In ihrer Kritik patriarchaler Institutionen haben feministische Autorinnen eine eigene »weibliche Sprache« (parole feministe [1]) entwickelt, um patriarchale Paradigmen sowohl zu transformieren als auch zu transzendieren. Damit Frauen sich selbst als Handelnde gegenwärtiger oder zukünftiger Welten begreifen, müssen sie — wie Mary Daly schreibt — zunächst einmal die männliche Sprache exorzieren und zweitens Ausdrucksmittel finden, die feministischem Bewußtsein entsprechen. Von verschiedenen Perspektiven ausgehend, entwickeln feministische Schriftstellerinnen unterschiedliche Sprachformen von philosophischen Traktaten bis hin zu utopischer Literatur. Als Ergebnis zeigen feministische Metaphern, Modelle, Mythen und Methoden nicht nur eine einheitliche Sensibilität, sondern auch die Integration dreier Phasen feministischen Bewußtseins: Analyse und Kritik, Transformation und Transzendenz.
Phase I - Analyse und Kritik
In der ersten Phase haben feministische Wissenschaftlerinnen nachgewiesen, wie die Sprache Wahrnehmungen und Wertungen einer androzentrischen Welt nicht nur strukturiert, sondern auch in die Zukunft fortführt. Die Sprache verschiedener Medien — Fernsehen, Film, Texte und soziale Institutionen, kurz: die Sprache des Alltags — wird untersucht und Muster des sprachlichen Sexismus werden aufgedeckt. Mittlerweile klassisch gewordene Studien zum Thema identifizierten folgende Muster sprachlichen Sexismus:
- a) Klischees;
- b) Abwertung weiblicher Sprache;
- c) die Unterordnung weiblicher Begriffe in Syntax und Semantik;
- d) die Unsichtbarkeit des Weiblichen in Syntax und Semantik; und
- e) Herabsetzung weiblicher Belange, Themen und Leistungen.[2]
Solche Muster polarisieren die verschiedenen Eigenschaften der beiden Geschlechter zu einer männlich bestimmten Hierarchie. Ich und du, Leib und Seele, Objektivität und Subjektivität, Himmel und Erde, weiblich und männlich, werden klassifiziert und getrennt. Im allgemeinen herrscht aktive »Männlichkeit« über passive »Weiblichkeit«. Dualismus, Gegensatz, Unterschied und Herrschaft charakterisieren patriarchale Mythen und Metaphern und durchziehen die gesamte jüdischchristliche Kosmologie und moralische Wertung. Mit solchen Konstrukten institutionalisiert man Rassismus, Sexismus und die Trennung des Selbst von der Umwelt. In patriarchaler Wahrnehmung erobert der Mann das Land, herrscht über die Natur und verweist die Frau in ihre Schranken. Unterschiede werden als Gegensätze wahrgenommen und befinden sich außerhalb, sind folglich nicht Teil des Selbst.
Phase II - Transformation
Als Antwort auf die zunehmende Kritik sprachlichen Sexismus haben etliche Berufsverbände und Verlage Richtlinien zum Abbau des Sexismus in der Sprache für Schriftsteller/innen und Redakteure/innen herausgegeben. In den letzten fünfzehn Jahren entstanden sowohl in der gesprochenen Sprache als auch beim geschriebenen Wort nicht-sexistische Begriffe. Alternative Kommunen, wie Twin Oaks, haben das Fürwort »co« eingeführt.[3] In ihrem Roman Die Frau am Abgrund der Zeit hat Marge Piercy für die androgynen Wesen der Zukunft das Fürwort »per« geprägt und andere morphologische und semantische Änderungen eingeführt, um das neue Bewußtsein anzuzeigen.
Zu den nicht-sexistischen Alternativen kommen (im Amerikanischen) noch solche Begriffe wie »herstory« (statt history: - seine - Geschichte), »Manglish« (um englisch als Männersprache zu kennzeichnen), »sisterhood of Man« (Schwesterschaft der Menschen statt brotherhood = Bruderschaft) »testeria« (Gegensatz zu hysteria = Hysterie — das Wort kommt aus dem griechischen Begriff für Gebärmutter), die auf die Ungleichheiten an-drozentrischer Symbole hinweisen.[4] Feministische Wissenschaftlerinnen korrigieren die Fehler, die man beim Erwähnen oder Außerachtlassen der Beiträge von Frauen zu den verschiedenen Disziplinen gemacht hat. Frauen auf der ganzen Welt kehren zu ihren eigenen Namen zurück, fordern das Recht auf eigene Benennung ihrer selbst, ihrer Wahrnehmung und Erfahrung. Die Veränderung der Sprache ändert nicht nur unsere Wahrnehmungen, sondern liefert zugleich Methoden zur Erforschung und Infragestellung der Wirklichkeit.
