»ES GIBT WIEDER, IM VERSCHÄRFTEN MASSE,
EINE FRAUENFRAGE.«
(Margarete Kaiser, 1931)
Chronik
- 1918 Demobilmachungsverordnung für etwa drei Mill. Frauen. Arbeitslosigkeit besonders für verheiratete Frauen
- 1918 neue Artikel im Gesetzbuch: Art. 109 »grundsätzlich« gleiche Rechte für Frauen und Männer. Art. 119 Die Ehe soll auf der Gleichberechtigung der Geschlechter beruhen. Diese können, wie später geschehen, durch Sondergesetze aufgehoben werden.
- 1918 10 % weibliche Mitglieder sitzen im neuen Parlament, diese Zahl reduziert sich schnell wieder. Gesetzentwurf der Frauen gegen Prostitution als Einrichtung. Die Frauenbewegung wehrt sich vereint gegen die niedrigen Sätze für Frauen bei der Festsetzung der Arbeitslosenunterstützung (zwei Drittel des Männeranteils werden verabschiedet). Habilitationsrecht für Frauen
- 1922 Studentinnenzahl nimmt zu; zum ersten Mal Zugang für Frauen zum Richteramt.
- 1923 Gesetz gegen verheiratete Beamtinnen: Entlassung, wenn nach Behördenmeinung der Unterhalt anderweitig gewährleistet ist. Verbeamtung jetzt grundsätzlich erst nach dem 35. Lebensjahr. Der Zugang zum Richteramt und Anwaltsberuf wird Schritt für Schritt wieder verschlossen.
- 1918-33 arbeiten viele Wissenschaftlerinnen in der Frauenforschung
- 1927 Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten wird als Sieg der Frauenbewegung gefeiert.
- 1928 44 Professorinnen gibt es jetzt in Deutschland.
- ab 1929 verstärkte wirtschaftliche Depression: die »Doppelverdieners-Diskriminierung setzt ein, Kampagnen zur Rettung der Familie und gegen »Intellektualismus, Materialismus und Individualismus« der Frau
- 1920 - 30 Viele neue Berufs-Frauenorganisationen entstehen
Mit neuen Parteien und Veränderungen politischer Öffentlichkeit in der Weimarer Republik gibt es auch in der deutschen Presselandschaft Neuigkeiten. Neben einer Reihe traditioneller Zeitungen entstehen jetzt republikanische, fortschrittliche, neben den sozialistischen auch kommunistische Blätter. Auch an den Frauen-Zeitungen geht diese Entwicklung nicht vorbei. Neu für die Geschichte der Frauen-Publizistik sind die zahlreichen Organe, die von den Parteien für die weibliche Leserschaft herausgegeben werden. Daneben gibt es betont unabhängige, sozialistisch sich nennende Zeitschriften wie Die SCHAFFENDE FRAU und DIE UNZUFRIEDENE, die zwar parteilich aber nicht parteigebunden sind. Weiterhm besteht das Zentralblatt des BDF, Die Frau, das allerdings immer mehr fortschrittliche Leserinnen verliert. Die radikale Fraktion der bürgerlichen Frauenbewegung informiert sich in Anita Augspurgs seit 1919 herausgegebener Frau im Staat, die die Frauenrechtlerin zusammen mit Lida Gustava Heymann publiziert. Hausfrauenvereine geben Blätter, die noch konservativer als Die Frau auftreten, heraus, und zahlreiche Berufsverbände, meist kritisch zur Gewerkschaft stehend, haben ihre eigenen Blättchen für die berufstätige Frau im Angestelltensektor. Hinzu kommen noch die konfessionellen Publikationen für Frauen, wovon die Blätter des jüdischen Frauenbundes »für Frauenarbeit und Frauenbewegung« die liberalsten sind.
In diesem Kapitel sind übrigens auch Blätter der Wiener Frauenbewegung dokumentiert, da sie uns im Spektrum der Möglichkeiten einer deutschsprachigen feministischen Presse wichtig erschienen; außerdem nahmen sie zu Frauenfragen in Deutschland Stellung.
Historische Neuerscheinung dieser Epoche ist also die Differenzierung innerhalb der linken Frauenöffentlichkeit, die Blätter der unabhängigen Pazifistinnen, Sozialistinnen, der USPD-, KPD-, und -nennt man sie einmal im gleichen Atemzug - der SPD-Frauen. Die neuen, parteigebundenen Frauen-Zeitschriften und -Zeitungen splittern sich auf in Blätter für Funktionärinnen und aktive Genossinnen und für noch zu gewinnende Proletarierinnen. Zu ihnen gehören
a) DIE KOMMUNISTIN, DIE GENOSSIN, DIE FRAU IM KAMPF, FRAUENWACHT
b) DIE GLEICHHEIT, DER WEG DER FRAU, DIE FRAUENWELT, DIE FRAU
Trend derjenigen sozialistischen Frauenzeitschriften, die sich nicht eingegrenzt als Kader-Blätter begreifen, ist es in den zwanziger Jahren, sich mehr und mehr den Inhalten traditioneller Frauen-Journale anzupassen. Um die Auflage zu steigern, oder auch nur den Leserinnenbestand zu sichern, beschäftigte sich diese Publizistik verstärkt mit den Haushalts-, Mode- und Gesundheitsfragen der Arbeiterfrauen, und propagierte in ihrer Ausrichtung ein kleinbürgerliches WeiblichkeitsIdeal. Daß diese Anpassung eine taktische war, zeigt sich an dem Tatbestand, daß die Organe für die aktive Genossin weiter an den Interessen der berufstätigen und kämpferischen Frau ausgerichtet waren.
