastriertes Geschlecht zu verlieren, sondern es wird Angst haben, die Liebe seines Besitzers zu verlieren: »Diese Veränderungen [im Vergleich zu denen, die der Untergang des Ödipuskomplexes nach sich zieht] scheinen [bei ihr] weit eher als beim Knaben Erfolg der Erziehung, der äußeren Einschüchterung zu sein, die mit dem Verlust des Geliebtwerdens droht.«[92] Und »die Bildung des Über-Ich muß unter diesen Verhältnissen leiden, es kann nicht die Stärke und die Unabhängigkeit erreichen, die ihm seine kulturelle Bedeutung verleihen«.
Liest man, was Freud sonst über die Bildung des Über-Ich schreibt, so kann man nur zu dem Schluß kommen, daß das Mädchen, die Frau auch unter diesem Aspekt sehr schlecht ausgestattet sind. Die »Entstehung des Ichideals« muß man als Resultat der »ersten und bedeutsamsten Identifizierung des Individuums, mit dem Vater der persönlichen Vorzeit«[93] verstehen. Sicher, dieser »Vater« kann, wie eine Anmerkung präzisiert,[94] eine »Mutter« sein, da dem Kind der Geschlechtsunterschied nicht bekannt ist. Und so wird für das kleine Mädchen - wie Freud vermerkt, nachdem es »Gelegenheit« hatte, die »Geschichte einer jungen Frau [...] zu erfahren« — die angeblich phallische Mutter das Vorbild dieser Strukturierung des Ichideals sein. Doch was wird daraus nach der Entdeckung der Kastrierung der Mutter, nach jener unvermeidlichen Etappe auf dem Wege zur »normalen Weiblichkeit«, aus der sich, wie man erfahren hat, Haß und Zurückweisung der Mutter ergeben? Auch des Ichideals? Bedeutet es einen Zusammenbruch dieser ersten Form des Über-Ichs?
Nun, »das Über-Ich ist [...] nicht einfach ein Residuum der ersten Objektwahlen des Es, sondern es hat auch die Bedeutung einer energischen Reaktionsbildung gegen dieselben. Seine Beziehung zum Ich erschöpft sich nicht in der Mahnung: So [wie der Vater] sollst du sein, sie umfaßt auch das Verbot: So [wie der Vater] darfst du nicht sein, das heißt nicht alles tun, was er hat; manches bleibt ihm vorbehalten. Dieses Doppelangesicht[95] des Ichideals leitet sich aus der Tatsache ab, daß das Ichideal zur Verdrängung des Ödipuskomplexes bemüht wurde, ja, diesem Umschwung erst seine Entstehung dankt. Die Verdrängung des Ödipuskomplexes ist offenbar keine leichte Aufgabe gewesen. [...] Es [das infantile Ich] lieh sich gewissermaßen die Kraft dazu vom Vater aus und diese Anleihe ist ein außerordentlich folgenschwerer Akt.[96] Das Uber-Ich wird den Charakter des Vaters bewahren.«[97] Man muß begreifen, daß das Ichideal nicht frei ist von Ambivalent, ja, daß gerade sie es ist, die »den Charakter des Vaters zu bewahren« sucht. Und sie ist es auch, aus der das Ichideal seine »Kraft« zieht.

Auch das sind Modalitäten der Entstehung des Über-Ich, die der Bildung der »Weiblichkeit« kaum adäquat sind. Obwohl diese Beschreibung »der einfacheren Darstellung wegen« sich nur mit der »Identifizierung mit dem Vater«[88] beschäftigt, so kann man sich ihre weibliche Version oder Transposition schlecht vorstellen. Und zudem ist »das Über-Ich ja durch eine Identifizierung mit dem Vatervorbild entstanden«.[99] Also gäbe es kein »weibliches« Über-Ich, es sei denn bei einer männlichen Einstellung, bei einem »starken Männlichkeitskomplex«? Mehr noch: »Jede solche Identifizierung hat den Charakter einer Desexualisierung oder selbst Sublimierung.«[100] Nun repräsentiert freilich der Penis des Vaters, sofern er Objekt des Sexualneides ist, das mögliche Heil für das kleine kastrierte Mädchen, das, wenn es sich von der Mutter ablöst, »in die Ödipussituation wie in einen Hafen einläuft«. Es kann daher seine Beziehung zum Vater, selbst die zum Vatervorbild, nicht einfach desexualisieren. Außerdem, wir wiederholen es, stünde dem Mädchen das nicht zu, würde ungern gesehen. Denn es würde sich wie ein Mann verhalten, wenn es sich mit dem Penisbesitzer identifizierte: »Wenn diese Vaterbindung später als verunglückt aufgegeben werden muß, kann sie einer Vateridentifizierung weichen, mit der das Mädchen zum Männlichkeitskomplex zurückkehrt und sich eventuell an ihn fixiert.«[101]
Doch nicht genug damit. »Es entsteht die eingehender Behandlung würdige Frage, ob [...] nicht alle Sublimierung durch die Vermittlung des Ichs vor sich geht, welches zunächst die sexuelle Objektlibido in narzißtische verwandelt.«[102] Nun könnte allerdings beim kleinen Jungen das Aufgeben des Ödipuskomplexes, seine Verdrängung, seine Sublimierung in Begriffen des narzißtischen Interesses interpretiert werden: »Wenn die Liebesbefriedigung auf dem Boden des Ödipuskomplexes den Penis kosten soll, so muß es zum Konflikt zwischen dem narzißtischen Interesse an diesem Körperteile und der libidinösen Besetzung der elterlichen Objekte kommen. In diesem Konflikt siegt normalerweise die erstere Macht; das Ich des Kindes wendet sich vom Ödipuskomplex ab.«[103] Fährt man in der Lektüre fort, so wird deutlich, daß sich daraus die ganze ödipale Problematik des Jungen erklärt: »Die Objektbesetzungen werden aufgegeben und durch Identifizierungen ersetzt. Die ins Ich introjizierte Vater- oder Elternautorität bildet dort den Kern des Über-Ichs, welches vom Vater die Strenge entlehnt, sein Inzestverbot perpetuiert und so das Ich gegen die Wiederkehr der libidinösen Objektbesetzung versichert. Die [...] libidinösen Strebungen werden zum Teil desexualisiert und sublimiert.« Etc. Kurz, das Verbot, das der Ödipuskomplex setzt, das Gesetz, das er ins Spiel bringt, das Über-Ich, das er einsetzt, haben, so scheint es, vor allem die Funktion, den Penis des kleinen Jungen, der durch die Entdeckung der Kastrierung der Frau, der Mutter in Gefahr geraten ist, in narzißtischer Weise zu schützen: »denn wenn das Weib kastriert ist, ist sein eigener Penisbesitz bedroht, und dagegen sträubt sich das Stück Narzißmus, mit dem die Natur [!] vorsorglich gerade dieses Organ ausgestattet hat.«[104] Man muß ihn also mit Gesetzen, mit Idealen panzern, muß ihn durch die Identifizierung mit dem allmächtigen Gesetzgeber-Vater stärken, muß ihn ausrüsten mit einem strengen Über-Ich, bevor er sich an oder in das Geschlecht der Frau wagt. Daher das Verbot, die Latenzzeit, die Kultur, die Moral, die Religion. Denn wenn der kleine Junge die Kastrierung der Frau entdeckt - Bedingung für die »Annahme der Kastrationsmöglichkeit«[105] —, dann wird er »eine ähnliche Panik [...] wie vielleicht der Erwachsene später erleben, wenn der Schrei ausgegeben wird, Thron und Altar sind in Gefahr, und sie wird zu ähnlich unlogischen Konsequenzen führen«.[106] Übergehen wir diese quasi freie Assoziation, und halten wir fest, daß es bei der ödipalen Problematik des kleinen Jungen vor allem darum geht, die durch die Entdeckung des weiblichen Geschlechts bedrohte narzißtische Besetzung des Penis zu schützen und zu verstärken. Im Hinblick auf diese Funktion wären die Gesetze, die Ideale, die guten Sitten aufs neue zu untersuchen