Phase III - Transzendenz
Androzentrische Formen werden durch Ausdrucksmittel feministischer Bewußtseinswerte transformiert und transzendiert. Metaphern verändern tatsächlich das Bewußtsein und entzünden zugleich den Funken für den Traum und die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache. Welches sind die anderen Mittel für eine linguistische Transformationen der Weiblichkeit? Zu welcher Wirklichkeit führen uns diese Mittel? Welch wunderbare Weiblichkeit und schöne neue Welt errichtet die sich entfaltende ,Carole feministe"?
Bei der Abschaffung männlicher Entwürfe, die weiblich und männlich zu Hierarchien polarisieren, haben feministische Autorinnen den Versuch einer feinsinnigen Mischung aus Gefühl und Verstand unternommen. Das Ergebnis zeigt Formen feministischer Untersuchungen, die Poesie und Philosophie verschmelzen, Geschichte und Mythen verbinden, Psychologie und Religion vereinen und das Persönliche politisch begreifen. Geschult in der Sprache traditioneller Disziplinen argumentieren sie, daß eine nach kartesianischen Dualitäten errichtete Realität den Leib von der Seele trennt, das Leben vom Tod und das Gute vom Bösen. Diese Dualitäten erschaffen die Illusion von Trennung und Polarisation. Darin steckt die Vorstellung, daß Körper und Geist so klar getrennt sind, wie Gott das Licht vom Dunkel trennte und die Frau vom Mann. Dualismus macht uns blind für die Interaktion von Körper und Geist, die Wechselbeziehungen von Leib und Seele und die Ganzheit von Körper/Geist/Seele. In der westlichen Kultur wird der Körper/das Fleisch nicht nur dem Weib zugeordnet, sondern auch dem männlichen Pol, der Geistseele untergeordnet.
Die versteckten Dualismen in der patriarchalen Sprache wurden von Feministinnen sowie in der Allgemeinen Semantik von Korzybski untersucht. Feministinnen wie Semantiker/innen benutzten die Sprache, um tiefe Strukturen an die Oberfläche zu holen und den Hintergrund in den Vordergrund zu rücken. In der allgemeinen Semantik bezieht sich »etc.« auf dasNicht-alles-erfassen-Können der Sprache. Feministinnen erscheint das nicht genug, bedeutet doch das Weglassen des »anderen« oder »weiteren« meist die ungehörte, unsichtbare Realität weiblicher Erfahrung. Die Formulierung feministischen Bewußtseins erweiterte die semantische Bedeutung von etc. Weibliche Geschichte trat zutage in Tagebuchveröffentlichungen, Kunstausstellungen, Literatur, Film, Theologie, Psychologie und einer Kritik an Sprache und Gesellschaft. Die Erweiterung der semantischen Bedeutung von etc. heißt nicht nur, Alibifrauen den spezifischen Disziplinen hinzuzufügen oder einen Gott zu einer Göttin zu machen. Feministische Transformation geschlechtsbezogener Modelle und Klassifikationen hat nichts mit simpler Addition zu tun; Formulierungen und Ausdrucksmittel gehen weit über revisionistische, nicht-sexistische Alternativen hinaus, hin zu revolutionären Ritualen und Riten.
Sobald Frauen anfangen, sich selbst zu benennen und zu definieren, verlassen sie die derzeitigen androzentrischen Kategorien und Hierarchien und betreten unbekanntes Land. Bei der Umwandlung patriarchaler Muster erschaffen wir uns neu und holen uns wieder die Macht, die Welt so zu definieren und zu benennen, wie wir sie erfahren.[5] Schriftstellerinnen wie Ursula LeGuin mit »Winterplanet« und Marge Piercy mit »Woman on the Edge of Time« erschufen utopische Welten, in denen sie das Territorium feministischer Philosophie und Weltanschauung ansiedelten.
