106-2-18

Es ist bemerkenswert, daß es im Lowe House keine schwarzen Patienten gab. Einige Jahre später arbeitete ich an einem Artikel über das Ungleichgewicht der Rassen in jugendstrafanstalten und psychiatrischen Anstalten. Ich kehrte ins Lowe House zurück und sprach mit einer Anzahl Verwaltungsangestellter, die in keiner Weise offen für dieses Thema waren. Der Artikel stellte eine juristische Praxis in Frage, die junge, weiße Kriminelle in psychiatrische Behandlung »überweist«, während junge, farbige Kriminelle den Staatsgefängnissen »überantwortet« werden.

106-2-17

«Die Wurzel des masochistischen Konflikts«, so Zerbe, »hat ihren Ursprung wahrscheinlich in der frühesten Entwicklungsphase des Menschen, wenn die Entwicklung eines körperlichen Selbst behindert wird.« (S. 167) Die Gleichung Selbstschutz gleich Selbstzerstörung - oder Freude gleich Schmerz - kann man als psychologische Fissur im Zusammenspiel von Psyche und Körper, über die wir an anderer Stelle bereits sprachen, betrachten. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, daß viele Eßstörungen zumindest in etwa in einem frühkindlichen Trauma, wie minimal es auch gewesen sein mag, begründet liegen.

106-2-16

Drei Jahre später bezog ich eine Wohnung in einem Haus um die Ecke von Lowe House. Dort machte ich die ersten Schritte zur Genesung. Ich bin davon überzeugt, daß die tägliche Erinnerung meine Heilung beschleunigte. Wenn ich aus dem Küchenfenster auf die Klapsmühle blickte, aus der auch nicht der leiseste Laut drang, dann überkam mich die Erinnerung an meine eigene Zeit in der diagnostischen Unterwelt des Irrsinns und holte mich sofort wieder in die Wirklichkeit zurück.

106-2-15

Das Zwangsverhalten, das sich gleichzeitig mit den Symptomen einer Eßstörung entwickelt, ist nicht unbedingt das gleiche wie eine Zwangsneurose. Die Eßstörung und die blochemischen Fehlfunktionen, die durch sie ausgelöst werden, verursachen auch zwanghafte Gedanken und zwanghaftes Verhalten, die jedoch nachlassen oder gar ganz verschwinden, wenn die Eßstörung unter Kontrolle ist. Die Zwangsneurose ist eine eigenständige Form der Störung. Sie taucht bei eßgestörten Patienten zwar recht häufig auf, aber die beiden gehen nicht notwendigerweise Hand in Hand.

106-2-14

Den Aussagen der von mir befragten Frauen nach zu urteilen, die ebenfalls im Krankenhaus behandelt wurden, kommt es recht häufig vor, daß man auf Krankenschwestern trifft, die ein Problem mit dem Essen haben. Patientinnen ärgern sich häufig außerordentlich über sie, denn es fällt ihnen schwer, auf den Rat von Frauen zu hören, die mit gespaltener Zunge reden. Meiner Ansicht nach wäre es eine vernünftige Lösung, wenn Krankenhäuser die Schwestern, die Dienst auf einer Station für Eßstörungen machen, sorgfältig auf ähnliche Probleme hin untersuchen würden

106-2-12

Dies fußt auf einem englischen Wortspiel. Natürlich denkt man über Gott nach, der Legastheniker aber liest nicht das englische Wort God- sondern dessen Umkehrung Dog. (Anm. d. Übers.)

106-2-11

Ketone, z.B. Aceton, sind Substanzen des intermediären Stoffwechsels, die beim Fettsäureabbau aus den Aminosäuren entstehen. Im Hungerzustand oder bei Diabetes mellitus kommt es zu vermehrter Bildung der Ketonkörper und zu deren Anhäufung im Blut. Sie werden anschließend mit dem Harn wieder ausgeschieden

106-2-9

Das DSM ist ein aus den Staaten stammendes Handbuch diagnostischer Kriterien für alle bekannten psychischen Erkrankungen. Diese Kriterien finden auch in Deutschland Anwendung. Hierbei werden den einzelnen Krankheiten bestimmte Achswerte zugeschrieben

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