Einstweilen betonen wir, daß dies alles den libidinösen Interessen des kleinen Mädchens ganz äußerlich bleibt. Bei ihm hat der Kastrationskomplex nicht die Funktion, die narzißtische Besetzung ihres Geschlechts zu schützen, sondern es einem totalen Verlust des Narzißmus auszusetzen. Das heißt, der Kastrationskomplex bringt es dazu, die harte Realität einer sexuellen »Verstümmelung«, »einer Amputation« zu akzeptieren. Denn für das Mädchen, die Frau geht es darum, »ihre narzißtische Wunde« »gleichsam als Narbe« anzuerkennen.[107] Sie muß sich dieser »Benachteiligung«, die das anatomische Schicksal für sie vorgesehen hat, beugen, sie muß sich mit dem daraus entstehenden »Minderwertigkeitsgefühl« einrichten und soll dank der »mit dem Penisneid verknüpften narzißtischen Kränkung«[108] in den Ödipuskomplex »eintreten«. Ihr wird (würde) deshalb nur wenig narzißtische Libido zur Sublimierung übrigbleiben. Allerdings kann man aus all dem auch folgern, daß das Über-Ich des kleinen Mädchens vor allem durch »kindliche Hilflosigkeit und Abhängigkeit«[109] gegenüber dem Penisträger bestimmt sein wird. Und die daraus folgende Verarbeitung des Ödipuskomplexes wird dadurch eingeschränkt, daß das Mädchen keinerlei »narzißtisches Interesse« hat, sein Begehren nach dem Vater zu verdrängen, nach dem Vater, der der einzige ist, der eine Befriedigung und Stärkung des weiblichen Narzißmus bewirken kann, ganz nach seinem Wohlwollen und stets im Namen des Phallus, natürlich. Die einzige Möglichkeit, den oder ihren Wert als Tochter wiederzuerlangen, wäre, den Vater zu verführen und ihm einen Gunstbeweis oder gar das Eingeständnis irgendeines Interesses zu entlocken, trotz des »Abscheus« oder der »triumphierenden Geringschätzung«[110], die er vor dem »verstümmelten Geschöpf« empfindet, das in ihm die Kastrationsangst Wiederaufleben läßt.
Das Über-Ich oder Ichideal, das »Erbe des Ödipuskomplexes«, das »allen Ansprüchen genügt, die an das höhere Wesen im Menschen gestellt werden«[111], dem sich Religion, Moral und soziales Empfinden verdanken, »diese Hauptinhalte des Höheren im Menschen«[112], diese ganzen »sittlichen Erwerbungen«, in denen »das Geschlecht der Männer vorangegangen zu sein scheint«[113] — dieses Über-Ich und seine Abkömmlinge werden nur aufgrund einer »gekreuzten Vererbung«[114] auch Erbgut der Frauen sein. Man mußte die Phylogenese befragen, um das Paradox der Partizipation der Frauen an diesen höheren Werten der Menschheit zu erklären. Es ist die Genetik, die dieses Mal der Geschichte zu Hilfe kommen muß, um das Mysterium der Beziehung der Frauen zur »Kultur« aufzuhellen, um zu rechtfertigen, daß sie durch chromosomale Vererbung zuweilen an ihr teilhaben können, obwohl sie durch nichts darauf vorbereitet, dazu aufgefordert oder berechtigt sind. Das Über-Ich, das die edelsten Werte der Menschheit hervorbringt und garantiert, wäre also von Chromosomen abhängig, die einzig vom männlichen Geschlecht weitergegeben werden. Wie man sich denken, wie man beobachten und wahrnehmen kann, heißt das nicht, daß den Frauen ein Über-Ich fehlte. Nein. Aber es gründet sich auf kindliche Unterwerfung oder Revolte gegenüber dem Vater oder seinem Stellvertreter, eine Unterwerfung, die für sie die Funktion des niemals wirklich ins Psychische »introjizierbaren« Ichideals gewährleistet, Diese Lösung korrespondiert - zumindest im Abendland — der jahrhundertealten Überich-Okonomie der »normalen« Frau; die Frauen machen das Gesetz nicht, auch nicht für sich selbst; das entspricht nicht ihrer »Natur«.
Gleichwohl stellt man fest, daß sich bei einer großen Anzahl von Frauen zugespitzte, schmerzhafte, lähmende Konflikte abspielen, in denen sich die Frage nach der Rolle des Über-Ich aufdrängt. Sicher erhebt es sich in diesen Fällen nicht gegen »anstößige Regungen, die außerhalb des Ichs geblieben sind« und die ein »überlautes Schuldgefühl« bewirken, das »sich aber vor dem Ich nicht rechtfertigen kann. Das Ich des Kranken sträubt sich daher gegen die Zumutung, schuldig zu sein, und verlangt vom Arzt, in seiner Ablehnung dieser Schuldgefühle bestärkt zu werden«.[115] Hier revoltiert und wütet das autonome und »bewußte« Ich gegen anstößige Regungen, die ihm äußerlich sind, und gegen ein allzu anspruchvolles und grausames Über-Ich. Bei der Mehrzahl der Frauen verhält sich das nicht so. Sie sind nicht so sehr schuldig, schuldbewußt, als vielmehr »krank«. Verstümmelt, verwundet, gedemütigt, von einem Minderwertigkeitsgefühl überwältigt, zeigen sie keinen »Genesungswillen«.[116] Sie sind, kurz gesagt, definitiv kastriert. Ihr Schuldgefühl bleibt stumm; es ist lebendig sicherlich, aber sprachlos, nicht artikulierbar, nicht ausdrückbar, es sei denn in Somatisierungen. Sie lassen sich eine Bestrafung — die vollzogene Kastration - gefallen, ohne die begangene Schuld zu kennen und ohne selbst genau zu wissen, woran sie leiden, was sie erdulden. Als ob »das Objekt, dem der Zorn des Über-Ichs gilt, durch Identifizierung ins Ich aufgenommen worden ist«?[117] All das geschah und geschieht fraglos unbewußt: die Identifizierung mit der Mutter, mit der Frau, die sich als kastriert herausstellen. Rührt daher der Zorn? Aber wessen Zorn ist es? Der Zorn der kleinen Männer, die sie, so sagt man, anfangs waren? Oder der der großen Männer, die, als ihr Über-Ich fungierend, unerbittliche Richter über sie sind, über sie als Personen ohne (dem männlichen identisches?) Geschlecht? Jedenfalls »wagt das Ich keinen Einspruch, es bekennt sich schuldig und unterwirft sich den Strafen«.[118] Es hätte übrigens auch gar keine Worte, keine Begriffe, um sich zu verteidigen, denn »das Über-Ich hat das Bewußtsein an sich gerissen«.[119] Das »Ich« der Frauen - man hat das oft auf die eine oder andere Weise gesagt, häufig im Spott - ist weitgehend »unbewußt« und wird dem als (ihr) »Über-Ich« funktionierenden »Bewußtsein« der Väter, der Männer-Väter, unterworfen.
Eine merkwürdige Ökonomie, die noch nicht endgültig geklärt ist und die noch immer die Form der Hysterie annehmen kann, bei der sich, diesmal, »das hysterische Ich [...] der peinlichen Wahrnehmung, die ihm von Seiten der Kritik seines Über-Ichs droht, erwehrt«.[120] Und wenn »sonst das Ich die Verdrängung im Dienst und im Auftrag seines Über-Ichs vornimmt«, so erlebt man hier einen »Fall, wo es sich derselben Waffe gegen seinen gestrengen Herrn bedient«.[121] Es verdrängt das Schuldgefühl und das Überich selbst ins Unbewußte. Doch man kennt die Fragilität des hysterischen »Ichs«, seine Zerstückelung, die ständige Gefahr, zu explodieren, zu bersten, in der es sich befindet, und seine flüchtige und versteckte Beziehung zum »Bewußtsein«. Der oben beschriebene Fall kann niemals eine definitive und systematische Struktur hervorbringen; selbst wenn er sich wiederholt, handelt es sich um eine sporadisch auftretende Form. Es sind unsichere, prekäre Verdrängungen der Gesetzgeber-Väter, die das Monopol des »Bewußtseins« hüten und die mit ihren vernünftigen und normativen Diskursen in Ruhe und Gelassenheit die Konflikte beschwichtigen werden, deren wesentliche Verursacher sie insgeheim selber sind.
Warum ist das Über-Ich der Hysterikerin, der Frau so »kritisch«, so grausam? Man könnte viele Gründe anführen: den archaischen Charakter; das den Frauen auferlegte Aggressivitätsverbot, aus dem der tödliche Sadismus ihres Über-Ich sich speisen kann; das Verhältnis der Frauen zum »Spiegel«, zum Narzißmus[122] und zur Sprache, zum Diskurs, zu den Gesetzen etc. Greifen wir einen der Gründe heraus, der sich mit anderen deckt. Das, was sich bei der Frau als Über-Ich geltend macht, liebt die Frauen vielleicht nicht, vor allem nicht das Geschlecht der Frauen. Es ist möglicherweise selbst durch Angst, Abscheu, durch Verachtung ihrer Kastration entstanden. Das Ganze ist eine Geschichte, die neu zu interpretieren ist. Man wird sich deshalb Zeit nehmen müssen, um dieses ganze Problem des Über-Ich neu zu entwickeln. Jedesmal, wenn Freud — oder andere nach ihm — in seiner Argumentation auf kompakte Fakten der Anatomie, auf die Biologie, die Genetik rekurriert, verbirgt sich dahinter eine historisch bedeutsame Zielsetzung. Ist sie verdrängt? Oder zensiert?[123]

