6. Yseult oder die Herrin des Gartens

In seinem Roman Le Rivage des Syrtes führt Julien Gracq seinen Helden in einen jener leicht verwilderten, verwunschenen und heute aus der Mode gekommenen parkartigen Gärten, wie man sie an den verschiedensten Punkten der Stadt verstreut etwa in Orsenna findet. Während der Protagonist nun erwartet, dort keiner Menschenseele zu begegnen und ungestört seinen Meditationen nachgehen zu können, entdeckt er stattdessen genau an jener Stelle, wo sonst nur er, die Arme aufstützend, für gewöhnlich lehnte, ein junges Mädchen. Diese überraschende Begegnung ruft eine tiefgehende Erschütterung und weitreichende Veränderung in der Seele des jungen Mannes hervor:

»Die Schönheit dieses halb abgewandten Gesichts berührte mich weit weniger als das exaltierte Gefühl, aus meinem Besitz vertrieben zu werden, ein Gefühl, das in mir fühlbar von Sekunde zu Sekunde wuchs. Durch den eigenartigen Einklang zwischen ihrer dominierenden Gestalt und diesem ungewöhnlichen Ort, durch jenes rätselhafte Gefühl einer ganz besonders herbeigebannten Gegenwärtigkeit, die sich hier offenbarte, verstärkte sich in mir mehr und mehr die Überzeugung, ich sähe hier die Königin des Gartens vor mir, die gerade von dieser ihrer abgeschiedenen Domäne Besitz ergriffen hatte...Erst viel später sollte mir zu Bewußtsein kommen, daß sie die außergewöhnliche Fähigkeit besaß, sich auf der Stelle, von einer Landschaft, einem Ort oder irgendeinem Gegenstand untrennbar zu machen...Für Vanessa waren die Gegenstände durchlässig. Bereits durch eine minimale Geste oder Veränderung der Stimme, die wunderbar ungezwungen wirkt und doch ganz unvorhersehbar ist wie das Wort aus Mund und Feder des Dichters, das unfehlbar sicher nach der ihr gemäßen Form greift, bemächtigt sie sich der Gegenstände mit der gleichen verliebten und insgeheim akzeptierten Grausamkeit, derer sich ein Häuptling oder Führer bedient, dessen ausgestreckte Hand die Menge magnetisiert.«[1]

Hier bereits haben wir, übersetzt in zwar poetische aber doch signifikante Ausdrucksformen, das Thema der initiierenden und transformierenden Frau vor uns, ein Thema, das — wie es den Anschein hat — die Kelten mit meisterhaftem Geist und großer Originalität variiert haben. Bereits durch ihr Erscheinen inmitten einer Landschaft unterwirft sie die Gestalt dieses Ortes und damit auch seinen Betrachter einer Metamorphose, da dieser im Grunde ebenfalls jenem Universum mitangehört, in dessen Zentrum das weibliche Wesen steht. Daher wird der Betrachter, nachdem er seine gewohnte Landschaft dergestalt transformiert vorgefunden hat, nie mehr derselbe sein, der er zuvor war, und wird nie mehr zur Gänze Herr über sich selbst sein, sobald die Frau ihre Herrschaft über die Landschaft gefestigt haben wird, der auch er angehört. Hierin liegt einer der Gründe, weshalb die Frau früher — und manchen Männern geht es noch heute so — wie ein furchterregendes Wesen vorgekommen ist, so wenig scheint ihre Fähigkeit, Besitz zu ergreifen, trennbar zu sein von der individuellen Ansicht, die man davon haben mag. Der Mann fürchtet sich zwar vor dieser Macht der Inbesitznahme, strebt aber selbst auch danach, zu solcher Macht zu gelangen. Die Frau verhilft ihm also zu etwas, was ihm gefehlt hatte, bevor er mit der Natur der Frau Bekanntschaft machte. Hier stößt man bereits direkt auf die Grundstruktur der Sage von Tristan und Yseult, vorausgesetzt, man ist bereit, von den gelegentlich stark romantisch gefärbten Aspekten dieser Liebesgeschichte abzusehen und sich einmal nur auf die rein mythologischen Elemente darin zu konzentrieren.
Bekanntlich ist Tristan und Yseult die berühmteste keltische Sage, vom XII. Jahrhundert an nur in fragmentarischen Texten auf uns gekommen, die sich jedoch in großen Zügen ineinanderfügen und somit ein ursprüngliches Handlungsschema erkennen lassen, auch wenn dieses selbst nicht erhalten ist. Bestimmte Einzelmerkmale kennzeichnen sie als eine pan-keltische Sage, da man in ihr auf armorikanisch-bretonische, walisische, kornische ( = aus dem Cornwall stammende), piktische (daher stammt vor allem der Name Tristan) und irische Elemente stößt. Alle diese Einzelelemente wurden mit der Zeit zu einem umfangreichen epischen Fresko zusammengeschmolzen, dessen poetische Schönheit über jeden Zweifel erhaben ist. In der Tristan-Sage besitzen wir eines der herausragendsten Meisterwerke der gesamten Weltliteratur.
Die ältesten Texte der Legende stammen aus dem französischen, genauer gesagt aus dem anglo-normannischen Sprachraum. Man kann daher von einem armorikanisch-bretonischen oder brit(ton)ischen Herkunftsland ausgehen, da die Normannen, die damaligen Herren über England, im XII. Jahrhundert rege Mittler zwischen den Bretonen beiderseits des Kanals und den Franzosen waren. Zusätzlich zu diesen Texten existieren (ebenfalls nur als Fragmente) einige deutsche Ausgestaltungen des Stoffes sowie eine verkürzte skandinavische Fassung.[2] Erstaunlicherweise fehlen aber (abgesehen von einigen spät entstandenen Episoden[3]) von der eigentlichen Tristan-Sage Textzeugnisse gerade aus dem keltischen Sprachraum. Aus dem Fundus aller erhaltenen Texte läßt sich jedoch eine Geschichte rekonstruieren, die die Ur-Sage gewesen sein könnte.[4] Diese Geschichte wollen wir hier noch einmal nacherzählen; dabei werden wir unser besonderes Augenmerk auf die wirklich mythologischen Episoden lenken und alle romanesken Ornamente beiseite lassen, die zur Erhöhung des literarischen Reizes der Dichtung hinzugefügt worden waren.