Carol Pearson schreibt in ihrer Arbeit »Toward a New Lan-guage, Consciousness and Political Theory« über feministische Utopien im allgemeinen, daß Frauen anscheinend übereinstimmend die gleiche Gesellschaft anstreben:
Das Ideal zeigt einheitlich dezentrale ko-operative Anarchien, in denen alle gleichermaßen über ihr Leben selbst bestimmen und niemand herrscht. Es gibt keine Gesetze und keine Tabus außer dem kulturellen Konsens, daß man nicht in anderer Leben eingreifen darf. Grundeinheit der sozialen Organisation ist eine Art erweiterter Großfamilie, die aber unabhängig von der Biologie ist. Die Leute wohnen nicht zusammen, weil sie verwandt sind, sondern weil sie einander ausgesucht haben... Es gibt keine Zentralregierung, keine großen Städte, und doch finden sich hochentwickelte Kommunikations-Netzwerke in den Sozialeinheiten. Mobilität spielt eine große Rolle. Im Mikrokosmos der Sozialeinheit kennen und schätzen die Menschen einander wie in einer idealen Familie; das Wohl der einzelnen steht nicht im Gegensatz zum Allgemeinwohl, da niemand auf Kosten der anderen Vorteile gewinnt.
Die Grundwerte dieser Gesellschaften sind Wachstum und Autonomie der einzelnen Individuen, und sie wissen, daß kein Mann und keine Frau eine Insel ist, daß jegliches Wachsen im Zusammenhang mit den Beziehungen untereinander entsteht.[6]
Der Ausdruck feministischer Theorie in der Sprache der phantastischen Literatur wird zum Mittel und zur Methode der Verbindung von Sprache und Bewußtsein, des Politischen mit dem Persönlichen.
In ihrer Prosa-Arbeit über feministische Theorie »Woman and Nature: The Roaring Inside Her« benutzt Susan Griffin poetische Begriffe in einer Form, die Adrienne Rieh »neue Wahrnehmungen der Realität erschaffen ihre eigene Form« nannte. Im Vorwort beschreibt Griffin, wie ihre Sprache und ihre Ausdrucksmittel aus feministischer Philosophie und feministischem Gefühl entstanden:
Im Prozeß des Schreibens fand ich heraus, daß ich meine Einsichten über die zivilisierte Menschheit am besten gewinnen konnte, wenn ich die Logik hinter mir ließ. Das heißt, ich schrieb assoziativ, und meine Intuition oder mein unzivilisiertes Selbst waren voll beteiligt. So klingt die Prosa in meinem Buch wie Poesie und beginnt wie jegliche Poesie mit dem Gefühl. Eine der lautesten Klagen, die dieses Buch über patriarchales Denken (oder die Denkweisen der Zivilisation) anhebt, ist die Behauptung der Objektivität, die die Gefühle abtrennt, und so ist es nur folgerichtig, daß in diesem Buch die Trennung aufgehoben wird.[7]
In Format und Formulierungen stellt Griff in verschiedene Stile nebeneinander: Ihre leidenschaftliche körperliche Stimme mit den Stimmen anderer Frauen steht gegen die körperlose Objektivität der Männer im Dialog.
Ganz wie bei Griffin schafft auch Dorothy Dinnerstein durch ihre Wahrnehmung eine eigene Form. Wie in einem labyrinthischen Irrgarten von Fußnoten, in Klammern gesetzten Anmerkungen und eingeschobenen Hinweisen, die das »etc.« erweitern, führt Dinnerstein einen Dialog zwischen vernünftigen Argumenten und Gefühlen, die für unsere unklare Stellung zwischen Mensch und Tier stehen. Dies führt zur Metapher und zum Titel ihres Buchs: »The Mermaid and the Minotaur: Sexual Arrangements and Human Malaise« (dtsch.: Das Arrangement der Geschlechter). Ihre Methode beschreibt sie folgendermaßen:
... ein Destillat aus einem inneren Reservoir, in dem persönliche Erfahrungen mit verschiedenen Strömen formaler Denkweisen zusammenflössen:
sozialphilosophische, sozialwissenschaftliche, literarische und psychoanalytische Ströme...[8]
Andere, die in traditionellerem Stil schreiben, haben ebenso Symbole der Einheit und Gemeinschaft in die Entwicklung eines neuen Bewußtseins miteinbezogen. Carol Ochs schlägt in ihrem Buch »Behind the Sex of God« eine monistische Göttlichkeit vor, die den Dualismus und den Gegensatz des Patriarchats bestreitet. Dabei kommt dann die Natur des Göttlichen so heraus.