zu Anm. 123:»
Sie haben auf diese Weise die Ödipale Dreiecksbeziehung nach einem Strukturierungsmodus funktionieren sehen, der noch der dialektischen Trinität angehört. Das Eins des Vaters (garantiert durch den Bestandteil der männlichen Keimzelle), das Eins der Mutter (garantiert durch den Bestandteil der weiblichen Keimzelle), das Eins des Kindes (Produkt der Kopulation). Das letztere wird vorzugsweise ein Sohn sein (das Eins des Penis), und die ganze Strukturierung wird überhaupt nur in bezug auf ihn veranstaltet und analysiert. Aber das Eins des Sohnes kann sich dank der »Bisexualität« verdoppeln. Die ödipale Dreiecksbeziehung ermöglicht also — ebenso wie zum Beispiel die Hegesche Dialektik - die Inszenierung von vier Begriffen: durch die Verdoppelung des dritten und durch seine ambivalenten identifikatorischen Beziehungen zu den beiden anderen (vgl. zum Beispiel: Das Ich und das Es, a.a.O., S. 261-262). Aber wenn diese Verdoppelung bereits einen Prozeß der einfachen Negation impliziert, dann wird eines dieser Momente das Objekt einer Negation dieser einfachen Negation sein, also das Objekt einer absoluten Negation: das »Weibliche« (in der Frau, also auch in der Mutter, insofern als auch sie kastriert ist; in dem kleinen Jungen, im Mann). Ausgeschlossen - verworfen — durch diese absolute Negation wird jenes »Vierte« von nun an — als jungfräulicher Spiegel jeder positiven (Selbst-)Reflexion - die Proliferation der Phantasien desjenigen garantieren, der in und durch diese Operation (männliches) »Subjekt« wird. Sicherlich gespalten, gebrochen, wieder gebrochen durch die absolute Negation dieses Vierten, das es auch einmal war. Aber »sie« wird sich von nun an nicht mehr wiederfinden; sie wird nur noch in der Frage erscheinen, die an die Struktur dieser Spaltung oder Brechung des »Subjekts« gerichtet wird, die ihrerseits dem Subjekt einen Zugang zum »Symbolischen« gewährleistet. Das drückt sich in dem folgenden Hegelschen Text aus: »Diese Negativität ist als der sich aufhebende Widerspruch die Herstellung der ersten Unmittelbarkeit, der einfachen Allgemeinheit; denn unmittelbar ist das Andere des Anderen, das Negative des Negativen das Positive, Identische, Allgemeine. Dies %weite Unmittelbare ist im ganzen Verlaufe, wenn man überhaupt fahlen will, das Dritte zum ersten Unmittelbaren und zum Vermittelten. Es ist aber auch das Dritte zum ersten oder formellen Negativen und zur absoluten Negativität oder dem zweiten Negativen; insofern nun jenes erste Negative schon der zweite Terminus ist, so kann das als Drittes gezählte auch als Viertes gezählt und statt der Triplizität die abstrakte Form als eine Quadruplizität genommen werden; das Negative oder der Unterschied ist auf diese Weise als eine Zweiheit gezählt. - Das Dritte oder das Vierte ist überhaupt die Einheit des ersten und zweiten Moments, des Unmittelbaren und des Vermittelten. - Daß es diese Einheit sowie daß die ganze Form der Methode eine Triplizität ist, ist zwar ganz nur die oberflächliche, äußerliche Seite der Weise des Erkennens.« (Wissenschaft der Logik, II, Ffm. 1969, Werkausgabe, S. 564)

Ein unvermeidlicher »Passivitätsschub«

  • Eine Neuverteilung der Partialtriebe, insbesondere der anal-sadistischen Triebe. - Es gibt nur eine Libido«. - Die Idealisierung. - Das Organ der (Re-)Produktion. - Bestätigung der Frigidität.

»Um nun zurückzugreifen: Als die zweite der möglichen Reaktionen nach der Entdeckung der weiblichen Kastration haben wir die Entwicklung eines starken Männlichkeitskomplexes erwähnt.«
»Damit ist gemeint, daß das Mädchen sich gleichsam weigert, die unliebsame Tatsache anzuerkennen, in trotziger Auflehnung seine bisherige Männlichkeit noch übertreibt, an seiner klitoridischen Betätigung festhält und seine Zuflucht zu einer Identifizierung mit der phallischen Mutter oder dem Vater nimmt.«

Eine Auflistung von Reaktionsmöglichkeiten, die kaum kompatibel scheinen. Wenn es wirklich eine Tatsache, wenn es die Realität ist, die das kleine Mädchen sich weigert anzuerkennen, so wäre die Sanktion, die darauf folgt, der Beginn eines »Wahns«,  was die übrigen angeführten Symptome keineswegs implizieren. Oder: Wie soll man sich eine in trotziger Auflehnung übertriebene Männlichkeit bei gleichzeitiger Identifizierung mit der phallischen Mutter erklären? Das phallische Konkurrieren spielt sich zwischen der Mutter und dem Mann ab und, wenn auch auf andere Weise, zwischen der Mutter und dem Vater. Das aber gestattet keine Vermengung der Modalitäten des Zugangs zu diesen Repräsentanzen, diesen Signifikanten der Macht, ebensowenig eine Nichtdifferenzierung der Identifizierungen, um die es geht. Außerdem: Ist das Festhalten an der klitoridischen Betätigung leichterdings mit der Identifizierung mit der phallischen Mutter vereinbar? Hat sie nicht schon die Ablösung vom Mütterlichen zum Ziel?
Die folgenden Bemerkungen scheinen noch dunkler und auf merkwürdige Weise miteinander verknüpft: »Was kann für diesen Ausgang entscheidend sein? Wir können uns nichts anderes vorstellen als einen konstitutionellen Faktor, ein größeres Ausmaß von Aktivität, wie es sonst für das Männchen charakteristisch ist.« Weshalb spricht er von einem Ausweg? Warum muß irgend etwas darüber entscheiden? Wie soll man den erneuten Hinweis auf den konstitutionellen Faktor verstehen, der in der Tat eine Art Deus ex machina zu sein scheint, um das der Frau, den Frauen auferlegte Schicksal zu rechtfertigen und zu regeln? Und soll etwa das größere Ausmaß von Aktivität, wie es sonst für das Männchen charakteristisch ist, über den Ausgang entscheiden? Sollte man nicht besser den Text (und sich selbst) noch einmal befragen, um den Vorrang aufzuspüren, der der Polarität aktiv/passiv in der Freudschen Vorstellung von der Sexualökonomie beigemessen wird? Der folgende Satz lädt förmlich dazu ein: »Das Wesentliche des Vorgangs ist doch, daß an dieser Stelle der Entwicklung der Passivitätsschub vermieden wird, der die Wendung zur Weiblichkeit eröffnet.« Um diese Behauptung zu verstehen, empfiehlt es sich, sie in den Zusammenhang oder als Schlußfolgerung an das Ende einer Reihe von Aussagen zu stellen, in der sich ihre Implikationen entfalten. Zum Teil ist das schon geschehen. Man könnte jedoch noch deutlichere Passagen zitieren. Zum Beispiel: »Es ist nicht unwichtig, sich vorzuhalten, welche Wandlungen die uns geläufige geschlechtliche Polarität während der kindlichen Sexualentwicklung durchmacht. Ein erster Gegensatz wird mit der Objektwahl, die ja Subjekt und Objekt voraussetzt, eingeführt. Auf der Stufe der prägenitalen sadistisch-analen Organisation ist von männlich und weiblich noch nicht zu reden, der Gegensatz von aktiv und passiv ist der herrschende. Auf der nun folgenden Stufe der infantilen Genitalorganisation gibt es zwar ein männlich, aber kein weiblich; der Gegensatz lautet hier: männliches Genitale oder kastriert. Erst mit der Vollendung der Entwicklung zur Zeit der Pubertät fällt die sexuelle Polarität mit männlich und weiblich zusammen.«[124]
Es wäre also der Gegensatz aktiv/passiv, der die prägenitale sadistisch-anale Organisation beherrscht, in der indes von männlich oder weiblich noch keine Rede ist. Man mag sich fragen, warum dieser Gegensatz so beharrlich bestehen bleibt, daß er die Polarität männlich/weiblich bestimmen und ihr sogar schließlich ihre »psychologische Bedeutung« geben wird: »Der Gegensatz Aktiv-Passiv verschmilzt späterhin mit dem von Männlich-Weiblich, der, ehe dies geschehen ist, keine psychologische Bedeutung hat.«[125] Wie ist es möglich, daß, obwohl junge und Mädchen in der anal-sadistischen Phase gleich sind, die Polarität, die die Triebökonomie dieser Entwicklungsphase auszeichnet, sich anschließend dichotomisch aufteilt und die Begriffe aktiv/passiv Mann und Frau zugeordnet werden? Ebenso wie die Polaritäten der oralen und phallischen Phase, wie die Begriffe Subjekt/Objekt, wie die Begriffe phallisches Geschlecht/kastriertes Geschlecht oder Geschlecht/nicht Geschlecht; ebenso wie all die anderen Bestandteile der Triebökonomie, sehen/gesehen werden, wissen/gewußt werden, lieben/geliebt werden, das Objekt vergewaltigen/ (gern?) vergewaltigtes Objekt sein, Lust/Unlust? Von was für einer Szenographie der Paarung, des Paares ist hier die Rede?