Tristan und Yseult

Tristans Eltern — sein Vater Rivalen von Loonois (in Wales) und seine Mutter, die Schwester des Königs Mark von Cornwall (Kernyw) — sind beide tot, der junge Tristan ist also Vollwaise. Er wird von Rohald Le Foitenant (>Treuhalt<) aufgezogen und dem Schutz des Truchseß Gornewal unterstellt. Er erlernt die Kunst der Jagd, des Kampfes, der Musik und der Poesie. Schon bald zeichnet er sich aus im Spiel der Harfe sowie im Singen und Verfassen von »Lais«. Im Alter von 15 Jahren wird er nach Tintagel zu König Mark geschickt, der ihn an seinem Hof aufnimmt ohne zu ahnen, wen er vor sich hat. Drei Jahre später wird die Einlösung der Tributpflicht von König Mark an den König von Irland fällig, die in der Auslieferung von 300 Knaben und 300 Jungfrauen besteht und alle fünf Jahre von Morholt, einem furchterregenden Krieger und Bruder der Königin von Irland[5] eingefordert wird, es sei denn, es stelle sich ihm ein Krieger von Cornwall zum Zweikampf. Niemand ist jedoch bereit, gegen Morholt sein Leben aufs Spiel zu setzen, — außer Tristan: er entschließt sich, die Herausforderung anzunehmen und aus diesem Anlaß seinem Onkel das Geheimnis seiner wahren Identität zu enthüllen. Der Kampf findet auf der Insel St. Samson statt. Tristan wird durch das vergiftete Schwert Morholts verwundet, es gelingt ihm aber, diesen tödlich zu verwunden, wobei aus der Schneide seines Schwertes ein Splitter herausbricht, der im Schädel seines Gegners steckenbleibt. Tristan wird als Held gefeiert. Der Zustand seiner Verwundung verschlimmert sich, aber alle Heilkünste der Ärzte bleiben fruchtlos.[6] Da bittet Tristan, man möge ihn fortziehen lassen, ihm dazu eine Barke, mit Segel und Proviant ausgerüstet, bereitstellen und ihm seine Harfe mitgeben. Er wolle auf gut Glück lossegeln und es der Gnade Gottes anheimstellen, ob er sterben werde oder geheilt würde.[7] So geschieht es. Am fünften Tag seiner ungewissen Fahrt landet Tristan an der Küste Irlands. Dort wird er von der Königin und ihrer Tochter Yseult gesundgepflegt. Er hat nicht verraten, wer er in Wirklichkeit ist und behauptet vor ihnen, er heiße Tantris. Als Dank für seine Rettung gibt er der jungen Yseult Unterricht in Gesang und Harfenspiel. Anschließend kehrt er nach Cornwall zurück. König Mark ist unverheiratet und will daher Tristan als Thronerben einsetzen.[8] Eifersüchtig auf eine solche Bevorzugung Tristans drängen die Barone König Mark dazu, selbst zu heiraten. Um sich dieser Pflicht zu entledigen, schwört König Mark, er werde nur jenes Mädchen zur Frau nehmen, der das Goldhaar gehört, wovon eine Schwalbe gerade eine Strähne hat niederfallen lassen. Tristan erkennt, daß das Haar Yseult gehört und bietet daher seinem Onkel an, für ihn die Brautwerbung zu übernehmen.[9] Als Händler verkleidet gelangt er nach Irland. Das Land leidet unter dem Terror eines Drachen, eines riesigen »kammbewehrten Lindwurms« (»serpent crete«). Der König hat seine Tochter demjenigen versprochen, der Irland von dieser Plage befreit. Natürlich macht Tristan sich auf die Suche nach dem Ungeheuer und nach erbittertem Kampf gelingt es ihm auch, es zu töten.[10] Dabei ist er jedoch vom Giftatem des Lindwurms verseucht worden und so gelingt es einem Betrüger, sich an Tristans Statt als Sieger auszugeben. Aber in der Königin und Yseult keimt der Verdacht eines Betruges auf, daher wollen sie der Wahrheit auf den Grund gehen und so finden sie tatsächlich auch bald den bewußtlosen Tristan. Sie behandeln ihn und es gelingt, ihn wieder gesund zu machen. Dabei entdecken sie aber, daß an der Schwertschneide des vermeintlichen Tantris ein Splitter fehlt und daß in diese Kerbe genau jenes Metallstück paßt, das sie in Morholts Schädel gefunden hatten. Yseult ergreift Tristans Schwert und will ihren Onkel rächen, indem sie den jungen Mann tötet. Aber durch Tristans besänftigende Worte läßt sie sich von ihrem Vorhaben abbringen und verzeiht ihm seine Tat.[11] Schließlich wirbt Tristan für König Mark um Yseults Hand und der König von Irland willigt ein: auf diese Weise kann auch der Frieden zwischen beiden Ländern wiederhergestellt werden. Der Tag der Abreise wird festgesetzt. Die Königin gibt Brangwain, Yseults Dienerin, einen Liebestrank mit, den diese den Neuvermählten in der Hochzeitsnacht verabreichen soll, damit sie in den Genuß der Kraft zu ewiger Liebe zueinander gelangen. Während das Schiff die Küste von Cornwall ansteuert, klagt Yseult darüber, daß sie einem König zur Braut versprochen ist, den sie nicht einmal kennt, und äußert Tristan gegenüber ihre Empörung darüber.[12]
Eines Abends, als es sehr heiß ist, verlangt Tristan nach einem Getränk. Brangwain verwechselt die Flaschen und gießt versehentlich den Liebestrank in einen Krug. Kaum haben beide davon getrunken, werden Tristan und Yseult von einem heftigen Gefühl unwiderstehlicher Liebe zueinander ergriffen[13] und verbringen zur großen Bestürzung und Verzweiflung der Brangwain auch noch die Nacht miteinander. Nach ihrer Ankunft in Cornwall wird trotzdem die Hochzeit zwischen Yseult und König Mark gefeiert, wobei jedoch Brangwain im Schutze der Dunkelheit die Rolle der Braut im Bett des Königs übernimmt, damit dieser den faux pas nicht bemerkt.[14] Damit ist eine zweideutige Situation geschaffen, die selbst der plumpesten Vaudeville-Posse in nichts nachsteht: Tristan und Yseult treffen sich, wann immer es ihnen gelingt und sogar direkt unter den Augen des Königs. Der Ort, den sie für ihre Rendezvous besonders lieben, ist ein (Obst-)Garten.[15] Jedesmal, wenn Tristan Yseult sehen will, streut er Holzspäne oder Rindenstückchen in einen Bach, der im Inneren des Gartens entspringt und nahe am königlichen Schloß vorbeiführt. Auf diese Weise können die Liebenden sich verständigen.[16]
Aber weder den Baronen noch dem Hofzwerg des Königs sind die Machenschaften der beiden verborgen geblieben. Sie setzen den König davon in Kenntnis,[17] woraufhin dieser beschließt, sich auf einer Fichte in der Mitte des Gartens auf die Lauer zu legen und von dieser hohen Warte aus die Liebenden zu überraschen. Tristan und Yseult aber bemerken den Schatten des Königs[18] auf dem Quellwasser noch rechtzeitig und können mit Hilfe einer List eine gefährliche Situation verhindern. Eines Tages werden sie aber dennoch in flagranti ertappt und durch den König zum Tode verurteilt, der vor Zorn tobt über das Ausmaß des Verrates, den sein Neffe begangen hat, welchen er doch fast wie seinen eigenen Sohn behandelte...Tristan aber gelingt es schließlich doch, zu entkommen und kann auch Yseult retten, als sie bei Leprakranken ausgesetzt werden sollte. Die beiden Liebenden flüchten sich in den Wald von Morois und halten sich dort mehrere Monate lang versteckt.[19]
Eines Tages spürt sie Mark aber dort, friedlich schlafend und durch das zwischen ihnen liegende Schwert Tristans getrennt, auf. Er verzichtet darauf, sie zu töten, tauscht sein Schwert gegen das Tristans aus und entfernt sich wieder.[20] Tief gerührt über die Milde Marks und einsehend, daß ihr Tun so nicht weitergehen könne, beschließen die beiden Liebenden, sich mit dem König wieder auszusöhnen. Tristan führt die Königin seinem Onkel feierlich wieder zu und begibt sich ins Exil.[21]