So vergrößern die Massenblätter (Ausnahme ist der kommunistische WEG DER FRAU) ihr Feuilleton und vermitteln in ihm wie im ausufernden Mode-, Gesundheits- und Kinderteil ein Frauenbild, das sich am Haushalt als individueller und weiblicher Sphäre, an Unterhaltungs-, Ratgeber- und Entspannungsbedürfnissen der Leserin ausrichtet. Krasser Gegensatz dazu in den Kaderblättern der Frauenpresse: hier wird kein politisches Thema aus Frauensicht behandelt, noch wird parteilich aufgegriffen, was bisher der politische Gegner zu seinen »Frauenthemen« macht. Agitation und allgemeine Schulung, die Propagierung des Sozialismus stehen an erster Stelle. Das Nebenwiderspruchs-Bewußtsein zu Themen der Frauenunterdrückung läßt sich an diesen Blättern leider nicht verleugnen, waren sie doch Medien im ideologischen Kampf um's Bewußtsein. Der Sozialismus war es, der für die Herausgeberinnen auf der Tagesordnung stand; und die Frauen, als Mehrheit der Bevölkerung, mußten dafür gewonnen werden.
Insgesamt gab es in der Weimarer Republik vier Sorten fortschrittlicher Frauenzeitschriften und -zeitungen, die je nach ihrer Funktion, nach ihrer spezifischen Art der Ideologie-Vermittlung an eine jeweils unterschiedliche Leserinnen-Gruppe unterschieden werden können:
- politisch-agitatorische Blätter, die sich zwar an die Frau, aber nur die schon organisierte oder politisierte wenden. Sie verzichten auf eine strategische Aufbereitung des Stoffes, (z. B. DIE KOMMUNISTIN, Die DIE FRAU IM KAMPF)
- politisch-agitatorische Blätter für die Schulung eines noch weitgehend unpolitischen Publikums: In der Hoffnung auf Breitenwirkung flechten sie spezielle Frauenthemen mit ein, meist in Form von Beilagen oder eines Unterhaltungsteils, (z. B. DIE GLEICHHEIT, DIE FRAU)
- Mitteilungsblätter einer Organisation für ihre weiblichen Mitglieder. (z.B. GEWERKSCHAFTLICHE FRAUENZEITUN, GENOSSIN)
- Blätter, die eine politische Ideologiebildung anhand von spezifischen Frauenproblemen und -fragen entwickeln. (z.B. DIE SCHAFFENDE FRAU, FRAUENWELT)
Beispielhaft für dieses Zielgruppenkonzept ist die Fächerung der Frauenpublizistik durch die SPD: Die Genossin als Parteiblatt, Die Gleichheit als Schulungs- und Unterhaltungsblatt, das allerdings mehr und mehr zu letzterem tendiert, und Die Frauenwelt als strategisches Blatt für die Politisierung eines weiblichen Massen-Publikums.
In den spät-zwanziger Jahren, als die linken Massenblätter für die Frauen der Weimarer Republik, auf Breitenwirkung abzielend, sich opportunistisch an ein herrschendes Frauenbild anpaßten, waren es allein Die Unzufriedene und Die Frau, die als sozialistische Zeitschriften bei einem emanzipierten Frauenideal blieben. Aber auch die radikalbürgerliche Frau im Staat blieb dabei, in alter frauenrechtlerischer Tradition, primär Frauenprobleme und -mißstände anzusprechen und für eine autonome Frauenpolitik einzutreten.
Die revolutionären Frauenblätter verkümmerten mehr und mehr zu abstrakten Kampfpostillen, die ihr Hauptziel darin sahen, daß die Frauen Seite an Seite mit den Männern für die Revolutionierung der Gesellschaft kämpften. Frauenfragen wurden nur in Form von Aufklärung über gesetzliche Initiativen im Reichstag, über Ernährungs- und Erziehungsdebatten behandelt. Mit der bürgerlichen Frauenbewegung, selbst mit den Forderungen ihres radikalen Zweiges, setzte man sich nicht auseinander. Widersprüche zwischen Genossen und Genossinnen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gab es scheinbar nicht. Man ging davon aus, daß sich die Lage der Frauen erst nach der Revolution ändern ließe, daß aber die revolutionären Kämpferinnen schon jetzt ein ungebrochenes Beispiel abgeben für die Emanzipation. Ansonsten wurde gerade in den KPD-Organen regelmäßig auf die Errungenschaften der Sowjetunion verwiesen. Eine kritische Auseinandersetzung, gerade mit den Veränderungen für die Frauen nach Einführung der Neuen Ökonomischen Politik 1921, im Verlauf derer eine Reihe von Frauenrechten wieder zurückgenommen wurde, fand nicht statt.
Wird in den bürgerlichen Zeitschriften und denjenigen sozialistischen, die sich dem gängigen Frauenbild anpassen, die Kultur nur zur Flucht aus den Widrigkeiten der Alltagswelt benutzt, so dient die Kulturrubrik in der agitatorisch aufgebauten Frauenzeitschrift hauptsächlich einer vereinfachenden Kulturkritik als Ersatz oder Pendant politischer Auseinandersetzungen. Im Weg der Frau wird so Irmgard Keuns populärer Roman »Gilgi, eine von uns« unter der Überschrift »Gilgi, eine vom Vorwärts« für eine oberflächliche SPD-Kritik (Vorwärts, SPD-Organ, das den Roman abdruckte) benutzt. Darüber hinaus wird mit dem Gestus vulgärmarxistischer Literaturkritik operiert, orientiert an den Thesen des damaligen »Bundes Proletarischer Revolutionärer Schriftsteller«, (BPRS) der einen Kriterienkatalog für eine parteiliche Literatur entwickelt hatte. Von der Autorin Keun wird verlangt, sie solle gefälligst ein positives, sprich klassenbewußtes Bild von der inneren Haltung der Telefonistinnen geben und bitte eine Perspektive für Gilgi und andere Frauen hinzufügen.
Insgesamt kommt in den neuen Frauenzeitschriften der Weimarer Republik weder ein rein bürgerliches noch ein besonders emanzipatorisches, sondern ein sehr widersprüchliches Frauenbild zum Vorschein.