Der Passivitätsschub soll also mit einer Neuverteilung der analen Triebregungen - und aller (sogenannten) Partialtriebe? - zusammenfallen, mit der Übertragung der Aktivität auf den Mann und der Passivität auf die Frau. Mit dem Verschwinden oder dem Verbot sowohl der besitzergreifenden als auch der narzißtischen und der aggressiven Triebregungen der Frau? Eine ganze Anzahl von Aussagen, von denen einige bereits zitiert wurden, scheinen diese Hypothese zu stützen. Aber während immer wieder auf die »weibliche Konstitution« hingewiesen wird, um das Triebschicksal der Frau zu erklären, findet man keinerlei Rechtfertigung dafür, daß das Mädchen in der prägenitalen Phase natürlich bestimmte Triebregungen hatte und daß es diese danach natürlich nicht mehr hat. Man erfährt lediglich: »Die geringe Stärke des sadistischen Beitrages zum Sexualtrieb, die man wohl mit der Verkümmerung des Penis [?] zusammenbringen darf, erleichtert die Verwandlung der direkt sexuellen Strebungen in zielgehemmte zärtliche.«[126] Strebungen mit passiven Zielen? Doch woher kommt die Verminderung des Sadismus, wenn der Penis bei der Frau schon immer »verkümmert« war? Konnte ein einfacher Blick ihre »Konstitution« verändern? Vielleicht handelt es sich eher um eine Verdrängung? Aber angeordnet von welcher Instanz? Und warum dann diesen Vorgang »Passivitätsschub« nennen, den man, wieder einmal, auf einen anatomisch-physiologischen Prozeß zurückführt? Und ist, falls nicht das geheime Einverständnis der herrschenden Interessen eine bestimmte Verblendung bedingt, die Behauptung aufrechtzuerhalten, daß »das Männliche [...]  das Subjekt, die Aktivität und den Besitz des Penis zusammenfaßt« und »das Weibliche [...] das Objekt und die Passivität fortsetzt« und, so könnte man fortfahren, den Nichtbesitz oder die Untauglichkeit des Geschlechts? In der Tat, »die Vagina wird nun als Herberge des Penis
geschätzt, sie tritt das Erbe des Mutterleibes an«.[127] Es ließe sich allerdings in dieser Passage auch der Rekurs auf die grundlegenden Konzeptionen der klassischen Philosophie erkennen. Sie sind es, die Freud veranlassen zu sagen, dieser Sachverhalt sei so alt, daß er seine Legitimität, seine Notwendigkeit und seine Rationalität in der Phylogenese finde...

Die Weiblichkeit setzt also einen »Passivitätsschub« und »die Umwandlung der direkt sexuellen Strebungen in zielgehemmte zärtliche« voraus. Die Ausrichtung der Triebe auf »passive Ziele«? Lesen wir noch einmal: »Wir haben die Triebkraft des Sexuallebens Libido genannt. Das Sexualleben wird von der Polarität Männlich-Weiblich beherrscht; also liegt es nahe, das Verhältnis der Libido zu diesem Gegensatz ins Auge zu fassen. Es wäre nicht überraschend, wenn sich herausstellte, daß jeder Sexualität ihre besondere Libido zugeordnet wäre, so daß eine Art von Libido die Ziele des männlichen, eine andere die des weiblichen Sexuallebens verfolgen würde. Aber nichts dergleichen ist der Fall. E,s gibt nur eine Libido, die in den Dienst der männlichen wie der weiblichen Sexualfunktion gestellt wird. Wir können ihr selbst kein Geschlecht geben; wenn wir sie nach der konventionellen [jedoch von Freud benutzten] Gleichstellung von Aktivität und Männlichkeit selbst männlich heißen wollen, dürfen wir nicht vergessen, daß sie auch Strebungen mit passiven Zielen vertritt. Immerhin, die Zusammenstellung weibliche Libido läßt jede Rechtfertigung vermissen.«
Es gibt nur eine Libido. Der Begriff Libido - ungerechtfertigterweise mit dem »Genitalen« verbunden - käme also den Sexualtrieben der prägenitalen Phasen zu, noch spezifischer (jedenfalls in der Freudschen Theorie) den Trieben der anal-sadistischen Stufe, die ganz besonders heftig, unwiderstehlich, gebieterisch, tyrannisch sind (und immer sein werden?). Es gibt nur eine Libido, und man kann sie unter Umständen als »neutral« bezeichnen:[128] Sie ist weder männlich noch weiblich. Weder die analen Triebe noch die »Partialtriebe überhaupt kennen, wie Freud schreibt, einen Geschlechtsunterschied. Die Analerotik aber - um nur das wieder aufzugreifen, worauf er hartnäckig insistiert - ist besitzergreifend, narzißtisch, stets in offensiver oder defensiver Reaktion gegen die Ansprüche der anderen; sie ist aggressiv gegenüber dem »Objekt«, dem sie systematisch Gewalt antut, soweit sie es nicht braucht, soweit sie sich nicht stärker gerade auf den Besitz, die Beherrschung des »Objekts« stützt; sie ist tödlich in dem Maße, wie ihre eigene Erhaltung, die Fortdauer ihrer eigenen Lust es erlauben.[129] Sie führt ständig Krieg, um zu haben, mehr zu haben, also anderen wegzunehmen, um zu akkumulieren, zu verwerten, ohne dabei etwas zu verlieren.
Wie kann man in dieser pausenlosen, aufreibenden, rastlosen »Aktivität«, in diesem erbarmungslosen Kampf um Aneignung, Besitz, um die Förderung und Verteidigung des »Eigenen« ein Minimum an Ruhe, an Sicherheit bewahren, wie die Selbsterhaltung garantieren? Nun, all das wird gewährleistet durch die Stellung, die den Frauen in diesem Krieg zugewiesen ist, auf der Triebebene. »Es ist dann unser Eindruck, daß der Libido mehr Zwang angetan wurde, wenn sie in den Dienst der weiblichen Funktion gepreßt ist und daß - um teleologisch zu reden - die Natur [wieder sie ...] ihren [?] Ansprüchen weniger sorgfältig Rechnung trägt als im Falle der Männlichkeit.« Die Frauen sind möglicherweise zwar die Triebfeder, die Beute, das »Objekt« des Krieges — nicht einfach so, da der Haupteinsatz der Wert des Penis ist, dessen Fetisch und Garantie die Frau jedoch werden kann —, aber sie übernehmen keine aktive Rolle in ihm. Sie sind immer schon unterworfen, »zielgehemmt« in ihren »direkt sexuellen Strebungen«, die in »zärtliche« umgewandelt sind: Hafen der Ruhe, der Sicherheit; Repräsentanzen und Repräsentanten der totalen Herabsetzung der Trieberregungen und  -Spannungen,  also  auch der Rück-Versichung des »Todes«. Sanft, ruhig, schmerzlos. Seliges Vergehen im Mutterschoß. Zuflucht, Entspannung, Erholung des Kriegers. Das ist ihre Funktion in diesem Krieg, die in Formulierungen verkündet wird, in denen bisweilen ein Ton der Beschwörung aufklingt. Jedenfalls werden sie dabei in ihrer primären Libidoökonomie unterdrückt, gehemmt, verdrängt (?). Die Realisierung ihrer prägenitalen Triebe - von denen man übrigens erfährt, daß »ihre Reichlichkeit und Heftigkeit nichts zu wünschen übrig lassen« - wird behindert, abgelenkt, in ihr Gegenteil verkehrt, damit sie in harmonischer Ergänzung die Triebe des Mannes befriedigen.