Anm. 21: Von hier an weichen die einzelnen Versionen voneinander ab. Für Beroul und die Nachfolge-Tradition der »version commune« ist die Wirkung des Liebestranks zeitlich begrenzt. Auf den Tag genau 3 Jahre nachdem sie diese Mixtur genossen hatten, werden Tristan und Yseult wieder »nüchtern« und hören auf, einander zu lieben; daher ist es nur normal, rationell gedacht und moralisch zufriedenstellend, wenn die Königin dann dem König wieder zurückgegeben wird. In der sog. >höfischen< Fassung wirkt dagegen der Liebestrank zeitlich unbegrenzt, was sich enger an den irischen Archetyp anzuschließen scheint, wo der geis, jenes magische Ritual — das später durch den Liebestrank ersetzt wurde — den Aspekt des unabänderlich Zwingenden und zeitlich Unbegrenzten hat. In der bereits erwähnten walisischen Episode bittet Mark, da er selbst ja über keinerlei Mittel verfügt, persönlich gegen Tristan vorzugehen, König Artus um einen Schiedsspruch. Dieser fällt das Urteil, daß Mark und Tristan sich Yseult zu teilen haben, wobei sie jedem jeweils für eine Hälfte des Jahres zugestanden werden solle. Da Tristan die Zeit des Jahres wählt, in der die Bäume Blätter tragen, erklärt Yseult jubelnd, daß sie nun für immer Tristan gehöre, da ja drei Baumarten — Stechpalme, Efeu und Eibe — das ganze Jahr über belaubt bleiben (cf. J.M.: L Epoqèe celtique en Bretagne, S. 215 - 22 3). Denis de Rougemont vertritt in seinem zitierten Werk (S. 28) die Ansicht, daß die Urfassung die von Beroul sein müsse, da dort die Wirkung des Liebestrankes von begrenzter Dauer ist. »Thomas dagegen«, so argumentiert er, »reduziert — mit feinem Gespür für Psychologie und voller Mißtrauen gegenüber allem irrational Wunderbaren — die Bedeutung des Liebestrankes so weit wie möglich und stellt die Liebe zwischen Tristan und Yseult als eine Art spontanen Ausbruch von Zuneigung dar, zu dem es bereits während der Badeszene gekommen war (in dem Augenblick, als Yseult in Tristan Morholts Mörder wiedererkennt und sie zunächst versucht ist, ihn zu töten)«. Denis de Rougemont betrachtet hier das Problem zu sehr aus der Perspektive von Tristans maskuliner Psychologie und mißdeutet so den Sinn des Ur-Mythos: »In den keltischen Legenden bestimmt das epische Element den Fortgang der Handlung sowie ihr >Denouement<, während dies in den höfischen Romanen von der inneren Tragik geleistet wird.« (S. 145). Rougemonts Irrtum besteht darin, daß er das Motiv des Liebes-Zaubertranks nicht als eine rationalisierende Degenerationsform eines ursprünglich magisch-religiösen Elements erkennt, welches die Menschen tief in ihrem Inneren berührt und eine psychologisch zwingende Wirkung auf sie ausübt. Nähe zur Ur-Sage dürfte vielmehr in der Version des Thomas zu suchen sein, selbst wenn diese dem Mythos Elemente höfischer Denkungsart beimengt.«

Er gelangt in die armorikanische Bretagne, zeichnet sich dort durch brillante Heldentaten ruhmreich aus und nimmt die Tochter des Herzogs Hoel zur Frau, und zwar weil sie ebenfalls Yseult heißt. Die Ehe zwischen Tristan und dieser Yseult aux Blanches Mains (>Weißhand<)[22] wird aber realiter nie vollzogen,[23] da Tristan diejenige, an die er auf unauflösliche Art und Weise gebunden ist, nicht vergessen kann.[24] Mehrmals kommt er in den unterschiedlichsten Verkleidungen nach Cornwall zurück, um Yseult >Blondhaar< wiederzusehen. Bei jeder dieser Begegnungen kommt es erneut zum Ausbruch ihrer Leidenschaft. Eines Tages erscheint der Liebende als Hofnarr verkleidet am Hof König Marks. Er hält vor dem König scheinbar völlig zusammenhanglos-wirre Reden, die aber voller Hintersinn stecken und beschließt seine Ansprache mit folgendem Vorschlag: »Mein König, ich habe eine sehr schöne Schwester. Die will ich Euch überlassen im Tausch gegen Yseult, die ich von ganzem Herzen liebe.« Mark amüsiert sich >königlich< über diesen Vorschlag und will nun von diesem Narren wissen, wie er denn die Königin zu behandeln gedenkt. Darauf antwortet Tristan mit einer Parabel: »Hoch oben in den Lüften besitze ich einen großen Saal, in dem ich wohne. Er ist ganz aus Glas, herrlich schön und von gewaltigen Ausmaßen! Genau in seiner Mitte treffen sich die Strahlenpfeile der Sonne. Er ist in den Wolken aufgehängt. Ganz gleich, aus welcher Richtung der Wind weht, nie bringt er ihn ins Schwanken oder Wanken. Neben dem Saal befindet sich ein reich getäfeltes Gemach ganz aus Kristall. Wenn die Sonne morgen aufgeht, so wird sie dort einen großen Glanz verbreiten.«[25]

Anm. 25: Diese Episode von so auffallender poetischer Schönheit findet sich weder in der »version commune« noch in der höfischen Fassung, sondern lediglich in dem Episoden-Gedicht Folie de Tristan (Oxford-Hs). Dort taucht ebenfalls die Sonnen-Symbolik der Yseult auf. Das Motiv des >Kristall-Gemachs' ist jedoch keltischer Herkunft. Es handelt sich um den Ort der unio mystica der Seelen unter der wiederbelebenden, kraftspendenden Einwirkung der Sonnenstrahlen. So wird in der Brautwerbung um Etaine (cf. J.M.: L'Epoqèe Celtique d'Mande, S. 47) die durch eine Zauberin in ein Insekt verwandelte Heldin von dem Gott Oengus aufgenommen, der sie in seine >Kammer der Sonne' führt, damit sie wieder zu neuen Kräften und zu neuem Leben erstarkt. In der Erzählung von den Abenteuern des Art, Sohn des Conn (ibid. S. 189) findet der Held auf der Ile Mysterieuse (der >Geheimnisvollen Insel<) Aufnahme bei der Feen-Königin und zwar ,,in ihrer >Kristall-Kammer': »herrlich war der Anblick dieses Gemachs mit seinen Türen aus Kristall und seinen Wannen, die unerschöpflich waren, denn, obwohl niemals nachgefüllt, leerten sie sich nie, sondern blieben immer gefüllt.« Auch Grainne, die die archetypische Ahnin der Yseult ist (da ihr Name ja >Sonne' bedeutet) erzählt einmal, wie es dazu kam, daß sie sich in Diarmaid verliebte: »In meinem Gemach mit seinem herrlichen Ausblick habe ich durch meine Fenster aus blauem Glas dich wahrgenommen und bewundert. An diesem Tage richtete ich das Licht meiner Augen auf dich und von da an habe ich niemals mehr einem Anderen als dir meine Liebe geschenkt und werde es auch nie mehr tun.« (ibid. S. 159). In der Meerfahrt des Maelduin (ibid. S. 199) gelangen die Helden über eine »gläserne Brükke« zu einer Festung, wo eine Fee ihnen Speisung sowie ein wunderwirkendes Getränk reicht. Erinnern wir uns ferner daran, daß die Fee Viviane Merlin in einem Schloß gefangenhält, welches aus Luft und Glas besteht, oder daß in der gesamten Literaturtradition der britischen Inseln die >Autre Monde' häufig Kaer Wydr (= castrum vitrium) genannt wird. Chretien de Troyes bezeichnet das Land des Meleagant, jenes Todesgottes, der Guenievre verführt und entehrt, als Royaume de Gorre bzw. de Voirre (= verre, = >Glas<) und in seinem Roman von Erec und Enide nennt er den Maheloas (= Maelwas-Meleagant) »einen hoch-edlen Baron« und zusätzlich ausdrücklich »Sire de l'Ile de Verre« (= >Herr der Gläsernen Insel<) und fügt hinzu: »Auf dieser Insel wird es niemals winter-kalt, noch allzu heiß; nie vernimmt man dort den Donner, man sieht dort weder Blitz noch Wetter und dort gibt es weder Krüppel noch Lindwurmgezücht.« Die kristallene Kammer, in die Tristan und Yseult führen will, ist eindeutig ein Bild des Paradieses, da ja die Liebe zwischen Tristan und Yseult vor allem darauf abzielt, den Urzustand des Paradieses zu reaktualisieren.