So wird z. B. in der Frauenwelt unter der Überschrift »Die Severine« eine französische Journalistin und Freiheitskämpferin vorgestellt, die schon früh die ihr oktroyierten Geschlechtsgrenzen überschritt. In der gleichen Ausgabe wird unter der Rubrik »Körperpflege« von der Menstruation (1931) als einer Krankheit gesprochen, die die Frau in Form einer offenen Wunde allmonatlich in ihrem Körper auszuheilen habe. Und in der Kämpferin, (der USPD nahestehend) die sich einerseits für die Rechte nichtehelicher Mütter und Kinder einsetzt, kann im gleichen Heft ein Genosse Baumeister B. die objektiv noch notwendige Unterordnung seiner Frau kommentarlos legitimieren. In der SCHAFFENDEN Frau, die sich dem »modernen Frauentum« verschrieben hat, setzt sich eine Autorin kritisch-dialektisch mit der »Doppelverdiener«These auseinander - doch ein Artikel, unmittelbar davor stehend, idealisiert den Hausfrauenberuf als Amt auf Lebenszeit und menschliche Insel inmitten der entfremdeten Arbeitswelt. Selbst die pazifistische, autonom-feministische Zeitschrift Die Frau im Staat offenbart ein überzeitlich-naturhaftes Frauenbild.
In keiner der Zeitschriften wird von der Öde und Isolation des Hausfrauen-Daseins gesprochen. Grundtenor ist immer die leider zwingende Notwendigkeit, die Doppelrolle zu verbinden: Erwerbstätigkeit und Erziehung der Kinder mit Haushaltspflichten. Ein erfülltes Hausfrauendasein und mit Ruhe, Geld und Bildung die Kinder zu erziehen, schien noch immer der eigentliche, unerfüllte Wunschtraum sowohl der Bürgerlichen als auch der Sozialistinnen zu sein. Einzig die KPD-Organe lehnen das ab und orientieren auf die in der Sowjetunion ihrer Meinung nach beispielhaft funktionierende Vergesellschaftung der Haushalte durch Großküchen, Hauswäschereien und Ganztagsschulen. In den neuen Blättern der Linken wird die Agitation zum dominierenden Sprachgestus bewußt abgegrenzt gegen den noch erörternden Stil der Vor- und Kriegszeitschriften einer heterogenen Frauenbewegung. In den übrigen Frauen-Zeitschriften Weimars sind sachliche Information, der Brief, die Novelle oder der Fortsetzungsroman und der immer routinierter werdende Leitartikel üblich. Insgesamt nimmt die Werbung einen ganz neuen Stellenwert ein. Neben der schon früher üblichen Bücherannonce ist jetzt die kommerzielle Anzeige für Konsumprodukte imimmer mehr ausgeweitet worden. Illustrationen gehören ab jetzt zum Erscheinungsbild. Nicht nur, daß innerhalb der Zeitschrift Fotos und Zeichnungen das Bild auflockern oder Zusatzinformationen geben, für viele Objekte wird jetzt ein jeweils wechselndes Titelfoto zum ersten Mal geschaffen. Früher hatten die Blätter einen uniformen Einband, der von Nummer zu Nummer gleichblieb und meist sehr sachlich, höchstens mit dekorativen Buchstaben gestaltet war. Jetzt differenzieren sie sich nicht nur als unterschiedliche Unternehmen schon im Titel, sondern auch das eigene Blatt von Monat zu Monat oder Woche zu Woche. Was augenscheinlich auch zunimmt, ist die feste Rubriken-Einteilung und die Ausweitung des Feuilletons. Leserbriefe, oft auch -anzeigen oder -foren werden für viele Journale zum regelmäßigen Bestandteil, von den Leserinnen vielfältig genutzt.
Die meisten Blätter konnten nur ein paar Jahre existieren. Sie bekamen die steigenden Papierpreise und den durch die Wirtschaftskrise fallenden Lebensstandard ihrer Leserinnen sehr schnell zu spüren. Eine Frauenzeitung neben der Tageszeitung zu halten, war bald ein Luxus für die Arbeiterfamilien. Außerdem aber war die Konkurrenz der linken Zeitschriften um dieselbe Zielgruppe »Proletarierin« sehr groß. Bis zum Verbot der meisten, bis 1933 durchgehalten haben nur DIE FRAUENWELT, DIE FRAU, DER WEG DER FRAU, DIE GEWERKSCHAFTLICHE FRAUENZEITUNG, die ARBEITERINNENZEITUNG, DIE GENOSSIN, DIE KÄMPFERIN und die Wiener FRAU.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen erschien DIE KOMMUNISTIN seit 1925 als Beilage zur ROTEN FAHNE.
Der Preis der Blätter bewegte sich zwischen 20 Pf. und einer Mark.
Als Folge der zunehmenden Verbürgerlichung der SPD als Regierungspartei in Weimar nimmt die Auseinandersetzung zwischen den sozialdemokratischen und kommunistischen Frauenblättern immer mehr zu. Der Abgrenzungsdruck ging von der Sozialdemokratie, besonders nach der Erschießung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts aus, deren Verschleierung Noske als SPD-Polizeipräsident von Berlin zu verantworten hatte. Aber tragisch und nicht nur für die revolutionäre Frauenpublizistik typisch ist doch die von den Kommunisten aufgenommene und auch gegen die fortschrittlich-bürgerlichen Frauen ausgeübte Abgrenzungspolitik - gerade angesichts des drohenden Faschismus in Deutschland. In den revolutionären Blättern wurde sich in den dreißiger Jahren immer vehementer gegen die »Sozialfaschisten« (SPD), die »spinnerten Pazifisten und Utopisten« (USPD) und die »bürgerlichen Damen« abgesetzt.
Andere, fortschrittliche Frauenzeitungen arbeiten jedoch seit Bestehen zusammen. So bezieht sich Die schaffende Frau zum Beispiel auf die ebenfalls unabhängige Unzufriedene, die SPD- und USPD-Blätter grenzen sich nicht grundsätzlich voneinander ab, und beide wiederum nicht von der radikalbürgerlichen FRAU IM STAAT. Auf der anderen Seite bestanden natürlich Verbindungen unter allen dem BDF nahestehenden Organen.