... nicht getrennt, abgeteilt oder sonstwie von der Realität entfernt. Wir alle zusammen sind Teil des Ganzen, des All-Eins-Seins. Gott ist nicht Vater oder Mutter und auch nicht Eltern, weil Gott nichts anderes, unterschieden oder der Schöpfung entgegengesetzt ist.[9]
Zur Beschreibung ihrer Erkenntnis definiert Ochs ihre Beziehung zu Gott analog der Beziehung einer Zelle ihres Körpers zu ihr selbst. Ihre Argumentation wendet sich sowohl gegen das Patriarchat wie auch gegen das Matriarchat und stellt so tatsächlich eine größere Revolution dar.
Naomi Goldenberg, feministische Theologin und Psychologin, stellt in ihrem Buch »Changing of the Gods« eine ähnlich revolutionäre Vision vor. Goldenberg kritisiert die metaphorischen und mythischen Bilder eines außerhalb stehenden Gottes; die Rituale, die männliche Vorherrschaft verstärken und die herkömmliche Polarisation von Leib/Seele, Sex/Keuschheit und weltlich/religiös. Goldenberg weist Oberflächenkorrekturen zurück und stimmt für eine umfassende theologische Revolution. Sie drängt die Frauen zur Aufgabe »der Abhängigkeit von Jesus«[10] und sagt ganz klar, daß keine Feministin Gottvater retten kann. Statt jüdisch-christlicher Religionsriten und Traditionen schlägt sie die Jungsche Tiefenpsychologie vor, um »die verschiedenen Bestrebungen feministischer Religionsbetrachtungen zu verbinden und die Heilung der Zersplitterung von Leib und Seele zu fördern«.[11]
Goldenberg sieht in feministischer Hexerei eine neue Möglichkeit für die Wiederentdeckung des Weiblichen. Feministische Hexerei erhöht nicht nur das Bild der Frau in der religiösen Symbolik, sondern auch das natürliche Leben selbst. Solche Rituale konzentrieren sich nicht auf Tod, Märtyrertum und Selbstverleugnung, sondern geben der Religion ihre Bedeutung im Lebensprozeß von Geburt, Wachstum und Zerfall zurück. Hexen haben das Gottesbild verändert »weg vom zölibatären Mann jenseits von und über jegliche Menschlichkeit hinaus zu einem Bild der lebendigen Frau, die teilhat an unserem physischen und psychischen Leben«.[12]
Das Prinzip, das jeder Sprache, Formulierung und Methode einer jeden Schreiberin zugrunde liegt, ist einmal die Verbindung von Herz und Hirn und zum anderen die Einheit des Selbst mit der menschlichen Gemeinschaft und der Umwelt. Einige Feministinnen haben Androgynie als Metapher der Einheit und Verbindung wiederbelebt und neu definiert, andere hingegen wiesen die darin verborgenen Wurzeln patriarchaler Mythen und Bedeutungen zurück.[13] Androgynie, so sagen sie, trägt als Wort schon den Dualismus in sich, den Feministinnen transzendieren und transformieren wollen. Mary Daly wiederholt: »Androgynie ist eine Mißgeburt — es vermittelt so etwas wie John Travolta und Farrah Fawcett-Majors mit Tesafilm zusammengepappt.«[14]
Der in Androgynie enthaltene Dualismus führt zu einer heiklen Thematisierung feministischer Metaphern. Wenn Feministinnen sich so für die Umwandlung der Semantik interessieren, warum akzeptieren sie dann die traditionellen Klischees von Geist-Vernunft als »männlich« und Körper-Gefühl als »weiblich«? Die feministische Sprache, die ich beschrieb, akzeptiert diese Polarisierung von Geschlecht und menschlichem Verhalten nicht. Vielmehr werden jene menschlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen neubewertet, die früher ignoriert, schlecht gemacht und als schwach und weibliches Übel hingestellt wurden. Bei der Entwicklung einer Sprache, die mit unserem Bewußtsein und unseren Erfahrungen konform geht, befreien Feministinnen bekannte Begriffe aus ihrem dualistischen Kontext und laden sie mit neuen Bedeutungen auf. Bei diesem Prozeß werden abwertende (+ weibliche) Begriffe auf ihren Ursprung hin untersucht, verjüngt und verbessert. Wörter wie Höhle, Erde, Göttin, Hexe, Androgynie, Wasser, Schmetterlingspuppe, alte Jungfer, die von Männern als Gleichnisse benutzt werden, haben entweder einen negativen oder zumindest doppeldeutigen Aspekt von Weiblichkeit und Natur. Im feministischen Zusammenhang erhalten diese Wörter nicht nur neue Bedeutungen, sondern werden auch mit spiralförmigen Prozessen in Verbindung gebracht.