In diesem Krieg ist noch für etwas anderes Vorsorge getroffen: für den Fortbestand der Beute, des Schatzes. Wenn das, was man sich aneignen, was man bewahren, akkumulieren will, vergänglich ist; wenn man es wegnehmen kann; wenn man, mit einem Blick zum Beispiel, den Wert davon verändern kann, dann werden die Arbeit, der Krieg gnadenlos, endlos. An die Stelle der Faeces, dieser bereits zersetzten Materie, die sich auch weiterhin zersetzt, die von einem anderen Blick bewertet und euch dann weggenommen wird, an die Stelle dieser Faeces wird das Bild gesetzt, die Produktion und Reproduktion im Spiegel und auch in der Spekulation. Das Fortbestehen und die Meisterung der Analerotik sind durch das Auge gewährleistet. Der Spiegel wird das Produkt idealisieren, das er in das Blickfeld und in eine Ökonomie der Re-Produktion eintreten läßt. In einem Prozeß, der den (täglichen) Wiederholungszwang aufnimmt und »ablöst«? Das idealisierte »Objekt« wird die -verselbständigte - Kotstange, der Penis oder der ganze Körper sein, »Bilder« übrigens für alle fetischistischen Repräsentationen, auch für die Weiblichkeit.
Der Besitz ist gesichert, kontrolliert, verewigt und zugleich immer schon re-produziert und daher reproduzierbar. Die Autoerotik ist autonomer, mächtiger geworden. Und unsichtbar, da sie dem Auge anvertraut ist, da sie den Blick besetzt hat. Gewiß, man braucht einen Spiegel. Aber er kann »verinnerlicht«, introjiziert werden. Die Vorstellung kann auf die unmittelbare Intervention des Spiegels verzichten und selbst die sinnliche Wahrnehmung ersetzen. Narziß kann sogar die Spiegelgläser verschwinden lassen... Doch andere Männer, andere Penisse, andere Diskurse können ebenfalls zu Spiegeln werden. Die Gefahr des Krieges besteht offensichtlich fort... Kann vielleicht die Frau den erforderlichen Part übernehmen? Ja, die Frau. Ohne Geschlecht, ohne Blick, ohne Begehren, sich etwas anzueignen. Die Frau tritt als Verdoppelung in das Spiel des männlichen Begehrens ein. Wir haben bereits gesagt, daß ihr diese Rolle übertragen worden ist. Man wird darauf noch zurückkommen müssen.

Die Autoerotik, besonders die anale, hat also sublimere, sublimiertere »Verschiebungen«, Einsätze und Ziele gefunden:  im Dienst der »Hauptinhalte des Höheren im Menschen«, seiner Ideale. Nun muß noch die Erhaltung des Samens garantiert werden - und sein Verhältnis zur Autoerotik, zur männlichen. Das ist. offensichtlich komplizierter, insbesondere deshalb, weil es unmöglich ist, ihn allein zu reproduzieren. Der Konflikt mit der Frau, den Frauen droht aufzubrechen. Man begreift, daß es dieser Umstand ist, der den Kampf mit ihr (mit ihnen) um das Haben, die Kontrolle der Macht, der Gewalt nahezu unvermeidlich macht. Eine ganze Strategie muß entworfen werden, damit ihre Triebe »zielgehemmt« bleiben, damit sie für die Reproduktion arbeiten, ohne Genuß und ohne Besitzanspruch auf das Produkt. Erinnern wir uns daran, daß das Kind der Penisersatz wird, von der Frau allein aus diesem Grund gewünscht; daß der Frau das Verlangen nach einem Kind vom selben Geschlecht wie der Vater, nach seinem Ebenbild zugeschrieben wird; daß der Mann das Monopol der Aktivität im Koitus behalten wird; daß er das Produkt der Kopulation mit seinem Eigennamen markieren wird; daß die Mutter die Pflege des Säuglings besorgen, seine Grundbedürfnisse befriedigen muß, daß das Kind aber durch den Vater, durch Identifizierung mit dem Vater, in die bedeutsamen, wirklich anerkannten Werte eingeführt wird; daß der Mann-Vater zum Garanten der Repräsentationssysteme, der Ideale, der socialen Interessen, der Ausführung der Gesetze wird, etc. Und daß die Frau zwar die unerläßliche Bedingung für die materielle (Re-)Produktion des Kindes bleibt, daß sie aber auch darin, soweit es sich machen läßt, den Plänen des Mannes untergeordnet sein wird. Im übrigen ist diese »Teleologie« durch die »Natur« vorgeschrieben. Und diese Libidounterdrückung bei der Frau mag ihren »Grund darin haben, daß die Durchsetzung des biologischen Ziels der Aggression dem Manne anvertraut und von der Zustimmung des  Weibes einigermaßen unabhängig gemacht worden ist«.  Die  »Sexualfunktion« oder Reproduktionsfunktion, die alle Triebe in der Genitalität zusammenfaßt, wird also von der Aggression des Spermatozoon gegenüber der Eizelle, der Aggression des Mannes gegenüber der Frau beherrscht - ein biologischer Imperativ, der ohne ihr Einverständnis auskommt.[130]