In den dreißiger Jahren nimmt in mehreren Frauenblättern die Auseinandersetzung mit dem Faschismus zu, so im WEG DER FRAU, in den BLÄTTERN DES JÜDISCHEN FRAUENBUNDES, der GEWERKSCHAFTLICHEN FRAUENZEITUN, Der FRAUENWELT und natürlich in der gesamten kommunistischen Frauenpresse. War hier die Abgehobenheit der Inhalte und vorweggenommene Kampfbereitschaft der Leserin das Problem, so ist das Dilemma der meisten anderen Blätter das »Zuspätkommen« im Antifaschismus und die Hilflosigkeit, dem faschistischen Frauenideal etwas konsequent Anderes entgegen zu setzen.
Hier ein paar Beispiele für den Originalton des »hilflosen Antifaschismus« kurz vor 1933:
FRAUENWELT, H. 9 1932
»Die Sozialdemokratie, indem sie am 1. Mai für Verkürzung der Arbeitszeit und damit für die Vermehrung der Zahl der Beschäftigten eintritt, indem sie Arbeitsbeschaffung durch staatliche Mittel verlangt, dient dem zehnmal mehr als das Maulheldentum, das falsche Versprechungen abgibt und selber nicht hält, wie Herr Hitler zeigt.«
FRAUENWELT, H. 2 1932
Die angekündigte Erweiterung des Blattes wird damit begründet, daß der Kampf gegen den Nationalsozialismus aller Machtmittel der Arbeiterklasse bedarf. Und dann folgt:
»Die proletarische Frau wird in diesem Kampfe besonders aktiv werden müssen. Dazu bedarf sie guter Waffen. Eine der erprobtesten und bewährtesten ist ohne Frage die »Frauenwelt«. Sie wird wie stets in vorderster Reihe kühn, unerschrocken und mit glühender Leidenschaft wie bisher in diesem Kampfe stehen.«
GEWERKSCHAFTLICHE FRAUENZEITUN, No 10/1932 aus:
Der Kochtopf und die Frauen. Zur Reichstagswahl am 6. Nov. 32
»Unbestritten ist, daß von den verheirateten Frauen, die in Fabriken usw. tätig sind, die Mehrzahl lieber heute als morgen sich nur ihrer Hausarbeit widmen würden, wenn sie es nur könnten, und daß auch viele junge Mädchen auf den Tag warten, wo sie als Hausfrau schalten können am eigenen Herd und nicht mehr Fabrik oder Büroarbeit leisten brauchen ...«
Kurze Zeit später, mit dem Sieg des Nationalsozialismus wurden alle bürgerlichen Frauenblätter und -Organisationen vor die Wahl gestellt, sich entweder der NS-Frauenschaft anzuschließen oder aufzulösen. Die kommunistischen und sozialistischen Blätter und Organisationen wurden sowieso gleich nach der Machtergreifung wie die Gewerkschaften verboten, und anschließend ihre Mitglieder und -arbeiter verfolgt. Unter der Regie von Gertrud Bäumer, die in der Weimarer Republik Abgeordnete und Ministerialrätin gewesen ist, allerdings besteht »Die Frau« weiter. Der BDF löste sich auf, obwohl im Bund zuvor eher die Ähnlichkeit zwischen Frauenbewegung und Nationalsozialismus betont als deren Unterschied formuliert worden war. Auch das Blatt FRAU UND GEGENWART wurde während des Faschismus weitergeführt.
Einige Publizistinnen emigrierten - in erster Linie die schon länger außerhalb des BDF stehenden Radikalen wie A. Augspurg, L.G. Heymann, H. Stöcker, auch Adele Schreiber und Alice Salomon, die schon 1919 aus Protest gegen die nationalistische und antipazifistische Ausrichtung des Bundes aus dem BDF-Vorstand zurückgetreten waren. Viele der KPDlerinnen haben im Untergrund weitergekämpft, einige der Journalistinnen, die zu den Mitarbeiterinnen der zahlreichen Frauenblätter gehörten, wurden verfolgt, sind emigriert oder umgekommen.
DIE KÄMPFERIN wurde im Verlag Louise Zietz (USPD) von Mathilde Wurm in Leipzig herausgegeben. Das Frauenblatt der USPD erschien von 1919 - 22. Als eine Mischung aus Funktionärinnen- und Schulungszeitschrift für die »einfache« Genossin ist sie wenig populär aufgemacht, ohne Bild- und Werbungsmaterial. Das Blatt tritt mit sehr kämpferischem Sprachgebrauch auf, wobei es den Klassenkampf vor den der Frauen stellt und teilweise traditionelle Frauenbilder zeichnet. Bei den besprochenen Büchern stehen Frauenpublikationen nicht im Vordergrund.
Regelmäßig wird die Beilage »Für unsere Kinder« gedruckt, die Geschichten und Gedichte bringt, in denen versucht wird, eine humanistisch-sozialistische und pazifistische Tendenz zu vermitteln. Das Heft erschien 14tägig und kostete 50 Pfg., Umfang ca. 12 Seiten; Mitarbeiter waren Frauen und Männer.
DIE KOMMUNISTIN kam in Berlin von 1919 bis 25 als Fortsetzung der SPARTAKISTIN, die nur in 20 Nummern zwischen 1919 und 1920 erschien, heraus. Gegründet und unter ständiger Mitarbeit von Clara Zetkin ist es das Organ der Kommunisten. Unterstellt dem Frauensekretariat der KPD wurde es von Martha Arendsee verantwortlich redigiert. Die Kommunistin versucht, in ihrer Agitation drei Funktionen zu verbinden:
- Aufklärung und Werbung unter den noch nicht geschulten Genossinnen.
- Schulung der in der Agitation tätigen Parteimitglieder.
- Vermittlung besonderer Nachrichten und Anregungen für die Frauenagitation sowie allgemeiner Partei-Richtlinien.
Die Frauenagitation sollte »der mangelnden politischen Reife der Frau und ihrer besonderen Lebens- und Denkweise« entsprechen. (Parteitagsbericht der KPD Berlin 1921).