Nach diesen doppeldeutigen Präliminarien gibt Tristan sich Yseult heimlich zu erkennen und es gelingt ihm, sich mit ihr zu treffen. Nach seiner Rückkehr in die Bretagne läßt er so naturgetreu wie möglich ein Abbild von Yseult la Blonde anfertigen und bewahrt es in einem Schloß auf, zu dem nur er die geheimen Zugänge kennt.[26] Oft und oft begibt er sich an diesen Ort, um sich die Erinnerungen an das vergangene Glück zu vergegenwärtigen.
Auf einer Fahrt nach Cornwall nimmt er einmal seinen Schwager Kaherdin mit. Dieser verliebt sich dort in Brangwain. Bei der Rückkehr von einer dieser Fahrten[27]
Anm. 27:  »An dieser Stelle fügt Thomas eine Reflexion ein, die im Zusammenhang mit der Quellenfrage der Legende von Interesse ist: er macht nämlich bestimmten Autoren den Vorwurf, sie hätten den Schluß der Geschichte frei erfunden, »sie weichen hier von Breri ab, welcher die >res gestae< und Berichte von allen Königen und atlen Grafen auf(ge-)zeichnet (hat), die in der Bretagne je gelebt haben.« Auch hier stoßen wir wieder auf eine grundsätzliche Schwierigkeit: handelt es sich dabei um die Insel Britannien oder um die armorikanische Bretagne"! Dagegen ist es so gut wie gesichert, daß dieser Breri eine authentische, historische Person ist, denn verschiedene Texte überliefern zahlreiche Hinweise auf seine Existenz, und zwar in den Schreibweisen Breri, Bleri, Bledri, Bledhri und 361 Bledhericus. Giraud de Cambrie (lat. auch Giraldus Cambrensis), ein walisischer Autor aus der Zeit des beginnenden XIII. Jahrhunderts beruft sich z.B. auf ihn und nennt ihn — in Descriptio Cambriae, Kap. XVII — »Bledhericus ille famosus fabulator«. Joseph Loth hat nachgewiesen, daß »jener Bledhericus von Giraldus Cambrensis mit Sicherheit auch Breri ist, denn dieser Name steht für den typisch walisischen Namen Bled-ri, in dem das d als Spirans ausgesprochen wurde. Somit gibt die von Giraldus verwendete Graphie, unter Vernachlässigung des üblichen Suffix -(i)cus, deutlich die walisische Sprechweise wieder.« (in Mabinogion I, S. 73). Daneben taucht diese Person auch in der >Seconde continuation de Perceval' (Londoner Hs.) auf, wo es heißt: ,,. ..wie Bleheris berichtet, der in Wales geboren und erzogen wurde und von dem ich diese Erzählung (über- bzw. vernommen) habe und welcher sie auch dem Grafen von Poitiers mitgeteilt hat, der diese Geschichte sehr liebte und deutlich im Gedächtnis behalten hat.« J. Loth kommentiert diese Passage folgendermaßen: »Demnach dürfte der walisische Bleheri, der offensichtlich der Breri des Thomas und der Bledhericus des Giraldus Cambrensis ist, seine Erzählung einem gewissen Grafen von Poitiers auf direktem Wege vermittelt haben. Die Grafen von Poitiers standen lange Zeit in enger Beziehung zu der Familie des angelsächsischen Königshauses. Jessie Weston vermutet, daß es sich bei diesem Grafen konkret um Guillaume III. handelt, der 1137 starb. Den Zeugnissen anderer Handschriften zufolge dürfte es sich eher um eine schriftliche als um mündliche Vermittlung der Quelle gehandelt haben... Das würde aber bedeuten, daß hier zur Verwendung für eine bedeutende Dichtung ein Fall von direkter Vermittlung der matiere de Bretagne durch einen >Waliser< an einen französischen Autor in schriftlicher Form vorliegt und daß (...) folglich schon vor Thomas und Chretien walisische Artus-Romane existiert haben müssen« (ibid S. 75) (cf. auch Jessie Weston in Romania XXXIII, S. 333; R.S. Loomis in Romania LIII, S. 82 und Arthurian Traditions (1949) S. 18).

muß Tristan einmal einem gewissen >Tristan le Nain< (>der Zwerg) zu Hilfe eilen, da dessen amie von Estout L'Orgueilleux de Castel-Fier[28] entführt worden ist. Diese Unternehmung endet aber in einer Katastrophe: Tristan le Nain wird getötet und Tristan selbst »wurde von einer vergifteten Lanze getroffen, die ihm die Lenden durchbohrte. Er konnte jedoch seinen Zorn darob lindern, indem er den tötete, der ihn verwundet hatte.«[29] Gerade noch mit knapper Not wieder nach Hause gelangt, muß er erkennen, daß die Ärzte ihm wieder keine Hilfe bringen können: seine Wunde infiziert sich unaufhaltsam weiter. Da bittet er Kaherdin, nach Cornwall aufzubrechen und die Königin Yseult mit zurückzubringen. Gelingt ihm diese Mission, so solle er bei seiner Rückkehr auf seinem Schiff ein weißes Segel setzen, falls nicht, ein schwarzes - [30] dadurch könne Tristan schon von weitem erkennen, ob die Königin zu seiner Rettung nahe oder nicht. Kaherdin bricht auf und kann seinen Auftrag erfüllen. Die Rückfahrt wird aber zum großen Kummer von Yseult durch einen Sturm und danach durch eine anhaltende Flaute erheblich verzögert.[31] Endlich steuert das Schiff dann doch noch den ersehnten Hafen an. Yseult aux Blanches Mains aber, die die Unterredung zwischen Kaherdin und Tristan belauscht hatte und seitdem von Eifersucht zerfressen ist, verkündet ihrem Gatten, daß das gesetzte Segel ein schwarzes ist. Tristan hat nun weder Mut noch Kraft, sich länger am Leben zu halten. Er stirbt, und als Yseult den Palast erreicht hat, gibt es auch für sie keinen anderen Ausweg mehr, als ihrerseits zu sterben. Auf diese Weise sind nun die beiden Liebenden im Tode vereint und als man sie Seite an Seite in zwei Gräbern bestattet, sprießen ein Weinstock und ein Rosenbusch aus beiden Gräbern hervor, die sich zu enger Umarmung verranken.