Genau das macht Mary Daly mit (Hag) Häxe, Weise Alte (Crone) und Spinster in ihren Worttransformationen von Raum und Zeit in ihrem Buch »Gyn/ökologie — eine Meta-Ethik des radikalen Feminismus«.[15] Daly definiert ihr Buch und den transformierten Titel »Gyn/Ökologie« als »metapatriarchale Reise zwischen Exorzismus und Ekstase«. Die Reise ähnelt utopischer Literatur in ihrer Verbindung von Leidenschaft und Denken in nichtlinearen Metaphern von Raum und Zeit.
Die Metapher Gyn/Ökologie spiegelt nicht nur Dalys Bild von Einheit und Gemeinschaft, sondern steht zugleich für ihre Art, das geschriebene Wort zu benutzen. Dalys Gebrauch von Schräg-und Bindestrich, Groß- und Kleinschreibung drückt Verbundenheit aus sowie Prozeß und Kontinuität, zeigt Vorder- und Hintergrund, die Teile und das Ganze. Ihre Arbeit ist sowohl visuell wie musikalisch. Ihre Verben verzerren, kastrieren und exorzieren, sind stark und genau im Ausdruck ihrer Methode der Umwandlung von Sprache und Denken. Ihre Wortspiele, Neologismen, Schachtelwörter, Metaphern, Umdrehungen, Ableitungen und Definitionen schaffen nach ihrer Ansicht die Methode zur Entwicklung spirituellen Bewußtseins.[16] Sie ermuntert die Reisende/Leserin, auf ihre innere Stimme zu hören, eigene Ausdrücke zu erfinden, eigene Grenzen zu entdecken und sich selbst zu gebären. Daly stellt dafür das Gefährt zur Verfügung, die Form, und zeigt auch den Weg zu Transformation und Transzendenz. In ihrer Arbeit ist die Sprache sowohl das Medium wie auch die Botschaft.
»Parole feministe« entfaltet in ihrer Entwicklung das Persönliche, Politische und Metaphysische als die verschiedenen Dimensionen einer zur Einheit gewachsenen Realität. Darin steckt eine nichtlineare Wirklichkeit, in der multidimensionale Labyrinthe der Erfahrungen zusammenspielen. »Phallische Mythen und phallische Sprache schaffen, rechtfertigen und verschleiern die reale Umweltverschmutzung, durch die alles empfindende Leben auf dieser Erde mit Vernichtung bedroht ist«,[17] schreibt Mary Daly und weist diese daher zurück; Ökologie — nämlich das Aufgehen des Selbst in der Gemeinschaft mit anderen Organismen in der Umwelt — wird der Entfremdung vorgezogen.
Weder diese Idee noch ihr Ausdruck sind neu. Doch daß sie von der Frau kommt — der einst totgeschwiegenen Stimme, die, wenn überhaupt gehört, gewöhnlich »wie ein Mann dachte« — ist umwerfend und ökologisch. Die Sprache des Patriarchats verrückt unsere Reaktion auf »Mutter Natur«, auf uns selbst und die Wirklichkeit. Die Sprache des Feminismus hingegen sieht Realität als »komplexes Gewebe von Beziehungen zwischen Organismen und ihrer Umwelt«.[18]
Feministische Ethik erkennt — ähnlich wie die Prinzipien der allgemeinen Semantik — das andere als Teil des Selbst. Sobald das andere nicht länger objektiviert und »zum Ding oder es« gemacht oder minderwertig angesehen und beherrscht wird, werden Sklaverei, Verfolgung oder das Vergessen des DU kaum noch möglich sein.
Anders als die Neusprache in 1984 erweitert und transformiert »parole feministe« die semantischen Möglichkeiten. »Parole feministe« variiert die Möglichkeiten menschlichen Denkens und Verhaltens, statt sie zu begrenzen. Statt etwas auszulassen, schließt sie ein und vervollkommnet. Nach Mary Daly spricht eine befreiende Sprache in vielen Höhen und Tiefen: »Spuken, sprühen, spinnen«, wenn jede Feministin und jeder Feminist »die Grundmetalle der von Männern gemachten Mythen umwandelt, indem wir unser Schweigen in Sprache verwandeln, indem wir unserem Selbst und uns gegenseitig den Mut abverlangen, das Unaussprechliche auszusprechen/das Unsagbare zu sagen«[19]