DIE KOMMUNISTIN unterstand als Parteiorgan der Kontrolle der Parteizentrale, die auf Schwerpunkte und sogar den Stil des Blattes Einfluß nahm (Parteitagsbericht der KPD 1923 macht das deutlich). Die Redaktion mußte sich daher in ihrer Arbeit auf die allgemeinen Richtlinien zur Frauenagitation beziehen. 1923 werden auf dem Parteitag Vorwürfe gegen die Kommunistin laut, die daran erinnern, wie Clara Zetkins Konzept der Gleichheit durch die SPD kritisiert wurde. Die Kommunistin, die sich im gleichen Dilemma wie ehemals die Gleichheit befindet, nämlich Funktionärinnen-Interessen und Schulung anderer Leserinnen zu verbinden, ist den KPD-Genossen/innen zu unpopulär und wissenschaftlich. In der Umformung zur Beilage für KPD-Tageszeitungen ab 1925 wird schließlich versucht, einen aktuellen und weniger akademischen Journalismus zu betreiben, die Agitation als Hauptzug aber bleibt.
DIE KOMMUNISTIN hat immer bewußt gegen die Konkurrenz der GEWERKSCHAFTLICHEN FRAUENZEITUN gekämpft, die ungefähr eine sechsfach größere Auflage hatte. (Kommunistin ca. 30000 in den drei Jahren, G. Fz. ca. 200000 Auflage).
Ebenso bewußt, und zwar ideologisch motiviert, zog sie gegen die SPD-KÄMPFERIN und die USPD nahe SCHAFFENDE FRAU ins Feld. Der Bezug zu frauenspezifischen Problemen oder die Anknüpfung an Themen, die unter den Frauen populär waren, ist eher vermieden worden. Die Autoren/innen nutzten berufsbezogene Fragen zur Agitation gegen die Weimarer Republik insgesamt, indem sie in jedem Problem, in gesetzlichen Regelungen und der Doppelbelastung berufstätiger Frauen das Gesamtsystem angriffen. Als Perspektive wird die UdSSR meist zitiert, oder die Unterstützung der KPD am Schluß eines Beitrages gefordert. Von Frauenkonferenzen der KPD und der Kommunistischen Internationale ist natürlich sehr ausführlich die Rede. Spannend zu lesen sind manchmal die Reden einiger kommunistischer Abgeordneter im Reichstag. Ihr selbstbewußter und kämpferischer Ton ist meist erfrischender als die journalistischen Beiträge im Blatt. Politische Theorie versucht DIE KOMMUNISTIN dialektisch mit aktueller Information und Kritik der Tagespolitik zu verbinden, was einen immer vorhersagbaren Stil für fast alle Artikel der Rubrik zur Folge hat.
Die Dienstboten-Frage, zentrales Thema der frühen Frauenbewegung hat sich in den 20er Jahren zur Hausangestellten-Diskussion verändert. War 1848 die Einheit der bürgerlichen Frauen mit den weiblichen Dienstboten durch die gemeinsamen Frauen-Vereine suggeriert, versuchten um die Jahrhundertwende die in der Frauenbewegung engagierten Besitzbürgerinnen ihre Hausangestellten noch aufzuklären, so wurde spätestens in der Weimarer Republik der Interessen- und damit auch Klassengegensatz unter den Frauen immer deutlicher. An der Dienstboten-Frage läßt sich die Differenzierung der sozialen Frage in der Frauenbewegung ablesen. Die objektiven Grundlagen für die Unversöhnlichkeit zwischen besitzenden und lohnabhängigen Frauen betonten viele der sozialistischen Frauenzeitungen. DIE KOMMUNISTIN tat dies in dem von uns abgedruckten Beitrag zum »Vorentwurf zum neuen Hausangestelltenrecht«. (Vgl. S. 180) Das Blatt erschien im Frankes Verlag 14tägig und kostete 30 Pfg.
DIE FRAU, eine SPD-Zeitung aus Wien, wurde schon seit 1891 herausgegeben, und konnte sich bis 1938 halten. Sie nannte sich »Sozialdemokratische Monatsschrift für Politik, Wirtschaft, Frauenfragen und Literatur« und erschien monatlich im Verlag Vorwärts, herausgegeben von der durch ihre Biographie bekannt gewordene Adelheid Popp. Redigiert wurde sie von der österreichischen Beamtin Eugenie Brandl, die in der österreichischen Frauenpolitik sehr aktiv war. Das Blatt war für Arbeiterinnen geplant, trat kämpferisch, polemisch, auch gegen Frauen auf, war sehr vielseitig informativ und vermittelte ein für die damalige Zeit radikal-feministisches Frauenbild. Ein Überblick über die Themen eines Heftes von 1930 (No 11) macht dies deutlich:
In einer Auseinandersetzung anläßlich der Wahlen mit den seit 1920 regierenden Parteien werden deren Versprechen mit den Resultaten, besonders hinsichtlich der Frauenprobleme, konfrontiert. Im Artikel »Frauenwahlen in Deutschland« setzt sich Die Frau mit der These auseinander, Frauen wählten grundsätzlich immer konservativer als die Männer. Die aktuelle Tatsache, daß die rechten Parteien mehr Ausstrahlungskraft für die Frauen besitzen, wird nicht zurückgewiesen oder verschönt. Aber stattdessen werden Bedingungen für dies Verhalten gesucht. Und diese liegen nach der Meinung der Frau in der mangelnden politischen Aufklärungsarbeit der Parteien, in der traditionellen Orientierung der Wählerinnen am eigenen Mann und auf die gerade stärkste Partei. Die Frauen werden hier zwar kritisiert, aber mit dem Ziel, sie wachzurütteln. Der Bericht vom Kongreß für Sexualreform klärt parteilich, hier mit den radikal-bürgerlichen Feministinnen sympathisierend, über die Ziele und die Forderungen des Kongresses auf. Gegen bürgerliche Moral und Justiz geht die Stoßrichtung, wenn es um Verhütung, Aufklärung und die Aufhebung des Abtreibungsparagraphen geht: auch gegen die reaktionären Ehegesetze wie gegen eine Bestrafung von Homosexuellen. Ein weiterer Artikel berichtet von den »Frauen bei der Massendemonstration in Ungarn«, die am 1. September 1930 gegen Arbeitslosigkeit und Hunger geführt wurde. Der Augenzeugenbericht zerschlägt das Weiblichkeitsbild der herrschenden Ideologie, indem er das mutige Verhalten gerade der Frauen aufzeigt. In der »Beratung in allen Lebenslagen« geht es um eine Rechtfertigung der sozial- und psychisch beratenden Sprechstunde, die die Zeitschrift Die Unzufriedene eingerichtet hat, eine sozialistische Institution, die nicht den Anspruch erhebt, Not wirklich beseitigen zu können, aber eine Aussprache- und Ratgebermöglichkeit sein will. In der »Bücherschau« werden unter acht Titeln, immerhin drei Frauenbücher vorgestellt, darunter der pazifistische Roman »Mrs. Biest pfeift«. In ihm schildert die Engländerin Helen Smith ihre Erfahrungen mit weiblichen Vorgesetzten in der Armee während des ersten Weltkrieges. Sie tritt mit antimilitaristischer Vehemenz gegen die These an, Frauen als Vorgesetzte machten das Leben, selbst im Militär menschlicher. Im Feuilleton-Bericht »New York, die traurigste Stadt der Welt« werden Illusionen mit der Realität von kleinbürgerlichen Angestellten aus Deutschland konfrontiert, die dort ihr Glück suchten: Eine Kultur-und Kapitalismuskritik, die auch heute noch aktuell ist.