Über den Penis erfährt man jetzt - am Ende der Sexualentwicklung -, daß er »seine außerordentlich hohe narzißtische Besetzung seiner organischen Bedeutung für die Fortsetzung der Art verdankt«, ja man kann »die Katastrophe des Ödipuskomplexes - die Abwendung vom Inzest, die Einsetzung von Gewissen und Moral als einen Sieg der Generation über das Individuum auffassen«.[131] Eine in vielen Hinsichten fragwürdige These. Denn der Penis als solcher hat keine große »organische Bedeutung für die Fortsetzung der Art«, er ist lediglich ein Samenleiter, auf den man notfalls verzichten kann. Und »seine außerordentlich hohe narzißtische Besetzung« dieser Funktion zuzuschreiben, erscheint symptomatisch für die Art und Weise, wie sich Freud, der doch in anatomisch-physiologischen Angelegenheiten keineswegs unwissend war, in seiner Theorie auf das Organische beruft. Warum erkennt er nicht an, daß sich jedes Geschlecht in einer doppelten Ökonomie, einer doppelten Dialektik - befindet, in der des Genusses und in der der Reproduktion.[132] Er hätte den Schlüssel dazu in der Dualität der Sexualorgane, sowohl der männlichen wie auch der weiblichen, finden können. Was für ein Gewirr der Sexualfunktionen führt er hier vor? Und wozu dient es ihm, sich blindzustellen bei den Organen? Will er die Herrschaft des Phallus durch einen ordnungsgemäß auf die Biologie gestützten Taschenspielertrick sichern? In der Tat sind am Ende der sexuellen Entwicklung die phallischen Triebe - wie alle sogenannten Partialtriebe - der »Sexualfunktion« oder Reproduktionsfunktion untergeordnet, einer Funktion, die Freud
nachdem er ihm »die organische Bedeutung für die Fortsetzung der Art« zugewiesen hat - noch rasch dem Penis unterstellt. Ein wirklich merkwürdiger Syllogismus, der dem Mann die Macht wiedergibt, die er beinahe eingebüßt hätte. Oder einfach nur geteilt hätte? Eine merkwürdige Umkehrung oder Übertragung des Werts, die, obwohl sie das »Phallische« im Namen des Vorrangs der Reproduktion in Frage stellt, dem Phallus den Primat aufgrund seiner privilegierten Rolle in der Reproduktion zurückgibt. Wobei »seine außerordentlich hohe narzißtische Besetzung« damit gerechtfertigt wird, daß er den »Sieg der Generation über das Individuum«[133] verbürgen soll.
»Beim Mädchen entfällt das Motiv für die Zertrümmerung des Ödipuskomplexes.«[134] Dennoch ist es nicht gerade üblich, daß das Mädchen mit seinem Vater tatsächlich ein Kind macht und aus diesem Grund eine Besetzung der Gebärmutter oder der Vagina der Liebe zu ihrem Vater vorziehen könnte. Diese Möglichkeit kann offensichtlich übersehen, verkannt, geleugnet werden. Auch die »organische Bedeutung« der Ovarien, des Uterus »für die Fortsetzung der Art«, die diesen vielleicht eine »außerordentlich hohe narzißtische Besetzung« geben würde?
Was dagegen nicht übersehen wird - weil man hier den Bereich der therapeutischen Beobachtung betritt, das, was wissenschaftliche Objektivität sein möchte? - ist »die sexuelle Frigidität des Weibes, deren Häufigkeit diese [natürliche, biologische] Zurücksetzung zu bestätigen scheint« und die »ein erst ungenügend verstandenes Phänomen« ist. Wirklich zu bestätigen scheint? Ist sie nicht vielmehr ein Symptom dafür, daß die Lust der Frau und die Vorstellung, die man sich davon machen kann, die sie davon haben kann (muß es noch einmal gesagt werden?), so unterdrückt, so verleugnet, verkannt sind, daß sie nur »frigide« sein kann? Man mußte sich hier wohl fragen, was der Begriff »frigide« im männlichen Diskurs bezeichnet und weshalb ihn die Frauen immer nur mit Schuldgefühlen übernehmen, deren Grund sie meist schwer erkennen. Und ebenso müßte man die Beziehung dieser »Frigidität« zu der Aggressivität, die dem Mann in der »Sexualfunktion« zugestanden wird, überprüfen, einer Aggressivität, die »von der Zustimmung des Weibes einigermaßen unabhängig gemacht worden ist«. Kann es sein, daß die weibliche Sexualität nicht auf ihre Kosten kommt bei dieser Gewalttat, dieser Vergewaltigung, die die »Biologie« vom Mann verlangt, um die Reproduktion zu gewährleisten?
Die Frigidität ist »manchmal psychogen und dann der Beeinflussung zugänglich« - wenn die gesellschaftliche Form der Unterdrückung so ist, daß diese sexuelle Unempfindlichkeit sich, im gunstigsten Fall, in eine ebenfalls symptomatische Überempfindlichkeit umwandelt oder in einen genauso suspekten Fetischismus des Orgasmus. Und auch diese Resultate wären den privilegierten Frauen vorbehalten, die »psychologisch behandelt« worden sind. Die anderen - und im Grunde auch jene - bleiben in einer masochistischen Ökonomie befangen, von der bestimmte Psychoanalytiker und Psychoanalytikerinnen geradeheraus behaupten, daß sie die Bedingung der weiblichen Lust sei. Sie bestätigen auf diese Weise den Status quo, legen ihn durch diesmal psychische - Gesetze fest und schreiben ihn fort als denjenigen, der »Normalität« und »Gesundheit« verbürgt. Sie begünstigen in Wirklichkeit den unbefriedigten Zustand ihrer »Patienten«, versuchen deren Ängste oder deren Auflehnung gegen den unbefriedigenden Verlauf ihres Schicksals zu beschwichtigen, indem sie ihnen suggerieren, Befriedigung sei, sich damit zufriedenzugeben; sie seien »krank vor Unzufriedenheit«, und wenn sie nur ein wenig von dieser pathologischen Unzufriedenheit aufgäben, würden sie diese Belastung loswerden. Etc. »In anderen Fällen« legt die Frigidität »die Annahme einer konstitutionellen Bedingtheit, selbst den Beitrag eines anatomischen Faktors nahe«. Wie könnte es auch anders sein...

Die weibliche Homosexualität*
(*Frz.: hom(m)osexualite; homme: Mann, Mensch. (Anm. d. Ü.)

  • Der entscheidende Stellenwert der »Konstitution«. - Eine eindeutige Darstellung einer homosexuellen Objektwahl. - Das Mißlingen einer Kur, aus Mangel an Übertragung(en). — Das Selbe.

»Als die äußerste Leistung dieses Männlichkeitskomplexes erscheint uns die Beeinflussung der Objektwahl im Sinne einer manifesten Homosexualität.« Die Objektwahl einer Homosexuellen kann nur durch einen besonders starken Männlichkeitskomplex bestimmt sein. »Die weibliche Homosexualität setzt selten oder nie die infantile Männlichkeit gradlinig fort.« Sie muß vielmehr als »Regression auf ihren frühen Männlichkeitskomplex« interpretiert werden, als Folge der »unausbleiblichen Enttäuschung am Vater«, den die kleinen Mädchen zum »Objekt« nehmen, wenn sie »sich in die Ödipussituation begeben«. Offensichtlich bleiben diese »Enttäuschungen [...] auch dem zur Weiblichkeit bestimmten Mädchen nicht erspart, ohne den gleichen Erfolg zu haben«. Und »die Übermacht des konstitutionellen Moments scheint unbestreitbar«. Wie man es erwarten konnte ... Aber was immer es mit diesem konstitutionellen Moment auf sich hat, die Homosexuellen spielen »ebenso oft und ebenso deutlich Mutter und Kind miteinander [...] wie Mann und Weib«, Verhaltensweisen, die »die zwei Phasen in der Entwicklung der weiblichen Homosexualität« sehr klar spiegeln. Diese beiden Phasen wären also die geradlinige Fortsetzung der »infantilen Männlichkeit« oder die »Regression auf ihren frühen Männlichkeitskomplex«? Könnte nicht zumindest eine der beiden, die zweite, der Identifizierung mit dem Vater entsprechen, die dem Verzicht auf den Vater als Liebes»objekt« folgt? In anderen Texten wird diese Möglichkeit betont.[135] Das Wesentliche jedenfalls ist, zu zeigen, daß die Objektwahl der Homosexuellen von einem männlichen Begehren, von einem männlichen »Tropismus« geleitet ist. Die weibliche Libido ist von der aktiven Suche nach eigenen Trieb-Zielen und -Objekten abgeschnitten, und selbst von jenen frühen »Schüben«, dem ursprünglichen Drängen ihrer Triebe, ist nichts mehr geblieben. In gewissem Sinn hat sie weder ein eigenes Ziel (telos) noch einen eigenen Ursprung (arche). Die Triebregungen, die die Homosexuelle veranlassen, sich ein Objekt zu wählen, das ihr Befriedigung verschafft, sind zwangsläufig »männliche« Triebregungen.
Dementsprechend argumentiert Freud in einem Aufsatz, der einem Fall von weiblicher Homosexualität gewidmet ist, daß die Homosexuelle »in ihrem Verhalten zu ihrem Liebesobjekt durchaus den männlichen Typus angenommen hatte«,[136] daß sie »nicht nur ein weibliches Objekt gewählt, sondern auch eine männliche Einstellung zu ihm gewonnen [hatte]«;[137] sie »wandelte sich zum Manne um und nahm die Mutter an Stelle des Vaters zum Liebesobjekt«.[138] Dennoch »erfuhr [...] die Inversion des Mädchens die letzte Kräftigung, als sie in der >Dame< auf ein Objekt stieß, welches gleichzeitig dem noch am Bruder haftenden Anteil ihrer heterosexuellen Libido Befriedigung bot«:[139] den Bruder, den sie, nachdem sie den »weiblichen Ödipuskomplex in wenig auffälliger Weise durchgemacht hatte«, an die Stelle des Vaters zu setzen begonnen hatte.[140] Die besonders intensive Bindung an die >Dame< gründet darin, daß sie »durch die schlanke Erscheinung, die strenge Schönheit und das rauhe Wesen der Dame an ihren eigenen, etwas älteren Bruder gemahnt wurde«.[141]