Der Versuch, eine so komplexe Sage von poetisch wie philosophisch derart großer Tragweite zu interpretieren, muß unweigerlich zu einem risikoreichen Unterfangen werden. Zunächst handelt es sich bei der hier wiedergegebenen Version um eine Rekonstruktion auf der Basis der verschiedenen Texte und diese Rekonstruktion ist natürlich nicht unbeeinflußt durch unsere moderne Sehweise des XX. Jahrhunderts, was die Gefahr in sich birgt, ihre wahre Struktur zu verfälschen. Hinzu kommt, daß die zu dieser Rekonstruktion herangezogenen Texte nicht die ältesten sind, da ihre Entstehungszeit erst im XII. Jahrhundert anzusetzen ist, während es als sicher gilt, daß die Ur-Sage bereits lange davor existiert hat. Die erhaltenen Text-Teile sind ihrerseits bereits eine auf den Publikumsgeschmack des XII. und XIII. Jahrhunderts zugeschnittene Interpretation, und was dieses Publikum am meisten bewegte und interessierte, deckt sich sicher nicht mehr mit den Interessenschwerpunkten des keltischen, walisischen, bretonischen und irischen Publikums des V. oder VI. Jahrhunderts, d.h. jener Epoche, in der die Entstehungszeit der Geschichte anzusetzen ist. Auch sind die Erzähltendenzen eines Beroul ganz anderer Natur als die eines Thomas, andererseits bezeugen diejenigen von Gottfried von Strassburg wie die seines Zeitgenossen und Landmanns Wolfram von Eschenbach einen gewissen Hang zu einer elegant-manierierten Höchstkompliziertheit. Bei dem Versuch einer Rekonstruktion der TristanSage kommt man also sicher ständig in engste Berührung mit der wahren Ur-Fassung, ohne jedoch behaupten zu können, jemals wirklich auf sie gestoßen zu sein.[33]
Außerdem sind auch noch die verschiedensten späteren Rekuperationen und literarischen Wiederaufbereitungen der Legende zu berücksichtigen. Lassen wir einmal jene faden Fabulierelaborate aus der Feder eines gewissen Comte de Tressan aus dem Jahre 1782 beiseite — denn diese Epoche hatte noch wenig Sinn und Verständnis für den Mythos —, sondern kommen wir vielmehr auf Richard Wagner zu sprechen, der ja sehr wohl Sinn für Mythisches hatte und auch bewies, daß er durchaus fähig war, dergleichen künstlerisch umzusetzen. Wenn auch die in der Ring-Tetralogie enthaltenen germanischen Mythen auf meisterhafte Art sowohl in seinem Text als auch in seiner Musik Ausdruck gefunden haben, und selbst wenn der keltische Mythos vom Gral in seiner durch Wolfram revidierten und korrigierten Version von diesem großen Komponisten wirklich verstanden wurde, so muß andererseits jedoch eingestanden werden, daß er den Tristan-Mythos weit verfehlt hat.
Denn wem wollte es gelingen, aus einem so verworren schopenhauerisch und pseudo-buddhistisch verbrämten Geschwätz wie dem Libretto von Tristan und Isolde noch die Struktur des Mythos von Tristan und Yseult herauszulesen? In Wagners Musik-Drama ist ständig von nichts anderem die Rede als von »Erhöhung« (kein Mensch versteht, wovon!), von »Verklärung« (kein Mensch versteht, von was!) und von Vernichtung oder Auflösung: die beiden Liebenden gerinnen hier zum diffusen globalen Symbol der Menschheit ganz allgemein, die unter ihrer Zerrissenheit leidet und schließlich d i e Erlösung findet in tatenlos verharrender und friedlich-niedlicher Vereintheit und Einheit des Nirvana, nachdem es ihr gelungen ist, die Idee vom »Leben-Wollen« restlos abzuschaffen. Diese germanisch-buddhistische >Philosophie< hat, mit Hilfe der unbestrittenen Schönheit der Musik und der recht esoterischen Aura der deutschen Romantik, uns alle in die Irre geleitet, sie hat uns mit ihrem Zauberbann belegt und eingelullt, obwohl wir doch mehr oder weniger alle geneigt sind, die Geschichte von Tristan und Yseult nicht nur als die schönste und ergreifendste, sondern auch als die signifikanteste Liebesgeschichte des Abendlandes zu betrachten.
Und signifikant, d.h. aufschlußreich, ist die Tristan-Sage auf jeden Fall, das steht außer Zweifel. Ist sie aber auch wirklich das dichterische Abbild unserer okzidentalen, mediterran zentrierten und — vergessen wir das nicht — christlichen Welt, welches lediglich durch einige Reminiszenzen aus der keltischen und germanischen Tradition angereichert wurde? Es sieht ganz so aus, als hätte man aus Tristan und Yseult eine Rechtfertigung des Ehebruchs machen wollen (da dieser in einer auf der monogamen Ehe basierenden Gesellschaft eine Notwendigkeit darstellt), wenn nicht gar eine Rechtfertigung des Masochismus (vgl. den Begriff >Liebestod<), der übrigens tief verwurzelt ist in der »Schwermütigkeit«, jener germanischen Art der Melancholie. Der Dramatiker und Diplomat (und sogar Aktionär!) Paul Claudel dürfte den absoluten Höhepunkt solch geistiger Verirrung erreicht haben. Hat doch dieser Konfiseur süßer Achgottigkeiten tatsächlich allen Ernstes in einem Brief an Jacques Riviere geschrieben: »0 wie ridikül erscheinen mir diese romantischen Nebelschwaden der rein fleischlichen Liebe und das IahGeschrei jenes großen Esels Tristan! Die menschliche Liebe gelangt doch nur dann zu Schönheit, wenn sie nicht mit Erfüllung/ Befriedigung verbunden ist.«[34]
Und in eben diese Falle sind die meisten der Bearbeiter und Kommentatoren des Tristan-Stoffes geraten, allen voran selbst Denis de Rougemont, der sich ansonsten mit seinem herrlichen Buch »LAmour et l'Occident«[35] als ein Denker von großem Einfühlungsvermögen und außerordentlichem Scharfsinn erweist.
In diesem Buch nämlich macht Denis de Rougemont eine höchst bedeutungsvolle Feststellung über die Psychologie des Abendlandes:
»Der außerordentliche Erfolg des Tristan-Romans«, so schreibt er, »fördert in unserem Innern, ob wir es nun wahrhaben wollen oder nicht, eine heimliche Vorliebe für das Unglück zutage«.
Das ist deutlich genug gesagt und, geben wir es zu, völlig zutreffend. Ist dabei aber auch der Tristan-Roman an sich wirklich richtig verstanden worden? Oder haben wir hier lediglich unsere eigenen Interessen und Vorlieben in ihn hineinprojiziert, die — weil von der römisch-jüdisch-christlich geprägten Gesellschaft des Abendlandes geprägt — doch denjenigen diametral entgegengesetzt sind, die bei der Analyse des Werkes zum Vorschein kommen?