DER WEG DER FRAU, eine Berliner, der KPD nahestehende Frauenzeitschrift, war eine antifaschistische Illustrierte, die unter der Leitung von Marianne Gundermann monatlich für 20 Pfg. herauskam. Mit Schnittmusterbogen kostete die 32 Seiten umfassende Illustrierte 10 Pfg. mehr. Sie hatte viele weibliche und männliche Mitarbeiter und beteüigte auch ihre Leserinnen regelmäßig an ihrer Gestaltung: Durch Briefe, Berichte und Korrespondenzen. Immer wiederkehrender Bestandteil sind die Geschichten von Frau Gründlich und Frau Grämlich, einer jungen Kommunistin und ihrer alten, »miesepetrigen« Nachbarin, einer unpolitischen Frau — Figuren, die einem Theater-Team für SketchAufführungen entnommen waren: ein Beispiel kultureller Frauenagitation in den 30er Jahren. Der Weg der Frau kam von 1931 - 33 heraus und wurde dann von den Nazis verboten. Das Blatt mischt alle jorunalistischen Formen, es ist agitatorisch, aufklärendinformativ, bringt parteiliche Reportagen und polemische-antimilitaristische Beiträge. Das Foto wird bewußt in die Information und Reportage eingebaut. Obwohl auch hier sich in recht simplifizierender Weise mit SPD und USPD auseinandergesetzt wird, ist dies nicht der Schwerpunkt des Blattes. Bei aller Vereinfachung in der Propaganda, einem Zug der Zeit, bildet es doch die entfaltetste Form einer kommunistischen Frauenpublizistik der Weimarer Republik: es knüpft an sogenannte Frauenthemen an, um sie im Blatt selbst zu politisieren. Dabei beschränkt es sich nicht, wie Die Gleichheit etwa oder Die Kommunistin darauf, die Parteirichtlinien zur Frauenagitation weiterzuvermitteln. Doch leider ist auch in diesem Journal der pädagogische, manchmal sehr besserwisserische Gestus gegenüber der »unbewußten Leserin« nicht zu übersehen. Die GILG1 - Auseinandersetzung (vgl. S. 190) ist somit nicht nur als ideologische Abgrenzung typisch für das Blatt, sondern durchaus auch als spezifische Aufklärungsgeste der KPD-Publizistik gegenüber den Frauen.
DIE FRAU IM STAAT wurde seit 1919 von Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann in München herausgegeben. Sie galt unter anderem als Publikationsorgan der »Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, deutsche Sektion« und stand damit immer auf der Seite der radikalen, bürgerlichen Frauenrechtlerinnen und Pazifistinnen. Sie erschien, als die Staatsbürgerin von Adele Schreiber, das Organ der »Deutschen Vereinigung für Frauenstimmrecht« einging, ein Blatt, das wiederum die von Anita Augspurg geleitete Zeitschrift »Frauenstimmrecht« seit 1914 ablöste.
DIE FRAU IM STAAT erschien monatlich 24 Seiten stark, für einen Preis von einer Mark. Unter ihren Mitarbeiterinnen befanden sich auch Helene Stöcker und Frauen wie Lucie Hoesch-Ernst, Leopoldine Kulka, Gertrud Eysoldt, Gertrud Baer, Anna Croissant-Rust und Regina Ulimann.
Die Zeitschrift tritt, von bürgerlichen Frauen gemacht, interessanter Weise für eine Sozialisierung ein, sie versucht, gerade bürgerlich-liberale Frauen dafür zu gewinnen. Sie tut dies, indem sie die Leserinnen aufruft, auf Privilegien zu verzichten, die sie eh nur noch auf dem Papier haben. »Eine allmähliche Sozialisierung« sei »aber auch im eigensten Interesse des vielfach schon so proletarischen Bürgertums« heißt es in No 1, 1919.
Man muß bedenken, die Zeitschrift kam in München heraus, wo 1919 die erste und letzte Deutsche Räterepublik ausgerufen worden war. Dort waren schon einige Frauen in der Regierung vertreten, so z. B. die Mitarbeiterin Gertrud Baer.