Die phallische Triebkonstellation zeigt sich nirgendwo so deutlich wie in dem Fall der weiblichen Homosexualität: ein Mann begehrt dort die phallische Mutter oder einen anderen Mann. Die Übertragung dieser Triebkonstellation auf die Frau läßt wahrnehmen, was gewöhnlich nicht evident wird: die Prägnanz der männlichen Homosexualität. In dieser Analyse ist tatsächlich von nichts anderem die Rede als von der männlichen Homosexualität. Und was die Ökonomie des Begehrens betrifft, so hätte Freud sicherlich das Argument anführen können, daß das Mimen - das »So tun als ob«, das Sichverstellen — im Vergleich zu der einfachen Triebabfuhr einen zusätzlichen Lustgewinn verschaffen kann. Daß also das »So tun wie ein Mann«, »wie« ein Mann eine Frau zu begehren, die »wie« ein Mann ist, die befriedigendste Realisierung der phallischen Triebansprüche ist. Doch das ist nicht seine Absicht, und so leicht gibt er auch nicht die natürliche Grundlage des Begehrens preis. Er ist unablässig auf der Suche nach anatomischen Indizien, die die - männliche - Homosexualität seiner Patientin erklären sollen. Und obschon er einräumen muß, daß »eine auffällige Abweichung vom körperlichen Typus des Weibes jedenfalls nicht [bestand], auch keine menstruelle Störung«, daß sie »schön und wohlgebildet« war, fügt er doch sogleich hinzu, »wenn das schöne und wohlgebildete Mädchen den hohen Wuchs des Vaters und eher scharfe als mädchenhaft weiche Gesichtszüge zeigte, so mag man darin Andeutungen einer somatischen Männlichkeit erblicken«. Im übrigen pflegt »der Psychoanalytiker [...] sich ja eine eingehende Untersuchung seiner Patienten in bestimmten Fällen [?] zu versagen«.[142]

Gleichwohl, »die Analyse vollzog sich fast ohne Anzeichen von Widerstand, unter reger intellektueller Beteiligung der Analysierten« - dank »ihrer intellektuellen Eigenschaften«, die »auf männliches Wesen«[143] schließen ließen -, »aber auch bei völliger Gemütsruhe derselben«. Als Freud ihr gelegentlich »ein besonders wichtiges und sie nahe betreffendes Stück der Theorie auseinandersetzte, äußerte sie mit unnachahmlicher Betonung: >ach, das ist ja sehr interessant^ wie eine Weltdame, die durch ein Museum geführt wird und Gegenstände, die ihr vollkommen gleichgültig sind, durch ein Lorgnon in Augenschein nimmt«.[144] In der Tat, die Ausführungen Freuds mußten dieser Homosexuellen wie historische Dokumente erscheinen, die sie selbst nicht berührten und sie in völliger Gemütsruhe beließen. Was das Lorgnon -durch das Freud sie betrachtete? - als zusätzliches Hilfsmittel angeht, so fällt die Verantwortung dafür auf Freud selbst zurück. Es hatte den Anschein, »als ob bei dem Mädchen nichts einer Übertragung auf den Arzt Ähnliches zustande gekommen wäre«.[145] Keine Übertragung jedenfalls, die er als solche anerkannt hätte. Die »seiner Theorie« der Übertragung entsprochen hätte? Und realisierbar gewesen wäre in seiner Konzeption der Kur und seiner Art, sich selbst einzubeziehen oder nicht einzubeziehen? Die einzigen Anzeichen für eine Übertragung waren durch Träume gegeben, aber er »erklärte ihr eines Tages, ich glaube diesen Träumen nicht, sie seien lügnerisch oder heuchlerisch, und ihre Absicht sei, mich zu betrügen, wie sie den Vater zu betrügen pflegte«.[146] Warum diese Angst, durch das Unbewußte einer Patientin irregeführt zu werden, oder durch Absichten, die aus dem »Vorbewußten« oder »selbst aus dem Bewußten« stammen und die in den Traum »umgegossen werden konnten«?[147] Woher diese Angst, eine Frau könne ihn umwerben, um ihn später »um so gründlicher zu enttäuschen«?[148] Altes Abenteuer, die kaum mit der Würde der Vaterrolle vereinbar sind, einer Rolle, von der Freud nicht beabsichtigt, sich zu trennen. Und die vielleicht seine Übertragung verdeckt? Übrigens bedeutet er der Patientin, er wüßte sehr wohl, daß sie sich über ihn lustig machen wolle. Und er hatte recht, »diese Art von Träumen blieb von dieser Aufklärung an aus«.[144] So kann der Psychoanalytiker bestimmte Träume induzieren oder verbieten ... Im übrigen wurde dem jungen Mädchen der Rat gegeben, »den therapeutischen Versuch, wenn man Wert auf ihn legte, bei einer Ärztin fortführen zu lassen«.[150]
Hier haben wir also die Homosexuelle, die von ihrem Psychoanalytiker abgewiesen wird, weil sie es ablehnt, sich vom Vater verführen zu lassen, ebenso wie er es ablehnt, zum Träger ihres Begehrens zu werden, was in diesem Fall bedeutet hätte, die Identifizierung mit einer »Kokotte«[151] auf sich zu nehmen, einer Frau von »schlechtem Leumund«, die »sexuell anrüchig« war und die »einfach von der Preisgabe ihres Körpers lebte«.[152] Sein bürgerlich wohlerzogenes Über-Ich duldete derartige Erniedrigungen nicht. Es gestattete ihm auch nicht, zuzugeben, daß ein »schönes und kluges Mädchen aus sozial hochstehender Familie« seinem Vater (den Freud kannte, den er schätzte und von dem er befahlt wurde) eine Frau von schlechtem Leumund vorziehen könnte.
Doch es ist eine noch stärker unbewußte, eine archaischere, »phylogenetisch« ältere Schicht des Über-Ich, die es Freud untersagte, sich überhaupt mit einer Frau zu identifizieren. Ein weiterer Grund, die Homosexuelle an eine Kollegin zu verweisen, nicht ohne Skepsis allerdings, welchen Wert man dem, was sich zwischen ihnen abspielen könnte, beimessen sollte. Denn die weibliche Homosexualität ist ein Phänomen, das seiner Theorie, seiner Ökonomie des Imaginären so fremd ist, daß es »von der psychoanalytischen Forschung vernachlässigt«[153] werden konnte, sogar in der »Kur« der Homosexuellen. Das bedeutet nicht, daß das, was Freud beschreibt, nicht einer bestimmten »Realität« entspräche, daß seine Kommentare oder Erklärungen einfach »falsch« wären. Viele homosexuelle Frauen könnten sich in dieser Geschichte wiedererkennen oder könnten zumindest versuchen, sich daran zu orientieren. Die weibliche Homosexualität bleibt nichtsdestoweniger im dunklen, travestiert - transvestiert —, der Interpretation, der Sprache entzogen. Denn von der Besonderheit des Begehrens zwischen Frauen ist nichts enthüllt, nichts ausgesagt worden. Daß die Frau jemand wie sich »selbst«, eine vom »selben« Geschlecht begehren, daß sie auch ein Verlangen nach Auto- oder Homosexualität haben könnte, scheint unbegreiflich und überdies unzulässig. Man trifft das in der Tat auch selten an in dieser phallozentrischen Geschichte, in der der Wert dem Penis oder dessen Äquivalenten vorbehalten ist und in der es nicht leicht ist, außerhalb des Systems, außerhalb des »Verkehrs« zu bleiben. Der Anspruch auf weibliche Homosexualität reicht offensichtlich nicht aus, um das Privileg des Phallus in Frage zu stellen.
Das bedeutet nicht, daß es nicht notwendig wäre, das Begehren der Frau nach sich selbst, nach dem Selben[154] - nach der Selben, einer Selben - anzuerkennen; daß es nicht eine realisierbare Ökonomie finden oder wiederfinden müßte; daß dieses Begehren nicht notwendig wäre, um das Begehren nach dem anderen abzustützen; daß das Selbe, die Selbe sich nicht auch für sie kennzeichnen, markieren müßte, damit sich die sexuelle Differenz artikulieren kann, ohne sich schlicht dem Tode auszusetzen: dem Tod des Ichs, also auch dem der Sexualtriebe (um an eine Problematik zu erinnern, die Freud zwar entfaltet, aber deren Auswirkung bei »der Wendung zur normalen Weiblichkeit« er vernachlässigt; in diesem Prozeß muß das Mädchen alle Repräsentanzen und Repräsentationen des eigenen Geschlechts zurückweisen und entwerten, um seine Wünsche, seinen »Neid« und sein »Verlangen« auf das alleinige Geschlecht zu richten: das männliche). Das Verbot, die Entwertung des Begehrens nach dem »Selben« in der Entwicklung der weiblichen Sexualität - ein Verbot, eine Entwertung, die die  Frauen  durch  ihr  »männliches«(?), jedenfalls  phallisches Über-Ich selbst unterstützen? - könnten zu einem guten Teil die Erklärung für das liefern, was man als Frigidität, als sexuelle Inappetenz beklagt. Es könnte allerdings auch der Angelpunkt der Interpretation für viele andere konkurrierende oder abgeleitete Symptome sein: für den Mangel an Autonomie; für den fragilen Narzißmus oder den Hypernarzißmus; für die Unfähigkeit zur Sublimierung, die eine »ätherische« Erotik nicht ausschließt; für die zumindest schwierige Beziehung zur Mutter wie im übrigen zu allen Frauen; für das Fehlen von »sozialen« Interessen und, ganz allgemein, von jedem anhaltenden Interesse; für chronische Depressionen und Somatisierungen, etc. - allesamt Manifestationen einer Karenz der autoerotischen, homosexuellen Ökonomie oder, immer wieder, des Fehlens von Todestrieben, die »aktiv« ins Spiel zu bringen - als Destruktionstriebe - für die und in der weiblichen Sexualität verboten ist. Eine Triebunterdrückung, die keine Möglichkeit der Ablenkung, der Metaphorisierung, der Sublimierung zuläßt, weil die herrschende Organisation der Spiegelung der weiblichen Sexualität inadäquat ist.  Sie beläßt, auf verschiedene Weise, die weibliche und die mütterliche Sexualfunktion in einem amorphen, unentschiedenen  Zustand ihrer Triebökonomie und/oder in einer allzu heteronomen Bestimmung zu ihr. Es ist eine »Ökonomie«, die von - insbesondere sadistischen oder  skoptophilen - Triebansprüchen beherrscht wird, deren Realisierung allein den Männern vorbehalten bleibt; die vor allem unter dem Gebot steht, den Primat des Phallus aufrechtzuerhalten.