»Man kann sich kaum vorstellen«, schreibt Denis de Rougemont weiter, »daß Tristan mit Yseult jemals eine Ehe eingehen könnte. Sie gehört nämlich auf keinen Fall zu der Art von Frauen, die man heiratet, denn in diesem Augenblick würde man aufhören, sie zu lieben. Man stelle sich nur einmal Yseult als Madame Tristan vor! Das wäre geradezu die Negation der Leidenschaft (passion)!«

Diese Überlegung enthält einen Fehler: Yseult ist ja tatsächlich verheiratet, nämlich mit König Mark, und dieser hört bis zuletzt nicht auf, sie zu lieben. In Wirklichkeit besteht das Problem darin, daß Yseult König Mark nicht liebt, und zwar aus verschiedenen Gründen, der wichtigste davon ist, daß sie ohne ihr Einverständnis und unter Mißachtung ihrer persönlichen Freiheitsrechte verheiratet wurde. Durch ihr Verhalten lehnt sie sich also gegen eine paternalistische Gesellschaft auf, die sie zum Gehorsam gegen Gesetze zwingt, denen sie sich nicht verpflichtet fühlt. Sie entspricht damit der Figur der Blodeuwedd, sie ist die LilithFrau, und daher kann man recht gut verstehen, daß sie, indem sie sich einen Liebhaber nimmt, dies als Herausforderung gegen die Gesellschaft tut.
Diesen Liebhaber erwählt sie sich aber bereits, bevor sie verheiratet wird. Die Frage, ob sie nun verheiratet ist oder nicht, ist also nicht entscheidend. Wir haben es hier vielmehr mit einem Problem zu tun, das bereits von allen Troubadours untersucht wurde, und worauf auch alle Preziösen des VII. Jahrhunderts mit Vorliebe zurückgegriffen haben: auf das Problem, daß die Liebe nicht mit der Ehe kompatibel ist, da die Liebe ein Gefühl ist, das unkontrollierbar ist und dem Bereich der Affekte angehört, während die Ehe eine gesellschaftliche, >legale< und gesetzlich geregelte Institution ist. Man kann jemanden zwar zwingen, zu heiraten oder verheiratet zu bleiben, man kann ihn aber nicht dazu zwingen zu lieben, zumindest nicht aus der Perspektive unserer heutigen Logik, die von der mediterranen Kultur des klassischen Altertums abstammt. Wie wir nämlich sehen werden, stellt sich dieses Problem in einem anderen logischen Denksystem als dem unseren — d.h. in dem der Kelten — in ganz anderer Form dar. Fest steht jedenfalls, daß das Abendland einen Irrtum begangen hat, indem es das Phänomen der Liebe mit dem der Ehe überlagerte, einem Irrtum, den es mit dem hohen Preis einer Reihe von sogenannten »Liebes«-Tragödien bezahlen mußte, was dazu geführt hat, daß in der europäischen Literatur jede sich offen manifestierende Liebe kulpabilisiert, d.h. ständig mit Schuldgefühlen belastet wurde, selbst wenn darin immer mehr der Sonderfall des Ehebruchs den Knotenpunkt der Intrige bildete.

»Die Ehe«, so Denis de Rougemont, »hatte in der Antike eine rein utilitaristische und stark eingeschränkte Bedeutung. Nach dem damaligen Gewohnheitsrecht war das Konkubinat erlaubt. Die christliche Ehe dagegen verpflichtete, indem sie zum Sakrament erhoben wurde, zu einem der Natur des Menschen unerträglichen Maß an >Treue<.«

Tatsächlich hat die Ehe, die die Basis der gegenwärtig paternalistischen Gesellschaft ist, da sie die gesetzlich geregelte Familie definiert, im Grunde nur eine rein gesellschaftliche Funktion. Ihre Funktion ist es, Kinder zu >machen<, um den Fortbestand dieser Gesellschaft zu sichern, und diese Kinder zu schützen, damit sie eines Tages unter den bestmöglichen Bedingungen die jeweils gegenwärtigen Träger der Gesellschaft abzulösen fähig werden.
Wo bleibt bei alledem aber die Liebe? Vergleicht man diese moderne abendländische Familie mit der griechischen der Antike, so macht man eine überraschende Feststellung: der Familienvater des antiken Griechenlands heiratete, um Kinder zu bekommen und um das Fortleben seinergens zu sichern; Liebe suchte und fand er bei den Hetären, Sex bei den Prostituierten niederster Kategorie, und er vervollständigte sein Triebleben sogar noch mit der Praxis der Päderastie im ursprünglichen Sinn des Wortes, die übrigens danach tendierte, regelrecht zu einer gesellschaftlichen Institution zu avancieren. Vergleicht man ferner die modern-abendländische und antik-griechische Familie auf der einen Seite mit der keltischen auf der anderen Seite, die noch auf der ursprünglichen Art des Verkehrs zwischen dem Ehe-Mann und der Ehe-Frau aufbaute und das Konkubinat ebenso uneingeschränkt zuließ wie die zeitlich begrenzte Ehe, so kommt man zu dem Schluß, daß ein tiefer Graben das >heidnische' Zeitalter von christlichen trennt. Dabei darf man nicht außeracht lassen, daß die Kirche die Ehe zunächst lediglich tolerierte, zugleich aber Keuschheit predigte, da sie ja dem Fortbestand der Menschheit ebensowenig entgegenarbeiten konnte wie der Sexualität. So hat sie ganz einfach die Sexualität verdrängt, indem sie diesen Bereich in die Funktion der Fortpflanzung integrierte und diese wiederum durch die Kodifizierung der Ehe streng überwachte. Die Verantwortung für diese Form der Ehe wollte sie dabei nicht einmal selbst übernehmen, sondern übertrug die Kontrolle und Einhaltung des Ehe-Sakraments den Ehepartnern und nicht dem Klerus.
Indem die Kirche die Sexualität verleugnete, verleugnete und unterdrückte sie natürlich das ganze psychische und gefühlsbestimmte System des Menschen. Darin liegt auch der Grund für den mystischen Liebeswahn, der das Christentum jahrhundertelang bestimmte, denn die derart verdrängte Energie mußte ja irgendwie genutzt werden: wenn die menschliche Liebe sich nicht frei (d.h. außerhalb der Fortpflanzungsfunktion) entfalten konnte, so mußte sie in den spirituellen Rahmen mit eingebunden werden, sie mußte der Wirklichkeit entfremdet werden und in eine manchmal recht komplizierte Metaphysik integriert werden, was die Schriften der großen Mystiker auf sehr authentische und verblüffende Weise bezeugen.
Der sogenannte >Amour Courtois<, die >höfische< Liebe, oder auch der >fine amor< der Tourbadours und der höfischen Schriftsteller des XII. Jahrhunderts fügte sich bestens in die skizzierten Interessen und Vorstellungen ein. Mystizismus und Sinnlichkeit vertragen sich in diesen Werken gut, wie auch das Christentum stark vom Heidentum angehaucht ist. Die Sage von Tristan und Yseult ist — so wie sie uns überliefert ist — Ausdruck dieser Zusammenhänge. Will man sie aber wirklich verstehen, muß man sie aus diesem Kontext wieder befreien, sie ihres höfischen Kleides entledigen. Tut man dies nämlich nicht, wird man die Liebe selbst leugnen, was die höfischen Schriftsteller versucht haben, wie Denis de Rougemont feststellt, der sich dabei der beißenden Ironie seiner Gedanken nicht einmal bewußt wird:

»Tristan und Yseult lieben sich nicht.. .Sie lieben die Liebe, die Tatsache, zu lieben. Sie handeln, als hätten sie begriffen, daß alles, was sich ihrer Liebe entgegenstellt, sie gleichzeitig schützt und in ihrem Herzen festigt, um sie im Augenblick des absoluten Hindernisses, des Todes, bis ins Unendliche zu steigern.«

Was bedeutet das genau: da die Liebe etwas rein Abstraktes ist, läßt sie Tristan und Yseult einer Chimäre aufsitzen, die sie ständig suchen, ohne sie jemals erreichen zu können. Daher auch die Rolle des Todes, der in diesem Augenblick nicht mehr »die Vereinigung im Tode« bedeutet, nicht mehr den »Triumph der Liebe über das Leben«, sondern ganz im Gegenteil die Tatsache eines absoluten Scheiterns. Man vergißt vielleicht, daß die Liebe dagegen durchaus Realität ist, und zwar in dem Maße, wie jeder der beiden Partner handelt. Und das Handeln eines jeden von ihnen zeigt sich in den Auswirkungen. Da der Begriff der Liebe von dem der Harmonie, der Übereinstimmung untrennbar ist, können die berühmten Auswirkungen nur komplementär sein, nicht identisch: ein einfacher Vergleich mit elektrischen Phänomenen macht jeden Kommentar überflüssig. Der Blitz (vgl. franz. >coup de foudre< = >Liebe auf den ersten Blick<) kann sich nur mit Hilfe zweier antagonistischer und komplementärer Kräfte entzünden. In erster Linie findet in der Liebe also ein Austausch statt. Dies ist das Gesetz des Altruismus. Tristan kann Yseult etwas geben, Yseult kann Tristan etwas geben: was auf rein sexueller Ebene offensichtlich ist, ist es nicht weniger auf intellektueller, psychologischer und geistiger Ebene.

Denis de Rougemont hat diese Lösung geahnt. »Wenn die Dame (der höfischen Liebe) nicht der Tempel der Liebe der Katharer ist, und nicht die Maria-Sophia der Gnostiker (das weibliche Prinzip der Göttlichkeit), ist sie dann nicht die Anima, oder genauer der geistige Teil des Mannes, derjenige, den seine in den Körper eingesperrte Seele mit nostalgischer Liebe begehrt, welche durch den Tod Erfüllung finden könnte?«

Unglücklicherweise entspringen solche Gedanken geradewegs den esoterischen Elaboraten Jungs und widersprechen allen Grundsätzen der Psychoanalyse. Was haben zudem die Gnostiker in der Interpretation eines keltischen Werkes zu suchen? Und was den möglichen Zusammenhang zwischen den keltischen Sagen und dem Katharertum betrifft (auch dieser wird von Denis de Rougemont ins Auge gefaßt), so muß dieser von Grund auf verneint werden: was man über das keltische Denken weiß, befindet sich im absoluten Gegensatz zum manichäischen Dualismus, zu der formalen Unterscheidung zwischen Gut und Böse, zur Aufteilung des Universums in zwei entgegengesetzte Kräfte und zur Existenz zweier getrennter Welten. Der Dualismus ist bei den Kelten aufgelöst. Ihre Autre Monde ist weder unten, noch oben: sie ist nebenan, und man hat Zutritt, wann man möchte, vorausgesetzt, man kann dieses Reich mit den Augen des instinktiven Verstehens erkennen.
Der Vorteil einer solchen Überlegung ist jedoch — und darin nähert sie sich der Realität der Tristan-Sage —, daß dadurch die bestimmende Rolle der Frau in der höfischen Liebe und demzufolge auch in den Texten, mit denen wir uns beschäftigen, deutlicher erkennbar wird. Wir sind zu sehr eingenommen von der Figur Tristans, dieses >Kultur<-Helden und Ritters »ohne Furcht und Tadel«, (von seinem Verrat an Mark spricht man dagegen kaum und entschuldigt ihn noch: er selbst könne nichts dafür, sondern der Zaubertrank sei an allem schuld!). Wir haben es schließlich mit einer paternalistischen Kultur zu tun, deren Hauptrollen von Männern besetzt sind. So ist die Figur Tristans letztendlich das Muster eines »pauvre type«, eines armen Kerls. Tatsächlich ist es von Anfang an Yseult, die die Fäden in der Hand hält. Dies läßt sich anhand einer irischen Sage erkennen, die älter als die Tristan-Sage ist und im allgemeinen als einer der Archetypen des Romans von Tristan und Yseult betrachtet wird.[36]