In der Abhandlung »Die Frauen und die Parteien« wird gegen die männlich-schädliche Struktur der herrschenden Parteien polemisiert und für einen überparteilichen Zusammenschluß der Frauen geworben. Der Grundzug dieser Zeitschrift ist allerdings idealistisch-pazifistisch; so soll der Klassenwiderspruch durch Zusammenarbeit aller Frauen und mit der Idee der friedlichen Sozialisierung überbrückt werden. In ihren Berichten über Bayern und die Lage der Frauen in der neuen Räterepublik wird verschwiegen, daß die Frauen gerade in den bayerischen Räten nur sehr minimal vertreten waren, auch im Parlament nur einige »Alibifrauen« saßen. Daß also noch sehr viel unter den Frauen hätte getan werden müssen, ehe solch frauenfeindliche Gesetze wie das kritisierte für Erwerbslose (vgl. S. 195) hätte verändert werden können.
Doch nicht nur hierbei, im ganzen Blatt ist ein recht fortschrittsgläubiger und zukunftsoptimistischer Ton angestimmt. Die Frau im Staat, auf ihre Art schon fast eine moderne Mischung aus feministischen, pazifistischen und sozialistisch-utopischen Elementen, macht aber auch eine Argumentation sichtbar, die die Frauen als von Natur aus bessere, politisch noch unverdorbene und dem Leben zugetane Wesen erklärt, eine biologistisch begründete, mystifizierende Argumentation, die interessanter Weise gerade von einem männlichen Autor vertreten wird. (No 1, 1919) Andererseits zeigt dieses unabhängige Blatt Skepsis gegenüber einer »Freien Frauenpartei«, die sich in Berlin gegründet hatte - man will erst ihre politische Tendenz abwarten!
DIE FRAUENWELT, vom SPD-Vorstand in Berlin herausgegeben, erschien unter der Leitung von Tony Sender zwischen 1924 - 33. Sie macht fast den Eindruck einer heutigen Zeitschrift, nicht zuletzt durch die Reportagen und die Fotos, die hier schon sehr professionell verarbeitet werden. Auch die Ansichten zum Berufsleben der Frau, zu Einrichtungsfragen und Kleidung sind progressiv, dabei auf die Lebensbedingungen der Arbeiterin und Kleinbürgerin abgestimmt. Überwiegend für die berufstätige Frau verfaßt hat Die Frauenwelt trotzdem, oder gerade vielleicht deshalb, einen großen Feuilleton-, Mode- und Gesundheits-, wie Kinder- und Ratgeber-Teil. Die Filmkritiken im Feuilleton haben einen selbstbewußt bürgerlichen Stil, keine Kulturkritik im Sinne des Klassenkampfes, dabei aber durchaus aus parteilicher Sicht. Die Schilderung sozialer Mißstände endet nicht selten mit einem Appell oder mit indirekter Anklage an den Staat, aus ihrer Sicht Motor sozialer Veränderungen. Kein klassenkämpferisches Pathos, sondern eher realpolitisch argumentierende Publizistik dominiert in diesem Blatt, auch wenn im Feuilleton sentimental-proletarische Heldenstücke aufgeführt werden. Ein Widerspruch übrigens, der fast alle Blätter durchzieht: In der Tendenzausrichtung des Kulturteils hinkt deren literarisches Niveau noch hinter den ebenfalls nicht immer auf der Höhe der Zeit liegenden journalistischen Beiträgen her.
DIE FRAUENWELT erschien vierzehntägig und kostete 35 Pfg., mit Schnittmustern 45 Pfg. Sie war 22 Seiten stark mit etwa 4 Seiten Anzeigen. Als Beilage erschien regelmäßig »Unsere Kinder«, für die Kinder witzig aufgemacht mit Bildern, Rätseln, Geschichten und frechen Versen, in denen auch ein selbstbewußtes Mädchenbild vermittelt wurde.
DIE SCHAFFENDE FRAU, eine unabhängige »Zeitschrift für modernes Frauentum«, die der USPD nahestand, wurde seit 1930 von Margarete Kaiser herausgegeben. Sie erschien monatlich in einem Umfang von 21 Seiten, mit vielen Illustrationen.
DIE SCHAFFENDE FRAU trat progressiv in sozialen und allgemein-politischen Fragen auf, vertrat aber letztlich, obwohl Gegner des § 218 und der Doppelverdiener-Diffamierung, ein konservatives Frauenbild.
So wird in der Zeitschrift, als Grundzug feststellbar, immer am ominösen »Wesen der Frau« angeknüpft, das durch ihren Körper und dessen Geschlechtsfunktionen bestimmt sei. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele: Die Ehe wird zum Schutze der Frau legitimiert, der Hausfrauenberuf als menschliche Insel in der entfremdeten Arbeitswelt gesehen und vor erotischer Freizügigkeit gewarnt. Mit »einer durchdachten Gestaltung des häuslichen Lebens« schafft die Zeitschrift ein Gegengewicht zum »stumpfmachenden Erwerbsleben«. Und der Beruf der Chemikerin, so wird beteuert, widerspricht nicht der weiblichen Wesensart! In einem Beitrag über den neuen Beruf der Hotelfürsorgerin wird betont, wie sehr diese Einrichtung den Angestellten und der Geschäftsleitung dienen wird - schon der Begriff »Personal« zeigt die soziale Perspektive der Autorin.
Einen großen Raum nehmen die Seiten mit praktischen Hinweisen auf Nahrungsmittel und Haushaltsführung ein; das Blatt versucht, sowohl die berufstätige als auch die im Haushalt »schaffende Frau« zu erreichen und ihnen einen Service anzubieten. Auch wenn für die Fünftage-Woche am Beispiel Rußlands eingetreten wird, so doch mit der Argumentation, die Frau habe dann mehr Zeit für die Kinder. Daß nicht die Rolle des Mannes etwa verändert, sondern eher die Kluft zwischen den Geschlechtern durch das Verhalten der Frauen verändert werden soll, zeigt der Brief der »Hausfrau an die Berufstätige«: Die Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts habe zu sehr den Kampf gegen den Mann betont, anstatt die Stellung des Weibes zum Mann zu heben, zu stärken und grundlegend zu verändern! Die schaffende Frau ist also ein in sich sehr ambivalentes Blatt, sowohl was die Frauen- als auch die allgemeine Politik anbelangt. Es wird aber deutlich, daß sie eher den Sozialdemokraten als den bürgerlichen oder aber kommunistischen Frauen nahe stand.