Es gibt also keine weibliche Homosexualität, sondern nur eine einzige Homo-Sexualität*, (*Frz.:ho(m)mo-sexualite. (Anm. d. Ü.)) in der die Frau in den Prozeß der Spiegelung des Phallus einbezogen ist, mit der Aufgabe, für den Mann das Begehren nach dem Selben zu erhalten, und zwar indem sie, als Ergänzung oder als Gegensatz, im Paar das Fortbestehen des Pols der »Materie« sicherstellt,[155] vielleicht durch das, was der endlosen Reflexion widersteht: das Mysterium - Hysterium? -, das sich schamhaft hinter jedem Spiegel verbirgt und das Begehren, mehr von ihm zu sehen, zu wissen, immer aufs neue antreibt. Es hat dabei nur einen indirekten Bezug zur Spiegelung, über das, was es dem Begehren des Mannes zur Reflektion überläßt und nicht überläßt.
Doch die Frau, so behauptet man, besetzt die Autoerotik, die Selbstdarstellung, die Selbstverwirklichung auch in der Homosexualität nur geringfügig. Die Möglichkeit, daß sie in ihr einen spezifischen sexuellen Genuß finden könnte, wird kaum in Betracht gezogen: Die Lust an Zärtlichkeiten, an Worten, an Vorstellungen und Darstellungen, die ihr etwas von ihrem Geschlecht, von ihren Geschlechtsorganen - von der Vielfältigkeit ihres Geschlechts[156] - ins Gedächtnis zurückbringt, ist in einer heterosexuellen Praxis wenig gefragt, bleibt ohne Beachtung, uninteressant, weil es an männlichen Entsprechungen fehlt. Es ist ein anderes, komplementäres oder supplementäres Lusterleben, verschieden von dem in der HeteroSexualität gesuchten, verschieden freilich auch von dem, das die Einbindung in die Homosexualität, das Spielen der männlichen Homosexualität verschafft. Es gewährt ein narzißtisches Wohlbehagen, mit einer regressiven Beziehung zu einer »guten« Mutter zu spielen, und es ist im Grunde unverständlich, daß Freud eine solche Beziehung schlicht der Homosexualität gleichsetzt, dazu noch dem »männlichen« Begehren des kleinen Mädchens nach der Mutter, nach seiner Mutter. Genuß, Taumel des Einverständnisses, der Übereinstimmung mit der Gleichartigen; der Schwester, wenn man im Paradigma der Familie bleiben will. Bedürfnis, Anziehung, Leidenschaft von und für das Selbe, die Selbe - die dem Mädchen vielleicht den »Penisneid« nehmen, aber dafür sein »Begehren nach dem Penis« stützen würden? Die ihm eine phallische Begierde ermöglichen würden, die weniger gierig, minder eifersüchtig, frustriert, fordernd oder anorektisch wäre? Aber dieses Bedürfnis nach dem Selben, der Reiz, der von ihm ausgeht, werden in dem, was man als »normale Weiblichkeit« bezeichnet, verdrängt, verleugnet und ins Gegenteil verkehrt. Nur mit Mühe übrigens gesteht man es sich ein, um die männliche Homosexualität zu interpretieren.

Was das homosexuelle Mädchen angeht, so erklärt Freud, daß bei ihm »ein Prozeß [...] die tiefere heterosexuelle Libidoströmung in die manifeste homosexuelle überführte«.[157] Der Wunsch nach dem Selben bei der Frau sei »sekundär«, eine »Reaktionsbildung« gewissermaßen auf durch den Vater erlittene Enttäuschungen, auch wenn, vergessen wir es nicht, das erste Liebesobjekt des kleinen Mädchens seine Mutter ist oder eine andere Person vom selben Geschlecht. Freud indes muß das vergessen, um behaupten zu können: »Ihre Libido lief also von sehr früher Zeit her in zwei Strömungen, von denen die oberflächlichere unbedenklich eine homosexuelle genannt werden darf. Diese war wahrscheinlich die direkte, unverwandelte Fortsetzung einer infantilen Fixierung an die Mutter.«[158] Die libidinöse Beziehung zur Mutter wäre bei der Frau also »oberflächlicher« als ihr »tieferes« heterosexuelles Begehren, sie könnte »unbedenklich« und »direkt« als homosexuelle bezeichnet werden. Es gibt viele Arten, das erste Ziel, die erste Bedeutung des weiblichen Begehrens zu reduzieren und zu karikieren. Das Wesentliche dabei ist allemal, daß ihre Beziehung zum Ursprung — d. h. ihre ursprüngliche Beziehung zu ihrer Mutter und zu ihrem Geschlecht, die am Ende nur »oberflächlich«, »sekundär« sein soll, wenngleich »manifest« - für sie selbst und von ihr selbst durchgestrichen wird, damit sich die Überlegenheit des Phallus durchsetzen kann: Emblem der Herrschaft durch und für den Mann über eine Ökonomie des Ursprungs. Seine.