Die Verfolgung von Diarmaid und Grainne (Irland):
Finn mac Cumail, der alte König der Fiana, hält um die Hand der jungen Grainne, Tochter des obersten Königs von Irland, Cormac mac Airt, an. Um ihn einzuschüchtern, verlangt sie je ein Paar von allen wilden Tieren, die in Irland leben, als Geschenk von ihm. Cailte jedoch, der Neffe Finns, beschafft die geforderten Tiere, und Grainne kann sich nicht mehr weigern, Finn zu heiraten.[37] Allerdings hegt sie einen unsäglichen Haß gegen ihren Gatten.[38] Nun veranstaltet Cormac ein großes Fest, zu dem er alle Fiana einlädt. Grainne läßt sich alle Fiana nennen, dann ruft sie ihre Dienerin und läßt sich einen Goldkelch mit wertvollen Steinen bringen, den sie mit einem magischen Getränk füllt.[39] Den Kelch läßt sie Finn und den Oberhäuptern der Fiana reichen und fordert sie auf, daraus zu trinken. Alle außer Oisin und Diarmaid[40] schlafen ein, nachdem sie getrunken haben. Nun schlägt Grainne Oisin vor, mit ihr zu fliehen, Oisin jedoch weist dies zurück, indem er sich darauf beruft, daß ein geis ( = Verbot) ihn daran hindert, eine Frau zu nehmen, die seinem Vater gehört oder ihm versprochen ist. Grainne insistiert nicht weiter und wendet sich mit demselben Angebot an Diarmaid O'Duibhne.[41] Auch Diarmaid weigert sich. Nun spricht Grainne diese folgenschweren Worte: »Ich unterwerfe dich einem geis der Gefahr und der Zerstörung, oh Diarmaid, wenn du mich nicht noch diese Nacht mit dir aus diesem Hause nimmst, bevor Finn und die Häupter Irlands von ihrem Schlaf erwachen!«[42] Da kann Diarmaid nicht mehr ausweichen. Er fragt Oisin und andere Fiana um Rat. Alle antworten ihm, daß er keine Wahl habe. So entflieht Diarmaid in Begleitung Grainnes, die ihm gesteht, daß sie ihn seit langer Zeit liebt.[43] Als Finn erwacht, wird er von einer rasenden Wut erfaßt und macht sich sogleich an die Verfolgung der Flüchtigen, gefolgt — wider Willen — von Oisin, Cailte und den Fiana, die Diarmaid wohlgesonnen sind, da sie ihn als Opfer des geis und nicht als Verräter des Königs betrachten. Diarmaid und Grainne flüchten in eine Grotte.[44] Dort werden sie von einer alten Frau verraten, die ihrerseits von Finn getäuscht wird. Also gelingt es ihnen, zu entkommen. Jetzt beschützt Oengus, der Pflegevater Diarmaids, die beiden Flüchtlinge:[45] Grainne nimmt er in den Falten seines Zaubermantels mit sich, und Diarmaid verleiht er die Gabe der Unsichtbarkeit, die es ihm gestattet, mitten durch die Fiana zu gehen. Schließlich sind Diarmaid und Grainne wieder vereint. Oengus rät ihnen eindringlich, niemals am selben Platz zu verweilen, wenn sie der Rache Finns entfliehen wollen. Diarmaid überläßt sich seiner Verzweiflung, in ein von ihm ungewolltes Abenteuer verstrickt zu sein,[46] und so erfährt der Leser, daß Grainne und er noch keine sexuellen Kontakte hatten. Eines Tages, als sie beide durch morastiges Gelände gehen, springt ein Spritzer zwischen Grainnes Beinen hoch und sie schreit, daß dieser Spritzer kühner sei als Diarmaid.[47] Diarmaid bittet sie, sich näher zu erklären. Grainne antwortet mit einem neuen geis, der ihn der Impotenz anklagt. Diarmaid kann nun nicht anders, als Grainne zu gehorchen. Nun sind sie wirklich Liebende, und Diarmaid geht es übrigens dabei nicht schlechter als zuvor, denn er entdeckt die wahre Liebe, die Grainne ihm entgegenbringt. Finn hat indessen nicht auf seine Rache verzichtet. Sieben Jahre lang verfolgt er die beiden Liebenden, er versöhnt sich selbst mit seinen Todfeinden, falls sie ihm helfen wollen. Allein die Fiana, besonders Oisin, Cailte und Oscar, Sohn des Oisin, halten sich in diesem Rachefeldzug zurück. Alles hat jedoch einmal ein Ende: Diarmaid und Grainne haben sich in einer Grotte verborgen, wo sie sich sicher glauben. Aber der Bach, der die Grotte durchfließt und sie mit Wasser versorgt, nimmt auch die Abfälle mit sich, und diese Abfälle weisen Finn den Weg zur Grotte. Finn fädelt nun auf subtile Art und Weise Diarmaids Untergang ein. Er umgibt ihn mit einem Netz von geis, denen dieser nicht entkommen kann: so kann Finn nicht angeklagt werden, Diarmaid selbst getötet zu haben.[49] Unter den Diarmaid auferlegten Pflichten ist zum Beispiel folgende, er kann das Bellen eines jagenden Hundes nicht hören, ohne sich der Jagd anzuschließen. Damit dies geschieht,[50] läßt Finn seinen Hund bei der Grotte bellen und Diarmaid kommt heraus. Finn gibt vor, sich mit ihm versöhnen zu wollen und bittet ihn, mit ihm den Eber von Ben Culbainn zu jagen. Nun hat Diarmaid einerseits die Verpflichtung, niemals etwas zu verweigern, um was er von seinen Gefährten gebeten wird (und Finn ist durch die Versöhnung wieder sein Gefährte geworden), und andererseits ist der Eber von Ben Culbainn niemand anderes, als der in ein Tier verwandelte Milchbruder Diarmaids, dessen Schicksal an sein eigenes gebunden ist. Die Jagd auf den Eber beginnt. Diarmaid, der nicht anders handeln kann, tötet das Tier, und indem er das tut, übertritt er ein anderes seiner Tabus, nämlich niemals einen Eber zu töten. Finn, der wütend darüber ist, ihn wohlauf und gesund zu sehen, bittet ihn, das Tier zu messen. Diarmaid gehorcht, aber die vergifteten Borsten des Tieres verletzen ihn am Fuß und fügen ihm folglich eine tödliche, weil vergiftete Wunde zu.[51] Finn kann nun jedem Menschen die Gesundheit zurückgeben, wenn er ihm selbst Wasser zu trinken bringt. Sein Sohn, sein Neffe und sein Enkel drängen ihn, so schnell wie möglich Wasser zu holen. Er kann sich nicht entziehen, aber er trödelt, bringt das Wasser in seinen Händen und richtet es so ein, daß es zwischen seinen Fingern fortrinnt. Schließlich bedroht ihn sein Enkel Oscar mit einem eigenartigen Kampf, falls er noch länger ausweichen sollte. So kehrt Finn mit Wasser zurück, doch es ist zu spät. Diarmaid ist gerade gestorben.[52]
Das Ende der Geschichte variiert in den verschiedenen Versionen. In einer beweint Oengus den Tod seines Adoptivsohnes und Grainne benachrichtigt die Söhne Diarmaids, die daraufhin einen gnadenlosen Kampf gegen Finn aufnehmen. Und Finn, von allen Fiana verlassen, muß für den Tod Diarmaids ein öffentliches Schuldbekenntnis ablegen. Es gelingt ihm jedoch, Grainne dazu zu bringen, mit ihm zu leben. In einer anderen Version stirbt Grainne vor Schmerz, als sie vom Tod Diarmaids hört, und sie wird im selben Grab wie ihr Geliebter bestattet.[53]

In dieser weitläufigen, epischen Schilderung, deren Einzelheiten oft mit der Tristan-Sage übereinstimmen, zeichnen sich drei wesentliche Elemente ab, auf denen die Struktur des Epos beruht und die uns helfen, den tiefen Sinn der Tristan-Sage zu entdecken.
Zunächst ist es das, was die Iren geis nennen, ein nicht übersetzbares Wort, welches man mehr schlecht als recht mit »Verbot«, »Tabu« oder »magisch-religiöse Verpflichtung« wiedergeben kann. Das zweite wesentliche Element ist die außergewöhnliche Rolle der Frau in dieser Geschichte. Grainne, die in Wirklichkeit die Fäden des Geschehens in der Hand hält, die fähig ist, den Mann wirkungsvoll zu beeinflussen und in ihm eine vollständige, psychische und geistige Verwandlung zu bewirken: Grainne ist eine Frau, die die Macht hat, einzuweihen und zu verwandeln. Dies ist der Sonnen-Charakter Grainnes, diese unentbehrliche Eigenschaft, die gleichermaßen gesucht und gefürchtet ist: Grainne ist eine Art tyrannische Göttin, Königin und Geliebte des Gartens, zu dem der Mann sich Zutritt verschafft hat.
Diese drei Elemente, die sich gegenseitig ergänzen und nur gemeinsam einen Sinn ergeben, bilden den Schlüssel zu der Geschichte und letztendlich zur Deutung des gesamten Mythos der Frau bei den Kelten. Daher ist es wichtig, diese Elemente eingehend zu untersuchen.