DIE UNZUFRIDENE ist ebenso wie DIE SCHAFFENDE FRAU ein unabhängiges Frauenblatt, das aber durch seine Herausgeberin Eugenie Brandl, die auch Die Frau herausgab, politisch der Sozialdemokratie Österreichs zuzuordnen ist. Ebenso wie in der Frau wird in diesem wöchentlich in Wien erscheinenden Journal ein fortschrittliches Frauen- und ein sozialistisches Weltbild vermittelt. Das Blatt, das seit 1920 im Verlag der Herausgeberin erschien, wurde von Paula Hous redigiert und nannte sich im Untertitel »Unabhängige Wochenschrift für alle Frauen«. Damit war schon klar, daß nicht eine bestimmte soziale Zielgruppe angesprochen werden sollte, sondern Frauen aller Schichten, die an sozialistisch-feministischen Informationen Interesse hatten.
Mit einem Umfang von 16 Seiten, Preis 10 österr. Groschen, hatte es ein umfangreiches Feuilleton mit Fortsetzungsromanen und Gedichten, einem Ratgeberteil, Leserbriefsparte, Kinderseite und Buchbeilage. Es brachte viele Beiträge zu sozialen und auch frauenspezifischen Themen. Z. B. »Ist Hausfrauenarbeit minderwertig?« »Wie taubstumme Kinder sprechen lernen«, »Das Recht auf Schönheit«, »Mittel gegen Arbeitslosigkeit«, einen Beitrag über die Wiener KinderübernahmeStellen und Leserinnen-Briefe über das frauenfeindliche Verhalten vieler Priester.
Die BLÄTTER DES JÜDISCHEN FRAUENBUNDES, Organisationsblatt der jüdischen Frauen, die im BDF und ADF Mitglieder waren, wurde für die 430 Frauenvereine Deutschlands, mit insgesamt immerhin 50000 Mitgliedern, publiziert. Sie erschienen monatlich in Berlin und kosteten 50 Pfg. Von 1925 bis 1933 unter der Leitung von Hannah Karminski herausgegeben, diente es mit seiner festen Rubrik »Aus der Bundesarbeit« und »Aus anderen Organisationen« dem Informationsaustausch und der Meinungsbildung jüdischer Frauen.
In seiner politischen Haltung ist dieses Organ eher liberal als konservativ gewesen. Das verwundert vielleicht, ist doch das jüdische Frauenbild eher konservativ, und die Stellung der jüdischen Frau in der Familie traditionell untergeordnet. Aber im Judentum gab es immer auch liberale neben den orthodoxen Strömungen, die sich innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft zusätzlich separat organisierten. An der Diskussion über den § 218, aus der wir einen Beitrag einer jüdischen Ärztin abdrucken, wird diese Meinungsvielfalt im Judentum deutlich. Neben dem Beitrag von Frau Dr. Straus wurde auch ein konservativer von Bertha Pappenheimer, einer Schriftstellerin, und der eines liberalen Rabbiners, Dr. Dienemann veröffentlicht. Die Redaktion betont, daß sie selbst keine Stellung dazu bezieht.
In der Zeitschrift vom November 1930 wird Lina Morgensterns 100. Geburtstag gewürdigt. Am Beispiel dieser frühen Frauenrechtlerin, die mit Louise Otto den ADF und später viele Einrichtungen für Kindergärtnerinnen gründete, 1896 den ersten internationalen Frauenkongreß mit auf die Beine stellte, wird deutlich, wie eng die Verbindung zwischen früher Frauenbewegung und jüdischer Frauenarbeit war. In der Sozialarbeit der Frauenbewegung lag für viele, gerade die bürgerlichen Jüdinnen, eine ideale Verbindung zu ihrer Arbeit und den jüdischen Auffassungen von der Hinwendung zum Leben.
Die politisch-pluralistische Tendenz des Blattes wird an einer Wahlempfehlung 1930 deutlich; Staatspartei, SPD oder Zentrum sollen die Frauen wählen. Zum Antisemitismus der Zeit nimmt das Journal nur sehr vorsichtig Stellung, indem es z. B. seine Leserinnen kritisiert, wenn diese opportunistisch mit der Rassendiskriminierung umgehen: so sich am Preisausschreiben einer jüdischen Zeitung beteiligen, die das »schönste jüdische Kind« herausfinden will, um den antisemitischen Vorurteilen damit etwas entgegen zu setzen. Die BLÄTTER betonen vielmehr, daß man sich auf den jüdischen Ethos besinnen solle, der die »inneren Werte« statt der »äußeren Erscheinung« betone.
Insgesamt wird in dieser Zeitschrift seit 1930 ein allgemeines Krisenbewußtsein sichtbar, das in dem häufig verwendeten Begriff der »Volksgemeinschaft« und des »Volksempfindens« eine Zuflucht sucht. Allerdings ist hier die jüdische, nicht die deutsche Volksgemeinschaft gemeint. Eine traurige Ironie: die Verwandtschaft der Begriffe angesichts des nahenden Faschismus in Deutschland. Deutlich wird darüberhinaus eine Tendenz, die Probleme, die auftauchen, (z. B. zu viele unversorgte Kinder, überbelastete Mütter) durch Selbsthilfe einer Minderheit innerhalb eines Staates, dem man sich nicht anvertrauen kann, lösen zu wollen. Klassen- oder auch nur Interessenunterschiede unter den jüdischen Frauen werden so durch die gemeinsame Religion beschwörerisch zu überbrücken versucht. Die nicht selbst gewählte Isolation der Juden wird hier in eine offensiv bejahte umgemünzt, die gegenseitige Unterstützung aller armen und diskriminierten Frauen, auch der jüdischen mit den nicht-jüdischen, tritt zurück hinter einer Art Auserwählten-Mythos im Angesicht der politischen und sozialen Krise.